Vorsteuerabzugsberichtigung trotz nicht eingereichter Steuererklärungen in den Vorjahren
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RV/2100410/2019-RS1 | Eine Berichtigung des Vorsteuerabzuges iSd § 16 UStG 1994 ist auch dann vorzunehmen, wenn in den Vorjahren trotz Ausführung von Umsätzen keine Steuererklärungen eingereicht wurden. Ähnlich wie in § 22 UStG 1994 vorgesehen, ist nämlich von einer Versteuerung der Umsätze und dem Abzug der Vorsteuern in zumindest derselben Höhe auszugehen. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache
***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch GTU GmbH Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, Handelskai 92, Gate 2, 7A, 1200 Wien,
über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des ***FA*** vom , betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens zur Vorsteuererstattung 1-3/2014, 4-6/2014 und 10-12/2014 sowie Vorsteuererstattung 1-3/2014, 4-6/2014 und 10- 12/2014 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis bzw. diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.
Entscheidungsgründe
Bisheriger Verfahrensgang
Die Beschwerdeführerin, die ***Bf1*** (im Folgenden Bf.) ist ein Mobilfunkunternehmen aus Thailand.
Für die Streitzeiträume 1-3/2014, 4-6/2014 und 10- 12/2014 reichte die Bf. Erstattungsanträge ein, in denen sie die Erstattung von Vorsteuern aus Roaminggebühren beantragte, die ihr von österreichischen Telekom-Unternehmen in Rechnung gestellt wurden. Die Inanspruchnahme dieser Leistungen war deshalb notwendig, weil Kunden der Bf. die Netze der österreichischen Provider für Telefonate während ihres Aufenthaltes in Österreich nutzten.
Das Finanzamt erstattete ursprünglich die beantragten Vorsteuern.
Mit den hier angefochtenen Bescheiden vom nahm das Finanzamt die Verfahren zur Vorsteuererstattung 1-3/2014, 4-6/2014 und 10-12/2014 mit der Begründung wieder auf, es habe sich ergeben, dass die Bf. Umsätze im Inland erziele. Außerdem seien der Bf. von den inländischen Telekomunternehmen Rabatte gewährt worden, die zu einer Minderung der Vorsteuern und damit einer Korrektur des Vorsteuerabzuges führen.
Mit den ebenfalls angefochtenen Bescheiden vom zur Vorsteuererstattung 1-3/2014, 4-6/2014 und 10- 12/2014 setzte das Finanzamt die zu erstattenden Vorsteuern mit Null fest, was einer Abweisung des Erstattungsantrages entspricht. Gleichzeitig verwies das Finanzamt darauf, dass die beantragten Vorsteuern im Rahmen des Veranlagungsverfahrens in Abzug gebracht werden könnten.
In der dagegen eingebrachten Beschwerde vom sah sich die Bf. durch zwei Umstände beschwert: Die Anwendung der VO 383/2003 stelle keinen Wideraufnahmegrund dar, weil es sich dabei um eine rechtliche Beurteilung und nicht um eine neue Tatsache handle.
Die Anwendung der VO 383/2003 sei überdies aus verschiedenen Gründen unionsrechtswidrig.
Zu den Rabatten führte die steuerliche Vertretung an, dass für den gegenständlichen Zeitraum laut Auskunft ihres Mandanten keine Rabatte gewährt worden seien.
Mit Beschwerdevorentscheidungen vom wies das Finanzamt die Beschwerden als unbegründet ab. Rabatte seien eine neue Tatsache, weshalb die Wiederaufnahme zu Recht erfolgt sei. Die Abweisung der Beschwerden betr. die Sachbescheide begründete das Finanzamt mit der Unionsrechtskonformität der VO 383/2003.
