Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 28.09.2021, RV/5101150/2018

Sicherheitszuschlag bei mangelhaften Registrierkassen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** über die Beschwerden vom gegen die Bescheide des ***FA*** vom zu Steuernummer ***BF1StNr1*** betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 2011, 2012 und 2013 sowie Körperschaftsteuer für die Jahre 2011, 2012 und 2013 zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Im Zuge einer bei der Beschwerdeführerin durchgeführten Außenprüfung traf der Prüfer in der Niederschrift über die Schlussbesprechung vom und in seinem Bericht gemäß § 150 BAO vom unter anderem folgende Feststellungen betreffend die im Unternehmen verwendeten Registrierkassen, wobei die Kassenrichtlinie 2012 auszugsweise wörtlich zitiert wurde:

Im Prüfungszeitraum wurden zwei Registrierkassensysteme verwendet. Kassen der Herstellerfirmen ***1*** und ***2***. Es wurde festgestellt, dass folgende Stammdatenänderungen im Datenjournal ***1*** nicht sichtbar gemacht werden konnten:

Tischumbuchung, Preisänderung, Tischaufruf, Preisabfrage

In der Folge wurde durch das geprüfte Unternehmen Verbindung mit dem Kassenhersteller ***1*** aufgenommen, die ein "update" installierten. Es wurden nochmals Kassendaten übergeben, die aus 8 "log-Dateien" bestand und daher auch kein in der Kassenrichtlinie gefordertes Datenerfassungsprotokoll ist (eine Datei). Außerdem wird auch in keiner der "log-Dateien" ein Tischaufruf dargestellt, was aber in diesem System unbedingt erforderlich ist, um überhaupt bonieren oder zB eine Preisabfrage durchführen zu können.

Betreffend der Fa. ***2*** wurde ebenfalls festgestellt, dass Tischaufrufe, oder auch rückgängig machende Vorgänge, wie Sofortstornos, nicht im vorgelegten Journal aufscheinen.

Nach § 132 BAO sind Unterlagen, die für die Abgabenerhebung von Bedeutung sind, aufzubewahren und in entsprechender Form vorzulegen. Diese Unterlagen (wie zB Durchschriften von Rechnungsbelegen) können in elektronischer Form gespeichert werden, wenn die vollständige, geordnete, inhaltsgleiche und urschriftgetreue Wiedergabe bis zum Ablauf der gesetzlichen Aufbewahrungsfrist jederzeit gewährleistet ist. Soweit solche Unterlagen nur auf Datenträgern vorliegen, entfällt das Erfordernis der urschriftgetreuen Wiedergabe.

Für den Fall, dass dauerhafte Wiedergaben erstellt werden (wenn zB Ausdrucke vorgenommen werden, etwa bei Rechnungserstellung durch ein Kassensystem), sind diese Rechnungsdaten auch auf Datenträgern zur Verfügung zu stellen. Dies gilt auch für Aufzeichnungen, bei denen die Abgabenbehörde die Erstellung von dauerhaften Wiedergaben verlangen kann (§ 131 Abs. 3 BAO), wie zB bei Führung einer chronologischen, fortlaufenden Protokollierung der Datenerfassung auf Datenträgern (elektronisches Journal, Datenerfassungsprotokoll). Durch diese Aufzeichnungen soll aufgrund der aktuellen Datenerfassung die Kontrollfähigkeit bei Steueraufsichtsmaßnahmen bzw. Prüfungen jederzeit sichergestellt werden.

Die Beschreibung der "Einrichtung nach § 131 Abs. 2 und 3 BAO" kann durch den Kassenhersteller oder -programmierer erfolgen und soll insbesondere wiedergeben,

durch welche technischen und logischen Gegebenheiten die vollständige und richtige Erfassung und Wiedergabe sichergestellt wird,

wie der Nachweis der vollständigen und richtigen Erfassung aller Geschäftsvorfälle geführt werden kann und

zu welchem Kassentyp die Kasse gehört (siehe Abschn. 4.).

