Keine wirksame Zustellung durch Ausfolgung einer bloßen Bescheidkopie durch die Behörde
Rechtssätze
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Stammrechtssätze | |
RV/7100549/2016-RS1 | Eine Ablichtung eines Erledigungsentwurfs ist nicht mit einer schriftlichen Ausfertigung einer Erledigung (§ 96 BAO) gleichzusetzen, die Ausfolgung einer Ablichtung nicht mit der Bekanntgabe der Erledigung (§ 97 BAO). Für die Heilung eines Zustellmangels ist erforderlich, dass das Schriftstück dem Empfänger tatsächlich zukommt, weshalb die bloße Kenntnisnahme vom Inhalt des zuzustellenden Schriftstückes - etwa im Wege einer Kopie - einen unterlaufenen Zustellmangel nicht heilt. |
RV/7100549/2016-RS2 | Sinn der Regelung in § 85 BAO, dass Eingaben eine Unterschrift tragen müssen, ist die Identität des Einschreiters und Authentizität eines Anbringens sicherzustellen. Damit soll die Echtheit des Anbringens, also dass es vom darin angegebenen Aussteller herrührt, gewährleistet werden. |
RV/7100549/2016-RS3 | Wurde eine nicht unterschriebene Eingabe nicht (im Original oder in Kopie) mit Mängelbehebungsauftrag zur Verbesserung zurückgestellt, sondern im Mängelbehebungsauftrag nur das "Fehlen der Unterschrift gemäß § 85 Abs. 2 BAO" gerügt, welcher Mangel zu beheben sei, und leistet der Antragsteller fristgerecht auf dem Mängelbehebungsauftrag eine Unterschrift an jener Stelle, an der die fehlende Unterschrift gerügt wurde, hat der Antragsteller eindeutig zu erkennen gegeben, dass die Eingabe ihm zuzurechnen ist. |
RV/7100549/2016-RS4 | Die Unterschrift auf einem schriftlichen Anbringen kann sich wirksam auch auf einem anderen Blatt als die Eingabe selbst befinden, wenn der Zusammenhang zwischen der Eingabe und dem Ergänzungsblatt klar ersichtlich ist. |
RV/7100549/2016-RS5 | Hier: Die Beschwerdevorentscheidung wurde zwar ausgefertigt, aber nicht wirksam zugestellt. |
RV/7100549/2016-RS6 | Bei vollinhaltlicher Stattgabe eines Antrags auf Familienbeihilfe ist gemäß § 13 FLAG 1967 kein Bescheid zu erlassen, sondern mit Auszahlung gemäß § 11 FLAG 1967 und Mitteilung gemäß § 12 FLAG 1967 vorzugehen. Wurde für den Zeitraum, für den Familienbeihilfe nunmehr gewährt werden soll, bereits ein Abweisungsbescheid gemäß § 13 FLAG 1967 wirksam erlassen, ist zuvor das Ausscheiden dieses Bescheides aus dem Rechtsbestand etwa gemäß § 303 BAO oder § 299 BAO zu veranlassen. |
Folgerechtssätze | |
RV/7100549/2016-RS5 | wie RV/7102328/2015-RS1 Unabdingbare Voraussetzung eines Vorlageantrags ist, dass die Abgabenbehörde eine Beschwerdevorentscheidung erlassen hat. § 260 Abs. 2 BAO, wonach Bescheidbeschwerden auch vor Beginn der Beschwerdefrist eingebracht werden dürfen, ist zufolge § 264 Abs. 4 lit. e BAO ausdrücklich nicht auf Vorlageanträge anzuwenden. Ein verfrühter, weil vor Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung gestellter, Vorlageantrag ist zurückzuweisen. |
RV/7100549/2016-RS7 | wie RV/7102797/2015-RS1 Es besteht weder ein Erfahrungssatz, dass der Mittelpunkt der Lebensinteressen einer Person stets an dem Ort ist, an dem sie sich mit ihrer (Kern-)Familie aufhält, noch ein Erfahrungssatz, dass der Mittelpunkt der Lebensinteressen einer Person bei einem mehrjährigen berufsbedingten oder ausbildungsbedingten Auslandsaufenthalt stets in jenem Land beibehalten wird, dessen Staatsbürger sie ist. Es kommt vielmehr auf die Verhältnisse des Einzelfalles an. |
RV/7100549/2016-RS8 | wie RV/7102797/2015-RS2 Die in Art. 11 Verordnung (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit genannten Kriterien können sinngemäß auch für die Ermittlung des Lebensmittelpunkts von Drittstaatsangehörigen herangezogen werden. |
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Rudolf Wanke über die Beschwerde der X M*****-R*****, *****Adresse*****, vom , beim Finanzamt eingelangt am , gegen den Bescheid des Finanzamts Wien 9/18/19 Klosterneuburg, 1030 Wien, Marxergasse 4, vom , wonach Familienbeihilfe (1.092,70 €) und Kinderabsetzbetrag (584,00 €), zusammen 1.676,70 € für die im Juni 2014 geborene *Y* M***** für den Zeitraum Juni 2014 bis März 2015 gemäß § 26 FLAG 1967 und § 33 Abs. 3 EStG 1988 zurückgefordert werden, Versicherungsnummer 6*****, den Beschluss gefasst:
I. Der mit datierte und am eingebrachte Vorlageantrag wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO i. V. m. § 264 Abs. 4 lit. e BAO als unzulässig zurückgewiesen.
II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß Art. 133 Abs. 4 und Abs. 9 B-VG i. V. m. § 25a VwGG eine Revision nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Antrag vom
Mit dem Formular Beih 1, unterfertigt am , beim Finanzamt am selben Tag persönlich überreicht, beantragte die Beschwerdeführerin (Bf) X M***** Familienbeihilfe für die im Juni 2014 geborene *Y* M*****.
Die Bf sei Staatsbürgerin des Kosovo, Studentin, wohne in *****Adresse_alt*****, und sei im Jahr 2009 nach Österreich eingereist. *Y* sei ebenfalls Staatsbürgerin des Kosova, lebe im Haushalt der Bf. Angekreuzt wurde auch, dass das Kind Vollwaise sei, hierbei dürfte es sich um einen Irrtum handeln. Angaben zum Partner bzw. Lebensgefährten enthält das Formular nicht.
Beigeschlossen waren folgende Unterlagen:
Meldebestätigung für die Bf, wonach diese seit ihren Hauptwohnsitz in *****Adresse_alt***** habe und diesen am in eine andere Wohnung im selben Haus (*****Adresse_alt*****) verlegt habe. Seit habe auch *Y* in *****Adresse_alt***** ihren Hauptwohnsitz.
Bestätigung über die Antragsteilung einer Leistung nach dem Kinderbetreuungsgeldgesetz vom (nicht unterfertigt).
Kopie von Teilen des Reisepasses der Bf.
Aufenthaltsbewilligung (Studierender) für die Bf vom bis 22. 1. 205
Aufenthaltsbewilligung (Familiengemeinschaft) für *Y* vom bis .
Geburtsurkunde für die in Wien geborene *Y* (ohne Nennung eines Vaters).
Abweisungsbescheid vom
Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Antrag vom ab Juni 2014 mit folgender Begründung ab:
Gemäß Art. 77 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 in der bis gültigen Fassung sind Familienleistungen für Kinder von Rentnerinnen oder Rentnern grundsätzlich von dem Staat zu gewähren, der zur Zahlung einer Rente verpflichtet ist.
Für Personen, die nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen, besteht mangels intensiver Anbindung an Österreich kein Anspruch auf Familienbeihilfe, weil sie sich nach §§ 8 oder 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG) zwar rechtmäßig, aber nur vorübergehend zu Ausbildungszwecken in Österreich aufhalten.
Welche Rolle die VO 1408/71 in diesem Verfahren gespielt haben soll und aus welchen Gründen das Finanzamt davon ausgeht, dass die 1986 geborene Bf Rentnerin sei, ist nicht ersichtlich.
Ein Zustellnachweis ist nicht aktenkundig.
Antrag vom
Mit dem Formular Beih 1, unterfertigt am , beim Finanzamt am selben Tag persönlich überreicht, beantragte die Bf neuerlich Familienbeihilfe für *Y* M*****.
Gegenüber dem Antrag vom bestehen folgende Änderungen:
Die Wohnadresse ist *****Adresse_alt*****.
Als Partner bzw. Lebensgefährte ist *Z* Mu*****, ebenfalls Staatsbürger des Kosovo, beschäftigt seit Oktober 2014 bei einem näher angeführten Dienstgeber, genannt.
"Das Kind ist Vollwaise" ist nicht mehr angekreuzt.
Beigeschlossen waren offenbar (im elektronisch vorgelegten Akt sind diese Urkunden im PDF zwischen den Seiten 1 und 2 sowie 3 und 4 des Formulars Beih 1 enthalten) folgende Unterlagen:
Aufenthaltsbewilligung (Studierender) für die Bf vom bis 22. 1. 205
Aufenthaltsbewilligung (Familiengemeinschaft) für *Y* vom bis .
Aufenthaltsbewilligung (Schüler) für *Z* Mu***** vom bis
Meldebestätigung für die Bf, wonach diese seit ihren Hauptwohnsitz in *****Adresse_alt***** habe und diesen am in eine andere Wohnung im selben Haus (*****Adresse_alt*****) verlegt habe. Seit habe auch *Y* in *****Adresse_alt***** ihren Hauptwohnsitz, seit auch *Z* Mu*****.
Geburtsurkunde für die in Wien geborene *Y* (mit Nennung von *Z* Mu***** als Vater).
Kopie von Teilen des Reisepasses von *Z* Mu***** und von *Y* M*****.
Ergänzungsersuchen
Mit Vorhalt vom ersuchte das Finanzamt um:
Heiratsurkunde
Meldezettel der gesamten Familie
Dienstgeberbestätigung (Beschäftigungszeiten) vom Gatten
Bekanntgabe des Familiennamen, Vornamen, Geburtsdatum und Wohnadresse des
Kindesvaters
Vorhaltsbeantwortung
Am wurde der Vorhalt mit dem von der Bf unterschriebenen Vermerk "Ich beantrage meine f.beihilfe ab für mein Kind M***** *Y*" beim Finanzamt persönlich eingereicht.
An Unterlagen sind im elektronischen Akt nach der Vorhaltsbeantwortung ersichtlich:
Anerkennung der Vaterschaft durch *Z* Mu***** und Zustimmung der Bf hierzu, beurkundet am
Meldezettel für *Y* M*****, X M***** und *Z* Mu***** (wie bereits dem Antrag vom beigefügt)
Lohn-/Gehaltsabrechnung für *Z* Mu***** als Barkeeper für November 2014 (brutto = netto 283,76 € zuzüglich Aufrollung netto 208,88 €) und Dezember 2014 (brutto = netto 324,23 €).
Mitteilung vom
Laut Mitteilung vom gewährte hierauf das Finanzamt für *Y* - unbeschadet des Abweisungsbescheides vom - Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag von Juni 2014 bis Juni 2016.
