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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 05.08.2021, RV/7102882/2019

Bestandvertrag von bestimmter Dauer über ein Hotel mit zweimaliger Option auf Vertragsverlängerung.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***1***, vertreten durch ***2***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Festsetzung der Gebühr gemäß § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG, ***3***, ***4***, zu Recht erkannt:

  • Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert wie folgt:

Die Gebühr gemäß § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG 1957 wird mit 1% der Bemessungsgrundlage in Höhe von 20.543.604,48 € d.s. 205.436,04 € festgesetzt.

  • Der Ausspruch, dass die Festsetzung gemäß § 200 Abs. 1 BAO vorläufig erfolgt, entfällt.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt und Verfahrensablauf

Am ***5*** schlossen die ***Bf2*** und die ***Bf1*** einen Pachtvertrag über Räumlichkeiten und Flächen zum Betrieb eines Hotels ab.

Insbesondere wurde beurkundet:

"…2. Pachtgegenstand

2.1 Gegenstand dieses Pachtvertrages ("Pachtgegenstand") sind die Räumlichkeiten und Flächen gemäß Planentwurf Anlage ,/2.1. Der Pachtgegenstand ist in diesem Planentwurf rot umrandet dargestellt.

2.2 Der Pachtgegenstand weist gemäß Planentwurf eine vorläufige Fläche von insgesamt ca. 5.262,2m2 gem. Anlage ./2.2 für FoH-Public, Rezeption und Lobby, Frühstücksraum mit Buffet, Vorbereitungsküche, Bar, Dachterrasse sowie sonstige Bereiche des Hotels, wie Allgemein-, Neben- und Lagerflächen und Terrasse (berechnet jeweils nach gif-Standard) sowie 120 Hotelzimmer nach aktuellem Planungsstand auf.

….

5. Pachtdauer und vorzeitige Vertragsauflösung

5.1 Das Pachtverhältnis beginnt für Bauteil I und Bauteil II am Tag der jeweiligen Endübergabe (Datum des jeweiligen Endübergabeprotokolls; "Pachtbeginn"), jedoch spätestens für Bauabschnitt I 2 (zwei) Monate nach Übergabe und für Bauabschnitt II 1 (einen) Monat nach Übergabe. Es wird auf die Dauer von fünfzehn Jahren, berechnet ab dem Monatsletzten des Monates in den der Pachtbeginn des Bauteils II lallt, befristet abgeschlossen und erlischt daher fünfzehn Jahre nach dem auf den Pachtbeginn folgenden Monatsletzten, ohne dass es einer Kündigung oder sonstigen Erklärung einer Vertragspartei bedarf ("Grundlaufzeit"). Der Übergang in ein Pachtverhältnis auf unbestimmte Dauer ist ausdrücklich ausgeschlossen. Ein solcher bedürfte einer ausdrücklichen schriftlichen Vereinbarung mittels einheitlicher Urkunde oder einer ausdrücklichen schriftlichen Erklärung des Verpächters, die durch sämtliche vertretungsbefugten Organe des Verpächters unterfertigt ist.

5.2 Beiden Vertragsparteien steht, sofern und soweit sich die Parteien über die Konditionen der Fortführung einvernehmlich einigen, eine zweimalige Verlängerungsoption um jeweils 5 Jahre zu, die zumindest 6 Monate vor dem Ende der vorherigen Befristung auszuüben und/oder abzustimmen ist. Ein Anspruch auf Fortführung besteht wechselseitig nicht.

Eine Teilkündigung ist ausgeschlossen.

5.3 Das Recht auf vorzeitige Auflösung des Pachtvertrages aus wichtigem Grund durch den Verpächter wird dadurch nicht berührt. Ein wichtiger Grund, der den Verpächter zur vorzeitigen Auflösung des Pachtverhältnisses berechtigt, liegt insbesondere vor, wenn

5.3.1 der Pächter mit der Bezahlung von zwei Pachtzinszahlungen (oder Teilen desselben) oder anderen auf Grund dieses Pachtvertrages geschuldeten Leistungen trotz schriftlicher Mahnung und Nachfristsetzung von mindestens 14 Tagen im Verzug bleibt;

5.3.2 der Pächter trotz Mahnung und Nachfristsetzung vom Pachtgegenstand oder von allgemeinen Teilen des Gebäudes oder der Liegenschaften einen zweckwidrigen erheblich nachteiligen Gebrauch macht, den Pachtgegenstand oder allgemeine Teile des Gebäudes oder der Liegenschaften Vertrags-, widmungswidrig benützt, ohne Zustimmung des Verpächters bauliche oder nicht genehmigte sonstige Veränderungen am Pachtgegenstand vornimmt, oder ohne behördliche Bewilligungen gefährliche Stoffe lagert bzw gefährliche Tätigkeiten ausübt;

5.3.3 der Pächter sonstige wesentliche Bestimmungen trotz Mahnung und Nachfristsetzung, dieses Pachtvertrages verletzt

5.3.4 sonstige Gründe trotz Mahnung und Nachfristsetzung vorliegen, die die berechtigten Interessen des Verpächters beeinträchtigen.

