Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 26.01.2022, RV/7101391/2021

Österreichische Familienleistungen bei Bezug einer Rente (Pension) in Slowenien und in Österreich

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7101391/2021-RS1
Die Auffassung, dass im Fall eines Rentenbezugs auf Grund der Rechtsvorschriften zweier oder mehrerer Staaten der Wohnortstaat des Kindes zur Erbringung von Familienleistungen zuständig ist, ist zutreffend. Nicht gefolgt werden kann jedoch der Ansicht, dass Art. 68 Abs. 1 VO 883/2004 nicht anwendbar sei, wenn eine einzige Person in der Familie erwerbstätig oder Rentenbezieher ist, „da Personen nur den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates unterliegen können und somit auch keine Zahlung des Unterschiedsbetrages (wie im Fall von unterschiedlich zuständigen Staaten von Kindesmutter und Kindesvater) möglich ist.“
RV/7101391/2021-RS2
Art. 68 VO 883/2004 ist auch dann anwendbar, wenn einer einzigen Person Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedgliedstaaten zu gewähren sind. Es ist keineswegs erforderlich, dass zwei Personen, etwa Mutter und Vater, Familienleistungen zu gewähren sind, um die vorrangige oder nachrangige Leistungsverpflichtung eines Mitgliedstaats auszulösen. Art. 11 Abs. 1 VO 883/2004 regelt, dass unionsrechtlich immer nur ein Mitgliedstaat vorrangig zu einer Leistungserbringung verpflichtet sein kann, es also hinsichtlich einer Person nicht gleichzeitig zwei Mitgliedstaaten geben kann, die vorrangig zu Familienleistungen verpflichtet sind. Art. 11 Abs. 1 VO 883/2004 normiert aber keineswegs, dass ein Mitgliedstaat in Bezug auf Familienleistungen vollkommen leistungsfrei wäre, nur weil eine Person nach den Regelungen der Art. 11 ff. VO 883/2004 unter die Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats fällt.
RV/7101391/2021-RS3
Es widerspräche den Grundsätzen der Union, dem Unionsrecht einen Inhalt zuzusinnen, der einen Wanderarbeitnehmer von Leistungen der sozialen Sicherheit in einem Mitgliedstaat ausnimmt, dessen Sozialsystem der Wanderarbeitnehmer durch seine Beiträge mitfinanziert hat.
RV/7101391/2021-RS4
Zahlen zwei Mitgliedstaaten eine Rente, bestehen Ansprüche des Rentenempfängers gegen beide Mitgliedstaaten. Der Rentenempfänger hat nicht Anspruch auf Familienleistungen beider Rentenstaaten zusammen, sondern gemäß Art. 68 VO 883/2004 insgesamt auf jene Familienleistung, die höher ist – sei es auf die höhere Leistung des vorrangig zuständigen Staats, sei es auf die höhere Leistung des nachrangig zuständigen Staates abzüglich der niedrigeren Leistung des vorrangig zuständigen Staates. Der Rentenempfänger muss sich aber nicht mit den niedrigeren bzw. gar nicht gegebenen Familienleistungen des Mitgliedsstaats begnügen, dessen Rechtsvorschriften gemäß Art. 11 VO 883/2004 anzuwenden sind. Die Antikumulierungsvorschriften sollen dem Empfänger der von mehreren Mitgliedstaaten gezahlten Leistungen einen Gesamtbetrag an Leistungen garantieren, der gleich dem Betrag der günstigsten Leistung ist, die ihm nach dem Recht nur eines dieser Staaten zusteht.
RV/7101391/2021-RS5
Unter Zugrundelegung der anzuwendenden Wohnortfiktion nach Art. 5 VO 883/2004 und Art 67 VO 883/2004 hat ein in Slowenien wohnhafter slowenischer Staatsbürger, der eine Rente sowohl von Slowenien als auch von Österreich bezieht, für sein in Slowenien wohnhaftes minderjähriges oder in Berufsausbildung befindliches Kind Anspruch auf österreichische Familienleistungen gemäß § 2 Abs. 1 lit. a FLAG 1967 bzw. § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967. Nach nationalem Recht ist es unerheblich, ob der Anspruchsberechtigte für die Familienbeihilfe erwerbstätig ist oder nicht; die Anspruchsvoraussetzungen des Mittelpunkts der Lebensinteressen des Antragstellers (§ 2 Abs. 8 FLAG 1967) und des nicht ständigen Auslandsaufenthalts des Kindes (§ 5 Abs. 3 FLAG 1967) sind unionsrechtlich gegeben.
Folgerechtssätze
RV/7101391/2021-RS6
wie RV/7103009/2015-RS4
Die Artikel 77, 78 VO 1408/71 und Artikel 67, 68 VO 883/2004 sind keine abschließenden Kollisionsnormen. Auslegungsmaßstab sind die Arbeitnehmer- und die Dienstleistungsfreizügigkeit zur Erreichung des Binnenmarktes; eine reine Wortinterpretation der genannten Artikel greift zu kurz. Hinterbliebene eines Arbeitnehmers oder Selbständigen, der die Arbeitnehmer- bzw Dienstleistungsfreizügigkeit in Anspruch genommen hat (heute Artikel 45ff und Artikel 56ff AEUV), sind in der Regel so zu stellen, dass ihnen ohne Kumulierung die höchsten Familienbeihilfen zustehen, sei es aufgrund der nationalen Familienbeihilfenrechte oder aufgrund von durch den EuGH im Wege der Rechtsfortbildung geschaffenem (=ergänzendem) oder suspendierten Unionsrecht. Grenze ist entgegenstehendes Unionsrecht selbst. Die Kollisionsnormen 77, 78 VO 1408/71 und Artikel 67, 68 VO 883/2004 sind daher derart anzuwenden, dass durch Ausübung einer unionsrechtlich garantierten Freizügigkeit wohlerworbene Rechte des Beihilfenwerbers nicht verloren gehen (siehe insbes Rs Laterza, vom , C-807/79 Rs Gravina, vom , C-242/83, Rs Patteri, vom , C-1/88, Rs Baldi, vom , C-251/89, Rs Athanasopoulos, vom , C-59/95, Rs Bastos Moriana).
RV/7101391/2021-RS7
wie RV/7104627/2015-RS1
Bei Bezug von Renten aus mehreren Mitgliedstaaten bestimmt Art. 68 Abs. 1 Buchst. b Z ii der Verordnung Nr. 883/2004, welche Rechtsvorschriften Vorrang haben. Dies sind primär die Rechtsvorschriften jenes Staates, in dem die Kinder wohnen, vorausgesetzt, dass aus diesem Staat eine Rente bezogen wird. Nur in Fällen, in denen sich der Wohnort der Kinder in einem Staat befindet, aus dem keine Rente bezogen wird, ist subsidiär die Länge der Versicherungs- oder Wohnzeiten entscheidend. Wohnt die Tochter des Bf. in Slowenien und bezieht der Bf. aus diesem Staat eine Rente, haben die Rechtsvorschriften Sloweniens Vorrang. Slowenien ist daher der für die Gewährung der Familienleistungen primär zuständige Mitgliedstaat. Dies schließt jedoch nicht aus, dass der Bf. nach Art. 68 Abs. 2 der Verordnung Nr. 883/2004 Anspruch auf den Unterschiedsbetrag in Höhe des darüber hinausgehenden Betrags der Familienleistungen nach den sekundär anzuwendenden österreichischen Bestimmungen (Differenzzahlung) hat.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Rudolf Wanke über die Beschwerde des ***1*** ***2***, ***3***, ***4***, Slowenien, vom gegen den Bescheid des (damaligen) Finanzamts Wien 2/20/21/22, nunmehr Finanzamt Österreich, 1220 Wien, Dr. Adolf Schärf-Platz 2, vom , womit der Antrag vom auf Familienbeihilfe für die im Februar 1999 geborene ***5*** ***2*** ab Oktober 2015 abgewiesen wird, Sozialversicherungsnummer ***6***, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird ersatzlos aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine (ordentliche) Revision zulässig.

Entscheidungsgründe

TOC \o "2-6" \h \z \u Verfahrensgang PAGEREF _Toc94090221 h 2

HYPERLINK \l "_Toc94090222" PAGEREF _Toc94090222 \h Antrag vom 2

HYPERLINK \l "_Toc94090223" PAGEREF _Toc94090223 \h Schreiben vom 3

HYPERLINK \l "_Toc94090224" PAGEREF _Toc94090224 \h E 401 3

HYPERLINK \l "_Toc94090225" PAGEREF _Toc94090225 \h E 402 4

HYPERLINK \l "_Toc94090226" PAGEREF _Toc94090226 \h E 411 4

HYPERLINK \l "_Toc94090227" PAGEREF _Toc94090227 \h Studienbestätigungen 4

HYPERLINK \l "_Toc94090228" PAGEREF _Toc94090228 \h Pensionsversicherungsanstalt 4

HYPERLINK \l "_Toc94090229" PAGEREF _Toc94090229 \h Abweisungsbescheid vom 5

HYPERLINK \l "_Toc94090230" PAGEREF _Toc94090230 \h Beschwerde vom 5

HYPERLINK \l "_Toc94090231" PAGEREF _Toc94090231 \h Beschwerdevorentscheidung vom 7

HYPERLINK \l "_Toc94090232" PAGEREF _Toc94090232 \h Vorlageantrag vom 8

HYPERLINK \l "_Toc94090233" PAGEREF _Toc94090233 \h Vorlage 9

HYPERLINK \l "_Toc94090234" PAGEREF _Toc94090234 \h Beschluss vom 10

HYPERLINK \l "_Toc94090235" PAGEREF _Toc94090235 \h Bericht vom 11

HYPERLINK \l "_Toc94090236" PAGEREF _Toc94090236 \h Parteiengehör 12

HYPERLINK \l "_Toc94090237" PAGEREF _Toc94090237 \h Das Bundesfinanzgericht hat erwogen: 13

HYPERLINK \l "_Toc94090238" PAGEREF _Toc94090238 \h Sachverhalt 13

HYPERLINK \l "_Toc94090239" PAGEREF _Toc94090239 \h Beweiswürdigung 13

HYPERLINK \l "_Toc94090240" PAGEREF _Toc94090240 \h Rechtsgrundlagen 14

HYPERLINK \l "_Toc94090241" PAGEREF _Toc94090241 \h Unionsrecht 14

HYPERLINK \l "_Toc94090242" PAGEREF _Toc94090242 \h Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit 14

HYPERLINK \l "_Toc94090243" PAGEREF _Toc94090243 \h Verordnung (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit 20

HYPERLINK \l "_Toc94090244" PAGEREF _Toc94090244 \h Österreichisches Recht 24

HYPERLINK \l "_Toc94090245" PAGEREF _Toc94090245 \h Familienlastenausgleichsgesetz 1967 24

HYPERLINK \l "_Toc94090246" PAGEREF _Toc94090246 \h Einkommensteuergesetz 1988 31

HYPERLINK \l "_Toc94090247" PAGEREF _Toc94090247 \h Slowenisches Recht 32

HYPERLINK \l "_Toc94090248" PAGEREF _Toc94090248 \h Rechtsgrundlagen 32

HYPERLINK \l "_Toc94090249" PAGEREF _Toc94090249 \h Kindergeld 32

HYPERLINK \l "_Toc94090250" PAGEREF _Toc94090250 \h Divergierende Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichts 33

HYPERLINK \l "_Toc94090251" PAGEREF _Toc94090251 \h Nur Wohnstaat der Kinder maßgebend 33

HYPERLINK \l "_Toc94090252" PAGEREF _Toc94090252 \h 33

HYPERLINK \l "_Toc94090253" PAGEREF _Toc94090253 \h 34

HYPERLINK \l "_Toc94090254" PAGEREF _Toc94090254 \h 36

HYPERLINK \l "_Toc94090255" PAGEREF _Toc94090255 \h 36

HYPERLINK \l "_Toc94090256" PAGEREF _Toc94090256 \h Österreich als Rentenstaat zu Unterschiedszahlung verpflichtet 37

HYPERLINK \l "_Toc94090257" PAGEREF _Toc94090257 \h 37

HYPERLINK \l "_Toc94090258" PAGEREF _Toc94090258 \h 42

HYPERLINK \l "_Toc94090259" PAGEREF _Toc94090259 \h 45

HYPERLINK \l "_Toc94090260" PAGEREF _Toc94090260 \h 45

HYPERLINK \l "_Toc94090261" PAGEREF _Toc94090261 \h Gebhart in Lenneis/Wanke, FLAG 2. A. 2020 § 53 Rz 302 ff. 45

HYPERLINK \l "_Toc94090262" PAGEREF _Toc94090262 \h Vorabentscheidungsersuchen /2019 47

HYPERLINK \l "_Toc94090263" PAGEREF _Toc94090263 \h Funktion der Sozialsystemekoordinierungsverordnung 50

HYPERLINK \l "_Toc94090264" PAGEREF _Toc94090264 \h Slowenien vorrangig, Österreich nachrangig verpflichtet 51

HYPERLINK \l "_Toc94090265" PAGEREF _Toc94090265 \h Familienleistungen bei zwei Rentenstaaten 52

HYPERLINK \l "_Toc94090266" PAGEREF _Toc94090266 \h Anspruch auf österreichische Familienleistungen 57

HYPERLINK \l "_Toc94090267" PAGEREF _Toc94090267 \h Kein Vorabentscheidungsersuchen, keine Aussetzung 58

HYPERLINK \l "_Toc94090268" PAGEREF _Toc94090268 \h Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids 59

HYPERLINK \l "_Toc94090269" PAGEREF _Toc94090269 \h Herstellung des der Rechtsanschauung des Bundesfinanzgerichtes entsprechenden Rechtszustands 59

HYPERLINK \l "_Toc94090270" PAGEREF _Toc94090270 \h Revisionszulassung 59

Verfahrensgang

Antrag vom

Der Beschwerdeführer (Bf) ***1*** ***2*** beantragte am mit dem Formular Beih 100 Familienbeihilfe wie folgt:

Er wohne in ***3***, ***4***, Slowenien, und sei seit 2013 (?) bei einem näher genannten Dienstgeber in Slowenien beschäftigt (offenbar Pensionsversicherungsträger, d. h. tatsächlich Pensionist).

Familienbeihilfe werde ab beantragt für die im Februar 1999 geborene Tochter ***5*** ***2***. Diese wohne an derselben Anschrift wie der Bf. Sie besuche eine Fachhochschule, die Ausbildung werde voraussichtlich Ende September 2022 enden.

Schreiben vom

Diesem Antrag war ein Schreiben des Bf vom beigefügt:

Betreff: Antrag auf die Gewährung der Familienbeihilfe für meine Tochter ***5*** ***2***

Sehr geehrte Damen und Herren!

Mit diesem Schreiben stelle Ich den Antrag auf die Gewährung der Familienbeihilfe für meine Tochter ***5*** ***2***, geboren am ***7***, wohnhaft in ***4***, ***3***, Slowenien.

Ich bin pensioniert und beziehe eine slowenische und eine österreichische Pension, deswegen habe Ich, auch unter der Berücksichtigung des Standpunktes von zuständigen slowenischen Behörden, den Anspruch auf Familienbeihilfe in Österreich. Die österreichische Pension beziehe Ich seit dem Jahr 2015. Als Beweis schicke Ich Ihnen alle Unterlagen die ich jährlich von Pensionsversicherungsanstalt Landesstelle Wien bekomme (Verständigung über die Leistungshöhe). Den Bescheid über die Zuerkennung der österreichischen Pension in Jahr 2015, kann Ich leider nicht finden, weshalb schicke Ich Ihnen andere Unterlagen, aus deren klar ersichtlich ist, dass mir die österreichische Pension in Jahr 2015 zuerkannt worden ist.

Ich habe den Antrag auf die Gewährung der Familienbeihilfe für meine Tochter ***5*** ***2*** in Österreich noch nicht gestellt. Ich stelle diesen Antrag jetzt zum ersten Mal. Unter Berücksichtigung der gesetzlichen Regelung stelle Ich den Antrag auf die Gewährung der Familienbeihilfe für fünf Jahre Rückwirkend ab dem Monat der Antragstellung. Gleichzeitig stelle Ich den Antrag auf die Gewährung der Familienbeihilfe auch für das neue Studienjahr 2020/2021.

Ich bin alleinerziehender Vater und hatte das alleinige Sorgerecht für meine Tochter ***5*** ***2*** (bis zur ihrer Volljährigkeit). Ich schicke Ihnen auch ihre Geburtsurkunde.

Meine Tochter ***5*** ***2*** ist eine ordentliche Studentin und besucht in diesem Studienjahr 2020/2021 die Fachhochschule für Wirtschaft in Murska Sobota. Als Beweis schicke Ich Ihnen auch alle ihre Bestätigungen von Schulbesuch und Inskriptionsbestätigungen, ab dem Jahr 2015.

Dem Antrag auf die Gewährung der Familienbeihilfe, habe Ich ausgefüllte Formulare Beih 100, E 401, E 402, und E 411 beigelegt. Dabei will Ich noch sicherheitshalber erwähnen, dass mich die zuständige slowenische Behörde informiert hat, dass sie, gemäß der neuen Rechtsregelung, den Formular E 411, nur noch bestätigt, wenn sie es von einer zuständigen Behörde eingesendet bekommt.

E 401

Laut Formular E 401, ausgestellt am , bestätigt die Republika Slovenija, Upravna Enota Murska Sobota, dass ***1*** ***2*** und ***5*** ***2*** in ***3***, ***4***, Slowenien im gemeinsamen Haushalt wohnen.

E 402

Laut Formular E 402, ausgestellt am , bestätigt die Fachschule für Wirtschaft in Murska Sobota, dass ***5*** ***2*** diese Fachhochschule seit besuche, das Schuljahr beginne am und ende am . Ausbildungsende sei voraussichtlich .

E 411

Das Formular E 411 ist zwar teilweise vorausgefüllt, aber nicht behördlich bestätigt (siehe auch die Ausführungen im Schreiben vom ).

Studienbestätigungen

Bestätigung der Fachschule für Wirtschaft in Murska Sobota, dass ***5*** ***2*** Studentin dieser Fachschule 2020/2021, 2018/2019, 2017/2018, 2016/2017, 2015/2016, 2014/2015 war.

Bestätigung der Universität Maribor, dass ***5*** ***2*** Studentin dieser Universität 2019/2020 war.

Pensionsversicherungsanstalt

Verständigungsschreiben der österreichischen Pensionsversicherungsanstalt an den Bf über die Leistungshöhe:

Ab Jänner 2020 monatlich Alterspension 103,31 €.
Ab Jänner 2019 monatlich Alterspension 99,721 €.
Ab Jänner 2018 monatlich Korridorpension 97,19 €.
Ab Jänner 2017 monatlich Korridorpension 95,10 €.
Ab Jänner 2016 monatlich Korridorpension 94,35 €.

Bescheid vom , wonach der Antrag von auf Gewährung einer vorzeitigen Alterspension bei langer Versicherungsdauer abgelehnt wurde, da zum Stichtag insgesamt nur 480 Beitrags- und Ersatzmonate erworben worden seien, da Anspruch auf eine vorzeitige Alterspension erst ab 540 Beitragsmonaten bestehe.

Schreiben vom , wonach die Anspruchsvoraussetzungen für die "Korridorpension" (Vollendung des 62. Lebensjahres) zum Stichtag erfüllt sind.

Schreiben vom über nachgewiesene Versicherungszeiten zwischen 1971 und 1978.

Schreiben vom , dass der Antrag auf Zuerkennung einer Korridorpension vom am bei der Pensionsversicherungsanstalt eingelangt sei.

Diverse weitere Schreiben der Pensionsversicherungsanstalt.

Schreiben der Deutschen Post Renten Service vom , wonach die Pensionsversicherungsanstalt sie beauftragt habe, die Zahlung der Pensionsanweisung auf ein näher angegebenes Konto durchzuführen.

Abweisungsbescheid vom

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Antrag vom auf Familienbeihilfe für ***5*** ***2*** ab Oktober 2015 ab und begründete diese Entscheidung so:

Gemäß Art 67 der Verordnung (EG) 883/2004 in der ab gültigen Fassung sind Familienleistungen für Kinder von Rentnern grundsätzlich von dem Staat zu gewähren, der zur Zahlung einer Rente verpflichtet ist.

Nach Art 11 der VO(EG) 883/2004 ist nur ein Staat zur Zahlung von Familienleistungen zuständig.

Werden daher Renten auf Grund von Rechtsvorschriften verschiedener Staaten bezogen, bestimmt Art 68 Abs. 1 lit. b der VO(EG) 883/2004 den Wohnortstaat der Kinder als den zuständigen Staat.

Da Sie mit Ihrer Tochter in Slowenien leben, ist Slowenien für die Auszahlung der Familienbeihilfe zuständig.

Beschwerde vom

Mit Schreiben vom erhob der Bf Beschwerde gegen den Abweisungsbescheid vom , den er am erhalten habe und führte unter anderem aus:

Die oben genannte Behörde Finanzamt Wien 2/20/21/22 (in Folgendem: die zuständige Behörde), hat am , den Abweisungsbescheid (in Folgendem: der angefochtene Bescheid) erlassen, den Ich aber erst am empfangen habe. Mit angefochtenem Bescheid hat die zuständige Behörde mein Antrag auf Familienbeihilfe vom , abgewiesen. In der Begründung des Bescheides hat sich die zuständige Behörde auf die Verordnung (EG) 883/2004 bezogen. Dabei hat die zuständige Behörde entschieden, dass gemäß Artikel 11 und 68(l)(b) Verordnung (EG) 883/2004, mir Familienleistungen in Österreich überhaupt nicht zustehen.

Gegen den Abweisungsbescheid, der Behörde Finanzamt Wien 2/20/21/22, vom , empfangen am , erhebe Ich das Rechtmittel der Beschwerde, wegen der unrichtigen Gesetzesauslegung und Rechtsanwendung (das Materielle Recht wurde nicht richtig angewandt).

Aber zuerst muss erwähnt werden, dass Ich den angefochtenen Bescheid erst am empfangen habe und deshalb meine Beschwerde noch rechtzeitigt ist. Der angefochtene Bescheid wurde nicht per Einschreiben gesendet, weshalb kann die zuständige Behörde nicht genau wissen, wann der angefochtene Bescheid bei mir eingelangt ist.

Gleichzeitig kann die zuständige Behörde auch nicht behaupten, dass die Rechtsmittelfrist schon am begonnen hat. Der angefochtene Bescheid wurde zwar am erlassen, aber es ist allgemein bekannt, dass die Post im normalen Verhältnissen (wo es keine Feiertage dazwischen gibt - Weinachten, neues Jahr, und wenn es auch keine Epidemie - COVID 19 gibt) mindestens eine/eineinhalb Wochen aus Wien nach Slowenien (***8***-ist auch ein entferntes Dorf in Slowenien) braucht um anzukommen. Weil aber jetzt noch Feiertage dazwischen waren, dann die Epidemie COVID-19, weswegen auch die Post sehr belastet war, ist es logisch, dass der angefochtener Bescheid erst Anfang Jänner bei mir angekommen war. Gemäß von angewandten erhebe Ich das Rechtmittel der Beschwerde binnen der gesetzlichen Frist von eines Monats nach Zustellung.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides hat die zuständige Behörde angewandt, dass auf Grund des Artikels 11 Verordnung (EG) 883/2004 nur ein Staat zur Zahlung von Familienleistungen zuständig ist. Wenn wir aber diesen Artikel gründlich analysieren, können wir feststellen, dass Artikel 11 der Verordnung (EG) 883/2004 diesen Satz beziehungsweise diese Regel in dieser Form überhaupt nicht enthält und dass dieser Artikel 11 nur die Bestimmungen des anwendbaren Rechts umfasst und dabei nicht bestimmt, dass nur ein Mitgliedstaat für die Zahlung der Familienleistungen zuständig sein kann. Dass nicht nur ein Mitgliedstaat zur Gewährung der Familienleistungen zuständig ist, ist auch aus dem Artikel 68 Verordnung (EG) 883/2004 ersichtlich. Der Artikel 68 Verordnung (EG) 883/2004 bestimmt die Prioritätsregeln in Falle, wenn Familienleistungen von mehreren Mitgliedstaaten gewährt werden. Auf Grund von Regeln, die dieser Artikel umfasst, wird immer wenn für denselben Zeitraum und für dieselben Familienangehörigen Leistungen nach den Rechtvorschriften mehreren Mitgliedstaaten zu gewähren sind, ein primär, ein sekundär (und so weiter) Mitgliedstaat bestimmt, der für die Zahlung von Familienleistungen zuständig ist. Dabei muss der primär zuständige Mitgliedstaat den vollen Betrag von Familienleistungen zahlen und der sekundär zuständige Mitgliedstaat den Unterschiedsbetrag. Im Gegensatz mit den Anwendungen der zuständigen Behörde, ist aus diesem Artikel 68 Verordnung (EG) 883/2004 klar ersichtlich, dass die Familienleistungen nach den Rechtvorschriften mehreren Mitgliedstaaten gewährt werden können und in diesen Fällen ist nicht nur ein Mitgliedstaat zuständig zur Zahlung der Familienleistungen.