Telefax der Wiener Gebietskrankenkasse
Die Wiener Gebietskrankenkasse teilte dem Finanzamt mit Telefax vom mit:
Wir ersuchen Sie um bescheidmäßige Ablehnung der Familienbeihilfe für das Kind M***** *Y*. Die Familie ist für Ausbildungszwecke in Österreich und dementsprechend ist auch der Aufenthaltstitel für "Studierende" gewährt worden. Der Kindesvater Herr *Z* Mu***** geht zwar laufend einer geringfügigen Beschäftigung in Österreich nach welches aber nicht als eine existenzsichemde Erwerbstätigkeit angesehen werden kann. Die Familie wird laut Niederschrift finanziell von Ihren Eltern aus Kosovo unterstützt.( Siehe Anhang )Aus diesem Grunde kann eine Verwurzelung in Österreich nicht nachgewiesen werden.
Wir bitten um eine Stellungnahme bezüglich der Gewährung der Familienbeihilfe.
Beigefügt war neben Aufenthaltstitelkopien eine Bestätigung von X M***** und *Z* Mu***** vom an die Wiener Gebietskrankenkasse, die dort am einging:
Wir bestätigen hiermit, dass wir von unserer Familie Unterstützung bekommen.
Wie kriegen jedes Monat Geld von *H* Mu*****, wohnhaft in ..., Kosovo, sowie auch von der Mutter von M***** X (...), wohnhaft in ..., Kosovo.
Weitere Unterlagen
Im Anschluss an die Mitteilung der Wiener Gebietskrankenkasse finden sich im elektronisch vorgelegten Akt folgende Unterlagen:
Am 25. 8. 29015 wurde beim Finanzamt neuerlich die Geburtsurkunde von *Y* eingereicht.
Aktenkundig ist ein Mietvertrag, wonach *I* R***** im Jahr 1996 eine Wohnung in *****Adresse*****, bestehend aus 2 Zimmer, 1 Kabinett, 2 Küchen, 1 WC, weiters ausgestattet mit Wasseranschluss, zu einem monatlichen Mietzins und Betriebskosten von insgesamt 3.604,48 S mietet.
Anerkennung der Vaterschaft durch *Z* Mu***** und Zustimmung der Bf hierzu, beurkundet am .
Einreichbestätigung des Amts der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 35, Einwanderung und Staatsbürgerschaft, vom , wonach *Y* am einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels Familienangehöriger gestellt hat. Die Bestätigung enthält (für ein damals einjähriges Kind) den Hinweis:
Weiters möchten wir Sie darauf aufmerksam machen, dass Sie zur Erfüllung des Moduls 1 der Integrationsvereinbarung binnen zwei Jahren nach Erteilung des ersten Aufenthaltstitels nach dem Niederlassungs- und verpflichtet sind. Erbringen Sie den Nachweis nach zwei Jahren aus Gründen, die ausschließlich Ihnen zuzurechnen sind, nicht, begehen Sie eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe von 50 Euro bis zu 250 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu einer Woche, zu bestrafen ist.
Darüber hinaus können Drittstaatsangehörige nach dem Fremdenpolizeigesetz (FPG) ausgewiesen werden, wenn Sie die Integrationsvereinbarung innerhalb von zwei Jahren nicht erfüllt haben.
Einreichbestätigung des Amts der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 35, Einwanderung und Staatsbürgerschaft, vom , wonach X M*****R***** am einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels Familienangehöriger gestellt hat. Die Bestätigung enthält ebenfalls obigen Hinweis.
Meldebestätigung, wonach *Y* M***** und X M*****-R***** seit ihren Hauptwohnsitz in *****Adresse***** haben.
Heiratsurkunde vom , wonach *I* R***** und X M*****-R***** in Österreich geheiratet haben.
Zeugnis des Vorstudienlehrgang der Wiener Universitäten, Universitätslehrgang zur Vorbereitung auf Ergänzungsprüfungen, wonach die Bf am die Ergänzungsprüfung aus Deutsch als Voraussetzung für die Zulassung als ordentliche Studierende an der Wirtschaftsuniversität erfolgreich abgelegt hat.
Bestätigung des ÖSD vom , dass die Bf die sprachlichen Anforderungen der Niveaustufe B2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen (GER) erfüllt.
Rückforderungsbescheid
Mit dem angefochtenen Bescheid vom forderte das Finanzamt Familienbeihilfe (1.092,70 €) und Kinderabsetzbetrag (584,00 €), zusammen 1.676,70 € für die im Juni 2014 geborene *Y* M***** für den Zeitraum Juni 2014 bis März 2015 gemäß § 26 FLAG 1967 und § 33 Abs. 3 EStG 1988 zurück und begründete dies so:
Gemäß § 3 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG 1967) haben Personen, die nicht österreichische Staatsbürgerinnen sind, nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie sich nach §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, rechtmäßig in Österreich aufhalten.
Weil Sie sich nach §§ 8 oder 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG) zwar rechtmäßig, aber nur vorübergehend zu Ausbildungszwecken in Österreich aufhalten, besteht mangels intensiver Anbindung an Österreich kein Anspruch auf Familienbeihilfe.
Weitere Sachverhaltsfeststellungen oder eine Beweiswürdigung enthält der angefochtene Bescheid nicht. Ein Zustellnachweis ist nicht ersichtlich.
Beschwerde
Gegen den Rückforderungsbescheid vom richtet sich die mit datierte und beim Finanzamt am eingelangte Beschwerde. Inhaltlich wird ausgeführt:
Ich bestätige hiermit, dass wir Studenten sind und theoretisch nur für Studienzwecke da sind.
Wir wissen genau, was unser Recht als Studenten (ist), dadurch haben wir nie was vom Finanzamt verlangt, weil wir wissen, dass die keinen Anspruch darauf haben.
Unser Antrag wurde für unsere Tochter beantragt, weil Österreich hat für alle Kinder, die hier geboren sind, die gleichen Rechte gegeben.
Trotzdem, was Familie in Österreich macht oder woher die kommen, was für ein Hautfarbe oder Religion, der Staat unterstützt und beschützt die Kinder gleich, aber nur bis Kind in Österreich lebt.
Wenn das Kind nicht mehr in Österreich ist, hat es keinen Anspruch mehr auf Familienbeihilfe.
Wir als Eltern können beweisen, dass wir hier leben, wie zum Beispiel WGKK hat von uns verlangt Mietbelege, Rechnungen, GIS-Anmeldung, Fahrkarte, Lohnzettel, Visum, Kontoauszüge. Sie können auch alles haben.
Was uns als Eltern betrifft, wir leben wie alle hier in Österreich.
Wir bezahlen alles wie eine normale Familie in Österreich lebt, wie Miete, Strom, Studiengebühr pro Semester 740 € pro Person.
Wir wurden gefragt von WGKK was wir nach dem Studium machen wollen, wir haben bestätigt, dass wir nach dem Studium in Österreich arbeiten wollen.
Wir hoffen, dass wir so schnell wie möglich einen Bescheid bekommen, dass unsere Tochter unterstützt wird...
Urkunden
Aktenkundig sind folgende Urkunden:
Mietvertrag
Mietvertrag betreffend eine Wohnung in *****Adresse_alt*****, 41,70 qm, bestehend aus 1 Zimmer, 1 Kabinett, Küche, Baderaum mit WC, Mieterin ist die Bf, Mietdauer bis , Hauptmietzins 404,00 € abzüglich 25% Befristungsabschlag, somit 303,00 €. "Die gegenständlichen Wohnung wurde von der Hausinhabung neu renoviert, und ein Bad mit WC und Dusche neu hergestellt."
Kontoauszüge
Auszug eines Bankkontos (Umsatzliste) von *Z* Mu***** mit dem Vermerk "Wir zahlen alles von diesem Konto". An Gutschriften findet sich am eine Bareinzahlung von 740,00 €, am eine Bareinzahlung von 1.100,00 €, am eine Gutschrift einer Vorsorgekasse von 207,86 €, am eine Gutschrift einer Versicherung von 193,73 €. Ansonsten wurden diverse Zahlungen in Österreich über dieses Konto getätigt, unter anderem für einen Bausparvertrag (monatlich 30,00 €).
Auszug eines Bankkontos (Umsatzliste) der Bf mit Eigenerlägen am (40,00 €), am (7.990,00 €), am (10.000,00 €) sowie Gutschriften der Familienbeihilfe.
Am erfolgte eine Behebung von 32,05 € und von 82,42 € in Prishtina.
Ein Bausparvertrag wird mit monatlich 20,00 € dotiert.
Aufenthaltstitel
Für die Bf wurde am eine Aufenthaltsbewilligung "Studierender" (Arbeitsmarkzugang nur mit Arbeitsmarktdokument) bis erteilt, für ihre Tochter *Y* M***** am eine Aufenthaltsbewilligung "Familiengemeinschaft" bis und für *Z* Mu*****, am eine Aufenthaltsbewilligung "Schüler" (Arbeitsmarkzugang nur mit Arbeitsmarktdokument) bis .
Mitteilung vom
Laut Mitteilung vom wurde für *Y* Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag von September 2015 bis Jänner 2016 gewährt.
Antrag vom
Aktenkundig ist ein nicht unterfertigter, am beim Finanzamt eingelangter Antrag mit dem Formular Beih 1.
Gegenüber dem Antrag vom bestehen folgende Änderungen:
Der Name der Bf hat sich in X M*****-R***** geändert, Ehegatte ist *I* R*****. Die Kindererziehung erfolge im gemeinsamen Haushalt.
Adresse ist keine angegeben.
Die Wohnadresse ist *****Adresse_alt*****.
Als Partner bzw. Lebensgefährte ist *Z* Mu*****, ebenfalls Staatsbürger des Kosovo, beschäftigt seit Oktober 2014 bei einem näher angeführten Dienstgeber, genannt.
Beihilfe werde ab "Juni 14 - August" (Rest im PDF nicht enthalten) beantragt.
Aufenthaltstitel
Über Vorhalt vom wurden am Aufenthaltstitel für Mutter und Tochter vom , gültig bis , vorgelegt.
Beschwerdevorentscheidung
Mit auf dem Formular Verf 40 erstellter und handschriftlich approbierter Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab:
Gem. § 2 Abs. 8 Familienlastenausgleichsgesetz in der derzeit geltenden Fassung haben Personen, die sowohl im Bundesgebiet als auch im Ausland einen Wohnsitz haben, nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet haben und sich die Kinder ständig im Bundesgebiet aufhalten.
Gem. § 2 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz in der derzeit geltenden Fassung haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben Anspruch auf Familienbeihilfe bzw. Ausgleichszahlung für Kinder.
Gem. § 26 Abs. 1 Bundesabgabenordnung hat jemand einen Wohnsitz im Sinne der Abgabenvorschriften dort, wo er eine Wohnung innehat unter Umständen, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird .
Gem. § 26 Abs. 2 Bundesabgabenordnung hat jemand den gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne der Abgabenvorschriften dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Land nicht nur vorübergehend verweilt.
Eine Person hat den Mittelpunkt der Lebensinteressen in dem Staat, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat. Bei der Beurteilung, ob eine Person den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen im Bundesgebiet hat, sind nicht so sehr die wirtschaftlichen Interessen dieser Person, sondern vielmehr die persönlichen Beziehungen dieser Person, die sie zum Bundesgebiet hat, von ausschlaggebender Bedeutung. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann eine Person zwar mehrere Wohnsitze, jedoch nur einen Mittelpunkt der Lebensinteressen haben. Nach der Erfahrung des täglichen Lebens bestehen im Regelfall die stärksten persönlichen Beziehungen zu dem Ort, an dem man regelmäßig mit seiner Familie lebt.