Im vorliegenden Fall handelt es sich bei beiden Systemen um eine Kasse Typ 3: Kassensysteme, welche meistens über ein eigenes Betriebssystem verfügen (so genannte "proprietäre Kassensysteme") und die Geschäftsvorfälle mittels Datenspeicherung in komplexeren Strukturen als bloßen Summenspeichern festhalten, sowie PC-Kassen mit eigenem, handelsüblichen Betriebssystem, die im Regelfall mittels auf Datenbanken basierender Software die Geschäftsvorfälle permanent festhalten.

Datenerfassungsprotokoll:

Bei Einsatz von Kassen des Typs 3 mitlaufende Ereignisprotokolldatei, in der jeweils fortlaufend chronologisch die Geschäftsvorfälle und deren Grundlagen (zB Einzelleistungen, verkaufte Produkte) dokumentiert werden. Nicht nur Geschäftsvorfälle sondern auch andere Ereignisse sollen mitprotokolliert werden (zB Stammdatenänderungen, Kassenladenöffnungen ua.), und es soll durch entsprechende Formatierung das Einlesen mittels Prüfsoftware und damit die Prüfbarkeit (Übersicht über die Geschäftsvorfälle durch einen sachverständigen Dritten) sichergestellt werden.

Im Regelfall handelt es sich bei Geschäftsvorfällen im Sinn der Kassenrichtlinie 2012 daher um Ereignisse im Geschäftsbetrieb, die mit der Ersterfassung der Auftragsposition (zB. Bestellungseingabe im Kassensystem, Artikelscan an der Kassa, Einschalten des Taxameters) beginnen und in deren Rahmen üblicherweise ein geldwerter Leistungsaustausch zwischen dem Unternehmer/Abgabepflichtigen und dem Kunden stattfindet. Aber auch Aufzeichnungen über Ereignisse, die letztendlich keinen Geschäftsvorfall bewirken, der infolge finanzieller Auswirkungen auf das Unternehmen als Ereignis im Geschäftsprozess - in Buchführung und/oder Aufzeichnungen - zu erfassen wäre, sollen - insoweit diese Vorgänge erfasst wurden - aufbewahrt werden. Darunter fallen beispielsweise

nicht abgeschlossene/stornierte Geschäftsvorfälle

mit einem Geschäftsvorfall zusammen hängende bzw. vorbereitende Vorgänge (zB nicht abgeschlossene oder zustande gekommene Geschäftsvorfälle, Preisabfragen, erstellte Angebote, Reservierungen)

rückgängig machende Vorgänge (zB nachträgliche Stornos, Rücklieferungen)

sonstige Vorgänge im Geschäftsprozess, insoweit diese aus Gründen der Überprüfung der vollständigen und richtigen Erfassung aller Geschäftsvorfälle oder aus sonstigen für die Abgabenerhebung bedeutsamen Gründen aufzeichnungs- bzw. aufbewahrungspflichtig sind.

Unter sonstigen aufzeichnungspflichtigen Vorgängen sind Vorgänge im Geschäftsprozess zu verstehen, die zwar grundsätzlich nicht dazu geeignet sind, einen Geschäftsvorfall anzustoßen oder zu bewirken, aber aus den oa. Gründen der Überprüfbarkeit der vollständigen und richtigen Erfassung aller Geschäftsvorfälle aufzeichnungs- und aufbewahrungspflichtig sind. Dies sind insbesondere Vorgänge (zB Übungsbuchungen, Simulationen), die es im jeweiligen Kassensystem bzw. sonstigen in der Richtlinie geregelten Aufzeichnungssystemen oder in damit verbundenen vor- und nachgelagerten Systemen ermöglichen, einzelne Geschäftsvorfälle nicht nachvollziehbar außerhalb der Losungsermittlung zu erfassen bzw. als Simulation darzustellen.

Wie eingangs erwähnt wurden in den vorgelegten Daten bestimmte Stammdatenänderungen nicht dargestellt. Die Ordnungsmäßigkeit gem. § 131 BAO der vorgelegten Aufzeichnungen ist somit nicht gegeben.

Nach § 184 Abs. 3 BAO ist zu schätzen, wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen.

Die Anwendung eines Sicherheitszuschlages gehört dabei zu den Elementen einer Schätzung (, , 92/14/0212). Diese Schätzungsmethode geht davon aus, dass es bei mangelhaften Aufzeichnungen wahrscheinlich ist, dass nicht nur nachgewiesernermaßen nicht verbuchte Vorgänge, sondern auch weitere Vorgänge nicht aufgezeichnet wurden (; , 92/14/0212).

