Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 07.09.2022, RV/2100130/2020

Verpflichtung ausländischer Unternehmer zur Korrektur des Vorsteuerabzugs infolge gewährter Rabatte. Die Festsetzungsbescheide und Berufungsvorentscheidungen waren aufzuheben, da keine Inlandsumsätze ermittelt wurden.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Alois Pichler in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch KPMG Alpen-Treuhand GmbH, Porzellangasse 51, 1030 Wien, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Graz-Stadt vom Steuernummer ***BF1StNr1***

I. Über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Graz-Stadt vom betreffend

1. Festsetzung von Umsatzsteuer für 01-12/2011
2. Festsetzung von Umsatzsteuer für 01-12/2012
3. Festsetzung von Umsatzsteuer für 01-12/2013
4. Festsetzung von Umsatzsteuer für 01-12/2014
5. Festsetzung von Umsatzsteuer für 01-12/2015

den Beschluss gefasst, dass die Bescheide und die erlassenen Beschwerdevorentscheidungen gemäß § 278 Abs. 1 BAO unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde aufgehoben werden.

II. Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

III. Über folgende Bescheide zu Recht erkannt:

6. Festsetzung eines Verspätungszuschlages betreffend Festsetzung von Umsatzsteuer für 01-12/2011
7. Festsetzung eines Verspätungszuschlages betreffend Festsetzung von Umsatzsteuer für 01-12/2012
8. Festsetzung eines Verspätungszuschlages betreffend Festsetzung von Umsatzsteuer für 01-12/2013
9. Festsetzung eines Verspätungszuschlages betreffend Festsetzung von Umsatzsteuer für 01-12/2014
10. Festsetzung eines Verspätungszuschlages betreffend Festsetzung von Umsatzsteuer für 01-12/2015

Den Beschwerden gegen die Bescheide (6. - 10.) wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben. Die angefochtenen Bescheide werden - ersatzlos - aufgehoben.

IV. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Die Bf. ist ein drittländisches Telekommunikationsunternehmen. In den angefochtenen Bescheiden erfolgte für die im Spruch angeführten Zeiträume eine Korrektur der seinerzeitigen Vorsteuern auf Grund nachträglich berichtigter Rabatte. Weiters wird darauf verwiesen, dass dies auf Grund zweier ausdrücklich genannter inländischer Telekommunikationsunternehmen erfolgte. Es handelte sich dabei um Gutschriften aus Roamingleistungen.
Weiters wurden entsprechende Verspätungszuschläge in Höhe von 10% des Vorsteuerberichtigungsbetrages festgesetzt.
In ihrer Beschwerde wandte sich die Beschwerdeführerin (Bf.) gegen diese Feststellung und Vorschreibung. Neben umfangreichen zum Teil durch die neuere Rechtsprechung überholten materiell-rechtlichen Ausführungen führte sie in verfahrensrechtlicher Sicht aus, durch die Erlassung des Bescheides sei sie im Recht auf Wahrung des Parteiengehörs verletzt worden, weil sie zu den im Bescheid getroffenen Festlegungen nicht Stellung nehmen konnte. Außerdem warf sie der belangten Behörde vor, Beweismittel zu verwenden, die ihr nicht zugänglich gemacht worden seien. Im Übrigen verstießen die angefochtenen Bescheide gegen das Verbot "geheimer" Beweismittel.
Was den festgesetzten Verspätungszuschlag anlangt, führte sie hierzu aus, ein solcher könne nur dann auferlegt werden, wenn die Verspätung nicht entschuldbar sei. Nach dem hier vorliegenden Sachverhalt, sei die Bf. nach der vorherrschenden Rechtslage nicht eindeutig verpflichtet gewesen, eine Veranlagung zur Umsatzsteuer in Österreich durchzuführen.

