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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 23.03.2022, RV/3100129/2021

Unwirksame Bescheidzustellung an den Vertretenen bei aufrechter Zustellungsvollmacht (allgemeine Vollmacht eines berufsmäßigen Parteienvertreters)

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache des Bf., vertreten durch Rechtsanwalt Z, betreffend die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes A vom betreffend Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Umsatzsteuer für die Jahre 2010 bis 2012, Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Einkommensteuer für die Jahre 2010 bis 2012, Umsatzsteuer für die Jahre 2010 bis 2013, Einkommensteuer für die Jahre 2010 bis 2013, Vorauszahlungen an Einkommensteuer für das Jahr 2016 sowie Festsetzung von Anspruchszinsen (§ 205 BAO) für die Jahre 2010 bis 2013, Steuernummer 1, beschlossen:

Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO in Verbindung mit § 278 Abs. 1 lit. a BAO als nicht zulässig zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 in Verbindung mit Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

I. Verfahrensgang

1. Der Abgabepflichtige betrieb in Ort1 die Tabledance-Bar "X". Aufgrund finanzstrafrechtlicher Ermittlungen der Steuerfahndung und des begründeten Verdachts der Abgabenhinterziehung kam es am zum Vollzug von gerichtlichen Hausdurchsuchungsanordnungen. Im Zuge dieser Maßnahmen wurden dem Abgabepflichtigen ein Sicherstellungsauftrag mit vorläufiger Berechnung der verkürzten Abgabenbeträge ausgehändigt und Sicherstellungsmaßnahmen getroffen.

Mit Prüfungsauftrag vom wurde sodann eine Außenprüfung gemäß § 147 Abs. 1 BAO iVm § 99 Abs. 2 FinStrG, umfassend die Jahre 2010 bis 2012 (Umsatz- und Einkommensteuer), inkl. Nachschau gemäß § 144 BAO, umfassend das Jahr 2013 (Umsatzsteuer), begonnen. In weiterer Folge wurde mit Prüfungsauftrag vom eine Außenprüfung (GPLA - gemeinsame Prüfung lohnabhängiger Abgaben) gemäß § 147 Abs. 1 BAO iVm § 99 Abs. 2 FinStrG für den Zeitraum bis begonnen. Mit wurde die Außenprüfung auf das Jahr 2013 (Umsatz- und Einkommensteuer) ausgedehnt.

2. Mit Schreiben vom gab RA XY dem Finanzamt A zum Betreff "Betriebsprüfung 2010-2012" bekannt, dass er den Abgabepflichtigen im Zusammenhang mit dem anhängigen Verfahren rechtsfreundlich vertrete. Gleichzeitig ersuchte er um Fristerstreckung zur Abgabe einer Stellungnahme zu einem Schreiben des Prüfers der Umsatz- und Einkommensteuer und zu einem gesonderten Schreiben des Prüfers der lohnabhängigen Abgaben. Gleichzeitig wies er darauf hin, dass sein Mandant auf die Schreiben selbstverständlich reagieren werde, vorher allerdings noch interne Abklärungen vorzunehmen seien.

Am fand sowohl die Schlussbesprechung zur gemeinsamen Prüfung der lohnabhängigen Abgaben (GPLA) als auch jene zur Prüfung der Umsatz- und Einkommensteuer statt. An beiden Schlussbesprechungen hat auch RA XY als rechtsfreundlicher Vertreter des Abgabepflichtigen teilgenommen und mit seiner Unterschrift die von den Prüfern getroffenen Feststellungen zur Kenntnis genommen.

3. Im Zuge der Außenprüfung betreffend die Umsatz- und Einkommensteuer, umfassend die Jahre 2010 bis 2013, stellte der Prüfer fest, dass wesentliche Grundaufzeichnungen für den Prüfungszeitraum nicht vorlägen. Es seien lediglich ausgedruckte Tagesabrechnungen vorhanden, die nur eine Spartenübersicht mit verkauften Mengen und Umsätzen (netto und brutto) in Summe aufweisen, aber keine Übersicht aller laufenden tatsächlichen Geschäftsfälle und keine laufende Nummerierung der einzelnen Geschäftsfälle dokumentieren würden. Lediglich für den Monat November 2013 liege eine täglich erstellte "Standliste" mit Aufzeichnungen über den bisherigen Getränkestand, die verkauften Einheiten bzw. den tagesaktuellen Getränkestand vor. Für den gesamten übrigen Prüfungszeitraum fehlten diese wesentlichen Grundaufzeichnungen jedoch (vgl. Tz 2 der Niederschrift über die Schlussbesprechung und des Bp-Berichtes vom , ABNr. abc).

Auf der Grundlage der bei der Hausdurchsuchung sichergestellten und beschlagnahmten Unterlagen (wie Wareneinkaufsrechnungen und Tagesabrechnungen für den Umsatz) sowie der im Zuge der Außenprüfung vorgelegten Unterlagen (wie Buchhaltungsdateien, Bilanzen, Inventuren und Personalverbrauchsaufstellungen) führte der Prüfer Nachkalkulationen durch. Dabei seien die Einwendungen der steuerlichen Vertretung hinsichtlich der Gewichtung und Berechnung des Rohaufschlagskoeffizienten (RAK) berücksichtigt worden. Diese Nachkalkulationen und Berechnungen hätten im Prüfungszeitraum deutliche Differenzen zu den vom Abgabepflichtigen erklärten Umsätzen und Erlösen ergeben.

Aufgrund der festgestellten Grundaufzeichnungsmängel, Kalkulationsdifferenzen, laufenden Manipulationen bei den Tagesabrechnungen und "Minus-Differenzen" bei der Nachkalkulation (die auf einen "Getränkeschwarzeinkauf" hindeuten würden) wurde vom Prüfer für die Tabledance-Bar "X" im Schätzungswege ein durchschnittlicher monatlicher Umsatz von 31.000,00 € ermittelt. Daraus ergebe sich eine Hinzurechnung (gerundet) zu den erklärten Umsätzen von 44.000,00 € (im Jahr 2010), 111.000,00 € (im Jahr 2011), 81.000,00 € (im Jahr 2012) und 87.000,00 € (im Jahr 2013). Die bisher nicht erklärten Getränkeeinkäufe "Getränke" wurden im nachgewiesenen Ausmaß als "Warenaufwand" angesetzt, für sonstige bisher nicht erklärte "Getränkeschwarzeinkäufe" wurde ein Betrag von 10 % der Umsatzhinzurechnungen als zusätzlicher "Warenaufwand" (jeweils mit Gewährung des Vorsteuerabzugs) anerkannt (vgl. Tz 4 der Niederschrift über die Schlussbesprechung und des Bp-Berichtes vom , ABNr. abc).

Vom Prüfer wurden bei der Tabledance-Bar "X" weiters auch die steuerlichen Auswirkungen der GPLA-Prüfung, die sich aus der Umstellung der Tänzerinnen von selbständiger Tätigkeit auf nichtselbständige Tätigkeit ergaben, berücksichtigt (vgl. Tz 5 der Niederschrift über die Schlussbesprechung und des Bp-Berichtes vom , ABNr. abc).