Es ist daher folgender Sicherheitszuschlag den erklärten Umsätzen und Gewinnen hinzuzurechnen:

€ 4.000,- netto, davon jeweils € 2.000,- mit 10% USt bzw. mit 20% USt.

Das Finanzamt folgte (unter anderem) diesen Prüferfeststellungen und erließ - hinsichtlich der Jahre 2011 und 2012 unter Wiederaufnahme der Verfahren - am entsprechende Sachbescheide betreffend Umsatz- und Körperschaftsteuer 2011 bis 2013. Daraus ergaben sich aus den Sicherheitszuschlägen Nachforderungen an Umsatzsteuern pro Jahr in Höhe von 600 € und Nachforderungen an Körperschaftsteuern pro Jahr in Höhe von 1.000 €.

Gegen diese Bescheide wurden am vom Geschäftsführer der Beschwerdeführerin über FinanzOnline inhaltlich gleichlautende Beschwerden eingebracht und darin die Aufhebung des Sicherheitszuschlages begehrt. Dieser Zuschlag resultiere aus Kassendaten, welche ein Datenerfassungsprotokoll enthalten würden, das nicht den Kassenrichtlinien entspreche. Er habe diese Kassen aber unter der Voraussetzung, dass sie den Erfordernissen der Kassenrichtlinien entsprechen, gekauft. Beide Kassenhersteller hätten ihm dies zugesichert. Es handle sich um ***1*** und ***2*** - Kassensysteme.

Das Finanzamt wie diese Beschwerden mit Beschwerdevorentscheidungen vom ab, und führte in der Begründung aus:

In der Begründung zur Beschwerde wird lediglich darauf hingewiesen, dass die Kassenhersteller zugesichert hätten, dass die verwendeten Kassensysteme den Kassenrichtlinien entsprechen. Auf die Begründung im Prüfbericht vom wird verwiesen.

Dagegen richten sich die elektronisch eingebrachten Vorlageanträge vom , in denen ausgeführt wurde:

Laut Rücksprache mit den Kassenherstellern ***2*** und ***1***, entsprechen die Dateien den Kassenrichtlinien lt. § 131 BAO und somit muss eine Ordnungsmäßigkeit der vorgelegten Daten lt. § 131 BAO gegeben sein. Gerne können wir ihnen auch Bestätigungen der oben genannten Kassenherstellern vorlegen. Nun ersuchen wir sie von einem Sicherheitszuschlag Abstand zu nehmen. Wir bedanken uns für eine positive Erledigung.

Erst mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt die Beschwerden dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Nachdem die für Beschwerdeerledigung zuständig gewesene Richterin in den Ruhestand getreten war, wurde aufgrund einer Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesfinanzgerichtes am die Gerichtsabteilung des erkennenden Richters zur Erledigung (unter anderem) der gegenständlichen Beschwerden zuständig.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Im Zuge der abgabenbehördlichen Prüfung wurde festgestellt, dass im Prüfungszeitraum Registrierkassen der Firmen "***1***" (***1*** GmbH) und "***2***" (***2*** OG) wurden. Der Prüfer hat dabei festgestellt, dass auch nach einem von der Fa. ***1*** durchgeführten update die übergebenen Kassendaten lediglich aus "log-Dateien" bestanden. Außerdem wurde in keiner der "log-Dateien" ein Tischaufruf dargestellt, was nach den Prüferfeststellungen aber in diesem System unbedingt erforderlich gewesen wäre, um überhaupt bonieren oder zB eine Preisabfrage durchführen zu können. Betreffend das Registrierkassensystem der Fa. ***2*** OG wurde ebenfalls festgestellt, dass Tischaufrufe, oder auch rückgängig machende Vorgänge, wie Sofortstornos, nicht im vorgelegten Journal aufschienen.

Die Beschwerdeführerin erzielte in den Prüfungsjahren folgende Umsätze: 393.774,30 € (2011), 425.847,58 € (2012) und 320.657,01 € (2013).

Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt wurde in der Beschwerde nicht dezidiert bestritten, sondern im Vorlageantrag ohne näheres konkretes Sachvorbringen behauptet, dass laut Rücksprache mit den Kassenherstellern die verwendeten Registrierkassen den Vorschriften des § 131 BAO genügen würden, was laut den Prüferfeststellungen jedoch nicht der Fall war. Dass die vom Prüfer konkret festgestellten Mängel tatsächlich nicht vorgelegen wären, also beispielsweise bei den Registrierkassen der Fa. ***2*** OG Sofortstornos in den Journalen (Datenerfassungsprotokollen) aufgeschienen wären, wurde weder konkret behauptet noch glaubhaft gemacht.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I.

§ 131 BAO normiert in der für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum maßgeblichen Fassung des BGBl I Nr. 20/2009:

(1) Bücher, die gemäß den §§ 124 oder 125 zu führen sind oder die ohne gesetzliche Verpflichtung geführt werden, und Aufzeichnungen der in den §§ 126 bis 128 bezeichneten Art dürfen, wenn nicht anderes gesetzlich angeordnet ist, auch im Ausland geführt werden. Derartige Bücher und Aufzeichnungen sind auf Verlangen der Abgabenbehörde innerhalb angemessen festzusetzender Frist in das Inland zu bringen. Den Büchern und Aufzeichnungen zu Grunde zu legende Grundaufzeichnungen sind, wenn sie im Ausland geführt werden, innerhalb angemessener Frist in das Inland zu bringen und im Inland aufzubewahren; diese Verpflichtung entfällt hinsichtlich jener Vorgänge, die einem im Ausland gelegenen Betrieb, einer im Ausland gelegenen Betriebsstätte oder einem im Ausland gelegenen Grundbesitz zuzuordnen sind. Es muss gewährleistet sein, dass auch bei Führung der Bücher und Aufzeichnungen im Ausland die Erforschung der für die Erhebung der Abgaben wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse ohne Erschwernisse möglich ist.

Die gemäß den §§ 124 oder 125 zu führenden Bücher und Aufzeichnungen sowie die ohne gesetzliche Verpflichtung geführten Bücher sind so zu führen, dass sie einem sachverständigen Dritten innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle vermitteln können. Die einzelnen Geschäftsvorfälle sollen sich in ihrer Entstehung und Abwicklung verfolgen lassen. Dabei gelten insbesondere die folgenden Vorschriften:

1. Sie sollen in einer lebenden Sprache und mit den Schriftzeichen einer solchen geführt werden. Soweit Bücher und Aufzeichnungen nicht in einer für den Abgabepflichtigen im Abgabenverfahren zugelassenen Amtssprache geführt werden, hat der Abgabepflichtige auf Verlangen der Abgabenbehörde eine beglaubigte Übersetzung der vorgelegten Bücher, Aufzeichnungen, hiezu gehörige Belege sowie der Geschäftspapiere und der sonstigen Unterlagen im Sinn des § 132 Abs. 1 beizubringen. Soweit es für die Durchführung einer abgabenbehördlichen Prüfung (§§ 147 bis 153) erforderlich ist, hat der Abgabepflichtige auf seine Kosten für die Übersetzung der eingesehenen Bücher und Aufzeichnungen in eine für ihn zugelassene Amtssprache Sorge zu tragen; hiebei genügt die Beistellung eines geeigneten Dolmetschers.

2. Die Eintragungen sollen der Zeitfolge nach geordnet, vollständig, richtig und zeitgerecht vorgenommen werden. Die Vornahme von Eintragungen für einen Kalendermonat in die für Zwecke der Erhebung der Abgaben vom Umsatz, Einkommen und Ertrag, ausgenommen Abzugssteuern, zu führenden Bücher und Aufzeichnungen ist zeitgerecht, wenn sie spätestens einen Monat und 15 Tage nach Ablauf des Kalendermonats erfolgt. An die Stelle des Kalendermonats tritt das Kalendervierteljahr, wenn dieses auf Grund umsatzsteuerrechtlicher Vorschriften für den Abgabenpflichtigen Voranmeldungszeitraum ist. Soweit nach den §§ 124 oder 125 eine Verpflichtung zur Führung von Büchern besteht oder soweit ohne gesetzliche Verpflichtung Bücher geführt werden, sollen alle Bareingänge und Barausgänge in den Büchern oder in den Büchern zu Grunde liegenden Grundaufzeichnungen täglich einzeln festgehalten werden. Abgabepflichtige, die gemäß § 126 Abs. 2 verpflichtet sind, ihre Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben aufzuzeichnen, sollen alle Bareinnahmen und Barausgaben einzeln festhalten. Der Bundesminister für Finanzen kann durch Verordnung Erleichterungen bei den Büchern und Aufzeichnungen festlegen, wenn das Festhalten der einzelnen Bareingänge und Barausgänge unzumutbar wäre, sofern die ordnungsgemäße Ermittlung der Grundlagen der Abgabenerhebung dadurch nicht gefährdet wird.