Als derartige Beeinträchtigung gelten jedenfalls die Kündigungsgründe des §§ 30 MRG und/1118 ABGB.

5.4 Im Falle einer berechtigten vorzeitigen Auflösung durch den Verpächter gemäß Punkt 5.3 verpflichtet sich der Pächter dem Verpächter alle vermögensrechtlichen Nachteile zu ersetzen.

5.5 Der Pächter ist berechtigt, das Pachtverhältnis vorzeitig aufzulösen, wenn der Pachtgegenstand ohne Verschulden auf Seiten des Pächters oder seiner Sphäre zurechenbarer Personen länger als sechs Monate zum bedungenen Gebrauch untauglich wird. Eine Teilkündigung oder Teilauflösung durch den Pächter ist in jedem Fall, auch in Bezug auf Nebenräume und Nebenflächen ausgeschlossen. Ferner ist der Pächter aus den Gründen des §1117 ABGB, sowie aus folgenden Gründen berechtigt, das Pachtverhältnis vorzeitig aufzulösen:

a. der Verpächter seine Instandhaltungspflichten trotz Mahnung mit angemessener Frist derart verletzt, dass eine Gefährdung der Substanz des Hotels vorliegt oder ein ordentlicher Hotelbetrieb nicht mehr gewährleistet werden kann;

b. der Verpächter (i) zahlungsunfähig im Sinne des § 66 IO oder (ii) überschuldet im Sinne des § 67 IO ist und der Verpächter diesen Zustand nicht innerhalb angemessener Frist saniert;

c. über das Vermögen des Verpächters ein Insolvenzverfahren eröffnet oder die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens mangels kostendeckendem Vermögen abgelehnt wird;

d. bei Umständen höherer Gewalt, wie insbesondere Krieg, die für einen Zeitraum von mehr als 6 Monaten andauern.

6. Pachtzins

6.1 Der vereinbarte Pachtzins setzt sich zusammen aus:

6.1.1 dem Hauptpachtzins,

6.1.2 dem grundsätzlich der Nutzfläche entsprechenden Anteil an Betriebs- und Nebenkosten gemäß Punkt 7. dieses Pachtvertrages sowie

6.1.3 der Umsatzsteuer in der im jeweiligen Zeitpunkt maßgeblichen gesetzlichen Höhe. Alle Angaben im Pachtvertrag verstehen sich zuzüglich Umsatzsteuer, soweit im Einzelfall nicht ausdrücklich Abweichendes geregelt ist.

6.2 Der Verpächter wird in die Umsatzsteuerpflicht optieren. Der Pächter nimmt dies ausdrücklich zur Kenntnis und stimmt der Verrechnung der Umsatzsteuer zu. Der Pächter bestätigt, während des Pachtverhältnisses im Pachtgegenstand nahezu ausschließlich (nach aktueller Auslegung zumindest 95 %) steuerpflichtige oder echt steuerbefreite Umsätze tätigen. ...

7. Betriebs- und Nebenkosten, Versorgung

7.1 Der Pächter hat die anteilig auf den Pachtgegenstand entfallenden Betriebskosten, laufende öffentliche Abgaben, Steuern und Aufwendungen sowie Beiträge im Sinne der §§21 bis 24 MRG zu tragen….

12. Aufwand- und Investitionsersatz

Der Pächter verzichtet für die Fälle, dass das Pachtverhältnis mindestens 15 Jahre besteht, vom Verpächter aus welchem Grund immer einen wie immer gearteten Ersatz für am oder im Pachtgegenstand oder sonstigen Bereichen vorgenommene bauliche Veränderungen, Ausbauten, Ausstattungen, Instandhaltungs-, Erhaltungs-, Erneuerungs-, Wartungs-, Adaptierungs- oder Verbesserungsmaßnahmen oder sonstige Investitionen zu fordern. Die Anwendbarkeit der Bestimmungen des § 1037 ABGB und § 1097 ABGB und sonstiger Ersatzregelungen ist für diesen Fall ausgeschlossen. Dies gilt auch dann, wenn der Verpächter baulichen Veränderungen (etc) die Zustimmung erteilt hat….