4. Das Finanzamt A folgte den Feststellungen der Außenprüfung zu ABNr. abc und erließ am - nach Wiederaufnahme der Verfahren gemäß § 303 Abs. 1 BAO von Amts wegen betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 2010 bis 2012 und Einkommensteuer für die Jahre 2010 bis 2012 - neue Sachbescheide betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 2010 bis 2013 und Einkommensteuer für die Jahre 2010 bis 2013, weiters Bescheide betreffend Festsetzung von Anspruchszinsen (§ 205 BAO) für die Jahre 2010 bis 2013 sowie einen Bescheid betreffend Vorauszahlungen an Einkommensteuer für das Jahr 2016.

Diese Bescheide wurden an den Abgabepflichtigen gerichtet und diesem an seine (damalige) Hauptwohnsitzadresse Ort2, B-Straße, zugestellt.

5. Gegen die Bescheide des Finanzamtes A vom betreffend Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Umsatzsteuer für die Jahre 2010 bis 2012, Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Einkommensteuer für die Jahre 2010 bis 2012, Umsatzsteuer für die Jahre 2010 bis 2013, Einkommensteuer für die Jahre 2010 bis 2013, Vorauszahlungen an Einkommensteuer für das Jahr 2016 sowie Festsetzung von Anspruchszinsen (§ 205 BAO) für die Jahre 2010 bis 2013 erhob der Abgabepflichtige durch seinen ausgewiesenen Vertreter RA XY (unter Verweis auf die erteilte Vollmacht) am fristgerecht Beschwerde, mit der er Mangelhaftigkeit des Verfahrens, unrichtige Sachverhaltsfeststellung aufgrund unrichtiger/unvollständiger Beweiswürdigung und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend machte. Zur Rechtzeitigkeit der Beschwerde wurde ausgeführt, dass die Bescheide vom dem ausgewiesenen Vertreter des Abgabepflichtigen am zugestellt worden seien. Die Beschwerdefrist von einem Monat ende am .

6. Mit Beschwerdevorentscheidungen vom wurde die Beschwerde gegen die Sachbescheide betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 2010 bis 2013, Einkommensteuer für die Jahre 2010 bis 2013 und Vorauszahlungen an Einkommensteuer für das Jahr 2016 vom Finanzamt A als unbegründet abgewiesen. In der gesonderten Begründung vom wurde ausgeführt, dass die Einwendungen des Abgabepflichtigen (ungenügendes Parteiengehör, mangelnde Unterlagenvorlage, nicht nachvollziehbare bzw. willkürliche Bescheidbegründung) nicht gerechtfertigt seien, zumal im Zuge der Außenprüfungen fünf Besprechungen mit dem Abgabepflichtigen, dem rechtlichen Vertreter RA XY und der steuerlichen Vertretung stattgefunden hätten. Bei diesen Besprechungen und auch im Rahmen der Schlussbesprechung am seien die maßgeblichen Unterlagen übergeben und besprochen worden.

Mit Schreiben vom habe die steuerliche Vertretung erklärt, dass gegen die Berechnung der Lohnnebenkosten keine Einwände bestünden und - vorbehaltlich einer anderen Weisung des Abgabepflichtigen - die Einstufung der Tänzerinnen als Dienstnehmerinnen anerkannt werde. Mit Schreiben vom habe der rechtliche Vertreter RA XY mitgeteilt, dass eine Außerstreitstellung der Berechnungsergebnisse des Finanzamtes A - wiederum vorbehaltlich der endgültigen Erklärung des Abgabepflichtigen - erfolgen könne. Der gesonderten Begründung vom waren eine Stellungnahme des Betriebsprüfers, des GPLA-Prüfers und der IT-Fahndung beigeschlossen.

Die Beschwerdevorentscheidungen vom wurden an den Abgabepflichtigen gerichtet und diesem an seine (damalige) Hauptwohnsitzadresse Ort2, B-Straße, zugestellt.

Im Hinblick auf die Beschwerde vom gegen die Bescheide betreffend Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Umsatzsteuer für die Jahre 2010 bis 2012, Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Einkommensteuer für die Jahre 2010 bis 2012 und Festsetzung von Anspruchszinsen (§ 205 BAO) für die Jahre 2010 bis 2013 wurden vom Finanzamt A - entgegen einem anders lautenden Vermerk in der gesonderten Begründung vom - keine Beschwerdevorentscheidungen erlassen.

7. Am stellte der Abgabepflichtige durch seinen ausgewiesenen Vertreter RA XY (unter Verweis auf die erteilte Vollmacht) fristgerecht den Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde vom durch das Verwaltungsgericht. Der Antragsgegenstand umfasste sämtliche in der Bescheidbeschwerde vom genannten (somit 19) Bescheide. Ein weiteres Vorbringen wurde nicht erstattet.

8. Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt A die gegenständliche Beschwerde vom zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht vor.

9. Mit Beschluss vom , GZ. 2, hat das Bundesfinanzgericht den Vorlageantrag vom in seinem gesamten Umfang (somit hinsichtlich sämtlicher in der Bescheidbeschwerde vom genannten 19 Bescheide) gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO iVm § 264 Abs. 4 BAO als nicht zulässig zurückgewiesen.

Ein Vorlageantrag setze unabdingbar eine (rechtswirksame) Beschwerdevorentscheidung voraus. Vor Wirksamkeit der Beschwerdevorentscheidung eingebrachte Vorlageanträge seien wirkungslos und vom Verwaltungsgericht als unzulässig zurückzuweisen (Hinweis auf Ritz, BAO6, § 260 Tz 27, mwN). Der Vorlageantrag betreffend Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Umsatzsteuer für die Jahre 2010 bis 2012, Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Einkommensteuer für die Jahre 2010 bis 2012 und Festsetzung von Anspruchszinsen (§ 205 BAO) für die Jahre 2010 bis 2013 sei daher mangels Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung als unzulässig zurückzuweisen.

Im Übrigen führte das Bundesfinanzgericht aus, dass eine aufrechte Zustellungsvollmacht des rechtlichen Vertreters RA XY bestanden habe. Die Abgabenbehörde wäre daher gemäß § 9 Abs. 3 ZustG zwingend dazu verhalten gewesen, den Zustellungsbevollmächtigten als Empfänger der behördlichen Erledigungen zu bezeichnen und diese dem Zustellungsbevollmächtigten zuzustellen. Der rechtliche Vertreter des Abgabepflichtigen, RA XY, habe daher zu Recht gerügt, dass ungeachtet der bestehenden Zustellungsvollmacht nicht er, sondern der Abgabepflichtige selbst als Empfänger der angefochtenen Bescheide vom und der Beschwerdevorentscheidungen vom bezeichnet worden sei und diese Erledigungen dem Abgabepflichtigen in der Folge auch zugestellt worden seien.

Das Bundesfinanzgericht stellte auch fest, dass eine Sanierung des Zustellmangels gemäß § 9 Abs. 3 zweiter Satz ZustG dergestalt, dass die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt gelte, in dem das Dokument dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen sei, nicht vorliege. Der Abgabepflichtige habe seinen rechtlichen Vertreter RA XY mittels E-Mails darüber informiert, dass ihm (dem Abgabepflichtigen) die gegenständlichen Dokumente zugestellt worden seien. Gleichzeitig habe der Abgabepflichtige diese Dokumente mittels E-Mail-Anhang seinem rechtlichen Vertreter zur Kenntnisnahme übermittelt. Diese Übermittlung sei einer Übermittlung der Originaldokumente, welche allein zur Sanierung des Zustellmangels führen könnte, nicht gleichzuhalten, weshalb die angefochtenen Bescheide ebenso wie die Beschwerdevorentscheidungen nicht wirksam zugestellt worden seien. Dies habe zur Folge, dass die als Abgabenbescheide und Beschwerdevorentscheidungen intendierten behördlichen Erledigungen nicht bekannt gegeben worden seien und gemäß § 97 Abs. 1 BAO keinerlei Rechtswirksamkeit hätten entfalten können. Der Vorlageantrag betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 2010 bis 2013, Einkommensteuer für die Jahre 2010 bis 2013 und Vorauszahlungen an Einkommensteuer für das Jahr 2016 sei daher ebenfalls als unzulässig zurückzuweisen.