In ihrer Beschwerdevorentscheidung führte die belangte Behörde u.a. aus, gewährte Rabatte führten zu einer Minderung der Bemessungsgrundlage im Sinne des § 16 Abs. 1 UStG 1994 und lösten eine Verpflichtung des Leistungsempfängers zur Vorsteuerkorrektur aus (). Grundlage für die Berichtigung des Entgelts sei jeweils der Minderungs-(Erhöhungs-)Betrag und der Steuersatz, dem der betreffende Umsatz unterzogen wurde. Die Berichtigung habe jeweils für den Veranlagungszeitraum (Voranmeldungszeitraum) zu erfolgen, in dem die Änderung der Bemessungsgrundlage eingetreten ist; d.h. nachträgliche Rabattierungen ("rückwirkende Mengenrabatte", "Discounts") stellten eine Änderung der Bemessungsgrundlage iSd § 16 UStG 1994 dar und seien (immer) in UVAs ex nunc zu erfassen/entrichten (Fälligkeit) gewesen. § 11 UStG 1994 finde hier keine Anwendung - d.h. eine ordnungsgemäße Rechnung sei hier nicht erforderlich. Die Nichtabgabe von Steuererklärungen trotz einer gewerblichen Tätigkeit könne von der Abgabenbehörde in eigenständiger Beurteilung der Umstände des Falles als Abgabenhinterziehung gewertet werden.
Die IT-Systemprüfung mit Standort Wien konnte erst nach aufwändigen, mehrere Monate dauernden und mehrmaligen Abgleichungen der im Jahr 2017 übermittelten Daten (eine Liste sämtlicher Kunden, die im Drittland ein Telekommunikationsunternehmen betrieben, soweit es mit diesen Unternehmen Abrechnungen und Gutschriften gab, bzw. deren Debitorenkonten mit sämtlichen Gutschriften pro Jahr inklusive dem Leistungszeitraum, Drittstaaten bzw. die von ausländischen Telekommunikationsunternehmen an ihre Unternehmen ausgestellt wurden) der drei betroffenen im Einzelnen genannten inländischen Telekommunikationsunternehmen für den Prüfungszeitraum 2010 ff in die Prüfsoftware ACL einlesen und im November 2017 auswerten. Es wurden die (§ 16 UStG 1994) Daten/ Tabellen für die jeweiligen Drittlands-Telekombetreiber in eine entsprechende/ nahezu gleiche Form gebracht, um die Auswertung unternehmensübergreifend zu erleichtern (TADIG-Code/ ROAMINGPARTNER/ Herkunft=NAME/ Jahr/ USt/ Gesamtergebnis) und abschließend sämtliche Daten zur Übermittlung in Excel-Tabellen exportiert. Die Festsetzung an Umsatzsteuer erfolgte sodann an Hand der übermittelten GBP-IT-Liste vom November 2017.
Was die Verspätungszuschläge anlangt, erscheine das Maximum von 10% im Hinblick auf die in Erfahrung gebrachten Discounts als gerechtfertigt. Selbst die bekannten ausstehenden Vorsteuern aus Rabattierungen (§ 16 UStG 1994) zu bereits erstatteten Vorsteuern seien bis dato nicht rückgezahlt worden.

In der weiteren Folge beantragte die Bf. die Vorlage der Beschwerde und Entscheidung durch einen Senat des Bundesfinanzgerichts unter Anberaumung einer mündlichen Verhandlung. Weitere wesentliche inhaltliche Ausführungen wurden nicht erstattet.

Mit Schreiben vom wurde die mündliche Verhandlung für Mittwoch, anberaumt.

Mit Schriftsatz vom , übermittelt per Telefax am , 8:34 Uhr, führte die Bf. Folgendes aus:

" … Am vergangenen Freitag konnte die Beschwerdeführerin ihre umfassende Erhebung der Österreich betreffenden Zahlen abschließen.
Ergebnis: Das seitens des FA Graz-Stadt (nunmehr FAÖ) als Grundlage für die Abgabenfestsetzung herangezogene Zahlmaterial steht in einem nicht als geringfügig zu bezeichnenden Widerspruch zu den an die Beschwerdeführerin gelegten Rechnungen der österr. Mobilfunk- Anbieter (siehe im Detail Punkt 2).

1. Gang des Verfahrens:

2. Ergänzung Beschwerde, unrichtige Bemessungsgrundlagen:
Aufgrund des seit Gutschriftausstellung fortgeschrittenen Zeitablaufs und der mit Österreich nicht vergleichbaren s.a. Belegaufbewahrungsfristen musste die Beschwerdeführerin in wochenlanger Detailarbeit über die Buchhaltungssysteme (Oracle/SAP) die von österr. Telekommunikationsunternehmen gelegten Gutschriften identifizieren und aufbereiten. Der Aufarbeitungsprozess wurde durch die Beschwerdeführerin wie folgt beschrieben:
Man hat aus Oracle und SAP alle Gutschriften extrahiert, die in Bezug auf die drei österreichischen Telekommunikationsunternehmen in der Buchhaltung von Bf. für den Zeitraum vom bis zum verarbeitet wurden, die Bf. verwendete bis zum Oracle als Buchhaltungssystem und migrierte dann mit Wirkung zum 1 . April 2013 auf SAP,
• Der Gesamtbruttobetrag der Gutschriften, die laut den Buchhaltungsunterlagen von der Bf. in den Jahren 2010 bis 2015 verarbeitet wurden, ist weitaus niedriger als die Gutschriften, die Bf. nach Angaben der österreichischen Steuerbehörde erhalten haben soll.
Die Detailauswertungen liegen diesem Schriftsatz bei und bilden einen integrierenden Bestandteil (Beilagen 1-4). Verdichtet zeigt sich folgendes Bild:
O.H. - : -1.312,29 Anlage 1
O.M.1.2010 - : -241.487,69 Anlage 2
O.TM. - : -42.342,13 Anlage 3
SAP TM. - : -133,91 Anlage 4
SAP M. - : -216,58 Anlage 4

