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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 02.05.2022, RV/3100864/2018

Vorsteuerabzug bei einer gemischt genutzten Ferienwohnung

Beachte

Revision (Amtsrevision) beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2022/15/0062. Mit Erk. v. wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Beschluss v. erledigt.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache der Bf., vertreten durch die REIMAIR und Partner Steuerberatungs-GmbH & Co. KG, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes F vom betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 2015, Steuernummer xxx, zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Im Zuge der Neuaufnahme der Miteigentumsgemeinschaft "AA und BA" (Vermietungsgemeinschaft) übermittelte die steuerliche Vertretung dem Finanzamt F mit Schreiben vom (Datum der Einbringung beim Finanzamt: ) den Fragebogen für Gesellschaften (Verf 16) samt Beilagen (ua. die Erklärung gemäß § 6 Abs. 3 UStG 1994 - "Verzicht auf die Steuerbefreiung für Kleinunternehmer"). Es wurde um Vergabe einer Steuernummer und UID-Nummer für die Vermietungsgemeinschaft ersucht. Weiters wurden folgende Unterlagen vorgelegt:

  1. "Kauf-, Bauträger- und Wohnungseigentumsvertrag" vom Datum 1 bzw. Datum 2, abgeschlossen zwischen der P-GmbH, Gemeinde 1 F-Straße, als "Verkäuferin" und AA, geb. am Tag X, und BA, geb. am Tag Y, beide wohnhaft in Gemeinde 2, G-Straße, als "Käufer"

  2. "Betreibervertrag" (ohne Datum), abgeschlossen zwischen der R-GmbH mit dem Sitz in Ort 1 und den vorhin angeführten "Käufern" AA und BA mit dem Bemerken, dass "die vertragliche Verpflichtung zur Vermietung" vorgesehen sei

  3. eine Prognoserechnung

Überdies wurde von der steuerlichen Vertretung im Schreiben vom Folgendes zum Ausdruck gebracht:

"Es besteht die Möglichkeit der Eigennutzung. Diese darf und wird aus wirtschaftlichen und grundverkehrsrechtlichen Gründen nur bis zu 3 Wochen pro Jahr stattfinden".

2. Mit der am beim Finanzamt F elektronisch eingereichten Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2015 machte die Miteigentumsgemeinschaft "AA und BA" im Zusammenhang mit dem Erwerb einer Wohnung Vorsteuern von 97.359,91 € geltend.

Mit Ergänzungsersuchen vom gab das Finanzamt F zu verstehen, dass dem vorliegenden "Betreibervertrag" zufolge eine private Nutzung der Wohnung bis zu drei Wochen möglich sei. Die Miteigentumsgemeinschaft solle bekannt geben, inwieweit diese Privatnutzung bei der Geltendmachung der Vorsteuern berücksichtigt worden sei.

Dazu gab die steuerliche Vertretung am bekannt, dass mit der Vermietung im Dezember 2015 begonnen worden sei. Im ersten Jahr der Vermietung gebe es laut vorliegenden Informationen keine Eigennutzung. Für das Jahr 2016 habe die steuerliche Vertretung noch keine Werte erhalten. Erst mit der Erstellung der Überschussrechnung für das Jahr 2016 würden diese Informationen eingeholt werden.

3. Mit Schreiben vom wies das Finanzamt F die Miteigentumsgemeinschaft darauf hin, dass der angeforderte Nachweis der Eigennutzung mit der Vorhaltsbeantwortung vom nicht erbracht worden sei. In einem mit der steuerlichen Vertretung geführten Telefonat sei die Frist für die Nachreichung bis zum verlängert worden. Es ergehe letztmalig die Aufforderung, das Ausmaß der Privatnutzung für die Jahre 2015 und 2016 bis zum bekannt zu geben.

In Beantwortung dieses Schreibens äußerte sich die steuerliche Vertretung am dahingehend, dass es im Jahr 2015 keine Privatnutzung gegeben habe. Erst im Jahr 2016 habe eine solche stattgefunden. Diese habe insgesamt 17 Tage betragen (vom 1. bis , vom 24. bis , vom 2. bis und vom 30. bis ).

Mit E-Mail der steuerlichen Vertretung vom wurde die vorstehende Aussage betreffend die Eigennutzung der Wohnung dahingehend abgeändert, dass sich für das gesamte Jahr 2016 eine "Privatnutzung von 11 Tagen" ergebe.

4. Mit Erinnerung vom machte das Finanzamt F die Miteigentumsgemeinschaft darauf aufmerksam, dass offenbar übersehen worden sei, berichtigte Erklärungen betreffend die Vorsteuerkürzung im Ausmaß der Privatnutzung für das Jahr 2015 fristgerecht bis zum einzureichen. Gleichzeitig wurde eine Zwangsstrafe von 500,00 € angedroht, falls diese berichtigten Erklärungen nicht bis längstens nachgereicht werden sollten.

Dazu teilte die steuerliche Vertretung mit Schreiben vom mit, dass die Vorlage einer berichtigten Erklärung betreffend die Vorsteuerkürzung 2015 nicht möglich sei, da - wie bereits mehrfach erwähnt - im Jahr 2015 keine Eigennutzung stattgefunden habe. Das Appartement sei im Dezember 2015 übergeben und erstmalig zu Weihnachten 2015 vermietet worden. Das Jahr der erstmaligen Verwendung sei damit das Kalenderjahr 2015. In diesem Kalenderjahr habe keine Eigennutzung stattgefunden. Daher sei auch keine Vorsteuerkürzung im Ausmaß der Privatnutzung erforderlich. Eine Privatnutzung ab dem Kalenderjahr 2016 sei im Sinne des § 12 Abs. 10 UStG 1994 in Form einer Vorsteuerberichtigung über einen Beobachtungszeitraum von 20 Jahren zu berücksichtigen.

Diesem Schreiben fügte die steuerliche Vertretung als Beilage einen Ausschnitt aus der Poolabrechnung der R-GmbH an, aus der ersichtlich sei, dass im Jahr 2015 keine Eigennutzung stattgefunden habe.

5. Mit E-Mail vom teilte die steuerliche Vertretung dem Finanzamt F mit, dass die Zimmerbelegungen und Abrechnungen des Betreibers für die Jahre 2015 und 2016 "noch einmal durchgesehen" worden seien. Im Jahr 2015 sei die Wohnung der Miteigentumsgemeinschaft "AA und BA" insgesamt 5 Tage belegt gewesen (davon Privatnutzung: 0 Tage), im Jahr 2016 sei die Wohnung insgesamt 69 Tage belegt gewesen (davon Privatnutzung: 9 Tage).

6. Am erließ das Finanzamt F einen Bescheid betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 2015, mit dem die Vorsteuern lediglich mit 84.703,12 € anerkannt wurden (Vorsteuerkürzung: 12.656,79 €).

Zur Begründung wurde ausgeführt, dass nach unionsrechtlichen Prinzipien der Unternehmer (Vermieter) die erworbene Wohnung - selbst wenn sie nur teilweise für umsatzsteuerpflichtige Zwecke verwendet werde - gänzlich dem Unternehmen zuordnen könne. Dennoch stehe ein Vorsteuerabzug aber nur insoweit zu, als die Wohnung für umsatzsteuerpflichtige Zwecke genutzt werde (Hinweis auf "§ 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG"). Es dürfe somit nur jene Vorsteuer abgezogen werden, die auf die Verwendung des Grundstückes für unternehmerische Zwecke des Steuerpflichtigen entfalle. Sollte das Ausmaß der Privatnutzung im Zeitpunkt der Anschaffung noch nicht feststehen, werde auf das wahrscheinlichste künftige Verhältnis abzustellen sein. Im vorliegenden Fall sei die Vorsteuerkürzung im Ausmaß der auf das Jahr 2016 entfallenden Privatnutzung durchgeführt worden.

7. Gegen diesen Bescheid erhob die Miteigentumsgemeinschaft "AA und BA" im Wege ihrer steuerlichen Vertretung am fristgerecht Bescheidbeschwerde, mit der eine erklärungsgemäße Veranlagung der Umsatzsteuer für das Jahr 2015 beantragt wurde. Zur Begründung wurde ausgeführt wie folgt:

Für den Vorsteuerabzug seien die Verhältnisse im Zeitpunkt des Umsatzes an den Unternehmer maßgebend (Hinweis auf UStR 2000 Rz 1835). Der Zeitpunkt des Umsatzes an den Unternehmer entspreche dem Lieferzeitpunkt. Lieferzeitpunkt einer Immobilie (hier: Appartement) sei lt. Judikatur und Lehre der Zeitpunkt der Schlüsselübergabe. Die Schlüsselübergabe des in Rede stehenden Appartements sei im Dezember 2015 erfolgt. Es seien daher die Verhältnisse des Jahres 2015 für den Vorsteuerabzug relevant. Der Vorsteuerkürzung des Jahres 2015 seien jedoch die Tage der mutmaßlichen Privatnutzung des Jahres 2016 zugrunde gelegt worden.

Es sei im Vorhinein nicht erkennbar, wie hoch und ob überhaupt eine Privatnutzung in den Folgejahren erfolgen werde. Die von der Abgabenbehörde vorgenommene Vorsteuerkürzung für das Jahr 2015 anhand der mutmaßlich privat verbrachten Nächte im Jahr 2016 sei verfehlt. Maßgebend für den Vorsteuerabzug seien die Verhältnisse im Jahr der erstmaligen Verwendung, somit die Verhältnisse des Jahres 2015. Im Jahr 2015 habe aber keine Eigennutzung stattgefunden. Somit betrage die Eigennutzung im Kalenderjahr der erstmaligen Verwendung 2015 null Prozent. Die (eventuell) zu berücksichtigende Eigennutzung ab dem Jahr 2016 könne nur gemäß § 12 Abs. 10 UStG 1994 erfolgen, somit jährlich im Rahmen der Vorsteuerberichtigung iHv 1/20 der ursprünglich geltend gemachten Vorsteuer.