…"

Mit Vorlagebericht vom legte das ***FA*** (jetzt: Finanzamt Österreich - ***6***) die Beschwerde mit folgender Sachverhaltsdarstellung zur Entscheidung an das BFG vor:

"Sachverhalt:

Mit Pachtvertrag vom ***5*** verpachtete die Fa. ***Bf2*** der Fa. ***Bf1*** Räumlichkeiten und Flächen zum Betrieb eines Hotels. Neben der noch nicht feststehenden Gesamtfläche war auch die Anzahl der Hotelzimmer noch ungewiss. Das Pachtverhältnis wurde nach Punkt 5.1. des Vertrages auf die Dauer von 15 Jahren abgeschlossen und endet danach ohne dass es einer Kündigung einer Vertragspartei bedarf. Beiden Vertragsparteien stand eine zweimalige Verlängerungsoption um jeweils fünf Jahre zu. Als wichtige Gründe für die vorzeitige Auflösung des Pachtvertrages wurden angeführt, die Nichtentrichtung des Pachtzinses, nachteiliger Gebrauch des Pachtgegenstandes und Verletzung wesentlicher Bestimmungen des Pachtvertrages. Als sonstige Gründe wurden die Kündigungsgründe nach §§ 30 MRG und 1118 ABGB angeführt.

Laut Vertragspunkt 6.4. betrug der monatliche Hauptpachtzins mit Beginn des vierten Monats ab Pachtbeginn 540,- € pro Hotelzimmer. Mit Beginn des 19. Monats erhöhte sich der monatliche Pachtzins auf 585,- € pro Hotelzimmer und mit Beginn des 37. Monats auf 592,50 € monatlich. Hinsichtlich der Betriebskosten war laut Punkt 7.8. ein Akontobetrag von 2 € pro m2 Nutzfläche zuzüglich Umsatzsteuer zu entrichten.

Am wurde mit vorläufigem Gebührenbescheid, die Gebühr ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von € 21.001.524,48 mit € 210.015,24 festgesetzt.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde ausgeführt, es sei unabhängig von der möglichen Ziehung der Optionen von einer unbestimmten Vertragsdauer und somit vom 3-fachen Jahreswert auszugehen. Der Grundsatz von Treu und Glauben sowie Billigkeitserwägungen seien verletzt worden. Ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren sei nicht durchgeführt worden.

Die abweisende Beschwerdevorentscheidung wurde dahingehend begründet, die Bestimmungen des § 30 MRG seien primär auf Wohnraummieten abgestellt. Da Pachtgegenstand ein Hotel sei, sodass nur einzelne im § 30 MRG aufgezählte Kündigungsgründe verblieben. Es sei daher von einer bestimmten Vertragsdauer auszugehen.

Darüber hinaus sei die zweimalige Verlängerungsoption um jeweils 5 Jahre zu berücksichtigen. Da alle bemessungsrelevanten Daten und Fakten vorgelegen seien, sei kein Ermittlungsverfahren notwendig gewesen.

Im Vorlageantrag wurde vorgebracht, es sei von einer unbestimmten Vertragsdauer auszugehen. Daran ändere auch die Vereinbarung einer Option nichts. Es wird die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht in einer mündlichen Verhandlung durch den gesamten Senat beantragt.

Beweismittel: siehe vorgelegte Aktenteile"

Das Finanzamt gab dazu folgende Stellungnahme ab:

"Stellungnahme:

Nach ständiger Rechtsprechung besteht das Unterscheidungsmerkmal zwischen auf bestimmte Zeit und auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Bestandverträgen darin, ob nach dem erklärten Vertragswillen beide Vertragsteile durch eine bestimmte Zeit an den Vertrag gebunden sein sollen oder nicht, wobei allerdings die Möglichkeit, den Vertrag aus einzelnen bestimmt bezeichneten Gründen schon vorzeitig einseitig aufzulösen, der Beurteilung des Vertrages als einen auf bestimmte Zeit abgeschlossenen, nach dem zweiten Satz des § 33 TP 5 Abs. 3 GebG nicht im Wege steht ().

Dazu kommt, dass zwar dann, wenn für einen auf bestimmte Zeit abgeschlossenen Bestandvertrag alle Kündigungsgründe nach § 30 Abs. 2 MRG vereinbart werden, wegen der weitreichenden Kündigungsbefugnisse im Allgemeinen ein Vertrag auf unbestimmte Zeit vorliegt. Dies gilt jedoch nicht, wenn z.B. in einem Pachtvertrag über ein Geschäftslokal die "Kündigungsgründe analog §§ 30 und 31 MRG" vereinbart werden, da in diesem Fall nur einzelne der dortigen Kündigungsgründe in Betracht kommen (siehe Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band 1, Rz. 142 zu § 33 TP 5 GebG). Dies deshalb, weil sich die meisten der angeführten Kündigungsgründe auf Wohnungen beziehen (vgl. und vom , RV/7104470/2016). Gleiches muss für den vorliegenden Pachtvertrag gelten, der ebenfalls nicht die Vermietung von Wohnungen regelt.