Artikel 11 Verordnung (EG) 883/2004 bestimmt so nur das anwendbare Recht im konkreten Fall. Dieses Recht wird auf Grund der Verordnung (EG) 883/2004 bestimmt. Für Rentner gilt der Artikel 67 Verordnung (EG) 883/2004, wo ausdrücklich bestimmt ist, dass im Falle von Familienleistungen, der Rentner Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtvorschriften des für Rentengewährung zuständigen Mitgliedstaats hat. Anschließend ist in Verordnung (EG) 83/2004 der Artikel 68, der die Prioritätsregeln bestimmt, wenn es zur Zusammentreffen von Ansprüchen kommt. Dieser Artikel wird angewandt wenn für denselben Zeitraum und für dieselben Familienangehörige Leistungen nach den Rechtvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten zu gewähren sind. In fall wenn ein Rentner Ansprüche auf Familienleistungen nach mehreren Mitgliedstaaten hat, gilt der Artikel 68(l)(b)(ii) Verordnung (E6) 883/2004. Dabei wird nicht nur der Wohnort der Kinder, sonder auch subsidiär gegebenenfalls die längste Dauer der nach den widerstreitenden Rechtvorschriften zurückgelegte Versicherungs- oder Wohnzelten berücksichtigt.

Gemäß von angewandten ist im meinem Fall, weil ich eine Slowenische und eine Österreichische Pension beziehe, und weil meine Tochter in Slowenien lebt, Slowenien primär zuständig für Gewährung von Familienleistungen, während Österreich sekundär zuständig ist ist für Gewährung von Familienleistungen. Aber weil in Slowenien, wegen der Gesetzesänderung im Jahr 2012 (Zakon o uveljavljanju pravic iz javnih sredstev, Uradni list RS, st. 62/10, 40/11, 40/12-ZUJF, 57/12-ZPCP-2D, 14/13, 15/13-ZStip-l, 99/13, 14/15-ZUUJFO, 57/IS, 90/15, 38/16 - odl. US, 51/16 - odl. US, 88/16, 61/17 - ZUPS, 75/17, 77/18, 47/19, 189/20 - ZFRO) kein Anspruch auf Familienleistungen für Kinder ab 18. Lebensjahr mehr besteht, kommt es eigentlich zur keine Anspruchskonkurrenz im Sinne von Artikel 68 Verordnung (EG) 883/2004. Deshalb ist Österreich gemäß Artikel 67 Verordnung (EG) 883/2004 zuständig für die Gewährung von Familienleistungen in der vollen Höhe. Aber wenn wie auch der Artikel 68 Verordnung (EG) 883/2004 anwenden würden, würden wir zur selben Lösung kommen. Weil in Slowenien kein Anspruch auf Familienleistungen besteht, muss Österreich gemäß Artikel 68(2) Verordnung (EG) 883/2004 den Unterschiedsbetrag (Betrag der über den vom primär zuständigen Mitgliedstaat geleisteten Zahlungen liegt) zahlen. Was im konkreten Fall bedeuten würde, das Österreich den ganzen Betrag von Familienleistungen zahlen müsste, weil wenn im einem Mitgliedstaat der Anspruch auf Familienleistungen für das Kind nicht besteht und diese auch nicht gezahlt werden, muss der andere Mitgliedstaat wo ein Anspruch auf Familienleistungen besteht, diese in der vollen Höhe zahlen (auch im Falle wenn dieser Mitgliedstaat vorher nur sekundär zuständig war für die Gewährung von Familienleistungen und wenn in diesem Mitgliedstaat noch weiter diese Familienleistungen bestehen). Jede andere Interpretation dieser Verordnung (EG) 883/2004 würde ein Verstoß gegen das Recht der Europäischen Union bedeuten. Die zuständige Behörde würde mit solcher Interpretation und Anwendung der Verordnung (EG) 883/2004 ebenfalls gegen den Artikel 18 und Artikel 45 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union verstoßen. Der Sinn der Verordnung (EG) 883/2004 ist Koordinierung zu gewährleisten und Überzahlungen zu verhindern wenn Ansprüche in mehreren Mitgliedstaaten bestehen. Aber der Sinn dieser Verordnung (EG) 883/2004 ist sicherlich nicht absolut das Recht zur Familienleistungen zu abstreiten, mit der Begründung dass ich und meine Tochter nicht in Österreich leben. Solche Interpretation der Verordnung (EG) 883/2004 würde mich diskriminieren und in eine schlechtere Rechtssituation bringen (im Vergleich zur anderen Rentner die in Österreich leben und im Vergleich mit Personen die nur im einem Mitgliedstaat gearbeitet haben) und gleichzeitig die gleiche Situation erschaffen wie sie war bevor Slowenien zur Europäischen Union beigetreten ist, wo es keinen Anspruch auf Familienleistungen gab, wenn die Familie beziehungsweise die Kinder nicht in Österreich gelebt haben. Das Europäische Recht hat solche Beschränkungen, zwischen den Mitgliedstaaten, entfernt um die Freizügigkeit von Personen zu gewährleisten.

Gemäß von allen angewandten beantrage Ich, dass der angefochtene Bescheid aufgehoben wird und mir dass Recht auf Familienbeihilfe in Österreich zuerkannt wird.

Beschwerdevorentscheidung vom

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab:

Sachverhalt:

Sie leben mit Ihrer Tochter ***5***, geboren am ***7*** in Slowenien. Seit beziehen Sie in Österreich eine Pension, in Slowenien beziehen Sie zusätzlich eine Rente.

Mit Bescheid vom wurde Ihr Antrag auf Familienbeihilfe für Ihre Tochter abgewiesen.

Gesetzliche Grundlagen:

Gemäß Art 67 der Verordnung (EG) 883/2004 in der ab gültigen Fassung sind Familienleistungen für Kinder von Rentnern grundsätzlich von dem Staat zu gewähren, der zur Zahlung einer Rente verpflichtet ist.

Nach Art 11 der VO(EG) 883/2004 ist nur ein Staat zur Zahlung von Familienleistungen zuständig.

Werden daher Renten auf Grund von Rechtsvorschriften verschiedener Staaten bezogen, bestimmt Art 68 Abs. 1 lit. b der VO(EG) 883/2004 den Wohnortstaat der Kinder als den zuständigen Staat.

Würdigung:

Da jede Person laut Artikel 11 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 nur den Rechtsvorschriften eines Staates unterliegen kann, muss anhand der Prioritätsregeln des Artikels 68 zunächst eine Zuordnung hinsichtlich der Renteneinkünfte getroffen werden.

Laut Artikel 68 Abs. 2 b (ii) der Verordnung (EG) ist bei Leistungen von mehreren Mitgliedstaaten aus denselben Gründen (Rentenbezüge), jener Mitgliedstaat zur Leistung verpflichtet, in dem sich der Wohnort der Kinder befindet. Die Subsidiärbestimmung, nach der die Zuständigkeit gemäß der längsten Dauer der Versicherungs- oder Wohnzelten zu bestimmen ist, kann nicht angewendet werden, da bereits eine Zuordnung nach dem Wohnort des Kindes möglich war.

Da Sie sowohl aus Slowenien als auch aus Österreich eine Rente beziehen und Sie mit Ihrer Tochter in Slowenien wohnen, unterliegen Sie gemäß Art. 11 iVm Artikel 68 Abs. 2 b (ii) der Verordnung (EG) den slowenischen Rechtsvorschriften.

Art. 68 Abs. 2 der Verordnung (EG) ist nicht anwendbar, da Personen nur den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates unterliegen können und somit auch keine Zahlung des Unterschiedsbetrages (wie im Fall von unterschiedlich zuständigen Staaten von Kindesmutter und Kindesvater) möglich ist. Zusammenfassend ergibt sich somit, dass zur Auszahlung von Familienleistungen ausschließlich Slowenien zuständig ist.

Ihre Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

Vorlageantrag vom

Mit Schreiben vom stellte der Bf Vorlageantrag:

Mit der Beschwerdevorentscheidung vom wurde meine Beschwerde vom als unbegründet abgewiesen, mit der Begründung, dass Ich, gemäß Artikel 11 der Verordnung (EG) 883/2004 nur den slowenischen Rechtvorschriften unterliege und das Artikel 68 Absatz 2 der Verordnung (EG) 883/2004 nicht anwendbar ist, weil Personen nur den Rechtvorschriften eines Mitgliedstaates unterliegen können.

Weil ich dieser Beschwerdenvorentscheidung vom nicht zustimmen kann, stelle ich den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag). Dabei beziehe Ich mich ganz auf meine Beschwerde vom und beantrage auch, dass der angefochtene Bescheid vom und die Beschwerdenvorentscheidung vom aufgehoben werden und mir das Recht auf Familienbeihilfe in Österreich zuerkannt wird.

Vorlage

Mit Bericht vom legte das Finanzamt Österreich die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und führte unter anderem aus:

Inhaltsverzeichnis zu den vorgelegten Aktenteilen (Aktenverzeichnis)

Beschwerde

1 Beschwerde

Bescheide

2 Familienbeihilfe (Monat: 10.2015)

Antrag / Anzeige an die Behörde

3 Antrag auf Zuerkennung der Familienbeihilfe

Beschwerdevorentscheidung

4 Beschwerdevorentscheidung

Vorlageantrag

5 Vorlageantrag

Sachverhalt und Anträge

Sachverhalt:

Der alleinerziehende, ledige Bf stellte für seine Tochter ***5*** den Antrag auf Zuerkennung der Familienbeihilfe ab Oktober 2015.

Die Tochter studiert bis voraussichtlich Ende September 2022 an einer FH in Slowenien.

Der Bf ist pensioniert und bezieht eine slowenische Pension und seit dem Jahr 2015 zusätzlich auch eine österreichische Pension. Die österreichische Pension beträgt monatlich rund EUR 100,-.

Sowohl der Wohnsitz des Bf als auch jener seiner Tochter befindet sich ausschließlich in Slowenien.

Beweismittel:

Siehe Inhaltsverzeichnis

Stellungnahme:

Im Beschwerdefall sind nicht nur die innerstaatlichen Bestimmungen des FLAG 1967 zu beachten. Vielmehr ist die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (idF VO), die ab gilt, anzuwenden.

Im gegenständlichen Fall bezieht der Bf sowohl in Österreich als auch in Slowenien eine Rente.

Da der Bf laut Artikel 11 Abs 1 der VO Nr. 883/2004 nur den Rechtsvorschriften eines Staates unterliegen kann, muss anhand der Prioritätsregeln des Artikels 68 zunächst eine Zuordnung hinsichtlich der Renteneinkünfte getroffen werden.

Laut Art 68 Abs 1 lit b sublit ii der VO ist bei Leistungen von mehreren Mitgliedstaaten aus denselben Gründen (Rentenbezüge), jener Mitgliedstaat zur Leistung verpflichtet, in dem sich der Wohnort der Kinder befindet (vgl Dorothee Frings, Sozialleistungen für Unionsbürger/innen nach der VO 883/2004, Feber 2012, Internetpublikation).

Da der Bf nur den Rechtsvorschriften eines der beiden Mitgliedsländer unterliegen kann (vgl Art 11 Abs 2), fällt dieser gemäß den Regelungen der VO 883/2004 in den Zuständigkeitsbereich der Rechtsvorschriften Sloweniens.

Somit ist Slowenien der ausschließlich zuständige Mitgliedstaat.

Der Bf kann daher nicht nach den in Österreich geltenden Bestimmungen Familienleistungen in Anspruch nehmen (vgl bspw Erkenntnis des ).

Der Art 68 Abs 2 der VO ist in dem Fall nicht anwendbar, da Personen nur den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates unterliegen können und kommt ergo dessen auch eine Zahlung des Unterschiedsbetrages (wie im Fall von unterschiedlich zuständigen Staaten von Kindesmutter und Kindesvater) nicht zum Tragen (vgl Erkenntnis des ).

Aufgrund der obigen Ausführungen wird beantragt, die Beschwerde abzuweisen.

Beschluss vom

Mit Beschluss vom wurde das Finanzamt Österreich vom Bundesfinanzgericht gemäß § 269 Abs. 2 BAO ersucht, beim für den Beschwerdeführer ***1*** ***2*** zuständigen slowenischen Träger für Familienleistungen gemäß Art. 76 VO 883/2004 mittels des Formulars E 411 zu erheben, ob für ***5*** ***2*** ab Oktober 2015 bis laufend Anspruch auf Familienleistungen in Slowenien bestanden hat bzw. besteht und bejahendenfalls, in welcher Höhe.

Begründend führte das Gericht aus:

Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren ist strittig, ob Österreich dem Beschwerdeführer, der eine Rente aus Slowenien und aus Österreich bezieht und der mit seiner Tochter in Slowenien wohnt, nachrangig (sekundär) Familienleistungen in Höhe des Unterschiedsbetrags zu slowenischen Familienleistungen (bzw. bei Fehlen eines Anspruchs auf slowenische Familienleistungen in voller Höhe der österreichischen Familienleistungen) zu leisten hat (so der Beschwerdeführer) oder ob Familienleistungen nur durch den Wohnstaat des Kindes, also Slowenien, zu erbringen sind (so das Finanzamt).

Ausgehend von seiner Rechtsansicht hat es das Finanzamt bisher unterlassen, allfällige slowenische Familienleistungen zu ermitteln.

Der Beschwerdeführer trägt zwar vor, dass in Slowenien für Kinder ab dem 18. Lebensjahr kein Anspruch auf Familienleistungen besteht. Beschwerdezeitraum ist jedoch ab Oktober 2015 und die Tochter des Beschwerdeführers wurde im Februar 1999 geboren, sodass diese nicht während des gesamten Beschwerdezeitraums über 18 Jahre alt war. Es ist daher nicht auszuschließen, dass zumindest während eines Teils des Beschwerdezeitraums Anspruch auf slowenische Familienleistungen bestanden hat.

Für den Fall, dass das Bundesfinanzgericht der Rechtsansicht des Beschwerdeführers folgt, ist daher die Kenntnis über allfällige slowenische Familienleistungen erforderlich.

Unpräjudiziell hinsichtlich der späteren Entscheidung in der Sache ist daher zur Beschleunigung des Verfahrens die Einholung einer Auskunft des zuständigen slowenischen Trägers, ob für ***5*** ***2*** ab Oktober 2015 bis laufend Anspruch auf Familienleistungen in Slowenien bestanden hat bzw. besteht und bejahendenfalls, in welcher Höhe, erforderlich.

Ein vom Beschwerdeführer vorausgefülltes Formular E 411 ist zwar aktenkundig, wurde aber aus den vom Beschwerdeführer im Verfahren dargestellten Gründen vom slowenischen Träger nicht gegenüber dem Beschwerdeführer bestätigt.

Da das Finanzamt Österreich bereits mit der Sache vertraut ist, erweist sich dessen Beauftragung mit der Durchführung der entsprechenden Ermittlungen gemäß § 269 Abs. 2 BAO als zweckmäßig.

Bericht vom

Das Finanzamt legte mit Bericht vom die elektronisch im Wege von EDGA eingeholte Auskunft des Center za Socialno delo Ljubljana vom vor.

Zu ***1*** ***2*** (Vater) wurde mitgeteilt:

Status osebe/Status of the person: Oseba se šteje za neaktivno/Person is regarded as a non-active person

Vrsta neaktivne osebe/Type of non-Active Person: [01] Oseba je neaktivna/Person is a non-active person

Opis/Description: Ne opravlja poklica/dejavnosti v smislu uredbe 883/2014/

Obdobje/Period:

Zu ***9*** ***10*** (Mutter) wurde mitgeteilt:

Status osebe/Status of the person: Oseba se šteje za neaktivno/Person is regarded as a non-active person

Vrsta neaktivne osebe/Type of non-Active Person: [01] Oseba je neaktivna/Person is a non-active person

Opis/Description: Ne opravlja poklica/dejavnosti v smislu uredbe 883/2014/

Obdobje/Period:

Für ***5*** ***2*** (Tochter) wurden folgende slowenische Familienleistungen erbracht:

Von bis monatlich 43,24 €
Von bis monatlich 74,48 €.

Seit bis laufend werden keine Familienleistungen erbracht (Ni upravičen - otrok starejši od 18 let - Kein Anspruch - Kind über 18 Jahren).

Parteiengehör

Die Auskunft des slowenischen Trägers wurde dem Bf mit Beschluss vom zur Kenntnis gebracht.

Mit Schreiben vom gab der Bf hierzu folgende Äußerung ab:

Betreff: Äußerung zu dem Beschluss des Bundesfinanzgerichtes erlassen am (GZ. RV/7101391/2021)

Mit oben genannten Beschluss vom wurde mir, gemäß §§ 2a 183 BAO, die Auskunft des slowenischen Trägers vom , betreffend ausbezahlten Familienleistungen in Slowenien, zur Kenntnis gebracht. Dabei wurde Ich auch um eine Äußerung bis zum gebeten.

Zu der Auskunft des slowenischen Trägers vom kann ich nur anwenden, dass diese Auskunft völlig richtig ist. Mir wurden für meine Tochter ***5*** ***2***, geboren am ***7***, in den angewandten Zeitraum und in der angewandten Höhe Familienleistungen in Slowenien gewährleistet. Aber wie ich schon in meiner Beschwerde vom angewandt habe, war in dieser Zeitraum, weil ich eine Slowenische und eine Österreichische Pension beziehe, und weil meine Tochter in Slowenien lebt, Slowenien primär zuständig für Gewährung von Familienleistungen, während Österreich sekundär zuständig war für Gewährung von Familienleistungen (Zahlung des Unterschiedsbetrages - Betrag der über den vom primär zuständigen Mitgliedstaat geleisteten Zahlungen liegt). Aus dieser Auskunft ist auch ersichtlich, dass mir in Slowenien Familienleistungen nur bis zum gewehrleistet wurden. Damals wurde meine Tochter 18 Jahre alt, weswegen ich nach dem slowenischen Gesetz (Zakon o uveljavljanju pravic iz javnih sredstev, Uradni list RS, št. 62/10, 40/11, 40/12-ZUJF, 57/12-ZPCP-2D, 14/13, 15/13-Zštip-1, 99/13, 14/15- ZUUJFO, 57/15, 90/15, 38/16 - odl. US, 51/16 - odl. US, 88/16, 61/17 - zupš, 75/17, 77/18, 47/19, 189/20 -ZFRO), der besagt dass es keinen Anspruch auf Familienleistungen für Kinder ab 18. Lebensjahr gibt, ab keinen Anspruch auf Familienleistungen für meine Tochter in Slowenien mehr hatte. So ist nach dem 18. Lebensjahr von meiner Tochter (), wie ich es schon in meiner Beschwerde vom erwähnt und begründet habe, Österreich zuständıg für die Gewährung von Familienleistungen in der vollen Höhe.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der Bf ***1*** ***2*** ist Alleinerzieher seiner im Februar 1999 geborenen Tochter ***5*** ***2***. Vater und Tochter leben im gemeinsamen Haushalt in ***3***, ***4***, Slowenien.

***1*** ***2*** bezieht seit Anfang 2015, jedenfalls aber seit Beginn des Beschwerdezeitraums (Oktober 2015) von der österreichischen Pensionsversicherungsanstalt zunächst eine Korridorpension, nunmehr eine Alterspension, von rund 100 € monatlich, da ***1*** ***2*** als "Gastarbeiter" in Österreich zwischen den Jahren 1971 und 1978 entsprechende Versicherungszeiten erworben hat.

***1*** ***2*** bezieht ferner seit Dezember 2012 eine Pension seitens eines slowenischen Pensionsversicherungsträgers.

***5*** ***2*** besuchte im Beschwerdezeitraum (ab Oktober 2015) im Studienjahr 2020/2021 die Fachschule für Wirtschaft in Murska Sobota (Ekonomska šola Murska Sobota, študijskem programu Ekonomist; zweijähriger Studiengang Wirtschaft).

Im Studienjahr 2019/2020 war ***5*** ***2*** Studentin der Wirtschaftsfakultät (Ekonomsko-Poslovna Fakulteta) der Universität Maribor.

In den Studienjahren 2018/2019, 2017/2018, 2016/2017, 2015/2016, 2014/2015 besuchte ***5*** ***2*** die Fachschule für Wirtschaft in Murska Sobota (Ekonomska šola Murska Sobota, programa Ekonomiski tehnik pti; vierjähriges Sekundarschulprogramm Wirtschaftstechnik).

Im Beschwerdezeitraum (ab Oktober 2015) hat Slowenien bis Familienleistungen für ***5*** ***2*** von monatlich 43,24 € und von bis von monatlich 74,48 € geleistet, danach bestand kein Anspruch auf slowenische Familienleistungen mehr.

Beweiswürdigung

Die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus der Aktenlage und den undenklichen, vom Bf vorgelegten Urkunden.

Zu den slowenischen Familienleistungen ist auf Auskunft des Center za Socialno delo Ljubljana vom und die Äußerung des Bf vom zu verweisen.

Rechtsgrundlagen

Unionsrecht

Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit

Für den Streitzeitraum ist die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (im Folgenden: VO 883/2004) maßgebend.

Die VO 883/2004 gilt für alle Rechtsvorschriften über Zweige der sozialen Sicherheit, welche Familienleistungen betreffen (Art. 3 Abs. 1 Buchstabe j VO 883/2004). Die in Rede stehende Familienbeihilfe ist eine Familienleistung.

Zu den Familienangehörigen zählt Art. 1 Buchstabe i Nummer 1 Ziffer i VO 883/2004 "jede Person, die in den Rechtsvorschriften, nach denen die Leistungen gewährt werden, als Familienangehöriger bestimmt oder anerkannt oder als Haushaltsangehöriger bezeichnet wird". "Unterscheiden die gemäß Nummer 1 anzuwendenden Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats die Familienangehörigen nicht von anderen Personen, auf die diese Rechtsvorschriften anwendbar sind, so werden der Ehegatte, die minderjährigen Kinder und die unterhaltsberechtigten volljährigen Kinder als Familienangehörige angesehen" (Art. 1 Buchstabe i Nummer 2 VO 883/2004). Wird nach den anzuwendenden nationalen Rechtsvorschriften eine Person nur dann als Familien- oder Haushaltsangehöriger angesehen, wenn sie mit dem Versicherten oder dem Rentner in häuslicher Gemeinschaft lebt, so gilt gemäß Art. 1 Buchstabe i Nummer 3 VO 883/2004 diese Voraussetzung als erfüllt, wenn der Unterhalt der betreffenden Person überwiegend von dem Versicherten oder dem Rentner bestritten wird.