Einer Änderung der Verhältnisse könne nur nach § 12 Abs. 10 UStG 1994 Rechnung getragen werden. Dies entspreche auch der Meinung des Leiters des bundesweiten Fachbereiches, Mario Mayr, in "RDW 8/2015, 217". Mayr stelle die Behauptung, dass die Vorsteuer zur Gänze im Jahr der erstmaligen Verwendung zu berichtigen sei, in der von der Abgabenbehörde zitierten "Entscheidung" ÖStZ 23/2011, 575, nicht auf, sondern verweise auf eine Vorsteuerberichtigung nach § 12 Abs. 10 UStG 1994. Auch der Unabhängige Finanzsenat () verbinde die Eigennutzung mit einer Vorsteuerberichtigung nach § 12 Abs. 10 UStG 1994.

Durch die rückwirkende Änderung des Vorsteuerabzuges bezogen auf den Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung unterstelle die Abgabenbehörde, dass die Eigennutzung im Zeitraum 2017 bis 2035 (Vorsteuerberichtigung im Jahr der erstmaligen Verwendung und den folgenden 19 Kalenderjahren) ebenso hoch sei, wie die Eigennutzung im Jahr 2016. Wie hoch die Eigennutzung in den Kalenderjahren 2017 bis 2035 sein werde, wüssten weder die Finanzverwaltung, noch der Steuerberater, noch die Eigentümer selbst.

Es sei doch gerade so, dass sich ein Investor (der ja auch nur ein Mensch sei) gerade am Anfang sehr stark mit seinem Investment beschäftige, um es entsprechend gewinnbringend zu betreiben. Demzufolge sei es naheliegend, dass ein Immobilieninvestor gerade am Anfang öfters nach seiner neuen Immobilie schauen werde, sodass die Tage der Eigennutzung am Beginn des Investments höher sein würden. So müssten am Anfang die lokalen Begebenheiten ausgekundschaftet und vor Ort ein Netzwerk aufgebaut werden, um für das Investment in Zukunft entsprechende Ansprechpartner zu haben. Weiters seien im Februar 2016 noch letzte Arbeiten zu erledigen gewesen, die auch noch hätten begutachtet werden müssen. Sei all dies erledigt und eingerichtet, werde sich der Investor davor hüten, selbst in seinem Appartement zu sein, da er ansonsten auf Erträge verzichten müsse. Insbesondere in der Hochsaison im Winter in Ort 1 werde man versuchen, ständig zu vermieten, damit in diesem Zeitraum auch entsprechend gute Erträge erzielt werden könnten. Der Investor werde sich eher in Zeiten, in denen das Appartement nicht vermietbar oder nicht vermietet sei, selbst einbuchen.

Daraus ergebe sich, dass die Eigennutzung in den Folgejahren nicht gleich hoch sein werde. Eher sei die Eigennutzung in den 18 Folgejahren viel geringer als am Anfang, sodass durch die von der Abgabenbehörde angenommene Berechnungsmethode (Verhältnisse des Jahres 2016 maßgeblich für den Beobachtungszeitraum 2017 bis 2035) ein erheblicher Nachteil für den Steuerpflichtigen entstehe.

Gemäß "§ 12 Abs. 1 Z 1 lit. a" UStG 1994 (gemeint wohl: § 12 Abs. 2 Z 1 lit. a UStG 1994) gelten Lieferungen als für das Unternehmen ausgeführt, wenn sie für Zwecke des Unternehmens erfolgten und wenn sie zu mindestens 10 % unternehmerischen Zwecken dienten. Das Appartement diene zur Gänze der unternehmerischen Vermietung und Verpachtung.

§ 12 Abs. 3 Z 4 UStG 1994 normiere, dass der Vorsteuerabzug nicht zustehe, sofern ein unternehmerisches Grundstück für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens lägen, in Verwendung stehe. Außerhalb des Unternehmens liege die Verwendung des Grundstückes allerdings nicht - das Grundstück diene der unternehmerischen Vermietung und Verpachtung. Die untergeordnete private Nutzung für einige Tage im Jahr werde nicht nach § 3a Abs. 1a letzter Satz UStG 1994 besteuert (Hinweis auf Beiser, ÖStZ 10/2014, 242; ebenso Beiser, SWK 34/2012, 1492). Somit bleibe für die Anwendbarkeit des § 12 Abs. 3 Z 4 UStG 1994 kein Raum.

Die Miteigentumsgemeinschaft berief sich weiters auf die "direkte Anwendung der MwStSyst-RL", wonach dieser Vorsteuerausschluss nicht vorgesehen sei. Die Rechtslage sei "aufgrund Art. 168a MwStSyst-RL auf Basis der Rechtsprechung des VwGH zum UStG 1972 versteinert" und richte sich allein nach § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994. Die Eigennutzung belege sie mit 20 % Umsatzsteuer. § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 normiere, dass sich ertragsteuerliche (überwiegende) Abzugsverbote auch auf das Umsatzsteuerrecht durchschlagen würden. Jeder Raum des Appartements diene zur Gänze der umsatzsteuerlichen Vermietung, weshalb die Vorsteuerausschlussbestimmung des § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 nicht greife.

Von der Miteigentumsgemeinschaft wurde auch eine mangelhafte Begründung des angefochtenen Bescheides eingewendet. Die Berechnung der "Vorsteuerkürzung im Ausmaß der Privatnutzung im Kalenderjahr 2016" sei nicht nachvollziehbar.

8. Am verfasste das Finanzamt F ein an die Miteigentumsgemeinschaft gerichtetes Schreiben (tituliert mit "Bescheidbegründung"), in dem auf den angefochtenen "Umsatzsteuerbescheid 2015" vom wie folgt Bezug genommen wurde:

Mit Inkrafttreten des Art. 168a Abs. 1 der MwStSyst-RL (siehe Art. 2 Abs. 1 der RL 2009/162/EU) sei - soweit ein dem Unternehmen zugeordnetes Grundstück vom Steuerpflichtigen sowohl für unternehmerische Zwecke als auch für seinen privaten Bedarf verwendet werde - unionsrechtlich vorgesehen, dass bei Ausgaben im Zusammenhang mit diesem Grundstück höchstens der Teil der Mehrwertsteuer abgezogen werden dürfe, der auf die Verwendung des Grundstücks für unternehmerische Zwecke des Steuerpflichtigen entfalle. In Österreich seien die unionsrechtlichen Vorgaben mit der Regelung des § 12 Abs. 3 Z 4 UStG 1994 umgesetzt worden.

Nach den Ausführungen des Bundesfinanzgerichtes () dürfe ab dem bei Ausgaben im Zusammenhang mit gemischt genutzten Gebäuden nur mehr jene Vorsteuer abgezogen werden, die auf die Verwendung des Grundstücks für unternehmerische Zwecke des Steuerpflichtigen entfalle, womit sich ab diesem Zeitpunkt nach der MwStSyst-RL zwingend der Vorsteuerausschluss für alle nicht unternehmerisch genutzten Gebäudeteile ergebe. Werde eine teilweise privat genutzte Ferienwohnung nach dem erstmals vom Unternehmer in Verwendung genommen, so stehe der Vorsteuerabzug nur anteilig im Ausmaß der tatsächlichen steuerpflichtigen Nutzung zu.

Der abziehbare Teil der Vorsteuer ergebe sich aus dem Verhältnis der Zeiträume der tatsächlichen unternehmerischen (steuerpflichtigen) und privaten Nutzung. Sollte dies noch nicht feststehen, werde auf das wahrscheinlichste künftige Verhältnis abzustellen sein, wenn ein Abstellen auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Anschaffung zu einem ungerechtfertigten Steuervorteil iSd § 12 Abs. 6 UStG 1994 führen würde. Laufende Änderungen des Anteils der privaten Nutzung erforderten eine entsprechende Berücksichtigung im Rahmen einer Vorsteuerberichtigung gemäß § 12 Abs. 10 ff UStG 1994. Dabei komme ein Berichtigungszeitraum von 20 Jahren zum Tragen.

Die vorgenommene Vorsteuerkürzung sei ausgehend von den von der steuerlichen Vertretung mit E-Mail vom bekannt gegebenen Belegungstagen berechnet worden. Da auf das wahrscheinlichste künftige Verhältnis abzustellen sei, seien die für das Jahr 2016 bekannt gegebenen Belegungstage der Wohnung herangezogen worden. Das Jahr 2016 sei gleichzeitig das erste volle Kalenderjahr der Nutzung. Beginn der Vermietung sei der gewesen. Im Jahr 2016 sei die Wohnung insgesamt 69 Tage belegt gewesen, davon sei die Wohnung 9 Tage privat genutzt worden. Anhand dieser Angaben sei ein Privatanteil von 13 % errechnet worden, somit 12.656,79 €. Dieser Privatanteil sei von der geltend gemachten Vorsteuer in Höhe von 97.359,91 € in Abzug gebracht worden, sodass die Vorsteuer nach der Kürzung 84.703,12 € betrage.

9. Mit Schreiben vom brachte die steuerliche Vertretung der Miteigentumsgemeinschaft ihre Verwunderung darüber zum Ausdruck, dass sie erst mit , eingegangen am , eine Bescheidbegründung zum Umsatzsteuerbescheid 2015 vom erhalten habe. Im genannten Bescheid sei in keinster Weise erwähnt worden, dass noch eine (ergänzende) Begründung ergehen werde. Gemäß § 245 BAO werde die Beschwerdefrist gegen einen Bescheid erst mit Zugehen der Begründung in Lauf gesetzt. Aufgrund der vorliegenden unklaren Situation (Bescheidbegründung mehr als 1,5 Monate nach Bescheidzustellung, kein Verweis auf eine zusätzlich zugehende Begründung zum Bescheid) werde erneut das Rechtsmittel der Beschwerde gegen den Umsatzsteuerbescheid 2015 vom erhoben.