Was eine Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichneten Fälle darstellt, ist eine Frage, die nach Gewicht und Wahrscheinlichkeit einer Realisierung der vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe von Fall zu Fall verschieden beantwortet werden muss (; ; ). Ausnahmsweise bestehende Kündigungsmöglichkeiten vermögen die grundsätzliche Bindung einer Vertragspartei an ein nach dem Vertragsinhalt auf bestimmte Dauer abgeschlossenes Bestandverhältnis nicht aufzuheben ().

Im vorliegenden Pachtvertrag werden unter Punkt 5.3.4. "als sonstige Gründe... die die berechtigten Interessen des Verpächters beeinträchtigen" die Kündigungsgründe der §§ 30 MRG und 118 ABGB angeführt. Der Vertrag nennt drei konkrete Gründe, die zur vorzeitigen Aufkündigung berechtigen (Nichtbezahlung des Pachtzinses, Verletzung wesentlicher Bestimmungen des Pachtvertrages und Verletzung der Betriebspflicht durch die Verpächterin).

Da diese Kündigungsgründe allesamt der Verpächterin zuzuordnen sind, wird durch den Vertragsinhalt keine der beiden Vertragsparteien in die Lage versetzt, durch ausschließlich eigenes Handeln die vorzeitige Beendigung des Pachtvertrages zu bewirken. Somit hat es die Pächterin nicht in der Hand, jederzeit das Vertragsverhältnis aufzulösen.

Es war somit von einer bestimmten Vertragsdauer von 15 Jahren auszugehen.

Darüber hinaus wurde eine zweimalige Verlängerungsoption um jeweils fünf Jahre eingeräumt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bedeutet eine Vertragsverlängerung durch Optionsausübung nichts anderes als die Beifügung einer Potestativbedingung, bei deren Eintritt sich die Geltungsdauer eines Vertrages verlängert (vgl. ). Eine solche Bedingung ist nach § 26 GebG zu behandeln, sodass die Gebühr von dem Entgelt zu entrichten ist, das auf die Summe der ursprünglich vereinbarten und vom Optionsrecht umfassten Verlängerungszeiten entfällt (Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band I, § 26 Rz 41).

Es lag daher eine Verlängerung der ursprünglich vereinbarten bestimmten Vertragsdauer vor. Das Finanzamt hat somit zu Recht die Rechtsgeschäftsgebühr ausgehend von einer bestimmten Vertragsdauer und den vom Optionsrecht umfassten Verlängerungszeiten (18-facher Jahreswert) festgesetzt.

Bei Betrachtung des beschwerdegegenständlichen Sachverhalts im Kontext mit der zitierten VwGH-Judikatur ist festzuhalten, dass die beschwerdegegenständliche Vorgangsweise und Beurteilung der Abgabenbehörde der ständigen VwGH-Judikatur entspricht. Es liegt daher keine Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben vor.

Mit der Gebührenanzeige vom 09.02.20218 hat die Verpächterin angeführt, dass die endgültige Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Rechtsgeschäftsgebühr nach § 33 TP 5 GebG auf Grund der im Pachtvertrag getroffenen Vereinbarungen noch nicht bestimmbar sei. Da eine Selbstberechnung daher nicht möglich sei, möge das Finanzamt die Rechtsgeschäftsgebühr auf Basis der derzeit feststehenden und bekannten Zahlen mit vorläufigem Bescheid festsetzen. Vom Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens kann deshalb in diesem Zusammenhang nicht gesprochen werden.

Es wird daher beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen."

Die Beschwerdeführerin führt auszugsweise aus wie folgt:

"Wir fechten den angefochten Bescheid der belangten Behörde in vollem Umfang bzw zur Gänze an, da die belangte Behörde (das Finanzamt) im vorliegenden Fall bei der Festsetzung der Rechtsgeschäftsgebühren nicht vom achtzehnfachen, sondern nur vom dreifachen Jahreswert (gemäß Punkt 5.3. des Pachtvertrages) ausgehen hätte dürfen. Darüber hinaus hat die belangte Behörde auch nicht berücksichtigt, dass die ersten drei Monate ab Pachtbeginn mietfreigestellt sind (die erste Staffel in Höhe von EUR 540,00 pro Zimmer fällt daher nur für den Zeitraum des 4. bis 18. Monats an), nicht aber für die ersten drei Monate. Ebenso ließ die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid die Tatsache, dass die Übergabe des Objekts in zwei Teilen und der Pachtbeginn für den Bauteil II somit erst später erfolgt (40 der insgesamt 120 Zimmer werden maximal 9 Monate später übergeben als die ersten 80 Zimmer), unberücksichtigt.

