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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 03.03.2022, RV/5101858/2018

Der Grundstückswert ist vor 2016 für die Schätzung des gemeinen Wertes einer gemischt genutzten Liegenschaft nicht geeignet, der einbekannte Verkehrswert kommt den tatsächlichen Verhältnissen näher

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Senatsvorsitzenden***SV***, die Richterin***RI*** sowie die fachkundigen Laienrichter ***LR1*** und ***LR2*** in der Beschwerdesache ***BF***, ***Adr***, vertreten durch Verl. N. Dr. Josef Mayrl, Nonntaler Hauptstraße 52, 5020 Salzburg, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , Steuernummer
***StNr***, Erfassungsnummer ***ErfNr***, betreffend Grunderwerbsteuer nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Schriftführerin ***SF*** zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Übergabsvertrag vom hat ***ÜG*** die ihm allein gehörige Liegenschaft je zur Hälfte an seinen Sohn und dessen Lebensgefährtin, ***BF***, nunmehrige Beschwerdeführerin, =Bf., übergeben. Für diesen Erwerbsvorgang hat der den Vertrag errichtende Notar die Grunderwerbsteuer (GrESt) für beide Erwerber mit jeweils 2 % vom halben, dreifachen Einheitswert in Höhe von 2.644,56 € selbst berechnet.

Verfahren vor der belangten Behörde

Anlässlich einer Überprüfung der Selbstberechnungen beim Notar, ***ABNr***, hat das Finanzamt für Gebühren Verkehrsteuern und Glücksspiel, nunmehr Finanzamt Österreich, festgestellt, dass der Erwerb durch die Bf. (im Verhältnis zum Übergeber) keinen begünstigten Erwerb durch nahe Angehörige im Sinne des § 7 Abs. 1 Z 1 GrEStG darstellt und die Selbstberechnung unrichtig gewesen ist. Die Prüferin hat daher den Notar am aufgefordert, die Höhe der Gegenleistung sowie den gemeinen Wert der Liegenschaft bekannt zu geben, woraufhin dieser am den nach Ansicht der Prüferin anzuwendenden Verkehrswert der Liegenschaft und die Werte für das Wohnrecht bzw. Fruchtgenussrecht anhand einer Berechnung des Steuerberaters bekannt gegeben hat.

Mit Bescheid vom hat das Finanzamt sodann gemäß § 201 BAO für den Erwerb der Bf. unter Fremden lt. Übergabsvertrag vom die GrESt gemäß § 7 Abs. 1 Z 3 GrEStG mit 3,5 % vom halben (einbekannten) Verkehrswert der Grundstücke in Höhe von 1,100.094,27 € mit 19.251,66 € festgesetzt. Zur Begründung stützt sich das Finanzamt auf die Rechtslage und führt aus, das im Übergabsvertrag eingeräumte Wohnrecht zählte zu den persönlichen Verhältnissen, welche beim gemeinen Wert nicht in Abzug zu bringen seien.

Dagegen richtet sich die gegenständliche Beschwerde vom , eingebracht von der Steuerberatungskanzlei Mayrl & Partner, welche auch die dem Bescheid zugrundeliegende Verkehrswertberechnung erstellt hat. Die Bf. beantragt nunmehr, die GrESt vom Grundstückswert zu berechnen und führt zur Begründung aus:

"Die Berechnung des Grundstückswertes gemäß § 4 Abs. 1 GrEStG auf Grundlage des Pauschalwertmodells gemäß § 2 Grundstückswertverordnung bildet die Grundlage unserer Beschwerde. Einleitend festzuhalten ist, dass diese Grundstückswert-Berechnung zwar erst ab dem Jahr 2016 berechenbar und gesetzlich vorgesehen ist, allerdings haben sich die Grundlagenwerte aus den Vorjahren ergeben und sind darauf basierend berechnet worden, wodurch eine Plausibilität der Zahlen gegeben sein muss. Ein höherer Wert war im Jahr 2015 mit Sicherheit nicht gegeben. Es ergibt sich aus der Anlage "Grundstückswert-Berechnung" für die Liegenschaft ***EZ,KG***, mit den zugrunde liegenden Daten ein Gesamtwert des Grundstücks von € 412.676,25.
Der übertragene Anteil im Übergabsvertrag vom mit Herrn ***ÜG*** war die Hälfte, das ergibt einen Wert von € 206.338,12.
Die Grunddaten wurden im Zuge der Außenprüfung mit Sicherheit als korrekt festgestellt, wodurch kein anderer Schluss zugelassen werden kann, als dass der dem Bescheid zu Grunde gelegte Verkehrswert maßlos überzogen ist.
Es ist davon auszugehen, dass sich auch das Finanzamt an diese Grundstückswert-Berechnungen zu halten hat. Der Wert im Jahr 2015 muss niedriger gewesen sein, aus verfahrensökonomischen Gründen legen wir dennoch den Wert aus 2016 als Grundlage fest.
Auf Grund des fehlenden Verwandtschaftsverhältnisses zwischen ***ÜG*** und Frau ***BF***, seiner zukünftigen Schwiegertochter, muss gemäß § 7 Abs. 1 Z 3 GrEStG 1987 der Prozentsatz mit 3,5 % angesetzt werden, dies ergibt eine GrESt von € 7.221,83.
Somit errechnet sich die Differenz zwischen der GrESt in Höhe von € 7.221,83 und der selbst errechneten GrESt von € 2.644,56 mit einer Nachforderung von € 4.577,27."

Die Bf. stellt Anträge gemäß § 262 Abs. 2 lit. a BAO auf Unterbleiben einer Beschwerdevorentscheidung, auf Entscheidung durch den Senat und auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung.
Am hat das Finanzamt die Beschwerde dem BFG zur Entscheidung vorgelegt.

Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht

Mit Beschluss vom hat das BFG - nach rechtlichen Ausführungen - der Bf. die im Folgenden widergegebenen, vorläufigen Internet-Rechercheergebnisse vorgehalten und zwecks Vervollständigung des Sachverhaltes 3 konkrete Fragen gestellt. Ein allenfalls unter dem einbekannten Verkehrswert liegender gemeiner Wert der Liegenschaft zum Stichtag wäre von der Bf. mit einem Schätzgutachten nachzuweisen.

"1. Vergleichspreise von derzeit angebotenen Immobilien in der Stadt ***Stadt*** (immobilienscout24.at): Dabei hat sich ein Objekt als annähernd vergleichbar herausgestellt (Grundstücksfläche 605 m², Nutzfläche 397 m², ***Ort2***). Dieses Haus wird derzeit um 1,170.000 € angeboten. Bei einem wesentlich kleineren Anlageobjekt, Grundstücksfläche 118 m², Nutzfläche 268 m², ***Ort3***) beträgt der Preis 1,200.000 €.
2. Außerdem ist lt. Immobilienpreisspiegel von Statistik Austria zum für Häuser der Kategorie B mit einer mittleren Grundstücksgröße von 400-600 m² in ***Stadt*** (Stadt) ein Wert von 2.830 €/m² Wohnfläche (der Wert basiert auf Daten der Jahre 2011 - 2015) anzusetzen.
3. Lt. immowert123.at beträgt der Grundstückspreis in ***Ort*** mindestens 600 €.
Somit erscheint im Hinblick auf die große Gebäude-Nutzfläche von 458,60 m², die gute Lage des Objektes in ***Ort*** und den Ertrag der Immobilie der von der Bf. selbst bekannt gegebene Verkehrswert von 1,1 Mio. € auch unter Bedachtnahme auf den Bewertungsstichtag im Jahr 2015 keineswegs maßlos überzogen."