Das Schreiben vom enthält exakt denselben Wortlaut wie die Beschwerdeschrift vom , wobei dem Text folgende zusammenfassende Ausführungen vorangestellt wurden:

Das zitierte Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes behandle einen komplett anderen Sachverhalt. Zum einen handle es sich um ein Betriebsgebäude und nicht - wie im vorliegenden Streitfall - um ein Gebäude, das zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung genutzt werde. Zum anderen liege dem Erkenntnis ein Sachverhalt zugrunde, bei dem ein bestimmtes Flächenausmaß kontinuierlich privat genutzt werde; im vorliegenden Streitfall finde demgegenüber eine zeitlich vorübergehende private Nutzung statt. Es sei nicht nachvollziehbar, in welchem Erkenntnis bzw. welcher Bestimmung sich die Regelung finde, dass bei der Vorsteuerkürzung auf das wahrscheinlichste künftige Verhältnis abzustellen sei. Selbst wenn diese Aussage zuträfe, habe es die Abgabenbehörde verabsäumt, Untersuchungen zum wahrscheinlichsten künftigen Verhältnis anzustellen, und einfach die Verhältnisse des Jahres 2016 herangezogen. Die private Nutzung sei naturgemäß am Beginn am größten, wie die Lebenserfahrung lehre.

10. Mit E-Mail vom gab die steuerliche Vertretung der Miteigentumsgemeinschaft dem Finanzamt F die Eigennutzung der Wohnung für das Jahr 2017 wie folgt bekannt: Die Wohnung sei insgesamt 86 Tage genutzt worden (davon Privatnutzung: 5 Tage; davon Vermietung: 81 Tage). Der Miteigentümer BA habe überdies - nach Rücksprache durch die steuerliche Vertretung - die Auskunft erteilt, dass die Wohnung "auch auf Grund der für uns nicht nachvollziehbaren Tiroler Steuerprobleme" im Jahr 2018 nicht privat genutzt werde.

11. Mit Beschwerdevorentscheidung vom gab das Finanzamt F der Beschwerde teilweise Folge, indem es die Vorsteuerkürzung von 13 % auf 9,43 % reduzierte. Die abziehbare Vorsteuer wurde demnach mit 88.178,87 € anerkannt.

In der gesonderten Bescheidbegründung schilderte das Finanzamt F kurz den Sachverhalt und gab in dem daran anschließenden rechtlichen Teil zunächst den Inhalt des ersten Satzes des § 12 Abs. 1 Z 1 lit. a UStG 1994 wieder mit dem Bemerken, dass dabei die Umstände im Zeitpunkt des Leistungsbezuges maßgebend seien. In der Darstellung der weiteren Rechtslage lehnte sich die Abgabenbehörde eng an das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/3100010/2014, an, indem sie die dort unter Pkt. III. Ziffer 1. bis 7. getätigten Ausführungen wortwörtlich übernahm (siehe dazu das angeführte Erkenntnis).

In weiterer Folge führte das Finanzamt F aus wie folgt:

Werde eine teilweise privat genutzte Ferienwohnung nach dem erstmals vom Unternehmer in Verwendung genommen, so stehe der Vorsteuerabzug nur anteilig im Ausmaß der tatsächlichen steuerpflichtigen Nutzung zu. Der abziehbare Teil der Vorsteuer ergebe sich aus dem Verhältnis der Zeiträume der tatsächlichen unternehmerischen (steuerpflichtigen) und privaten Nutzung. Sollte dies noch nicht feststehen, werde auf das wahrscheinlichste künftige Verhältnis abzustellen sein, wenn ein Abstellen auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Anschaffung zu einem ungerechtfertigten Steuervorteil iSd § 12 Abs. 6 UStG 1994 führen würde.

Das Mietobjekt sei unstrittig mit in Betrieb genommen worden, bis sei die Wohnung an fünf Tagen vermietet und nicht privat genutzt worden. Die beschwerdeführende Partei begehre daher 100 % der angefallenen Vorsteuern. Laut Angaben der steuerlichen Vertretung sei die Wohnung im Jahr 2016 insgesamt 69 Tage und im Jahr 2017 insgesamt 86 Tage belegt gewesen. Davon würden auf die Privatnutzung im Jahr 2016 neun Tage (= 13,04 %) und im Jahr 2017 fünf Tage (= 5,81 %) entfallen. Die Vorsteuerkürzung errechne sich mit 9,43 % [(13,04 + 5,81)/2]. Es seien somit 90,57 % der im Jahr 2015 im Zusammenhang mit der Anschaffung der Wohnung angefallenen Steuern als Vorsteuern abzugsfähig.

Das Jahr 2016 sei das erste volle Kalenderjahr der Nutzung, weshalb es zweckmäßig erscheine, den Schnitt der beiden bekannten Jahre (2016 und 2017), und nicht das Jahr 2015 zur Ermittlung der unternehmerischen/privaten Nutzung heranzuziehen. Das Jahr 2015 sei nicht in die Berechnung miteinzubeziehen, da es nicht repräsentativ für die Folgejahre sei. Die Wohnung sei erstmals im Kalenderjahr 2015 in Verwendung genommen und dabei lediglich im Dezember für fünf Tage vermietet worden. Wäre nur auf das Nutzungsverhältnis im ersten Jahr abzustellen und hätten die Eigentümer die Wohnung im ersten Jahr der Inbetriebnahme (ab dem ) nur privat genutzt, dürften - der Ansicht der steuerlichen Vertretung folgend - konsequenterweise auch keine Vorsteuern gewährt werden; dies würde jedoch nach Ansicht des Finanzamtes kein sachgerechtes Ergebnis darstellen.

Dem abgeschlossenen "Betreibervertrag", Punkt 2.n., zufolge könne der Eigentümer sein Appartement jederzeit nutzen, sofern dieses nicht vermietet werden könne. Es werde dort keine Begrenzung der Eigennutzung vorgegeben, sondern lediglich festgehalten, dass der Eigentümer dem Betreiber fünf Monate zuvor Bescheid geben müsse, für welche Zeiträume er sein Appartement selbst nutzen möchte (Punkt 2.m.). Dass die Ehegatten AA und BA eine Ferienwohnung in Österreich erwerben und diese dann selbst nie benützen würden/wollten, entspreche nicht dem Erfahrungsgut des täglichen Lebens und scheine dem Finanzamt wenig glaubwürdig, zumal die Wohnung in den Jahren 2016 und 2017 tatsächlich mehrere Tage von den Ehegatten genutzt worden sei. Zudem sei von der rechtsfreundlichen Vertretung mitgeteilt worden, dass im Jahr 2018 aus steuerlichen Gründen voraussichtlich keine Privatnutzung der Wohnung erfolgen werde, was wiederum ein Indiz dafür darstelle, dass die Wohnung grundsätzlich benützt werden möchte.

Dem Beschwerdevorbringen, wonach im Vorhinein nicht erkennbar sei, in welchem Ausmaß die Wohnung privat genutzt werde, seien die Aussagen der steuerlichen Vertretung der Miteigentumsgemeinschaft in der Eingabe vom anlässlich der Neuaufnahme der Vermietung entgegenzuhalten. Darin werde ausgeführt, dass die Möglichkeit einer Eigennutzung bestehe und diese aus wirtschaftlichen und grundverkehrsrechtlichen Gründen nur bis zu drei Wochen pro Jahr stattfinden werde.

Ändere sich das Nutzungsverhältnis in den folgenden Jahren, so wäre nach Ansicht des Finanzamtes eine Vorsteuerberichtigung nach Maßgabe des § 12 Abs. 10 ff UStG 1994 vorzunehmen (sowohl negativ als auch positiv).

12. Am stellte die Miteigentumsgemeinschaft "AA und BA" durch ihre steuerliche Vertretung fristgerecht den Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Bundesfinanzgericht. In einer dazu mittels gesondertem Schreiben verfassten "Ergänzenden Begründung" führte sie weiters aus wie folgt:

Festgehalten werde, dass 100 % der Fläche des erworbenen Appartements der unternehmerischen Vermietung und Verpachtung dienten. Somit stehe für 100 % der Vorsteuerabzug zu. Im zitierten Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes (Hinweis auf ) sei von einem "Vorsteuerausschluss für nicht unternehmerisch genutzte Gebäudeteile" die Rede; die Gebäudeteile würden zu 100 % für die unternehmerische Tätigkeit genutzt werden.

Bei der Argumentation in der gesonderten Bescheidbegründung zur Beschwerdevorentscheidung, die ohne Literaturhinweis bzw. ohne Hinweis auf ein höchstgerichtliches Erkenntnis oder Erkenntnisse des Bundesfinanzgerichtes erfolgt sei, handle es sich ganz offenkundig um die Meinung des Finanzamtes bzw. des bundesweiten Fachbereiches in der Person des Mario Mayr (siehe dazu die Ausführungen: "wird auf das wahrscheinlichste künftige Verhältnis abzustellen sein" - dieses Zitat stamme aus einem SWK-Artikel von Mario Mayr). Dieser Meinung stehe jedoch das Gesetz in Gestalt des § 12 Abs. 10 UStG 1994 diametral gegenüber.

Warum nunmehr ausgerechnet der Durchschnitt der Jahre 2016 und 2017 für den Vorsteuerabzug des Jahres 2015 richtig und gesetzeskonform sein sollte, werde von der Abgabenbehörde nicht dargelegt. Sollte es sich dabei um eine im Schätzungswege festgestellte Steuerbemessungsgrundlage handeln, so sei darauf hinzuweisen, dass für eine Schätzung bei Vorliegen aller Nachweise kein Raum bleibe. Vielmehr gelte wohl das Argument der Beschwerde, dass ein Steuerpflichtiger, der eine derartige Immobilie erwerbe, im ersten Jahr aus betrieblichen Gründen mehr Tage in der Wohnung verbringen werde als in den Folgejahren. Es seien (wie bereits in der Beschwerde angeführt) mehrere Gänge vor Ort zu erledigen und Sachen für die ausländischen Unternehmer auszukundschaften. Die Privatnutzung werde in den Folgejahren abnehmen und sie tue es nachweislich auch. Gehe man davon aus, so werde - für den Fall, dass man der Argumentation von Mario Mayr folge - nicht der Durchschnitt der Jahre 2016 und 2017 in Ansatz zu bringen sein, sondern für "das wahrscheinlich zukünftige Verhältnis" wohl die Privatnutzung im Ausmaß des Jahres 2017 heranzuziehen sein. Diesfalls wären aber nicht "11 %" (gemeint wohl: 9,43 %), sondern lediglich "6,25 %" (gemeint wohl: 5,81 %) an Vorsteuer zu kürzen.