Die belangte Behörde hätte daher richtigerweise (bei richtiger rechtlicher Beurteilung und vollständiger Ermittlung des Sachverhalts) von einer erheblich geringeren Bemessungsgrundlage und überdies nur vom 3-fachen anstelle des 18-fachen Jahreswertes ausgehen und die Gebühr lediglich auf dieser Grundlage festsetzen dürfen. Die Festsetzung der im angefochtenen Bescheid bestimmten Gebühr war somit rechtswidrig, der angefochtene Bescheid, der zu einer Gebühr in Höhe von EUR 210.015,24 gelangt, hätte in dieser Form nicht erlassen werden dürfen. Geltend gemacht wird, unbeschadet amtswegig aufzugreifender Rechtswidrigkeiten, Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung Verfahrensvorschriften, so auch Mangelhaftigkeit des Verfahrens. Die belangte Behörde hat insbesondere § 33 TP 5 GebG 1957 unrichtig angewendet, wir erachten uns durch den angefochtenen Bescheid unter anderem im Recht auf Unterbleiben einer über den 3-fachen Jahresbetrag auf Basis einer geringeren Bemessungsgrundlage hinausgehenden Gebührenfestsetzung/Gebührenvorschreibung sowie im Recht auf Nichtvorschreibung von (zusätzlichen) Gebühren nach dem GebG 1957,insbesondere von Gebühren, die den 3-fachen Jahresbetrag übersteigen, verletzt.

Die 1. (erste) Beschwerdeführerin ist Adressat des Bescheides und als solche zur gegenständlichen Beschwerde jedenfalls legitimiert. An die 2. (zweite) Beschwerdeführerin ist der angefochtene Bescheid zwar nicht adressiert, die 2. Beschwerdeführerin hat aber zweifellos ein rechtliches Interesse und damit eine Rechtsmittellegitimation an der vorliegenden Beschwerde, da nach § 30 GebG 1957 ex lege die (Mit)Haftung aller am Rechtsgeschäft beteiligten Personen angeordnet wird.

Die gegenständliche Beschwerde ist auch rechtzeitig, da der angefochtene Bescheid der 1. Beschwerdeführerin am zugestellt wurde….

Im vorliegenden Fall sind eine Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben und eine sachliche Unbilligkeit gegeben. Die Finanzverwaltung hat - entgegen der bisher geübten, in den Gebühren-Richtlinien (Rz 705) festgeschriebenen und damit anerkannten Praxis, die auch mit der Rechtsprechung des VwGH im Einklang steht - im angefochtenen Bescheid plötzlich und ohne jeden ersichtlichen Grund Gebühren für den Pachtvertrag vom ***5*** im Ausmaß von sage und schreibe EUR 210.015,24 vorgeschrieben, indem sie in Abweichung von dieser Praxis unter anderem von einem 18-fachen Jahreswert ausgeht. Dass eine derart unvorhersehbare Änderung der Rechtsansicht ohne sachliche Gründe nicht mit den oben angeführten Grundsätzen des Abgabenrechts, insbesondere mit dem Grundsatz von Treu und Glauben, vereinbar ist, liegt auf der Hand…."

Die Bf. beantragt eine mündliche Verhandlung sowie eine Entscheidung durch den gesamten Senat.

Am erließ das Finanzamt eine Beschwerdevorentscheidung folgenden Inhalts:

"Die Erledigung weicht von Ihrem Begehren aus folgenden Gründen ab:

In Pkt. 5. des Vertrages werden die Pachtdauer und Vertragsauflösungsgründe geregelt. Neben den in den Pktn. 5.3.1 bis 5.3.4 angeführten Gründen (Verzug bei Pachtzinszahlung, zweckwidriger, nachteiliger Gebrauch uä) sind jedenfalls die Kündigungsgründe des § 30 MRG und der §§ 1116 und 1117 ABGB angeführt. Die Bestimmungen des § 30 MRG sind primär auf Wohnraummieten abzustellen. Im ggstl. Fall ist der Pachtgegenstand ein Hotel, das der Pächter im Standard eines 4 Sterne-Hauses unter der Marke "***7***" zu führen hat. Die Wortwahl in Pkt. 5.3.4. "...die berechtigten Interessen des Verpächters beeinträchtigen ..." (als derartige Beeinträchtigung gelten jedenfalls die Kündigungsgründe der §§ 30 MRG und 1118 ABGB.), lässt keine Zweifel übrig, dass für den Verpächter nur diese, im vorliegenden Vertrag gar nicht anzuwendende Norm des MRG, zu tragen kommt und daher kein Vertrag auf unbestimmte Dauer vorliegen kann. Verträge, bei denen nur einzelne der in § 30 MRG aufgezählten Kündigungsgründe verbleiben, werden als Bestandverträge auf bestimmte Zeit beurteilt, nämlich wie in diesem Fall, auf die Dauer von 15 Jahren.

