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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 10.02.2022, RV/6100101/2021

Studium in den USA - kein Anspruch auf Familienbeihilfe

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Susanne Zankl in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Familienbeihilfe 2020 für Sohn M., zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Nach Ablegung der Reifeprüfung im Juni 2019 und Absolvierung des Zivildienstes bis Mai 2020 begann der Sohn der Beschwerdeführerin (Bf) im September 2020 ein 4-jähriges Vollzeit-Bachelorstudium an der Universität***1*** in den USA /Illinois (Sport- und Academic Scholarship bis , Antrag der Bf auf Gewährung der FB vom ).

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Antrag der Bf auf (weitere) Zuerkennung der Familienbeihilfe (FB) für Sohn M. mit der Begründung ab, dass dessen ständiger Aufenthalt während des Studiums in den USA läge.

Die Bf legte am Beschwerde gegen den Abweisungsbescheid ein und führte dazu aus, dass ihr Sohn aufgrund seiner sportlichen Leistungen (Fussball, Akademie Red Bull) ein Sportstipendium in den USA erhalten hätte. Damit wären zwar die Studienkosten, nicht aber die sonstigen Lebenserhaltungskosten abgedeckt. Das Herbstsemester würde von Mitte August bis Ende November, das Sommersemester von Jänner bis Mai dauern. Der Sohn wäre in einem Studentenheim (Internatszimmer) untergebracht.

Mit Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom wies die Behörde die Beschwerde mit der Begründung ab, dass sich der ständige Aufenthalt des Sohnes ab 09/2020 in den USA befände.

Fristgerecht stellte die Bf den Antrag, die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht (BFG) zur Entscheidung vorzulegen. Ergänzend wies sie darauf hin, dass sich ihr Sohn nur vorübergehend in den USA aufhielte. Seit Ende November 2020 wäre der Sohn bis einschließlich Jänner 2021 in Salzburg aufhältig gewesen. Zwischenzeitig wäre er wieder in die USA gereist. Sein Aufenthalt in den USA diente nur zu Studienzwecken.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Sohn der Bf begann mit Mitte August 2020 ein 4-jähriges Bachelorstudium an der Universität***1*** in den USA (Sport- und Academic Scholarship, Dauer bis , siehe dazu Überprüfung betreffend Zuerkennung FB, Beih 100 vom ). Seine sportliche Ausbildung erhielt der Sohn der Bf bei der Akademie von Red Bull in Salzburg. Die Herbstsemester dauern jeweils von Mitte August bis Ende November, die Frühlingssemester von Mitte Jänner bis Mai des jeweiligen Jahres.
Der Sohn verbringt die studienfreien Zeiten von rund 4 Monaten an seinem Wohnsitz bei den Eltern in Österreich und kehrt jeweils zum Studium in die USA zurück. Die Studiengebühren werden im Wesentlichen über ein Sportstipendium finanziert. Der Sohn ist in einem Studentenheim untergebracht (siehe dazu Beschwerde vom ).

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes, insbesondere den beigebrachten Unterlagen und eigenen Angaben der Bf, und ist unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung und Erwägungen

Gemäß § 2 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG), BGBl 1967/376 idgF., haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, einen Anspruch auf Familienbeihilfe
a) für minderjährige Kinder,
b) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und
die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule
fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres
Berufes nicht möglich ist. …..
….
d) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für
die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer
weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum
frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird; …

Anspruch auf Familienbeihilfe für ein Kind hat nach § 2 Abs. 2 FLAG 1967 die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.

§ 2 Abs. 5 FLAG 1967 lautet:
Zum Haushalt einer Person gehört ein Kind dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Die Haushaltszugehörigkeit gilt nicht als aufgehoben, wenn
a) sich das Kind nur vorübergehend außerhalb der gemeinsamen Wohnung aufhält,
b) das Kind für Zwecke der Berufsausübung notwendigerweise am Ort oder in der Nähe des Ortes der Berufsausübung eine Zweitunterkunft bewohnt,
c) sich das Kind wegen eines Leidens oder Gebrechens nicht nur vorübergehend in Anstaltspflege befindet, wenn ...

§ 5 Abs. 3 FLAG 1967 lautet:
Kein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten.