Der Hinweis der Abgabenbehörde auf die in der Eingabe vom getätigten Aussagen gehe ins Leere, da diese Aussagen lange Zeit vor Beginn der Vermietung zu tätigen gewesen seien, dies zu einem Zeitpunkt, als das Gebäude noch nicht einmal fertiggestellt gewesen sei. (Die Steuerpflichtigen würden vom Finanzamt F seit geraumer Zeit dazu genötigt werden, Aussagen vor Beginn ihrer Vermietungstätigkeit zu treffen, um überhaupt eine Steuernummer zu erhalten. Erteile man keine Auskunft, erhalte der Steuerpflichtige auch keine Steuernummer.) Die erfolgten Aussagen bezögen sich außerdem auf die grundverkehrsrechtliche Genehmigung des Objektes, wonach eine Eigennutzung maximal im Ausmaß von drei Wochen pro Jahr stattfinden könne und seien somit ohne Belang für die steuerliche Angelegenheit. Die Formulierung sei auch derart, dass eine Eigennutzung maximal im Ausmaß von drei Wochen stattfinden könne.

13. Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt F die gegenständliche Beschwerde vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

14. Mit Eingabe vom teilte die steuerliche Vertretung der Miteigentumsgemeinschaft dem Finanzamt F das Ausmaß der Nutzung des Appartements für die Jahre 2016 bis 2019 (für das Jahr 2016 berichtigt) wie folgt mit:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
2016
2017
2018
2019
Gesamtnutzung
74 Tage
86 Tage
87 Tage
94 Tage
davon Privatnutzung
10 Tage
5 Tage
0 Tage
0 Tage
davon betriebliche Nutzung
7 Tage
davon Vermietung
57 Tage
81 Tage
87 Tage
94 Tage
Privatanteil
13,51 %
5,81 %
0 %
0 %

Dieser Aufstellung sei zu entnehmen, dass die Ehegatten AA und BA das Appartement lediglich in den ersten beiden Jahren (2016 und 2017) geringfügig selbst genutzt haben, insbesondere auch, weil ein Immobilieninvestor gerade am Anfang öfters nach seiner neuen Immobilie schauen müsse, weshalb die Tage der Eigennutzung am Beginn des Investments höher seien. Zudem müssten am Anfang die lokalen Begebenheiten ausgekundschaftet und ein Netzwerk im Ort aufgebaut werden, um für das Investment in Zukunft entsprechende Ansprechpartner zu haben. Im Februar 2016 seien überdies noch letzte Arbeiten zu erledigen gewesen, die auch noch hätten begutachtet werden müssen.

Dies impliziere jedoch nicht, dass die Eigennutzung auch in den Folgejahren genau gleich hoch sein werde. Der Investor werde sich davor hüten, selbst in seinem Appartement zu sein, da er ansonsten auf Erträge verzichten müsse. Insbesondere in der Hochsaison im Winter in Ort 1 werde man versuchen, ständig zu vermieten, damit in diesem Zeitraum auch entsprechend gute Erträge erzielt werden könnten. Daher werde die Eigennutzung in den 18 Folgejahren viel geringer sein als am Anfang. Durch das Abstellen der Verhältnisse des Jahres 2016 auf den Beobachtungszeitraum 2017 bis 2035 entstehe für die Miteigentumsgemeinschaft ein erheblicher Nachteil. Konkret hätten die Ehegatten AA und BA seit dem Jahr 2018 keinerlei Eigennutzung mehr. Die Wohnung diene als Investment und werde daher seit dem Jahr 2018 zu 100 % für Vermietungszwecke genutzt.

Auch in Anlehnung an das Bundesfinanzgericht (Hinweis auf ) sei auf das wahrscheinlichste künftige Verhältnis der Privatnutzung abzustellen. Seit dem Jahr 2018 sei die voraussichtliche zukünftige Privatnutzung null, weshalb im Streitjahr keine Vorsteuerberichtigung durchzuführen sei.

15. In der Beschwerdesache der Miteigentumsgemeinschaft "AA und BA" fand am ein Erörterungstermin gemäß § 269 Abs. 3 BAO vor dem Bundesfinanzgericht statt. Vom Bundesfinanzgericht wurde dabei die Auffassung vertreten, dass im Zusammenhang mit den ab Dezember 2015 vermieteten Wohnungseigentumseinheiten (Wohnung a, Tiefgaragenplatz b und Freiabstellplatz c) höchstens der Teil der Mehrwertsteuer abgezogen werden dürfe, der auf die Verwendung der Wohnungseigentumseinheiten für unternehmerische Zwecke der Miteigentumsgemeinschaft entfalle. Das Ausmaß der Nutzung des streitgegenständlichen Appartements für unternehmerische und private Zwecke wurde von den Parteien aufgrund des bisherigen Ermittlungsverfahrens wie folgt außer Streit gestellt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
2016
2017
2018
2019
Gesamtnutzung
74 Tage
86 Tage
87 Tage
94 Tage
davon Privatnutzung
10 Tage
5 Tage
0 Tage
0 Tage
davon betriebliche Nutzung
7 Tage
davon Vermietung
57 Tage
81 Tage
87 Tage
94 Tage
Privatanteil
13,51 %
5,81 %
0 %
0 %
2020
2021
Gesamtnutzung
37 Tage
0 Tage
davon Privatnutzung
0 Tage
0 Tage
davon Vermietung
37 Tage
0 Tage
Privatanteil
0 %
0 %

Es wurde weiters festgehalten, dass das "wahrscheinlichste künftige Verhältnis" der unternehmerischen/privaten Nutzung im Streitfall nur im Schätzungswege nach den Bestimmungen des § 184 BAO ermittelt werden könne. Die Wohnung sei erstmals im Kalenderjahr 2015 in Verwendung genommen und dabei lediglich im Dezember für fünf Tage vermietet worden. Das Jahr 2015 werde - da nicht repräsentativ - nicht in die Ermittlung der unternehmerischen/privaten Nutzung miteinbezogen. Das Jahr 2016 sei das erste volle Kalenderjahr der Nutzung, weshalb die Jahre ab 2016 der Schätzung zugrunde zu legen seien. Hinsichtlich der Jahre 2016 bis 2021 könnten bezüglich des Privatanteils abgelaufene Zeiträume und damit tatsächlich erzielte Ergebnisse der Schätzung zugrunde gelegt werden. Das arithmetische Mittel dieser Jahre ergebe einen Privatanteil von 3,22 % [(13,51 + 5,81)/6].

Darauf aufbauend hielt die steuerliche Vertretung für den gesamten Vorsteuerberichtigungszeitraum von 20 Jahren einen Privatanteil für die Vorsteuerkürzung von 3,00 % als realistisch. Das entspreche bei einer angenommenen zukünftigen Gesamtauslastung des Appartements von 100 Tagen/Jahr einer Privatnutzung von 3 Tagen/Jahr (bzw. einer Privatnutzung von ungefähr einer Woche alle zwei Jahre). Das Finanzamt Österreich, Dienststelle D, hielt dem entgegen, dass die Eigennutzung der künftigen 14 Jahre (= Restzeitraum für eine Vorsteuerberichtigung ab dem Jahr 2022) nicht abgeschätzt werden könne. Es sei von einem höheren Privatanteil auszugehen, da eine höhere Eigennutzung in den Folgejahren nicht ausgeschlossen werden könne, zumal der Betreibervertrag nur auf zehn Jahre ausgelegt sei und auch der Sohn der beiden Miteigentümer (Pensionisten) das Appartement privat nutzen könne. Ein Privatanteil für die Vorsteuerkürzung von 5,00 % wurde vom Finanzamt Österreich als sachgerecht erachtet.

Von den beiden Parteien konnte anlässlich des Erörterungstermins keine Einigung auf einen gemeinsamen Prozentsatz als "wahrscheinlichstes künftiges Verhältnis" der unternehmerischen/privaten Nutzung erzielt werden. Diesbezüglich erbaten die Parteien eine Bedenkzeit zwecks vertiefender Gespräche.

Die steuerliche Vertretung gab anlässlich des Erörterungstermins weiters zu bedenken, dass die Miteigentumsgemeinschaft ihre Umsätze nach vereinnahmten Entgelten versteuere. Die Vermietung sei zwar im Dezember 2015 begonnen worden, es seien aber im Streitjahr 2015 (noch) keine Entgelte vereinnahmt worden. Im Streitjahr 2015 seien demnach (noch) keine Umsätze zu versteuern. Es wurde daher beantragt, die KZ 000 der Umsatzsteuererklärung auf null zu stellen und in diesem Jahr keine Umsätze zu versteuern. Der Ansatz von 428,07 € lt. KZ 000 sei irrtümlich erfolgt. Zum Beweis legte die steuerliche Vertretung Kontoauszüge der Miteigentumsgemeinschaft und die Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2015 vor.

16. Im Zuge des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesfinanzgericht einigten sich die steuerliche Vertretung der Miteigentumsgemeinschaft und das Finanzamt Österreich, Dienststelle D, am auf einen Privatanteil für die Vorsteuerkürzung von 4,00 %.

II. Sachverhalt

1. Die P-GmbH war grundbücherliche Alleineigentümerin der Liegenschaft in EZ x KG y mit der Lageadresse Gemeinde 1 F-Straße. Sie errichtete auf dieser Liegenschaft - nach Abbruch der bestehenden Gebäude - ein sechsgeschossiges Gebäude mit insgesamt 18 Topeinheiten.