"Wohnort" ist der Ort des gewöhnlichen Aufenthalts einer Person (Art. 1 Abs. 1 Buchstabe j VO 883/2004), "Aufenthalt" der vorübergehende Aufenthalt (Art. 1 Abs. 1 Buchstabe k VO 883/2004).

"Familienleistungen" sind alle Sach- oder Geldleistungen zum Ausgleich von Familienlasten, mit Ausnahme von Unterhaltsvorschüssen und besonderen Geburts- und Adoptionsbeihilfen (Art. 1 Abs. 1 Buchstabe z VO 883/2004).

Art. 1 VO 883/2004 lautet auszugsweise:

Artikel 1 Definitionen

Für die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck:

a) "Beschäftigung" jede Tätigkeit oder gleichgestellte Situation, die für die Zwecke der Rechtsvorschriften der sozialen Sicherheit des Mitgliedstaats, in dem die Tätigkeit ausgeübt wird oder die gleichgestellte Situation vorliegt, als solche gilt;

b) "selbstständige Erwerbstätigkeit" jede Tätigkeit oder gleichgestellte Situation, die für die Zwecke der Rechtsvorschriften der sozialen Sicherheit des Mitgliedstaats, in dem die Tätigkeit ausgeübt wird oder die gleichgestellte Situation vorliegt, als solche gilt;

...

i) "Familienangehöriger":

1. i) jede Person, die in den Rechtsvorschriften, nach denen die Leistungen gewährt werden, als Familienangehöriger bestimmt oder anerkannt oder als Haushaltsangehöriger bezeichnet wird;

ii) ...;

2. unterscheiden die gemäß Nummer 1 anzuwendenden Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats die Familienangehörigen nicht von anderen Personen, auf die diese Rechtsvorschriften anwendbar sind, so werden der Ehegatte, die minderjährigen Kinder und die unterhaltsberechtigten volljährigen Kinder als Familienangehörige angesehen;

3. wird nach den gemäß Nummern 1 und 2 anzuwendenden Rechtsvorschriften eine Person nur dann als Familien- oder Haushaltsangehöriger angesehen, wenn sie mit dem Versicherten oder dem Rentner in häuslicher Gemeinschaft lebt, so gilt diese Voraussetzung als erfüllt, wenn der Unterhalt der betreffenden Person überwiegend von dem Versicherten oder dem Rentner bestritten wird;

j) "Wohnort" den Ort des gewöhnlichen Aufenthalts einer Person;

k) "Aufenthalt" den vorübergehenden Aufenthalt;

w) "Renten" nicht nur Renten im engeren Sinn, sondern auch Kapitalabfindungen, die an deren Stelle treten können, und Beitragserstattungen sowie, soweit Titel III nichts anderes bestimmt, Anpassungsbeträge und Zulagen;

x) "Vorruhestandsleistungen" alle anderen Geldleistungen als Leistungen bei Arbeitslosigkeit und vorgezogene Leistungen wegen Alters, die ab einem bestimmten Lebensalter Arbeitnehmern, die ihre berufliche Tätigkeit eingeschränkt oder beendet haben oder ihr vorübergehend nicht mehr nachgehen, bis zu dem Lebensalter gewährt werden, in dem sie Anspruch auf Altersrente oder auf vorzeitiges Altersruhegeld geltend machen können, und deren Bezug nicht davon abhängig ist, dass sie der Arbeitsverwaltung des zuständigen Staates zur Verfügung stehen; eine "vorgezogene Leistung wegen Alters" ist eine Leistung, die vor dem Erreichen des Lebensalters, ab dem üblicherweise Anspruch auf Rente entsteht, gewährt und nach Erreichen dieses Lebensalters weiterhin gewährt oder durch eine andere Leistung bei Alter abgelöst wird;

...

z) "Familienleistungen" alle Sach- oder Geldleistungen zum Ausgleich von Familienlasten, mit Ausnahme von Unterhaltsvorschüssen und besonderen Geburts- und Adoptionsbeihilfen nach Anhang I.

Art. 4 VO 883/2004 zufolge haben die Personen, für die diese Verordnung gilt, die gleichen Rechte und Pflichten aufgrund der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats wie die Staatsangehörigen dieses Staates:

Artikel 4 Gleichbehandlung

Sofern in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, haben Personen, für die diese Verordnung gilt, die gleichen Rechte und Pflichten aufgrund der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats wie die Staatsangehörigen dieses Staates.

Art. 5 VO 883/2004 lautet:

Artikel 5 Gleichstellung von Leistungen, Einkünften, Sachverhalten oder Ereignissen

Sofern in dieser Verordnung nicht anderes bestimmt ist, gilt unter Berücksichtigung der besonderen Durchführungsbestimmungen Folgendes:

a) Hat nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats der Bezug von Leistungen der sozialen Sicherheit oder sonstiger Einkünfte bestimmte Rechtswirkungen, so sind die entsprechenden Rechtsvorschriften auch bei Bezug von nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats gewährten gleichartigen Leistungen oder bei Bezug von in einem anderen Mitgliedstaat erzielten Einkünften anwendbar.

b) Hat nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats der Eintritt bestimmter Sachverhalte oder Ereignisse Rechtswirkungen, so berücksichtigt dieser Mitgliedstaat die in einem anderen Mitgliedstaat eingetretenen entsprechenden Sachverhalte oder Ereignisse, als ob sie im eigenen Hoheitsgebiet eingetreten wären.

Art. 7 VO 883/2004 lautet:

Artikel 7 Aufhebung der Wohnortklauseln

Sofern in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, dürfen Geldleistungen, die nach den Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten oder nach dieser Verordnung zu zahlen sind, nicht aufgrund der Tatsache gekürzt, geändert, zum Ruhen gebracht, entzogen oder beschlagnahmt werden, dass der Berechtigte oder seine Familienangehörigen in einem anderen als dem Mitgliedstaat wohnt bzw. wohnen, in dem der zur Zahlung verpflichtete Träger seinen Sitz hat.

Personen, für die diese Verordnung gilt, unterliegen nach Art. 11 Abs. 1 VO 883/2004 den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats.

Art. 11 VO 883/2004 lautet:

Artikel 11 Allgemeine Regelung

(1) Personen, für die diese Verordnung gilt, unterliegen den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats. Welche Rechtsvorschriften dies sind, bestimmt sich nach diesem Titel.

(2) Für die Zwecke dieses Titels wird bei Personen, die aufgrund oder infolge ihrer Beschäftigung oder selbstständigen Erwerbstätigkeit eine Geldleistung beziehen, davon ausgegangen, dass sie diese Beschäftigung oder Tätigkeit ausüben. Dies gilt nicht für Invaliditäts-, Alters- oder Hinterbliebenenrenten oder für Renten bei Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten oder für Geldleistungen bei Krankheit, die eine Behandlung von unbegrenzter Dauer abdecken.

(3) Vorbehaltlich der Artikel 12 bis 16 gilt Folgendes:

a) eine Person, die in einem Mitgliedstaat eine Beschäftigung oder selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt, unterliegt den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats;

b) ein Beamter unterliegt den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, dem die ihn beschäftigende Verwaltungseinheit angehört;

c) eine Person, die nach den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats Leistungen bei Arbeitslosigkeit gemäß Artikel 65 erhält, unterliegt den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats;

d) eine zum Wehr- oder Zivildienst eines Mitgliedstaats einberufene oder wiedereinberufene Person unterliegt den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats;

e) jede andere Person, die nicht unter die Buchstaben a) bis d) fällt, unterliegt unbeschadet anders lautender Bestimmungen dieser Verordnung, nach denen ihr Leistungen aufgrund der Rechtsvorschriften eines oder mehrerer anderer Mitgliedstaaten zustehen, den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats.

(4) Für die Zwecke dieses Titels gilt eine Beschäftigung oder selbstständige Erwerbstätigkeit, die gewöhnlich an Bord eines unter der Flagge eines Mitgliedstaats fahrenden Schiffes auf See ausgeübt wird, als in diesem Mitgliedstaat ausgeübt. Eine Person, die einer Beschäftigung an Bord eines unter der Flagge eines Mitgliedstaats fahrenden Schiffes nachgeht und ihr Entgelt für diese Tätigkeit von einem Unternehmen oder einer Person mit Sitz oder Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat erhält, unterliegt jedoch den Rechtsvorschriften des letzteren Mitgliedstaats, sofern sie in diesem Staat wohnt. Das Unternehmen oder die Person, das bzw. die das Entgelt zahlt, gilt für die Zwecke dieser Rechtsvorschriften als Arbeitgeber.

(5) Eine Tätigkeit, die ein Flug- oder Kabinenbesatzungsmitglied in Form von Leistungen im Zusammenhang mit Fluggästen oder Luftfracht ausübt, gilt als in dem Mitgliedstaat ausgeübte Tätigkeit, in dem sich die "Heimatbasis" im Sinne von Anhang III der Verordnung (EWG) Nr 3922/91 befindet.

Artikel 13 VO 883/2004 lautet:

Artikel 13 Ausübung von Tätigkeiten in zwei oder mehr Mitgliedstaaten

(1) Eine Person, die gewöhnlich in zwei oder mehr Mitgliedstaaten eine Beschäftigung ausübt, unterliegt

a) den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats, wenn sie dort einen wesentlichen Teil ihrer Tätigkeit ausübt oder wenn sie bei mehreren Unternehmen oder Arbeitgebern beschäftigt ist, die ihren Sitz oder Wohnsitz in verschiedenen Mitgliedstaaten haben, oder

b) den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem das Unternehmen oder der Arbeitgeber, das bzw. der sie beschäftigt, seinen Sitz oder Wohnsitz hat, sofern sie keinen wesentlichen Teil ihrer Tätigkeiten in dem Wohnmitgliedstaat ausübt.

(2) Eine Person, die gewöhnlich in zwei oder mehr Mitgliedstaaten eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt, unterliegt

a) den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats, wenn sie dort einen wesentlichen Teil ihrer Tätigkeit ausübt, oder

b) den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem sich der Mittelpunkt ihrer Tätigkeiten befindet, wenn sie nicht in einem der Mitgliedstaaten wohnt, in denen sie einen wesentlichen Teil ihrer Tätigkeit ausübt.

(3) Eine Person, die gewöhnlich in verschiedenen Mitgliedstaaten eine Beschäftigung und eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt, unterliegt den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem sie eine Beschäftigung ausübt, oder, wenn sie eine solche Beschäftigung in zwei oder mehr Mitgliedstaaten ausübt, den nach Absatz 1 bestimmten Rechtsvorschriften.

(4) Eine Person, die in einem Mitgliedstaat als Beamter beschäftigt ist und die eine Beschäftigung und/oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit in einem oder mehreren anderen Mitgliedstaaten ausübt, unterliegt den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, dem die sie beschäftigende Verwaltungseinheit angehört.

(5) Die in den Absätzen 1 bis 4 genannten Personen werden für die Zwecke der nach diesen Bestimmungen ermittelten Rechtsvorschriften so behandelt, als ob sie ihre gesamte Beschäftigung oder selbstständige Erwerbstätigkeit in dem betreffenden Mitgliedstaat ausüben und dort ihre gesamten Einkünfte erzielen würden.

Art. 16 VO 883/2004 lautet:

Artikel 16 Ausnahmen von den Artikeln 11 bis 15

(1) Zwei oder mehr Mitgliedstaaten, die zuständigen Behörden dieser Mitgliedstaaten oder die von diesen Behörden bezeichneten Einrichtungen können im gemeinsamen Einvernehmen Ausnahmen von den Artikeln 11 bis 15 im Interesse bestimmter Personen oder Personengruppen vorsehen.

(2) Wohnt eine Person, die eine Rente oder Renten nach den Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten erhält, in einem anderen Mitgliedstaat, so kann sie auf Antrag von der Anwendung der Rechtsvorschriften des letzteren Staates freigestellt werden, sofern sie diesen Rechtsvorschriften nicht aufgrund der Ausübung einer Beschäftigung oder selbstständigen Erwerbstätigkeit unterliegt.

Art. 67 VO 883/2004 lautet:

Artikel 67 Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen

Eine Person hat auch für Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats, als ob die Familienangehörigen in diesem Mitgliedstaat wohnen würden. Ein Rentner hat jedoch Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des für die Rentengewährung zuständigen Mitgliedstaats

Art. 68 VO 883/2004 lautet:

Artikel 68 Prioritätsregeln bei Zusammentreffen von Ansprüchen

(1) Sind für denselben Zeitraum und für dieselben Familienangehörigen Leistungen nach den Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten zu gewähren, so gelten folgende Prioritätsregeln:

a) Sind Leistungen von mehreren Mitgliedstaaten aus unterschiedlichen Gründen zu gewähren, so gilt folgende Rangfolge: an erster Stelle stehen die durch eine Beschäftigung oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausgelösten Ansprüche, darauf folgen die durch den Bezug einer Rente ausgelösten Ansprüche und schließlich die durch den Wohnort ausgelösten Ansprüche.

b) Sind Leistungen von mehreren Mitgliedstaaten aus denselben Gründen zu gewähren, so richtet sich die Rangfolge nach den folgenden subsidiären Kriterien:

i) bei Ansprüchen, die durch eine Beschäftigung oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausgelöst werden: der Wohnort der Kinder, unter der Voraussetzung, dass dort eine solche Tätigkeit ausgeübt wird, und subsidiär gegebenenfalls die nach den widerstreitenden Rechtsvorschriften zu gewährende höchste Leistung. Im letztgenannten Fall werden die Kosten für die Leistungen nach in der Durchführungsverordnung festgelegten Kriterien aufgeteilt;

ii) bei Ansprüchen, die durch den Bezug einer Rente ausgelöst werden: der Wohnort der Kinder, unter der Voraussetzung, dass nach diesen Rechtsvorschriften eine Rente geschuldet wird, und subsidiär gegebenenfalls die längste Dauer der nach den widerstreitenden Rechtsvorschriften zurückgelegten Versicherungs- oder Wohnzeiten;

iii) bei Ansprüchen, die durch den Wohnort ausgelöst werden: der Wohnort der Kinder.

(2) Bei Zusammentreffen von Ansprüchen werden die Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften gewährt, die nach Absatz 1 Vorrang haben. Ansprüche auf Familienleistungen nach anderen widerstreitenden Rechtsvorschriften werden bis zur Höhe des nach den vorrangig geltenden Rechtsvorschriften vorgesehenen Betrags ausgesetzt; erforderlichenfalls ist ein Unterschiedsbetrag in Höhe des darüber hinausgehenden Betrags der Leistungen zu gewähren. Ein derartiger Unterschiedsbetrag muss jedoch nicht für Kinder gewährt werden, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, wenn der entsprechende Leistungsanspruch ausschließlich durch den Wohnort ausgelöst wird.

(3) Wird nach Artikel 67 beim zuständigen Träger eines Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften gelten, aber nach den Prioritätsregeln der Absätze 1 und 2 des vorliegenden Artikels nachrangig sind, ein Antrag auf Familienleistungen gestellt, so gilt Folgendes:

a) Dieser Träger leitet den Antrag unverzüglich an den zuständigen Träger des Mitgliedstaats weiter, dessen Rechtsvorschriften vorrangig gelten, teilt dies der betroffenen Person mit und zahlt unbeschadet der Bestimmungen der Durchführungsverordnung über die vorläufige Gewährung von Leistungen erforderlichenfalls den in Absatz 2 genannten Unterschiedsbetrag;

b) der zuständige Träger des Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften vorrangig gelten, bearbeitet den Antrag, als ob er direkt bei ihm gestellt worden wäre; der Tag der Einreichung des Antrags beim ersten Träger gilt als der Tag der Einreichung bei dem Träger, der vorrangig zuständig ist.

Art. 76 VO 883/2004 lautet:

Artikel 76 Zusammenarbeit

(1) Die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten unterrichten einander über:

a) alle zur Anwendung dieser Verordnung getroffenen Maßnahmen;

b) alle Änderungen ihrer Rechtsvorschriften, die die Anwendung dieser Verordnung berühren können.

(2) Für die Zwecke dieser Verordnung unterstützen sich die Behörden und Träger der Mitgliedstaaten, als handelte es sich um die Anwendung ihrer eigenen Rechtsvorschriften. Die gegenseitige Amtshilfe dieser Behörden und Träger ist grundsätzlich kostenfrei. Die Verwaltungskommission legt jedoch die Art der erstattungsfähigen Ausgaben und die Schwellen für die Erstattung dieser Ausgaben fest.

(3) Die Behörden und Träger der Mitgliedstaaten können für die Zwecke dieser Verordnung miteinander sowie mit den betroffenen Personen oder deren Vertretern unmittelbar in Verbindung treten.

(4) Die Träger und Personen, die in den Geltungsbereich dieser Verordnung fallen, sind zur gegenseitigen Information und Zusammenarbeit verpflichtet, um die ordnungsgemäße Anwendung dieser Verordnung zu gewährleisten.

Die Träger beantworten gemäß dem Grundsatz der guten Verwaltungspraxis alle Anfragen binnen einer angemessenen Frist und übermitteln den betroffenen Personen in diesem Zusammenhang alle erforderlichen Angaben, damit diese die ihnen durch diese Verordnung eingeräumten Rechte ausüben können.

Die betroffenen Personen müssen die Träger des zuständigen Mitgliedstaats und des Wohnmitgliedstaats so bald wie möglich über jede Änderung ihrer persönlichen oder familiären Situation unterrichten, die sich auf ihre Leistungsansprüche nach dieser Verordnung auswirkt.

(5) Die Verletzung der Informationspflicht gemäß Absatz 4 Unterabsatz 3 kann angemessene Maßnahmen nach dem nationalen Recht nach sich ziehen. Diese Maßnahmen müssen jedoch denjenigen entsprechen, die für vergleichbare Tatbestände der nationalen Rechtsordnung gelten, und dürfen die Ausübung der den Antragstellern durch diese Verordnung eingeräumten Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren.

(6) Werden durch Schwierigkeiten bei der Auslegung oder Anwendung dieser Verordnung die Rechte einer Person im Geltungsbereich der Verordnung in Frage gestellt, so setzt sich der Träger des zuständigen Mitgliedstaats oder des Wohnmitgliedstaats der betreffenden Person mit dem Träger des anderen betroffenen Mitgliedstaats oder den Trägern der anderen betroffenen Mitgliedstaaten in Verbindung. Wird binnen einer angemessenen Frist keine Lösung gefunden, so können die betreffenden Behörden die Verwaltungskommission befassen.

(7) Die Behörden, Träger und Gerichte eines Mitgliedstaats dürfen die bei ihnen eingereichten Anträge oder sonstigen Schriftstücke nicht deshalb zurückweisen, weil sie in einer Amtssprache eines anderen Mitgliedstaats abgefasst sind, die gemäß Artikel 290 des Vertrags als Amtssprache der Organe der Gemeinschaft anerkannt ist.

Verordnung (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit

Die Verordnung enthält Durchführungsbestimmungen zur VO 883/2004.

Art. 5 VO 987/2009 lautet:

Artikel 5 Rechtswirkung der in einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Dokumente und Belege

(1) Vom Träger eines Mitgliedstaats ausgestellte Dokumente, in denen der Status einer Person für die Zwecke der Anwendung der Grundverordnung und der Durchführungsverordnung bescheinigt wird, sowie Belege, auf deren Grundlage die Dokumente ausgestellt wurden, sind für die Träger der anderen Mitgliedstaaten so lange verbindlich, wie sie nicht von dem Mitgliedstaat, in dem sie ausgestellt wurden, widerrufen oder für ungültig erklärt werden.

(2) Bei Zweifeln an der Gültigkeit eines Dokuments oder der Richtigkeit des Sachverhalts, der den im Dokument enthaltenen Angaben zugrunde liegt, wendet sich der Träger des Mitgliedstaats, der das Dokument erhält, an den Träger, der das Dokument ausgestellt hat, und ersucht diesen um die notwendige Klarstellung oder gegebenenfalls um den Widerruf dieses Dokuments. Der Träger, der das Dokument ausgestellt hat, überprüft die Gründe für die Ausstellung und widerruft das Dokument gegebenenfalls.

(3) Bei Zweifeln an den Angaben der betreffenden Personen, der Gültigkeit eines Dokuments oder der Belege oder der Richtigkeit des Sachverhalts, der den darin enthaltenen Angaben zugrunde liegt, nimmt der Träger des Aufenthalts- oder Wohnorts, soweit dies möglich ist, nach Absatz 2 auf Verlangen des zuständigen Trägers die nötige Überprüfung dieser Angaben oder dieses Dokuments vor.

(4) Erzielen die betreffenden Träger keine Einigung, so können die zuständigen Behörden frühestens einen Monat nach dem Zeitpunkt, zu dem der Träger, der das Dokument erhalten hat, sein Ersuchen vorgebracht hat, die Verwaltungskommission anrufen. Die Verwaltungskommission bemüht sich binnen sechs Monaten nach ihrer Befassung um eine Annäherung der unterschiedlichen Standpunkte.

Art. 6 VO 987/2009 lautet:

Artikel 6 Vorläufige Anwendung der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats und vorläufige Gewährung von Leistungen

(1) Besteht zwischen den Trägern oder Behörden zweier oder mehrerer Mitgliedstaaten eine Meinungsverschiedenheit darüber, welche Rechtsvorschriften anzuwenden sind, so unterliegt die betreffende Person vorläufig den Rechtsvorschriften eines dieser Mitgliedstaaten, sofern in der Durchführungsverordnung nichts anderes bestimmt ist, wobei die Rangfolge wie folgt festgelegt wird:

a) den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem die Person ihrer Beschäftigung oder selbständigen Erwerbstätigkeit tatsächlich nachgeht, wenn die Beschäftigung oder selbständige Erwerbstätigkeit in nur einem Mitgliedstaat ausgeübt wird;

b) den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats, sofern die betreffende Person einer Beschäftigung oder selbständigen Erwerbstätigkeit in zwei oder mehr Mitgliedstaaten nachgeht und einen Teil ihrer Tätigkeit(en) in dem Wohnmitgliedstaat ausübt, oder sofern die betreffende Person weder beschäftigt ist noch eine selbständige Erwerbstätigkeit ausübt;

c) in allen anderen Fällen den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, deren Anwendung zuerst beantragt wurde, wenn die Person eine Erwerbstätigkeit oder mehrere Erwerbstätigkeiten in zwei oder mehr Mitgliedstaaten ausübt.

(2) Besteht zwischen den Trägern oder Behörden zweier oder mehrerer Mitgliedstaaten eine Meinungsverschiedenheit darüber, welcher Träger die Geld- oder Sachleistungen zu gewähren hat, so erhält die betreffende Person, die Anspruch auf diese Leistungen hätte, wenn es diese Meinungsverschiedenheit nicht gäbe, vorläufig Leistungen nach den vom Träger des Wohnorts anzuwendenden Rechtsvorschriften oder - falls die betreffende Person nicht im Hoheitsgebiet eines der betreffenden Mitgliedstaaten wohnt - Leistungen nach den Rechtsvorschriften, die der Träger anwendet, bei dem der Antrag zuerst gestellt wurde.

(3) Erzielen die betreffenden Träger oder Behörden keine Einigung, so können die zuständigen Behörden frühestens einen Monat nach dem Tag, an dem die Meinungsverschiedenheit im Sinne von Absatz 1 oder Absatz 2 aufgetreten ist, die Verwaltungskommission anrufen. Die Verwaltungskommission bemüht sich nach ihrer Befassung binnen sechs Monaten um eine Annäherung der Standpunkte.