Im Vorlageantrag vom wiederholte die Bf. ihre Ausführungen zur Unionsrechtswidrigkeit der VO 383/2003. Zum Vorliegen neuer Tatsachen betr. Wiederaufnahme führte die Bf aus:
"Der Umstand, dass ***Bf1*** ein ausländischer Telekommunikationsanbieter ist und Roamingleistungen von österreichischen Netzbetreibern bezieht und diese Leistungen an seine Kunden weiterverrechnet, war dem ***FA*** von Anfang an - auch aufgrund der übermittelten Eingangsrechnungen und der Formulare U5 und Verf 18 - bekannt. Es liegt somit keine neue Tatsache vor. (…)
Zudem führt ein von ***1*** im Jahr 2014 erhaltener Rabatt für in 2013 erbrachte Roamingleistungen bereits deshalb zu keiner Entgeltsminderung gem § 16 UStG, weil ***Bf1*** für das Jahr 2013 keinen VSt-Erstattungsantrag gestellt und dementsprechend auch keine österreichischen Vorsteuern für derartige bezogene Leistungen vergütet bekommen hat. Dies ergibt sich neben dem Sinn und Zweck des § 16 UStG auch eindeutig aus dem Gesetzeswordaut des § 16 Abs 1 Z 2 UStG, wonach der Leistungsempfanger (nur) einen "in Anspruch genommenen" Vorsteuerabzug zu berichtigen hat (ebenso Gaedke/Huber-Wurstiger in Melhard/Tumpel, UStG2, § 16 Tz 100). Das Vorliegen eines Rabattes, der keine umsatzsteuerlichen Konsequenzen in Österreich auslöst, stellt aber keine für die Abgabenerhebung relevante neue Tatsache iSd § 303 BAO dar."
Über die Beschwerde wurde erwogen:
1. Sachverhalt
Der Sachverhalt stellt sich wie im Verfahrensgang widergegeben dar und wird von keiner Partei bestritten.
Aus dem Steuerakt ergibt sich, dass die Bf. für das Jahr 2013 in Österreich keine Steuererklärungen eingereicht hat.
2. Rechtliche Beurteilung
2.1. Wiederaufnahme
§ 303 (1) BAO: Ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren kann auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn
a) der Bescheid durch eine gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist, oder
b) Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind, oder
c) der Bescheid von Vorfragen (§ 116) abhängig war und nachträglich über die Vorfrage von der Verwaltungsbehörde bzw. dem Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden worden ist,
und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
Das Rechtsinstitut der Wiederaufnahme auf Grund neu hervorgekommener Tatsachen bietet die Möglichkeit, bisher unbekannten, aber entscheidungswesentlichen Sachverhaltselementen Rechnung zu tragen.
Tatsachen in diesem Sinne sind Sachverhaltselemente, die bei einer entsprechenden Berücksichtigung zu einem anderen Ergebnis als vom rechtskräftigen Bescheid zum Ausdruck gebracht, geführt hätten. Neue Erkenntnisse in Bezug auf die rechtliche Beurteilung solcher Sachverhaltselemente sind keine Tatsachen.
Die Tatsachen müssen auch neu hervorkommen, das heißt es muss sich um solche Tatsachen handeln, die bereits vor Abschluss des wiederaufzunehmenden Verfahrens bestanden haben, aber erst nach rechtskräftigem Abschluss dieses Verfahrens der Behörde bekannt geworden sind ().
Im Beschwerdefall stützt das Finanzamt seine Wiederaufnahme auf die Tatsachen
- dass die Bf. Umsätze im Inland erzielt hat und
- dass der Bf. von österreichischen Mobilfunkunternehmen Rabatte gewährt worden sind.
Umsätze im Inland
Nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer haben die Vorsteuererstattung laut § 3a der Erstattungsverordnung BGBl 279/1995 in der jeweiligen Fassung mittels amtlich vorgeschriebenem Vordruck beim ***FA*** zu beantragen. Dem Erstattungsantrag sind die Rechnungen und die Belege über die entrichtete Einfuhrumsatzsteuer im Original beizufügen. Dem Akt ist nicht zu entnehmen, dass die Bf. dies nicht getan hätte.
