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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 12.11.2021, RV/7105423/2018

Stattgabe eines Antrages gemäß § 217 (7) BAO, wenn kein grobes Verschulden vorliegt

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***Ri*** in der Beschwerdesache ***1***, vertreten durch ***2***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Abweisung eines Antrages gemäß § 217 (7) BAO auf Nichtfestsetzung von Säumniszuschlägen, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben und der angefochtene Bescheid abgeändert wie folgt:

Dem Antrag vom , eingebracht am betreffend Nichtfestsetzung von Säumniszuschlägen wird stattgegeben und die Säumniszuschläge werden gemäß § 217 Abs. 7 BAO mit Null festgesetzt.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt und Verfahrensgang

Das Finanzamt legte gegenständliche Beschwerde am mit folgender Sachverhaltsdarstellung an das BFG vor:

"Auf dem Abgabenkonto erfolgte mit die Verbuchung der Festsetzung der Grunderwerbsteuern in der Höhe von insgesamt € 112.945,74. Der Fälligkeitstag der Abgaben war der . Die Entrichtung der Abgaben erfolgte verspätet mit .

Mit Bescheid vom wurden Säumniszuschläge in Höhe von 2% der verspäteten entrichteten Abgaben festgesetzt.
Am wurde ein Antrag auf Nichtfestsetzung der Säumniszuschläge gem. § 217 Abs. 7 BAO eingebracht und mit Bescheid vom abgewiesen.

Dagegen wurde zeitgerecht Beschwerde eingebracht, welche mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen wurde."

Als Beweismittel wurde der Kontoausdruck vorgelegt. Das Finanzamt hat in seiner Stellungnahme auf die Begründung der Beschwerdevorentscheidung verwiesen.

Mit Schreiben vom gab die ***3*** bekannt, dass sie am drei Kaufverträge je vom zu den Erfassungsnummern ***4*** via Finanzonline als "Abgabenerklärungen" angezeigt habe und ersuchte um Zustellung der Grunderwerbsteuer-Vorschreibungen an die Kanzlei.

Mit Schriftsatz vom , eingelangt am , gab die ***3*** bekannt, dass anlässlich eines Anrufes festgestellt worden sei, dass die Vorschreibungen bereits am an die Käuferin zugestellt worden seien und die Zahlungsfrist am abgelaufen sei.

Sie hätten nach Mitteilung über die Direktzustellung mit heutigem Datum die fälligen Grunderwerbsteuern überwiesen und ersuchten, von einer Belastung des Steuerkontos der kaufenden Partei, ***5***, mit einem Säumniszuschlag abzusehen.

Mit Bescheid vom wurden in der Folge Säumniszuschläge in Höhe von insgesamt 2.258,92 festgesetzt, welche bis zum zu entrichten waren.

Mit dem hier beschwerdegegenständlichen Bescheid vom wurde der Antrag der ***5*** vom , eingebracht am , betreffend Nichtfestsetzung von Säumniszuschlägen abgewiesen.

Das Finanzamt begründete, die Nichtfestsetzung eines Säumniszuschlages gemäß § 217 Abs. 7 BAO setze voraus, dass den Abgabepflichtigen kein grobes Verschulden an der Säumnis treffe. Der Säumniszuschlag stelle eine objektive Säumnisfolge dar, die die pünktliche Entrichtung von Abgabenschulden sicherstellen solle, für die der Abgabepflichtige Sorge zu tragen habe. Eine Zustellbevollmächtigung sei laut § 103 Abs. 2 BAO Abgabenbehörden gegenüber unwirksam, wenn sie ausdrücklich auf nur einige, dem Vollmachtgeber (wie in diesem Fall nur der Vorschreibung der Grunderwerbsteuer) zugedachte Erledigungen eingeschränkt sei. Seitens des Finanzamtes sei der Bescheid ordnungsgemäß an die Bf. zugestellt worden. Damit sei die bevorstehende Zahlung bekannt gewesen und es seien die erforderlichen Dispositionen zu treffen gewesen. Die Voraussetzungen für eine Nichtfestsetzung des Säumniszuschlages gemäß § 217 Abs. 7 BAO seien somit nicht vorgelegen.

