Verjährung: Keine Verlängerungswirkung einer Amtshandlung wegen fehlendem Bezug zu bestimmtem Abgabenanspruch
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Miterledigte GZ: |
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RV/7105819/2017 |
RV/7105820/2017 |
RV/7105821/2017 |
RV/7105822/2017 |
RV/7105823/2017 |
RV/7105824/2017 |
RV/7105825/2017 |
RV/7105826/2017 |
RV/7105827/2017 |
RV/7105828/2017 |
RV/7105829/2017 |
Revision (Amtsrevision) beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2022/16/0045. Mit Erk. v. wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Beschluss vom erledigt.
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Rechtssätze | |
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Stammrechtssätze | |
RV/7105818/2017-RS1 | Ausschlaggebend für die Qualifikation als Bauherrenmodell ist, ob die von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entwickelten Kriterien (Einflussnahme auf die bauliche Gestaltung des Hauses, Tragung des Baurisikos und Tragung des finanziellen Risikos) für das Vorliegen der Bauherreneigenschaft erfüllt sind oder nicht. Darüber kann nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts jedoch weder ein Grundbuchsauszug noch die aus der Urkundensammlung des Grundbuchs angefertigte Kaufvertragsabschrift Auskunft geben. |
RV/7105818/2017-RS2 | Nur im Fall, dass die Verlängerungshandlung zur Geltendmachung eines bestimmten Abgabenanspruches gesetzt wurde, soll ihr Verlängerungswirkung zukommen. Gerade vor dem Hintergrund, dass mit Ablauf der Verjährung Rechtsfriede eintreten soll (vgl ) und somit die Verlängerungshandlung eine gleichsam rechtskraftdurchbrechende Wirkung entfaltet, sind nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes besonders strenge Kriterien bei der Beurteilung der Tauglichkeit einer derartigen Handlung anzulegen. Eine Handlung, die keinerlei Bezug zu einem bestimmten Abgabenanspruch erkennen lässt, wird diesen Anforderungen nicht gerecht und stellt somit keine taugliche Verlängerungshandlung dar. |
RV/7105818/2017-RS3 | Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts kann es für die von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes formulierte Anforderung an eine Verlängerungshandlung – nämlich die Geltendmachung eines bestimmten Abgabenanspruches – nicht ausreichend sein, dass sich diese ex post betrachtet als „auch“ für den von der belangten Behörde letztlich mit Bescheid geltend gemachten Abgabenanspruch als geeignet erweist. Eine derartige Sichtweise würde das Erfordernis der Geltendmachung eines bestimmten Abgabenanspruches ad absurdum führen, wäre es dann doch ausreichend, wenn die Behörde quasi auf „Vorrat“ Grundbuchsauszüge, Firmenbuchauszüge oder Sozialversicherungsdatenauszüge erstellen würde. Jeder dieser Auszüge wäre zweifelsohne eine nach Außen in Erscheinung tretende Amtshandlung die, so der Bezug zur Geltendmachung eines bestimmten Abgabenanspruches nicht erforderlich wäre, je nach Bedarf ex post als Verlängerungshandlung für alle denkbaren Abgabenansprüche herangezogen werden könnte. Die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zeigt jedoch, dass allgemeinen Anfragen ohne Bezug auf einen konkreten Abgabentatbestand keine Unterbrechungswirkung iSd § 209 Abs 1 BAO zukommt (vgl mit Verweis auf , in dem der VwGH Anfragen der Abgabenbehörden an das Abhandlungsgericht bzw die Meldebehörden, die sich ohne weitere Konkretisierung ganz allgemein auf „erbschaftssteuerliche Zwecke“ stützten und nicht auf den konkreten Abgabentatbestand des § 2 Abs. 1 Z 3 ErbStG, keine Unterbrechungswirkung gem § 209 Abs. 1 BAO zuerkannte). |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter Mag. Daniel Philip Pfau in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch KPMG Niederösterreich GmbH Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, Bahnhofplatz 1a/1/3, 2340 Mödling, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , Steuernummer ***BF1StNr1***, betreffend Grunderwerbsteuer zu Recht:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird - ersatzlos - aufgehoben.
II. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Bisheriger Verfahrensgang
Mit Kaufverträgen vom erwarben zwölf verschiedene Personen, unter anderen auch die beschwerdeführende Partei ideelle Grundstücksanteile an einer näher genannten Liegenschaft (Einlagezahl, mit der Grundstücksadresse: Adresse).