Der Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom , GZ. 2, wurde an den Abgabepflichtigen gerichtet und zu Handen seines mit Zustellungsvollmacht ausgewiesenen rechtlichen Vertreters RA XY am selben Tag zugestellt.

10. Am erließ das Finanzamt A eine Beschwerdevorentscheidung, mit der die Beschwerde vom gegen die Bescheide vom betreffend Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Umsatzsteuer für die Jahre 2010 bis 2012 und Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Einkommensteuer für die Jahre 2010 bis 2012 als unbegründet abgewiesen wurde.

Zur Begründung wurde ausgeführt, dass in den angefochtenen Wiederaufnahmsbescheiden auf die Niederschrift bzw. den Prüfbericht verwiesen werde. Da diese Bescheide in unmittelbarem Anschluss an die Außenprüfung betreffend die Umsatz- und Einkommensteuer der Jahre 2010 bis 2012 ergangen seien und diese Abgaben und Zeiträume Gegenstand der Außenprüfung gewesen seien, stehe unzweifelhaft und für den Abgabepflichtigen und seinen Vertreter nachvollziehbar fest, dass es sich dabei um die Niederschrift über die Schlussbesprechung gemäß § 149 Abs. 1 BAO und den Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung gemäß § 150 BAO vom handle. Unter Tz 10 dieses Schriftstückes seien die Tatsachen und Beweismittel ausführlich dargelegt, auf die sich die Wiederaufnahme der streitgegenständlichen Verfahren stütze. Daraus gehe auch unzweifelhaft hervor, dass die dort angeführten Unterlagen im Zuge der Hausdurchsuchung am sichergestellt und beschlagnahmt bzw. während des Betriebsprüfungsverfahrens (beginnend mit ) der Abgabenbehörde übermittelt worden seien. Somit handle es sich um nova reperta iSd § 303 BAO. Umstände, die bei der von der Abgabenbehörde vorzunehmenden Ermessensübung gegen eine Wiederaufnahme der gegenständlichen Verfahren sprächen, lägen ebenfalls nicht vor.

Am erließ das Finanzamt A eine weitere Beschwerdevorentscheidung, mit der die Beschwerde vom gegen die Bescheide vom betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 2010 bis 2013, Einkommensteuer für die Jahre 2010 bis 2013, Vorauszahlungen an Einkommensteuer für das Jahr 2016 sowie Festsetzung von Anspruchszinsen (§ 205 BAO) für die Jahre 2010 bis 2013 als unbegründet abgewiesen wurde. Zur Begründung wiederholte das Finanzamt A seine Ausführungen in der gesonderten Bescheidbegründung vom .

Das Finanzamt A nahm weiters dazu Stellung, warum es mit den beiden Beschwerdevorentscheidungen vom eine Sachentscheidung (Abweisung der Beschwerde), und nicht eine Formalentscheidung (Zurückweisung der Beschwerde als unzulässig infolge unwirksamer Zustellung der angefochtenen Bescheide) getroffen habe. Die vom Bundesfinanzgericht vertretene Ansicht, auch die angefochtenen Bescheide wären nicht rechtmäßig zugestellt worden, stehe zwar im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 9 ZustG, wonach eine allgemeine Vollmacht die Zustellungsbevollmächtigung umfasse und die Bevollmächtigung im jeweiligen Verfahren geltend gemacht werden müsse. Sie lasse jedoch das spezielle, die allgemeinen Vorschriften des Zustellgesetzes derogierende Einschränkungsverbot gemäß § 103 Abs. 2 BAO außer Acht.

Der Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis vom , 2008/17/0094, zum Ausdruck gebracht, dass - wie sich nicht zuletzt aus § 81 Abs. 2 BAO, §§ 103 Abs. 2 und 104 BAO ergebe - der Gesetzgeber erkennbar davon ausgehe, dass für die Zwecke der Abgabenerhebung die wiederkehrende Erhebung von Abgaben bzw. die Erhebung von Abgaben, deren Gebarung zusammengefasst verbucht werde, insofern als eine einheitliche Verwaltungssache konstituierend zu verstehen seien, als sich zustellrechtliche Dispositionen nicht bloß isoliert auf ein einzelnes Verfahren zur Vorschreibung einer Abgabe für einen bestimmten Zeitraum oder zur Vorschreibung einer bestimmten Abgabe erstreckten. Eine allgemeine Zustellbevollmächtigung zur Empfangnahme von Dokumenten der Abgabenbehörde (die nicht gegen § 103 Abs. 2 lit. a BAO verstoße) in Angelegenheiten des Altlastenbeitrags habe in diesem Sinn grundsätzlich Wirkung für alle von der Behörde in Angelegenheiten des Altlastenbeitrags vorzunehmenden Zustellungen und sei nicht auf ein bestimmtes einzelnes Verfahren betreffend einen konkreten Abgabenzeitraum beschränkt.

Im vorliegenden Beschwerdefall habe sich der rechtliche Vertreter des Abgabepflichtigen, RA XY, in seinem Schreiben vom nicht auf eine umfassende Vollmacht berufen, sondern erklärt, dass er den Abgabepflichtigen "im Zusammenhang mit dem anhängigen Verfahren rechtsfreundlich vertrete". Im Betreff dieses Schreibens werde das anhängige Verfahren als "Betriebsprüfung 2010-2012" angegeben und sei das Schreiben an das Prüfungsorgan adressiert. Damit habe aber der rechtliche Vertreter seine Vollmacht (inklusive Zustellungsvollmacht) ausdrücklich auf ein bestimmtes Verfahren und damit nur auf bestimmte Bescheide (nämlich nur die des Verfahrens betreffend die Betriebsprüfung) eingeschränkt und nicht, wie es das Bundesfinanzgericht vermeine, eine ihm erteilte allgemeine Vollmacht bekannt gegeben bzw. am Betriebsprüfungsverfahren aktiv teilgenommen. Er habe sich nämlich im weiteren Verfahren und in den von ihm gemachten Eingaben nicht auf eine ihm erteilte Vollmacht berufen. Dies sei erstmals in der gegenständlichen Beschwerde erfolgt. Die Zustellung der angefochtenen Bescheide sei daher zu Recht direkt an den Abgabepflichtigen erfolgt.

Die beiden Beschwerdevorentscheidungen vom wurden an den Abgabepflichtigen gerichtet und (infolge einer - nach Ansicht des Finanzamtes A - nunmehr aufgrund des Beschwerdeverfahrens vorliegenden allgemeinen Vollmacht) zu Handen seines mit Zustellungsvollmacht ausgewiesenen rechtlichen Vertreters RA XY am zugestellt.