Für Personen, die nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen, besteht mangels intensiver Anbindung an Österreich kein Anspruch auf Familienbeihilfe, weil sie sich nach §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG) zwar rechtmäßig, aber nur vorübergehend zu Ausbildungszwecken in Österreich aufhalten.In Ihrem Fall kann demnach davon ausgegangen werden, dass durch den vorwiegenden Auslandsaufenthalt der Familie und der Tatsache, dass Sie und der Kindesvater nur Aufenthaltsbewilligungen zu Ausbildungszwecken haben, Sie von der Familie im Kosovo unterstützt werden und der Kindesvater im Bundesgebiet nur geringfügig beschäftigt ist, Ihr Lebensmittelpunkt nicht in Österreich liegt.Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Die Beschwerdevorentscheidung wurde ohne Rückschein versandt.
Vorlageantrag
In ihrem Vorlageantrag vom , beim Finanzamt am persönlich überreicht, führt die Bf aus:
Hiermit stelle ich zur Beschwerdevorentscheidung vom , mir zugestellt durch Aushändigung einer Ausfertigung beim Finanzamt Wien 9/18/19 Klosterneuburg am , mit welcher meine Beschwerde vom gegen den Rückforderungsbescheid vom als unbegründet abgewiesen und damit die vollständige Rückforderung der Familienleistungen für mein Kind von Juni 2014 bis März 2015 bestätigt wurde, innerhalb offener Frist die
ANTRÄGE
1. die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen,
2. eine mündliche Verhandlung durchzuführen,
3. der Beschwerde stattzugeben und den angefochtenen Bescheid wegen inhaltlicher und formeller Rechtswidrigkeit ersatzlos zu beheben.
Begründung:
I. Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin (BF) ist Staatsbürgerin der Republik Kosovo und lebt seit 2009 rechtmäßig in Österreich, beginnend mit einer Aufenthaltsbewilligung - Studierender, die jährlich verlängert wurde. Ihre Tochter M***** *Y* wurde am ...06.2014 geboren und verfügte über eine von ihrer Mutter abgeleitete Aufenthaltsbewilligung - Familiengemeinschaft. Aufgrund der Eheschließung mit einem österreichischen Staatsbürger im August 2015 verfügen die BF und ihre Tochter M***** *Y* seit über einen Aufenthaltstitel - Familienangehöriger mit einer Gültigkeitsdauer bis .
Am beantragte die BF erstmals für ihre Tochter Familienbeihilfe. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom gleichen Tag mit der Begründung abgewiesen, für Personen, die nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen, bestehe mangels intensiver Anbindung an Österreich kein Anspruch auf Familienbeihilfe, weil sie sich nach §§ 8 oder 9 NAG zwar rechtmäßig, aber nur vorübergehend zu Ausbildungszwecken in Österreich aufhielten.
Mit Schreiben des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom wurde der BF mitgeteilt, dass ihr von Juni 2014 bis Juni 2016 Familienbeihilfe gewährt wird und sie für diesen Zeitraum auch den Kinderabsetzbetrag erhält.
Mit Bescheid des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom wird die Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag für die Monate Juni 2014 bis März 2015, insgesamt 1.676,70 € rückgefordert bzw. ihr gemäß § 26 Abs. 1 FLAG iVm § 33 Abs. 3 EstG die Rückzahlung aufgetragen. Die Begründung lautet in Anlehnung an den oben bereits angeführten abweisenden Bescheid vom : Weil Sie sich nach §§ 8 oder 9 NAG zwar rechtmäßig, aber nur vorübergehend zu Ausbildungszwecken in Österreich aufhalten, besteht mangels intensiver Anbindung an Österreichkein Anspruch auf Familienbeihilfe.
Gegen diesen Bescheid erhob die BF Beschwerde und beantragte die Aussetzung der Einhebung.
Mit Bescheid des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom wurde die Aussetzung der Einhebung bis zu dem bescheidmäßig zu verfügenden Ablauf bzw. bis zu ihrem Widerruf bewilligt.
Im Dezember 2015 erhielt die BF vom Finanzamt Wien 9/18/19 Klosterneuburg zu ihrer Überraschung
1) eine Buchungsmitteilung Nr. 4/2015 vom , in der ein Rückstand von 1.698,95 € angeführt wird, und
2) einen Bescheid vom betreffend Festsetzung von Gebühren und Auslagenersätzen des Vollstreckungsverfahrens.
Daraufhin suchte die BF die belangte Behörde auf und es wurde ihr am eine Kopie der Beschwerdevorentscheidung vom ausgehändigt. Sie hatte diese mit der Post nie erhalten und konnte die belangte Behörde auch keinen Zustellnachweis vorlegen. Mit dieser Beschwerdevorentscheidung wird die Beschwerde vom gegen den Rückforderungsbescheid vom als unbegründet abgewiesen und damit die Rückforderung der Familienleistungen für die Tochter der BF von Juni 2014 bis März 2015 bestätigt. Der Ablauf der mit Bescheid des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom bewilligten Aussetzung der Einhebung wurde in dieser Entscheidung nicht verfügt. Hinsichtlich der Abweisung der Beschwerde wird in der Begründung ausgeführt, dass im Fall der BF davon ausgegangen werden könne, dass ihr Lebensmittelpunkt nicht in Österreich liege, da sich die Familie vorwiegend im Ausland aufhalte, die BF und der Kindesvater nur Aufenthaltsbewilligungen zu Ausbildungszwecken hätten, die BF von der Familie im Kosovo unterstützt werde und der Kindesvater im Bundesgebiet nur geringfügig beschäftigt sei.
Gegen diese Beschwerdevorentscheidung richtet sich der gegenständliche Vorlageantrag.
II. Rechtliche Beurteilung
1. Zur Rechtzeitigkeit des Vorlageantrages
Die BF hat die Beschwerdevorentscheidung vom nie mit der Post erhalten. Sollte die belangte Behörde anderer Ansicht sein, wird sie - entsprechend der gesetzlichen Vorgabe von § 26 ZustG - die Tatsache und den Zeitpunkt der Zustellung amtswegig festzustellen haben und diese mit einem Zustellnachweis oder auf andere Weise belegen müssen.
Die Zustellung der Beschwerdevorentscheidung an die BF erfolgte erst am durch Aushändigung einer als Kopie bezeichneten Ausfertigung bei der belangten Behörde.
Die Einbringung des Vorlageantrages erfolgt daher binnen offener Frist.
2. Rechtswidrigkeit der Entscheidung und Mangelhaftigkeit des Verfahrens
a. Materielle Rechtswidrigkeit
ln der gegenwärtigen Fassung des FLAG wird für die Gewährung von Familienberhilfe für Personen nichtösterreichischer Staatsangehörigkeit gefordert, dass
1. sie sich gem. §§ 8 und 9 NAG rechtmäßig im Inland aufhalten ( § 3 Abs. 1 und 2 FLAG),
2. der Anspruchsberechtigte seinen Mittelpunkt der Lebensinteressen in Österreich hat (§ 2 Abs. 8 FLAG) und
3. die Kinder sich nicht ständig im Ausland aufhalten (§ 5 Abs. 3 FLAG).
ad 1.: Wie eingangs bereits dargestellt verfügen sowohl die Tochter der BF, als auch die BF selbst über Aufenthaltstitel iSd § 8 NAG und sind daher rechtmäßig in Österreich aufhältig.
ad 2.: Die BF hält sich seit 2009 - sohin mehr 6 Jahre - rechtmäßig in Österreich auf. Die ersten fünf Jahre widmete sie vollständig ihrem Studium, im Juni 2014 brachte sie in Österreich ihre Tochter M***** *Y* zur Welt, im August 2015 heiratete sie einen österreichischen Staatsbürger und seit November 2015 arbeitet sie bei der V***** Wien. Diese Entwicklung belegt ohne jeden Zweifel, dass die BF engere persönliche und wirtschaftliche Beziehungen zu Österreich hat als zu ihrem Herkunftsstaat und damit der Mittelpunkt der Lebensinteressen in Österreich liegt. Dass die BF in der beschwerdegegenständlichen Zeit - Juni 2014 bis März 2015 - überwiegend der Betreuung ihres neugeborenen Kindes und daneben ihrer Berufsausbildung nachgegangen ist, ändert an dieser Tatsache nichts. Der Aufenthalt der BF in Österreich war zunächst auf eine langjährige Berufsausbildung angelegt, die nach den Bestimmungen des NAG schon allein zu einer erleichterten Beschäftigungsaufnahme führen hätte können; in weiterer Folge hat sie in Österreich eine Familie gegründet und geht seit November vorigen Jahres einer Erwerbstätigkeit nach. Auch wenn die Heirat und der Einstieg der BF ins Erwerbsleben erst nach der beschwerdegegenständlichen Zeit stattgefunden haben, belegt diese Entwicklung in ihrer Gesamtheit eindrücklich, dass die Beziehungen der BF zu Österreich von Jahr zu Jahr intensiver wurden und die Beziehungen zu ihrem Heimatland bei Weitem überwiegen.
ad 3.: Die BF lebt seit 2009 ununterbrochen in Österreich, ihr minderjähriges Kind lebt ununterbrochen bei ihr. Das Kind hielt und hält sich jedenfalls weder "ständig" noch in einem substanziellen zeitlichen Umfang im Ausland auf.
Damit sind sämtliche Voraussetzungen für die Gewährung der Familienbeihilfe auch im beschwerdegegenständlichen Zeitraum erfüllt.
Aus welchen Umständen oder Ermittlungsergebnissen die belangte Behörde den Schluss zieht, die BF hätte sich im beschwerdegegenständlichen Zeitraum vorwiegend im Ausland aufgehalten, wird in der Begründung nicht dargelegt. Möglicherweise vertritt die belangte Behörde die Ansicht, Inhaber einer Aufenthaltsbewilligung - Studierende, die keiner Erwerbstätigkeit nachgehen, sondern während des Studiums von ihrer Familie finanziell unterstützt werden (was bei Studierenden unabhängig von ihrer Staatsbürgerschaft durchaus üblich ist), würden sich vorwiegend im Ausland aufhalten und könnten den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen nicht in Österreich haben. Dies ist aus folgenden Gründen unrichtig:
Der Gesetzgeber wollte mit dem generellen Verweis auf §§ 8 und 9 NAG - ohne weitere Einschränkungen - im § 3 Abs. 1 und 2 FLAG eindeutig nicht an die Unterscheidung zwischen Aufenthaltsbewilligung und Niederlassungsbewilligung für die Gewährung von Familienleistungen anknüpfen. Gegenteiliges wird man ihm nicht unterstellen können.
Demnach sind auch Inhaber einer Aufenthaltsbewilligung gern. § 8 Z 10 NAG für den Bezug von Familienleistungen nach dem FLAG anspruchsberechtigt, wobei allenfalls zu prüfen ist - sofern man der Argumentation der Behörde folgen möchte - ob die Antragsteller auch ihren Mittelpunkt der Lebensinteressen in Österreich haben.