§ 53 Abs. 1 zweiter Satz FLAG 1967 normiert in diesem Zusammenhang, dass der ständige Aufenthalt eines Kindes in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums nach Maßgabe der gemeinschaftsrechtlichen (nunmehr: unionsrechtlichen) Bestimmungen dem ständigen Aufenthalt eines Kindes in Österreich gleichzuhalten ist und schränkt die Anwendbarkeit des § 5 Abs. 3 FLAG 1967 somit im Wesentlichen auf Aufenthalte in sogenannten "Drittstaaten" ein.

Im Beschwerdefall ist strittig, ob der Anspruch auf Familienbeihilfe für den Sohn der Bf wegen der Ausschlussbestimmung des § 5 Abs. 3 FLAG 1967 deshalb nicht bestand bzw. besteht, weil sich dieser nach Ansicht der belangten Behörde ab dem betreffenden Zeitraum ständig im Ausland (USA) aufhält.

Zunächst ist grundsätzlich festzuhalten, dass - wie oben dargelegt - die Einschränkung bezüglich des Familienbeihilfenanspruches im Hinblick auf den Aufenthalt im Ausland dann gilt, wenn sich das Kind außerhalb von EU und EWR aufhält (§ 53 FLAG in Verbindung mit der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom ) bzw. soweit nicht bestehende Staatsverträge die Gewährung von Familienbeihilfe für Kinder vorsehen, die sich ständig in einem anderen Staat aufhalten (§ 50g Abs. 2 FLAG). Mit den USA existiert kein solcher Staatsvertrag, weshalb die Einschränkung hinsichtlich der USA als einem Drittland zu beachten ist.

Ob der Sohn der Bf seinen Mittelpunkt der Lebensinteressen während seines Studiums in den USA in Österreich behalten hat, ist für die Frage der Rechtmäßigkeit des Familienbeihilfen- und Kinderabsetzbetragsbezuges nicht von Bedeutung. Maßgebend ist der Lebensmittelpunkt des Familienbeihilfen- und Kinderabsetzbetragsbeziehers (§ 2 Abs. 8 FLAG 1967) der Bf, dieser befand sich unstrittig in Österreich.

Ein vorübergehender Auslandsaufenthalt des Sohnes in den USA steht dem Bezug von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag nicht entgegen, ein ständiger schon (§ 5 Abs. 3 FLAG 1967).
Bei der Frage des ständigen Aufenthaltes i.S.d. § 5 Abs. 3 FLAG 1967 geht es um objektive Kriterien, die nach den Gesichtspunkten des Vorliegens eines gewöhnlichen Aufenthaltes nach § 26 Abs. 2 BAO zu beurteilen sind (vgl. etwa ; ; ). Danach hat jemand den gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne der Abgabenvorschriften dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Land nicht nur vorübergehend verweilt. Diese Beurteilung hat nicht auf den subjektiven Gesichtspunkt des Mittelpunktes der Lebensinteressen abzustellen, sondern auf das objektive Kriterium der grundsätzlichen körperlichen Anwesenheit (vgl. Nowotny in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG § 5 Rz 9).

Ein nicht nur vorübergehendes Verweilen liegt vor, wenn sich der Aufenthalt über einen längeren Zeitraum erstreckt (vgl. ).

Um einen gewöhnlichen Aufenthalt aufrechtzuerhalten, ist keine ununterbrochene Anwesenheit erforderlich. Abwesenheiten, die nach den Umständen des Falles nur als vorübergehend gewollt anzusehen sind, unterbrechen nicht den Zustand des Verweilens und daher auch nicht den gewöhnlichen Aufenthalt (vgl. ).

Das bloße Verbringen der Ferien in Österreich bzw. andere kurze Aufenthalte in Österreich während des Auslandsstudiums sind jeweils als vorübergehende Abwesenheit zu beurteilen, wodurch ein ständiger Aufenthalt des Kindes im Ausland nicht unterbrochen wird (vgl. ; ; ; ; ).

Der VwGH hat eine Aufenthaltsdauer von fünfeinhalb Monaten im Ausland gerade noch als einen vorübergehenden Aufenthalt angesehen (vgl. ).

Ein einjähriger Auslandsaufenthalt auch nur zum Zwecke eines einjährigen Schulbesuches im Ausland ist nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes als ständiger Aufenthalt im Ausland anzusehen (vgl. unter Hinweis auf
Kuprian, Kein Familienbeihilfenanspruch bei Ausbildung eines Kindes in einem "Drittland", in UFS Journal 2011/10, 371).