Das Finanzamt hat hinsichtlich der Wiederaufnahme zunächst festgestellt, dass Kunden der Bf. in Österreich telefonierten und die Bf. so gem. VO 383/2003 Umsätze in Österreich erzielte.
Die in der Beschwerdevorentscheidung als "Tatsachenkomplex" bezeichneten Umstände, die zur Wiederaufnahme geführt haben, lassen sich darauf reduzieren, dass Kunden der Bf. aus dem Drittland in Österreich ihr Mobiltelefon nutzten.
Dieser Umstand musste dem Finanzamt jedoch aufgrund der im Original eingereichten Rechnungen bekannt gewesen sein: Aus den eingereichten Rechnungen österreichischer Telekom-Anbieter ergibt sich nämlich, dass die Bf. als Telekom-Unternehmen aus dem Drittland in Österreich Roamingdienstleistungen in Anspruch genommen hat. Damit musste dem Finanzamt auch bekannt gewesen sein, dass Kunden des Telekomunternehmens aus dem Drittland in Österreich telefoniert haben, da ansonsten keine Roamingdienstleistungen in Anspruch genommen werden müssen.
Damit ist das Finanzamt im Zuge der Außenprüfung nur zu neuen Erkenntnissen in Bezug auf die rechtliche Beurteilung des bekannten Umstandes gekommen, dass die Bf. Roamingdienstleistungen österreichischer Telekom-Anbieter in Anspruch genommen hat. Das sind keine neuen Tatsachen iSd § 303 Abs 1 BAO.
Entgeltsminderung durch Rabatte
Das Finanzamt stützt die Wiederaufnahme weiters auf den Umstand, dass der Bf. Rabatte gewährt wurden.
Nachträglich gewährte Rabatte führen zu einer Minderung der Bemessungsgrundlage. Hat sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz geändert, so haben
1. der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, den dafür geschuldeten Steuerbetrag, und
2. der Unternehmer, an den dieser Umsatz ausgeführt worden ist, den dafür in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug entsprechend zu berichtigen. Die Berichtigungen sind für den Veranlagungszeitraum vorzunehmen, in dem die Änderung des Entgeltes eingetreten ist (§ 16 Abs 1 UStG 1994).
Die Bf. vertritt den Standpunkt, dass sie für das Jahr 2013 keinen Vorsteuerabzug in Anspruch genommen hat, der eine Berichtigung nach sich ziehen würde, weil sie keinen Erstattungsantrag eingereicht hat.
Auch wenn die Bf. für das Jahr 2013 keinen Erstattungsantrag eingereicht und auch keine Vorsteuern ausbezahlt erhalten hatte, ist nach Ansicht des BFG dennoch von einer Inanspruchnahme des Vorsteuerabzuges für die bezogenen Leistungen auszugehen (vgl ): Die Bf. erzielte nämlich nach rechtsrichtiger steuerlicher Beurteilung (siehe unten 2.2.) steuerbare und steuerpflichtige Umsätze im Inland gem. VO 383/2003, die zum Vorsteuerabzug berechtigen - auch wenn dies in der Vergangenheit mangels Einreichung von Umsatzsteuererklärungen oder Erstattungsanträgen nicht zur Versteuerung gelangt ist.
Jedenfalls ist im Beschwerdefall für das Jahr 2013 von einem dem Vorsteuerabzug gegenüberstehenden Ausgangsumsatz auszugehen.
Gedanklich ändert daher die Nichteinreichung von Erstattungsanträgen oder Umsatzsteuererklärungen im Jahr 2013 nichts an der Inanspruchnahme von Vorsteuern, da entsprechende Steuertatbestände verwirklicht wurden. Bei dieser Vorgangsweise ist zumindest anzunehmen, dass den Vorsteuern von inländischen Leistungsbezügen (Roaminggebühren inländischer Telekommunikationsbetreiber) eine gedanklich anzusetzende Leistungsumsatzsteuer in zumindest gleicher Höhe gegenüberstand, woraus sich eine Steuerschuld von Null ergibt.