Diesbezüglich hat der VwGH im Erkenntnis vom zur ZI. 2009/16/0114 ausgesprochen:
Bei der Antwort auf die im vorliegenden Beschwerdefall allein interessierende Frage nach dem Mittelpunkt der Lebensinteressen im Sinne des § 2 Abs. 8 FLAG kommt es indes nicht darauf an, ob der Aufenthalt im Bundesgebiet ein ständiger ist. Der Umstand, dass ein Aufenthalt zu Studienzwecken begrenzt ist, steht der Beurteilung, der Mittelpunkt der Lebensinteressen liege am Ort des Studiums - entgegen der Ansicht des beschwerdeführenden Finanzamtes - nicht entgegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2008/15/0325).
Zwecks Beurteilung des Mittelpunktes der Lebensinteressen wird ebenso auf folgendes Erkenntnis des VwGH zur ZI. 2008/13/0218 hingewiesen:
Bei verheirateten Personen, die einen gemeinsamen Haushalt führen, besteht die stärkste persönliche Beziehung in der Regel zu dem Ort, an dem sie mit ihrer Familie leben. Der Mittelpunkt der Lebensinteressen kann auch dann in Österreich liegen, wenn die Absicht besteht, Österreich nach einer gewissen Zeit wieder zu verlassen. Ein Zuzug für immer ist nicht erforderlich.
Der VwGH hat in der Entscheidung vom zur ZI. 2008/15/0325 überdies eine Amtsbeschwerde abgewiesen und die Entscheidung des UFS zur Gewährung von Familienbeihilfe bestätigt, indem zum Aufenthalt zu Ausbildungszwecken festgestellt wurde:
Es steht fest, dass die Mitbeteiligte in Österreich einen Wohnsitz hat. Dort lebt sie gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten und einem gemeinsamen Kind. Sie verbringt den überwiegenden Teil des Jahres in Österreich. Der Aufenthalt in Österreich ist zumindest auf eine langjährige Berufsausbildung angelegt.
Bei dieser Sachlage ist es nicht als rechtswidrig zu erkennen, dass die belangte Behörde den Mittelpunkt der Lebensinteressen iSd § 2 Abs. 8 FLAG 1967 als in Österreich gelegen angenommen hat.
ln Anbetracht dieser Judikatur besteht kein Zweifel, dass im gegenständlichen Fall die Voraussetzungen für den Bezug der Familienbeihilfe erfüllt sind.
b. Formelle Rechtswidrigkeit
Gemäß § 93 Abs. 3 lit. a BAO sind Bescheide zu begründen, wenn dem Standpunkt einer Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen wird. ln der entsprechenden Begründung sind die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens und die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen anzuführen, die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage ist klar und übersichtlich zusammenzufassen. Erst die Begründung macht den Bescheid für den Abgabepflichtigen nachvollziehbar und kontrollierbar. Die Bescheidbegründung ist daher für einen effizienten Rechtsschutz des Abgabepflichtigen von grundlegender Bedeutung (vgl. Ritz, BAO, § 93 Tz 10). Die Begründung hat außerdem die Gründe für die Ermessensübung eingehend darzustellen (vgl. ). die Begründung muss jedenfalls so geartet sein, dass der Denkprozess, der in der behördlichen Erledigung seinen Niederschlag gefunden hat, sowohl für die Partei als auch für die Höchstgerichte nachvollziehbar ist (zB ).
Im gegenwärtigen Bescheid wurde in keiner logisch nachvollziehbaren Weise ausgeführt, worin die belangte Behörde im konkreten Fall eine sachliche Begründung für die Annahme sieht, die BF hätte sich im beschwerdegegenständlichen Zeitraum vorwiegend im Ausland auf gehalten, und wie sie aus der Tatsache, dass die BF wie viele Studierende während des Studiums keiner (nach dem AuslBG ohnehin nur zeitlich beschränkt erlaubten) Erwerbstätigkeit nachging und finanziell von den Eltern unterstützt wurde, den Schluss ziehen kann, der Mittelpunkt der Lebensinteressen würde nicht in Österreich liegen.
Es ist also festzustellen, dass der gegenständliche Bescheid mangels ausreichender Begründung der behördlichen Entscheidung auch mit formeller Rechtswidrigkeit belastet ist.
Zudem ist der im Sachverhalt geschilderte Zick-Zack-Kurs der belangten Behörde
- Mit Bescheid des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom wurde der Antrag der BF auf Gewährung von Familienbeihilfe abgewiesen.
- Mit Schreiben des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom wurde der BF mitgeteilt, dass ihr von Juni 2014 bis Juni 2016 Familienbeihilfe gewährt wird und sie für diesen Zeitraum auch den Kinderabsetzbetrag erhält.
- Mit Bescheid des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom wird die Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag für die Monate Juni 2014 bis März 2015, rückgefordert bzw. der BF die Rückzahlung aufgetragen.
aus rechtsstaatlicher Sicht mehr als fragwürdig.
Unabhängig von diesen Mängeln in der Verfahrensführung darf angemerkt werden, dass selbst bei bislang unterbliebener Unterweisung in die einschlägige Rechtsprechung des VwGH nach den obigen umfangreichen Ausführungen eine weiterhin aufrechterhaltene Negierung der Verpflichtung, Bundesrecht samt den Klarstellungen durch die Höchstgerichte anzuwenden, dem Tatbestand des § 302 StGB nahe kommt. Hingewiesen wird auf die Verpflichtung zur Anzeige bei begründetem Verdacht einer von Amts wegen zu verfolgenden gerichtlich strafbaren Handlung gem. § 53 BDG.
III. Zur Aussetzung der Einhebung
Gern. § 212a Abs. 5 BAO endet der mit der Aussetzung der Einhebung bewirkte Zahlungsaufschub mit Ablauf der Aussetzung oder ihrem Widerruf. Der Ablauf der Aussetzung ist anlässlich einer über die Beschwerde ergehenden Beschwerdevorentscheidung zu verfügen.
Eine derartige Verfügung schließt eine neuerliche Antragstellung im Fall der Einbringung eines Vorlageantrages nicht aus.
In der verfahrensgegenständlichen Beschwerdevorentscheidung wurde der Ablauf der mit Bescheid des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom bewilligten Aussetzung der Einhebung - entgegen dem klaren Wortlaut von § 212a Abs. 5 BAO - nicht verfügt. Weder im Spruch noch in der Begründung wird dieser Bescheid bzw. die darin "bis zu dem bescheidmäßig zu verfügenden Ablauf bzw. bis zu ihrem Widerruf" geltende Aussetzung erwähnt, geschweige denn ihr Ablauf verfügt. Es erfolgte auch kein gesonderter Widerruf.
Es darf daher davon ausgegangen werden, dass die Aussetzung der Einhebung nach wie vor rechtswirksam ist. Sollte sich das Bundesfinanzgericht dieser Rechtsansicht nicht anschließen, wird neuerlich der
ANTRAG
gestellt, die Einhebung des in Streit stehenden Betrages bis zur Erledigung der Beschwerde auszusetzen.
Der Vorlageantrag weist keine Unterschrift auf.
Vorlage
Mit Bericht vom legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und führte unter anderem aus:
Sachverhalt:
Sachverhalt: Lebensmittelpunkt nicht in Österreich, Unterstützung durch die Eltern in Kosovo, Aufenthalt in Österreich laut NAG-Karte zu Studienzwecken, bis gemeinsamer Haushalt mit dem Kindesvater Mu***** *Z* (VNR: 5*****, NAG-Karte als Schüler, laut WGKK nur geringfügig beschäftigt)
Seit verheiratet mit R***** *I* (VNR: 2*****, österreichischer Staatsbürger, in Österreich erwerbstätig, gemeinsamer Haushalt seit )
Beweismittel:
Diverse Unterlagen anbei.
Stellungnahme:
Weil Sie sich die Beschwerdeführerin nach §§ 8 oder 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG) zwar rechtmäßig, aber nur vorübergehend zu Ausbildungszwecken in Österreich aufhalten, besteht mangels intensiver Anbindung an Österreich kein Anspruch auf Familienbeihilfe.
Daher Bitte um zweckmäßige Entscheidung.
Ergänzungsersuchen
Mit E-Mail vom an das Finanzamt wies das Bundesfinanzgericht zunächst darauf hin, dass der im elektronisch vorgelegten Finanzamtsakt enthaltene Vorlageantrag vom , beim Finanzamt eingelangt am , keine Unterschrift enthalte. Das Finanzamt möge bis entweder einen beim Finanzamt erliegenden unterfertigten Vorlageantrag vorzulegen oder im Wege der Erlassung eines Mängelbehebungsauftrags eine Unterfertigung veranlassen.
Ferner möge unter Hinweis auf die diesbezüglichen Ausführungen im Vorlageantrag zur Rechtzeitigkeit des Vorlageantrags sowie zu dem Umstand, dass nach der Aktenlage mit Bescheid vom ein Antrag der Bf auf Familienbeihilfe für *Y* vom "ab Juni 2014" abgewiesen wurde, jedoch laut Mitteilung vom "nach Überprüfung Ihres Anspruches auf Familienbeihilfe" der Bf "ab Juni 2014 Familienbeihilfe" für *Y* bis Juni 2016 gewährt wurde und mit Datum eine neuerliche Mitteilung über den Familienbeihilfebezug für *Y* für September 2015 bis Jänner 2016 erging, Stellung genommen werden.
Schließlich möge die Seite 2 der Bestätigung vom , die der Beschwerde beigelegt war, vollständig (der rechte Rand ist unvollständig) eingescannt vorgelegt werden.
Dem vorgelegten Finanzamtsakt lasse sich nicht entnehmen, welches Ermittlungsverfahren der Erlassung des angefochtenen Bescheides vorgegangen sei. Die Aktenvorlage wäre entweder entsprechend zu ergänzen oder mitzuteilen, dass es keine weiteren Aktenteile gibt.
Bericht vom
Das Finanzamt berichtete mit E-Mail vom , dass sämtliche vorhandene Aktenteile vorgelegt worden seien. "Alle Einlaufstücke wurden zentral eingescannt und elektronisch an das Finanzamt übermittelt, es sind keine Originalbelege vorhanden."
Der Antrag vom "wurde aufgrund des NAG-Titels 'Studierende' abgewiesen".
Dem Antrag vom sei "aufgrund der Erwerbstätigkeit des im gemeinsamen Haushalt lebenden Kindesvaters" gewährt worden. Warum die Befristung 06/2014 - 06/2016 gewählt worden sei, könne das Finanzamt nicht mehr sagen.
Die Rückforderung der ab 06/2014 bis 03/2015 ausbezahlten Familienbeihilfe erfolgte aufgrund der Mitteilung der Wiener Gebietskrankenkasse vom , dass es sich um keine existenzsichernde Erwerbstätigkeit handelt.
Die Beschwerdevorentscheidung vom wurde ohne RSb versendet, daher ist kein Zustellnachweis vorhanden.
Der Vorlageantrag ist vom , unserer Meinung nach nicht rechtzeitig eingebracht.
Der Mängelbehebungsauftrag vom wurde mit der Unterschrift auf dem Mängelbehebungsauftrag eingebracht am beantwortet.