(4) Steht entweder fest, dass nicht die Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats anzuwenden sind, die für die betreffende Person vorläufig angewendet worden sind, oder dass der Träger, der die Leistungen vorläufig gewährt hat, nicht der zuständige Träger ist, so gilt der als zuständig ermittelte Träger rückwirkend als zuständig, als hätte die Meinungsverschiedenheit nicht bestanden, und zwar spätestens entweder ab dem Tag der vorläufigen Anwendung oder ab der ersten vorläufigen Gewährung der betreffenden Leistungen.

(5) Falls erforderlich, regeln der als zuständig ermittelte Träger und der Träger, der die Geldleistungen vorläufig gezahlt oder Beiträge vorläufig erhalten hat, die finanzielle Situation der betreffenden Person in Bezug auf vorläufig gezahlte Beiträge und Geldleistungen gegebenenfalls nach Maßgabe von Titel IV Kapitel III der Durchführungsverordnung.

Sachleistungen, die von einem Träger nach Absatz 2 vorläufig gewährt wurden, werden von dem zuständigen Träger nach Titel IV der Durchführungsverordnung erstattet.

Art. 58 VO 987/2009 lautet:

Artikel 58 Prioritätsregeln bei Zusammentreffen von Ansprüchen

Ermöglicht der Wohnort der Kinder bei Anwendung des Artikels 68 Absatz 1 Buchstabe b Ziffern i und ii der Grundverordnung keine Bestimmung der Rangfolge, so berechnet jeder betroffene Mitgliedstaat den Leistungsbetrag unter Einschluss der Kinder, die nicht in seinem Hoheitsgebiet wohnen. Im Falle der Anwendung von Artikel 68 Absatz 1 Buchstabe b Ziffer i zahlt der zuständige Träger des Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften den höheren Leistungsbetrag vorsehen, diesen ganzen Betrag aus. Der zuständige Träger des anderen Mitgliedstaats erstattet ihm die Hälfte dieses Betrags, wobei der nach den Rechtsvorschriften des letzteren Mitgliedstaats vorgesehene Leistungssatz die obere Grenze bildet.

Art. 59 VO 987/2009 lautet:

Artikel 59 Regelungen für den Fall, in dem sich die anzuwendenden Rechtsvorschriften und/oder die Zuständigkeit für die Gewährung von Familienleistungen ändern

(1) Ändern sich zwischen den Mitgliedstaaten während eines Kalendermonats die Rechtsvorschriften und/oder die Zuständigkeit für die Gewährung von Familienleistungen, so setzt der Träger, der die Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften gezahlt hat, nach denen die Leistungen zu Beginn dieses Monats gewährt wurden, unabhängig von den in den Rechtsvorschriften dieser Mitgliedstaaten für die Gewährung von Familienleistungen vorgesehenen Zahlungsfristen die Zahlungen bis zum Ende des laufenden Monats fort.

(2) Er unterrichtet den Träger des anderen betroffenen Mitgliedstaats oder die anderen betroffenen Mitgliedstaaten von dem Zeitpunkt, zu dem er die Zahlung dieser Familienleistungen einstellt. Ab diesem Zeitpunkt übernehmen der andere betroffene Mitgliedstaat oder die anderen betroffenen Mitgliedstaaten die Zahlung der Leistungen.

Art. 60 VO 987/2009 lautet:

Artikel 60 Verfahren bei der Anwendung von Artikel 67 und 68 der Grundverordnung

(1) Die Familienleistungen werden bei dem zuständigen Träger beantragt. Bei der Anwendung von Artikel 67 und 68 der Grundverordnung ist, insbesondere was das Recht einer Person zur Erhebung eines Leistungsanspruchs anbelangt, die Situation der gesamten Familie in einer Weise zu berücksichtigen, als würden alle beteiligten Personen unter die Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats fallen und dort wohnen. Nimmt eine Person, die berechtigt ist, Anspruch auf die Leistungen zu erheben, dieses Recht nicht wahr, berücksichtigt der zuständige Träger des Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften anzuwenden sind, einen Antrag auf Familienleistungen, der von dem anderen Elternteil, einer als Elternteil behandelten Person oder von der Person oder Institution, die als Vormund des Kindes oder der Kinder handelt, gestellt wird.

(2) Der nach Absatz 1 in Anspruch genommene Träger prüft den Antrag anhand der detaillierten Angaben des Antragstellers und berücksichtigt dabei die gesamten tatsächlichen und rechtlichen Umstände, die die familiäre Situation des Antragstellers ausmachen.

Kommt dieser Träger zu dem Schluss, dass seine Rechtsvorschriften nach Artikel 68 Absätze 1 und 2 der Grundverordnung prioritär anzuwenden sind, so zahlt er die Familienleistungen nach den von ihm angewandten Rechtsvorschriften.

Ist dieser Träger der Meinung, dass aufgrund der Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats ein Anspruch auf einen Unterschiedsbetrag nach Artikel 68 Absatz 2 der Grundverordnung bestehen könnte, so übermittelt er den Antrag unverzüglich dem zuständigen Träger des anderen Mitgliedstaats und informiert die betreffende Person; außerdem unterrichtet er den Träger des anderen Mitgliedstaats darüber, wie er über den Antrag entschieden hat und in welcher Höhe Familienleistungen gezahlt wurden.

(3) Kommt der Träger, bei dem der Antrag gestellt wurde, zu dem Schluss, dass seine Rechtsvorschriften zwar anwendbar, aber nach Artikel 68 Absätze 1 und 2 der Grundverordnung nicht prioritär anwendbar sind, so trifft er unverzüglich eine vorläufige Entscheidung über die anzuwendenden Prioritätsregeln, leitet den Antrag nach Artikel 68 Absatz 3 der Grundverordnung an den Träger des anderen Mitgliedstaats weiter und informiert auch den Antragsteller darüber. Dieser Träger nimmt innerhalb einer Frist von zwei Monaten zu der vorläufigen Entscheidung Stellung.

Falls der Träger, an den der Antrag weitergeleitet wurde, nicht innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Antrags Stellung nimmt, wird die oben genannte vorläufige Entscheidung anwendbar und zahlt dieser Träger die in seinen Rechtsvorschriften vorgesehenen Leistungen und informiert den Träger, an den der Antrag gerichtet war, über die Höhe der gezahlten Leistungen.

(4) Sind sich die betreffenden Träger nicht einig, welche Rechtsvorschriften prioritär anwendbar sind, so gilt Artikel 6 Absätze 2 bis 5 der Durchführungsverordnung. Zu diesem Zweck ist der in Artikel 6 Absatz 2 der Durchführungsverordnung genannte Träger des Wohnorts der Träger des Wohnorts des Kindes oder der Kinder.

(5) Der Träger, der eine vorläufige Leistungszahlung vorgenommen hat, die höher ist als der letztlich zu seinen Lasten gehende Betrag, kann den zu viel gezahlten Betrag nach dem Verfahren des Artikels 73 der Durchführungsverordnung vom vorrangig zuständigen Träger zurückfordern.

Österreichisches Recht

Familienlastenausgleichsgesetz 1967

§ 2 FLAG 1967 lautet:

§ 2. (1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,

a) für minderjährige Kinder,

b) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Zeiten als Studentenvertreterin oder Studentenvertreter nach dem Hochschülerschaftsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 22/1999, sind unter Berücksichtigung der Funktion und der zeitlichen Inanspruchnahme bis zum Höchstausmaß von vier Semestern nicht in die zur Erlangung der Familienbeihilfe vorgesehene höchstzulässige Studienzeit einzurechnen. Gleiches gilt für die Vorsitzenden und die Sprecher der Heimvertretungen nach dem Studentenheimgesetz, BGBl. Nr. 291/1986. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat durch Verordnung die näheren Voraussetzungen für diese Nichteinrechnung festzulegen. Zeiten des Mutterschutzes sowie die Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres hemmen den Ablauf der Studienzeit. Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird; Gleiches gilt, wenn alle Lehrveranstaltungen und Prüfungen der Studieneingangs- und Orientierungsphase nach § 66 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, erfolgreich absolviert wurden, sofern diese mit mindestens 14 ECTS-Punkten bewertet werden. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß,

c) für volljährige Kinder, die wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen,

d) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird; für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem ehestmöglichen Beginn eines Freiwilligen Dienstes nach § 2 Abs. 1 lit. l sublit. aa bis dd für längstens drei Monate,

e) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes oder eines Freiwilligen Dienstes nach § 2 Abs. 1 lit. l sublit. aa bis dd und dem Beginn oder der Fortsetzung der Berufsausbildung, wenn die Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes oder Freiwilligen Dienstes nach § 2 Abs. 1 lit. l sublit. aa bis dd begonnen oder fortgesetzt wird,

(Anm.: lit. f aufgehoben durch BGBl. I Nr. 111/2010)

g) für volljährige Kinder, die in dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, den Präsenz- oder Ausbildungsdienst oder Zivildienst leisten oder davor geleistet haben, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres, sofern sie nach Ableistung des Präsenz- oder Ausbildungsdienstes oder Zivildienstes für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer. Diese Regelung findet in Bezug auf jene Kinder keine Anwendung, für die vor Vollendung des 24. Lebensjahres Familienbeihilfe nach lit. l gewährt wurde und die nach § 12c des Zivildienstgesetzes nicht zum Antritt des ordentlichen Zivildienstes herangezogen werden,

h) für volljährige Kinder, die erheblich behindert sind (§ 8 Abs. 5), das 25 Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; § 2 Abs. 1 lit. b zweiter bis letzter Satz sind nicht anzuwenden,

i) für volljährige Kinder, die sich in dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, in Berufsausbildung befinden und die vor Vollendung des 24. Lebensjahres ein Kind geboren haben oder an dem Tag, an dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, schwanger sind, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,

j) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, bis längstens zum erstmöglichen Abschluss eines Studiums, wenn sie

aa) bis zu dem Kalenderjahr, in dem sie das 19. Lebensjahr vollendet haben, dieses Studium begonnen haben, und

bb) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums bis zum erstmöglichen Studienabschluss zehn oder mehr Semester beträgt, und

cc) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums nicht überschritten wird,

k) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, und die sich in Berufsausbildung befinden, wenn sie vor Vollendung des 24. Lebensjahres einmalig in der Dauer von acht bis zwölf Monaten eine freiwillige praktische Hilfstätigkeit bei einer von einem gemeinnützigen Träger der freien Wohlfahrtspflege zugewiesenen Einsatzstelle im Inland ausgeübt haben; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,

l) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die teilnehmen am

aa) Freiwilligen Sozialjahr nach Abschnitt 2 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,

bb) Freiwilligen Umweltschutzjahr nach Abschnitt 3 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,

cc) Gedenkdienst, Friedens- und Sozialdienst im Ausland nach Abschnitt 4 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,

dd) Europäischen Freiwilligendienst nach der Verordnung (EU) Nr. 1288/2013 zur Einrichtung von "Erasmus+", ABl. Nr. L 347 vom S. 50.

(2) Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind hat die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.

(3) Im Sinne dieses Abschnittes sind Kinder einer Person

a) deren Nachkommen,

b) deren Wahlkinder und deren Nachkommen,

c) deren Stiefkinder,

d) deren Pflegekinder (§§ 186 und 186a des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches).

(3a) Kinder im Sinne dieses Abschnittes sind auch Kinder, die aufgrund einer akut gefährdenden Lebenssituation kurzfristig von Krisenpflegepersonen betreut werden (Krisenpflegekinder). Krisenpflegepersonen im Sinne dieses Bundesgesetzes sind Personen, die im Auftrag des zuständigen Kinder- und Jugendhilfeträgers ausgebildet und von diesem mit der vorübergehenden Pflege und Erziehung eines Kindes für die Dauer der Gefährdungsabklärung betraut wurden.

(4) Die Kosten des Unterhalts umfassen bei minderjährigen Kindern auch die Kosten der Erziehung und bei volljährigen Kindern, die für einen Beruf ausgebildet oder in ihrem Beruf fortgebildet werden, auch die Kosten der Berufsausbildung oder der Berufsfortbildung.

(5) Zum Haushalt einer Person gehört ein Kind dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Die Haushaltszugehörigkeit gilt nicht als aufgehoben, wenn

a) sich das Kind nur vorübergehend außerhalb der gemeinsamen Wohnung aufhält,

b) das Kind für Zwecke der Berufsausübung notwendigerweise am Ort oder in der Nähe des Ortes der Berufsausübung eine Zweitunterkunft bewohnt,

c) sich das Kind wegen eines Leidens oder Gebrechens nicht nur vorübergehend in Anstaltspflege befindet, wenn die Person zu den Kosten des Unterhalts mindestens in Höhe der Familienbeihilfe für ein Kind beiträgt; handelt es sich um ein erheblich behindertes Kind, erhöht sich dieser Betrag um den Erhöhungsbetrag für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4).

Ein Kind gilt bei beiden Elternteilen als haushaltszugehörig, wenn diese einen gemeinsamen Haushalt führen, dem das Kind angehört.

(6) Bezieht ein Kind Einkünfte, die durch Gesetz als einkommensteuerfrei erklärt sind, ist bei Beurteilung der Frage, ob ein Kind auf Kosten einer Person unterhalten wird, von dem um jene Einkünfte geminderten Betrag der Kosten des Unterhalts auszugehen; in diesen Fällen trägt eine Person die Kosten des Unterhalts jedoch nur dann überwiegend, wenn sie hiezu monatlich mindestens in einem Ausmaß beiträgt, das betragsmäßig der Familienbeihilfe für ein Kind (§ 8 Abs. 2) oder, wenn es sich um ein erheblich behindertes Kind handelt, der Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 2 und 4) entspricht.

(7) Unterhaltsleistungen auf Grund eines Ausgedinges gelten als auf Kosten des Unterhaltsleistenden erbracht, wenn der Unterhaltsleistende mit dem Empfänger der Unterhaltsleistungen verwandt oder verschwägert ist; solche Unterhaltsleistungen zählen für den Anspruch auf Familienbeihilfe auch nicht als eigene Einkünfte des Kindes.

(8) Personen haben nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet haben. Eine Person hat den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in dem Staat, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat.

(9) Die Anspruchsdauer nach Abs. 1 lit. b und lit. d bis j verlängert sich im Zusammenhang mit der COVID-19-Krise, unabhängig von der Dauer der Beeinträchtigung durch diese Krise, nach Maßgabe folgender Bestimmungen:

a) für volljährige Kinder, die eine Berufsausbildung absolvieren, über die Altersgrenze hinaus um längstens sechs Monate, bei einer vor Erreichung der Altersgrenze begonnenen Berufsausbildung infolge der COVID-19-Krise,

b) für volljährige Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes genannte Einrichtung besuchen, abweichend von lit. a über die Altersgrenze und die Studiendauer, für die nach Abs. 1 Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, hinaus um ein weiteres Semester oder um ein weiteres Ausbildungsjahr, bei einem vor Erreichung der Altersgrenze begonnenem Studium infolge der COVID-19-Krise,

c) für volljährige Kinder, die eine Berufsausbildung beginnen oder fortsetzen möchten (Abs. 1 lit. d bis g), über die Altersgrenze hinaus um längstens sechs Monate, wenn zum Zeitpunkt der Erreichung der Altersgrenze der Beginn oder die Fortsetzung der Berufsausbildung infolge der COVID-19-Krise nicht möglich ist,

d) für volljährige Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes genannte Einrichtung besuchen möchten (Abs. 1 lit. d bis g), abweichend von lit. a über die Altersgrenze und die Studiendauer, für die nach Abs. 1 Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, hinaus um ein Semester oder um ein Ausbildungsjahr, wenn zum Zeitpunkt der Erreichung der Altersgrenze der Beginn oder die Fortsetzung des Studiums infolge der COVID-19-Krise nicht möglich ist.

§ 3 FLAG 1967 lautet:

§ 3. (1) Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, haben nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie sich nach §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, oder nach § 54 des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 87/2012, rechtmäßig in Österreich aufhalten.

(2) Anspruch auf Familienbeihilfe besteht für Kinder, die nicht österreichische Staatsbürger sind, sofern sie sich nach §§ 8 und 9 NAG oder nach § 54 AsylG 2005 rechtmäßig in Österreich aufhalten.

(3) Abweichend von Abs. 1 haben Personen, denen Asyl nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100, gewährt wurde, Anspruch auf Familienbeihilfe. Anspruch besteht auch für Kinder, denen nach dem Asylgesetz 2005 Asyl gewährt wurde.

(4) Abweichend von Abs. 1 haben Personen, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten nach dem Asylgesetz 2005 zuerkannt wurde, Anspruch auf Familienbeihilfe, sofern sie keine Leistungen aus der Grundversorgung erhalten und unselbständig oder selbständig erwerbstätig sind. Anspruch besteht auch für Kinder, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten nach dem Asylgesetz 2005 zuerkannt wurde.

(5) In den Fällen des Abs. 2, Abs. 3 letzter Satz und Abs. 4 letzter Satz wird für nachgeborene Kinder die Familienbeihilfe rückwirkend gewährt. Gleiches gilt für Adoptiv- und Pflegekinder, rückwirkend bis zur Begründung des Mittelpunktes der Lebensinteressen im Bundesgebiet (§ 2 Abs. 8) durch den Elternteil und das Kind. Als nachgeborene Kinder gelten jene Kinder, die nach dem Zeitpunkt der Erteilung des Aufenthaltstitels oder der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten an den zusammenführenden Fremden geboren werden.

§ 4 FLAG 1967 lautet:

§ 4. (1) Personen, die Anspruch auf eine gleichartige ausländische Beihilfe haben, haben keinen Anspruch auf Familienbeihilfe.

(2) Österreichische Staatsbürger, die gemäß Abs. 1 oder gemäß § 5 Abs. 5 vom Anspruch auf die Familienbeihilfe ausgeschlossen sind, erhalten eine Ausgleichszahlung, wenn die Höhe der gleichartigen ausländischen Beihilfe, auf die sie oder eine andere Person (§ 5 Abs. 5) Anspruch haben, geringer ist als die Familienbeihilfe, die ihnen nach diesem Bundesgesetz ansonsten zu gewähren wäre.

(3) Die Ausgleichszahlung wird in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen der gleichartigen ausländischen Beihilfe und der Familienbeihilfe, die nach diesem Bundesgesetz zu gewähren wäre, geleistet.

(4) Die Ausgleichszahlung ist jährlich nach Ablauf des Kalenderjahres, wenn aber der Anspruch auf die gleichartige ausländische Beihilfe früher erlischt, nach Erlöschen dieses Anspruches über Antrag zu gewähren.

(5) Die in ausländischer Währung gezahlten gleichartigen ausländischen Beihilfen sind nach den vom Bundesministerium für Finanzen auf Grund des § 4 Abs. 8 des Umsatzsteuergesetzes 1972, BGBl. Nr. 223/1972, in der "Wiener Zeitung" kundgemachten jeweiligen Durchschnittskursen in inländische Währung umzurechnen.

(6) Die Ausgleichszahlung gilt als Familienbeihilfe im Sinne dieses Bundesgesetzes; die Bestimmungen über die Höhe der Familienbeihilfe finden jedoch auf die Ausgleichszahlung keine Anwendung.

(7) Der Anspruch auf die Ausgleichszahlung geht auf die Kinder, für die sie zu gewähren ist, über, wenn der Anspruchsberechtigte vor rechtzeitiger Geltendmachung des Anspruches gestorben ist. Sind mehrere anspruchsberechtigte Kinder vorhanden, ist die Ausgleichszahlung durch die Anzahl der anspruchsberechtigten Kinder zu teilen.

§ 5 FLAG 1967 lautet:

§ 5. (1) Ein zu versteuerndes Einkommen (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) eines Kindes führt bis zu einem Betrag von 15.000 € in einem Kalenderjahr nicht zum Wegfall der Familienbeihilfe. Übersteigt das zu versteuernde Einkommen (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) eines Kindes in einem Kalenderjahr, das nach dem Kalenderjahr liegt, in dem das Kind das 19. Lebensjahr vollendet hat, den Betrag von 15.000 €, so verringert sich die Familienbeihilfe, die für dieses Kind nach § 8 Abs. 2 einschließlich § 8 Abs. 4 gewährt wird, für dieses Kalenderjahr um den 15.000 € übersteigenden Betrag. § 10 Abs. 2 ist nicht anzuwenden. Bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) des Kindes bleiben außer Betracht:

a) das zu versteuernde Einkommen, das vor oder nach Zeiträumen erzielt wird, für die Anspruch auf Familienbeihilfe besteht,

b) Entschädigungen aus einem anerkannten Lehrverhältnis,

c) Waisenpensionen und Waisenversorgungsgenüsse,

d) Ausgleichszulagen und Ergänzungszulagen, die aufgrund sozialversicherungs- oder pensionsrechtlicher Vorschriften gewährt werden.

e) Pauschalentschädigungen gemäß § 36 Abs. 1 des Heeresgebührengesetzes 2001, die für den außerordentlichen Zivildienst gemäß § 34b in Verbindung mit § 21 Abs. 1 des Zivildienstgesetzes 1986 oder den Einsatzpräsenzdienst gemäß § 19 Abs. 1 Z 5 des Wehrgesetzes 2001 gewährt werden.

(2) Kein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht für Kinder, denen Unterhalt von ihrem Ehegatten oder ihrem früheren Ehegatten zu leisten ist.

(3) Kein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten.

(4) Kein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht für Kinder, für die Anspruch auf eine gleichartige ausländische Beihilfe besteht. Die Gewährung einer Ausgleichszahlung (§ 4 Abs. 2) wird dadurch nicht ausgeschlossen.

§ 10 FLAG 1967 lautet:

§ 10. (1) Die Familienbeihilfe wird, abgesehen von den Fällen des § 10a, nur auf Antrag gewährt; die Erhöhung der Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4) ist besonders zu beantragen.

(2) Die Familienbeihilfe wird vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

(3) Die Familienbeihilfe und die erhöhte Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4) werden höchstens für fünf Jahre rückwirkend vom Beginn des Monats der Antragstellung gewährt. In bezug auf geltend gemachte Ansprüche ist § 209 Abs. 3 der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961, anzuwenden.

(4) Für einen Monat gebührt Familienbeihilfe nur einmal.

(5) Minderjährige, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, bedürfen zur Geltendmachung des Anspruches auf die Familienbeihilfe und zur Empfangnahme der Familienbeihilfe nicht der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters.

§ 11 FLAG 1967 lautet:

§ 11. (1) Die Familienbeihilfe wird, abgesehen von den Fällen des § 4, monatlich durch das Finanzamt Österreich automationsunterstützt ausgezahlt.

(2) Die Auszahlung erfolgt durch Überweisung auf ein Girokonto bei einer inländischen oder ausländischen Kreditunternehmung. Bei berücksichtigungswürdigen Umständen erfolgt die Auszahlung mit Baranweisung.

(3) Die Gebühren für die Auszahlung der Familienbeihilfe im Inland sind aus allgemeinen Haushaltsmitteln zu tragen.

§ 12 FLAG 1967 lautet:

§ 12. (1) Das Finanzamt Österreich hat bei Entstehen oder Wegfall eines Anspruches auf Familienbeihilfe eine Mitteilung auszustellen. Eine Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe ist auch über begründetes Ersuchen der die Familienbeihilfe beziehenden Person auszustellen.

(2) Wird die Auszahlung der Familienbeihilfe eingestellt, ist die Person, die bislang die Familienbeihilfe bezogen hat, zu verständigen.

§ 13 FLAG 1967 lautet:

§ 13. Über Anträge auf Gewährung der Familienbeihilfe hat das Finanzamt Österreich zu entscheiden. Insoweit einem Antrag nicht oder nicht vollinhaltlich stattzugeben ist, ist ein Bescheid zu erlassen.

§ 53 FLAG 1967 lautet:

§ 53. (1) Staatsbürger von Vertragsparteien des Übereinkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) sind, soweit es sich aus dem genannten Übereinkommen ergibt, in diesem Bundesgesetz österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt. Hiebei ist der ständige Aufenthalt eines Kindes in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums nach Maßgabe der gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen dem ständigen Aufenthalt eines Kindes in Österreich gleichzuhalten.