11. Am stellte der Abgabepflichtige durch seinen ausgewiesenen Vertreter RA XY (unter Verweis auf die erteilte Vollmacht) fristgerecht Anträge auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde vom durch das Verwaltungsgericht. Der Antragsgegenstand umfasste sämtliche in der Bescheidbeschwerde vom genannten (somit 19) Bescheide. Ein weiteres Vorbringen wurde nicht erstattet.

12. Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt Österreich, Dienststelle Ort1, die gegenständliche Beschwerde vom zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht vor.

13. Beim Bundesfinanzgericht war zu GZ. 3 ein Parallelverfahren des Abgabepflichtigen anhängig. Dieses bezog sich auf die mit Prüfungsauftrag vom für den Zeitraum bis begonnene Außenprüfung (GPLA - gemeinsame Prüfung lohnabhängiger Abgaben) gemäß § 147 Abs. 1 BAO iVm § 99 Abs. 2 FinStrG. Nach dieser Außenprüfung zog das Finanzamt A den Abgabepflichtigen als Arbeitgeber mit Bescheiden vom für die Jahre 2010 bis 2013 zur Haftung für die Einbehaltung und Abfuhr von Lohnsteuer heran und schrieb ihm unter einem Dienstgeberbeiträge und Zuschläge zum Dienstgeberbeitrag für diese Jahre vor. Diese Bescheide wurden - wie jene des vorliegenden Beschwerdefalls - ebenfalls an den Abgabepflichtigen gerichtet und diesem an seine (damalige) Hauptwohnsitzadresse Ort2, B-Straße, zugestellt. Gegen diese Bescheide erhob der Abgabepflichtige durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter RA XY mit Schreiben vom Beschwerde.

Mit Beschluss vom , GZ. 3, hat das Bundesfinanzgericht diese Beschwerde vom gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO als unzulässig zurückgewiesen. Begründend führte es aus, dass RA XY seit dem Jahr 2013 aufgrund einer vom Abgabepflichtigen mündlich erteilten Vollmacht für diesen anwaltlich tätig und als solcher auch gegenüber dem Finanzamt als sein Vertreter aufgetreten sei. Im gegenständlichen Abgabenverfahren sei er nachweislich mit Schreiben vom unter Hinweis auf seine rechtsfreundliche Vertretung des Abgabepflichtigen gegenüber dem Finanzamt eingeschritten. Eine Einschränkung dieser Vollmacht sei gegenüber dem Finanzamt nicht erfolgt. RA XY habe auch an den durchgeführten Schlussbesprechungen zur Prüfung der strittigen Lohnabgaben und der - nicht gegenständlichen - Umsatz- und Einkommensteuer für die Jahre 2010 bis 2013 als anwaltlicher Vertreter des Abgabepflichtigen teilgenommen und das Ergebnis der Prüfungen mit seiner Unterschrift zur Kenntnis genommen.

Das Finanzamt habe dessen ungeachtet die einen Tag nach der Schlussbesprechung erlassenen strittigen Bescheide an den Abgabepflichtigen adressiert und ihm diese ohne Zustellnachweis an seine (damalige) Wohnanschrift zugestellt. RA XY habe von den strittigen Bescheiden dadurch Kenntnis erlangt, dass ihm der Abgabepflichtige Kopien der Bescheide in Form von PDF-Dateien als Anlagen zu einer E-Mail vom übermittelt habe. In der Kanzlei des Anwaltes seien die Bescheidkopien am ausgedruckt und mit dem Eingangsstempel versehen worden; die Originalbescheide seien beim Abgabepflichtigen verblieben.

Gegen den Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom , GZ. 3, erhob das Finanzamt A am Revision beim Verwaltungsgerichtshof (Amtsrevision). In den Revisionsgründen führte das Finanzamt A aus, dass sich der rechtliche Vertreter des Abgabepflichtigen in seinem Schreiben vom nicht auf eine umfassende Vollmacht berufen, sondern erklärt habe, dass er den Abgabepflichtigen "im Zusammenhang mit dem anhängigen Verfahren rechtsfreundlich vertrete". Im Betreff dieses (an das Prüfungsorgan) adressierten Schreibens werde das anhängige Verfahren als "Außenprüfung gem § 147 BAO" angegeben. Damit habe der rechtliche Vertreter seine Vollmacht (inklusive Zustellungsvollmacht) ausdrücklich auf ein bestimmtes Verfahren und damit nur auf bestimmte Bescheide (nämlich nur die des Verfahrens betreffend die GPLA) eingeschränkt und nicht, wie es das Bundesfinanzgericht vermeine, eine ihm erteilte allgemeine Vollmacht bekannt gegeben. Auf die insoweit deckungsgleiche Begründung des Finanzamtes A zu den - im vorliegenden Beschwerdefall maßgeblichen - beiden Beschwerdevorentscheidungen vom wird verwiesen.

14. Mit Beschluss vom , GZ. 4, hat das Bundesfinanzgericht die Entscheidung im vorliegenden Beschwerdefall gemäß § 271 Abs. 1 BAO bis zur Beendigung des beim Verwaltungsgerichtshof zur GZ. 5 anhängigen Verfahrens (Amtsrevision zum Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom , GZ. 3) ausgesetzt, da der Ausgang dieses Verfahrens hinsichtlich der Frage, ob eine rechtswirksame Zustellung von Bescheiden vorliege, von wesentlicher Bedeutung für die Entscheidung in der vorliegenden Beschwerdesache sei.

Mit Beschluss vom , GZ. 5, hat der Verwaltungsgerichtshof die Revision des Finanzamtes A (nunmehr: Finanzamtes Österreich, Dienststelle Ort1) gegen den Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom , GZ. 3, betreffend die Zurückweisung einer Beschwerde betreffend Haftung für Lohnsteuer sowie Festsetzung Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2010 bis 2013 zurückgewiesen. Zusammenfassend führte er aus, dass bei der vom Bundesfinanzgericht vertretbar festgestellten Sachlage für eine Anwendung von § 103 Abs. 2 BAO kein Raum sei.

Mit Beschluss vom , GZ. 4, hat das Bundesfinanzgericht die erfolgte Aussetzung des vorliegenden Rechtsmittelverfahrens infolge Beendigung des VwGH-Verfahrens zu GZ. 5 widerrufen und das ausgesetzte Rechtsmittelverfahren gemäß § 271 Abs. 2 BAO fortgesetzt. Gleichzeitig wurde den Parteien des Beschwerdeverfahrens eine Ablichtung des VwGH-Beschlusses zu GZ. 5 mit dem Ersuchen um Äußerung übermittelt. Von den Parteien wurden dazu in der Folge keine Äußerungen erstattet.

II. Sachverhalt

1. Aufgrund finanzstrafrechtlicher Ermittlungen der Steuerfahndung und des begründeten Verdachts der Abgabenhinterziehung kam es beim Beschwerdeführer (Bf.), der in Ort1 die Tabledance-Bar "X" betrieb, am zum Vollzug von gerichtlichen Hausdurchsuchungsanordnungen. Bereits im Zuge dieser Ermittlungen wurde der Bf. von RA XY rechtsfreundlich vertreten.

Mit Prüfungsauftrag vom wurde sodann eine Außenprüfung gemäß § 147 Abs. 1 BAO iVm § 99 Abs. 2 FinStrG, umfassend die Jahre 2010 bis 2012 (Umsatz- und Einkommensteuer), inkl. Nachschau gemäß § 144 BAO, umfassend das Jahr 2013 (Umsatzsteuer), begonnen. In weiterer Folge wurde mit Prüfungsauftrag vom eine Außenprüfung (GPLA - gemeinsame Prüfung lohnabhängiger Abgaben) gemäß § 147 Abs. 1 BAO iVm § 99 Abs. 2 FinStrG für den Zeitraum bis begonnen. Mit wurde die Außenprüfung auf das Jahr 2013 (Umsatz- und Einkommensteuer) ausgedehnt.