Summe gebuchter Gutschriften Brutto: -285.491,60
Umsatzsteuer (20 %): -47.581,93
Summe gebuchter Gutschriften Netto -237.909,67

Obenstehende Tabelle zeigt, dass laut den Rechnungswesendaten bei der Bf. ein maximaler Vorsteuerkorrekturbedarf für die Jahre 2010 bis 2015 von EUR 47.581,93 gegeben sein kann, weil die erhaltenen Gutschriften für die Jahre 2010 bis 2016 insgesamt lediglich EUR 285.491,60 brutto betragen haben. Die seitens der Abgabenbehörde festgestellten, wesentlich höheren Korrekturbeträge können daher seitens der Bf. nicht nachvollzogen werden, insb. weil die Abgabenbehörde die von ihr festgestellten Zahlen gegenüber der Bf. im bisherigen Verfahren niemals nachvollziehbar erläutert und nachgewiesen hat (siehe dazu auch Punkt 3).
Aus Gründen der Vollständigkeit halten wir auch fest, dass Gutschriftsberichtigungen Rückwirkung für den Zeitraum zukommen, in dem die materiellen Voraussetzungen der berichtigten Gutschrift vorgelegen sind und die Gutschrift ausgestellt wurde. Der Europäische Gerichtshof hat in seinem Urteil vom , C-518/14, Senatex, wie folgt entschieden: "Art. 167, Art. 178 Buchst. a> Art. 179 und Art. 226 Nr. 3 der Richtlinie 2006/1 12/EG des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegenstehen, wonach der Berichtigung einer Rechnung in Bezug auf eine zwingende Angabe, nämlich die Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer, keine Rückwirkung zukommt, so dass das Recht auf Vorsteuerabzug in Bezug auf die berichtigte Rechnung nicht für das Jahr ausgeübt werden kann, in dem diese Rechnung ursprünglich ausgestellt wurde, sondern für das Jahr, in dem sie berichtigt wurde.
Nicht anders verhält es sich bei einer nachträglichen Gutschriftskorrektur zu anderen Rechnungsbestandteilen. Die berichtigten Gutschriften sind folglich in den jeweiligen Jahren der Entstehung der Gutschriften zu berücksichtigen. ] Da es sich dabei um eine Gutschriftsberichtigung (Rechnungsberichtigung) und nicht um eine nachträgliche Rechnungsausstellung handelt, geht auch die Finanzverwaltung davon aus (UStR 2000, Rz. 1831), dass einer solchen Rechnungsberichtigung Rückwirkung zukommt:
"Wird im Verlauf einer finanzbehördlichen Überprüfung festgestellt, dass der Vorsteuerabzug auf Grund einer fehlerhaften oder mangelhaften Rechnung vorgenommen wurde, so kann der Mangel innerhalb einer vom Prüfer festzusetzenden angemessenen Frist behoben werden. [...] Wird die Rechnung innerhalb dieses Zeitraumes berichtigt, so ist der ursprünglich vorgenommene Vorsteuerabzug zu belassen, Nach der herrschenden Rechtsprechung und Ansicht in der Literatur ist klargestellt, dass Berichtigungen einer Rechnung auf den Zeitpunkt der Rechnungsausstellung zurückwirken.
Es bedarf daher der eingehenden Prüfung des behördenseitigen Zahlenmaterials durch das Bundesfinanzgericht bei gleichzeitiger Akteneinsicht seitens der steuerlichen Vertretung (siehe Punkt ).