(2) Die Gleichstellung im Sinne des Abs. 1 gilt auch im Bereich der Amtssitzabkommen sowie Privilegienabkommen, soweit diese für Angestellte internationaler Einrichtungen und haushaltszugehörige Familienmitglieder nicht österreichischer Staatsbürgerschaft einen Leistungsausschluss aus dem Familienlastenausgleich vorsehen.

(3) § 41 ist im Rahmen der Koordinierung der sozialen Sicherheit im Europäischen Wirtschaftsraum mit der Maßgabe anzuwenden, dass ein Dienstnehmer im Bundesgebiet als beschäftigt gilt, wenn er den österreichischen Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit unterliegt.

(4) Abs. 1 zweiter Satz findet in Bezug auf § 8a Abs. 1 bis 3 keine Anwendung.

(5) § 26 Abs. 3 der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961, findet in Bezug auf Leistungen nach diesem Bundesgesetz bis Anwendung. Ab ist für Leistungen nach diesem Bundesgesetz § 26 Abs. 3 BAO nur für Personen mit Dienstort im Ausland, die im Auftrag einer Gebietskörperschaft tätig werden, sowie für deren Ehegatten und Kinder anwendbar.

Einkommensteuergesetz 1988

§ 33 Abs. 3 EStG 1988 lautet:

(3) Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, steht im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu. Abweichend davon gilt:

1. Für Kinder, die sich ständig außerhalb eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines Staates des Europäischen Wirtschaftsraumes oder der Schweiz aufhalten, steht kein Kinderabsetzbetrag zu.

2. Für Kinder, die sich ständig in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz aufhalten, ist die Höhe des Kinderabsetzbetrages auf Basis der vom Statistischen Amt der Europäischen Union veröffentlichten vergleichenden Preisniveaus für jeden einzelnen Mitgliedstaat der EU, jede Vertragspartei des Europäischen Wirtschaftsraumes und die Schweiz im Verhältnis zu Österreich zu bestimmen:

a) Die Höhe der Kinderabsetzbeträge ist erstmals ab auf Basis der zum Stichtag zuletzt veröffentlichten Werte anzupassen. Die Höhe der Kinderabsetzbeträge ist in der Folge jedes zweite Jahr auf Basis der zum Stichtag 1. Juni des Vorjahres zuletzt veröffentlichten Werte anzupassen.

b) Die Höhe der Kinderabsetzbeträge ist gemäß § 8a Abs. 3 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 kundzumachen.

Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden.

Slowenisches Recht

Quelle: https://www.missoc.org/missoc-information/missoc-vergleichende-tabellen-datenbank/missoc-vergleichstabellen-datenbank-ergebnisse-anzeigen/?lang=de

Rechtsgrundlagen

Gesetz über elterliche Sorge und Familienleistungen (Zakon o starševskem varstvu in družinskih prejemkih- ZSDP-1) (Amtsblatt der Republik Slowenien, Nr. 26/2014, 90/15, 75/17 - ZUPJS-G, 14/18).

Gesetz über die Durchsetzung von öffentlichen Mitteln (Zakon o uveljavljanju pravic iz javnih sredstev) (Amtsblatt der Republik Slowenien, Nr. 62/2010 einschließlich späterer Änderungen).

Gesetz über Kindergärten (Zakon o vrtcih) (Amtsblatt der Republik Slowenien, Nr. 100/2005 - in der offiziell konsolidierten Version einschließlich späteren Änderungen).

Gesetz über die Unterhaltsvorschusskasse (Zakon o jamstvenem in preživninskem skladu Republike Slovenije) (Amtsblatt der Republik Slowenien, Nr. 78/2006 - in der offiziell konsolidierten Version einschließlich späteren Änderungen).

Gesetz zur Regulierung von Anpassungen von Transfers zu Individuen und Haushalten in der Republik Slowenien (Zakon o usklajevanju transferjev posameznikom in gospodinjstvom v Republiki Sloveniji) (Amtsblatt der Republik Slowenien, Nr. 114/2006 - in der offiziell konsolidierten Version, mit Änderungen).

Kindergeld

Altersgrenze: 18. Jahre.

Monatliches Durchschnittseinkommen pro Familienmitglied darf €1.034,14 im Vorjahr nicht überschreiten.

Der Leistungsbetrag variiert mit dem monatlichen Durchschnittslohn und wird bis zum Alter von 18 Jahren gezahlt:

Für Kinder vor/in der Grundschule variiert der Betrag zwischen €117,05 für das erste Kind, €128,75 für das zweite Kind und €140,47 für jedes weitere Kind für Personen, deren Monatseinkommen bis zu €191,40 beträgt, und €20,36 für das erste Kind, €28,16 für das zweite Kind und €35,95 für jedes weitere Kind für Personen, deren Einkommen zwischen €871,99 und €1.052,75 beträgt.

Für Kinder im Sekundarschulbildung (bzw. in einer zweiten Ausbildung) variiert der Betrag (gezahlt bis zum Alter von 18 Jahren) zwischen €117,05 für das erste Kind, €128,75 für das zweite Kind und €140,47 für jedes weitere Kind für Personen, deren Einkommen €191,40, und €23,42 für das erste Kind, €31,23 für das zweite Kind und €40,85 für jedes weitere Kind für Personen, deren Einkommen zwischen €871,99 und €1.052,75 beträgt.

Lebt das Kind mit nur einem Elternteil, wird das Kindergeld (otroški dodatek) um 30% erhöht.

Besucht ein Kind im Vorschulalter (unter 4 Jahren) keine Kinderbetreuungseinrichtung, wird das Kindergeld um 20% erhöht.

Kindergeld (otroški dodatek) wird an einen Elternteil oder einen Dritten ausgezahlt, der das Kind betreut.

Divergierende Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichts

Nur Wohnstaat der Kinder maßgebend

Die Ansicht des Finanzamts, dass in einem Fall wie dem gegenständlichen nur der Mitgliedstaat der zuständige Rentenstaat sei, wo sich der Wohnort der Kinder befinde, und nur ein Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat sein könne, weswegen die Verpflichtung zur Leistung der Differenzzahlung nach Art. 68 Abs. 2 VO 883/2004 durch den anderen Rentenstaat auszuschließen sei, hat das Bundesfinanzgericht in mehreren Erkenntnissen vertreten, etwa:

...

Die Slowakei ist hinsichtlich der Kindesmutter und des Kindes somit Wohnortstaat.

Im gegenständlichen Fall sind sowohl Österreich als auch die Slowakei Rentenstaaten.

Da der Bf. lt. Artikel 11 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 nur den Rechtsvorschriften eines Staates unterliegen kann, muss anhand der Prioritätsregeln des Artikels 68 zunächst eine Zuordnung hinsichtlich der Renteneinkünfte getroffen werden.

Lt. Artikel 68 Abs. 2 b (ii) der Verordnung (EG) ist bei Leistungen von mehreren Mitgliedstaaten aus denselben Gründen (Rentenbezüge), jener Mitgliedstaat zur Leistung verpflichtet, in dem sich der Wohnort der Kinder befindet (vgl. Dorothee Frings, Sozialleistungen für Unionsbürger/innen nach der VO 883/2004, Feber 2012, Internetpublikation).

Die Subsidiärbestimmung, nach der die Zuständigkeit gemäß der längstens Dauer der Versicherungs- oder Wohnzeiten zu bestimmen ist, kann nicht angewendet werden, da bereits eine Zuordnung nach dem Wohnort des Kindes möglich war.

Diese Subsidiärbestimmung wäre z.B. nur dann notwendig, wenn sich das Kind in keinem der beiden Rentenstaaten, sondern in einem dritten Staat aufhalten würde.

Auf Grund des Wohnortes des Kindes in der Slowakei, ist daher die Slowakei (und nicht Österreich) der für den Bf. durch Rentenleistungen ausschließlich zuständige Staat. Die Slowakei ist Wohnortstaat des Kindes und Rentenstaat des Kindesvaters.

Der Art. 68 Abs. 2 der Verordnung (EG) ist in dem Fall nicht anwendbar, da Personen nur den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates unterliegen können und somit auch keine Zahlung des Unterschiedsbetrages (wie im Fall von unterschiedlich zuständigen Staaten von Kindesmutter und Kindesvater) möglich ist.

Auch den vom Bf. angeführten Ausführungen der Dorothee Frings ist zu entnehmen:

"Bei Rentenempfängern folgen die Familienleistungen stets der Rentenzahlung. Bezieht ein Elternteil eine Rente eines deutschen Versicherungsträgers, so besteht ein Anspruch auf deutsches Kindergeld/Kinderzuschlag unabhängig vom Wohnsitz der Kindes oder der Eltern.

Umgekehrt besteht kein Anspruch auf Familienleistungen in Deutschland, wenn ein Elternteil eine Rente eins anderen Mitgliedstaates bezieht.

Werden Renten von verschiedenen Versicherungsträgern ausgezahlt, so besteht der Anspruch auf Familienleistungen am Wohnsitz des Kindes, wenn von dem Rententräger dieses Staates eine Rente gezahlt wird. Lebt das Kind in einem Staat, in dem keine Rente gezahlt wird, so richtet sich der zuständige Träger nach der Dauer der Versicherungs- und Wohnsitzzeiten."

Im gegenständlichen Fall lebt die Tochter des Bf. in der Slowakei, in der der Bf. eine Rente bezieht.

Nach Ansicht des BFG kommen daher die Prioritätsregeln des Art 68 der Verordnung (EG) zum Zug, und die Slowakei, als Wohnsitzstaates des Kindes, hat die Familienleistungen zu zahlen.

...

Eine Differenzzahlung nach Art. 68 Abs. 2 VO 883/2004 kommt grundsätzlich in Betracht, wenn ein Mitgliedstaat nur nachrangig zur Erbringung der Familienleistungen verpflichtet ist, dessen Familienleistungen jedoch höher sind als die des vorrangig verpflichteten Mitgliedstaats. (Vgl. Csaszar in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG, Rz 178 zu § 53).

Eine Differenzzahlung nach Art. 68 Abs. 2 VO 883/2004 kann allerdings nur dann zu leisten sein, wenn die Ansprüche zweier oder mehrerer Familienangehöriger nach Unionsrecht gegen zwei oder mehrere unterschiedliche Mitgliedstaaten gerichtet sind. (Vgl. , , ).

Nach dem Unionsrecht unterliegt die einzelne Person, für die die VO 883/2004 gilt, immer nur den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates (Art. 11 Abs. 1 VO 883/2004). Welche Rechtsordnung hiefür in Frage kommt, ist unter Titel II Art. 11 ff VO 883/2004 geregelt.

Nach Art. 11 Abs. 3 lit. a VO 883/2004 sind in der Regel die Rechtsvorschriften jenes Staates anzuwenden, in dem eine (nichtselbständige oder selbständige) Tätigkeit ausgeübt wird. Das sogenannte "Beschäftigungsland" ist damit der "zuständige Staat" und die Rechtsvorschriften dieses Staats sind für die Ansprüche aller hier beschäftigten Unionsbürger anzuwenden ("Beschäftigungslandprinzip"). (Vgl. , ).

Aus Art. 11 Abs. 2 VO 883/2004 lässt sich ableiten, dass der Bezug einer Pension, einer Rente und der Bezug von Pflegegeld keine einer Beschäftigung "gleichgestellte Situation" im Sinne des Art. 1 lit. a VO 883/2004 schafft. (Vgl. Csaszar in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG, Rz 106 zu § 53).

Aus Art. 11 Abs. 3 lit. e iVm § 68 Abs. 1 lit. a und b VO 883/2004 ergibt sich des Weiteren, dass bei Nichtvorliegen einer (nichtselbständigen oder selbständigen) Tätigkeit die Rechtsvorschriften jenes Staates anzuwenden sind, von dem eine Rente bezogen wird. Wird nicht nur vom Wohnortstaat, sondern von weiteren Mitgliedstaaten eine Rente bezogen, gelten die Rechtsvorschriften des Wohnortstaates vorrangig.

Falls von einer Person weder einer (nichtselbständigen oder selbständigen) Tätigkeit nachgegangen wird noch eine Rente bezogen wird, sind nach Art. 11 Abs. 3 lit. e VO 883/2004 die Rechtsvorschriften des Wohnortstaates anzuwenden.

Laut der Sachverhaltsdarstellung unter Pkt. 1 geht die Bf in der Slowakei ab 08/2013 einer Beschäftigung nach und bezieht gleichzeitig (neben einer Witwenpension aus der Slowakei) eine Witwenpension aus Österreich. Diese aus Österreich bezogene Witwenpension ist (ebenso wie die slowakische Witwenpension) nach den vorstehenden Ausführungen nicht einer Beschäftigung im Sinne des Art. 11 Abs. 3 lit a iVm Art. 1 lit. a VO 883/2004 gleichgestellt. Die einzige Beschäftigung im Sinne des Art. 11 Abs. 3 lit a VO 883/2004 wird von der Bf in der Slowakei ausgeübt. Nach dem Beschäftigungslandprinzip unterliegt die Bf somit den Rechtsvorschriften der Slowakei.

Die minderjährigen Söhne der Bf A und B unterliegen aufgrund des Waisenrentenbezuges aus der Slowakei und des Wohnsitzes in der Slowakei (vgl. Sachverhaltsdarstellung unter Pkt 1) ebenfalls den Rechtsvorschriften der Slowakei.

Da die Ansprüche der Bf und ihrer Söhne nicht gegen zwei unterschiedliche Mitgliedstaaten, sondern ausschließlich gegen die Slowakei gerichtet sind, kann Art. 68 Abs. 2 VO 883/2004 nicht zur Anwendung kommen. Es besteht somit kein Anspruch der Bf auf die Gewährung einer Differenzzahlung nach Art. 68 Abs. 2 VO 883/2004.

Die Bf und ihre Söhne A und B unterliegen nicht den österreichischen Rechtsvorschriften, sodass sie auch eine Ausgleichszahlung nach österreichischem Recht (§ 4 FLAG 1967) nicht in Anspruch nehmen können. (Vgl. , ).

...

Es ist klar geregelt, dass der Bezug einer Altersrente nicht als Beschäftigung gilt (Art.11 Abs. 2) und im Falle des Bezuges von Renten jener Staat zuständig ist, nach dessen Bestimmungen der jeweilige Träger die Rente leistet.

Der Bf. bezieht, seit 12/2013 gleichzeitig, sowohl von einem österreichischen, als auch von einem polnischen Träger eine Rente.

Da der Bf. nur den Rechtsvorschriften eines der beiden Mitgliedsländer unterliegen kann (Art. 11 Abs. 2) ist dieses anhand der Prioritätsregeln des Art. 68 VO 883/2004 zu bestimmen.

Bei Bezug von (zwei oder mehr) Renten ist auf den Wohnort der Kinder (hier des Kindes) abzustellen.

...

Der Bf. fällt somit, in den streitgegenständlichen Zeiträumen, gemäß der Regelungen der VO 883/2004, in den Zuständigkeitsbereich der Rechtsvorschriften Polens.

Der Bf. kann daher nicht, nach den in Österreich geltenden Bestimmungen Familienleisten - konkret Familienbeihilfe - in Anspruch nehmen.

...

...

Da der Bf. lt. Artikel 11 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 nur den Rechtsvorschriften eines Staates unterliegen kann, muss anhand der Prioritätsregeln des Artikels 68 zunächst eine Zuordnung hinsichtlich der Renteneinkünfte getroffen werden.

Lt. Artikel 68 Abs. 1 lit. b sublit. ii der Verordnung (EG) ist bei Leistungen von mehreren Mitgliedstaaten aus denselben Gründen (Rentenbezüge), jener Mitgliedstaat zur Leistung verpflichtet, in dem sich der Wohnort der Kinder befindet (vgl. Dorothee Frings, Sozialleistungen für Unionsbürger/innen nach der VO 883/2004, Feber 2012, Internetpublikation).

Auf Grund des Wohnortes des Kindes in ***3***, ist daher ***3*** (und nicht Österreich) der für den Bf. durch Rentenleistungen ausschließlich zuständige Staat.

Der Art. 68 Abs. 2 der Verordnung (EG) ist in dem Fall nicht anwendbar, da Personen nur den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates unterliegen können und kommt ergo dessen auch eine Zahlung des Unterschiedsbetrages (wie im Fall von unterschiedlich zuständigen Staaten von Kindesmutter und Kindesvater) nicht zum Tragen.

Den in der BVE angeführten Ausführungen Dorothee Frings ist betreffend nämlicher Thematik nachstehendes zu entnehmen:

"Bei Rentenempfängern folgen die Familienleistungen stets der Rentenzahlung. Bezieht ein Elternteil eine Rente eines deutschen Versicherungsträgers, so besteht ein Anspruch auf deutsches Kindergeld/Kinderzuschlag unabhängig vom Wohnsitz des Kindes oder der Eltern.

Umgekehrt besteht kein Anspruch auf Familienleistungen in Deutschland, wenn ein Elternteil eine Rente eines anderen Mitgliedstaates bezieht.

Werden Renten von verschiedenen Versicherungsträgern ausgezahlt, so besteht der Anspruch auf Familienleistungen am Wohnsitz des Kindes, wenn von dem Rententräger dieses Staates eine Rente gezahlt wird."

Nach Ansicht des BFG kommen daher die Prioritätsregeln des Art. 68 der Verordnung (EG) zum Zug, mit dem Ergebnis, dass ***3***, als Wohnsitzstaates des Kindes die Familienleistungen zu zahlen hat.

Der Umstand, dass im gegenständlichen Fall nach ***4*** Rechtsvorschriften ein Anspruch für den Sohn des Bf. auf Familienleistungen nicht besteht, respektive vice versa die Auszahlung derselben nicht erfolgt ist, ist - entgegen der Ansicht des Bf. - ob der klaren und unmissverständlich in Art. 68 Abs. 1 lit. b sublit. ii der VO (EG) Nr. 883/2004 determinierten Prioritätsregel - ohne Belang.

...

Österreich als Rentenstaat zu Unterschiedszahlung verpflichtet

Hingegen vertritt eine andere Judikaturlinie unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union die Auffassung, dass der Umstand, dass das Kind in einem anderen Mitgliedstaat wohne und der Vater aus diesem Mitgliedstaat eine Rente beziehe, zwar dazu führe, dass dieser Mitgliedstaat der für die Gewährung der Familienleistungen primär zuständige Mitgliedstaat ist, dies jedoch nicht ausschließe, dass ein Anspruch des Vaters, der auch aus Österreich eine Rente bezieht, nach Art. 68 Abs. 2 VO 883/2004 auf den Unterschiedsbetrag in Höhe des darüber hinausgehenden Betrags der Familienleistungen nach den sekundär anzuwendenden österreichischen Bestimmungen besteht:

Im Erkenntnis ging es um eine polnische Staatsbürgerin, die nach dem Tod ihres in Österreich beschäftigt gewesenen Ehegatten bei einem Arbeitsunfall vom Österreich eine Witwenrente und eine Unfallversicherungs-Hinterbliebenenrente bezog. Ferner bezog die in Polen mit ihren Kindern wohnhafte Bf auch eine polnische Witwenpension.

Unter anderem wird ausgeführt:

"... C-59/95, Rs Bastos Moriana (Hervorhebungen durch BFG):

"Die Artikel 77 und 78 der Bestimmung des Mitgliedstaats dienen, nach dessen Recht sich die Gewährung von Leistungen für unterhaltsberechtigte Kinder von Rentnern und für Waisen regelt; die Leistungen werden dann grundsätzlich nach dem Recht allein dieses Mitgliedstaats gewährt. Nach dem jeweiligen Absatz 2 Buchstabe b Ziffer i dieser Artikel werden die in Rede stehenden Leistungen nach dem Recht des Staates gewährt, in dessen Gebiet der Rentner oder die Waise des verstorbenen Arbeitnehmers wohnt, wenn für den Rentner oder den verstorbenen Arbeitnehmer die Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten gelten beziehungsweise gegolten haben.

Jedoch sind diese Bestimmungen nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes so auszulegen, daß der Anspruch auf Familienleistungen gegen den Staat, in dessen Gebiet der Empfänger einer Invaliditäts- oder Altersrente beziehungsweise die Waise wohnt, nicht den zuvor gegen einen anderen Mitgliedstaat eröffneten Anspruch auf höhere Familienleistungen beseitigt. Vielmehr schuldet letzterer eine Zusatzleistung in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen den beiden Leistungen. (vgl. inbesondere die Urteile vom Rs 733/79 (Laterza, Slg. 1980, 1915), vom Rs 807/79 (Gravina, Slg. 1980, 2205).

Diese Auslegung der Artikel 77 und 78 der Verordnung beruht auf dem vom Gerichtshof vielfach bekräftigten Grundsatz, daß der Zweck der Artikel 48 bis 51 EG-Vertrag verfehlt würde, wenn die Arbeitnehmer, die von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch machen, deswegen Vergünstigungen der sozialen Sicherheit verlören, die ihnen allein nach dem Recht eines Mitgliedstaats zustehen (insbesondere Urteil vom in der Rechtssache 24/75, Petroni, Slg. 1975, 1149, Rn 13). Daher dürfen die Bestimmungen der Verordnung nicht angewandt werden, wenn sie zu einer Verringerung der Leistungen führten, die dem Betroffenen nach dem Recht eines Mitgliedstaats allein aufgrund der dort zurückgelegten Versicherungszeiten zustehen (vgl. in diesem Sinne Urteil Petroni, a. a. O., Rn 16)" (, Rs Bastos Moriana, Rn 15 bis 18)...."

"In Rn 16 des Urteils , C-59/95, Rs Bastos Moriana erkennt der Europäische Gerichtshof zu Recht, dass der (Anm. niedrigere) Beihilfenanspruch gegen den Wohnortstaat NICHT den zuvor erworbenen (Anm. höheren) Beihilfenanspruch gegen den Rentenstaat BESEITIGT. Diesen Grundsatz hat der Europäische Gerichtshof bereits in den Urteilen Laterza und Gravina mit folgenden Worten formuliert.

733/79 (Laterza, Slg. 1980, 1915) (Hervorhebungen durch BFG):

In diesem Fall ging es um die Frage nach der Gewährung der Familienbeihilfe aufgrund einer Umfallrente durch den verunfallten Arbeitnehmer selbst.