2. Mit Schreiben vom teilte das für die Außenprüfung betreffend Umsatz- und Einkommensteuer zuständige Prüfungsorgan dem Bf. die vorläufigen Feststellungen betreffend die "Betriebsprüfung 2010-2012" und die "Umsatzsteuernachschau 2013" mit. Der Bf. wurde in einem aufgefordert, dazu bis zum eine schriftliche Stellungnahme abzugeben und die angeforderten Unterlagen einzureichen.

In Beantwortung dieses Schreibens reichte der rechtliche Vertreter des Bf., RA XY, am ein Schreiben ein, das an das Finanzamt A zu Handen des für die Außenprüfung betreffend Umsatz- und Einkommensteuer zuständigen Prüfungsorgans gerichtet wurde und zum Betreff "Betriebsprüfung 2010-2012" folgenden Inhalt hatte:

"Ich gebe bekannt, dass ich Herrn EF im Zusammenhang mit dem anhängigen Verfahren rechtsfreundlich vertrete. Mir liegt Ihre Aufforderung vom vor. Gleichzeitig wurde von Ihrem Kollegen GH im Rahmen der Außenprüfung eine - davon gehe ich aus - Aufforderung im Zusammenhang mit der Rechtsstellung der Tänzerinnen übermittelt.

Mein Mandant wird auf die Schreiben selbstverständlich reagieren, muss allerdings interne Abklärungen gemeinsam mit seinem Steuerberater erledigen.

Ich ersuche daher, die Frist zur Abgabe einer Stellungnahme bis zum zu erstrecken."

RA XY ist auch im Rahmen der Außenprüfung betreffend die gemeinsame Prüfung lohnabhängiger Abgaben (GPLA-Prüfung) nachweislich als rechtlicher Vertreter des Bf. aufgetreten. So reichte er am ein (weiteres) Schreiben ein, das an das Finanzamt A zu Handen des für die GPLA-Prüfung zuständigen Prüfungsorgans gerichtet wurde und zum Betreff "Außenprüfung gem § 147 BAO" folgenden Inhalt hatte:

"Ich gebe bekannt, dass ich Herrn EF im Zusammenhang mit dem anhängigen Verfahren rechtsfreundlich vertrete. Mir liegt Ihre Aufforderung vom vor. Gleichzeitig wurde von Ihrem Kollegen LM im Rahmen der Betriebsprüfung eine - davon gehe ich aus - Aufforderung im Zusammenhang mit der Rechtsstellung der Tänzerinnen übermittelt.

Mein Mandant wird auf die Schreiben selbstverständlich reagieren, muss allerdings interne Abklärungen gemeinsam mit seinem Steuerberater erledigen.

Ich ersuche daher, die Frist zur Abgabe einer Stellungnahme bis zum zu erstrecken."

3. Am richtete das für die Außenprüfung betreffend Umsatz- und Einkommensteuer zuständige Prüfungsorgan ein weiteres Schreiben an den Bf., mit dem die (geänderten) vorläufigen Feststellungen betreffend die "Betriebsprüfung 2010-2012" und die "Umsatzsteuernachschau 2013" zur Stellungnahme mitgeteilt wurden. In Beantwortung dieses Schreibens teilte der rechtliche Vertreter des Bf., RA XY, mit Schreiben vom mit, dass es aus terminlichen Gründen noch nicht möglich gewesen sei, die Stellungnahme fristgerecht fertigzustellen. Es werde daher um eine (weitere) Fristerstreckung bis zum ersucht. Gleichzeitig könne aber bereits ein Termin zur Durchführung der Schlussbesprechung für die zweite Oktoberhälfte vereinbart werden.

Mit Schreiben vom erklärte die steuerliche Vertretung, dass gegen die Berechnung der Lohnnebenkosten - im Gegensatz zu den Feststellungen betreffend die Nachkalkulationen - keine Einwände bestünden und die Einstufung der Tänzerinnen als Dienstnehmerinnen anerkannt werde; dies jedoch vorbehaltlich einer anderen Weisung des Bf. In diesem Schreiben wurde auch darauf hingewiesen, dass RA XY über diese Stellungnahme informiert worden sei.

Am reichte der rechtliche Vertreter RA XY ein weiteres Schreiben ein, in dem er auf diverse Telefonate Bezug nahm und mitteilte, dass beim Schlussbesprechungstermin eine Außerstreitstellung der zuletzt präsentierten Berechnungsergebnisse des Finanzamtes A - wiederum vorbehaltlich der endgültigen Erklärung des Bf. - erfolgen könne.

4. Am fand sowohl die Schlussbesprechung zur GPLA-Prüfung als auch jene zur Prüfung der Umsatz- und Einkommensteuer statt. An beiden Schlussbesprechungen hat auch RA XY als rechtsfreundlicher Vertreter des Bf. teilgenommen und mit seiner Unterschrift die von den Prüfern getroffenen Feststellungen zur Kenntnis genommen.

5. Am erließ das Finanzamt A die im vorliegenden Beschwerdefall angefochtenen Bescheide (somit betreffend Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Umsatzsteuer für die Jahre 2010 bis 2012, Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Einkommensteuer für die Jahre 2010 bis 2012, Umsatzsteuer für die Jahre 2010 bis 2013, Einkommensteuer für die Jahre 2010 bis 2013, Vorauszahlungen an Einkommensteuer für das Jahr 2016 sowie Festsetzung von Anspruchszinsen für die Jahre 2010 bis 2013). Alle diese Bescheide wurden an den Bf. gerichtet und diesem an seine (damalige) Hauptwohnsitzadresse Ort2, B-Straße, ohne Zustellnachweis zugestellt.

Gegen diese Bescheide erhob der Bf. durch seinen ausgewiesenen Vertreter RA XY (unter Verweis auf die erteilte Vollmacht) am fristgerecht Beschwerde. Darin wurde ua. ausgeführt, dass die Bescheide vom dem ausgewiesenen Vertreter am "zugestellt" worden seien. Diesbezüglich steht fest, dass der Bf. seinen rechtlichen Vertreter RA XY mit E-Mail vom , 21:41 Uhr, davon in Kenntnis setzte, dass er "ganz viel Post vom Finanzamt bekommen" habe. Diese "Post vom Finanzamt" bezog sich auf die hier angefochtenen Bescheide vom sowie auf die im Anschluss an die GPLA-Prüfung vom Finanzamt A erlassenen Bescheide vom , die ebenfalls an den Bf. gerichtet und diesem an seine (damalige) Hauptwohnsitzadresse Ort2, B-Straße, zugestellt wurden.

Nach entsprechender Aufforderung durch den rechtlichen Vertreter des Bf. wurden diese Bescheide vom Bf. mit E-Mail vom , 23:27 Uhr, als Anhang an RA XY übermittelt. Am wurde, wie im Kanzleiablauf üblich, der gesamte E-Mail-Eingang bearbeitet. Dabei wurden auch die übermittelten Bescheide des Bf. ausgedruckt und mit dem Eingangsstempel "" versehen. Die Originalbescheide verblieben beim Bf.