3. Die Bezeichnung der Konten und Bücher soll erkennen lassen, welche Geschäftsvorgänge auf diesen Konten (in diesen Büchern) verzeichnet werden. Konten, die den Verkehr mit Geschäftsfreunden verzeichnen, sollen die Namen und Anschriften der Geschäftsfreunde ausweisen.

4. Soweit Bücher oder Aufzeichnungen gebunden geführt werden, sollen sie nach Maßgabe der Eintragungen Blatt für Blatt oder Seite für Seite mit fortlaufenden Zahlen versehen sein. Werden Bücher oder Aufzeichnungen auf losen Blättern geführt, so sollen diese in einem laufend geführten Verzeichnis (Kontenregister) festgehalten werden.

5. Die zu Büchern oder Aufzeichnungen gehörigen Belege sollen derart geordnet aufbewahrt werden, daß die Überprüfung der Eintragungen jederzeit möglich ist.

6. Die Eintragungen sollen nicht mit leicht entfernbaren Schreibmitteln erfolgen. An Stellen, die der Regel nach zu beschreiben sind, sollen keine leeren Zwischenräume gelassen werden. Der ursprüngliche Inhalt einer Eintragung soll nicht mittels Durchstreichens oder auf andere Weise unleserlich gemacht werden. Es soll nicht radiert und es sollen auch solche Veränderungen nicht vorgenommen werden, deren Beschaffenheit ungewiß läßt, ob sie bei der ursprünglichen Eintragung oder erst später vorgenommen worden sind. Werden zur Führung von Büchern und Aufzeichnungen oder bei der Erfassung der Geschäftsvorfälle Datenträger verwendet, sollen Eintragungen oder Aufzeichnungen nicht in einer Weise verändert werden können, dass der ursprüngliche Inhalt nicht mehr ersichtlich ist. Eine Überprüfung der vollständigen, richtigen und lückenlosen Erfassung aller Geschäftsvorfälle, beispielsweise durch entsprechende Protokollierung der Datenerfassung und nachträglicher Änderungen, soll möglich sein.

(2) Werden die Geschäftsvorfälle maschinell festgehalten, gelten die Bestimmungen des Abs. 1 sinngemäß mit der Maßgabe, daß durch gegenseitige Verweisungen oder Buchungszeichen der Zusammenhang zwischen den einzelnen Buchungen sowie der Zusammenhang zwischen den Buchungen und den Belegen klar nachgewiesen werden sollen; durch entsprechende Einrichtungen soll der Nachweis der vollständigen und richtigen Erfassung aller Geschäftsvorfälle leicht und sicher geführt werden können und sollen Summenbildungen nachvollziehbar sein.

(3) Zur Führung von Büchern und Aufzeichnungen können Datenträger verwendet werden, wenn die inhaltsgleiche, vollständige und geordnete Wiedergabe bis zum Ablauf der gesetzlichen Aufbewahrungsfrist jederzeit gewährleistet ist; die vollständige und richtige Erfassung und Wiedergabe aller Geschäftsvorfälle soll durch entsprechende Einrichtungen gesichert werden. Wer Eintragungen in dieser Form vorgenommen hat, muß, soweit er zur Einsichtgewährung verpflichtet ist, auf seine Kosten innerhalb angemessener Frist diejenigen Hilfsmittel zur Verfügung stellen, die notwendig sind, um die Unterlagen lesbar zu machen, und, soweit erforderlich, ohne Hilfsmittel lesbare, dauerhafte Wiedergaben beibringen. Werden dauerhafte Wiedergaben erstellt, so sind diese auf Datenträgern zur Verfügung zu stellen.