"Wie der Gerichtshof in seinem Urteil vom in der Rechtssache 100/79 (Rossi, Sig. 1979, 831) ausgeführt hat, haben die Verordnungen über die soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer kein gemeinsames System der sozialen Sicherheit geschaffen, sondern "eigene Systeme bestehen lassen, die eigene Forderungen gegen eigene Träger gewähren, gegen die dem Leistungsberechtigten unmittelbare Ansprüche entweder allein nach nationalem Recht oder erforderlichenfalls nach durch Gemeinschaftsrecht ergänztem nationalen Recht zustehen". In dem gleichen Urteil hat der Gerichtshof außerdem klargestellt, daß "vorbehaltlich ausdrücklich vorgesehener vertragskonformer Ausnahmen … die Gemeinschaftsregelung so anzuwenden [ist], daß sie dem Wanderarbeitnehmer oder den ihm gegenüber Berechtigten nicht einen Teil der Leistungen nach dem Recht eines Mitgliedstaats aberkennt" oder zu einer Verminderung der Leistungen führt, die nach diesem durch das Gemeinschaftsrecht ergänzten Recht geschuldet werden. Die Verordnung Nr. 1408/71 geht bei dem Erlaß und der Erweiterung der Regeln zur Koordinierung der innerstaatlichen Rechtsvorschriften von dem in der siebten und achten Begründungserwägung niedergelegten Grundprinzip aus, daß diese Regeln den Arbeitnehmern, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, alle ihnen in den einzelnen Mitgliedstaaten zustehenden Leistungen bis zum Höchstbetrag dieser Leistungen sichern sollen." (Rn 8)

"Gemäß diesen Grundsätzen dürfen daher die Bestimmungen des Artikels 77 Absatz 2 Buchstabe b Ziffer i der Verordnung Nr. 1408/71 nicht so angewendet werden, daß dem Arbeitnehmer durch die Ersetzung der in einem anderen Mitgliedstaat geschuldeten Leistungen der Vorteil der günstigeren Leistungen entzogen wird. Die der Verordnung Nr. 1408/71 zugrunde liegenden Prinzipien gebieten vielmehr, daß dann, wenn in dem in Artikel 77 Absatz 2 Buchstabe b Ziffer i vorgesehenen Fall der Betrag der vom Wohnstaat gezahlten Leistungen unter dem der von dem anderen verpflichteten Staat gewährten Leistungen liegt, dem Arbeitnehmer der höhere Betrag erhalten bleibt und er vom zuständigen Träger des letztgenannten Staates eine Zusatzleistung in Höhe des Unterschieds zwischen den beiden Beträgen erhält." (Rn 9)

807/79 (Gravina, Slg. 1980, 2205) (Hervorhebungen durch BFG):

In diesem Fall ging es um den Anspruch auf Waisenrente. Mit Bezug auf das , Rossi, Rn 14, Slg. S. 831, betont der Europäische Gerichtshof, dass die Gemeinschaftsregelung - vorbehaltlich ausdrücklich vorgesehener vertragskonformer Ausnahmen - so anzuwenden, dass sie dem Wanderarbeitnehmer oder den ihm gegenüber Berechtigten nicht einen Teil der Leistungen nach dem Recht eines Mitgliedstaats aberkennt.

, Rs Gravina, Rn 7 und 8 (Hervorhebungen durch BFG):

In dieser Rechtssache ging es ausschließlich um Ansprüche auf Hinterbliebenenrenten für Witwe und Waisen, doch überträgt der Europäische Gerichtshof die dazu entwickelten Rechtsgrundsätze auch auf die Familienbeihilfe (zB , Rs Bastos Moriana).

"Die Verordnung über die soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer haben kein gemeinsames System der sozialen Sicherheit geschaffen, sondern eigene Systeme bestehen lassen, die gesonderte Ansprüche gegen verschiedene Träger gewähren; gegen diese hat der Leistungsberechtigte unmittelbare Ansprüche entweder allein nach nationalem Recht oder erforderlichenfalls nach dem nationalen Recht in Verbindung mit dem Gemeinschaftsrecht, welches sich insbesondere auf den Wegfall der Voraussetzungen des Wohnsitzes bezieht. In seinem Urteil vom (Rs. 100/78, Rossi, Slg. S. 831) hat der Gerichtshof außerdem klargestellt, daß "vorbehaltlich ausdrücklich vorgesehener vertragskonformer Ausnahmen ... die Gemeinschaftsregelung so anzuwenden [ist], daß sie dem Wanderarbeitnehmer oder den ihm gegenüber Berechtigten nicht einen Teil der Leistungen nach dem Recht eines Mitgliedstaats aberkennt"; diese Regelung darf auch keine Verringerung der nach diesem Recht gewährten Leistungen zur Folge haben. Die Verordnung Nr. 1408/71 geht nämlich bei der Feststellung der Vorschriften über die Koordinierung der innerstaatlichen Rechtsvorschriften von dem Grundsatz aus, daß diese Vorschriften den Arbeitnehmern, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, alle ihnen in den einzelnen Mitgliedstaaten zustehenden Leistungen bis zur Obergrenze des höchsten Einzelbetrages dieser Leistungen sichern sollen.

Diesem Grundsatz entsprechend darf daher Artikel 78 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1408/71 nicht so ausgelegt werden, daß die Waisen eines verstorbenen Arbeitnehmers, für den die Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten gegolten haben, dadurch, daß die durch den Mitgliedstaat des neuen Wohnsitzes gewährten Leistungen an die Stelle der Leistungen treten, die sie vorher allein nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats erworben hatten, den Anspruch auf den höheren Betrag dieser Leistungen einbüßen. Wenn die Waisen ihren Wohnsitz in das Gebiet eines Mitgliedstaats verlegen, in dem ihnen nach den Rechtsvorschriften dieses Staates ein Anspruch auf Leistungen zusteht, ist daher der Betrag der tatsächlich gezahlten Leistungen mit dem tatsächlichen Betrag der Leistungen zu vergleichen, die sie in dem anderen Mitgliedstaat weiter bezogen hätten; sind die neuen Leistungen niedriger als die früher erworbenen Leistungen, so ist den Waisen zu Lasten des zuständigen Trägers des anderen Mitgliedstaats, in dem sie Ansprüche auf einen höheren Betrag erworben haben, ein Zuschlag zu den Leistungen in Höhe des Unterschieds zwischen den beiden Beträgen zu gewähren."

C-1/88, Rs Baldi, Rn 8 (Hervorhebungen durch BFG):

"Sowohl für die Zeit, die unter Artikel 77 Absatz 2 Buchstabe a (Bezug einer Rente nur nach den italienischen Rechtsvorschriften), als auch für die Zeit, die unter Artikel 77 Absatz 2 Buchstabe b Ziffer i fällt (Bezug einer Rente jeweils nach den italienischen und den belgischen Rechtsvorschriften), hat der Kläger gegen die Ausgleichskasse [Belgiens] Anspruch auf einen Zuschlag zu den belgischen Familienbeihilfen, wenn der Betrag dieser Familienbeihilfen höher ist als der der italienischen Familienbeihilfen. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes sollen nämlich die Regeln der Verordnung Nr. 1408/71 den Arbeitnehmern, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, alle ihnen in den einzelnen Mitgliedstaaten zustehenden Leistungen bis zum Höchstbetrag dieser Leistungen sichern; gemäß diesen Grundsätzen darf Artikel 77 Absatz 2 Buchstabe b Ziffer i der Verordnung nicht so angewandt werden, daß dem Arbeitnehmer durch die Ersetzung der in einem Mitgliedstaat geschuldeten Leistungen durch die in einem anderen Mitgliedstaat geschuldeten der Vorteil der günstigeren Leistungen entzogen wird (Urteil vom in der Rechtssache 733/79, Laterza, Slg. 1980, 1915; im gleichen Sinne das Urteil vom in der Rechtssache 242/83, Patteri, Slg. 1984, 3171). Dieselben Überlegungen gelten hinsichtlich der Anwendung von Artikel 77 Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung Nr. 1408/71."

C-251/89, Rs Athanasopoulos (Hervorhebungen durch BFG):

Auch in diesem EuGH-Fall hat das vorlegende Gericht zehn Fälle gesammelt und in einigen Fällen lagen Witwenrenten aus mehreren Mitgliedstaaten vor (Rn 5) und "alle Kläger haben die Gewährung von Kindergeld nach dem [deutschen] BKGG [Bundeskindergeld] oder die Zahlung einer Zusatzleistung in Höhe des Unterschieds zwischen dem Kindergeld und den Familienbeihilfen beantragt, die das Recht des Mitgliedstaats, in dem sie wohnen, vorsieht.

Deutschland hat dem EuGH u.a. folgende Frage mit dem Ersuchen um Vorabentscheidung vorgetragen (Rn 15/1):

"Ist von einem Mitgliedstaat, der einem ehemals dort beschäftigten und versicherten Wanderarbeitnehmer oder dessen Waise Rente gewährt, gemäß den Artikeln 77, 78 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 ein Unterschiedsbetrag zwischen dortigen Familienbeihilfen und den Familienbeihilfen eines anderen Mitgliedstaats, in dem der Rentner sowie seine Kinder oder die Waise wohnen und der ebenfalls Rente gewährt, zu zahlen, wenn der Anspruch auf Familienbeihilfen nach dem nationalen Recht des erstgenannten Mitgliedstaats, hier Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz, einen inländischen Wohnsitz sowohl des Berechtigten als auch des berücksichtigungsfähigen Kindes erfordert? Ist Artikel 77 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71, gegebenenfalls unter Berücksichtigung der Erklärung der Bundesrepublik Deutschland vom (ABl. C 139, S. 7), für einen Bezieher einer deutschen Verletztenrente wegen eines Berufsunfalls anwendbar, wenn dieser deutsches Kindergeld beantragt?"

Der EuGH hat diese Frage dahin gehend beantwortet, dass "vorab daran zu erinnern [sei], daß Artikel 77 Absatz 2 Buchstabe b Ziffer i und Artikel 78 Absatz 2 Buchstabe b Ziffer i der Verordnung Nr. 1408/71 nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes nicht so ausgelegt werden dürfen, daß der Erwerbstätige oder die Waise eines verstorbenen Erwerbstätigen deshalb, weil die von einem Mitgliedstaat gewährten Leistungen durch in einem anderen Mitgliedstaat geschuldete Leistungen ersetzt werden, nicht mehr die höheren Leistungen erhält. Wenn daher in den durch diese Vorschriften erfaßten Fällen der Betrag der vom Wohnstaat gezahlten Leistungen niedriger ist als der Betrag der von dem anderen leistungspflichtigen Staat gewährten Leistungen, so erhält der Erwerbstätige oder die Waise des verstorbenen Erwerbstätigen weiterhin den höheren Betrag und hat gegenüber dem zuständigen Träger des letztgenannten Staates Anspruch auf eine Zusatzleistung in Höhe des Unterschieds zwischen den beiden Beträgen (siehe Urteil vom in der Rechtssache 1/88, Baldi, Slg. 1989, 667; im gleichen Sinn Urteil vom in der Rechtssache 807/79, Gravina, Slg. 1980, 2205, Randnr. 8)." (Rn 17)

Aus dem Sachverhalt ergibt sich, dass der EuGH nicht zwischen Erwerbstätigen und Witwen als Hinterbliebenen differenziert, sondern mit dem Begriff "Erwerbstätiger" auch die "Witwe" mitumfasst. Bedeutsam ist, dass zuvor der Ehepartner als Arbeitnehmer oder Selbständiger im anderen Mitgliedstaat den - höheren - Beihilfenanspruch durch die VO 1408/71 erworben hat, indem die Arbeitnehmer- oder Dienstleistungsfreiheit in Anspruch genommen worden war. Folglich führt der EuGH dann in Rn 19, 20 weiter aus, dass "in diesem Zusammenhang hervorzuheben [sei], daß die Verordnung Nr. 1408/71 im Lichte des mit Artikel 51 EWG-Vertrag - ihrer Rechtsgrundlage - verfolgten Ziels auszulegen ist, die Freizügigkeit der Arbeitnehmer zu sichern. Dieses Ziel würde aber nicht erreicht, wenn das Recht eines Mitgliedstaats über die Fälle hinaus, die die gemeinschaftsrechtliche Regelung im Einklang mit den Zielen des Vertrages ausdrücklich vorsieht, die Gewährung der Vergünstigungen der sozialen Sicherheit, die nach diesem Recht geschuldet werden, von der Voraussetzung abhängig machen würde, daß der Arbeitnehmer im betreffenden Mitgliedstaat wohnt. Bezüglich der Leistungen für unterhaltsberechtigte Kinder von Rentnern und der Leistungen für Waisen sehen die Artikel 77 Absatz 2 und 78 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1408/71 ausdrücklich vor, daß diese Leistungen nach Maßgabe dieser Vorschriften ohne Rücksicht darauf gewährt werden, in welchem Mitgliedstaat die Rentner und die Kinder oder aber die Waisen oder die Person, die ihren Unterhalt bestreitet, wohnen."

Der EuGH beantwortet die vorgelegte Frage in Rn 22 wie folgt:

"Daher ist auf den ersten Teil der ersten Frage des vorlegenden Gerichts zu antworten, daß der Rentner oder die Waise eines verstorbenen Arbeitnehmers oder Selbständigen, sofern in den Fällen des Artikels 77 Absatz 2 Buchstabe b Ziffer i und des Artikels 78 Absatz 2 Buchstabe b Ziffer i der Verordnung Nr. 1408/71 der Betrag der vom Wohnmitgliedstaat gezahlten Leistungen niedriger ist als der Betrag der von einem anderen Mitgliedstaat geschuldeten Leistungen, auch dann gegenüber dem zuständigen Träger des letztgenannten Staates Anspruch auf eine Zusatzleistung in Höhe des Unterschieds zwischen beiden Beträgen hat, wenn die Gewährung der Leistungen nach dem Recht dieses Staates voraussetzt, daß sowohl der Berechtigte als auch das berücksichtigungsfähige Kind im Inland wohnen."

Conclusio

Das Unionsrecht kennt im Fall der Lückenschließung nicht nur die der österreichischen Rechtsordnung vertraute Analogie, sondern auch die Rechtsfortbildung und wendet bei Auslegung der VO 1408/71 zur Auslegung des Vertrages die Rechtsfortbildung auch an (arg. "durch das Gemeinschaftsrecht ergänzte Recht").

Die Artikel 77, 78 VO 1408/71 sind daher keine abschließenden Kollisionsnormen. Auslegungsmaßstab sind die Arbeitnehmer- und die Dienstleistungsfreizügigkeit zur Erreichung des Binnenmarktes; eine reine Wortinterpretation der Artikel 77, 78 VO 1408/71 greift zu kurz. Hinterbliebene eines Arbeitnehmers oder Selbständigen, der die Arbeitnehmer- bzw Dienstleistungsfreizügigkeit in Anspruch genommen hat (heute Artikel 45ff und Artikel 56ff AEUV), sind in der Regel also so zu stellen, dass ihnen ohne Kumulierung die höchsten Familienbeihilfen zustehen, sei es aufgrund der nationalen Familienbeihilfenrechte oder aufgrund von durch den EuGH im Wege der Rechtsfortbildung geschaffenem (=ergänzendem) oder suspendierten Unionsrecht. Grenze ist entgegenstehendes Unionsrecht selbst. Das wäre zB dann der Fall, wenn bestimmte Renten vom Anwendungsbereich der VO 1408/71 expresssis verbis ausgenommen werden. Ausnahmen von diesem Grundsatz ergeben sich aus Artikel 79 Abs 3 VO 1408/71, bestehen im konkreten Fall jedoch nicht. Die Kollisionsnormen Artikel 77ff VO 1408/71 sind daher derart anzuwenden, dass durch Ausübung einer unionsrechtlich garantierten Freizügigkeit wohlerworbene Rechte des Beihilfenwerbers nicht verloren gehen (siehe insbes Rs Laterza, vom , C-807/79 Rs Gravina, vom , C-242/83, Rs Patteri, vom , C-1/88, Rs Baldi, vom , C-251/89, Rs Athanasopoulos, vom , C-59/95, Rs Bastos Moriana). ..."

Die neue Verordnung unterschiedet weder zwischen den einzelnen Rentenarten oder zwischen "Familienleistung" und "Familienbeihilfe" noch differenziert sie zwischen den einzelnen Renten. ...

Es begegnet keinem Zweifel, dass aufgrund der vom EuGH in den Urteilen vom Rs 733/79 (Laterza, Slg. 1980, 1915) und vom Rs 807/79 (Gravina, Slg. 1980, 2205) ausgearbeiteten Grundsätzen der Anspruch auf Zuzahlung in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen der auf Null herabgesetzten polnischen Familienleistung und der höheren österreichischen Familienleistung besteht. Ein Vorabentscheidungsersuchens ist vor diesem Hintergrund nicht erforderlich, da das Auslegungsergebnis derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt (vgl , C.I.L.F.I.T.). ...

In weiterer Folge hatte sich das Bundesfinanzgericht sich in seiner Entscheidung zu einer mit der vorliegenden vergleichbaren Sachverhaltskonstellation (Rentenbezug aus Österreich und aus Slowenien) zu befassen und hiezu unter anderem ausgeführt:

"... Bei gemeinschaftsrechtlichen Sachverhalten werden die innerstaatlichen Normen durch die gemeinschaftsrechtlichen Regelungen überlagert. Infolge des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts (Art. 7 der Verordnung Nr. 883/2004) finden die auf den Wohnort im Bundesgebiet abstellenden Bestimmungen des § 2 Abs. 1 FLAG 1967, des § 2 Abs. 8 FLAG 1967 und des § 5 Abs. 3 FLAG 1967 im vorliegenden Fall keine Anwendung. Zufolge des in Art. 4 der Verordnung Nr. 883/2004 normierten Gleichbehandlungsgrundsatzes für Personen, für die diese Verordnung gilt, finden die durch den Anwendungsvorrang dieser Bestimmung verdrängten Bestimmungen des § 3 Abs. 1 und 2 FLAG mit besonderen Voraussetzungen für Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, im vorliegenden Fall keine Anwendung (vgl. ; ). ...

Nach Art. 11 Abs. 3 Buchst. e der Verordnung Nr. 883/2004 unterliegt der Bf. als Rentenbezieher den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats (Slowenien).

Ein Rentner hat nach Art. 67 der Verordnung Nr. 883/2004 Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des für die Rentengewährung zuständigen Mitgliedstaats.

Bei Bezug von Renten aus mehreren Mitgliedstaaten bestimmt Art. 68 Abs. 1 Buchst. b Z ii der Verordnung Nr. 883/2004 welche Rechtsvorschriften Vorrang haben. Dies sind primär die Rechtsvorschriften jenes Staates, in dem die Kinder wohnen, vorausgesetzt, dass aus diesem Staat eine Rente bezogen wird. Nur in Fällen, in denen sich der Wohnort der Kinder in einem Staat befindet, aus dem keine Rente bezogen wird, ist subsidiär die Länge der Versicherungs- oder Wohnzeiten entscheidend.

Da die Tochter des Bf. in Slowenien wohnt und der Bf. aus diesem Staat eine Rente bezieht, haben die Rechtsvorschriften Sloweniens Vorrang. Im vorliegenden Fall ist daher Slowenien der für die Gewährung der Familienleistungen primär zuständige Mitgliedstaat.

Dies schließt jedoch nicht aus, dass der Bf. nach Art. 68 Abs. 2 der Verordnung Nr. 883/2004 Anspruch auf den Unterschiedsbetrag in Höhe des darüber hinausgehenden Betrags der Familienleistungen nach den sekundär anzuwendenden österreichischen Bestimmungen (Differenzzahlung) hat.

Der (Laterza, Slg. 1980, 1915) zur Auslegung des (dem Art. 68 Abs. 1 Buchst. b Z ii der Verordnung Nr. 883/2004) vergleichbaren Art. 77 Abs. 2 Buchst. b Z i der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (in der Folge: Verordnung Nr. 1408/71), Folgendes ausgeführt:

[...] [zitiert wie in , siehe oben]

Im Urteil vom , C-1/88, Rs Baldi, hat der EuGH Folgendes ausgeführt:

[...] [zitiert wie in , siehe oben]

Im Urteil vom , C-59/95, Rs Bastos Moriana, hat der EuGH Folgendes ausgeführt:

[...] [zitiert wie in , siehe oben]

Im Urteil vom , Rechtssache C-251/89 (Athanasopoulos u.a., Slg. 1991, I-2797), hat der EuGH ausgeführt, dass

"Artikel 77 Absatz 2 Buchstabe b Ziffer i und Artikel 78 Absatz 2 Buchstabe b Ziffer i der Verordnung Nr. 1408/71 nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes nicht so ausgelegt werden dürfen, daß der Erwerbstätige oder die Waise eines verstorbenen Erwerbstätigen deshalb, weil die von einem Mitgliedstaat gewährten Leistungen durch in einem anderen Mitgliedstaat geschuldete Leistungen ersetzt werden, nicht mehr die höheren Leistungen erhält. Wenn daher in den durch diese Vorschriften erfassten Fällen der Betrag der vom Wohnstaat gezahlten Leistungen niedriger ist als der Betrag der von dem anderen leistungspflichtigen Staat gewährten Leistungen, so erhält der Erwerbstätige oder die Waise des verstorbenen Erwerbstätigen weiterhin den höheren Betrag und hat gegenüber dem zuständigen Träger des letztgenannten Staates Anspruch auf eine Zusatzleistung in Höhe des Unterschieds zwischen den beiden Beträgen (siehe Urteil vom in der Rechtssache 1/88, Baldi, Slg. 1989, 667; im gleichen Sinn Urteil vom in der Rechtssache 807/79, Gravina, Slg. 1980, 2205, Randnr. 8)." (Rn 17)

Der EuGH hat weiters ausgeführt dass

"die Verordnung Nr. 1408/71 im Lichte des mit Artikel 51 EWG-Vertrag - ihrer Rechtsgrundlage - verfolgten Ziels auszulegen ist, die Freizügigkeit der Arbeitnehmer zu sichern. Dieses Ziel würde aber nicht erreicht, wenn das Recht eines Mitgliedstaats über die Fälle hinaus, die die gemeinschaftsrechtliche Regelung im Einklang mit den Zielen des Vertrages ausdrücklich vorsieht, die Gewährung der Vergünstigungen der sozialen Sicherheit, die nach diesem Recht geschuldet werden, von der Voraussetzung abhängig machen würde, daß der Arbeitnehmer im betreffenden Mitgliedstaat wohnt. Bezüglich der Leistungen für unterhaltsberechtigte Kinder von Rentnern und der Leistungen für Waisen sehen die Artikel 77 Absatz 2 und 78 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1408/71 ausdrücklich vor, daß diese Leistungen nach Maßgabe dieser Vorschriften ohne Rücksicht darauf gewährt werden, in welchem Mitgliedstaat die Rentner und die Kinder oder aber die Waisen oder die Person, die ihren Unterhalt bestreitet, wohnen." (Rn 19, 20, Hervorhebungen durch das BFG)

Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes entfaltet Art. 13 der Verordnung Nr. 1408/71 keine Sperrwirkung für die Anwendung des Rechts des nicht zuständigen Mitgliedstaats (vgl. BFH , III R 8/11; BFH , III R 51/09; BFH , III R 32/11). Die frühere gegenteilige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (z.B. BFH , III R 41/05) ist zwischenzeitlich überholt. Dies hat in gleicher Weise für die im Wesentlichen inhaltsgleiche Regelung des Art. 11 der Verordnung Nr. 883/2004 zu gelten.

Da der Bf. für seine im Streitzeitraum in Berufsausbildung stehende Tochter nach dem Erreichen des 18. Lebensjahres der Tochter in Slowenien keinen Anspruch auf Familienleistungen mehr hatte, steht ihm die österreichische Familienbeihilfe in voller Höhe zu (vgl. auch , betreffend eine polnische Staatsbürgerin, die im Streitzeitraum Renten aus Österreich und aus Polen bezog)."

Hiezu wurde folgender Rechtssatz gebildet:

Bei Bezug von Renten aus mehreren Mitgliedstaaten bestimmt Art. 68 Abs. 1 Buchst. b Z ii der Verordnung Nr. 883/2004, welche Rechtsvorschriften Vorrang haben. Dies sind primär die Rechtsvorschriften jenes Staates, in dem die Kinder wohnen, vorausgesetzt, dass aus diesem Staat eine Rente bezogen wird. Nur in Fällen, in denen sich der Wohnort der Kinder in einem Staat befindet, aus dem keine Rente bezogen wird, ist subsidiär die Länge der Versicherungs- oder Wohnzeiten entscheidend.

Wohnt die Tochter des Bf. in Slowenien und bezieht der Bf. aus diesem Staat eine Rente, haben die Rechtsvorschriften Sloweniens Vorrang. Slowenien ist daher der für die Gewährung der Familienleistungen primär zuständige Mitgliedstaat.

Dies schließt jedoch nicht aus, dass der Bf. nach Art. 68 Abs. 2 der Verordnung Nr. 883/2004 Anspruch auf den Unterschiedsbetrag in Höhe des darüber hinausgehenden Betrags der Familienleistungen nach den sekundär anzuwendenden österreichischen Bestimmungen (Differenzzahlung) hat.