6. Zur Vertretungsbefugnis des Bevollmächtigten RA XY ist von folgenden Sachverhaltsfeststellungen auszugehen (vgl. Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom , GZ. 2; Antwortschreiben des rechtlichen Vertreters RA XY vom ):

Die Vollmachtserteilung zur Vertretung des Bf. erfolgte bereits im November 2013 im Zusammenhang mit dem gegen den Bf. eingeleiteten Finanzstrafverfahren. Dabei handelte es sich um eine RA XY mündlich erteilte Zustellungsvollmacht. Die Erledigungen des Finanzamtes A wurden regelmäßig dem Vertreter des Bf., RA XY, übermittelt. Allerdings kam es - wie im Hinblick auf die hier angefochtenen Bescheide vom - unter Missachtung der vorliegenden Zustellungsvollmacht auch zu Zustellungen direkt an den Bf.

III. Beweiswürdigung

1. Das Bundesfinanzgericht geht unzweifelhaft und im Einklang mit dem Finanzamt Österreich, Dienststelle Ort1, davon aus, dass der Bf. bereits im November 2013 mit Beginn der finanzstrafrechtlichen Ermittlungen der Steuerfahndung von RA XY rechtsfreundlich vertreten wurde. Diese Ermittlungen haben am mit dem Vollzug von gerichtlichen Hausdurchsuchungsanordnungen begonnen. Auf das glaubwürdige Vorbringen des RA XY in seinem Schreiben vom wird diesbezüglich verwiesen.

RA XY ist auch bei den anschließenden Außenprüfungen gemäß § 147 Abs. 1 BAO iVm § 99 Abs. 2 FinStrG (GPLA-Prüfung und Prüfung der Umsatz- und Einkommensteuer) stets als rechtlicher Vertreter des Bf. aufgetreten. Auf die beiden Schreiben vom , die an die zuständigen Prüfungsorgane der beiden Außenprüfungen gerichtet wurden, wird diesbezüglich verwiesen. In diesen Schreiben hat sich RA XY dezidiert auf die rechtsfreundliche Vertretung des Bf. berufen. Dem Finanzamt A ist das bestehende Vollmachtsverhältnis spätestens mit diesen beiden Schriftsätzen zur Kenntnis gebracht worden. Auf die Schreiben des RA XY vom und , die sein Einschreiten für den Bf. dokumentieren, wird ebenfalls verwiesen. Auch an den beiden Schlussbesprechungen vom hat RA XY als rechtsfreundlicher Vertreter des Bf. teilgenommen (vgl. die entsprechenden Niederschriften).

2. Bei der im November 2013 mündlich erteilten Vollmacht hat es sich um eine RA XY erteilte Zustellungsvollmacht gehandelt. Diesbezüglich wird auf das Schreiben des RA XY vom verwiesen.

Beruft sich ein Parteienvertreter ohne Vorlage einer Vollmachtsurkunde auf eine ihm erteilte allgemeine Bevollmächtigung zur Vertretung vor Abgabenbehörden, so ist davon auszugehen, dass diese auch eine Zustellungsbevollmächtigung mitumfasst, sofern und solange nicht deren ausdrückliche Einschränkung iSd § 103 Abs. 2 lit. a oder b BAO erfolgt (vgl. Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO3, § 103 Rz 8). Diese Ansicht wird auch vom Finanzamt Österreich, Dienststelle Ort1, geteilt (vgl. die Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung vom betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 2010 bis 2013, Einkommensteuer für die Jahre 2010 bis 2013, Vorauszahlungen an Einkommensteuer für das Jahr 2016 sowie Festsetzung von Anspruchszinsen für die Jahre 2010 bis 2013).

3. Bei der RA XY erteilten Vollmacht hat es sich um eine allgemeine Bevollmächtigung gehandelt, eine Einschränkung auf lediglich ein bestimmtes Verfahren - die zudem gemäß § 103 Abs. 2 BAO ausdrücklich hätte erfolgen müssen - ist nicht erkennbar und gegenüber dem Finanzamt A auch nicht erfolgt.

Das Finanzamt vertrat demgegenüber die Auffassung, dass sich RA XY nicht auf eine umfassende Vollmacht berufen habe. Es bezog sich dabei auf das Schreiben des rechtlichen Vertreters vom , das an das Finanzamt A zu Handen des für die Außenprüfung betreffend Umsatz- und Einkommensteuer zuständigen Prüfungsorgans gerichtet wurde. Darin hielt RA XY fest, dass er den Bf. "im Zusammenhang mit dem anhängigen Verfahren rechtsfreundlich vertrete"; dem Betreff dieses Schreibens zufolge habe sich das "anhängige Verfahren" auf die "Betriebsprüfung 2010-2012" bezogen. Damit habe der rechtliche Vertreter seine Vollmacht ausdrücklich auf ein bestimmtes Verfahren und damit nur auf bestimmte Bescheide (nämlich nur die des Verfahrens betreffend die Betriebsprüfung) eingeschränkt.

Dem ist zu entgegnen, dass RA XY am ein (weiteres) Schreiben einreichte, das an das Finanzamt A zu Handen des für die GPLA-Prüfung zuständigen Prüfungsorgans gerichtet wurde. Darin gab er dem Finanzamt A zum Betreff "Außenprüfung gem § 147 BAO" bekannt, dass er den Bf. "im Zusammenhang mit dem anhängigen Verfahren rechtsfreundlich vertrete". Abgesehen davon, dass es sich auch bei der Betriebsprüfung betreffend Umsatz- und Einkommensteuer um eine "Außenprüfung gem § 147 BAO" gehandelt hat, hat der rechtliche Vertreter des Bf. in beiden Schreiben vom gleichzeitig um Fristerstreckung zur Abgabe einer Stellungnahme zu einem Schreiben des Prüfers der lohnabhängigen Abgaben und zu einem gesonderten Schreiben des Prüfers der Umsatz- und Einkommensteuer ersucht. Mit den beiden Schreiben vom hat RA XY somit unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass er den Bf. in allen beim Finanzamt anhängigen Verfahren vertritt.

Diese umfassende Vertretungsbefugnis wurde vom rechtlichen Vertreter - den vorliegenden Eingaben und der Teilnahme an den Schlussbesprechungen zufolge - auch jederzeit in allen Belangen wahrgenommen. In den zitierten Schreiben vom an die Prüfungsorgane der Außenprüfungen hat sich der anwaltliche Vertreter lediglich auf die ihm erteilte allgemeine Vollmacht berufen. Eine Einschränkung der Bevollmächtigung ist gegenüber dem Finanzamt nicht erfolgt und lässt sich auch aus den vorgelegten Aktenteilen bzw. den sich daraus erschließenden Verfahrensabläufen nicht ableiten. Vielmehr ist festzustellen, dass RA XY den Bf. sowohl in verfahrensrechtlicher Hinsicht als auch in den materiellrechtlich relevanten Belangen umfassend vertreten hat und auch von sich aus mit der Abgabenbehörde korrespondierte, Termine koordinierte, auf die Aufforderungen zur Stellungnahme zu den schriftlich bekannt gegebenen Feststellungen der Außenprüfungen reagierte und an den verfahrensrechtlich gebotenen Maßnahmen wie den Schlussbesprechungen teilnahm. Von RA XY wurde auch zu keinem Zeitpunkt ein die Zustellungsvollmacht ausschließender Vollmachtsinhalt bzw. eine anders geartete Einschränkung der mündlich erteilten und damit auch gegenüber den Behörden wirksamen Vollmacht behauptet.