Darüber hinaus wird eine zweimalige Verlängerungsoption um jeweils 5 Jahre eingeräumt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bedeutet eine Vertragsverlängerung durch Optionsausübung nichts anderes als die Beifügung einer Potestativbedingung, bei deren Eintritt sich die Geltungsdauer eines Vertrages verlängert (vgl. VwGH v. 12,09.2017, Ra 2015/16/0061). Eine solche Bedingung ist nach § 26 GebG zu behandeln, sodass die Gebühr von dem Entgelt zu entrichten ist, das auf die Summe der ursprünglich vereinbarten und vom Optionsrecht umfassten Verlängerungszeiten entfällt (Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band I, § 26 Rz 41). Es handelt sich dabei um eine gebührenrechtlich irrelevante Bedingung im Sinne des § 17 Abs. 4 GebG, deshalb wurde vom höchstmöglichen, 18-fachen Jahrespachtentgelt, die Gebühr vorläufig berechnet.

Dadurch, dass das BFG sich in letzter Zeit mehrfach mit Bestandverträgen und deren Dauer im Zusammenhang mit Kündigungsgründen bzw. -fristen auseinandersetzen musste, kann nicht behauptet werden, dass die Finanzverwaltung den im Abgabenrecht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben verletzt hat, weil sie von ihrer gängigen Praxis abgewichen wäre.

Im § 26 GebG finden sich die Bewertungsvorschriften unter anderem auch für Bestandverträge (Miet- und Pachtverträge). Abweichend von den Vorgaben des Bewertungsgesetzes 1955 bestimmt § 26 GebG eigene Regelungen in Bezug auf

- die Bewertung bedingter und betagter Leistungen und Lasten und

- die Bewertung wiederkehrender Leistungen.

Rechtsgeschäftlich vereinbarte Bedingungen haben keinen Einfluss auf die Bewertung von Leistungen und Lasten, die für die Bemessung der Gebühr maßgeblich sind. Noch nicht entstandene (befristete) oder noch nicht fällige (betagte) Leistungen und Lasten erhöhen die Gebührenbemessungsgrundlage. Sie werden als unbedingte bzw. sofort fällige Leistungen und Lasten behandelt. Das heißt, dass die pachtfrei gestellten ersten 3 Monate ab Pachtbeginn nicht zu berücksichtigen sind und die Gebühr auch hiervon berechnet wird.

Da alle bemessungsrelevanten Daten und Fakten vorgelegen haben, war kein Ermittlungsverfahren betreffend der Erlassung des Gebührenbescheides notwendig bzw. konnte der vorläufige Bescheid sofort ergehen.

Aus den angeführten Gründen wird die Beschwerde abgewiesen."

Dagegen wurde Vorlageantrag eingebracht, wobei die Bf. auf das Vorbringen in der Beschwerde vom verweist, insbesondere auf die Gebührenrichtlinien des BMF (Randziffer 705).

Mit Vorhalt vom wurde der Bf. die Sach- und Rechtslage nach dem Stand des Verfahrens zur Kenntnis gebracht. Der Vorhalt wurde zu Handen der steuerlichen Vertretung, ***8***, zugestellt.

In der dazu ergangenen Stellungnahme hat die steuerliche Vertretung am die Anträge auf mündliche Verhandlung und Senat zurückgenommen. Im Wesentlichen wurden keine neuen Argumente vorgebracht.

Mit Schriftsatz vom , beim BFG eingelangt am , hat die ***9*** bekannt gegeben, dass sie von der ***Bf1*** mit der Vertretung im Beschwerdeverfahren einschließlich des Empfanges von Schriftstücken beauftragt worden sei. Ein Antrag um Akteneinsicht werde vorbehalten, ist bis dato jedoch nicht erfolgt.

Beweiserhebung

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die elektronisch vorgelegten Aktenteile des Finanzamtes zu ***10*** sowie das Vorhalteverfahren.

Rechtslage

"§ 17 . (1) Für die Festsetzung der Gebühren ist der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgebend. Zum Urkundeninhalt zählt auch der Inhalt von Schriften, der durch Bezugnahme zum rechtsgeschäftlichen Inhalt gemacht wird.

….

(4) Auf die Entstehung der Gebührenschuld ist es ohne Einfluss, ob die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäftes von einer Bedingung oder von der Genehmigung eines der Beteiligten abhängt.

(5) Die Vernichtung der Urkunde, die Aufhebung des Rechtsgeschäftes oder das Unterbleiben seiner Ausführung heben die entstandene Gebührenschuld nicht auf.