Am hat die Bf., vertreten durch ***3***, Beschwerde eingebracht. Die Beschwerde lautet auszugsweise:

"Die ausgewiesene Rechtsvertreterin ist Vertragserrichterin im Zusammenhang drei Kaufverträgen, je vom , zu den Erfassungsnummern ***4*** und war die Beschwerdeführerin dabei jeweils die Käuferin. Am hat die ausgewiesene Rechtsvertretung für die vorgenannten drei Erfassungsnummern via Finanzonline Abgabenerklärungen beim ***FA*** angezeigt. Dies wurde dem Finanzamt mit Schreiben vom nochmals angezeigt, verbunden mit der Bitte um Zustellung der Vorschreibungen der Grunderwerbsteuer an die ausgewiesene Rechtsvertreterin als Errichterin und mit der Durchführung des Vertrages Beauftragte.

Die Grunderwerbsteuerbescheide wurden zur Steuernummer ***BF1StNr1*** jeweils am erlassen und direkt an die Beschwerdeführerin zugestellt. Aufgrund des Schreibens vom an das Finanzamt erlangte die ausgewiesene Rechtsvertreterin von dieser Zustellung vorerst keine Kenntnis. Erst aufgrund eines von der Rechtsvertretung mit dem Finanzamt geführten Telefonates am erfuhr sie von den vorgenannten Bescheiden, dem Zustellvorgang direkt an die Beschwerdeführerin sowie die Fälligkeit der jeweiligen Beträge zum .

Mit Einschreiben an das Finanzamt vom hat die ausgewiesene Rechtsvertreterin mitgeteilt, dass die fälligen Grunderwerbsteuerbeträge überwiesen wurden und wurde zugleich beantragt, von der Festsetzung eines Säumniszuschlages abzusehen.

Mit dem nunmehr bekämpften Bescheid wurde dieser Antrag abgewiesen und dies im Wesentlichen damit begründet, dass die Zustellbevollmächtigung gegenständlich gemäß § 103 Abs 2 BAO unwirksam sei da sie ausdrücklich auf nur einige dem Vollmachtgeber zugedachte Erledigungen eingeschränkt sei, gegenständlich auf die Vorschreibung der Grunderwerbssteuer. Diese Ansicht ist unrichtig.

….

Die ausgewiesene Rechtsvertretung war jedoch nicht bloß für einige Erledigungen im Zuge des Verfahrens zustellbevollmächtigt, vielmehr war sie im Zuge des Verfahrens, nämlich des Abgabenverfahrens im Zusammenhang mit der Grunderwerbssteuer ganz allgemein und ohne Einschränkung beauftragt und zustellbevollmächtigt. Dies ergibt sich bereits einerseits aus den Kaufverträgen sowie andererseits aus der von der Rechtsvertreterin angezeigten Abgabenerklärungen. Das Schreiben vom bezog sich genau auf diese Abgabenerklärungen und enthielt weiters das informelle Ersuchen um Zustellung an die Kanzlei. Dies stellt jedoch keine Willenserklärung mit einem auf die Einschränkung der Zustellbevollmächtigung gerichteten Rechtsfolgenwillen dar. Wäre eine Einschränkung gewollt gewesen, so hätte die Formulierung anders gelautet, wie etwa "Ersuchen um Zustellung nur hinsichtlich ..."

Aufgrund der Bevollmächtigung der Rechtsvertreterin zur Errichtung und Abwicklung der drei Kaufverträge durfte die Beschwerdeführerin davon ausgehen, dass auch die steuerliche Abwicklung der Rechtsgeschäfte ausschließlich zwischen dem zuständigen Finanzamt und der bevollmächtigten Vertragserrichterin erfolgt. Dies vor allem auch deshalb, weil ja die Vertragserrichterin auftragsgemäß die Abgabenerklärungen anzeigte und die Beschwerdeführerin selbst mit der steuerlichen Abwicklung nie in Berührung kam. Die Vertragserrichterin hingegen konnte aufgrund der von ihr angezeigten Abgabenerklärungen sowie dem Schreiben vom davon ausgehen, dass sämtliche Schriftstücke der belangten Behörde an sie zugestellt werden. …

Der von der Parteienvertreterin (PV) der Beschwerdeführerin (Bf) angesprochenen Vertragspassus lautet:

"…16. Vertragserrichtung und Durchführung

16.1. Mit der Vorbereitung, Errichtung und grundbücherlichen Durchführung dieses Vertrages, des nach Vorliegen des Nutzwertgutachtens zu errichtenden Wohnungseigentumsvertrages mit Festlegung und Berichtigung der Miteigentumsanteile, der Übernahme von Treuhandschaften und der damit in Zusammenhang stehenden notwendigen Maßnahmen zur grundbücherlichen Besicherung, der Abgabe von grundbücherlichen Einverleibungs- und Löschungserklärungen, Verpfändung von Liegenschaftsanteilen und Unterfertigung diesbezüglicher Schuld- und Pfandbestellungsurkunden, Erteilung und Entgegennahme von Aufsandungen, Unterfertigung und Einbringung von Grundbuchsgesuchen, insbesondere Rangordnungsgesuche für die beabsichtige Veräußerung oder Verpfändung, Anträge auf Anmerkung der Zusage der Einräumung des Wohnungseigentums gem. § 40 Abs. 2 WEG, Empfangnahme der erforderlichen Schriftsätze und Behördeneingaben sowie Vornahme aller zweckmäßigen Vorstellungen und Behördeninterventionen, jeweils bezogen auf die unter 1. oder 2. beschriebenen Liegenschaften bzw. Liegenschaftsanteile, wird die ***6***, von beiden Vertragsteilen bevollmächtigt.

16.2. Ebenso wird die Vertragserrichterin ermächtigt, Änderungen und Ergänzungen

dieses Kaufvertrages, sowie von Schuld- und Pfandurkunden, sofern sie zur Durchführung des Vertragszweckes notwendig sind, für die Vertragsteile bzw. den Käufer, falls erforderlich auch in beglaubigter Form, zu unterfertigen und durchzuführen. Wird der Vertrag aufgehoben, so umfasst die Vollmacht die mit dieser im Zusammenhang stehenden Unterfertigungen und Anträge, insbesondere den Antrag auf Nichtfestsetzung der Grunderwerbssteuer und der Löschung der Anmerkung der Zusage zur Einräumung des Wohnungseigentumes usw…."

Mit Beschwerdevorentscheidung vom hat das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Dagegen wurde Vorlageantrag eingebracht und die Entscheidung durch den Senat beantragt.

Mit Vorhalt vom wurde dem Parteienvertreter der Bf. die Sach- und Rechtslage nach dem derzeitigen Stand des Verfahrens zur Kenntnis gebracht. Mit Schriftsatz vom wurde der Antrag auf Entscheidung durch den Senat zurückgzogen.

Beweiserhebung

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die elektronisch vorgelegten Aktenteile des Finanzamtes sowie das Vorhalteverfahren.

Rechtsgrundlagen und Beurteilung

Nach § 8 Abs. 1 GrEStG 1987 entsteht die Steuerschuld, sobald ein nach diesem Bundesgesetz steuerpflichtiger Erwerbsvorgang verwirklicht ist.

Der Grunderwerbsteuer unterliegende Erwerbsvorgänge sind nach § 10 Abs. 1 GrEStG bis zum 15. Tag des auf den Kalendermonat zweitfolgenden Monats, in dem die Steuerschuld entstanden ist, mit einer Abgabenerklärung beim Finanzamt anzuzeigen.

Nach § 11 Abs. 1 GrEStG sind Rechtsanwälte und Notare (Parteienvertreter) nach Maßgabe der §§ 12, 13 und 15 GrEStG befugt, die Steuer für Erwerbsvorgänge, die der Grunderwerbsteuer unterliegen, als Bevollmächtigte eines Steuerschuldners selbst zu berechnen, wenn die Selbstberechnung innerhalb der Frist für die Vorlage der Abgabenerklärung erfolgt.

Nach § 210 Abs. 1 BAO werden Abgaben unbeschadet der in Abgabenvorschriften getroffenen besonderen Regelungenmit Ablauf eines Monates nach Bekanntgabe (§ 97) des Abgabenbescheides fällig.

Das Grunderwerbsteuergesetz sieht nur für den Fall, dass von der Befugnis zur Selbstberechnung Gebrauch gemacht wird, in § 13 Abs. 1 GrEStG eine besondere Regelung für die Fälligkeit der Abgabe vor.