3. Antrag auf Akteneinsicht gemäß § 90 BAO (iVm § 24 BFGG iVm § 2a BAO):
Wir berufen uns gem.
§ 77 Abs. 11 WTBG 2017 auf die erteilte Vollmacht und stellen im Namen und Auftrag unserer Mandantin einen Antrag auf umfassende Akteneinsicht nach § 90 BAO (iVm. § 24 BFGG iVm § 2a BAO), insb. um die Ursache der unter Pkt. 2 dargelegten Zahlendifferenz ermitteln und der Zahlenfeststellung der Abgabenbehörde entgegentreten zu können. Daher ist die Akteneinsicht in Hinblick auf das laufende Beschwerdeverfahren von Relevanz und erforderlich, um die abgabenrechtlichen Interessen (insbesondere deren Verteidigung) unserer Klientin wahren zu können.
Die Akteneinsicht dient dem Abgleich des der Abgabepflichtigen und der steuerlichen Vertretung bekannten Sachverhalts- und Dokumentationsstandes mit jenem des BFG. Damit soll ein effizienter Fortgang des Beschwerdeverfahrens von Seiten der Partei sichergestellt und die Einhaltung verfassungsrechtlich gewährter Verfahrensgarantien im Verfahren vor dem BFG gewahrt werden.
Dabei sind von besonderer Bedeutung jene Unterlagen, welche die von inländischen Mobilfunkanbietern gewährten Rabatte zum Gegenstand haben. Diese Unterlagen sind für die Wahrung der Interessen der Abgabepflichtigen im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem BFG von grundlegender Relevanz.
Gegenstand der Akteneinsicht sollen insb. die folgenden Unterlagen sein:
- Sämtliche seitens des FAÖ vorgelegten Unterlagen (
§ 265 BAO)
- Sämtliche in der Folge durch das FAÖ übermittelten Unterlagen.
in diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die steuerliche Vertretung bereits am einen entsprechenden Antrag auf Akteneinsicht bei Finanzamt Graz-Stadt (nunmehr FAÖ) eingebracht hat (siehe Beilage 5). Der gegenständliche Antrag hätte insb. dazu dienen sollen, "um Einsicht in die von TM vorgelegten Akten/Informationen nehmen zu können, die in den Bescheiden über die Festsetzung von Umsatzsteuer in den Begründungen als Grund für die Festsetzung angeführt wurden".
Das Finanzamt Graz-Stadt hat auf diesen Antrag nicht reagiert, was (faktisch) einer unbegründeten und damit rechtswidrigen Nicht-Stattgabe entspricht. Das Finanzamt Graz-Stadt verletzte somit in gravierender Art und Weise verfassungsrechtlich gewährleistete Verteidigungsrechte der Partei. Auch wenn eine abweisende Entscheidung mittels Bescheid nicht im Wege einer eigenständigen Beschwerde bekämpfbar gewesen wäre (
§ 244 BAO), müsste das Recht auf Akteneinsicht und Parteiengehör zu den erhobenen Sachverhalten zumindest im hier gegenständlichen Verfahren vor dem BFG Berücksichtigung finden. Dies gilt ebenso im Falle einer faktischen Nicht-Stattgabe.
Im vorliegenden Fall ist - wie bereits mehrfach ausgeführt - die Relevanz der Akteneinsicht in Hinblick auf die Wahrung der abgabenrechtlichen Interessen (insbesondere deren Verteidigung) unserer Klientin völlig unstrittig. Dennoch dürfen wir auf die jüngere Rsp. des VwGH zum Recht auf Akteneinsicht nach
§ 90 BAO verweisen: Danach soll die Partei "das Recht haben, die Akten und Aktenteile, die sich auf ihre Sache beziehen, unabhängig davon, ob ihre Kenntnis zur Geltendmachung oder Verteidigung ihrer rechtlichen Interessen erforderlich ist oder nicht - in der Regel werde diese Voraussetzung ohnehin gegeben sein - einzusehen. " Nach dieser Rsp kommt es für die Berechtigung des Antrags auf Akteneinsicht auf ein gesondertes abgabenrechtliches Interesse der Partei nicht an. Das Recht auf Akteneinsicht kommt den Parteien eines anhängigen oder abgeschlossenen Verfahrens unabhängig davon zu, zu welchem Zweck sie die Akteneinsicht begehrt haben.
Sollten Aktenteile wegen berechtigter Interessen Dritter (
§ 90 Abs. 2 BAO) oder aus finanzstrafrechtlichen Gründen (§ 79 FinStrG) von der Akteneinsicht ausgeschlossen werden, so ersuchen wir um ausdrückliche Kommunikation dieses Umstandes sowie eine Begründung dafür.
Aus unserer Sicht erscheint es insbesondere aufgrund des Umfangs der Unterlagen zweckmäßig, wenn wir in Vertretung unsere oa. Mandanten die Akteneinsicht direkt bei Ihnen am BFG wahrnehmen können.
Falls gewünscht, können wir gerne auch einen Datenträger beistellen, um das Ausdrucken langer Dokumente zu vermeiden.
Wir ersuchen um zeitnahe Kontaktaufnahme wegen der konkreten Terminabstimmung und Vorbereitung der einzusehenden Unterlagen. Im Anhang dürfen wir Ihnen zur Information auch den heute beim FAÖ DS Graz-Stadt eingebrachten Antrag auf Akteneinsicht zu Steuernummer (68-xxx/yyyy) übersenden.
4. Antrag auf Vertagung der mündlichen Verhandlung:

Die mündliche Verhandlung ist anberaumt:
für Mittwoch, , 11:00 Uhr

Ob der ergänzenden Ausführung unter Pkt 2 und der daraus resultierenden notwendigen Akteneinsicht stellen wir im Namen und Auftrag unserer Mandantin nochmals einen Antrag auf Vertagung der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom um mindestens sechs Wochen.
Begründung: Die Datenaufbereitung durch die Beschwerdeführerin zeigt nachweislich der beiliegenden Auszüge aus dem Rechnungswesen der Bf. eine nicht als geringfügig zu bezeichnende Diskrepanz zwischen den dort in der Buchhaltung erfassten Beträgen und jenen, welche vom FA Graz-Stadt (nunmehr FAÖ) in den gegenständlichen Bescheiden als Bemessungsgrundlage angeführt und für die Berechnung herangezogen wurden.
Da das FA Graz-Stadt (nunmehr FAÖ) seit Jahren die Akteneinsicht faktisch verweigert (siehe Ausführungen Punkt 3), ist der Sachverhalt zu jetzigen Zeitpunkt noch ungeklärt und somit einer den verfassungsrechtlichen gewährleistenden Rechten entsprechenden Entscheidung durch das BFG nicht zugänglich.
Um einen diesen Garantien entsprechende Entscheidung treffen zu können, bedarf es zwingend der oben beantragten Akteneinsicht beim BFG sowie der mit heutigem Tage nochmals beantragten Akteneinsicht beim FAÖ. Aus den genannten Gründen ist die beantragte Vertagung zur Gewährleistung einer Sachverhalts- und rechtsrichtigen Entscheidung durch das BFG im verfahrensgegenständlichen Fall unbedingt notwendig."

Mit E-Mail vom , 13:36 Uhr wurde der Bf. vom BFG Folgendes mitgeteilt:
"…
Wie Ihnen bereits in den ho. Mails vom , 11:28' (Bf.) und 12:33' (I.) mitgeteilt, sind die ursprl. unrichtig berechneten Vorsteuern aus Rabattgutschriften bereits vom FA richtiggestellt worden und gar nicht mehr verfahrensgegenständlich. Sie haben offenbar diese Mails mit den Ihnen vorliegenden Abgabenvorschreibungen/Bescheiden nicht verglichen und sich lediglich mit Ihrem Vertagungsantrag beschäftigt. Z.B. wurden ursprl. bei der Bf. für 2013 Vorsteuern aus Rabatten iHv. 34.852,42 € vorgeschrieben.
Diese Vorschreibung wurde dann auf 5.808,74 € korrigiert. (34.852,42 : 1,2 = 29.043,69 x 20% = 5.808,74). Diese Zahlen finden sich auch auf der Bf. Excel-Datei (Vorst.ber. TM). Bei der Firma I. ist es ähnlich.
Daher werden Sie in Kenntnis gesetzt, dass Ihre Vertagungsanträge gänzlich unbegründet erscheinen und die Verhandlungen wie geplant stattfinden werden.
Abgesehen davon ist eine Vertagung eines gesamten Senates aus organisatorischen Gründen nicht möglich, und es darf von einem berufsmäßigen Parteienvertreter erwartet werden, dass er die zahlenmäßigen Grundlagen seiner Beschwerden innerhalb von drei Wochen vor der mündlichen Verhandlung ausreichend überprüft. Abgesehen waren die zahlenmäßigen Grundlagen weder in Beschwerde noch Vorlageantrag strittig."

In der mündlichen Verhandlung wurde der Vertagungsantrag trotz heutigen Erscheinens aufrechterhalten, weil die beim Finanzamt beantragte Akteneinsicht in der Sachentscheidung in der Beschwerdevorentscheidung vom Finanzamt abgelehnt wurde. Die Bf.-Vertreterin bezieht sich auf den Antrag vom . Die belangte Behörde werde mit der steuerlichen Vertreterin einen Termin zur Vornahme der Akteneinsicht vereinbaren. Die Akteneinsicht beim Bundesfinanzgericht (BFG-Akten) wird im Anschluss an die heutige mündliche Verhandlung stattfinden.
Da Richtigkeit der Berechnung der Vorsteuerberichtigungen in den oa. Streitjahren bestritten wird, wurde der Bf. aufgetragen, sämtliche in den Jahren 2011-2015 ausgestellten und erhaltenen Rabattgutschriften (Tadig-Code: ZAFVC) bei den inländischen Telekombetreibern (Roaming) beizuschaffen und von diesen eine entsprechende Vollständigkeitserklärung vorzulegen. Eine amtswegige Beischaffung dieser Unterlagen ist aufgrund fortgeschrittener Zeit (gesetzliche Aufbewahrungspflicht) und der bisher zurückhaltenden Auskunftsbereitschaft der Telefongesellschaften nicht mehr möglich. Für die Vorlage der Unterlagen wird der Bf. eine Frist bis eingeräumt. Die mündliche Verhandlung wurde daher vertagt.