4. Die streitgegenständliche Frage, ob im Beschwerdefall eine (eine Zustellungsbevollmächtigung mitumfassende) allgemeine Bevollmächtigung des RA XY vorgelegen ist, war bereits Gegenstand eines Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof (vgl. dazu die Ausführungen unter Pkt. I.13. dieses Beschlusses). Dabei hat der Verwaltungsgerichtshof (vgl. 5) die Amtsrevision des Finanzamtes A zurückgewiesen und zusammenfassend ausgeführt, dass bei der vom Bundesfinanzgericht vertretbar festgestellten Sachlage für eine Anwendung von § 103 Abs. 2 BAO kein Raum sei. Im Einzelnen führte er aus wie folgt:

"14 Mit ihrem Zulässigkeitsvorbringen weist die Revision auf eine Sonderregelung des Abgabenverfahrens hin, wonach eine Zustellungsbevollmächtigung Abgabenbehörden gegenüber gemäß § 103 Abs. 2 BAO unwirksam ist, wenn sie entweder ausdrücklich auf nur einige dem Vollmachtgeber zugedachte Erledigungen eingeschränkt ist, die im Zuge eines Verfahrens ergehen, oder ausdrücklich auf nur einige jener Abgaben eingeschränkt ist, deren Gebarung gemäß § 213 BAO zusammengefasst verbucht wird (vgl. dazu bereits , mwN).

15 In den Revisionsgründen führt das Finanzamt dazu ergänzend aus, im Revisionsfall habe sich der rechtliche Vertreter der mitbeteiligten Partei in seinem Schreiben vom nicht auf eine umfassende Vollmacht berufen, sondern erklärt, dass er die mitbeteiligte Partei ,im Zusammenhang mit dem anhängigen Verfahren rechtsfreundlich vertrete'. Im Betreff dieses (an das Prüfungsorgan) adressierten Schreibens werde das anhängige Verfahren als ,Außenprüfung gemäß § 147 BAO' angegeben. Damit habe der rechtliche Vertreter seine Vollmacht (inklusive Zustellungsvollmacht) ausdrücklich auf ein bestimmtes Verfahren und damit nur auf bestimmte Bescheide (nämlich diejenigen betreffend die Außenprüfung) eingeschränkt und nicht - wie es das BFG vermeine - eine ihm erteilte allgemeine Vollmacht bekanntgegeben.

16 Mit diesen Ausführungen entfernt sich die Revision allerdings vom seitens des BFG festgestellten Sachverhalt, ohne die Richtigkeit der vom BFG getroffenen Feststellungen und die diesbezügliche Beweiswürdigung (substantiiert) zu bekämpfen. So hat das BFG ausdrücklich festgestellt, dass der einschreitende Rechtsanwalt bereits seit 2013 aufgrund einer von der mitbeteiligten Partei mündlich erteilten allgemeinen Vollmacht für diese anwaltlich tätig und als solcher auch gegenüber dem Finanzamt aufgetreten sei. Eine Einschränkung dieser Vollmacht sei gegenüber dem Finanzamt nicht erfolgt. In dem vom Finanzamt zitierten Schreiben an den Prüfer habe sich der anwaltliche Vertreter lediglich auf diese ihm erteilte allgemeine Vollmacht berufen. Die vom BFG getroffenen Feststellungen hinsichtlich der anwaltlichen Vertretung des Revisionswerbers hätten sich aus den Eingaben des Rechtsanwalts beim Finanzamt, den Schlussbesprechungsprotokollen des Finanzamtes und den glaubwürdigen Angaben des Rechtsanwalts ergeben.

17 Bei dieser im Rahmen einer vertretbar festgestellten (und vom Finanzamt nicht näher bekämpften) Sachlage ist für eine Anwendung von § 103 Abs. 2 BAO kein Raum.

18 In der Revision werden sohin keine - für die gegenständliche Revisionssache entscheidungswesentlichen - Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen."

5. Für die weitere Betrachtung ist somit - durch den Verwaltungsgerichtshof bestätigt - davon auszugehen, dass bereits im November 2013 eine (eine Zustellungsbevollmächtigung mitumfassende) allgemeine Bevollmächtigung des RA XY zur rechtsfreundlichen Vertretung des Bf. vorgelegen ist. Diese Zustellungsvollmacht hat auch zum Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Bescheide am nach wie vor bestanden.

Die angefochtenen Bescheide vom wurden an den Bf. gerichtet und - entgegen der bestehenden Zustellungsvollmacht - nicht dem ausgewiesenen rechtlichen Vertreter RA XY, sondern dem Bf. an seine (damalige) Hauptwohnsitzadresse ohne Zustellnachweis zugestellt. Diese Bescheide wurden vom Bf. sodann mit E-Mail vom , 23:27 Uhr, als Anhang an den rechtlichen Vertreter übermittelt. Am wurde der gesamte E-Mail-Eingang bearbeitet. Dabei wurden auch die übermittelten Bescheide des Bf. ausgedruckt und mit dem Eingangsstempel "" versehen. RA XY erlangte somit von den strittigen Bescheiden dadurch Kenntnis, dass ihm der Bf. Kopien der Bescheide in Form von PDF-Dateien als Anlagen zu einer E-Mail übermittelte. Die Originalbescheide verblieben beim Bf.

Die Feststellungen zur Zustellung der angefochtenen Bescheide ergeben sich - von den Parteien nicht weiter bestritten - aus den dem Bundesfinanzgericht übermittelten Schreiben des rechtlichen Vertreters RA XY vom und samt beigelegten Unterlagen. Diese beigelegten Unterlagen betrafen die E-Mail des Bf. vom , 21:41 Uhr, mit dem Hinweis, dass er "ganz viel Post vom Finanzamt bekommen" habe, und die E-Mail des Bf. vom , 23:27 Uhr, mit der die hier angefochtenen Bescheide vom als Anlage dem rechtlichen Vertreter übermittelt wurden. (Die Anlage umfasste insgesamt 43 Schriftstücke im PDF-Format und erfasste auch die im Anschluss an die GPLA-Prüfung erlassenen Bescheide vom .) Beigelegt waren auch Kopien der vom rechtlichen Vertreter ausgedruckten und mit dem Eingangsstempel "" versehenen hier angefochtenen Bescheide vom .

IV. Rechtslage

1. Gemäß § 83 Abs. 1 BAO können sich die Parteien und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch natürliche voll handlungsfähige Personen, juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen, die sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen haben.

Gemäß § 8 Abs. 1 RAO erstreckt sich das Vertretungsrecht eines Rechtsanwalts auf alle Gerichte und Behörden der Republik Österreich und umfasst die Befugnis zur berufsmäßigen Parteienvertretung in allen gerichtlichen und außergerichtlichen, in allen öffentlichen und privaten Angelegenheiten. Vor allen Gerichten und Behörden ersetzt die Berufung auf die Bevollmächtigung deren urkundlichen Nachweis. Für einen berufsmäßigen Parteienvertreter genügt es somit, wenn er sich auf die ihm erteilte Vollmacht beruft (vgl. ; ).