Nach § 13 Abs. 1 GrEStG haben Parteienvertreter für Rechtsvorgänge, für die sie eine Selbstberechnung vornehmen, spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf den Kalendermonat (Anmeldungszeitraum), in dem die Selbstberechnung erfolgt, zweitfolgenden Kalendermonats eine Anmeldung über die selbstberechneten Rechtsvorgänge beim Finanzamt vorzulegen. Nach § 13 Abs. 3 GrEStG ist die selbstberechnete Steuer spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten.

Im Fall der Anzeige des Erwerbsvorganges mittels Abgabenerklärung wird hingen die Grunderwerbsteuer nach der Regel des § 210 Abs. 1 BAO mit Ablauf eines Monates nach Bekanntgabe (§ 97) des Abgabenbescheides fällig.

Gemäß § 198 Abs. 2 BAO haben Abgabenbescheide im Spruch idR den Zeitpunkt der Fälligkeit zu enthalten. Der im Bescheid angegebenen Fälligkeitstag ist auch dann maßgebend, wenn er von dem Tag abweicht, der sich aus § 210 Abs. 1 BAO ergeben würde (sieh dazu Ritz, BAO6, Rz2 zu § 210 BAO).

Für den gegenständlichen Erwerbsvorgang wurde jedoch von der Möglichkeit der Selbstberechnung nicht Gebrauch gemacht und ist daher auf Grund der allgemeinen Regel des § 210 Abs. 1 BAO die Fälligkeit der Grunderwerbsteuer einen Monat ab Zustellung der Grunderwerbsteuerbescheide eingetreten.

Gemäß § 83 Abs 1 BAO können sich die Parteien und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte natürliche Personen, juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen, die sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen haben.

Gemäß § 83 Abs. 2 BAO richten sich Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis des Bevollmächtigten nach der Vollmacht; hierüber sowie über den Bestand der Vertretungsbefugnis auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes zu beurteilen.

Die Bevollmächtigung einer (natürlichen oder juristischen) Person oder einer eingetragenen Personengesellschaft hat gegenüber einer Behörde insbesondere zu erfolgen

(Ritz, BAO, 6. Aufl. 2017, ZustellG, § 9, III. Erteilung der Zustellungsvollmacht [Rz 17 - 22]).

Bei Rechtsanwälten, Wirtschaftstreuhändern, Notaren und Bilanzbuchhaltern ersetzt nach § 8 Abs 1 letzter Satz Rechtsanwalts­ordnung (idF BGBl 1990/474), nach § 77 Abs 11 WTBG 2017, nach § 5 Abs 4a Notariats­ordnung (idF BGBl 1993/692) bzw § 36 Abs 5 BibuG 2014 die Berufung auf die Bevollmächtigung deren urkundlichen Nachweis. Bei diesen Parteienvertretern reicht es somit, wenn sie sich schriftlich oder mündlich (nichttelefonisch) auf eine ihnen erteilte Bevollmächtigung berufen.

Die "Berufung" auf die Bevollmächtigung kann schriftlich oder mündlich erfolgen. Das mündliche Anbringen ist in einer Niederschrift (§ 87) festzuhalten (BMF, AÖF 2001/225, Abschn 2.2). Ausreichend ist auf einer Eingabe zB der Vermerk "Vollmacht erteilt" () oder "Vollmacht ausgewiesen". Die Worte "Namens und auftrags meiner Mandantschaft" genügen ().

Beruft sich einer der genannten Parteienvertreter auf eine ihm erteilte Bevollmächtigung, so ist für den Umfang der Vertretungsmacht seine Behauptung maßgebend (vgl ; BMF, AÖF 2001/225, Abschn 2.3).

Eine allgemeine Vollmacht umfasst auch die Zustellungsbevollmächtigung (st Rspr, zB ; , 2001/09/0180; , 2002/09/0137; , 2012/13/0051; , 2012/13/0102).

Dies gilt auch dann, wenn sich ein Vertreter (zB gem § 88 Abs 9 WTBG bzw § 77 Abs 11 WTBG 2017) auf die ihm erteilte Vollmacht beruft (vgl ; , 2012/13/0051).