Mit E-Mail vom , 16:59 Uhr, führte die Bf. Folgendes aus:
"Gutschriften von H. und A.:
Nach intensiver Recherche und Überprüfung seitens des Mandanten hat sich herausgestellt, dass die von den österreichischen Abgabenbehörden vorgebrachten Zahlen stimmig sind.
Gutschriften von TM.:
Unser Mandant hat akribisch versucht, Informationen seitens TM einzuholen, hat jedoch keine Bestätigung der Zahlen seitens TM Austria erhalten, da die Abrechnungen und daher auch Gutschriften über die deutsche T. erfolgen. Nachdem die betroffenen Jahre weit zurückliegen, konnte im Ergebnis keine Bestätigung ausgehoben werden und es müssen die seitens der österreichischen Abgabenbehörde vorgebrachten Zahlen akzeptiert werden.
Nach aktuellem Stand gehen wir davon aus, dass eine weitere mündliche Verhandlung nicht notwendig sein wird. Vor der formellen Rückziehung des Antrages auf Rückziehung der mündlichen Verhandlung müssen wir uns allerdings vorab noch mit dem Mandanten abstimmen. Wir kommen diesbezüglich gesondert auf Sie zu."

Mit Schreiben vom wurde hinsichtlich der oa. Bescheide sowohl der Verhandlungs- als auch der Senatsantrag zurückgenommen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Bf. hat es nach Ansicht der belangten Behörde offenbar unterlassen, die Entgeltsminderungen aus Roaminggebühren in entsprechenden Voranmeldungen zu erklären. Dies wurde der Bf. im angefochtenen Bescheid und der Beschwerdevorentscheidung ausdrücklich vorgehalten, wonach die die Bf. betreffenden Rabatten auf Grund erhobener Unterlagen bei österreichischen Telekommunikationsanbietern durch die Außenprüfung erhoben wurden. Im Vorlageantrag wurde dies nicht mehr weiter bestritten, sodass von der Richtigkeit der abgabenbehördlichen Erhebungen auszugehen war. Erst im Vertagungsantrag zur mündlichen Verhandlung wurden die von der Abgabenbehörde erhobenen Gutschriften (Rabatte) als unrichtig bestritten und eine entsprechende Erstreckung der Verhandlung erreicht. In der weiteren Folge wurden die von der belangten Behörde erhobenen Rabatte letztendlich zur Kenntnis genommen.

Beweiswürdigung

Der objektive Sachverhalt kann letztendlich unbestritten der Aktenlage und nunmehr unbestrittenen abgabenbehördlichen Feststellungen entnommen werden.

Rechtliche Beurteilung

Rechtsquellen
3.1.
UStG 1994
Änderung der Bemessungsgrundlage

§ 16 (1) Hat sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 geändert, so haben
1. der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, den dafür geschuldeten Steuerbetrag, und
2. der Unternehmer, an den dieser Umsatz ausgeführt worden ist, den dafür in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug entsprechend zu berichtigen. Die Berichtigungen sind für den Veranlagungszeitraum vorzunehmen, in dem die Änderung des Entgeltes eingetreten ist.
(2) Die Berichtigung des Vorsteuerabzuges kann unterbleiben, wenn ein dritter Unternehmer den auf die Minderung des Entgeltes entfallenden Steuerbetrag an das Finanzamt entrichtet; in diesem Fall ist der dritte Unternehmer Schuldner der Steuer. Die Steuer ist für den Veranlagungszeitraum zu entrichten, in dem die Änderung des Entgeltes eingetreten ist.
(3) Abs. 1 gilt sinngemäß, wenn
1. das Entgelt für eine steuerpflichtige Lieferung oder sonstige Leistung uneinbringlich geworden ist. Wird das Entgelt nachträglich vereinnahmt, so sind Steuerbetrag und Vorsteuerabzug erneut zu berichtigen;
2. für eine vereinbarte Lieferung oder sonstige Leistung ein Entgelt entrichtet, die Lieferung oder sonstige Leistung jedoch nicht ausgeführt worden ist;
3. eine steuerpflichtige Lieferung oder sonstige Leistung rückgängig gemacht worden ist.
(4) Ist eine Einfuhrumsatzsteuer, die als Vorsteuer abgezogen worden ist, herabgesetzt, erlassen oder erstattet worden, so hat der Unternehmer den Vorsteuerabzug entsprechend zu berichtigen. Der letzte Satz des Abs. 1 gilt sinngemäß.
(5) Werden die Entgelte für unterschiedlich besteuerte Lieferungen oder sonstige Leistungen eines bestimmten Zeitabschnittes gemeinsam geändert (zB Jahresboni, Jahresrückvergütungen), so hat der Unternehmer dem Abnehmer der Lieferungen oder dem Empfänger der sonstigen Leistungen einen Beleg zu erteilen, aus dem zu ersehen ist, wie sich die Änderung der Entgelte auf die unterschiedlich besteuerten Umsätze verteilt.