§ 132 BAO, zuletzt geändert durch BGBl I Nr. 28/1999 lautet:

(1) Bücher und Aufzeichnungen sowie die zu den Büchern und Aufzeichnungen gehörigen Belege sind sieben Jahre aufzubewahren; darüber hinaus sind sie noch so lange aufzubewahren, als sie für die Abgabenerhebung betreffende anhängige Verfahren von Bedeutung sind, in denen diejenigen Parteistellung haben, für die auf Grund von Abgabenvorschriften die Bücher und Aufzeichnungen zu führen waren oder für die ohne gesetzliche Verpflichtung Bücher geführt wurden. Soweit Geschäftspapiere und sonstige Unterlagen für die Abgabenerhebung von Bedeutung sind, sollen sie sieben Jahre aufbewahrt werden. Diese Fristen laufen für die Bücher und die Aufzeichnungen vom Schluß des Kalenderjahres, für das die Eintragungen in die Bücher oder Aufzeichnungen vorgenommen worden sind, und für die Belege, Geschäftspapiere und sonstigen Unterlagen vom Schluß des Kalenderjahres, auf das sie sich beziehen; bei einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr laufen die Fristen vom Schluß des Kalenderjahres, in dem das Wirtschaftsjahr endet.

(2) Hinsichtlich der in Abs. 1 genannten Belege, Geschäftspapiere und sonstigen Unterlagen kann die Aufbewahrung auf Datenträgern geschehen, wenn die vollständige, geordnete, inhaltsgleiche und urschriftgetreue Wiedergabe bis zum Ablauf der gesetzlichen Aufbewahrungsfrist jederzeit gewährleistet ist. Soweit solche Unterlagen nur auf Datenträgern vorliegen, entfällt das Erfordernis der urschriftgetreuen Wiedergabe.

(3) Wer Aufbewahrungen in Form des Abs. 2 vorgenommen hat, muß, soweit er zur Einsichtgewährung verpflichtet ist, auf seine Kosten innerhalb angemessener Frist diejenigen Hilfsmittel zur Verfügung stellen, die notwendig sind, um die Unterlagen lesbar zu machen, und, soweit erforderlich, ohne Hilfsmittel lesbare, dauerhafte Wiedergaben beibringen. Werden dauerhafte Wiedergaben erstellt, so sind diese auf Datenträgern zur Verfügung zu stellen.

§ 184 BAO normiert:

(1) Soweit die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie diese zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Abgabepflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft über Umstände verweigert, die für die Ermittlung der Grundlagen (Abs. 1) wesentlich sind.

(3) Zu schätzen ist ferner, wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen.

Für die Beurteilung der Ordnungsmäßigkeit der Losungsermittlung durch Registrierkassen und Kassensysteme sind für den beschwerdegegenständlichen Zeitraum - unabhängig von der Kassenrichtlinie des BMF-010102/0007-IV/2/2011 - die in den §§ 131 und 132 BAO festgelegten Grundsätze der Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten bei der Führung von Büchern, Aufzeichnungen und der Erfassung von Geschäftsvorfällen maßgebend. Die Kassenrichtlinie 2012 diente lediglich dazu, Fragestellungen zu beantworten, die aufgrund der fortschreitenden technischen Entwicklung bei Registrierkassen und Kassensystemen und der gesetzlichen Änderungen bei den Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten vermehrt auftraten. Eine normative Anordnung traf der Bundesminister für Finanzen in diesem Zusammenhang erst mit der Registrierkassensicherheitsverordnung RKSV, BGBl II Nr. 410/2015, die aber erst am (§ 25 Abs. 1 RKSV) bzw. teilweise mit (§ 25 Abs. 2 RKSV) und (§ 25 Abs. 3 RKSV) in Kraft trat und auf den vorliegenden Fall betreffend die Veranlagungsjahre 2011 bis 2013 daher nicht anzuwenden ist.