Die Zustellung des Bescheides erfolgte direkt an die Bf., wobei die Bestellung des Vertreters ersichtlich war. Sowohl aus Punkt 16.1. und 16.2., sowie 15.2. des Vertrages als auch aus dem Schreiben der Kanzlei ***3*** vom mit dem Ersuchen, der Kanzlei die Vorschreibung der Grunderwerbsteuer zuzustellen, geht eine solche Bevollmächtigung hervor.

Bestehen - etwa aus der Aktenlage - konkrete Zweifel, ob der betreffende Parteienvertreter tatsächlich bevollmächtigt ist, so hat die Abgabenbehörde von Amts wegen entsprechende Ermittlungen vorzunehmen (vgl zu § 30 Abs 2 ZPO, , SZ 57/131; zu § 10 Abs 1 letzter Satz AVG, , AnwBl 1993, 372; , 92/18/0460, ZfVB 1994/5/1762; , 94/02/0008, AnwBl 1994, 800; , 96/02/0386, ZfVB 1998/1/153; , 2001/16/0060; ebenso BMF, AÖF 2001/225, Abschn 2.4); in Betracht kommt vor allem die diesbezügliche Einvernahme des Vertretenen. Ein Auftrag zur Vorlage der Urkunde kann nach (ebenso ), ein zielführender Erhebungsschritt sein (vgl. Ritz, BAO, 6. Aufl. 2017, § 83, II. Nachweis der Bevollmächtigung [Rz 5 - 14]).

Entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bezieht sich eine (auch die Zustellung von Schriftstücken umfassende) Bevollmächtigung nur auf das jeweilige Verfahren, in dem sich der Bevollmächtigte durch eine schriftliche Vollmacht ausgewiesen hat. Es muss vielmehr in jedem Einzelfall auf das in einem anderen Verfahren bestehende Vertretungsverhältnis gesondert hingewiesen werden (; ). Daraus, dass die Bevollmächtigung im jeweiligen Verfahren geltend gemacht werden muss, folgt aber, dass es im Umkehrschluss zulässig ist, für konkrete Verfahren eine Zustellungsvollmacht zu erteilen, die nur in diesem Verfahren zu beachten ist.

Anders verhält es sich jedoch, wenn eine allgemeine Vollmacht zur Vertretung in allen steuerlichen Angelegenheiten außerhalb einer konkreten Rechtssache z.B. anlässlich eines Ersuchens um Erteilung einer Steuernummer mit dem Ersuchen um Zustellung an den steuerlichen Vertreter vorgelegt wird, zumal die Partei dadurch den Willen zum Ausdruck bringt, sich auch in allen Rechtssachen eben dieses Vertreters zu bedienen ( in ). Nur in diesem Fall wäre eine Beschränkung auf nur einige Erledigungen bzw. nur einige zusammengefasst verbuchte Abgaben gemäß § 103 Abs. 2 BAO unzulässig.

Davon abgesehen hat - entgegen der Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung - die PV keine Einschränkungen getroffen, wonach sie nicht alle im Grunderwerbsteuerverfahren ergehenden Erledigungen erhalten sollte.

Gemäß § 9 Abs. 1 ZustG können - soweit in den Verfahrensvorschriften nicht anderes bestimmt ist - die Parteien und Beteiligten andere natürliche oder juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften gegenüber der Behörde zur Empfangnahme von Dokumenten bevollmächtigen (Zustellungsvollmacht).

Nach § 9 (3) Zustellgesetz hat die Behörde, wenn ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt wurde, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, diesen als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies nicht, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist.

Unterbleibt entgegen § 9 Abs. 3 ZustG die Bezeichnung des Zustellungsbevollmächtigten als Empfänger und erfolgt die Zustellung an den Vertretenen, so ist sie unwirksam. Eine Sanierung ist nach § 9 Abs. 3 zweiter Satz ZustG grundsätzlich möglich, jedoch ist dies in vorliegendem Fall offensichtlich nicht passiert, zumal der PV erst durch das Telefongespräch mit dem Finanzamt erfahren hat, dass die Zustellung der Grunderwerbsteuerbescheide direkt an die Partei erfolgt ist.

Es erhebt sich also die Frage, ob die Grunderwerbsteuerbescheide überhaupt rechtlich existent geworden sind.