Am erfolgte die Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer mit einem Betrag iHv 1.281 Euro.
Am hat die belangte Behörde in das Grundbuch Einsicht genommen und zur oben genannten Einlagezahl einen Auszug aus dem Hauptbuch angefertigt. Zusätzlich hat die belangte Behörde den zwischen der Verkäuferin der beschwerdegegenständlichen Liegenschaft und der beschwerdeführenden Partei abgeschlossenen Kaufvertrag aus der Urkundensammlung ausgedruckt.
Die belangte Behörde sendete ein mit datiertes "Ersuchen um Ergänzung/Auskunft" an die "W GmbH" (im Folgenden: W GmbH).
Die belangte Behörde setzte am die Grunderwerbsteuer für den beschwerdegegenständlichen Kaufvertrag vom abweichend vom selbstberechneten Betrag iHv 1.281 Euro nunmehr mit 6.504,89 Euro fest.
Dagegen erhob die beschwerdeführende Partei die gegenständliche Beschwerde.
Mit hg Beschluss vom forderte das Bundesfinanzgericht die belangte Behörde auf, zu einer allfällig vorliegenden Verjährung Stellung zu nehmen.
In ihrer Stellungnahme vom führte die belangte Behörde zusammengefasst aus, im Jahr 2015 seien drei voneinander unabhängige und taugliche Verlängerungshandlungen gesetzt worden. Erstens durch den Grundbuchsauszug mit Aktenvermerk, zweitens durch die (erstmalige) Abfrage aller Kaufverträge in der Urkundensammlung (Grundbuch) und drittens durch das Ergänzungsersuchen an die W GmbH.
Mit Schreiben vom zog die beschwerdeführende Partei ihre Anträge auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung und Entscheidung durch einen Senat zurück.
II. Über die Beschwerde wurde erwogen:
1. Sachverhalt
Mit Kaufverträgen vom erwarben zwölf verschiedene Personen, unter anderen auch die beschwerdeführende Partei, ideelle Grundstücksanteile an einer näher genannten Liegenschaft.
Mit erfolgte die Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer mit einem Betrag iHv 1.281 Euro.
Am nahm die belangte Behörde in das Grundbuch Einsicht und fertigte zur oben genannten Einlagezahl einen Auszug aus dem Hauptbuch an. Der Grundbuchsauszug ist mit dem handschriftlichen Vermerk "AV: Ausdruck über Grundbuch am angefertigt" und gestempeltem Datum "" und Namen des Sachbearbeiters sowie Paraphe versehen. Ein Hinweis darauf, in welchem Zusammenhang der Grundbuchsauszug erstellt wurde, ist nicht ersichtlich. Zusätzlich druckte die belangte Behörde den zwischen der Verkäuferin der beschwerdegegenständlichen Liegenschaft und der beschwerdeführenden Partei abgeschlossenen Kaufvertrag aus der Urkundensammlung aus. Auch hier ist nicht ersichtlich in welchem Zusammenhang diese Abschrift erstellt wurde.
Die belangte Behörde sendete zu einer näher genannten "Abgabenkontonummer" ein mit "" datiertes "Ersuchen um Ergänzung/Auskunft" an die W GmbH. Darin hieß es wörtlich (Anonymisierung der Adresse des Bauprojektes "Adresse" durch das Bundesfinanzgericht):
Die belangte Behörde setzte am die Grunderwerbsteuer für den beschwerdegegenständlichen Kaufvertrag vom abweichend vom selbstberechneten Betrag iHv 1.281 Euro mit 6.504,89 Euro fest.
2. Beweiswürdigung
Die obigen Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und sind das Ergebnis des verwaltungsgerichtlichen Ermittlungsverfahrens.
Auch für das Bundesfinanzgericht haben sich in Wahrnehmung seiner amtswegigen Ermittlungspflicht keine Anhaltspunkte ergeben, an der Richtigkeit des festgestellten Sachverhaltes zu zweifeln. Vor diesem Hintergrund durfte das Bundesfinanzgericht die obigen Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs. 2 BAO als erwiesen annehmen.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)
Die Verjährung ist von Amts wegen in jeder Lage des Verfahrens wahrzunehmen, ohne dass es einer förmlichen Einwendung oder Einrede bedarf (vgl mwN).
§ 8 Abs. 1 GrEStG lautet:
"Die Steuerschuld entsteht, sobald ein nach diesem Bundesgesetz steuerpflichtiger Erwerbsvorgang verwirklicht ist."