Daraufhin hat die Bf. am die folgende Stellungnahme eingebracht, in der sie die Fragen beantwortet und zur Bewertung ergänzend ausführt:

"1. Die im 1. Stock gelegene vermietete Wohnung der gegenständlichen Liegenschaft war nur bis Herbst 2015 vermietet und hatte eine m²-Fläche von 83,40. Seit Herbst 2015 wurde die Wohnung in weiterer Folge privat genutzt.
2. Die vermieteten und gewerblich genutzten Geschäftsflächen haben im Jahr 2015 und auch in den folgenden Jahren eine Gesamtfläche von 161,25 m².
3. Der Bf. ist kein tatsächlicher Kauf oder Verkauf einer Immobilie in der Nähe bekannt.

Von der Beibringung eines Schätzgutachtens wird von der Bf. Abstand genommen, da dies nur weitere Kosten verursacht. Es erscheint aber als eine auffällige Ungleichbehandlung, wenn das BFG von der Bf. ein teures Schätzgutachten verlangt und selbst Internetadressen und anhand dieser Vergleichswerte anführt. Die Internetadresse immowert123.at hat am den angeführten Wert von 600 € für den Grundstückspreis in ***Ort*** ergeben. Dies kann sicher nicht als Vergleich für 2015 herangezogen werden. Die Liegenschaft in der ***Adr***, befindet sich an einer stark frequentierten Hauptstraße direkter Nachbar ist eine BP-Tankstelle, daher ist der Wohnungswert mit Sicherheit kein besonders guter.
Aus der im Beschluss angeführten Internetadresse ist ersichtlich, dass sich ***Ort*** definitiv in ***Stadt***-Umgebung und nicht in ***Stadt*** Stadt befindet. Daher kann man gemäß der im Beschluss eingebundenen Hauspreistabelle B, wo der Immobilienpreisspiegel der Statistik Austria zum angeführt ist, zu dem Schluss kommen, dass bei mehr als 146 m² ein Wert von 1.910 €/m² Wohnfläche herangezogen werden kann, wobei Gewerbeflächen mit Sicherheit nicht diesen Wert erlangen können."

Das BFG konnte diesem Vorbringen der Bf. insoweit folgen, als ***Ort*** eine Umlandgemeinde südlich angrenzend an das Stadtgebiet ist und keine hinsichtlich Lage, Größe und Nutzung geeigneten Vergleichspreise gefunden werden können. Aus diesem Grund hat das Gericht in einem weiteren Beschluss vom ergänzende Fragen zur Plausibilität der von der Bf. selbst beigebrachten Bewertung durch den Steuerberater gestellt, welchen die Bf. jedoch nicht beantwortet hat.

Zu der mündlichen Verhandlung am ist für die Bf. der Notar erschienen und dieser hat unter Vorlage eines Bilddokumentes ergänzend zum bisherigen Vorbringen darauf hingewiesen, dass das Gebäude auf der übergebenen Liegenschaft zum Zeitpunkt der Übergabe im Mai 2015 sanierungsbedürftig gewesen sei. In der Folge hätten die Übernehmer die Sanierung durchgeführt. Über Zeitpunkt und Ausmaß der Sanierung konnte der Notar keine genaueren Angaben machen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Mit Übergabsvertrag vom hat ***ÜG*** die ihm allein gehörige Liegenschaft ***EZ,KG***, BG ***Stadt***, im Ausmaß von 559 m² je zur Hälfte an seinen Sohn und dessen Lebensgefährtin, die Bf., übergeben. Als Gegenleistung hat er sich unter anderem die folgenden Rechte ausbedungen:

Zweitens: Wohnungsgebrauchsrecht
… Recht - für sich und seine Ehegattin - der Bewohnung und Benützung der im zweiten Obergeschoß des Hauses "***Str***" gelegenen Wohnung, bestehend aus Schlafzimmer, Wohnzimmer, Küche, Bad, WC und eigener Dachterrasse …

Drittens: Fruchtniessungsrecht
… örtlich begrenzt auf die an Gewerbebetriebe (Trafik, Imbissstube und Friseursalon) vermieteten Flächen sowie die an Private, im ersten Stock gelegene Wohnung, vermietete Fläche.