Die Grunderwerbsteuerbescheide haben im Spruch eine Angabe über die Fälligkeit zu enthalten, weshalb die Grunderwerbsteuer bis zu diesem Tag zu entrichten ist.

Wird eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so ist gemäß § 217 Abs. 1 und 2 BAO ein erster Säumniszuschlag in Höhe von 2 % des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages zu entrichten.

§ 217 Abs. 1 BAO stellt nicht eine Schadenersatzregelung betreffend den Schaden des Abgabengläubigers aus einer verspäteten Abgabenentrichtung dar. Die Regelung bezweckt vielmehr die im Interesse einer ordnungsgemäßen Finanzgebarung unabdingbare Sicherstellung der pünktlichen Tilgung von Abgabenschulden (vgl. ua. ).

Die Festsetzung von Säumniszuschlägen, welche eine objektive Säumnisfolge und ein "Druckmittel" zur rechtzeitigen Erfüllung der Abgabenentrichtungspflicht sind, setzt (lediglich) den Bestand einer formellen Zahlungsverpflichtung voraus (vgl ua. ).

Objektiv gesehen ist das Vorliegen eines Zahlungsverzuges unbestritten.

Die im gegenständlichen Verfahren begehrte Aufhebung der Festsetzung des Säumniszuschlages nach § 217 Abs. 7 BAO setzt voraus, dass die Bf. kein grobes Verschulden an der Säumnis trifft.

Grobes Verschulden fehlt, wenn überhaupt kein Verschulden oder nur leichte Fahrlässigkeit vorliegt. Leichte Fahrlässigkeit liegt vor, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht. Keine leichte Fahrlässigkeit liegt vor, wenn jemand auffallend sorglos handelt. Auffallend sorglos handelt, wer die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und nach den persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht lässt (vgl. ua. ).

(Grobes) Verschulden von Arbeitnehmern der Partei (oder des Parteienvertreters) ist nicht schädlich. Entscheidend ist diesfalls, ob der Partei selbst (bzw. ihrem Vertreter) grobes Verschulden, insbesondere grobes Auswahl- oder Kontrollverschulden anzulasten ist (vgl. ua. ).

Für die Herabsetzung des Säumniszuschlages bzw. die Unterlassung der Festsetzung eines solchen kommt es auf die Umstände der konkreten Säumnis an (vgl. ua. ).

Im gegenständlichen Fall war die Ursache für die Säumnis eine Verkettung von Missverständnissen und Versehen.

Die Vertragsverfasserin und Bevollmächtigte, ***3***, hat von der Bescheiderlassung keine Kenntnis erlangt, da ihr vom Finanzamt die Grunderwerbsteuerbescheide nicht zugestellt wurden und bestand daher keine Möglichkeit, die von der Bf. auf dem Treuhandkonto bereits hinterlegte Grunderwerbsteuer an das Finanzamt zu überweisen. Die handelnden Personen der beschwerdeführenden GmbH sind laut Beschwerdevorbringen davon ausgegangen, dass die Abwicklung der Grunderwerbsteuer durch die ***3*** erfolgt. Die Vertragserrichterin ist auf Grund der von ihr angezeigten Abgabenerklärungen sowie dem Schreiben vom davon ausgegangen, dass sämtliche behördlichen Schriftstücke an sie zugestellt werden.

Die Bf. hingegen war sich dieser Problematik nicht bewusst und hat den Vertragsverfasser von der an sie erfolgten Vorschreibung offensichtlich nicht verständigt.

Der Bf. vorzuwerfen ist im vorliegenden Fall im Wesentlichen nur, dass sie bei Erhalt der Grunderwerbsteuerbescheide, in welchen die Fälligkeit ausdrücklich angeführt ist, nicht sofort mit der sie vertretenden Kanzlei Kontakt aufgenommen hat. Wohl hätte die Säumnis durch bessere Kommunikation vermieden werden können. Die unterlaufenen Fehler und Missverständnisse sind jedoch weder als grobes Verschulden noch als auffallende Sorglosigkeit einzustufen.

Der Beschwerde war daher Folge zu geben.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da dem Erkenntnis keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 217 Abs. 7 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7105423.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at