Ob eine entsprechende Gewinnmarge aus den weiterverrechneten Roaminggebühren erzielt wurde, konnte mangels entsprechender Offenlegung nicht festgestellt werden. Die Erzielung eines Rohverlustes aus der Verrechnung von Roaminggebühren ist nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht anzunehmen.
In ähnlicher Weise geht auch § 22 Abs. 1 UStG 1994 (Besteuerung von Umsätzen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe) vereinfachend davon aus, dass Umsätze und Vorsteuern in gleicher Höhe angenommen/festgesetzt werden. Die mit diesen Umsätzen zusammenhängenden Vorsteuern werden nicht exakt erfasst, sondern stets in gleicher Höhe wie die geschuldete Umsatzsteuer festgesetzt. Da durch die automatische Äquivalenz von eigener Steuerschuld und Vorsteuern weder eine Zahllast noch ein Überschuss entstehen kann, entfällt die Notwendigkeit der Ermittlung der Steuer und ihrer Berechnungsgrundlagen (Ruppe/Achatz UStG5, § 22 Rz 4).
Auch Unternehmer, deren Umsatzsteuer im Wege der Pauschalbesteuerung erhoben wird, sind als grundsätzlich als vorsteuerabzugsberechtigt anzusehen. Die Vorsteuerabzugsberechtigung ist bei Land- und Forstwirten ebenso gegeben wie bei der Bf., weshalb davon auszugehen ist, dass die Bf. de-facto den Vorsteuerabzug in der Weise in Anspruch genommen hat, als sie die Vorsteuern von der angefallenen Leistungsumsatzsteuer in Abzug brachte, deren Ergebnis einen Saldo von Null ergab.
Ob dies gewollt oder ungewollt war, vermag an der abgabenrechtlichen Beurteilung nichts zu ändern. Daher treffen die Bf. auch die entsprechenden Pflichten zur Berichtigung des Vorsteuerabzuges aus der nachträglichen Minderung des Entgelts (§§ 4, 16 UStG 1994).
Die Kenntnis von Rabatten hätte demgemäß einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt, weshalb die Wiederaufnahme zu Recht erfolgt ist.
2.2. Abweisung der Erstattungsanträge
Nach der Verordnung des Bundesministers für Finanzen, mit der ein eigenes Verfahren für die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern an ausländische Unternehmer geschaffen wird, hat die Erstattung der abziehbaren Vorsteuerbeträge an nicht im Inland ansässige Unternehmer im Erstattungsverfahren zu erfolgen, wenn der Unternehmer im Erstattungszeitraum im Inland keine Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 und Art. 1 UStG 1994 ausführt (vgl Art I § 1 der zitierten Verordnung).
Hinsichtlich der Sachbescheide ist strittig, ob die Bf. dadurch im Inland Umsätze erzielt hat, dass sie ihren Kunden das Telefonieren in Österreich ermöglicht hat.