Viertens: Belastungs- und Veräußerungsverbot

Das Übergabsobjekt ist ein zweistöckiges, gemischt genutztes Mehrfamilienhaus aus dem Jahr 1974 mit einer Gesamtnutzfläche von 458,60 m². Davon entfallen:
387,15 m² auf drei kleinere Geschäftslokale im Erdgeschoss und eine Wohnung im ersten Stock, welche zum Bewertungsstichtag vermietet waren, und
71,45 m² auf die Wohnung des Übergebers im zweiten Stock.

Die Liegenschaft mit 559 m² Grundfläche ist in ***Ort***, ***Stadt*** Umgebung, gelegen, wobei die Gegend (ebenso wie die westlich angrenzende Gemeinde ***Ort4***) aufgrund des unmittelbaren Nahbereiches zur Stadt ***Stadt*** grundsätzlich ein sehr hohes Preisniveau aufweist (Marktbericht 2020 Team Rauscher). Das Gebäude ist an zwei Seiten von der ***Straße*** begrenzt, in unmittelbarer Nachbarschaft befinden sich das Haus ***XY*** und ein Wohnhaus sowie - durch die Straße getrennt - 3 Einfamilienhäuser und ein Tankstellenareal. Im Übrigen befinden sich in einem weiteren Umkreis überwiegend Grünflächen und Wohngebiete. Zur Veranschaulichung siehe die folgenden Bilder, nachgesehen bei Google Maps:
Anzumerken ist, dass das unten abgebildete Gebäude ***Str*** in saniertem Zustand im Jahr 2019 zu sehen ist. Im Vergleich dazu zeigt das von Seiten der Bf. vorgelegte Foto vor der Sanierung ein hinsichtlich Ausmaß, Dach, Fenster nahezu identisches Gebäude mit dem einzigen, wesentlichen Unterschied, dass die Fassade teilweise in Holz und großteils mit einer Eternitverkleidung gestaltet war.

[...]

Lt. Statistik Austria haben im Jahr 2015 im Land ***Stadt*** im Durchschnitt die Mieten inklusive Betriebskosten/m² 8,66 € betragen. Die Grundstückspreise speziell in ***Ort*** wurden für das Jahr 2016 mit 782,2 € erhoben (für 2015 ist kein Wert vorhanden).

Die Bf. hat am den gemeinen Wert der übergebenen Liegenschaft mit 1,100.094,27 € wie folgt einbekannt:

[...]

Vom Verkehrswert bringt der Steuerberater das Fruchtgenussrecht (monatlich 2.172,70 €, bewertet anhand von Daten aus dem Jahr 2014) mit einem Barwert von 284.676,51 € und eine Marktanpassung von 20 % (wegen der Lage und dem Wohnrecht der Eltern im Wert von 400 €/Monat) in Höhe von 220.018,85 € in Abzug. Danach verbleibt ein erzielbarer Preis in Höhe von 595.398,91 €.

Im Rahmen ihres Beschwerdevorbringens hat die Bf. die folgende Grundstückswert-Berechnung für das Jahr 2016 vorgelegt:

[...]

2. Beweiswürdigung

Die insoweit unstrittigen Sachverhaltsfeststellungen sind aktenkundig und können somit gemäß § 167 Abs. 2 BAO als erwiesen angenommen werden. Betreffend Miet- und Grundstückspreise in ***Ort*** hat das BFG ergänzend unbedenkliche Statistikwerte von Statistik Austria aus dem Internet herangezogen. Betreffend den Zustand des Gebäudes im maßgeblichen Zeitpunkt der Übergabe 5/2015 hat die Bf. keine ausreichenden Beweismittel beigebracht. Da die Sanierungsbedürftigkeit des Gebäudes auf die folgenden Erwägungen des Gerichtes zum gemeinen Wert der Liegenschaft jedoch keinen Einfluss hat, waren weitere Ermittlungen nicht notwendig.

3. Rechtsgrundlagen

Gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 unterliegt ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet, der GrESt.

§ 4 GrEStG 1987 idF BGBl. I 36/2014 (in Kraft von bis ) lautet auszugsweise:

(1) Die Steuer ist vom Wert der Gegenleistung (§ 5) zu berechnen.