3.2.
Bundesabgabenordnung (BAO)
§ 135:
Abgabepflichtigen, die die Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung nicht wahren, kann die Abgabenbehörde einen Zuschlag bis zu 10 Prozent der festgesetzten Abgabe (Verspätungszuschlag) auferlegen, wenn die Verspätung nicht entschuldbar ist; solange die Voraussetzungen für die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen ohne abgabenbehördliche Festsetzung gegeben sind, tritt an die Stelle des festgesetzten Betrages der selbst berechnete Betrag. Dies gilt sinngemäß, wenn nach den Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe einem abgabenrechtlich Haftungspflichtigen obliegt. Verspätungszuschläge, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen.

§ 278:
(1) Ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtes
a) weder als unzulässig oder nicht rechtzeitig eingebracht zurückzuweisen (§ 260) noch
b) als zurückgenommen (§ 85 Abs. 2, § 86a Abs. 1) oder als gegenstandslos (§ 256 Abs. 3, § 261) zu erklären,
so kann das Verwaltungsgericht mit Beschluss die Beschwerde durch Aufhebung des angefochtenen Bescheides und allfälliger Beschwerdevorentscheidungen unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erledigen, wenn Ermittlungen (§ 115 Abs. 1) unterlassen wurden, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderteilung hätte unterbleiben können. Eine solche Aufhebung ist unzulässig, wenn die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
(2) Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hat.
(3) Im weiteren Verfahren sind die Abgabenbehörden an die für die Aufhebung maßgebliche, im aufhebenden Beschluss dargelegte Rechtsanschauung gebunden. Dies gilt auch dann, wenn der Beschluss einen kürzeren Zeitraum als der spätere Bescheid umfasst.

Verfahren für die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern, BGBl. Nr. 279/1995 zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 222/2009

Art. 1: § 3a

Erstattungsverfahren für nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer

(Anm.: § 3a) (1) Der nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer hat die Erstattung mittels amtlich vorgeschriebenem Vordruck beim Finanzamt Graz Stadt zu beantragen. Der Antrag ist binnen sechs Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres zu stellen, in dem der Erstattungsanspruch entstanden ist. In dem Antrag hat der Unternehmer den zu erstattenden Betrag selbst zu berechnen. Dem Erstattungsantrag sind die Rechnungen und die Belege über die entrichtete Einfuhrumsatzsteuer im Original beizufügen.
(2) Der zu erstattende Betrag muss mindestens 400 Euro betragen. Das gilt nicht, wenn der Erstattungszeitraum das Kalenderjahr oder der letzte Zeitraum eines Kalenderjahres ist. Für diese Erstattungszeiträume muss der zu erstattende Betrag mindestens 50 Euro betragen.
(3) Der Unternehmer muss dem Finanzamt Graz-Stadt in den Fällen des § 1 Abs. 1 Z 1 durch behördliche Bescheinigung des Staates, in dem er ansässig ist, nachweisen, dass er als Unternehmer unter einer Steuernummer eingetragen ist.

Formular U 5, Antrag auf Vergütung der Umsatzsteuer für nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer (Auszug)

Fußnote 1 lautet:
"1) Minderungen der Umsatzsteuer infolge des Rechnungsbetrags (zum Beispiel durch Skonti, Rabatte, Storni) sind wie folgt zu berücksichtigen:
a) Ist die betreffende Rechnung in dieser Einzelaufstellung aufgeführt, ist der gekürzte Umsatzsteuerbetrag anzugeben.
b) Ist die betreffende Rechnung in der Einzelaufstellung eines früheren Vergütungsantrages enthalten, ist die Minderung der Umsatzsteuer am Schluss der Einzelaufstellung anzugeben. Es ist auf die zugrundeliegende Rechnung Bezug zu nehmen."

Zu Spruchpunkt I. (Aufhebung)

Die festgestellten nach Ablauf des Vorsteuererstattungszeitraum nachträglich gewährten Rabatte, Discounts, Gutschriften etc. sind Minderungen der Bemessungsgrundlage (§ 4 iVm § 16 UStG 1994).

Die Tatsache, dass die Rabatte zu einer nachträglichen Verminderung des Vorsteuerabzuges (Erstattungsanspruches) führen, ist als unstrittig zu bezeichnen, jedoch impliziert die Festsetzung von Umsatzsteuervorauszahlungen das Vorliegen von Inlandsumsätzen aus im Inland geführten Telefongesprächen ausländischer Kunden der Bf.