Gemäß § 207 Abs. 2 BAO beträgt die Verjährungsfrist abgesehen von den für den Beschwerdefall nicht relevanten taxativ aufgezählten Tatbeständen bei allen übrigen Abgaben fünf Jahre.
Gemäß § 208 Abs. 1 lit. a BAO beginnt die Verjährung in den Fällen des § 207 Abs. 2 mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist, soweit nicht im Abs. 2 ein anderer Zeitpunkt bestimmt wird.
§ 209 Abs. 1 BAO erster Satz lautet:
"Werden innerhalb der Verjährungsfrist (§ 207) nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen (§ 77) von der Abgabenbehörde unternommen, so verlängert sich die Verjährungsfrist um ein Jahr."
Vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtslage beginnt somit die Festsetzungsverjährung der aufgrund des am abgeschlossenen Kaufvertrages mit Ablauf des Jahres 2010 zu laufen und endet - sofern keine Verlängerungshandlung iSd § 209 Abs. 1 BAO gesetzt wurde - mit Ablauf des Jahres 2015. Der im Jahr 2016 erlassene Grunderwerbsteuerbescheid wäre somit außerhalb der fünfjährigen Festsetzungsverjährungsfrist ergangen und ersatzlos aufzuheben. Zu prüfen ist somit, ob die von der belangten Behörde im Jahr 2015 gesetzten Amtshandlungen geeignet waren, die Verjährungsfrist um ein Jahr zu verlängern.
Wie den obigen Feststellungen zu entnehmen ist, erfolgte am sowohl eine Grundbuchsabfrage als auch die Anfertigung eines Ausdrucks des Kaufvertrages aus der Urkundensammlung des Grundbuchs.
Im Lichte der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl ), nach der eine Firmenbuchabfrage das Erfordernis einer nach außen erkennbaren Amtshandlung erfüllt, geht das Bundesfinanzgericht davon aus, dass auch die Grundbuchsanfrage jedenfalls als nach außen erkennbare Amtshandlung zu werten ist.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Verlängerungswirkung jedoch die Geltendmachung eines bestimmten Abgabenanspruches voraus (vgl mwN).
Gerade diese Anforderung erfüllt der Grundbuchsauszug nicht. Der im Akt einliegende und mit dem handschriftlichen Vermerk "AV: Ausdruck über Grundbuch am angefertigt" und gestempeltem Datum "" und Namen des Sachbearbeiters sowie Paraphe versehene Grundbuchsauszug lässt nicht erkennen, dass er zur Geltendmachung des Anspruches auf Grunderwerbsteuer gerichtet war. Es fehlt jeglicher Hinweis darauf, in welchem Zusammenhang der Grundbuchsauszug erstellt wurde.
Sofern die belangte Behörde nunmehr über Vorhalt des Bundesfinanzgerichtes ausführt, der Ausdruck des Grundbuchsauszuges habe "ausschließlich zur Erhebung, wer als Erwerber im gegenständlichen Bauherrenmodell aufgetreten ist und damit zur Feststellung der einzelnen Abgabepflichtigen" gedient, behauptet sie somit nicht einmal selbst, dass der Grundbuchsauszug zur Geltendmachung eines bestimmten Abgabenanspruches, sondern lediglich zur Feststellung des Abgabepflichtigen erfolgt sei. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass es sich bei der Grunderwerbsteuer um eine Selbstberechnungsabgabe handelt und der belangten Behörde infolge Selbstberechnung bereits seit der Abgabepflichtige bekannt war. Dies bestätigt die belangte Behörde auch in ihrer Stellungnahme vom . Nicht bekannt gewesen sei ihr jedoch der verwirklichte Abgabentatbestand, gelange dieser doch erst mit Abruf der Urkunde in die Sphäre der Abgabenbehörde. Gerade bei Prüfungsfällen und speziell Bauherrnmodellen erweise sich die durchgeführte Selbstberechnung im Nachhinein als nicht korrekt und müsse diese daher erst überprüft werden bzw bedürfe es weitere[r] Unterlagen zur Feststellung des gesamten tatbestandsverwirklichenden Sachverhaltes.