Im gegenständlichen Fall wurden von der Beschwerdeführerin nach den unwidersprochen gebliebenen Feststellungen des Prüfers Kassen verwendet, die mit eigener Software die laufenden Geschäftsvorfälle permanent in einem Datenerfassungsprotokoll festhalten sollen. In dieser Ereignisprotokolldatei sollen fortlaufend chronologisch die Geschäftsvorfälle und deren Grundlagen dokumentiert werden. § 131 Abs. 1 Z 6 BAO fordert in diesem Zusammenhang, dass eine Überprüfung der vollständigen, richtigen und lückenlosen Erfassung aller Geschäftsvorfälle möglich sein soll. Um dies zu gewährleisten, sind aber nicht nur die einzelnen Barumsätze zu erfassen, sondern auch Stornobuchungen. Dazu hat der Prüfer festgestellt, dass beim Kassenmodell der Fa. ***2*** OG solche Sofortstornos nicht im vorgelegten Journal (Datenerfassungsprotokoll) aufgeschienen sind. Bei beiden Kassenmodellen waren außerdem sogenannten "Tischaufrufe" nicht im Datenerfassungsprotokoll erfasst. Im Übrigen stellten die dem Prüfer übergebenen Kassendaten kein Datenerfassungsprotokoll im Sinne einer Datei dar, sondern wurden auch nach dem vorgenommenen Update bei den Kassen der Fa. ***1*** nur "log-Dateien" übergeben (Anmerkung: eine Log-Datei ist eine Datei, in der IT-Systeme Ereignisse eintragen und protokollieren. Die Datei soll helfen, bestimmte Vorgänge nachzuvollziehen. In der Regel sind Log-Dateien textbasiert, verwenden Zeichenkodierungen wie ASCII und sind mit beliebigen Texteditoren aufrufbar und lesbar). Den Anforderungen an ein Datenerfassungsprotokoll werden diese Dateien aber nach den Prüferfeststellungen nicht gerecht. Es wurde auch nicht konkret dargetan, dass entgegen der Feststellung des Prüfers in diesen Dateien Tischaufrufe dargestellt worden wären, was aber nach den getroffenen Feststellungen notwendig gewesen wäre, um überhaupt bonieren oder eine Preisabfrage durchführen zu können.

Insgesamt gesehen lag damit keine vollständige, richtige und lückenlose Erfassung aller Geschäftsvorfälle im Sinne des § 131 Abs. 1 Z 6 BAO vor, weshalb von formellen Mängel im Sinne des § 184 Abs. 3 BAO auszugehen war, die geeignet waren, die sachliche Richtigkeit der Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen und die damit zu einer Schätzung berechtigten.

Die Anwendung eines Sicherheitszuschlages gehört zu den Elementen einer Schätzung. Diese Schätzungsmethode geht davon aus, dass es bei mangelhaften Aufzeichnungen wahrscheinlich ist, dass nicht nur nachgewiesenermaßen nicht verbuchte Vorgänge, sondern auch weitere Vorgänge nicht aufgezeichnet wurden (Ritz, BAO6, § 184 Tz 18 mit zahlreichen Judikaturnachweisen).

Im Hinblick auf die in den Prüfungsjahren erklärten Umsätze von 393.774,30 € (2011), 425.847,58 € (2012) und 320.657,01 € (2013) war die Zuschätzung in Form eines Sicherheitszuschlages in Höhe von lediglich 4.000 € netto pro Jahr an der unteren Grenze bemessen und trug auch dem Gesichtspunkt ausreichend Rechnung, dass die Beschwerdeführerin Kassensysteme in der Annahme erworben hatte, dass diese den Aufzeichnungs- und Aufbewahrungsvorschriften der §§ 131 und 132 BAO genügen. Die abgabenrechtliche Verantwortung für die Beachtung dieser Vorschriften trifft stets den Abgabepflichtigen bzw. seinen gesetzlichen Vertreter und kann im Abgabenverfahren nicht auf Dritte (hier: die Lieferfirmen der Registrierkassen) überwälzt werden. Die für die verfahrensgegenständlichen Jahre festgesetzten Sicherheitszuschläge liegen im Übrigen deutlich unter jenen, die aufgrund fortgesetzter Mängel in den Aufzeichnungen nach Durchführung einer Betriebsprüfung betreffend die Folgejahre 2014 bis 2016 festgesetzt wurden.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine solche Rechtsfrage war im gegenständlichen Fall nicht zu klären.

Linz, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 132 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 184 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 131 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.5101150.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at