Mit "Kauf-, Bauträger- und Wohnungseigentumsvertrag" vom Datum 1 bzw. Datum 2 erwarben die beiden Ehegatten AA, geb. am Tag X, und BA, geb. am Tag Y, beide deutsche Staatsangehörige und wohnhaft in Gemeinde 2, G-Straße, von der P-GmbH 99/1807 bzw. 14/1807 Miteigentumsanteile an der Liegenschaft in EZ x KG y je zur Hälfte in ihr Eigentum. Mit diesen Miteigentumsanteilen ist das Wohnungseigentum an der im 2. Obergeschoss gelegenen Wohnung a (Nutzfläche der Wohnräume 87,30 m² zuzüglich Balkon Süd und West 25,40 m² und Zubehör Kellerabteil d 2,20 m²), dem Tiefgaragenplatz b (Nutzfläche 18,85 m²) und dem überdachten Freiabstellplatz c (Nutzfläche 14,25 m²) untrennbar verbunden. Der Kaufpreis für den Kaufgegenstand betrug samt Nebenkosten (Grunderwerbsteuer, Eintragungsgebühr, Vertragserrichtungskosten) insgesamt 620.840,36 €. Das Kaufobjekt war bereits zum Zeitpunkt des Erwerbes sowohl zur Fremdnutzung (Vermietung) als auch zur Eigennutzung bestimmt.

2. Die beiden Ehegatten AA und BA als Eigentümer der Wohnungseigentumseinheiten Wohnung a, Tiefgaragenplatz b und Freiabstellplatz c haben in der Folge mit der R-GmbH mit dem Sitz in Ort 1 und der Geschäftsanschrift Gemeinde 1 F-Straße einen "Betreibervertrag" (ohne Datum) abgeschlossen, mit dem sie diese Gesellschaft als exklusiven Betreiber für einen Zeitraum von zehn Jahren mit der Vermietung der Wohnungseigentumseinheiten beauftragten. In diesem "Betreibervertrag" wurden die beiden Ehegatten als "EIGENTÜMER", die Wohnungseigentumseinheiten a, b und c als "APPARTEMENT" und die R-GmbH als "GMBH" bezeichnet. Der "Betreibervertrag" hat - auszugsweise - folgenden Wortlaut:

"2. MIETBEDINGUNGEN

a. Der EIGENTÜMER bestellt GMBH für einen Zeitraum von zehn Jahren als exklusiven Betreiber seines APPARTEMENTS.

b. GMBH willigt ein, das APPARTEMENT für den EIGENTÜMER zu vermieten.

c. Der EIGENTÜMER ist verpflichtet, sein APPARTEMENT zu vermieten, wenn das APPARTEMENT nicht von dem EIGENTÜMER selbst, seiner Familie oder engen Bekannten benützt wird.

[…]

e. GMBH willigt ein, das APPARTEMENT des EIGENTÜMERS das ganze Jahr über in seinem Buchungssystem zu vermieten und Reservierungen anzunehmen.

f. GMBH bestimmt nach eigenem Ermessen und unter Beachtung der lokalen Mietpreise die höchstmöglichen Mietpreise für das APPARTEMENT. Die Mietpreise werden jährlich im Voraus bekannt gegeben.

[…]

h. GMBH erhält für die Verwaltung der Mietpool-Gesellschaft im Namen des EIGENTÜMERS eine 25%ige Provision des gesamten Netto-Mieterlöses des APPARTEMENTS.

i. Die Mieteinnahmen der Mietpool-Gesellschaft werden auf Wochenbasis berechnet.

j. GMBH gibt die Mieteinnahmen der Mietpool-Gesellschaft vierteljährlich bekannt.

k. GMBH veröffentlicht die Mietergebnisse der Mietpool-Gesellschaft innerhalb von 30 Tagen am Ende jedes Quartals und zahlt dem EIGENTÜMER seinen Anteil der Einnahmen innerhalb von 14 Tagen nach Veröffentlichung aus. Im Falle einer über 30 Tage verspäteten Zahlung wird GMBH 12 % Zinsen p.a. der fälligen Summe ab dem Fälligkeitsdatum p.a. bezahlen.

l. Währenddessen der EIGENTÜMER sein APPARTEMENT selbst benützt, wird er auf Wochenbasis von der Mietpool-Gesellschaft ausgeschlossen. Im Falle einer Stornierung von Eigennutzung vom Besitzer ist der Besitzer aus dem Mietpool ausgeschlossen, sofern die Wohnung nicht erfolgreich vermietet werden kann.

m. Der EIGENTÜMER muss GMBH 5 Monate zuvor Bescheid geben, für welchen Zeitraum er sein APPARTEMENT nutzen bzw. für Instandhaltungsarbeiten in Anspruch nehmen möchte.

n. Wenn das APPARTEMENT nicht vermietet werden kann, kann der EIGENTÜMER sein APPARTEMENT jederzeit nutzen.

o. GMBH wird auch bei kurzfristigen Buchungen des EIGENTÜMERS versuchen, ihn unterzubringen. Kurzfristige Buchungen könnten erfordern, dass dem EIGENTÜMER während seines Aufenthalts ein anderes APPARTEMENT zugewiesen sein wird. Die Eigenbelegung des APPARTEMENTS ist nur für Familienangehörige erlaubt.

p. Der EIGENTÜMER wird darauf hingewiesen, dass in erster Linie Leerstände jedenfalls zu vermeiden sind und weiters darauf zu achten ist, die gewerbliche Nutzung ein Ausmaß erreichen zu lassen, dass keine Verluste entstehen, um steuerliche Nachteile (Liebhaberei) zu verhindern.

[…]

3. VERMIETUNGSKOSTEN UND WARTUNG DES APPARTEMENTS

a. GMBH willigt ein, Bettbezüge, Hand-, Badetücher sowie die Endreinigung bereitzustellen. Die Kosten für Endreinigung, Bettbezüge, Hand-, Badetücher werden von den Gästen, zusammen mit der Kurtaxe, vor Ort bezahlt.

b. Während des Aufenthalts des EIGENTÜMERS werden die Kosten für Endreinigung, Bettbezüge, Hand-, Badetücher und Kurtaxe in Rechnung gestellt.

c. Der Bettbezug-, Hand- und Badetücherverleih kostet € 11 pro Person pro Aufenthalt.

d. Die Kosten der Endreinigung betragen € 60 für Studio bzw. 1-Bett-Appartements, € 100 für 2-Schlafzimmer-Appartements und € 140 für 3-Schlafzimmer-Appartements. Zusätzlich kann je nach Bedarf eine Tagesreinigung beantragt werden.

[…]"

3. Die Wohnanlage wurde Ende 2015 fertiggestellt. Die Schlüsselübergabe der in Rede stehenden Wohnungseigentumseinheiten Wohnung a, Tiefgaragenplatz b und Freiabstellplatz c an die beiden Ehegatten AA und BA erfolgte im Dezember 2015.

Die Wohnungseigentumseinheiten wurden erstmals im Dezember 2015 in Verwendung genommen und dabei in diesem Monat lediglich für fünf Tage ( bis ) vermietet. Eine Eigennutzung des Appartements durch die Käufer fand im Jahr 2015 nicht statt. In den Folgejahren wurde das streitgegenständliche Appartement wie folgt für unternehmerische und private Zwecke genutzt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
2016
2017
2018
2019
Gesamtnutzung
74 Tage
86 Tage
87 Tage
94 Tage
davon Privatnutzung
10 Tage
5 Tage
0 Tage
0 Tage
davon betriebliche Nutzung
7 Tage
davon Vermietung
57 Tage
81 Tage
87 Tage
94 Tage
Privatanteil
13,51 %
5,81 %
0 %
0 %
2020
2021
Gesamtnutzung
37 Tage
0 Tage
davon Privatnutzung
0 Tage
0 Tage
davon Vermietung
37 Tage
0 Tage
Privatanteil
0 %
0 %

4. Der vorstehende Sachverhalt gründet sich auf die Angaben der Miteigentumsgemeinschaft "AA und BA" und die von ihr vorgelegten Unterlagen, insbesondere den "Kauf-, Bauträger- und Wohnungseigentumsvertrag" vom Datum 1 bzw. Datum 2 und den "Betreibervertrag" (ohne Datum), die die beiden Ehegatten mit der P-GmbH einerseits und der R-GmbH andererseits abgeschlossen haben.

Aus den vorgelegten Verträgen ergibt sich insbesondere, dass das Kaufobjekt bereits zum Zeitpunkt des Erwerbes sowohl zur Fremdnutzung (Vermietung) als auch zur Eigennutzung bestimmt war. Die Wohnungseigentumseinheiten wurden in den Jahren 2016 und 2017 auch tatsächlich für private Zwecke genutzt (Privatanteil von 13,51 % im Jahr 2016 bzw. 5,81 % im Jahr 2017). Das Ausmaß der Nutzung des Appartements für unternehmerische und private Zwecke wurde von den Parteien anlässlich des Erörterungstermins am für die abgelaufenen Jahre 2016 bis 2021 außer Streit gestellt.

Mit der Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2015 machte die Miteigentumsgemeinschaft "AA und BA" im Zusammenhang mit dem Erwerb der Wohnungseigentumseinheiten Vorsteuern von 97.359,91 € geltend. Streit bestand zunächst darüber, ob bzw. in welchem Ausmaß eine Vorsteuerkürzung aufgrund einer Privatnutzung vorgenommen werden darf. Im Hinblick auf das "wahrscheinlichste künftige Verhältnis" der unternehmerischen/privaten Nutzung der Wohnungseigentumseinheiten konnte sich das Bundesfinanzgericht schließlich auf die im Beschwerdeverfahren erzielte Einigung der Streitparteien (Privatanteil von 4,00 %) stützen.

III. Rechtslage

1. Bestimmungen des Umsatzsteuergesetzes (UStG 1994):

Gemäß § 12 Abs. 1 Z 1 lit. a UStG 1994 in der ab dem anzuwendenden Fassung des StRefG 2015/2016, BGBl. I Nr. 118/2015, kann der Unternehmer die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen.