Diese Auffassung wurde im Erkenntnis (nicht veröffentlicht) geteilt.

Das Bundesfinanzgericht hat sich auch im Erkenntnis der im Erkenntnis vertretenen Auffassung in Wiederholung der dortigen Begründung angeschlossen.

Gebhart in Lenneis/Wanke, FLAG 2. A. 2020 § 53 Rz 302 ff.

In der Literatur (Gebhart in Lenneis/Wanke, FLAG 2. A. 2020 § 53 Rz 302 ff.) wird zu der vom Finanzamt vertretenen Ansicht, "Art. 68 Abs. 2 der Verordnung (EG) ist nicht anwendbar, da Personen nur den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates unterliegen können und somit auch keine Zahlung des Unterschiedsbetrages (wie im Fall von unterschiedlich zuständigen Staaten von Kindesmutter und Kindesvater) möglich ist" unter anderem ausgeführt:

Der Grundsatz der Exklusivität (es gibt nur einen zuständigen Mitgliedstaat) trifft auf Familienleistungen nicht zu. Wegen des Auseinanderfallens von erwerbsbedingtem Aufenthalt und Wohnort existieren in Bezug auf Familienleistungen stets zwei zumindest potentiell verpflichtete Mitgliedstaaten (Rz 135). Art 68 der VO 88372004 bestimmt niemals den allein für Familienleistungen zuständigen Mitgliedstaat, sondern verfolgt das Ziel, die Rangfolge der beteiligten Mitgliedstaaten zu bestimmen. Den nachrangig zuständigen Mitgliedstaat trifft erforderlichenfalls die Verpflichtung zur Leistung der Differenzzahlung. An Art 68 der VO 883/2004 zeigt sich besonders deutlich der Grundsatz der Koordinierung der beteiligten Mitgliedstaaten.

Die in Art 68 Abs 1 Buchstabe b) sublit i) der VO 883/2004 verwendete Wortfolge "Ansprüche, die durch eine Beschäftigung oder eine selbständige Erwerbstätigkeit ausgelöst werden" ist so zu verstehen, dass das nationale Beihilfenrecht den Anspruch auf Familienleistungen tatbestandsmäßig an die Ausübung einer Beschäftigung bzw selbständigen Erwerbstätigkeit knüpft und zusätzlich die Beschäftigung oder selbständige Erwerbstätigkeit tatsächlich ausgeübt wird. Nur bei Erfüllung dieses Tatbestandsmerkmals werden Ansprüche auf Familienleistung ausgelöst. Das trifft jedenfalls auf Ansprüche zu, die durch die VO 883/2004 ausgelöst werden. Ein solcher Mitgliedstaat ist Beschäftigungsstaat nach Unions­recht iSd Art 67 der VO 883/2004.

Anders als Österreich knüpfen auch einzelne Mitgliedstaaten den Anspruch auf Familienleistungen an die Ausübung einer Beschäftigung oder selbständigen Erwerbstätigkeit (zB Griechenland, Rs Slanina), sodass nach mitgliedstaatlichen Rechtsvorschriften ebenfalls Beschäftigungsstaaten existieren. Ist nun der Mitgliedstaat, wo sich der Wohnort befindet, nach seinen nationalen Rechtsvorschriften ein Beschäftigungsstaat, treffen ein Unionsbeschäftigungsstaat und ein nationaler Beschäftigungsstaat aufeinander. Nur in diesem Fall stehen einander zwei gleichwertige Beschäftigungsstaaten gegenüber, sodass es nur in dieser Konstellation gerechtfertigt ist, dass der Wohnort den Ausschlag gibt. Beide Tatbestandsmerkmale müssen daher kumulativ erfüllt sein. Weder die abstrakte Rechtslage per se, die die Ausübung einer Erwerbstätigkeit fordert, noch die bloße Ausübung einer Erwerbstätigkeit im Wohnmitgliedstaat per se reicht für eine Prioritätenumkehr nach dieser Bestimmung aus. Zur Definition des Beschäftigungsstaates wird auf die Ausführungen zum Beschäftigungslandprinzip verwiesen (Rz 96). ...

Eine Rente wird dann nach "diesen Rechtsvorschriften geschuldet", wenn die Person Versicherungszeiten aufgrund der Ausübung der Arbeitnehmerfreizügigkeit erworben hat. Eine solche Rente vermittelt nach Unionsrecht einen Anspruch auf Familienleistungen (Rentenstaat nach Unionsrecht gem Art 67 der VO 883/2004). Im Fall des Aufeinandertreffens von zwei Rentenstaaten nach Art 68 Abs 1 Buchstabe b) sublit ii) der VO 883/2004 wird mit der Wortfolge "die durch den Bezug einer Rente ausgelöst werden" die Gleichwertigkeit der Rentenstaaten erzielt. Um Prioritätenumkehr zu bewirken, müsste also in den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaates, wo sich auch der Wohnort befindet, der Renten­bezug als Tatbestands­voraussetzung für die Gewährung der Familienleistung normiert sein. Subsidiär ist auf die längste Dauer der nach den widerstreitenden Rechtsvorschriften zurückgelegten Versicherungs- oder Wohnzeiten abzustellen....

Da das FLAG den Anspruch auf FB nicht an die Ausübung einer Erwerbstätigkeit oder den Bezug einer Rente anknüpft, kann Österreich niemals originär Beschäftigungs- oder Rentenstaat sein, und zwar selbst dann nicht, wenn in Österreich eine Beschäftigung oder selbständige Erwerbstätigkeit tatsächlich ausgeübt oder von Österreich eine Rente bezogen wird. Österreich knüpft den Anspruch auf die FB an den Wohnort an und ist mithin originär immer Wohnmitgliedstaat.

Österreich kann ausschließlich derivativ nach Art 68 Abs 1 Buchstabe b) sublit i) oder sublit ii) der VO 883/2004 Beschäftigungs- oder Rentenstaat werden, indem ein EU-Ausländer in Österreich als Wanderarbeitnehmer tätig wird und aufgrund des Erwerbs der damit verbundenen Versicherungszeiten in weiterer Folge eine Rente bezieht...

Vorabentscheidungsersuchen /2019

Das Bundesfinanzgericht hat mit /2019 dem Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 AEUV folgende Fragen mit dem Ersuchen um Vorabentscheidung vorgelegt (beim EuGH seit zu C-199/21 anhängig):

Frage 1, die sich gemeinsam mit Frage 2 stellt:

Ist die Wortfolge "für die Rentengewährung zuständige[r] Mitgliedstaat" im zweiten Satz des Art 67 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (ABl. 2004, L 166, S. 1, berichtigt im ABl. 2004, L 200, S. 1) in der durch die Verordnung (EU) Nr. 465/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom (ABl. 2012, L 149, S. 4) geänderten Fassung (im Folgenden: VO 883/2004, neue Koordinierung oder Grundverordnung) dahingehend auszulegen, dass damit jener Mitgliedstaat gemeint ist, der zuvor als Beschäftigungsstaat für die Familienleistungen zuständig war und der nunmehr zu Leistung der Altersrente, deren Anspruch auf die auf seinem Hoheitsgebiet vorangegangene Ausübung der Arbeitnehmerfreizügigkeit beruht, verpflichtet ist?

Frage 2:

Ist die Wortfolge des Art 68 Abs 1 Buchstabe b) sublit ii) der VO 883/2004 "Ansprüche, die durch den Bezug einer Rente ausgelöst werden," dahingehend auszulegen, dass ein Familienleistungsanspruch dann als durch den Bezug einer Rente ausgelöst anzusehen ist, wenn erstens die unionsrechtlichen ODER mitgliedstaatlichen Rechtsvorschriften für den Anspruch auf Familienleistung den Bezug einer Rente als Tatbestandsmerkmal vorsehen und zweitens darüber hinaus das Tatbestandsmerkmal des Rentenbezugs auf der Tatsachenebene tatsächlich erfüllt wird, sodass ein ,schlichter Rentenbezug' dem Art 68 Abs 1 Buchstabe b) sublit ii) der VO 883/2004 nicht unterfällt und der betroffene Mitgliedstaat aus unionsrechtlicher Sicht nicht als "Rentenstaat" anzusehen ist?

Frage 3, die sich alternativ zu Frage 1 und 2 stellt, wenn für die Auslegung des Begriffs Rentenstaat der schlichte Rentenbezug ausreicht:

Ist im Fall des Bezugs einer Altersrente, deren Anspruch im Anwendungssbereich der Wanderarbeitnehmerverordnungen sowie davor durch Ausübung einer Beschäftigung in einem Mitgliedstaat in einem Zeitraum, als entweder der Wohnortstaat allein oder beide Staaten noch nicht Mitgliedstaaten der Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums waren, die Wortfolge "erforderlichenfalls ist ein Unterschiedsbetrag in Höhe des darüber hinausgehenden Betrags der Leistungen zu gewähren" in Art 68 Abs 2 Satz 2 Halbsatz 2 der VO 883/2004 im Lichte des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom , Rs 733/79, Laterza, zu verstehen, sodass durch das Unionsrecht auch bei Rentenbezug die Familienleistung im höchstmöglichen Ausmaß garantiert wird?

Frage 4:

Ist Art 60 Abs 1 Satz 3 der VO 987/2009 dahingehend auszulegen, dass er § 2 Abs 5 FLAG 1967, demzufolge im Fall der Scheidung der Anspruch auf die Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag solange dem haushaltsführenden Elternteil zusteht, wie das volljährige und studierende Kind dessen Haushalt zugehört, der jedoch weder im Wohnortstaat noch im Rentenstaat einen Antrag gestellt hat, entgegensteht, sodass der andere Elternteil, der als Rentner in Österreich wohnt und die ausschließliche Geldunterhaltslast für das Kind tatsächlich trägt, den Anspruch auf die Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag beim Träger des Mitgliedstaates, dessen Rechtsvorschriften vorrangig anzuwenden sind, unmittelbar auf Art 60 Abs 1 Satz 3 der VO 987/2009 stützen kann?

Frage 5, die sich gemeinsam mit Frage 4 stellt.

Ist Art 60 Abs 1 Satz 3 der VO 987/2009 ferner dahingehend auszulegen, dass für die Begründung der Parteistellung des Unionsarbeitnehmers im mitgliedstaatlichen Familienleistungsverfahren auch erforderlich ist, dass er überwiegend den Unterhalt iSd Art 1 Buchst i) Ziffer 3 VO 883/2004 trägt?

Frage 6:

Sind die Bestimmungen über das Dialogverfahren gemäß Art 60 der Verordnung (EG) Nr 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom , ABlEU 30.10.009, L 284, zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (in der Folge: VO 987/2009 oder Durchführungsverordnung) dahingehend auszulegen, dass ein solches von den Trägern der beteiligten Mitgliedstaates nicht nur im Fall der Gewährung von Familienleistungen, sondern auch im Fall von Rückforderungen von Familienleistungen zu führen ist?

Begründend wurde unter anderem ausgeführt:

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft im Kern die Auslegung des unionsrechtlichen Begriffs des "Rentenstaates" nach Art 67 und 68 der VO 883/2004 sowie Sinn und Zweck der Differenzzahlung iSd Art 68 Abs 2 der Verordnung und ferner die Frage, ob die Verpflichtung zur Leistung der Differenzzahlung bei Rentenbezug entfällt. Das Vorabentscheidungsersuchen ist weiters aufgrund zweier unterschiedlicher Judikaturlinien innerhalb des BFG geboten.

Mit Erkenntnis vom , RV/7103009/2015, (OZ II/4) hat das BFG in einer identen Ausgangssituation, die bereits in den Anwendungsbereich der neuen Koordinierung fiel, zu Recht erkannt hat, dass Österreich als unionsrechtlich zuständiger Rentenstaat die Differenzzahlung zu leisten habe, damit die erworbenen Ansprüche gewahrt bleiben. Gestützt hat es sich dabei auf 13 EuGH-Judikate, wobei das Urteil des EuGH in der Rechtssache Laterza als von zentraler Bedeutung zur Problematik der Anspruchswahrung bei ehemals aktiven Unionsarbeitnehmern und nunmehrigen Beziehern von Altersrenten angesehen wurde. Einige Richterinnen folgen dieser Rechtsprechung. Diese Judikaturlinie ist jedoch die Minderheitenmeinung.

Die zweite Judikaturlinie vertritt die gegenteilige Rechtsanschauung, dass nämlich in einem Fall wie der Ausgangssituation nur der Mitgliedstaat der zuständige Rentenstaat sei, wo sich der Wohnort der Kinder befinde. Da nur ein Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat sein könne, sei auch die Verpflichtung zur Leistung der Differenzzahlung nach Art 68 Abs 2 VO 883/2004 durch den anderen "Rentenstaat" auszuschließen [etwa Erkenntnis vom , RV/7106467/2016 (OZ II/5); jüngst Erkenntnis vom , RV/7100107/2021 (OZ II/6)]. Beide Entscheidungen gehen mit der Rechtsansicht des nunmehrigen zuständigen Bundesministeriums für Frauen, Familie und Jugend im Bundeskanzleramt konform (OZ I/2).

Das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen geht sogar weiter als das Erkenntnis RV/7103009/2015, indem es nämlich den Rentenstaat, der der ehemalige Beschäftigungsstaat war (in concreto Österreich), im Verhältnis zu einem Rentenstaat, wo sich zwar der Wohnort der Kinder befindet, nach dessen Rechtsvorschriften der Anspruch auf Familienleistungen jedoch nicht durch den Rentenbezug ausgelöst werden (in concreto Polen), als den zuständigen Mitgliedstaat, dessen Rechtsvorschriften vorrangig anzuwenden sind, erachtet.

...

Es besteht nach Auffassung des BFG nun kein vernünftiger Grund, zwar im Fall der Ausübung einer Erwerbstätigkeit die beiden beteiligten Mitgliedstaaten derart zu koordinieren, dass beide Mitgliedstaaten gemeinsam die Familienleistungen im Höchstausmaß garantieren, indem der eine Mitgliedstaat vorrangig und der andere erforderlichenfalls nachrangig die Differenzzahlung zu leisten hat, jedoch im Fall des Rentenbezugs die beteiligten Mitgliedstaaten nicht durch das unionsrechtliche vinculum iuris des Art 68 der Grundverordnung verbunden sein sollten. Vielmehr koordiniert leg.cit. in jeder Konstellation die im Einzelfall beteiligten Mitgliedstaaten durch Typisierung und Hierarchisierung, wodurch die Rangfolge bestimmt wird, und garantiert durch deren gemeinsame Verpflichtung das Höchstmaß an Familienleistungen. Art 68 VO 883/2004 ist demgemäß nicht als Kollisionsnorm aufzufassen und der Grundsatz, dass nur ein Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat sein kann, trifft zwar für das Titel II der Verordnung zu, nicht aber für Titel III, Kapitel 8, das die Familienleistungen näher regelt. Für Rentensachverhalte ergibt sich die gemeinsame Verpflichtung der beteiligten Mitgliedstaaten aus der Rechtsprechung des EuGH, insbesondere Rs Laterza und die darin angeführte Vorjudikatur.

...

Die Verpflichtung des ehemaligen unionsrechtlichen Beschäftigungsstaates zur Leistung eines Unterschiedsbetrages an den im anderen Mitgliedstaat wohnenden Rentenempfänger entspricht dem , Laterza, das noch zur alten Verordnung ergangen ist und in besonderem Maße den Erwägungsgrund 13 der Verordnung trägt. Im Sinne der Rs Laterza hat das Bundesfinanzgericht erstmals und abweichend von der bis dahin erfolgten hg Spruchpraxis mit Erkenntnis vom , RV/7103009/2015, zu Recht erkannt, dass der polnischen Witwe, deren Ehemann durch einen Arbeitsunfall in Österreich zu Tode kam, die österreichische Familienbeihilfe für das in Polen bei der Mutter Kind lebende in Form der Differenzzahlung des Art 68 Abs 2 VO 883/2004 zustand. Der angefochtene Bescheid wurde am und damit weit vor dem zitierten BFG-Erkenntnis verfasst. Jedoch hat die Vertreterin der belangten Behörde im Laufe des Beschwerdeverfahrens auf Ersuchen des BFG die Auskunft erteilt, dass das BFG-Erkenntnis RV/7103009/2015 nach wie vor nicht beachtet wird, wozu wohl auch die uneinheitliche Spruchpraxis im BFG beiträgt.

Im Anwendungsbereich der alten Verordnung wurde iSd , Laterza, der ehemalige unionsrechtliche Beschäftigungsstaat als nachrangig zuständiger Mitgliedstaat generell zur Differenzzahlung an den im anderen Mitgliedstaat wohnenden Rentner verpflichtet (Wahrung des erworbenen Anspruchs). Im Anwendungsbereich der neuen Koordinierung könnte sich nach der Rechtsanschauung des BFG für Rentenfälle sogar das Prozedere insoweit geändert haben, als bei Aufeinandertreffen von Österreich und einem Rentenstaat qua eigenen Rechts Prioritätenumkehr eintreten könnte.

...

Funktion der Sozialsystemekoordinierungsverordnung

Zur Lösung des Rechtsstreits genügt es im Prinzip, sich die Funktion der Sozialsystemekoordinierungsverordnung VO (EG) 883/2004 vor Augen zu halten:

Die Mitgliedstaaten können ihre Systeme der sozialen Sicherheit, insbesondere die Voraussetzungen, unter denen ein Anspruch auf Leistung besteht, nach ihren Vorstellungen gestalten. Dies mit der Einschränkung, dass sie bei der Ausübung dieser Zuständigkeit nicht gegen Unionsrecht verstoßen (vgl etwa , Kenny; , Coonan; , Decker).

Daran ändert auch die Sozialsystemekoordinierungsverordnung und deren Durchführungsverordnung nichts. Diese Verordnungen schaffen (ebenso wie deren Vorgängerverordnungen) kein gemeinsames System der sozialen Sicherheit, sondern lassen die unterschiedlichen nationalen Systeme bestehen. Sie koordinieren diese nur, um zu gewährleisten, dass das Recht auf Freizügigkeit wirksam ausgeübt werden kann (vgl. , Brey). Die VO 883/2004 und VO 987/2009 bestimmen daher nicht, welche Personen Anspruch auf Familienleistungen haben, auch wenn sie die Regeln festlegen, nach denen diese Personen bestimmt werden können. Welche Personen Anspruch auf Familienleistungen haben, bestimmt sich nämlich allein nach dem nationalen Recht (vgl. , Trapkowski, Rn. 44, 45).

Es ist also nach wie vor Sache der Mitgliedstaaten zu bestimmen, unter welchen Voraussetzungen und wem sie Familienleistungen gewähren. Das Unionsrecht schafft diesbezüglich weder neue unionsrechtliche Anspruchstatbestände noch schränkt es bestehende nationale Anspruchstatbestände dem Grunde nach ein.

Das nationale österreichische Recht knüpft in der Regel an Inlandssachverhalte an, wie etwa in § 2 Abs. 1 FLAG 1967, § 2 Abs. 8 FLAG 1967 und § 5 Abs. 3 FLAG 1967. Dadurch gibt es allein nach nationalem Recht zumeist keinen Anspruch auf Familienleistungen für Erwerbstätige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, oder für Kinder, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen.

Unter Berücksichtigung bereits der primärrechtlichen (wie Art. 15 GRC, Art. 21 GRC, Art. 45 GRC, Art. 20 AEUV, Art. 21 AEUV, Art. 45 AEUV, Art. 49 AEUV), aber auch zahlreicher sekundärrechtlichen Freizügigkeits- und Antidiskriminierungsbestimmungen bedingt das (gegenüber dem nationalen Recht Vorrang genießendem, vgl. für viele zuletzt etwa , C-127/19, C-195/19, C-291/19, C-355/19 und C-397/19, Asociația "Forumul Judecătorilor din România" u. a., Rn 244 m. w. N. , oder , W.Ż.() und des affaires publiques de la Cour suprême - nomination), Rn 156 ff.) Unionsrecht, dass ein Anspruch auf Familienleistungen nach nationalem Recht nicht vom Wohnort innerhalb der Union abhängig ist. Dies würde dazu führen, dass bei mitgliedstaatsübergreifenden Sachverhalten ein Anspruch auf volle Familienleistungen in zwei oder mehreren Mitgliedstaaten bestehen kann, wenn die jeweiligen Mitgliedstaaten leistungsbezogen unter anderem an den Wohnort anknüpfen, da unionsrechtlich Wohnortklauseln des nationalen Rechts so auszulegen sind, dass der Wohnort in einem anderen Mitgliedstaat dem Wohnort im Anspruchsmitgliedstaat in Bezug auf Familienleistungen gleichzusetzen ist.

Um eine derartige Kumulierung von Ansprüchen, die auf das Unionsrecht mit seiner Gleichstellung von Ereignissen, die sich in einem anderen Mitgliedstaat ereignen, mit jenem im eigenen Hoheitsgebiet (vgl. Art. 67 VO 883/2004 für Familienleistungen) zurückgehen, zu vermeiden, enthält die Sozialsystemekoordinierungsverordnung Priorisierungsregeln, die normieren, welcher von zwei oder mehreren Mitgliedstaaten zur Zahlung entweder des vollen Betrags an seinen Familienleistungen oder des Unterschiedsbetrags seiner Familienleistungen zu den niedrigeren Familienleistungen des anderen Mitgliedstaats oder der anderen Mitgliedstaaten (Differenzzahlung, Ausgleichszahlung) zuständig ist.

Die Sozialsystemekoordinierungsverordnung schafft weder Ansprüche auf Familienleistungen nach nationalem Recht noch vernichtet sie Ansprüche auf Familienleistungen nach nationalem Recht dem Grunde nach. Sie stellt lediglich sicher, dass ein Unionsbürger, der von seinem Freizügigkeitsrecht Gebrauch macht oder Gebrauch gemacht hat, im Ergebnis jene Familienleistungen erhält, die ihm nach dem Recht jenes der betroffenen Mitgliedstaaten zusteht, der die höhere Familienleistung vorsieht. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Daher wird durch die VO 883/2004 ein nach nationalem Recht unter Beachtung des Unionsrechts bestehender Anspruch auf Familienleistungen nicht zur Gänze beseitigt, sondern - im Fall der vorrangigen Zuständigkeit des Mitgliedstaates nach den Koordinierungsregelungen der Verordnung - überhaupt nicht oder - im Fall der nachrangigen Zuständigkeit des Mitgliedstaates - nur insoweit, als jener allfällige Teil, der bereits vom vorrangig zuständigen Mitgliedstaat nach dessen Recht geleistet werden muss, vom nachrangig zuständigen Mitgliedstaat nicht erbracht werden muss.

Slowenien vorrangig, Österreich nachrangig verpflichtet

Slowenien und Österreich sind Staaten, die jeweils auf Grund einer vorangegangenen Beschäftigung an den Vater eine Rente (Pension) leisten (Rentenstaaten), Slowenien ist Wohnstaat des Vaters und der Tochter.

Es ist daher Slowenien der für die Gewährung von Familienleistungen primär zuständige Mitgliedstaat.

Österreich hat nachrangig den Unterschiedsbetrag zu den österreichischen Familienleistungen zu leisten, sofern diese höher als die slowenischen Familienleistungen sind oder in Slowenien kein Anspruch auf Familienleistungen (mehr) besteht.

Hierbei besteht kein Unterschied, ob der Vater derzeit in Österreich beschäftigt ist oder sich seine von Österreich bezahlte Rente aus einer früheren Beschäftigung in Österreich ableitet. Es ist auch unerheblich, ob der Vater oder das Kind in Österreich oder in Slowenien wohnt.

Familienleistungen bei zwei Rentenstaaten

Die Auffassung des Finanzamts, dass im Fall eines Rentenbezugs auf Grund der Rechtsvorschriften zweier oder mehrerer Staaten der Wohnortstaat des Kindes zur Erbringung von Familienleistungen zuständig ist, ist zutreffend. Daher ist, wie ausgeführt, vorrangig Slowenien zur Erbringung von Familienleistungen zuständig. Dies wird auch vom Bf so gesehen.