Für das Bundesfinanzgericht ist nicht nachvollziehbar, dass der belangten Behörde trotz erfolgter und unbestrittener Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer erst durch Abruf der Kaufvertragsurkunden aus dem Grundbuch der verwirklichte Abgabentatbestand bekannt wurde. Abgabentatbestand für den zwischen der beschwerdeführenden Partei und der Veräußerin der Liegenschaft abgeschlossenen Kaufvertrag ist § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987. Dass sich, wie die belangte Behörde ausführt, bei Bauherrenmodellen die durchgeführte Selbstberechnung im Nachhinein als nicht korrekt erweisen könne, steht nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts einerseits in keinem Zusammenhang mit dem Abgabentatbestand als solchen und erklärt andererseits nicht, weshalb trotz Kenntnis der Abgabenbehörde der am Erwerbsvorgang Beteiligten, die Abgabenbehörde den Grundbuchsauszug "ausschließlich" zur Feststellung der einzelnen Abgabepflichtigen angefertigt hat. Für das Bundesfinanzgericht ist im Übrigen auch nicht nachvollziehbar, inwieweit die Abfrage des Grundbuchstandes und der Ausdruck des Kaufvertrages aus der Urkundensammlung Aufschluss über das Vorliegen eines Bauherrenmodells bringen können. Ausschlaggebend für die Qualifikation als Bauherrenmodell ist vielmehr, ob die von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entwickelten Kriterien (Einflussnahme auf die bauliche Gestaltung des Hauses, Tragung des Baurisikos und Tragung des finanziellen Risikos) für das Vorliegen der Bauherreneigenschaft erfüllt sind oder nicht. Darüber kann nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts jedoch weder ein Grundbuchsauszug noch die aus der Urkundensammlung des Grundbuchs angefertigte Kaufvertragsabschrift Auskunft geben.
Auch das Vorbringen der belangten Behörde, wonach das mit datierte Auskunftsersuchen an die W GmbH eine die Verjährungsfrist verlängernde Amtshandlung dargestellt habe, mag das Bundesfinanzgericht nicht zu überzeugen. Wie den obigen Feststellungen zu entnehmen ist, weist das Ergänzungsersuchen keinerlei Bezug zur Geltendmachung eines bestimmten Abgabenanspruches auf.
Die Behörde weist zutreffend daraufhin, dass das Ergänzungsersuchen auch die "Abgabenkontonummer" ausweist. Diese erfüllt nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes jedoch keinesfalls die von der Judikatur formulierte Anforderung an eine Verlängerungshandlung, die in der Geltendmachung eines bestimmten Abgabenanspruches besteht. Bei der Abgabenkontonummer handelt es sich um eine von der Behörde vergebene Nummer aus der keine weiteren Rückschlüsse auf einen bestimmten Abgabenanspruch möglich sind. Somit ist auch keine Überprüfung der Rechtmäßigkeit der fraglichen Verlängerungshandlung möglich. Gerade darin sieht aber das Bundesfinanzgericht den Sinn und Zweck der vom Verwaltungsgerichtshof formulierten Anforderungen an eine Verlängerungshandlung. Dabei geht es nach Auffassung des Bundesfinanzgerichtes gerade nicht um einen Selbstzweck, sondern vielmehr darum, dass die gesetzte Verlängerungshandlung auch einer nachprüfenden Kontrolle standhält. Nur im Fall, dass die Verlängerungshandlung zur Geltendmachung eines bestimmten Abgabenanspruches gesetzt wurde, soll ihr Verlängerungswirkung zukommen. Gerade vor dem Hintergrund, dass mit Ablauf der Verjährung Rechtsfriede eintreten soll (vgl ) und somit die Verlängerungshandlung eine gleichsam rechtskraftdurchbrechende Wirkung entfaltet, sind nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes besonders strenge Kriterien bei der Beurteilung der Tauglichkeit einer derartigen Handlung anzulegen. Eine Handlung, die - wie im Beschwerdefall die Grundbuchsabfrage und auch das Ergänzungsersuchen an die W GmbH - keinerlei Bezug zu einem bestimmten Abgabenanspruch erkennen lässt, wird diesen Anforderungen nicht gerecht und stellt somit keine taugliche Verlängerungshandlung dar.
Auch der Verwaltungsgerichtshof legt einen strengen Maßstab an verjährungsunterbrechende Amtshandlungen, wenn er ausspricht, dass es sich bei einer als Verlängerungshandlung intendierten Amtshandlung um eine in jeden Zweifel ausschließender Weise zur Geltendmachung eines Abgabenanspruches dienende Amtshandlung handeln müsse (vgl. , Rz 24).