Gemäß § 12 Abs. 2 Z 1 lit. a UStG 1994 in der für das Streitjahr geltenden Fassung des AbgÄG 2004, BGBl. I Nr. 180/2004, gelten Lieferungen und sonstige Leistungen sowie die Einfuhr von Gegenständen als für das Unternehmen ausgeführt, wenn sie für Zwecke des Unternehmens erfolgen und wenn sie zu mindestens 10 % unternehmerischen Zwecken dienen.

Gemäß § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 in der für das Streitjahr geltenden Fassung des StRefG 2000, BGBl. I Nr. 106/1999, gelten nicht als für das Unternehmen ausgeführt Lieferungen, sonstige Leistungen oder Einfuhren, deren Entgelte überwiegend keine abzugsfähigen Ausgaben (Aufwendungen) im Sinne des § 20 Abs. 1 Z 1 bis 5 des Einkommensteuergesetzes 1988 oder der §§ 8 Abs. 2 und 12 Abs. 1 Z 1 bis 5 des Körperschaftsteuergesetzes 1988 sind.

Gemäß § 12 Abs. 3 Z 4 UStG 1994 in der für das Streitjahr geltenden Fassung des BGBl. I Nr. 27/2004 sind vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen die Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen sowie für die Einfuhr von Gegenständen, soweit sie im Zusammenhang mit der Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Grundstückes für die in § 3a Abs. 1a Z 1 genannten Zwecke steht.

§ 3a Abs. 1a UStG 1994 in der für das Streitjahr geltenden Fassung des BGBl. I Nr. 27/2004 lautet:

"Einer sonstigen Leistung gegen Entgelt werden gleichgestellt:

1. Die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstandes, der zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat, durch den Unternehmer

- für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen,

- für den Bedarf seines Personals, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen;

2. die unentgeltliche Erbringung von anderen sonstigen Leistungen durch den Unternehmer

- für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen,

- für den Bedarf seines Personals, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen.

Z 1 gilt nicht für die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Grundstückes."

2. Art. 168a Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (kurz: MwStSyst-RL) in der Fassung der Richtlinie 2009/162/EU des Rates vom lautet:

"Soweit ein dem Unternehmen zugeordnetes Grundstück vom Steuerpflichtigen sowohl für unternehmerische Zwecke als auch für seinen privaten Bedarf oder den seines Personals oder allgemein für unternehmensfremde Zwecke verwendet wird, darf bei Ausgaben im Zusammenhang mit diesem Grundstück höchstens der Teil der Mehrwertsteuer nach den Grundsätzen der Artikel 167, 168, 169 und 173 abgezogen werden, der auf die Verwendung des Grundstücks für unternehmerische Zwecke des Steuerpflichtigen entfällt.

Ändert sich der Verwendungsanteil eines Grundstücks nach Unterabsatz 1, so werden diese Änderungen abweichend von Artikel 26 nach den in dem betreffenden Mitgliedstaat geltenden Vorschriften zur Anwendung der in den Artikeln 184 bis 192 festgelegten Grundsätze berücksichtigt."

Gemäß Art. 2 der Richtlinie 2009/162/EU setzen die Mitgliedstaaten die Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie zum nachzukommen. Dies bedeutet, dass die Mitgliedstaaten die Regelung des Art. 168a der MwStSyst-RL ab dem Kalenderjahr 2011 umzusetzen hatten. Österreich wird dieser Verpflichtung mit dem § 12 Abs. 3 Z 4 UStG 1994 gerecht. Nach der in der Literatur vertretenen Meinung trägt § 12 Abs. 3 Z 4 UStG 1994 den unionsrechtlichen Vorgaben Rechnung (vgl. Ruppe/Achatz, UStG5, § 12 Tz 112, 133; Bürgler/Stifter in Berger/Bürgler/Kanduth-Kristen/Wakounig, UStG-ON3.01, § 3a (Stand , rdb.at), Rz 33).

3. Mit der Umsetzung der Richtlinie 2009/162/EU darf bei Ausgaben im Zusammenhang mit gemischt genutzten Gebäuden nur mehr jene Vorsteuer abgezogen werden, die auf die Verwendung des Grundstücks für unternehmerische Zwecke des Steuerpflichtigen entfällt, womit sich ab nach der MwStSyst-RL zwingend der Vorsteuerausschluss für alle nicht unternehmerisch genutzten Gebäudeteile ergibt (vgl. Kollmann in Melhardt/Tumpel (Hrsg), UStG, 3. Aufl. (2021), § 12 Rz 241). Das Zuordnungswahlrecht des Unternehmers, gemischt genutzte Grundstücke im vollen Umfang dem Unternehmen zu widmen, bleibt unberührt. Es gilt aber ein neuer Vorsteuerausschlusstatbestand. Ändert sich der Verwendungsanteil, greifen die Bestimmungen zur Vorsteuerberichtigung (Art. 168a Abs. 1 MwStSyst-RL; vgl. Kollmann in Melhardt/Tumpel (Hrsg), UStG, 3. Aufl. (2021), § 12 Rz 242).

Bei den in § 3a Abs. 1a Z 1 UStG 1994 genannten Zwecken handelt es sich um solche, die außerhalb des Unternehmens liegen, dh. als unternehmensfremd anzusehen sind. Sie sind gegeben, wenn der Unternehmer einen Gegenstand vorübergehend für eigene nichtunternehmerische Zwecke verwendet oder einen Gegenstand vorübergehend einem Dritten zur Nutzung überlässt, ohne eigene unternehmerische Zwecke zu verfolgen. Daran vermag auch nichts zu ändern, dass die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Grundstücks nach dem letzten Satz des § 3a Abs. 1a UStG 1994 einer "sonstigen Leistung gegen Entgelt nicht gleichgestellt" ist. § 12 Abs. 3 Z 4 UStG 1994 erfordert nur die "Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Grundstückes für die in § 3a Abs. 1a Z 1 genannten Zwecke" und keine Steuerbarkeit (vgl. auch ; ; ).

4. Bei der Regelung des § 12 Abs. 3 Z 4 UStG 1994 handelt es sich um eine spezifisch umsatzsteuerliche Bestimmung, die keinen Einfluss auf die unternehmens- oder einkommensteuerrechtliche Beurteilung hat und umgekehrt. Damit ist seit dem jedenfalls der ertragsteuerliche Bezug bei gemischt genutzten Gebäuden beendet (vgl. Kollmann in Melhardt/Tumpel (Hrsg), UStG, 3. Aufl. (2021), § 12 Rz 243).

Die von der Miteigentumsgemeinschaft (Beschwerdeführerin) vertretene Ansicht, dass der Vorsteuerabzug für Gebäude nach der Rechtsprechung des EuGH und des VwGH auf der Basis der Judikatur des VwGH zu § 12 UStG 1972 "versteinert" sei, mag bis Ende des Jahres 2010 Bedeutung gehabt haben. Für Zeiträume ab dem ist ihr nicht mehr zu folgen. Mit der Regelung des § 12 Abs. 3 Z 4 UStG 1994 wurde die RL 2009/162/EU umgesetzt, womit die bis Ende 2010 auf die Stand-Still-Klausel gestützte "Versteinerung" des Gebäudevorsteuerabzuges nicht mehr gilt (vgl. Kollmann in Melhardt/Tumpel (Hrsg), UStG, 3. Aufl. (2021), § 12 Rz 243; vgl. auch ; ; ).

Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang, dass es auch bei der bis Ende 2010 geltenden Rechtslage außerhalb des Ausnahmefalles einer untergeordneten Privatnutzung eines im Rahmen betrieblicher Einkünfte genutzten (und damit auch nur einem Betriebsvermögen zurechenbaren) Gebäudes bei der (abschließenden) Regel des Vorsteuerausschlusses für privat genutzte Teile eines Gebäudes auf Grund der Anordnung des § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 iVm § 20 Abs. 1 Z 1 und Z 2 lit. a EStG 1988 bleibt (keine Nutzungsentnahme bei außerbetrieblichen Einkünften; vgl. ; vgl. auch Kollmann in Melhardt/Tumpel (Hrsg), UStG, 3. Aufl. (2021), § 12 Rz 229b). Bei außerbetrieblichen Einkünften (Vermietung und Verpachtung) ist einkommensteuerrechtlich (auch bei einer untergeordneten Privatnutzung) zwingend eine Aufteilung nach den tatsächlichen Nutzungsverhältnissen vorzunehmen; die "80/20-Regel" setzt nach ertragsteuerlichen Kriterien Betriebsvermögen (also betriebliche Einkünfte) voraus. Bezogen auf den vorliegenden Beschwerdefall liegt kein Betriebsvermögen vor. Für die Beschwerdeführerin ließe sich daher auch nichts gewinnen, wenn sie sich (für den Fall untergeordneter Privatnutzung) auf die bis Ende 2010 geltende Rechtslage stützen wollte. Darüber hinaus ist festzuhalten, dass § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 mangels Überwiegens der nichtunternehmerischen Nutzung (wovon im vorliegenden Beschwerdefall unbestritten ausgegangen werden kann) auch nicht einschlägig gewesen wäre (vgl. ; ).

5. Wenn Art. 176 Abs. 2 der MwStSyst-RL vorsieht, dass die Mitgliedstaaten alle Ausschlüsse beibehalten können, die am bzw. (im Falle der nach diesem Datum der Gemeinschaft beigetretenen Mitgliedstaaten) am Tag ihres Beitritts in ihren nationalen Rechtsvorschriften vorgesehen waren, so gilt dies ausdrücklich nur "bis zum Inkrafttreten der Bestimmungen im Sinne des Absatzes 1" (des Art. 176 der MwStSyst-RL). Danach legt der Rat auf Vorschlag der Kommission einstimmig fest, welche Ausgaben kein Recht auf Vorsteuerabzug eröffnen. Ein solcher Ausschluss ist mit der Richtlinie 2009/162/EU des Rates vom auf Vorschlag der Kommission erfolgt. Wie sich aus dem Erwägungsgrund Nr. 10 der Richtlinie ergibt, sollte das Recht auf Vorsteuerabzug "hinsichtlich der Lieferung von Grundstücken und der damit zusammenhängenden Ausgaben klarer gefasst und verschärft werden, damit Steuerpflichtige in Fällen, in denen ihrer unternehmerischen Tätigkeit zugeordnete Grundstücke nicht ausschließlich für die Zwecke dieser Tätigkeit Verwendung finden, gleich behandelt werden".