Die Antragstellerin wurde daraufhin sofort telefonisch informiert, da sie innerhalb der Frist war, sie müsse den Vorlageantrag unterschreiben. Sie wollte dies innerhalb der Frist nachholen. Bis jetzt ist jedoch keine neuerliche Antwort bzw. neuerlicher Vorlageantrag mit Unterschrift eingelangt. (Eine Erklärung betreffend Zurücknahme des Anbringens wurde noch nicht durchgeführt, da derzeit das BFG Herr des Verfahrens ist.)
Da die Antragstellerin seit mit dem in Österreich erwerbstätigen österreichischen Staatsbürger R***** *I* (VNR 2*****) verheiratet ist und mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebt, wurde der Lebensmittelpunkt in Österreich ab der Eheschließung angenommen und daher die Familienbeihilfe für den Zeitraum 09/2015 - 01/2016 gewährt.
Die Befristung erfolgte aufgrund der Gültigkeit der damals vorliegenden NAG-Karten bis .
Wir hoffen diese Antwort ist einer Entscheidung dienlich.
Bei weiteren Fragen stehen wir Ihnen zur Verfügung...
Laut beigefügten Unterlagen hat das Finanzamt am einen Mängelbehebungsauftrag erlassen, der laut Rückschein am durch Hinterlegung (Beginn der Abholfrist am selben Tag) der Bf zugestellt wurde.
Der Mängelbehebungsauftrag lautet:
Bescheid - Mängelbehebungsauftrag
Ihre Eingabe (Vorlageantrag) vom eingebracht am weist hinsichtlich der Form (§ 85 Abs. 2 BAO) die nachfolgenden Mängel auf:
Fehlen der Unterschrift gemäß § 85 Abs. 2 BAO
Die angeführten Mängel sind beim Finanzamt Wien 9/18/19 Klosterneuburg gemäß § 85 Abs. 2 BAO bis zum zu beheben.
Bei Versäumung dieser Frist gilt das Anbringen als zurückgenommen.
Am wurde in der gemeinsamen Einlaufstelle der Finanzämter Wien der Mängelbehebungsauftrag von der Bf abgegeben, wobei sich neben "Fehlen der Unterschrift gemäß § 85 Abs. 2 BAO" ein handschriftliches Kreuz (offensichtlich für "hier unterschreiben") und die Unterschrift der Bf befindet. Dass die Bf anlässlich der Vorsprache angeleitet wurde, auf dem Original des Vorlageantrags, der sich am Finanzamt befindet, zu unterschreiben, lässt sich der Urkunde oder dem Bericht des Finanzamts nicht entnehmen.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Nach der Aktenlage und dem Bericht des Finanzamts vom steht, soweit für das gegenständliche Beschwerdeverfahren von Belang, fest:
Die Bf erhob am oder vor dem wirksam Beschwerde gegen den Rückforderungsbescheid des Finanzamts vom .
Das Finanzamt fertigte am oder nach dem eine Beschwerdevorentscheidung aus. Diese Ausfertigung der Beschwerdevorentscheidung wurde der Bf nie zugestellt.
Anlässlich einer Vorsprache am Finanzamt am nahm die Bf Akteneinsicht, da sie eine Buchungsmitteilung über einen Rückstand erhalten hat, und erhielt dabei vom Finanzamt eine Kopie der Beschwerdevorentscheidung ausgehändigt.
Am reichte die Bf einen nicht unterschriebenen Vorlageantrag beim Finanzamt ein.
Am wurde in der gemeinsamen Einlaufstelle der Finanzämter Wien die Ausfertigung eines Mängelbehebungsauftrags vom von der Bf abgegeben, wobei sich neben "Fehlen der Unterschrift gemäß § 85 Abs. 2 BAO" ein handschriftliches Kreuz (offensichtlich für "hier unterschreiben") und die Unterschrift der Bf befindet. Dass die Bf anlässlich der Vorsprache angeleitet wurde, steht nicht fest. Allerdings wurde die Bf in weiterer Folge vom Finanzamt angerufen und ihr mitgeteilt, sie müsse den Vorlageantrag unterschreiben. Die Bf erklärte, dies innerhalb der bis offenen Frist nachholen zu wollen, tat dies aber nicht.
Beweiswürdigung
Das Bundesfinanzgericht folgt den Angaben der Bf im Vorlageantrag zur Frage, ob und wie ihr die Berufungsvorentscheidung vom zugekommen ist. Das Finanzamt hat dieser Darstellung im Bericht vom nicht widersprochen, sondern lediglich gemeint, seiner Ansicht nach sei der Vorlageantrag vom nicht rechtzeitig eingebracht.
Zur Unterschrift der Bf auf dem Vorlageantrag folgt das Gericht der Darstellung des Finanzamts sowie den von diesem vorgelegten Urkunden.
Rechtsgrundlagen
§ 85 BAO lautet:
A. Anbringen.
§ 85. (1) Anbringen zur Geltendmachung von Rechten oder zur Erfüllung von Verpflichtungen (insbesondere Erklärungen, Anträge, Beantwortungen von Bedenkenvorhalten, Rechtsmittel) sind vorbehaltlich der Bestimmungen des Abs. 3 schriftlich einzureichen (Eingaben).
(2) Mängel von Eingaben (Formgebrechen, inhaltliche Mängel, Fehlen einer Unterschrift) berechtigen die Abgabenbehörde nicht zur Zurückweisung; inhaltliche Mängel liegen nur dann vor, wenn in einer Eingabe gesetzlich geforderte inhaltliche Angaben fehlen. Sie hat dem Einschreiter die Behebung dieser Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, daß die Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt; werden die Mängel rechtzeitig behoben, gilt die Eingabe als ursprünglich richtig eingebracht.
(3) Die Abgabenbehörde hat mündliche Anbringen der im Abs. 1 bezeichneten Art entgegenzunehmen,
a) wenn dies die Abgabenvorschriften vorsehen, oder
b) wenn dies für die Abwicklung des Abgabenverfahrens zweckmäßig ist, oder
c) wenn die Schriftform dem Einschreiter nach seinen persönlichen Verhältnissen nicht zugemutet werden kann.
Zur Entgegennahme mündlicher Anbringen ist die Abgabenbehörde nur während der für den Parteienverkehr bestimmten Amtsstunden verpflichtet, die bei der Abgabenbehörde durch Anschlag kundzumachen sind.
(4) Wird ein Anbringen (Abs. 1 oder 3) nicht vom Abgabepflichtigen selbst vorgebracht, ohne daß sich der Einschreiter durch eine schriftliche Vollmacht ausweisen kann und ohne daß § 83 Abs. 4 Anwendung findet, gelten für die nachträgliche Beibringung der Vollmacht die Bestimmungen des Abs. 2 sinngemäß.
(5) Der Einschreiter hat auf Verlangen der Abgabenbehörde eine beglaubigte Übersetzung einem Anbringen (Abs. 1 oder 3) beigelegter Unterlagen beizubringen.
§ 96 BAO lautet:
§ 96. Alle schriftlichen Ausfertigungen der Abgabenbehörden müssen die Bezeichnung der Behörde enthalten sowie mit Datum und mit der Unterschrift dessen versehen sein, der die Erledigung genehmigt hat. An die Stelle der Unterschrift des Genehmigenden kann, soweit nicht in Abgabenvorschriften die eigenhändige Unterfertigung angeordnet ist, die Beglaubigung treten, daß die Ausfertigung mit der genehmigten Erledigung des betreffenden Geschäftsstückes übereinstimmt und das Geschäftsstück die eigenhändig beigesetzte Genehmigung aufweist. Ausfertigungen, die mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt werden, bedürfen weder einer Unterschrift noch einer Beglaubigung und gelten, wenn sie weder eine Unterschrift noch eine Beglaubigung aufweisen, als durch den Leiter der auf der Ausfertigung bezeichneten Abgabenbehörde genehmigt.
§ 97 BAO lautet:
§ 97. (1) Erledigungen werden dadurch wirksam, daß sie demjenigen bekanntgegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind. Die Bekanntgabe erfolgt
a) bei schriftlichen Erledigungen, wenn nicht in besonderen Vorschriften die öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung von Listen vorgesehen ist, durch Zustellung;
b) bei mündlichen Erledigungen durch deren Verkündung.
(2) Ist in einem Fall, in dem § 191 Abs. 4 oder § 194 Abs. 5 Anwendung findet, die Rechtsnachfolge (Nachfolge im Besitz) nach Zustellung des Bescheides an den Rechtsvorgänger (Vorgänger) eingetreten, gilt mit der Zustellung an den Rechtsvorgänger (Vorgänger) auch die Bekanntgabe des Bescheides an den Rechtsnachfolger (Nachfolger) als vollzogen.
(3) An Stelle der Zustellung der schriftlichen Ausfertigung einer behördlichen Erledigung kann deren Inhalt auch telegraphisch oder fernschriftlich mitgeteilt werden. Darüber hinaus kann durch Verordnung des Bundesministers für Finanzen die Mitteilung des Inhalts von Erledigungen auch im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise vorgesehen werden, wobei zugelassen werden kann, daß sich die Behörde einer bestimmten geeigneten öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Übermittlungsstelle bedienen darf. In der Verordnung sind technische oder organisatorische Maßnahmen festzulegen, die gewährleisten, daß die Mitteilung in einer dem Stand der Technik entsprechenden sicheren und nachprüfbaren Weise erfolgt und den Erfordernissen des Datenschutzes genügt. Der Empfänger trägt die Verantwortung für die Datensicherheit des mitgeteilten Inhalts der Erledigung im Sinn des Datenschutzgesetzes 2000, BGBl. I Nr. 165/1999. § 96 letzter Satz gilt sinngemäß.
§ 98 BAO lautet:
G. Zustellungen.
§ 98. (1) Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind Zustellungen nach dem Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982, ausgenommen Abschnitt III (Elektronische Zustellung), vorzunehmen.
(2) Elektronisch zugestellte Dokumente gelten als zugestellt, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind. Im Zweifel hat die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt des Einlangens von Amts wegen festzustellen. Die Zustellung gilt als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.
§ 115 BAO lautet:
§ 115. (1) Die Abgabenbehörden haben die abgabepflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind.
(2) Den Parteien ist Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben.
(3) Die Abgabenbehörden haben Angaben der Abgabepflichtigen und amtsbekannte Umstände auch zugunsten der Abgabepflichtigen zu prüfen und zu würdigen.
(4) Solange die Abgabenbehörde nicht entschieden hat, hat sie auch die nach Ablauf einer Frist vorgebrachten Angaben über tatsächliche oder rechtliche Verhältnisse zu prüfen und zu würdigen.
§ 183 BAO lautet:
f) Beweisaufnahme.
§ 183. (1) Beweise sind von Amts wegen oder auf Antrag aufzunehmen.
(2) Die Abgabenbehörde kann die Beweisaufnahme auch im Wege der Amtshilfe durch andere Abgabenbehörden vornehmen lassen.