§ 26. Für die Bewertung der gebührenpflichtigen Gegenstände gelten, insoweit nicht in den Tarifbestimmungen abweichende Bestimmungen getroffen sind, die Vorschriften des Bewertungsgesetzes 1955, BGBl. Nr. 148, mit der Maßgabe, dass bedingte Leistungen und Lasten als unbedingte, betagte Leistungen und Lasten als sofort fällige zu behandeln sind und dass bei wiederkehrenden Leistungen die Anwendung der Bestimmungen des § 15 Abs. 1 über den Abzug der Zwischenzinsen unter Berücksichtigung von Zinseszinsen und des § 16 Abs. 3 des vorerwähnten Gesetzes ausgeschlossen ist. (BGBl. Nr. 7/1951, Art. I Z 7; BGBl. Nr. 116/1957, Z 2; BGBl. Nr. 148/1955, § 86 Abs. 2 und 3.)

§ 33 . Tarif der Gebühren für Rechtsgeschäfte. Tarifpost 5 Bestandverträge

(1) Bestandverträge (§§ 1090 ff. ABGB) und sonstige Verträge, wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält, nach dem Wert

1. im allgemeinen 1 v.H.;

2. beim Jagdpachtvertrag 2 v.H.

(2) Einmalige oder wiederkehrende Leistungen, die für die Überlassung des Gebrauches vereinbart werden, zählen auch dann zum Wert, wenn sie unter vertraglich bestimmten Voraussetzungen auf andere Leistungen angerechnet werden können.

(3) Bei unbestimmter Vertragsdauer sind die wiederkehrenden Leistungen mit dem Dreifachen des Jahreswertes zu bewerten, bei bestimmter Vertragsdauer mit dem dieser Vertragsdauer entsprechend vervielfachten Jahreswert, höchstens jedoch dem Achtzehnfachen des Jahreswertes. Ist die Vertragsdauer bestimmt, aber der Vorbehalt des Rechtes einer früheren Aufkündigung gemacht, so bleibt dieser Vorbehalt für die Gebührenermittlung außer Betracht.

…."

§ 33 TP 5 Abs. 5 Z 4 lautet: "Rechtsanwälte, Notare, Wirtschaftstreuhänder sowie Immobilienmakler und Immobilienverwalter im Sinne der Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994, BGBl. Nr. 194, in der jeweils geltenden Fassung, (Parteienvertreter) und gemeinnützige Bauvereinigungen im Sinne der Bestimmungen des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 139, in der jeweils geltenden Fassung, sind befugt, innerhalb der in der Z 1 angeführten Frist die Gebühr für Rechtsgeschäfte gemäß § 33 Tarifpost 5 als Bevollmächtigte des Bestandgebers selbst zu berechnen und bis zum 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf den Kalendermonat, in dem die Selbstberechnung erfolgt, zweitfolgenden Monats an das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel zu entrichten. Im Übrigen ist § 3 Abs. 4a, 4b und 4c sinngemäß anzuwenden."

Erwägungen

IV.1. Zu den Kündigungsgründen

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht das Unterscheidungsmerkmal zwischen "auf bestimmte Zeit" und "auf unbestimmte Zeit" abgeschlossenen Bestandverträgen darin, ob nach dem erklärten Vertragswillen beide Vertragsteile durch eine bestimmte Zeit an den Vertrag gebunden sein sollen oder nicht, wobei allerdings die Möglichkeit den Vertrag aus einzelnen bestimmt bezeichneten Gründen schon vorzeitig einseitig aufzulösen, der Beurteilung des Vertrages als eines auf bestimmte Zeit abgeschlossenen nicht entgegensteht. Ein nach seinem Wortlaut auf unbestimmte Zeit abgeschlossener Bestandvertrag ist als ein Vertrag auf vorerst bestimmte Dauer anzusehen, wenn nach seinem Inhalt das Vertragsverhältnis vor Ablauf einer bestimmten Zeit von keinem der Vertragsteile einseitig beendet werden kann oder diese Möglichkeit auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle beschränkt ist.

Ausnahmsweise bestehende Kündigungsmöglichkeiten vermögen die grundsätzliche Bindung einer Vertragspartei an ein nach dem Vertragsinhalt auf bestimmte Dauer abgeschlossenes Bestandverhältnis nicht aufzuheben ().

Die Vereinbarung aller Kündigungsgründe nach § 30 Abs. 2 MRG (früher § 19 Abs. 2 MG) stellt keine ausreichende Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten dar, sodass in einem solchen Fall - laut Judikatur des VwGH - ein Vertrag auf unbestimmte Zeit anzunehmen ist (vgl. , und ). Das bedeutet, dass allerdings dann noch von einer Beschränkung auf einzelne im Vertrag genannte Kündigungsmöglichkeiten die Rede ist, wenn nicht alle in § 30 Abs.2 MRG genannten Kündigungsgründe vereinbart werden. In einem solchen Fall ist dann von einem auf unbestimmte Dauer abgeschlossenen Mietvertrag auszugehen, wenn die darin einzeln angeführten Kündigungsgründe nach ihrem Gewicht und ihrer Wahrscheinlichkeit so bedeutend sind, dass sie dem erklärten Willen der Parteien, sich auf bestimmte Dauer zu binden, entgegenstehen (vgl. ).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht das Unterschiedsmerkmal zwischen auf bestimmte Zeit und unbestimmte Zeit abgeschlossene Bestandverträge darin, ob nach dem erklärten Vertragswillen beide Teile durch eine bestimmte Zeit an den Vertrag gebunden sein sollen oder nicht, wobei allerdings die Möglichkeit, den Vertrag aus einzelnen bestimmt bezeichneten Gründen schon vorzeitig aufzulösen, der Beurteilung des Vertrages als eines auf bestimmte Zeit abgeschlossenen, nach dem letzten Satz des § 33 TP 5 GebG nicht im Wege steht.