Lassen objektive Gesichtspunkte erkennen, dass ein Aufenthalt nicht nur vorübergehend währen wird, dann liegt schon ab dem Vorliegen dieser Umstände, allenfalls ab Beginn des Aufenthaltes, ein ständiger Aufenthalt vor (vgl. ).

Die Bf wendet ein, dass der Sohn die studienfreien Zeiten bzw. die Ferienzeiten von rund 4 Monaten pro Jahr zur Gänze in Österreich am inländischen Wohnsitz bei den Eltern verbringe und sich in den USA nur zu Studienzwecken aufhalte. Dazu ist nach obigen Ausführungen klarzustellen, dass der Sohn der Bf eine mehrjährige Ausbildung im Drittland absolviert und dort den überwiegenden Teil des Jahres verbringt. Der Sohn kehrt nach den Ferienaufenthalten in Österreich offenkundig jeweils in die USA zurück. Laut VwGH Judikatur ist unter Berücksichtigung des Gesamtbildes die Dauer eines etwa mehrmonatigen Aufenthaltes in Österreich (zB Sommerferien) nicht als entscheidungswesentlich anzusehen, sondern vielmehr jeweils die Rückkehr in die USA, weshalb der VwGH dahin erkannte, dass die Ferienaufenthalte in Österreich nicht den gewöhnlichen Aufenthalt in den USA unterbrechen. Damit häl sich der Sohn der Bf, nach obigen Ausführungen nicht nur vorübergehend in diesem Drittland auf.

Auch mit dem Einwand der Bf, sie bezahle weitgehend die Lebenserhaltungskosten des Sohnes in den USA wie auch in Österreich wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt.

Von wesentlicher Bedeutung ist hier im Gegenstandsfall vielmehr auch, dass der Zweck des Auslandsaufenthaltes des Sohnes in den USA nicht nur das Studium selbst ist, sondern auch andere Interessen ausschlaggebend für das Studium im Ausland waren. Der Sohn ist Fussballer. Seine sportliche Ausbildung erhielt er in der Akademie von Red Bull in Salzburg. Bei dem Ausbildungsplatz an der Universität in den USA handelt es sich um eine Sport- und Academic Scholarship. Das Stipendium an dieser Ausbildungsstätte bekommt der Sohn aufgrund seiner sportlichen Leistungen, die er in den USA weiter ausüben und erbringen muss bzw. kann.

Der Auslandsaufenthalt des Sohnes in den USA ist auf eine Dauer von vier Jahren bzw. zumindest von jeweils einem Jahr (Stipendium) angelegt. Er absolviert damit unbestritten eine mehrjährige Ausbildung im Drittland und verbringt dort den überwiegenden Teil des Jahres (weit mehr als 5 1/2 Monate im Jahr). Er hält er sich nach den obigen Ausführungen nicht nur vorübergehend in diesem Drittland auf, weshalb für ihn jedenfalls im Zeitraum ab September 2020 kein Familienbeihilfenanspruch in Österreich besteht.

Was den Einwand der Bf in ihrer Beschwerde vom , "…andere österreichische Studenten in den USA bekämen die FB ausbezahlt, eine unterschiedliche Zuerkennung wäre nicht nachzuvollziehen…. ", so ist in diesem Zusammenhang auf die diesbezügliche Rechtsprechung des BFG u.a. vom , RV/5100044/2020, vom , RV/3100338/2020 etc. zu verweisen und gleichzeitig hinzuweisen, dass mit diesem Einwand für die gegenständliche Beschwerde nichts zu gewinnen ist, da keine Bindung an eine allenfalls unrichtige rechtliche Beurteilung durch Behörden besteht.

Die Beschwerde ist als unbegründet abzuweisen.

4. Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG iVm § 25a Abs. 1 VwGG ist gegen diese Entscheidung eine (ordentliche) Revision unzulässig. Es handelt sich um keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, da das Bundesfinanzgericht in rechtlicher Hinsicht der in der Entscheidung dargestellten ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes folgt.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
Schlagworte
ständiger Aufenthalt
USA
Ferienzeiten
vorübergehende Abwesenheit
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.6100101.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at