Die bis auf die Stand-Still-Klausel (vorerst des Art. 17 Abs. 6 der 6. MwSt-RL) gestützte "Versteinerung" des Vorsteuerabzugs für Gebäude (vgl. ) verdrängt somit den Vorsteuerausschluss gemäß § 12 Abs. 3 Z 4 UStG 1994 ab dem nicht (mehr) - (vgl. ; ; ).

IV. Erwägungen

1. Im Beschwerdefall ist maßgeblich, dass im Zusammenhang mit den ab Dezember 2015 vermieteten Wohnungseigentumseinheiten (Wohnung a, Tiefgaragenplatz b und Freiabstellplatz c) höchstens der Teil der Mehrwertsteuer abgezogen werden darf, der auf die Verwendung der Wohnungseigentumseinheiten für unternehmerische Zwecke der Miteigentumsgemeinschaft entfällt.

Das Recht zum Vorsteuerabzug entsteht mit dem Bezug der Leistung für das Unternehmen, das Ausmaß wird durch die Verwendung der Leistung bestimmt. Das Ausmaß des Vorsteuerabzuges ergibt sich aus dem Zusammenhang mit besteuerten Umsätzen (vgl. Ruppe/Achatz, UStG5, § 12 Tz 103, mwN). Ob ein Zusammenhang mit besteuerten Umsätzen besteht, ist eine Tatfrage, die unter Berücksichtigung aller Gegebenheiten des Sachverhaltes, zu denen die Art der bezogenen Leistung und der Zusammenhang zwischen Leistungsbezug und ihrer Verwendung für besteuerte Umsätze gehören, zu beurteilen ist (vgl. , "Bakcsi").

Zum Ausmaß der tatsächlichen steuerpflichtigen Nutzung bei einer teilweise auch privat genutzten Ferienwohnung wird auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen. Im Hinblick auf die Vermietung eines (zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung führenden) Ferienhauses mit zwei Ferienwohnungen führte der Verwaltungsgerichtshof (zum Werbungskostenabzug) aus wie folgt (vgl. ):

"Erfolgt - wie hier - zeitlich abwechselnd eine Verwendung der Wohnungen zur Vermietung einerseits und eine Selbstnutzung anderseits, so sind als Werbungskosten einerseits jene Kosten zu berücksichtigen, die ausschließlich durch die Vermietung veranlasst sind, während jene Kosten auszuschließen sind, die ausschließlich durch die Eigennutzung veranlasst sind. Jene Kosten hingegen, die in einem Veranlassungszusammenhang sowohl mit der Vermietung als auch mit der Eigennutzung stehen (,Fixkosten'), sind - soweit keine dieser beiden Veranlassungen völlig untergeordnet ist - als gemischt-veranlasst aufzuteilen (vgl. zu gemischt veranlassten Aufwendungen auch das Erkenntnis vom , 2010/15/0197, VwSlg. 8613/F, dort zu den Kosten der Hin- und Rückfahrt einer Reise).

Ist - wie im vorliegenden Fall - eine Selbstnutzung (an sich) jederzeit möglich (also weder Vorbehalt der Eigennutzung noch Vorbehalt der Fremdnutzung für bestimmte Zeiträume), wird die Aufteilung dieser gemischt-veranlassten Aufwendungen nach dem Verhältnis der Tage der Eigennutzung zu den Tagen der Gesamtnutzung (Vermietung und Eigennutzung) zu erfolgen haben."

Dasselbe Schema gilt dem Grunde nach auch für die abziehbaren Vorsteuerbeträge, die auf einer unternehmerischen Verwendung basieren, im Verhältnis zu jenen Vorsteuern, die mit der unternehmensfremden Verwendung im Zusammenhang stehen (vgl. Arnoldi, "Privatnutzung der in Bestand gegebenen Ferienwohnung und Vorsteuerabzug", in ÖStZ 2017, 530 (533); vgl. auch ).

2. Vorsteuerbeträge aus erhaltenen Leistungen sind in dem Voranmeldungs- bzw. Veranlagungszeitraum geltend zu machen, in den sie "fallen" (§ 20 Abs. 2 UStG 1994). Fallen Empfang der Leistung und Rechnungsausstellung zeitlich auseinander, ist der Vorsteuerabzug erst für den Besteuerungszeitraum zulässig, in dem beide Voraussetzungen erfüllt sind. Maßgebend für den Vorsteuerabzug sind demnach die Verhältnisse im Zeitpunkt des Umsatzes an den Unternehmer (vgl. Ruppe/Achatz, UStG5, § 12 Tz 102; vgl. Kollmann in Melhardt/Tumpel (Hrsg), UStG, 3. Aufl. (2021), § 12 Rz 19). Dies wird auch von der Beschwerdeführerin so gesehen, wobei sie darauf hinwies, dass die Schlüsselübergabe des in Rede stehenden Appartements im Dezember 2015 erfolgt sei. Es seien daher die Verhältnisse des Jahres 2015 für den Vorsteuerabzug relevant. Im Jahr 2015 habe keine Eigennutzung stattgefunden, weshalb der Vorsteuerabzug hinsichtlich der Anschaffung des Appartements zu 100 % zustehe.

Der vorliegende "Betreibervertrag" (ohne Datum) sieht die Möglichkeit einer jederzeitigen (sogar vorrangigen - vgl. Pkt. 2.c. des "Betreibervertrages") Eigennutzung durch die Miteigentumsgemeinschaft vor. Die streitgegenständliche Ferienwohnung wurde (in den Jahren 2016 und 2017) auch tatsächlich von den Miteigentümern AA und BA für private Zwecke genutzt. Steht im Zeitpunkt der Leistung fest, dass eine Wohnung nicht nur zur unternehmerischen Nutzung (Vermietung), sondern auch zur Eigennutzung bestimmt ist, so steht nach der ab geltenden Rechtslage (Art. 168a Abs. 1 der MwStSyst-RL; siehe Art. 2 der Richtlinie 2009/162/EU) ein Vorsteuerabzug nur anteilig im Ausmaß der tatsächlichen unternehmerischen Nutzung zu.

Dabei ergibt sich - wie bereits dargelegt - der abziehbare Teil der Vorsteuer aus dem Verhältnis der Zeiträume der tatsächlichen unternehmerischen (steuerpflichtigen) Nutzung und der privaten Nutzung. Steht diese Relation zu Beginn der Nutzung der Immobilie noch nicht fest, so ist nach der in der Literatur vertretenen Auffassung auf das "wahrscheinlichste künftige Verhältnis" abzustellen, wenn ein Abstellen auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Anschaffung der Immobilie zu einem ungerechtfertigten Steuervorteil iSd § 12 Abs. 6 UStG 1994 führen würde (vgl. Mayr, "Teilweise privat genutzte Ferienwohnungen - Rechtslage 2004 bis 2010 und ab 2011", in ÖStZ 2015, 217 (220); Arnoldi, "Privatnutzung der in Bestand gegebenen Ferienwohnung und Vorsteuerabzug", in ÖStZ 2017, 530 ff). Diese Ansicht wird auch von der Rechtsprechung vertreten: Ist im Zeitpunkt der Inanspruchnahme der Leistung der Zusammenhang mit besteuerten Umsätzen unklar oder nicht quantifizierbar, muss für den Vorsteuerabzug die Lösung gewählt werden, die den höchsten Grad der Wahrscheinlichkeit für sich hat (; ; ; ; ; vgl. auch Ruppe/Achatz, UStG5, § 12 Tz 246, mwN).

3. Bei der Feststellung des "wahrscheinlichsten künftigen Verhältnisses" wird auf die Bestimmung des § 184 BAO zurückzugreifen sein.

Gemäß § 184 Abs. 1 BAO hat die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung zu schätzen, soweit sie diese nicht ermitteln oder berechnen kann. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

Bei der Schätzung handelt es sich um eine Form der Ermittlung des Sachverhaltes, sie kommt zur Anwendung, wenn die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht exakt ermittelt bzw. errechnet werden können (vgl. ). Ziel einer Schätzung ist die Ermittlung derjenigen Besteuerungsgrundlagen, welche die größte Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich haben. Es sind dabei nicht "durchschnittliche" Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln, sondern die Besteuerungsgrundlagen für den zu beurteilenden Fall (vgl. ). Jede Schätzung trägt einen Unsicherheitsfaktor in sich (vgl. ).

4. Im Hinblick auf das "wahrscheinlichste künftige Verhältnis" der unternehmerischen/privaten Nutzung der Wohnungseigentumseinheiten konnte das Bundesfinanzgericht die im Beschwerdeverfahren erzielte Einigung der Streitparteien zugrunde legen. Demnach ist unstrittig von einer unternehmerischen Nutzung von 96,00 % und einer privaten Nutzung (Privatanteil) von 4,00 % auszugehen. Die im Zusammenhang mit dem Erwerb der Wohnungseigentumseinheiten im Jahr 2015 geltend gemachten Vorsteuern von 97.359,91 € sind mit 93.465,51 € anzuerkennen, die Vorsteuerkürzung beträgt 3.894,40 €.

5. Veranlagungsverfahren versus Erstattungsverfahren

5.1. Gemäß § 19 Abs. 1 UStG 1994 in der für das Streitjahr geltenden Fassung des AbgÄG 2012, BGBl. I Nr. 112/2012, ist Steuerschuldner in den Fällen des § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 der Unternehmer, in den Fällen des § 11 Abs. 14 der Aussteller der Rechnung. Bei sonstigen Leistungen (ausgenommen die entgeltliche Duldung der Benützung von Bundesstraßen und die in § 3a Abs. 11a genannten Leistungen) und bei Werklieferungen wird die Steuer vom Empfänger der Leistung geschuldet, wenn

- der leistende Unternehmer im Inland weder sein Unternehmen betreibt noch eine an der Leistungserbringung beteiligte Betriebsstätte hat und

- der Leistungsempfänger Unternehmer im Sinne des § 3a Abs. 5 Z 1 und 2 ist oder eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist, die Nichtunternehmer im Sinne des § 3a Abs. 5 Z 3 ist.