Das Ergänzungsersuchen an die W GmbH wäre mit gleichem Text beispielsweise in Zusammenhang mit der Geltendmachung eines Umsatzsteuertatbestandes denkbar. Ebenfalls möglich wäre ein Zusammenhang mit AfA und Liebhaberei im Bereich der Einkommensteuer. In beiden Fällen wäre die belangte Behörde - zumindest zum damaligen Zeitpunkt - die sachlich nicht zuständige Behörde gewesen. Bereits diese beiden Beispiele zeigen auf, dass gerade der Bezug zu einem bestimmten Abgabenanspruch unbedingte Voraussetzung für die Überprüfbarkeit einer allfälligen Verlängerungshandlung sind und dass es an der jeden Zweifel ausschließenden Bezugnahme auf die Geltendmachung eines bestimmten Abgabenanspruches fehlt.
Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts kann es für die von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes formulierte Anforderung an eine Verlängerungshandlung - nämlich die Geltendmachung eines bestimmten Abgabenanspruches - nicht ausreichend sein, dass sich diese ex post betrachtet als "auch" für den von der belangten Behörde letztlich mit Bescheid geltend gemachten Abgabenanspruch als geeignet erweist. Eine derartige Sichtweise würde das Erfordernis der Geltendmachung eines bestimmten Abgabenanspruches ad absurdum führen, wäre es dann doch ausreichend, wenn die Behörde quasi auf "Vorrat" Grundbuchsauszüge, Firmenbuchauszüge oder Sozialversicherungsdatenauszüge erstellen würde. Jeder dieser Auszüge wäre zweifelsohne eine nach Außen in Erscheinung tretende Amtshandlung die, so der Bezug zur Geltendmachung eines bestimmten Abgabenanspruches nicht erforderlich wäre, je nach Bedarf ex post als Verlängerungshandlung für alle denkbaren Abgabenansprüche herangezogen werden könnte. Die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zeigt jedoch, dass allgemeinen Anfragen ohne Bezug auf einen konkreten Abgabentatbestand keine Unterbrechungswirkung iSd § 209 Abs 1 BAO zukommt (vgl mit Verweis auf , in dem der VwGH Anfragen der Abgabenbehörden an das Abhandlungsgericht bzw die Meldebehörden, die sich ohne weitere Konkretisierung ganz allgemein auf "erbschaftssteuerliche Zwecke" stützten und nicht auf den konkreten Abgabentatbestand des § 2 Abs. 1 Z 3 ErbStG, keine Unterbrechungswirkung gem § 209 Abs. 1 BAO zuerkannte.).
Das Bundesfinanzgericht geht zusammengefasst davon aus, dass der belangten Behörde im Beschwerdefall bereits aufgrund der am erfolgten Selbstberechnung die Erfüllung des Abgabentatbestandes gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 und die beschwerdeführende Partei als Abgabenpflichtige bekannt waren. Weder die Grundbuchsabfragen noch das an die W GmbH gerichtete Ergänzungsersuchen lassen die Geltendmachung eines bestimmten Abgabenanspruches erkennen und konnten auch nicht der Feststellung des Abgabepflichtigen dienen, da dieser ebenfalls bereits bekannt war.
Da die von der belangten Behörde ins Treffen geführten Amtshandlungen somit nicht die Verjährungsfrist verlängern konnten und mit Ablauf des Jahres 2015 die Festsetzungsverjährung hinsichtlich der durch Kaufvertragsunterzeichnung am entstandenen Grunderwerbsteuerschuld eingetreten ist, erging der angefochtene Grunderwerbsteuerbescheid vom außerhalb der fünfjährigen Festsetzungsverjährungsfrist und ist daher ersatzlos aufzuheben.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Rechtsfrage, wann einer nach außen in Erscheinung tretenden Amtshandlung Unterbrechungswirkung hinsichtlich der Verjährungsfrist zukommt - nämlich nur dann, wenn sie auf die Geltendmachung eines bestimmten Abgabenanspruches gerichtet ist -, ist durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl die bereits zitierten Erkenntnisse des VwGH 2006/16/0041 und 2000/16/0602) bereits hinreichend geklärt, weshalb die Revision als nicht zulässig erachtet wird.
Im Übrigen ist es eine Beurteilung des Einzelfalls, ob die Abfrage des Grundbuchstandes in der konkreten Art und Weise, als eine die Festsetzungsverjährung verlängernde Amtshandlung iSd § 209 Abs. 1 BAO zu qualifizieren ist.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 208 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 § 209 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 209 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 207 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
Zitiert/besprochen in | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.7105818.2017 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at