Der EuGH hat im Urteil vom , SK Telecom Co. Ltd, C-593/19 ausgesprochen, wonach Art. 59a Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem in der durch die Richtlinie 2008/8/EG des Rates vom mit Wirkung vom geänderten Fassung dahin gehend auszulegen ist, dass Roamingleistungen, die von einem in einem Drittland ansässigen Mobilfunkbetreiber an seine Kunden, die ebenfalls in diesem Drittland ansässig sind bzw. dort ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, erbracht werden und die es diesen Kunden ermöglichen, das nationale Mobilfunknetz des Mitgliedstaats, in dem sie sich vorübergehend aufhalten, zu nutzen, als Dienstleistungen anzusehen sind, deren "tatsächliche Nutzung oder Auswertung" im Sinne dieser Bestimmung im Gebiet dieses Mitgliedstaats erfolgt, so dass dieser den Ort der Roamingleistungen so behandeln kann, als läge er in seinem Gebiet, wenn dadurch eine Nichtbesteuerung der Roamingleistungen in der Union vermieden wird und ohne dass es hierbei darauf ankommt, welcher steuerlichen Behandlung die Roamingleistungen nach dem nationalen Steuerrecht des Drittlands unterliegen (; , Ro 2019/15/0011 sowie und Ra 2019/15/0010).

Solche Umsätze wurden von der belangten Behörde in den angefochtenen Bescheiden nicht festgestellt und entsprechende Bemessungsgrundlagen liegen dem Bundesfinanzgericht nicht vor.

Die Aufhebung unter Zurückverweisung liegt im Ermessen (vgl. z.B. AB 1128 BlgNR 21. GP, 15; Ritz, RdW 2002, 565; Langheinrich/Ryda, FJ 2004, 339; ; Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3, § 278 Anm. 2); die Ermessensübung ist zu begründen (; , 2009/15/0206; , 2007/15/0016; , Ra 2017/13/0087). Zur Ermessensübung (zu § 66 Abs. 2 AVG) weist der VwGH (, 2002/20/0315, ZfV B 2004/234) darauf hin, es würde die Anordnungen des Gesetzgebers (über ein zweitinstanzliches Verfahren) unterlaufen, wenn es wegen des Unterbleibens eines Ermittlungsverfahrens in erster Instanz zu einer Verlagerung nahezu des gesamten Verfahrens vor die Rechtsmittelbehörde käme und die Einrichtung von zwei Entscheidungsinstanzen damit zur bloßen Formsache würde. Es sei nicht im Sinn des Gesetzes, wenn die Rechtsmittelbehörde, statt ihre (umfassende) Kontrollbefugnis wahrnehmen zu können, jene Behörde ist, die erstmals den entscheidungswesentlichen Sachverhalt ermittelt und einer Beurteilung unterzieht. Es ist nicht Aufgabe der Rechtsmittelbehörde, anstatt ihre Kontrollbefugnis wahrzunehmen, erstmals den entscheidungswesentlichen Sacherhalt zu ermitteln und einer Beurteilung zu unterziehen (-G/08). Nach § 278 Abs. 1 erster Satz ist nicht nur der angefochtene Bescheid, sondern auch eine allfällige Beschwerdevorentscheidung aufzuheben. Eine Aufhebung nur der Beschwerdevorentscheidung wäre unzulässig. Sie wäre keine Erledigung der Bescheidbeschwerde (vgl Ritz, RdW 2002, 566; Langheinrich/ Ryda, FJ 2004, 338). Die aufhebende (die Sache an die Abgabenbehörde zurückverweisende) Beschwerdeerledigung setzt voraus, dass Ermittlungen (§ 115 Abs. 1) unterlassen wurden, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderlassung hätte unterbleiben können. (vgl. Ritz, BAO7, § 278, Rz. 4-9)

Zu Spruchpunkt III. (Stattgabe)

Ausländische Unternehmer, ohne Sitz und Betriebstätte im Inland, haben den Vorsteuerabzug im Rahmen des Erstattungsverfahrens zu beantragen. Dies ist auch im amtlichen Vordruck - wie die Bf. zutreffend verweist - so vorgesehen. Daraus kann eine entsprechende Verpflichtung zur (zusätzlichen) Abgabe von Voranmeldung in Rahmen des (vereinfachten) Erstattungsverfahrens nicht abgeleitet werden. Eine weitere Verschuldensprüfung ist daher gegenständlich entbehrlich.

Die Bf. hat objektiv betrachtet unrichtige Vorsteuererstattungsanträge eingereicht, zumal die Rabatte als Vorsteuerminderung (Entgeltsberichtigungen) unberücksichtigt geblieben waren. Für eine Verhängung von Verspätungszuschlägen findet sich in den oa. Gesetzesbestimmungen keine Deckung. Unrichtigkeiten in Abgabenerklärungen können nicht durch Vorschreibung von Verspätungszuschlägen sanktioniert werden

Zu Spruchpunkt II. und IV. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis/einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die Lösung des Beschwerdefalles wird direkt aus dem Gesetzestext und der ergangenen Verordnung abgeleitet.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 278 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 16 Abs. 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
Verfahren für die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern, BGBl. Nr. 279/1995
Verweise







-G/08
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.2100130.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at