(2) Abweichend von Abs. 1 gilt Folgendes:

1. Bei den nachstehend angeführten begünstigten Erwerbsvorgängen ist die Steuer vom Dreifachen des Einheitswertes (§ 6), maximal jedoch von 30 % des gemeinen Wertes, wenn dieser nachgewiesen wird, zu berechnen:
a) bei Übertragung eines Grundstückes an den in § 7 Abs. 1 Z 1 und 2 angeführten Personenkreis;
[…]

3. Die Steuer ist - abgesehen von Z 1 und 2 - vom gemeinen Wert zu berechnen:
a) wenn eine Gegenleistung nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln ist oder die Gegenleistung geringer ist als der gemeine Wert des Grundstückes;
[…]

§ 7 Abs. 1 GrEStG 1987 idF BGBl. I 36/2014 (in Kraft von bis ) lautet:

(1) Die Steuer beträgt beim Erwerb von Grundstücken:

1. durch den Ehegatten, den eingetragenen Partner, den Lebensgefährten, sofern die Lebensgefährten einen gemeinsamen Hauptwohnsitz haben oder hatten, einen Elternteil, ein Kind, ein Enkelkind, ein Stiefkind, ein Wahlkind oder ein Schwiegerkind des Übergebers 2 v.H.,
[…]

3. durch andere Personen 3,5 vH.

§ 10 BewG 1955 lautet:

(1) Bei Bewertungen ist, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, der gemeine Wert zugrundezulegen.

(2) Der gemeine Wert wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind nicht zu berücksichtigen.

(3) Als persönliche Verhältnisse sind auch Verfügungsbeschränkungen anzusehen, die in der Person des Steuerpflichtigen oder eines Rechtsvorgängers begründet sind. Das gilt insbesondere für Verfügungsbeschränkungen, die auf letztwilligen Anordnungen beruhen.

4. Erwägungen

Zweifelsfrei ist im gegenständlichen Fall gemäß §§ 4 Abs. 2 Z 3 lit. a iVm. 7 Abs. 1 Z 3 GrEStG idF BGBl. I 36/2014 (in Kraft von bis ) die GrESt mit 3,5 % vom gemeinen Wert des Grundstückes zu berechnen, da ein nicht begünstigter Erwerb unter Fremden vorliegt und die Gegenleistung lt. Aktenlage und abgeleitet aus den Angaben der Bf. jedenfalls geringer ist, als der gemeine Wert des Grundstückes.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Wohnrecht
400 €/Monat
72.172,37 €
Fruchtgenuss
2.172,70 €/Monat
+ 284.676,51 €
Gegenleistung
356.848,88 €

Strittig ist somit ausschließlich die Höhe des gemeinen Wertes, welcher nach dem Beschwerdevorbringen dem Grundstückswert von 2016 in Höhe von 412.676,25 € entspreche, wohingegen der vom Finanzamt zugrunde gelegte, zunächst von der Bf. selbst einbekannte Verkehrswert in Höhe von 1,100.094,27 € maßlos überzogen sei.

Der gemeine Wert einer Liegenschaft im Sinne des § 10 BewG ergibt sich im Wesentlichen aus Angebot und Nachfrage im gewöhnlichen Geschäftsverkehr (; ).

Beim gemeinen Wert handelt es sich um eine fiktive Größe, die mithilfe der Preisschätzung zu ermitteln ist ().

Der gemeine Wert kann durch verschiedene Beweismittel, zB Kaufpreis bei nicht lange zurückliegendem Ankauf, Kaufpreis von vergleichbaren Liegenschaften oder durch Heranziehung eines Immobilienpreisspiegels glaubhaft gemacht oder mit einem Schätzungsgutachten nachgewiesen werden (vgl. Fellner Band II, GrEStG, Rz. 21 zu § 4 GrEStG).

Die Wahl der Schätzungsmethode steht der Abgabenbehörde grundsätzlich frei, es ist aber jene Methode zu wählen, durch die die Besteuerungsgrundlagen möglichst nahe den tatsächlichen Gegebenheiten eruiert werden können. Bei der Schätzung ist überdies erforderlich, dass das Ergebnis der durchgeführten Beweiswürdigung mit den Denkgesetzen und den Erfahrungen des täglichen Lebens in Einklang steht.