Der leistende Unternehmer haftet für diese Steuer.

Dem Europäischen Gerichtshof (, Titanium) zufolge haben ausländische Vermieter einer österreichischen Liegenschaft ohne eigenes Personal für die Leistungsbewirkung keine feste Niederlassung iSd Art. 43 MwStSyst-RL sowie Art. 44 und 45 MwStSyst-RL idF RL 2008/8/EG. Dies hat gemäß § 19 Abs. 1 UStG 1994 den Übergang der Steuerschuld auf den inländischen Betreiber zur Folge. Daraus resultiert, dass solche ausländischen Vermieter in Österreich nicht zur Umsatzsteuer zu veranlagen sind, sofern sie ausschließlich diese Vermietungsumsätze tätigen und es sich bei den Mietern um Unternehmer handelt (vgl. Ehgartner, ; Schweisgut, Paradigmenwechsel bei Investorenmodellen, SWK 25/2021, 1170, mwN).

5.2. Bezogen auf den vorliegenden Beschwerdefall tätigt die Miteigentumsgemeinschaft "AA und BA" (die ausländische Investorengemeinschaft) eine Geschäftsraumüberlassung an einen regionalen Betreiber (die R-GmbH). Die Investorengemeinschaft hat in Österreich außer ihrer Liegenschaft keine personelle und technische Ausstattung und somit entsprechend dem EuGH-Urteil keine feste Niederlassung. Als Konsequenz ergibt sich, dass die auf die Geschäftsraumüberlassung entfallende Umsatzsteuerschuld der ausländischen Investoren gemäß § 19 Abs. 1 UStG 1994 auf den touristischen Betreiber (die R-GmbH) als Leistungsempfänger übergeht (Reverse Charge).

5.3. In den angesprochenen Fällen des Überganges der Steuerschuld gemäß § 19 Abs. 1 UStG 1994 sind die zustehenden Vorsteuern grundsätzlich im Erstattungsverfahren (vgl. § 21 Abs. 9 UStG 1994 in Verbindung mit der Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend die Schaffung eines eigenen Verfahrens für die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern an ausländische Unternehmer, BGBl. Nr. 279/1995 in der für das Streitjahr geltenden Fassung BGBl. II Nr. 158/2014), und nicht im Veranlagungsverfahren geltend zu machen (vgl. dazu bereits , als Folgeentscheidung zu ). Gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung zu § 21 Abs. 9 UStG 1994 ist die Erstattung der abziehbaren Vorsteuerbeträge an nicht im Inland ansässige Unternehmer, das sind solche, die im Inland weder ihren Sitz noch eine Betriebsstätte haben, abweichend von den §§ 20 und 21 Abs. 1 bis 5 UStG 1994 nach Maßgabe der §§ 2, 3 und 3a durchzuführen, wenn der Unternehmer im Erstattungszeitraum

1. keine Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 und Art. 1 UStG 1994 oder

2. nur steuerfreie Umsätze im Sinne des § 6 Abs. 1 Z 3 UStG 1994 oder

3. nur Umsätze, bei denen die Steuerschuld auf den Leistungsempfänger übergeht (§ 19 Abs. 1 zweiter Unterabsatz UStG 1994) oder

4. im Inland nur Umsätze, die unter eine Sonderregelung gemäß § 25a, Art. 25a UStG 1994 oder eine Regelung gemäß Art. 358 bis 369k der Richtlinie 2006/112/EG in einem anderen Mitgliedstaat fallen,

ausgeführt hat.

5.4. Mit der am elektronisch eingereichten Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2015 wurden dem Normalsteuersatz von 20 % unterliegende Umsätze von 428,07 € (KZ 022) erklärt. Mit Schreiben des Bundesfinanzgerichtes vom , GZ. RV/3100864/2018, wurde die Miteigentumsgemeinschaft "AA und BA" ersucht, die diesen Umsätzen zugrunde liegenden Rechnungen (Gutschriften) vorzulegen. Mit E-Mail vom legte die steuerliche Vertretung dazu die Rechnung der Miteigentumsgemeinschaft vom , gerichtet an MN, Gemeinde 1 F-Straße, somit einen anderen Wohnungseigentümer des Gebäudes auf der streitgegenständlichen Liegenschaft in EZ x KG y, vor. Mit dieser Rechnung wurde "die nicht verwendete Dekoration, Geschirr und Pölster in Top wie folgt in Rechnung" gestellt:


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Kaufpreis
428,07 €
zuzüglich 20 % USt
85,62 €
Bruttobetrag
513,69 €

Der Rechnungsbetrag von 513,69 € wurde am (Valutadatum) auf dem auf der Rechnung angeführten Konto der Miteigentumsgemeinschaft, IBAN abc, gutgeschrieben (vgl. die im Zuge des Erörterungstermins am vorgelegten Kontoauszüge).

5.5. Vom Übergang der Steuerschuld auf den Leistungsempfänger iSd § 19 Abs. 1 zweiter Satz UStG 1994 sind grundsätzlich alle steuerpflichtigen sonstigen Leistungen iSd § 3a Abs. 1 UStG 1994 sowie Werklieferungen erfasst. Eine solche liegt vor, wenn ein Unternehmer die Be- oder Verarbeitung eines vom Auftraggeber beigestellten Gegenstands übernimmt und er selbst einen Hauptstoff und nicht lediglich Zutaten oder sonstige Nebensachen beistellt. Da § 19 Abs. 1 zweiter Satz UStG 1994 nur sonstige Leistungen und Werklieferungen erfasst, kommt es bei reinen Inlandslieferungen eines ausländischen Unternehmers nicht zum Übergang der Steuerschuld auf den Leistungsempfänger.

Die vorgelegte Rechnung der Miteigentumsgemeinschaft "AA und BA" vom hat weder eine sonstige Leistung noch eine Werklieferung zum Inhalt, sondern vielmehr die Lieferung (den Verkauf) nicht mehr benötigter Utensilien ("Dekoration, Geschirr und Pölster") an einen anderen Wohnungseigentümer. Ein Übergang der Steuerschuld iSd § 19 Abs. 1 zweiter Satz UStG 1994 ist hinsichtlich dieser Lieferung nicht erfolgt. Es liegt vielmehr ein im Inland steuerpflichtiger Umsatz gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 mit der Miteigentumsgemeinschaft "AA und BA" als Steuerschuldner vor. Dieser Umsatz ist im Veranlagungsverfahren zu erfassen. Ausländische Unternehmer, die im Inland steuerbare Lieferungen oder sonstige Leistungen iSd § 1 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 ausführen, müssen ihre Vorsteuern ebenfalls im Veranlagungsverfahren geltend machen. Die Inanspruchnahme des Vorsteuererstattungsverfahrens durch ausländische Unternehmer ist diesfalls gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung zu § 21 Abs. 9 UStG 1994 ausgeschlossen.

5.6. Im Zuge des Erörterungstermins vor dem Bundesfinanzgericht wurde von der steuerlichen Vertretung eingewendet, dass die Miteigentumsgemeinschaft ihre Umsätze nach vereinnahmten Entgelten versteuere. Mit Schreiben vom teilte die steuerliche Vertretung dem Bundesfinanzgericht mit, dass es sich bei der Lieferung und der dazugehörigen Rechnung vom um eine Inlandslieferung gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 handle, die gemäß § 21 Abs. 4 UStG 1994 eine Veranlagungspflicht (demnach für das Streitjahr 2015) nach sich ziehe. Für die weitere Betrachtung ist somit von einem Antrag iSd § 17 Abs. 2 vorletzter Satz UStG 1994, die Steuer für die mit den in § 17 UStG 1994 genannten Tätigkeiten zusammenhängenden Umsätze nach vereinbarten Entgelten (Sollbesteuerung) zu berechnen, auszugehen. Andernfalls (im Falle einer Istbesteuerung der Umsätze) lägen "im Erstattungszeitraum" (vgl. § 1 Abs. 1 und 2 der Verordnung zu § 21 Abs. 9 UStG 1994), demnach im Streitjahr = Kalenderjahr 2015, keine Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 vor (der Rechnungsbetrag zur Rechnung vom wurde erst mit Valutadatum vereinnahmt); die Beschwerdeführerin müsste diesfalls für das Streitjahr = Kalenderjahr 2015 auf das Vorsteuererstattungsverfahren verwiesen werden. In diesem Zusammenhang wird auch darauf verwiesen, dass die Beschwerdeführerin mit der am elektronisch eingereichten Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2015 die Inlandslieferung samt dazugehöriger Rechnung vom der Umsatzsteuer mit dem Normalsteuersatz von 20 % unterzogen hat (Umsätze von 428,07 € lt. KZ 022) und demnach bereits zu diesem Zeitpunkt zur Besteuerung nach vereinbarten Entgelten (Sollbesteuerung) optiert hat.

Die im Streitjahr mit 93.465,51 € anzuerkennenden Vorsteuerbeträge sind - der Beschwerdeführerin folgend - in diesem Jahr im Veranlagungsverfahren zu berücksichtigen.

6. Die Berechnung der Umsatzsteuer für das Jahr 2015 ist dem beiliegenden Berechnungsblatt zu entnehmen, das insoweit einen Bestandteil dieses Erkenntnisses bildet.

V. Zulässigkeit einer Revision

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Beschwerdefall wurden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die zu lösenden Rechtsfragen beschränkten sich einerseits auf solche, die bereits in der bisherigen VwGH-Rechtsprechung beantwortet wurden, und andererseits auf solche, die im Gesetz eindeutig gelöst sind. Im Übrigen hing der Beschwerdefall von der Lösung von nicht über den Einzelfall hinausgehenden Sachverhaltsfragen ab. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher nicht zulässig.

Innsbruck, am

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