(3) Von den Parteien beantragte Beweise sind aufzunehmen, soweit nicht eine Beweiserhebung gemäß § 167 Abs. 1 zu entfallen hat. Von der Aufnahme beantragter Beweise ist abzusehen, wenn die unter Beweis zu stellenden Tatsachen als richtig anerkannt werden oder unerheblich sind, wenn die Beweisaufnahme mit unverhältnismäßigem Kostenaufwand verbunden wäre, es sei denn, daß die Partei sich zur Tragung der Kosten bereit erklärt und für diese Sicherheit leistet, oder wenn aus den Umständen erhellt, daß die Beweise in der offenbaren Absicht, das Verfahren zu verschleppen, angeboten worden sind. Gegen die Ablehnung der von den Parteien angebotenen Beweise ist ein abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig.
(4) Den Parteien ist vor Erlassung des abschließenden Sachbescheides Gelegenheit zu geben, von den durchgeführten Beweisen und vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis zu nehmen und sich dazu zu äußern.
§ 243 BAO lautet:
1. Beschwerden an Verwaltungsgerichte
§ 243. Gegen Bescheide, die Abgabenbehörden erlassen, sind Beschwerden (Bescheidbeschwerden) an die Verwaltungsgerichte zulässig, soweit in Abgabenvorschriften nicht anderes bestimmt ist.
§ 260 BAO lautet:
7. Zurückweisung der Beschwerde
§ 260. (1) Die Bescheidbeschwerde ist mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie
a) nicht zulässig ist oder
b) nicht fristgerecht eingebracht wurde.
(2) Eine Bescheidbeschwerde darf nicht deshalb als unzulässig zurückgewiesen werden, weil sie vor Beginn der Beschwerdefrist eingebracht wurde.
§ 262 BAO lautet:
9. Beschwerdevorentscheidung
§ 262. (1) Über Bescheidbeschwerden ist nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen von der Abgabenbehörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat, mit als Beschwerdevorentscheidung zu bezeichnendem Bescheid abzusprechen.
(2) Die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung hat zu unterbleiben,
a) wenn dies in der Bescheidbeschwerde beantragt wird und
b) wenn die Abgabenbehörde die Bescheidbeschwerde innerhalb von drei Monaten ab ihrem Einlangen dem Verwaltungsgericht vorlegt.
(3) Wird in der Bescheidbeschwerde lediglich die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen, die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen oder die Rechtswidrigkeit von Staatsverträgen behauptet, so ist keine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, sondern die Bescheidbeschwerde unverzüglich dem Verwaltungsgericht vorzulegen.
(4) Weiters ist keine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, wenn der Bundesminister für Finanzen den angefochtenen Bescheid erlassen hat.
§ 263 BAO lautet:
§ 263. (1) Ist in der Beschwerdevorentscheidung die Bescheidbeschwerde
a) weder als unzulässig oder als nicht rechtzeitig eingebracht zurückzuweisen (§ 260) noch
b) als zurückgenommen (§ 85 Abs. 2, § 86a Abs. 1) oder als gegenstandslos (§ 256 Abs. 3, § 261) zu erklären,
so ist der angefochtene Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.
(2) In der Beschwerdevorentscheidung ist auf das Recht zur Stellung eines Vorlageantrages (§ 264) hinzuweisen.
(3) Eine Beschwerdevorentscheidung wirkt wie ein Beschluss (§ 278) bzw. ein Erkenntnis (§ 279) über die Beschwerde.
(4) § 281 gilt sinngemäß für Beschwerdevorentscheidungen; § 281 Abs. 2 allerdings nur, soweit sich aus der in § 278 Abs. 3 oder in § 279 Abs. 3 angeordneten Bindung nicht anderes ergibt.
§ 264 BAO lautet:
10. Vorlageantrag
§ 264. (1) Gegen eine Beschwerdevorentscheidung kann innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag). Der Vorlageantrag hat die Bezeichnung der Beschwerdevorentscheidung zu enthalten.
(2) Zur Einbringung eines Vorlageantrages ist befugt
a) der Beschwerdeführer, ferner
b) jeder, dem gegenüber die Beschwerdevorentscheidung wirkt.
(3) Wird ein Vorlageantrag rechtzeitig eingebracht, so gilt die Bescheidbeschwerde von der Einbringung des Antrages an wiederum als unerledigt. Die Wirksamkeit der Beschwerdevorentscheidung wird durch den Vorlageantrag nicht berührt. Bei Zurücknahme des Antrages gilt die Bescheidbeschwerde wieder als durch die Beschwerdevorentscheidung erledigt; dies gilt, wenn solche Anträge von mehreren hiezu Befugten gestellt wurden, nur für den Fall der Zurücknahme aller dieser Anträge.
(4) Für Vorlageanträge sind sinngemäß anzuwenden:
a) § 93 Abs. 4 und 5 sowie § 245 Abs. 1 zweiter Satz und Abs. 2 bis 5 (Frist),
b) § 93 Abs. 6 und § 249 Abs. 1 (Einbringung),
c) § 255 (Verzicht),
d) § 256 (Zurücknahme),
e) § 260 Abs. 1 (Unzulässigkeit, nicht fristgerechte Einbringung),
f) § 274 Abs. 3 Z 1 und 2 sowie Abs. 5 (Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung).
(5) Die Zurückweisung nicht zulässiger oder nicht fristgerecht eingebrachter Vorlageanträge obliegt dem Verwaltungsgericht.
§ 270 BAO lautet:
15. Kein Neuerungsverbot
§ 270. Auf neue Tatsachen, Beweise und Anträge, die der Abgabenbehörde im Laufe des Beschwerdeverfahrens zur Kenntnis gelangen, ist von der Abgabenbehörde Bedacht zu nehmen, auch wenn dadurch das Beschwerdebegehren geändert oder ergänzt wird. Dies gilt sinngemäß für das Verwaltungsgericht durch eine Partei oder sonst zur Kenntnis gelangte Umstände.
§ 274 BAO lautet:
§ 274. (1) Über die Beschwerde hat eine mündliche Verhandlung stattzufinden,
1. wenn es beantragt wird
a) in der Beschwerde,
b) im Vorlageantrag (§ 264),
c) in der Beitrittserklärung (§ 258 Abs. 1) oder
d) wenn ein Bescheid gemäß § 253 an die Stelle eines mit Bescheidbeschwerde angefochtenen Bescheides tritt, innerhalb eines Monates nach Bekanntgabe (§ 97) des späteren Bescheides, oder
2. Wenn es der Einzelrichter bzw. der Berichterstatter für erforderlich hält.
(2) Obliegt die Entscheidung über die Beschwerde dem Senat, so hat eine mündliche Verhandlung weiters stattzufinden,
1. wenn es der Senatsvorsitzende für erforderlich hält oder
2. wenn es der Senat auf Antrag eines Mitglieds beschließt.
(3) Der Senat kann ungeachtet eines Antrages (Abs. 1 Z 1) von einer mündlichen Verhandlung absehen, wenn die Beschwerde
1. als unzulässig oder nicht rechtzeitig eingebracht zurückzuweisen ist (§ 260),
2. als zurückgenommen (§ 85 Abs. 2, § 86a Abs. 1) oder als gegenstandslos (§ 256 Abs. 3, § 261) zu erklären ist oder
3. wenn eine Aufhebung unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erfolgt (§ 278).
(4) Der Senatsvorsitzende hat den Ort und den Zeitpunkt der Verhandlung zu bestimmen. Hat eine mündliche Verhandlung stattzufinden, so sind die Parteien mit dem Beifügen vorzuladen, dass ihr Fernbleiben der Durchführung der Verhandlung nicht entgegensteht.
(5) Obliegt die Entscheidung über die Beschwerde dem Einzelrichter und hat nach Abs. 1 eine mündliche Verhandlung stattzufinden, so sind Abs. 3 und 4 sowie § 273 Abs. 1, § 275 und § 277 Abs. 4 sinngemäß anzuwenden; hierbei sind die Obliegenheiten und Befugnisse des Senatsvorsitzenden dem Einzelrichter auferlegt bzw. eingeräumt.
§ 7 Zustellgesetz lautet:
Heilung von Zustellmängeln
§ 7. Unterlaufen im Verfahren der Zustellung Mängel, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt dennoch bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist.
§ 24 Zustellgesetz lautet:
Unmittelbare Ausfolgung
§ 24. Dem Empfänger können
1. versandbereite Dokumente unmittelbar bei der Behörde,
2. Dokumente, die die Behörde an eine andere Dienststelle übermittelt hat, unmittelbar bei dieser
ausgefolgt werden. Die Ausfolgung ist von der Behörde bzw. von der Dienststelle zu beurkunden; § 22 Abs. 2 bis 4 ist sinngemäß anzuwenden.
§ 26 Zustellgesetz lautet:
Zustellung ohne Zustellnachweis
§ 26. (1) Wurde die Zustellung ohne Zustellnachweis angeordnet, wird das Dokument zugestellt, indem es in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (§ 17 Abs. 2) eingelegt oder an der Abgabestelle zurückgelassen wird.
(2) Die Zustellung gilt als am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan bewirkt. Im Zweifel hat die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt der Zustellung von Amts wegen festzustellen. Die Zustellung wird nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.
§ 2 Abs. 8 FLAG 1967 lautet:
(8) Personen haben nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet haben. Eine Person hat den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in dem Staat, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat.
§ 3 FLAG 1967 lautet:
§ 3. (1) Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, haben nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie sich nach §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, oder nach § 54 des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 87/2012, rechtmäßig in Österreich aufhalten.
(2) Anspruch auf Familienbeihilfe besteht für Kinder, die nicht österreichische Staatsbürger sind, sofern sie sich nach §§ 8 und 9 NAG oder nach § 54 AsylG 2005 rechtmäßig in Österreich aufhalten.
(3) Abweichend von Abs. 1 haben Personen, denen Asyl nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100, gewährt wurde, Anspruch auf Familienbeihilfe. Anspruch besteht auch für Kinder, denen nach dem Asylgesetz 2005 Asyl gewährt wurde.
(4) Abweichend von Abs. 1 haben Personen, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten nach dem Asylgesetz 2005 zuerkannt wurde, Anspruch auf Familienbeihilfe, sofern sie keine Leistungen aus der Grundversorgung erhalten und unselbständig oder selbständig erwerbstätig sind. Anspruch besteht auch für Kinder, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten nach dem Asylgesetz 2005 zuerkannt wurde.
(5) In den Fällen des Abs. 2, Abs. 3 letzter Satz und Abs. 4 letzter Satz wird für nachgeborene Kinder die Familienbeihilfe rückwirkend gewährt. Gleiches gilt für Adoptiv- und Pflegekinder, rückwirkend bis zur Begründung des Mittelpunktes der Lebensinteressen im Bundesgebiet (§ 2 Abs. 8) durch den Elternteil und das Kind. Als nachgeborene Kinder gelten jene Kinder, die nach dem Zeitpunkt der Erteilung des Aufenthaltstitels oder der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten an den zusammenführenden Fremden geboren werden.
Mangelnde Wirksamkeit der Beschwerdevorentscheidung
Keine Zustellung im September 2015
Wie sich aus den getroffenen Sachverhaltsfeststellungen ergibt, wurde die mit ausgefertigte Beschwerdevorentscheidung der Bf nicht im Wege der Post zugestellt.