Wie die Bf. selbst einräumt, besteht für die Anwendung des Grundstückswertes im Gegenstandsfall keine gesetzliche Grundlage. Der Grundstückswert ist überdies nur ein steuerlicher Hilfswert, der nach der neueren Gesetzeslage ausschließlich in besonderen Fällen (Erwerb innerhalb des begünstigten Personenkreises, Erbanfall, Anteilsvereinigung, Umgründung) für die GrESt-Bemessung vorgesehen ist. Nach den Erfahrungen des täglichen Lebens ist er wesentlich unter dem tatsächlich zu erzielenden Preis für eine Liegenschaft angesiedelt, da auf die Zumutbarkeit der Steuerlast Rücksicht genommen werden soll. Eine Schätzung des gemeinen Wertes in Höhe des Grundstückswertes kommt somit nicht in Betracht.

Ausgangspunkt für die Ermittlung des gemeinen Wertes ist jedenfalls der Markt.

Wie sich im Ermittlungsverfahren jedoch herausgestellt hat, können keine hinsichtlich Lage, Größe und Nutzung vergleichbare Liegenschaften für die Schätzung des gemeinen Wertes herangezogen werden. Deshalb ist der Hinweis der Bf., das BFG habe irrtümlich falsche Vergleichswerte der Stadt herangezogen, nicht zielführend. Ebenso wenig existiert ein Immobilienpreisspiegel für gemischt genutzte Objekte, weil in solchen Fällen ein Referenzwert wenig Aussagekraft hat, weil sich die Gebäude meist stark unterscheiden. Ein Schätzungsgutachten hat die Bf. aus Kostengründen nicht beigebracht.

Allerdings hat die Bf. den gemeinen Wert bzw. Verkehrswert zunächst mittels Gewichtung von Sach- und Ertragswert durch ihren Steuerberater selbst berechnen lassen und sodann einbekannt. Das Finanzamt hat diesen Wert als zutreffend anerkannt.

Der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr übliche Ausdruck Verkehrswert wird im Gesetz bewusst nicht gebraucht. Der Verkehrswert stellt zwar, ähnlich dem gemeinen Wert, einen gemeingültigen Durchschnittswert dar, infolge der im § 10 Abs. 2 und 3 BewG angeordneten Außerachtlassung persönlicher und ungewöhnlicher Verhältnisse, die den Verkehrswert unter Umständen sehr beeinflussen können (zB bei der Belastung eines Grundstückes durch ein Wohnrecht), kann der gemeine Wert jedoch vom Verkehrswert sehr wesentlich abweichen (vgl. Twaroch/Wittmann/Frühwald, Kommentar zum Bewertungsgesetz zu § 10 BewG, Seite 6).

Wenn die Bf. nunmehr den von ihr selbst berechneten Verkehrswert als maßlos überhöht bezeichnet, so mag das daran liegen, dass die Bf. offenbar darüber geirrt hat, dass für die GrESt nicht der um den Fruchtgenuss und eine Marktanpassung bereinigte "erzielbare Preis" ausschlaggebend ist, da beim gemeinen Wert weder der Fruchtgenuss noch das Wohnrecht als "persönliche Verhältnisse" im Sinne von § 10 Abs. 2 BewG zu berücksichtigen sind. Dahinter steht die Intention des Gesetzgebers, dass der Wert des Grundstückes im unbelasteten Zustand versteuert werden soll, obschon Belastungen die Gegenleistung bei der Preisvereinbarung entsprechend herabsetzen. Es wäre systemwidrig, würde bei einer Bemessung der GrESt vom gemeinen Wert das Fruchtgenussrecht die Bemessungsgrundlage kürzen (vgl. ).