Nicht gefolgt werden kann dem Finanzamt (und den diese Auffassung teilenden, oben angeführten Erkenntnissen des Bundesfinanzgerichts), dass Art. 68 Abs. 1 VO 883/2004 nicht anwendbar sei, wenn eine einzige Person in der Familie erwerbstätig oder Rentenbezieher ist, "da Personen nur den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates unterliegen können und somit auch keine Zahlung des Unterschiedsbetrages (wie im Fall von unterschiedlich zuständigen Staaten von Kindesmutter und Kindesvater) möglich ist."

Die für das Finanzamt maßgeblichen Durchführungsrichtlinien zum Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (zitiert nach Lenneis/Wanke, FLAG 2. A. 2020, Seiten 1066 ff., führen in Punkt 6.1 aus: "Ein Elternteil kann daher auch dann in Österreich Familienbeihilfe beziehen, wenn er selbst nicht den österreichischen Rechtsvorschriften der sozialen Sicherheit (Art. 11 bis 16 der VO) unterliegt." Ferner: "6.3.1.2.2. FL auf Grund von Rentenbezügen: 1. Vorrangig zuständig ist der Rentenstaat, in dem das Kind lebt. Der andere Rentenstaat hat eine Ausgleichszahlung zu leisten. Bei bloßem Vorliegen eines Rentenbezuges ist der Rentenstaat vorrangig und ggf. der Wohnortstaat nachrangig zuständig (Ausgleichszahlungen)." Schließlich: ".6.4.4. Beispiele Bezug einer Rente: ... 2. Die Alleinerzieherin (Kindesvater verstorben) lebt mit dem Kind in Rumänien und bezieht eine Rente aus Österreich. ● Vorrangig zuständiger Staat = Österreich, ● Nachrangig zuständiger Staat = Rumänien..."

Das Finanzamt und die angeführten Entscheidungen des Bundesfinanzgerichts beziehen sich als Grundlage ihrer Auffassung auf Dorothee Frings, Sozialleistungen für Unionsbürger/innen nach der VO 883/2004, Feber 2012 (richtig wohl: März 2012), Internetpublikation (z. B. https://www.forum-illegalitaet.de/mediapool/99/993476/data/Frings_Sozialleistungen_883-2004.pdf), wonach laut Art. 68 Abs. 1 Buchst. b Unterbuchst. ii VO 883/2004 "bei Leistungen von mehreren Mitgliedstaaten aus denselben Gründen (Rentenbezüge), jener Mitgliedstaat zur Leistung verpflichtet" sei, in dem sich der Wohnort der Kinder befindet. Diese Auffassung von Frings ist, wie vorstehend ausgeführt, auch zutreffend.

Frings schreibt unter anderem (Seite 12):

"Bei Rentenempfängern folgen die Familienleistungen stets der Rentenzahlung. Bezieht ein Elternteil eine Rente eines deutschen Versicherungsträgers, so besteht ein Anspruch auf deutsches Kindergeld/Kinderzuschlag unabhängig vom Wohnsitz des Kindes oder der Eltern.

Umgekehrt besteht kein Anspruch auf Familienleistungen in Deutschland, wenn ein Elternteil eine Rente eines anderen Mitgliedstaates bezieht.

Werden Renten von verschiedenen Versicherungsträgern ausgezahlt, so besteht der Anspruch auf Familienleistungen am Wohnsitz des Kindes, wenn von dem Rententräger dieses Staates eine Rente gezahlt wird. Lebt das Kind in einem Staat, in dem keine Rente gezahlt wird, so richtet sich der zuständige Träger nach der Dauer der Versicherungs- und Wohnsitzzeiten."

Zur Verpflichtung zur Leistung einer Unterschiedszahlung äußert sich Frings in diesem Zusammenhang nicht.

Die VO (EWG) 1408/71 unterscheidet zwischen Familienleistungen für aktiv Erwerbstätige (Titel III, Kapitel 7) und Leistungen für unterhaltsberechtigte Kinder von Rentnern und Waisen (Titel III, Kapital 8), wobei Art. 77 VO (EWG) 1408/71 lautet:

Artikel 77 Unterhaltsberechtigte Kinder von Rentnern

(1) Leistungen im Sinne dieses Artikels sind die Familienbeihilfen für Empfänger von Alters- oder Invaliditätsrenten, Renten wegen eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit sowie die Kinderzuschüsse zu solchen Renten, mit Ausnahme der Kinder­zulagen aus der Versicherung bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten.

(2) Die Leistungen werden ohne Rücksicht darauf, in welchem Mitgliedstaat die Rentner oder die Kinder wohnen, wie folgt gewährt:

a) Der Rentner, der nach den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats Rente bezieht, erhält die Leistungen nach den Rechtsvorschriften des für die Rente zuständigen Staates;

b) der Rentner, der nach den Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten Rente bezieht, erhält die Leistungen

i) nach den Rechtsvorschriften des Staates, in dessen Gebiet er wohnt, wenn Anspruch auf eine der in Absatz 1 genannten Leistungen - gegebenenfalls unter Berücksichtigung von Artikel 79 Absatz 1 Buchstabe a) - nach den Rechts­vorschriften dieses Staates besteht, oder

ii) in den anderen Fällen nach den Rechtsvorschriften des Staates, die für den Rentner die längste Zeit gegolten haben, wenn Anspruch auf eine der in Absatz 1 genannten Leistungen - gegebenenfalls unter Berücksichtigung von Artikel 79 Absatz 1 Buchstabe a) - nach den betreffenden Rechtsvorschriften besteht; wenn nach diesen Rechts­vorschriften kein Anspruch besteht, werden die Anspruchsvoraussetzungen in bezug auf die Rechtsvorschriften der anderen in Betracht kommenden Mitgliedstaaten in der Reihenfolge der abnehmenden Dauer der nach den Rechtsvorschriften dieser Staaten zurückgelegten Versicherungs- oder Wohnzeiten geprüft.

Hingegen unterscheidet die VO (EG) 883/2004 (Titel III, Kapitel 8) nicht zwischen Familienleistungen je nach Beschäftigungsstatus des Anspruchsberechtigten. Der Unionsgesetzgeber war insbesondere bestrebt, mit dem Erlass dieser Verordnung deren Anwendungsbereich auf andere Kategorien von Personen als Arbeitnehmer, die unter die Verordnung Nr. 1408/71 fielen, und insbesondere auf nicht erwerbstätige Personen, die von dieser nicht erfasst waren, zu erstrecken.

Die obigen Ausführungen des EuGH zur Rechtslage nach der VO (EWG) 1408/71 sind daher auf die weitergehende VO (EG) 883/2004 übertragbar.

Dem Finanzamt ist beizupflichten, dass Personen, für die die Verordnung 883/2004 gilt, den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats unterliegen (Art. 11 Abs. 1 VO 883/2004). Dies schließt aber im Bereich der Familienleistungen nicht aus, dass Ansprüche auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten zu gewähren sind (Art. 68 VO 883/2004).

Art. 68 Abs. 1 VO 883/2004 spricht einleitend von Leistungen nach den Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten für denselben Zeitraum und dieselben Familienangehörigen und regelt in Buchstabe a den Fall, dass Leistungen von mehreren Mitgliedstaaten aus unterschiedlichen Gründen zu gewähren sind, und in Buchstabe b den Fall, dass Leistungen von mehreren Mitgliedstaaten aus denselben Gründen zu gewähren sind.

Bei Zusammentreffen von Ansprüchen nach den Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten regelt Art. 68 Abs. 2 VO 883/2004, welcher Mitgliedstaat vorrangig und welcher Mitgliedstaat nachrangig zur Leistungserbringung verpflichtet ist. Ist ein Mitgliedstaat vorrangig verpflichtet, entbindet dies den nachrangig verpflichteten Mitgliedstaat aber nicht gänzlich von seiner Leistungspflicht, sondern deckelt diese nur insoweit, dass die anspruchsberechtigte Person insgesamt eine Leistung erhält, die der höchsten für die in Betracht kommende Familienleistung der leistungspflichtigen Mitgliedstaaten entspricht.

Art. 68 VO 883/2004 schränkt lediglich die Möglichkeit einer Kumulierung von Beihilfen ein (vgl. , Kracht, Rn 15 zu Art. 76 VO 1408/71). Das Unionsrecht verlangt, dass dann, wenn der Betrag der vom Wohnstaat gezahlten Leistungen unter dem der von dem anderen verpflichteten Staat gewährten Leistungen liegt, dem Arbeitnehmer der höhere Betrag erhalten bleibt und er vom zuständigen Träger des letztgenannten Staates eine Zusatzleistung in Höhe des Unterschieds zwischen den beiden Beträgen erhält (, Laterza Rn 9 zu Art. 77 VO 1408/71 sowie , Gravina; , Patteri; , Baldi; , Athanasopoulos; , Bastos Moriana).

Die Antikumulierungsvorschriften des Art. 68 der VO 883/2004 finden Anwendung, wenn mehrere Ansprüche aufgrund unterschiedlicher Rechtsordnungen geschuldet werden (vgl. , Moser, und zu Art. 73 VO 1408/71 , Schwemmer).

Art. 68 VO 883/2004 ist auch dann anwendbar, wenn einer einzigen Person Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedgliedstaaten zu gewähren sind. Es ist keineswegs erforderlich, dass zwei Personen, etwa Mutter und Vater, Familienleistungen zu gewähren sind, um die vorrangige oder nachrangige Leistungsverpflichtung eines Mitgliedstaats auszulösen.

Art. 11 Abs. 1 VO 883/2004 regelt, dass unionsrechtlich immer nur ein Mitgliedstaat vorrangig zu einer Leistungserbringung verpflichtet sein kann, es also hinsichtlich einer Person nicht gleichzeitig zwei Mitgliedstaaten geben kann, die vorrangig zu Familienleistungen verpflichtet sind.

Art. 11 Abs. 1 VO 883/2004 normiert aber keineswegs, dass ein Mitgliedstaat in Bezug auf Familienleistungen vollkommen leistungsfrei wäre, nur weil eine Person nach den Regelungen der Art. 11 ff. VO 883/2004 unter die Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats fällt (siehe auch die von zitierte Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs). Die Ansicht des Finanzamts (und der diese Auffassung teilenden, oben angeführten Erkenntnissen des Bundesfinanzgerichts), würde dem erklärten Zweck der VO 883/2004, im Rahmen des freien Personenverkehrs zur Verbesserung des Lebensstandards und der Arbeitsbedingungen beizutragen (Erwägungsgrund 1 zur Verordnung) und Personen, die sich innerhalb der Gemeinschaft bewegen, sowie ihren Angehörigen und Hinterbliebenen die Wahrung erworbener Ansprüche und Vorteile sowie der Anwartschaften zu ermöglichen (Erwägungsgrund 13), diametral entgegenstehen.

Die Vorschriften zum Schutz der Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union und des EWR (vgl. Art. 28 Abs. 2 EWR-Abkommen, der, wie Art. 45 Abs. 2 AEUV, jede auf der Staatsangehörigkeit beruhende unterschiedliche Behandlung der Arbeitnehmer der EG-Mitgliedstaaten und der EFTA-Staaten in Bezug auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstige Arbeitsbedingungen verbietet), stützen sich, so Generalanwalt Jean Richard de la Tour in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache EuGH C-328/20 (Europäische Kommission gegen Republik Österreich betreffend Indexierung von Familienbeihilfe, Kinderabsetzbetrag, Familienbonus Plus, Alleinverdienerabsetzbetrag, Alleinerzieherabsetzbetrag und Unterhaltsabsetzbetrag - Indexation des prestations familiales, Rn 143) auf ein Gesamtsystem, in dem zum einen im Bereich der sozialen Sicherheit allgemein die Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats anzuwenden sind, in dem die betreffende Person eine Beschäftigung oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt (vgl. 17. Erwägungsgrund zu VO 883/2004), und zum anderen Wanderarbeitnehmer mit den Sozialbeiträgen und Abgaben, die sie im Aufnahmemitgliedstaat aufgrund der dort von ihnen ausgeübten unselbständigen Erwerbstätigkeit entrichten, zur Finanzierung der sozialpolitischen Maßnahmen des Aufnahmemitgliedstaats beitragen (vgl. , Bragança Linares Verruga u. a., Rn. 49 und 50).

Die österreichische Familienbeihilfe wird durch Beiträge der Arbeitgeber finanziert, die auf der Grundlage des Gesamtbetrags der Arbeitnehmerlöhne berechnet werden. Ein Wanderarbeitnehmer ist dadurch an der Festsetzung der Höhe der von seinem Arbeitgeber gezahlten Beträge in gleicher Weise wie ein inländischer Arbeitnehmer beteiligt (vgl. Schlussanträge Generalanwalt Jean Richard de la Tour in der Rechtssache EuGH C-328/20, Rn 144).

Es widerspräche den Grundsätzen der Union, dem Unionsrecht einen Inhalt zuzusinnen, der einen Wanderarbeitnehmer von Leistungen der sozialen Sicherheit in einem Mitgliedstaat auszunimmt, dessen Sozialsystem der Wanderarbeitnehmer durch seine Beiträge mitfinanziert hat. Das Gegenteil ist der Fall.

Anzumerken ist, dass der Bf in Österreich zu einer Zeit "Gastarbeiter" war, in der weder Österreich noch die Republik Slowenien bzw. die Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien Mitglied der Europäischen Union bzw. der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaften war. Aber auch als "Gastarbeiter" hat der Bf das österreichische Sozialversicherungssystem mitgetragen, auch das damals anzuwendende Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien über Soziale Sicherheit sah einen Anspruch auf Kinderbeihilfe bzw. Familienbeihilfe vor, auch wenn das Kind im anderen Vertragsstaat wohnt. Unterdessen sind sowohl die Republik Österreich als auch die Republik Slowenien Mitglied der Europäischen Union. Der Anwendungsbereich der Sozialsystemekoordinierungsverordnung ist aber schon deswegen eröffnet, da im Beschwerdezeitraum jeweils eine Rente aus zwei Mitgliedstaaten bezogen wird.

Art. 11 Abs. 1 VO 883/2004 unterwirft Personen, die sich innerhalb der Gemeinschaft bewegen, dem System der sozialen Sicherheit nur eines Mitgliedstaats, um eine Kumulierung anzuwendender nationaler Rechtsvorschriften und die sich daraus möglicherweise ergebenden Komplikationen zu vermeiden (Erwägungsgrund 15). Zur Vermeidung ungerechtfertigter Doppelleistungen sieht Art. 68 VO 883/2004 für den Fall des Zusammentreffens von Ansprüchen auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats mit Ansprüchen auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats der Familienangehörigen Prioritätsregeln vor (vgl. Erwägungsgrund 35).

Ein Anspruch auf Familienleistungen durch einen anderen Mitgliedstaat im Anwendungsbereich der VO 883/2004 führt dazu, dass ein österreichischer Familienbeihilfenanspruch nach den Prioritätsregeln des Art. 68 VO 883/2004 zu beurteilen ist (vgl. ). Die Prioritätsregeln des Art. 68 VO 883/2004 setzen bei Zusammentreffen von Ansprüchen die Gebührlichkeit von Familienleistungen in mehreren Mitgliedstaaten voraus und normieren eine Rangfolge dieser Leistungen untereinander (vgl. ).

Zahlen zwei Mitgliedstaaten, im gegenständlichen Fall Slowenien und Österreich, eine Rente, bestehen Ansprüche des Rentenempfängers gegen beide Mitgliedstaaten. Der Rentenempfänger hat nicht Anspruch auf Familienleistungen beider Rentenstaaten zusammen, sondern gemäß Art. 68 VO 883/2004 insgesamt auf jene Familienleistung, die höher ist - sei es auf die höhere Leistung des vorrangig zuständigen Staats, sei es auf die höhere Leistung des nachrangig zuständigen Staates abzüglich der niedrigeren Leistung des vorrangig zuständigen Staates. Der Rentenempfänger muss sich aber nicht mit den niedrigeren bzw. gar nicht gegebenen Familienleistungen Sloweniens begnügen, weil die slowenischen Rechtsvorschriften gemäß Art. 11 VO 883/2004 anzuwenden sind.

Die Antikumulierungsvorschriften sollen dem Empfänger (nicht "den Empfängern") der von mehreren Mitgliedstaaten gezahlten Leistungen einen Gesamtbetrag an Leistungen garantieren, der gleich dem Betrag der günstigsten Leistung ist, die ihm nach dem Recht nur eines dieser Staaten zusteht (vgl. , Romano; , Wagener; , Moser).

Anspruch auf österreichische Familienleistungen

Unter Zugrundelegung der anzuwendenden Wohnortfiktion nach Art. 5 VO 883/2004 und Art 67 VO 883/2004 (vgl. , Dodl und Oberhollenzer, Rn 45; , Trapkowski, Rn 35 sowie , Moser, Rn 37 und 38; , Caisse d'assurance retraite et de la santé au travail d'Alsace-Moselle, Rn 42 bis 44) hat ein in Slowenien wohnhafter slowenischer Staatsbürger, der eine Rente sowohl von Slowenien als auch von Österreich bezieht, für sein in Slowenien wohnhaftes minderjähriges oder in Berufsausbildung befindliches Kind Anspruch auf österreichische Familienleistungen gemäß § 2 Abs. 1 lit. a FLAG 1967 bzw. § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967. Nach nationalem Recht ist es für die Familienbeihilfe unerheblich, ob der Anspruchsberechtigte erwerbstätig ist oder nicht; die Anspruchsvoraussetzungen des Wohnorts (§ 2 Abs. 1 FLAG 1967) und des Mittelpunkts der Lebensinteressen des Antragstellers (§ 2 Abs. 8 FLAG 1967) sowie des nicht ständigen Auslandsaufenthalts des Kindes (§ 5 Abs. 3 FLAG 1967) sind unionsrechtlich in Bezug auf die Union gegeben.

Dem Bf steht daher im Beschwerdezeitraum, also ab Oktober 2015, nach österreichischem Recht in Verbindung mit dem Unionsrecht für seine im Februar 1999 geborene Tochter ***5*** ***2*** Familienbeihilfe zu, unabhängig davon, ob er nach slowenischem Recht eine Rente bezieht oder nicht.

Die belangte Behörde hat eine österreichische Leistungspflicht lediglich damit bestritten, dass der Bf unionsrechtlich unter die slowenischen Rechtsvorschriften falle.

Wie ausgeführt, die die belangte Behörde mit dieser Auffassung im Unrecht.

Der Bf hat daher im Beschwerdezeitraum - im Einklang mit ; ; und sowie Gebhart in Lenneis/Wanke, FLAG 2. A. 2020 § 53 Rz 302 ff - Anspruch auf österreichische Familienleistungen.

Österreich ist, wie ausgeführt, nachrangig zu einer Familienleistung verpflichtet, also zur Leistung des Unterschiedsbetrags zwischen österreichischer Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag einerseits und allfälligen slowenischen Familienleistungen andererseits.

Im Beschwerdezeitraum (ab Oktober 2015) hat Slowenien bis Familienleistungen für ***5*** ***2*** von monatlich 43,24 € und von bis von monatlich 74,48 € geleistet, danach bestand kein Anspruch auf slowenische Familienleistungen mehr.

Für den Zeitraum Oktober 2015 bis Februar 2017 steht daher der Unterschiedsbetrag (Kürzung der österreichischen Familienleistungen um 43,24 € bzw. 74,48 € monatlich) zu, ab März 2017 sind die österreichischen Familienleistungen ungekürzt auszuzahlen.

Dass für die Zeit des Bezugs slowenischer Familienleistungen nur der Unterschiedsbetrag zu leisten ist, hat der Bf in seinem Schreiben vom auch eingeräumt.

Kein Vorabentscheidungsersuchen, keine Aussetzung

Wie dargestellt, ist beim Gerichtshof der Europäischen Union ein Vorabentscheidungsverfahren zu Familienleistungen an Rentenbezieher anhängig. Die dortige Vorlagefrage 3 betrifft die Ansicht, dass durch das Unionsrecht auch bei Rentenbezug die Familienleistung im höchstmöglichen Ausmaß garantiert wird, und verweist auf das , Laterza.

Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts ist im vorliegenden Verfahren weder ein gesondertes Vorabentscheidungsersuchen gemäß Art. 267 AEUV noch eine Aussetzung der Entscheidung zum Vorabentscheidungsersuchen /2019 erforderlich. § 290 Abs. 2 BAO betrifft nur das Verfahren, in welchem ein Vorabentscheidungsersuchen gestellt worden ist.

Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts ist das unionsrechtliche Auslegungsergebnis derart offenkundig, dass - so auch das Erkenntnis - für einen vernünftigen Zweifel i. S. v. , C.I.L.F.I.T.) kein Raum bleibt.

Dies schließt die Revisionszulassung nicht aus, da die Kriterien nach Art. 133 Abs. 4 B-VG andere sind.

Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als rechtswidrig (Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG), er ist gemäß § 279 BAO ersatzlos aufzuheben.

Herstellung des der Rechtsanschauung des Bundesfinanzgerichtes entsprechenden Rechtszustands

Das FLAG 1967 kennt keine bescheidmäßige Zuerkennung von Familienbeihilfe. Gleiches gilt für den gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 gemeinsam mit der Familienbeihilfe auszuzahlenden Kinderabsetzbetrag.

Steht Familienbeihilfe zu, ist diese gemäß § 11 FLAG 1967 vom Finanzamt auszuzahlen und hierüber vom Finanzamt gemäß § 12 FLAG 1967 eine Mitteilung auszustellen. Diese Mitteilung ist nicht rechtskraftfähig. Nur wenn einem Antrag auf Familienbeihilfe nicht oder nicht zur Gänze stattzugeben ist, ist hinsichtlich des(monatsbezogenen) Abspruchs über die Abweisung gemäß § 13 Satz 2 FLAG 1967 ein Bescheid (Abweisungsbescheid) auszufertigen (vgl. Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2. A. 2020 § 26 Rz 3 m.w.N.).

Gemäß § 25 Abs. 1 BFGG und § 282 BAO ist das Finanzamt verpflichtet, im gegenständlichen Fall mit den ihm zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Bundesfinanzgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen und die Auszahlung der Familienbeihilfe im ausgeführten Umfang vorzunehmen.

Revisionszulassung

Eine Revision ist nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn ein Erkenntnis von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Soweit ersichtlich, hatte der Verwaltungsgerichtshof bislang nicht darüber zu befinden, ob eine Person, die eine Rente aus zwei Mitgliedstaaten der Union bezieht, einen nachrangigen Anspruch auf Familienleistungen in jenem Mitgliedstaat, in dem sie nicht wohnhaft ist, hat.

Die Revision ist daher zuzulassen.

Bemerkt wird, dass gemäß § 34 Abs. 1a VwGG der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden ist.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
Art. 5 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Art. 7 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
§ 33 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Art. 67 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Art. 68 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Art. 60 VO 987/2009, ABl. Nr. L 284 vom S. 1
§ 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 10 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
Art. 45 Abs. 2 AEUV, ABl. Nr. C 83 vom S. 47
Art. 1 Abs. 1 Buchstabe z VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Art. 7 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Art. 68 Abs. 1 lit. b VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Art. 13 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Art. 28 Abs. 2 EWR-Abkommen, BGBl. Nr. 909/1993
Art. 68 Abs. 2 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Art. 267 AEUV, ABl. Nr. C 83 vom S. 47
§ 2 Abs. 1 lit. a FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 290 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Art. 11 Abs. 1 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
§ 11 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 12 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 13 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 53 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 269 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Art. 3 Abs. 1 Buchstabe j VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Verweise










EuGH, C-328/20


















/2019


Zitiert/besprochen in
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7101391.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at