Weder steht die Postaufgabe noch das Zukommen an die Bf fest. Das Finanzamt hat diesbezüglich weder Ermittlungen gepflogen noch ist es den Angaben der Bf im Vorlageantrag entgegengetreten.
Die Beschwerdevorentscheidung wurde daher nicht im September 2015 zugestellt und wurde somit nicht wirksam.
Keine Zustellung im Dezember 2015
Die Beschwerdevorentscheidung wurde aber auch nicht am zugestellt.
An diesem Tag sprach die Bf nach ihrem Vorbringen im Vorlageantrag am Finanzamt vor und erhielt dabei eine Kopie der Beschwerdevorentscheidung vom ausgehändigt (siehe die Sachverhaltsdarstellung im Vorlageantrag).
Das auch diesbezüglich um Äußerung gebetene Finanzamt hat dieses Vorbringen nicht bestritten.
Der Bf wurde am somit nicht eine versandbereite Ausfertigung der Beschwerdevorentscheidung gemäß § 24 Z 1 Zustellgesetz vom Finanzamt ausgefolgt, sondern der Bf lediglich eine Kopie des im Finanzamtsakt befindlichen Erledigungsentwurfs (Zweitschrift) ausgehändigt.
Eine Ablichtung eines Erledigungsentwurfs ist nicht mit einer schriftlichen Ausfertigung einer Erledigung (§ 96 BAO) gleichzusetzen, die Ausfolgung einer Ablichtung nicht mit der Bekanntgabe der Erledigung (§ 97 BAO).
Es liegt somit hinsichtlich der Beschwerdevorentscheidung vom ein Zustellmangel vor.
Für die Heilung eines Zustellmangels ist gemäß § 7 Zustellgesetz erforderlich, dass das Schriftstück dem Empfänger tatsächlich zukommt, weshalb die bloße Kenntnisnahme vom Inhalt des zuzustellenden Schriftstückes einen unterlaufenen Zustellmangel nicht heilt (vgl. Slg. Nr. 7569/A; ; ; ; ).
Der Umstand, dass jemand in den Besitz einer Kopie eines ihm nicht wirksam zugestellten Bescheides kommt, ist von einer Zustellung nach dem Zustellgesetz zu unterscheiden. Der Erhalt einer Kopie des fraglichen Bescheides heilt nach der ständigen Rechtsprechung einen Zustellmangel noch nicht (vgl. ; ; ). Die Anfertigung einer Kopie anlässlich einer Akteneinsicht kann nicht die formelle Zustellung des Bescheides bewirken (vgl. ).
Das das Finanzamt bislang wirksam keine Beschwerdevorentscheidung erlassen hat, ist dieses gemäß § 262 BAO zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung verpflichtet. Einer der in § 262 Abs. 2 bis 4 BAO genannten Gründe, von einer Beschwerdevorentscheidung Abstand zu nehmen, liegt nicht vor.
Mittlerweile mangelfreier Vorlageantrag
Der am Vorlageantrag war entgegen § 85 BAO nicht unterschrieben.
Sinn der Regelung in § 85 BAO, dass Eingaben eine Unterschrift tragen müssen, ist die Identität des Einschreiters und Authentizität eines Anbringens sicherzustellen. Damit soll die Echtheit des Anbringens, also dass es vom darin angegebenen Aussteller herrührt, gewährleistet werden (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG2 § 13 Rz 23 m. w. N.)
Der Vorlageantrag wurde der Bf vom Finanzamt nicht (im Original oder in Kopie) zur Verbesserung zurückgestellt (vgl. für viele BVwG , W132 2115957-1, ECLI:AT:BVWG:2016:W132.2115957.1.00, zu § 13 AVG oder § 34 Abs. 2 VwGG zu Revisionen), sondern nur der Mängelbehebungsauftrag ohne Beifügung des fehlerhaften Vorlageantrags zugestellt. Für die Bf konnte es daher unklar sein, in welcher Form dem Mängelbehebungsauftrag nachzukommen ist. Die Bf wurde auch anlässlich ihrer Vorsprache am Finanzamt nicht darüber aufgeklärt, dass nach Ansicht des Finanzamts die Unterschrift nicht am Mängelbehebungsauftrag, sondern am Vorlageantrag selbst zu leisten ist.
Die Bf hat auf dem Mängelbehebungsauftrag eine Unterschrift an jener Stelle geleistet, an der die fehlende Unterschrift des Vorlageantrags gerügt wurde. Damit hat die Bf eindeutig zu erkennen gegeben, dass der am eingereichte Vorlageantrag ihr zuzurechnen ist.
Die Rechtsfolge des § 85 Abs. 2 letzter Satz BAO kann nur eintreten, wenn dem Antragsteller die Mängel und die Art deren Behebung in einer keinen Zweifel zulassenden Weise mitgeteilt werden. Der Mängelbehebungsauftrag kann auch so verstanden werden, dass eine Unterschrift auf dem Vorlageantrag fehlt und diese wie auch immer, also etwa auch am Mängelbehebungsauftrag selbst, zu leisten ist. Eine nachträgliche telefonische Mitteilung der Behörde saniert einen diesbezüglich unzulänglichen Mängelbehebungsauftrag nicht.
Es konnte seitens des Bundesfinanzgerichts von einem neuerlichen Mängelbehebungsauftrag Abstand genommen werden:
Das Verwaltungsverfahren nach der BAO und dem AVG ist nicht von der Formstrenge etwa des Verfahrens nach dem VwGG oder dem VfGG, in welchen im Regelfall berufsmäßige Parteienvertreter einschreiten, geprägt. Die Judikatur zur Anwaltspflicht im höchstgerichtlichen Verfahren kann auf das Unterschrifterfordernis nach der BAO, die keine Verpflichtung zur Vertretung durch berufsmäßige Parteienvertreter vorsieht, nicht übertragen werden. Das AVG sieht mittlerweile eine Pflicht zur Unterschriftleistung nur in Zweifelsfällen vor, auch die BAO verlangt bei etwa wirksam mit E-Mail eingebrachten Beschwerden und Vorlageanträgen (§ 86b BAO) das Erfordernis einer Unterschrift ebenfalls nur in Zweifelsfällen (§ 86a BAO).
In einer Zusammenschau des Vorlageantrags mit dem unterschriebenen Mängelbehebungsauftrag, der sich auf den Vorlageantrag bezieht, sowie dem Umstand, dass der Bf im Mängelbehebungsverfahren nicht eindeutig abverlangt wurde, die Unterschrift auf dem Papier des (originalen oder kopierten) Vorlageantrags selbst zu leisten, ist daher der Vorlageantrag nunmehr als unterschrieben i. S. d. § 85 BAO anzusehen (vgl. auch , betreffend Ergänzungsblatt zu einer Beschwerde nach dem VwGG, allerdings dort - anders als im gegenständlichen Fall - ohne klarem Zusammenhang mit der Beschwerde). § 85 BAO ist in Zusammenschau mit § 86a letzter Satz BAO so zu verstehen, dass eine unterschriebene Bestätigung (hier: der Mängelbehebungsauftrag) der Unterschrift gleichzusetzen ist.
Im Übrigen würde auch ein im Fall der Nichtleistung einer Unterschrift innerhalb der aufgetragenen Frist weiterhin mangelhafter (und für zurückgenommen zu erklärender) Vorlageantrag nichts daran ändern, dass die Beschwerde gegen den Rückforderungsbescheid mangels wirksamer Beschwerdevorentscheidung nach wie vor unerledigt ist.
Zurückweisung des Vorlageantrags
Nach § 264 Abs. 1 BAO kann "gegen eine Beschwerdevorentscheidung" ein Vorlageantrag gestellt werden.
Unabdingbare Voraussetzung eines Vorlageantrags ist, dass die Abgabenbehörde eine Beschwerdevorentscheidung erlassen hat (vgl. Ritz, BAO5, § 264 Rz 6, unter Hinweis auf und ).
§ 260 Abs. 2 BAO, wonach Bescheidbeschwerden auch vor Beginn der Beschwerdefrist eingebracht werden dürfen, ist zufolge § 264 Abs. 4 lit. e BAO ausdrücklich nicht auf Vorlageanträge anzuwenden.
"Ein vorzeitiger (vor Bekanntgabe der Beschwerdevorentscheidung) eingebrachter Vorlageantrag entfaltet keine rechtliche Wirkung. Dies gilt nach dem VwGH-Erkenntnis vom , 99/15/0136, lediglich dann nicht, wenn zwar noch nicht die Berufungsvorentscheidung (nunmehr Beschwerdevorentscheidung), aber bereits deren Begründung der Partei zugestellt wurde. In einem solchen Fall ist ein nach Bekanntgabe der gesonderten Begründung eingebrachter Vorlageantrag nicht unwirksam" (Ritz, Verfrühte Anträge - Anträge zur Fristwahrung, SWK 27/2015, 1254). Die Ausfolgung einer Kopie der Beschwerdevorentscheidung (BVE) ist weder eine Zustellung der BVE noch eine Zustellung einer (gesonderten) Begründung zur BVE.
"Nicht fristgerecht angebrachte Anträge sind generell zurückzuweisen. Für zu früh gestellte Anträge lässt sich keine allgemeine Regel aufstellen. Bescheidbeschwerden etwa können ausdrücklich vor Beginn der Beschwerdefrist eingebracht werden. Verfrühte Vorlageanträge oder Säumnisbeschwerden sind hingegen zurückzuweisen" (Ritz, Verfrühte Anträge - Anträge zur Fristwahrung, SWK 27/2015, 1254).
Da bislang wirksam eine Beschwerdevorentscheidung des Finanzamts nicht ergangen ist, ist der am eingebrachte Vorlageantrag somit gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO i. V. m. § 264 Abs. 4 lit. e BAO als unzulässig zurückzuweisen (vgl ; i. d. S. etwa auch ).
Von der beantragten mündlichen Verhandlung war gemäß § 274 Abs. 3 Z 1 BAO i. V. m. § 274 Abs. 5 BAO zwecks Verfahrensbeschleunigung abzusehen, da der Sachverhalt in Bezug auf den gegenständlichen Beschluss hinreichend geklärt ist.
Hinweise für das weitere Verfahren
Da die Beschwerdevorentscheidung bislang nicht wirksam zugestellt wurde, ist die Beschwerde nach wie vor unerledigt.
Das Finanzamt wird hierbei nicht einfach den Text des bisherigen Erledigungsentwurfs bescheidförmlich zuzustellen haben, sondern sich in der zu erlassenden Beschwerdevorentscheidung (die gemäß § 102 BAO mit Zustellnachweis zuzustellen sein wird, wie dies auch üblicherweise, soweit ersichtlich, in der Finanzverwaltung gehandhabt wird) mit dem Vorbringen der Bf, insbesondere in deren Vorlageantrag, auseinanderzusetzen haben. Der Vorlageantrag ist zwar zu früh gestellt und daher als solcher nicht wirksam, stellt jedoch ein gemäß § 115 Abs. 3 BAO und § 270 BAO beachtliches Vorbringen dar.
Wirksamkeit des Bescheides vom
Das Finanzamt hat betreffend den Antrag vom einen Abweisungsbescheid mit Datum ausgefertigt. Hierin wird für den Zeitraum "ab Juni 2014" bis Bescheidzustellung über Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für *Y* abgesprochen.