Der VwGH hat am , Ro 2016/15/0035 erkannt: "Während Art. 59a MwStSystRL idF Art. 2 der RL 2008/8/EG (mit Wirkung vom ) die allgemeine, fakultative Möglichkeit der Besteuerung mittels Leistungsortverlagerung durch die Mitgliedstaaten vorsieht, schreibt Art. 59b MwStSystRL idF Art. 2 der RL 2008/8/EG (mit Wirkung vom bis ) eine zwingende Leistungsortverschiebung für jene Fälle vor, in denen ein drittländischer Unternehmer Telekommunikationsleistungen an in der Gemeinschaft ansässige Nichtsteuerpflichtige erbringt. Für alle Fälle, die nicht durch Art. 59b MwStSystRL idF Art. 2 der RL 2008/8/EG erfasst sind, besteht ein Wahlrecht nach Art. 59a MwStSystRL idF Art. 2 der RL 2008/8/EG (vgl. Langer in Reiß/Kraeusel/Langer (Hrsg), Umsatzsteuergesetz 138. Lieferung (Juli 2017) Art. 43-59b MwStSystRL Rz. 134 ff). Von diesem Wahlrecht hat der österreichische Verordnungsgeber mit der Verordnung BGBl. II Nr. 383/2003 idF BGBl. II Nr. 221/2009 Gebrauch gemacht. Die genannte Verordnung findet daher in Art. 59a MwStSystRL idF Art. 2 der RL 2008/8/EG ihre unionsrechtliche Deckung (vgl. Ecker in Melhardt/Tumpel, UStG2, § 3a Rz 274 f; Miladinovic, ecolex 2017/39, 75). Werden die Telekommunikationsdienste eines Drittlandunternehmens von einem nicht in der EU ansässigen Nichtunternehmer im Inland genutzt, verlagert sich der Ort der Leistung nach der Verordnung BGBl. II Nr. 383/2003 idF 221/2009 in das Inland (vgl. auch Ruppe/Achatz, UStG4, § 3a Tz 190 (Fall 3); Scheiner/Kolacny/Caganek, Kommentar zur MwSt, 46. Lfg (Dezember 2015), § 3a Abs 15 u 16 Tz 697). "
Auch der , "SK Telecom Co. Ltd" entschieden, dass die Verordnung BGBl. II Nr. 383/2003 idF 221/2009 dem Unionsrecht entspricht. Im Tenor heißt es dazu:
"Art. 59a Abs. 1 Buchst, b der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem in der durch die Richtlinie 2008/8/EG des Rates vom mit Wirkung vom geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass Roamingleistungen, die von einem in einem Drittland ansässigen Mobilfunkbetreiber an seine Kunden, die ebenfalls in diesem Drittland ansässig sind bzw. dort ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, erbracht werden und die es diesen Kunden ermöglichen, das nationale Mobilfunknetz des Mitgliedstaats, in dem sie sich vorübergehend aufhalten, zu nutzen, als Dienstleistungen anzusehen sind, deren "tatsächliche Nutzung oder Auswertung" im Sinne dieser Bestimmung im Gebiet dieses Mitgliedstaats erfolgt, so dass dieser den Ort der Roamingleistungen so behandeln kann, als läge er in seinem Gebiet, wenn dadurch eine Nichtbesteuerung der Roamingleistungen in der Union vermieden wird und ohne dass es hierbei darauf ankommt, welcher steuerlichen Behandlung die Roamingleistungen nach dem nationalen Steuerrecht des Drittlands unterliegen. "
Damit ist höchstgerichtlich klargestellt, dass sich die entsprechenden Umsätze der Bf. nach der mit dem Unionsrecht in Einklang stehenden Verordnung BGBl II 383/2003 idF BGBl II 221/2009 in das Inland verlagern. Damit ist die Anwendung des Erstattungsverfahrens ausgeschlossen.
Das Finanzamt hat die entsprechenden Erstattungsanträge zu Recht abgewiesen (durch Festsetzung des Erstattungsbetrages mit Null).
3. Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im Beschwerdefall hat der VwGH zwar die Rechtsfrage der Unionsrechtskonformität der VO 383/2003 beantwortet, nicht jedoch die Frage, ob auch bei Nichteinreichung von Steuererklärungen von einer Berichtigungspflicht iSd § 16 UStG 1994 auszugehen ist. Es liegt daher eine Rechtsfrage grundlegender Bedeutung vor.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 303 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 16 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
Zitiert/besprochen in | Pichler/Wisiak in BFGjournal 2022, 234 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.2100410.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at