Um beurteilen zu können, ob die dem strittigen GrESt Bescheid zugrundegelegte Berechnung des Steuerberaters ein geeignetes Beweismittel für den gemeinen Wert des Besteuerungsgegenstandes darstellt, soll im Folgenden der von der Bf. einbekannte Verkehrswert auf seine Plausibilität überprüft werden:

Dabei gilt es zu bedenken, dass zum Bewertungsstichtag der überwiegende Teil des Gebäudes vermietet war und nach dem aktuellen Stand der Liegenschaftsbewertungswissenschaft im Falle einer Ertragsliegenschaft vorzugsweise eine ertragswertorientierte Bewertungsmethode heranzuziehen ist (vgl. ). Die Bf. hat für den vermieteten Teil der Liegenschaft den Ertragswert errechnet. Dabei ist allerdings die Wohnung des Übergebers im zweiten Stock unberücksichtigt geblieben.

Rechnet man in einer überschlagsmäßigen Kalkulation zusätzlich zu den Erträgen aus den vermieteten Teilen den von der Bf. einbekannten Wert des Wohnrechtes (fiktiver Ertrag) für die Übergeberwohnung hinzu (39.000 + 12 x 400), so ergäbe dies insgesamt einen Jahresrohertrag von ca. 44.000 €, was nach den Erfahrungen des täglichen Lebens bedeutet, dass bei einer angenommenen Rendite von 4 % für das Objekt ein Preis von 1,100.000 € zu erzielen gewesen wäre.
Dies entspricht exakt dem von der Bf. einbekannten Verkehrswert!

Bei dieser Bewertungsmethode nach dem Ertrag der Liegenschaft hat die zuletzt ohne konkrete Nachweise vorgebrachte Sanierungsbedürftigkeit des Gebäudes keine Bedeutung.

Außerdem gilt es in diesem Zusammenhang zu bedenken, dass - im Vergleich zu den erhobenen Statistikwerten weder die - bei Berechnung des Verkehrswertes von der Bf. herangzogenen - 8 €/m² an Mietpreis noch der Grundpreis von 500 € überhöht erscheinen. Demgegenüber ist das Wohnrecht mit 5,6 €/m² (400 €/71,45 m²) mit einem vergleichsweise sehr niedrigem Wert in die obige Überschlagsrechnung eingeflossen. Nicht zuletzt war eine Rendite von 4 % am Immobilienmarkt nach der allgemeinen Lebenserfahrung durchaus erzielbar.

Dem Einwand der Bf., die Liegenschaft sei an einer viel befahrenen Hauptstraße und in Nachbarschaft zu einer Tankstelle gelegen, ist entgegenzuhalten, dass diese Umstände in Anbetracht der erfolgreichen Vermietungen nicht von wesentlicher Bedeutung sein dürften. Demgegenüber befindet sich die Liegenschaft in dem besonders begehrten "Speckgürtel" der Stadt.

Nachdem sich also der von der Bf. einbekannte Verkehrswert in Höhe von 1,100.094,27 € als grundsätzlich plausibel herausgestellt hat und im Übrigen einer Schätzung des gemeinen Wertes stets ein gewisses Maß an Ungenauigkeit anhaftet, da überdies die Bf. an einer weiteren Klärung der Zahlen und Berechnungen im Sinne des nicht mehr mitgewirkt hat und auch kein weiteres Gutachten oder sonstige, brauchbare Nachweise vorgelegt hat, kommt das Gericht zu der Auffassung, dass der von der Bf. einbekannte Verkehrswert ohne Bedenken als GrESt Bemessungsgrundlage herangezogen werden kann, da er nach den Erfahrungen des täglichen Lebens den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht.

Da das Finanzamt somit im GrESt Bescheid vom zu Recht die Hälfte des einbekannten Verkehrswertes zum Ansatz gebracht hat, war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

5. Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da im gegenständlichen Fall die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen eindeutig ist und das Erkenntnis auf die angeführte, bisherige Rechtsprechung des VwGH Bedacht genommen hat, liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor. Im Übrigen hing der Beschwerdefall von der Lösung von nicht über den Einzelfall hinausgehenden Sachverhaltsfragen ab.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.5101858.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at