Ob dieser Bescheid Bescheid der Bf zugestellt, also rechtlich wirksam wurde, steht nicht fest.
Gehört der Abweisungsbescheid vom dem Rechtsbestand an, liegt hinsichtlich des von ihm umfassten Zeitraums entschiedene Sache vor.
Dies schließt nicht aus, dass etwa in einem Wiederaufnahmeantrag nach § 303 BAO neue Tatsachen vorgetragen werden, die auf eine "intensive Anbindung an Österreich" im Gegensatz zur Bescheidauffassung schließen lassen, wobei derartige der Behörde zur Kenntnis gelangende Tatsachen auch von Amts wegen nach § 303 BAO zu berücksichtigen sein werden.
Das Finanzamt sah, so der Bericht vom , offenbar in der neu hervorgekommenen Erwerbstätigkeit des Vaters von *Y* und damaligen Lebensgefährten der Bf einen Wiederaufnahmegrund und gewährte, so die Mitteilung vom , Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag ab Juni 2014.
Nun ist zwar bei vollinhaltlicher Stattgabe eines Antrags auf Familienbeihilfe gemäß § 13 FLAG 1967 kein Bescheid zu erlassen, sondern mit Auszahlung gemäß § 11 FLAG 1967 und Mitteilung gemäß § 12 FLAG 1967 vorzugehen. Gehört der Abweisungsbescheid vom dem Rechtsbestand an, wäre vor Auszahlung die Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen gemäß § 303 zu verfügen und der angefochtene Bescheid aufzuheben gewesen (alternativ wäre der angefochtene Bescheid gemäß § 299 BAO aufzuheben gewesen).
Für das weitere Verfahren wird daher zu erheben sein, ob und wann der Bescheid vom zugestellt wurde.
Ist eine Zustellung nicht feststellbar, gehört der Bescheid vom nicht dem Rechtsbestand an und liegt keine entschiedene Sache hinsichtlich des von ihm umfassenden Zeitraums vor.
Mittelpunkt der Lebensinteressen
Im gegenständlichen Fall ist - siehe den Vorlagebericht - ausschließlich strittig, ob die Bf im Beschwerdezeitraum Juni 2014 bis März 2015 den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet hatte. Die übrigen Voraussetzungen für den Bezug von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag sind nicht strittig.
§ 2 Abs. 8 FLAG 1967 sieht den Mittelpunkt der Lebensinteressen als in dem Staat gelegen an, zu dem die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen bestehen.
Nun judiziert der Verwaltungsgerichtshof, worauf die Bf in ihrem Vorlageantrag hinweist, dass bei verheirateten Personen, die einen gemeinsamen Haushalt führen, die stärkste persönliche Beziehung in der Regel zu dem Ort besteht, an dem sie mit ihrer Familie leben (vgl. ; ; ). Gleiches gilt für in einer Lebensgemeinschaft lebende Personen (vgl. ). Dies setzt allerdings das Fehlen einer ausschlaggebenden und stärkeren Bindung zu einem anderen Ort, etwa aus beruflichen oder gesellschaftlichen Gründen, voraus (vgl. oder ).
Es besteht weder ein Erfahrungssatz, dass der Mittelpunkt der Lebensinteressen einer Person stets an dem Ort ist, an dem sie sich mit ihrer (Kern-)Familie aufhält, noch ein Erfahrungssatz, dass der Mittelpunkt der Lebensinteressen einer Person bei einem mehrjährigen berufsbedingten oder ausbildungsbedingten Auslandsaufenthalt stets in jenem Land beibehalten wird, dessen Staatsbürger sie ist. Es kommt vielmehr auf die Verhältnisse des Einzelfalles an ().
Zur Frage des Mittelpunktes der Lebensinteressen i. S. d. § 2 Abs. 8 FLAG ist es nach der ständiger Rechtsprechung nicht wesentlich, ob der Aufenthalt im Bundesgebiet ein dauernder ist (vgl. ; ). Auch der Umstand, dass ein Aufenthalt zu Studienzwecken begrenzt ist, steht der Beurteilung, der Mittelpunkt der Lebensinteressen liege am Ort des Studiums, nicht entgegen (vgl. oder ). Ferner ist die Abhängigkeit von Alimentationszahlungen eines nicht in Österreich lebenden Angehörigen für die Frage des Lebensmittelpunkts nicht ausschlaggebend (vgl. oder ).
Das Finanzamt wird daher vor Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung zu prüfen haben, wo sich im Beschwerdezeitraum der Mittelpunkt der Lebensinteressen befunden hat. Hierbei sind neben den wirtschaftlichen Beziehungen - etwa womit wird der Lebensunterhalt finanziert - vor allem die persönlichen Beziehungen - also all jene, die jemanden aus in seiner Person liegenden Gründen, insbesondere auf Grund der Geburt, der Staatszugehörigkeit, des Familienstandes und der Betätigungen religiöser und kultureller Art, an ein bestimmtes Land binden - zu erheben. Von Bedeutung sind dabei familiäre Bindungen sowie Betätigungen gesellschaftlicher, religiöser und kultureller Art und andere Betätigungen zur Entfaltung persönlicher Interessen und Neigungen, aber auch Verbindungen zu Sachgesamtheiten, wie Privatsammlungen, und die Mitgliedschaft in Vereinen und andere soziale Engagements (vgl. ).
Letztlich ist entscheidend das Gesamtbild der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, wobei das Überwiegen der Beziehungen zum einen oder anderen Staat den Ausschlag gibt (vgl. ). Der Mittelpunkt der Lebensinteressen ist durch eine zusammenfassende Wertung aller Umstände zu ermitteln (vgl. ).
Hierbei werden sinngemäß auch die in Art. 11 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit genannten Kriterien heranzuziehen sein, da die dort entwickelten Grundsätze auch für die Ermittlung des Lebensmittelpunkts von Drittstaatsangehörigen herangezogen werden können (vgl. ).
Verbleibt letztlich noch ein Zweifel, wird schließlich im Sinne von Art. 11 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit der Wille der Person maßgebend sein, wenn dieser mit den ermittelten Umständen unter Einbeziehung insbesondere der Gründe, die die Person zu einem Wohnortwechsel veranlasst haben, vereinbar ist (vgl. ).
Die Bf hat sich seit 2009 rechtmäßig in Österreich aufgehalten, hat offenbar zielstrebig studiert, ist der deutschen Sprache auf Niveau B2 mächtig, hat ihre Tochter im Juni 2014 in Wien zur Welt gebracht, ist nunmehr mit einem österreichischen Staatsbürger verheiratet hat und arbeitet seit November 2015 bei der V***** Wien. Hinweise auf stärkere Beziehungen zum Kosovo als zu Österreich jedenfalls seit Juni 2014 sind vorerst nicht ersichtlich. Der Umstand, dass der Lebensunterhalt der Bf und ihres damaligen Lebensgefährten, des Vaters von *Y*, überwiegend von den im Kosovo lebenden Angehörigen bestritten wurde, steht nach der oben wiedergegebenen Rechtsprechung ebenso wenig wie der Umstand, dass die Bf zum Studieren nach Österreich kam, der Annahme eines Lebensmittelpunkts in Österreich entgegen.
Sollte das Finanzamt nicht bereits auf Grund der Ausführungen im Vorlageantrag zu der Überzeugung gelangen, der Mittelpunkt der Lebensinteressen der Bf wäre jedenfalls ab Juni 2014 in Österreich gelegen, wird eine niederschriftliche Einvernahme der Bf als Partei und ihres damaligen Lebensgefährten sowie ihres nunmehrigen Ehegatten als Zeugen geboten sein.
Es wird Sache des Finanzamts sein, im weiteren Verfahren nicht nur eine "zweckmäßige Entscheidung", wie im Vorlagebericht angeregt, sondern vor allem eine rechtsrichtige Entscheidung zu treffen.
Es trifft zu, dass aus dem angefochtenen Bescheid nicht eindeutig hervorgeht, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die belangte Behörde zur Einsicht gelangt ist, dass gerade dieser Sachverhalt vorliegt, und aus welchen Gründen die Behörde die Subsumtion des Sachverhaltes unter einem bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet. Diese für das allgemeine Verwaltungsverfahren in § 60 AVG verankerten Grundsätze sind auch im Verfahren nach der BAO zu beachten (vgl. ).
Dies erfordert in einem ersten Schritt die eindeutige, eine Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichende und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Verwaltungsgerichte (bzw. bei Entscheidungen der Verwaltungsgerichte durch die Gerichtshöfe öffentlichen Rechts) zugängliche konkrete Feststellung des der Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhalts, in einem zweiten Schritt die Angabe jener Gründe, welche die Behörde im Falle des Vorliegens widerstreitender Beweisergebnisse in Ausübung der freien Beweiswürdigung dazu bewogen haben, gerade jenen Sachverhalt festzustellen, und in einem dritten Schritt die Darstellung der rechtlichen Erwägungen, deren Ergebnisse zum Spruch des Bescheides geführt haben. Die drei logisch aufeinander aufbauenden und formal zu trennenden Elemente einer ordnungsgemäß begründeten behördlichen wie einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung bestehen daher erstens in einer im Indikativ gehaltenen Tatsachenfeststellung, zweitens in der Beweiswürdigung und drittens in der rechtlichen Beurteilung (vgl. ).
Selbst wenn bei der Erlassung von Bescheiden im Familienbeihilfeverfahren oftmals im Hinblick auf die Arbeitsbelastung der Finanzämter eine detaillierte Bescheidbegründung nicht vorgenommen wird, wäre eine derartige Bescheidbegründung spätestens mit der Beschwerdevorentscheidung vorzunehmen.
Revisionsnichtzulassung
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 und Abs. 9 B-VG eine Revision nicht zulässig, da sie nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Der Beschluss folgt vielmehr der dargestellten Rechtsprechung.
Information der Staatsanwaltschaft nicht erforderlich
Soweit die Bf in ihrem Vorlageantrag auf die Anzeigeverpflichtung gerichtlich strafbarer Handlungen verweist und die Ansicht vertritt, dass "eine weiterhin aufrechterhaltene Negierung der Verpflichtung, Bundesrecht samt den Klarstellungen durch die Höchstgerichte anzuwenden, dem Tatbestand des § 302 StGB nahe kommt", sieht das Bundesfinanzgericht keinen Anlass für eine Information der Staatsanwaltschaft Wien gemäß § 78 Strafprozessordnung wegen des Verdachts des Vergehens nach § 302 Strafgesetzbuch. Ein begründeter Verdacht, dass der Tatbestand des Missbrauchs der Amtsgewalt verwirklicht worden sein könnte, besteht nach der Aktenlage bisher nicht; auch die Bf spricht selbst davon, dass das Verhalten der Behörde dem Tatbestand bloß "nahe kommen" könnte.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 7 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982 § 26 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982 § 3 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 11 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 2 Abs. 8 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 13 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 12 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 260 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 264 Abs. 4 lit. e BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 263 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 264 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 98 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 24 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982 § 97 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 85 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 26 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 260 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 262 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 33 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 96 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | Art. 11 VO 987/2009, ABl. Nr. L 284 vom S. 1 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2016:RV.7100549.2016 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at