Eine allgemeine Vollmacht umfasst, soweit sich daraus nichts Gegenteiliges ableiten lässt, auch die Zustellungsbevollmächtigung (ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes; zB ; ; ; ; ). Dies gilt auch dann, wenn sich ein berufsmäßiger Parteienvertreter auf die ihm erteilte Vollmacht beruft (vgl. ; ; vgl. auch Ritz/Koran, BAO7, § 9 ZustG Tz 20, 21). Die Berufung auf die einem Rechtsanwalt erteilte (allgemeine) Vollmacht schließt auch eine Zustellungsvollmacht ein (vgl. zB ). Die Bevollmächtigung muss im jeweiligen Verfahren geltend gemacht werden (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 9 ZustG Tz 19, mwN).

2. Gemäß § 93 Abs. 2 BAO ist jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen, er hat den Spruch zu enthalten und in diesem die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht.

Gemäß § 97 Abs. 1 BAO werden Erledigungen dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekannt gegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind. Die Bekanntgabe erfolgt gemäß § 97 Abs. 1 lit. a BAO bei schriftlichen Erledigungen, wenn nicht in besonderen Vorschriften die öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung von Listen vorgesehen ist, durch Zustellung.

Zustellungen sind gemäß § 98 Abs. 1 BAO - von hier nicht interessierenden Ausnahmen abgesehen - nach dem Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982, vorzunehmen.

3. Gemäß § 2 Z 1 ZustG bedeutet "Empfänger" im Sinne dieses Bundesgesetzes die von der Behörde in der Zustellverfügung (§ 5 ZustG) namentlich als solcher bezeichnete Person.

Unterlaufen im Verfahren der Zustellung Mängel, so gilt die Zustellung gemäß § 7 ZustG als in dem Zeitpunkt dennoch bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist.

Soweit in den Verfahrensvorschriften nicht anderes bestimmt ist, können die Parteien und Beteiligten gemäß § 9 Abs. 1 ZustG andere natürliche oder juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften gegenüber der Behörde zur Empfangnahme von Dokumenten bevollmächtigen (Zustellungsvollmacht).

Ist ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt, so hat die Behörde, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, diesen gemäß § 9 Abs. 3 ZustG als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies nicht, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist.

4. Gemäß § 260 Abs. 1 BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262 BAO) oder mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes (§ 278 BAO) zurückzuweisen, wenn sie nicht zulässig ist oder nicht fristgerecht eingebracht wurde.

Gemäß § 274 Abs. 3 Z 1 iVm Abs. 5 BAO kann der Einzelrichter ungeachtet eines Antrages (§ 274 Abs. 1 Z 1 BAO) von einer mündlichen Verhandlung absehen, wenn die Beschwerde als unzulässig oder nicht rechtzeitig eingebracht zurückzuweisen ist (§ 260 BAO).

V. Erwägungen

1. Den Feststellungen des Bundesfinanzgerichtes zufolge hat bereits im November 2013 eine (eine Zustellungsbevollmächtigung mitumfassende) allgemeine Bevollmächtigung des RA XY zur rechtsfreundlichen Vertretung des Bf. bestanden, die auch zum Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Bescheide am nach wie vor aufrecht war. Diese Bescheide wurden an den Bf. gerichtet und - entgegen der bestehenden Zustellungsvollmacht - nicht dem ausgewiesenen rechtlichen Vertreter, sondern dem Bf. an seine (damalige) Hauptwohnsitzadresse zugestellt.

Eine Adressierung und Zustellung einer Erledigung an den Vollmachtgeber, obwohl eine aufrechte Zustellvollmacht besteht, hat die Wirkung, dass die Zustellung rechtsunwirksam ist (vgl. ).

2. Unterbleibt entgegen § 9 Abs. 3 ZustG die Bezeichnung des Zustellungsbevollmächtigten als Empfänger und erfolgt die Zustellung an den Vertretenen, so ist sie unwirksam. Eine Sanierung ist nach § 9 Abs. 3 zweiter Satz ZustG möglich (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 9 ZustG Tz 24).

Eine Heilung von Zustellmängeln nach den §§ 7 und 9 Abs. 3 ZustG setzt voraus, dass das Dokument dem Empfänger "tatsächlich zugekommen" ist. Ein tatsächliches Zukommen setzt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes voraus, dass der vom Gesetz vorgesehene Empfänger tatsächlich in den Besitz des zuzustellenden Schriftstückes (im Original) kommt. Nicht ausreichend ist die bloße Kenntnis vom Vorhandensein und vom Inhalt des Dokuments, etwa infolge der Empfangnahme einer Ablichtung, der eigenständigen Anfertigung einer Kopie oder durch Akteneinsicht (vgl. etwa ; ; ; Ritz/Koran, BAO7, § 7 ZustG Tz 7, mwN).

Eine Sanierung des vorliegenden Zustellmangels ist im Beschwerdefall nicht erfolgt. Die angefochtenen Bescheide wurden dem rechtlichen Vertreter (und Zustellungsbevollmächtigten) RA XY vom Bf. als Anhang zu einer E-Mail übermittelt und sodann von diesem ausgedruckt. RA XY erlangte somit vom Inhalt der Bescheide dadurch Kenntnis, dass ihm der Bf. die eingescannten Bescheide in Form von PDF-Dateien als Anlagen zu einer E-Mail übermittelte. Die Originalbescheide verblieben beim Bf.

Wenn die Kenntnisnahme des Schriftstückes (ohne tatsächliches Zukommen) nicht genügt, dann saniert auch der Umstand, dass ein Rechtsmittel gegen das Schriftstück eingebracht wird, die fehlende Zustellung nicht (vgl. etwa ; ). Die BAO enthält in Verbindung mit dem ZustG Regelungen über die Heilung von Zustellmängeln; eine "Heilung durch Einlassung" kennen diese Bestimmungen nicht (vgl. nochmals ; 5).

Die angefochtenen Bescheide konnten daher mangels rechtswirksamer Zustellung keine Rechtswirkung entfalten.

Mit Beschwerde anfechtbar sind nur Bescheide. Daher sind Bescheidbeschwerden gegen Schriftstücke ohne Bescheidcharakter als unzulässig zurückzuweisen (zB ). Entsprechend zurückzuweisen ist auch eine Bescheidbeschwerde gegen einen mangels Zustellung rechtlich nicht existent gewordenen Bescheid (vgl. ; ; ; vgl. auch Ritz/Koran, BAO7, § 260 Tz 8).

3. In der Beschwerde vom beantragte der Bf. die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung. Von dieser konnte im Hinblick auf § 274 Abs. 3 Z 1 iVm Abs. 5 BAO abgesehen werden.

Die gegenständliche Beschwerde vom war daher - ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung - mangels Rechtswirksamkeit der angefochtenen Bescheide als unzulässig zurückzuweisen.

VI. Zulässigkeit einer Revision

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Beschwerdefall wurden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Im Hinblick auf die Rechtsfolgen einer rechtsunwirksamen Bescheidzustellung konnte sich das Bundesfinanzgericht auf die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stützen. Die Frage, ob hinsichtlich der angefochtenen Bescheide eine rechtsunwirksame Zustellung vorliegt, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits in dem den Bf. betreffenden Parallelverfahren entschieden (vgl. 5). Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher nicht zulässig.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 8 Abs. 1 RAO, Rechtsanwaltsordnung, RGBl. Nr. 96/1868
§ 103 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 97 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 7 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 9 Abs. 3 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 260 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise



ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.3100129.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at