Was eine Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle darstellt, ist eine Frage, die nach Gewicht und Wahrscheinlichkeit einer Realisierung der vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe von Fall zu Fall verschieden beantwortet werden muss (vgl. und 0112 mwN).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist nicht die von den Parteiengewählte Bezeichnung des Vertrages (etwa als auf unbestimmte Dauer abgeschlossen), sondern der gesamte Vertragsinhalt maßgeblich ().

Ob die Vertragsdauer bestimmt oder unbestimmt ist, wird somit nicht nach der Form, sondern nach dem Inhalt des Vertrages beurteilt und hängt einerseits davon ab, wie umfassend die Kündigungsrechte sind, andererseits aber auch davon, wie wahrscheinlich es ist, dass ein Kündigungsrecht ausgeübt werden kann (vgl. , mwN).

Wenn auch die Vereinbarung aller Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG allein noch keine ausreichende Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten mit dem Ergebnis eines Vertrages auf bestimmte Dauer darstellt, so kann eine Gewichtung und eine Unwahrscheinlichkeit der Realisierung dieser vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe durchaus zum Ergebnis führen, von einem Vertrag auf bestimmte Dauer auszugehen (vgl. auch nochmals und 0112; , ).

Das Bundesfinanzgericht hat sich erst jüngst mehrfach mit Bestandverträgen beschäftigt, in denen Vertragsparteien zwar die Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG vereinbart haben, sich aus den übrigen Vertragsbestimmungen bzw. aus dem Gegenstand des konkreten Bestandvertrages ergibt, dass von den in § 30 Abs. 2 MRG genannten Kündigungsgründen nur einzelne Kündigungsgründe überhaupt in Betracht kommen können. Verträge, bei denen nur einzelne der in § 30 Abs. 2 MRG aufgezählten Kündigungsgründe verbleiben, wurden als Bestandverträge auf bestimmte Zeit beurteilt. Siehe dazu ua die folgenden Erkenntnisse:

; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; .

Die gegen die Entscheidungen , , , , sowie eingebrachten außerordentlichen Revisionen wurden vom Verwaltungsgerichtshof ebenso zurückgewiesen (siehe , , , , und ) wie die gegen eingebracht ordentliche Revision (siehe ).

Auch der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der gegen die Entscheidung BFG04.04.2017, RV/1100501/2016 eingebrachten Beschwerde abgelehnt (vgl. und E 1740/2017).

Der gegenständliche Pachtvertrag enthält in Punkt 5 die ausdrückliche Regelung, dass das Pachtverhältnis auf die Dauer von fünfzehn Jahren, berechnet ab dem Monatsletzten des Monates in den der Pachtbeginn des Bauteils II fällt, befristet abgeschlossen wird und daher fünfzehn Jahre nach dem auf den Pachtbeginn folgenden Monatsletzten erlischt, ohne dass es einer Kündigung oder sonstigen Erklärung einer Vertragspartei bedarf ("Grundlaufzeit").

Der Übergang in ein Pachtverhältnis auf unbestimmte Dauer ist ausdrücklich ausgeschlossen. Ein solcher bedürfte einer ausdrücklichen schriftlichen Vereinbarung mittels einheitlicher Urkunde oder einer ausdrücklichen schriftlichen Erklärung des Verpächters, die durch sämtliche vertretungsbefugten Organe des Verpächters unterfertigt ist. (5.1)

Beiden Vertragsparteien steht, sofern und soweit sich die Parteien über die Konditionen der Fortführung einvernehmlich einigen, eine zweimalige Verlängerungsoption um jeweils 5 Jahre zu, die zumindest 6 Monate vor dem Ende der vorherigen Befristung auszuüben und/oder abzustimmen ist. Ein Anspruch auf Fortführung besteht wechselseitig nicht.

Eine Teilkündigung ist ausgeschlossen. (5.2)

Weiters stellen die Parteien in Punkt 5.3 ausdrücklich fest, dass das Recht auf vorzeitige Auflösung des Pachtvertrages aus wichtigem Grund durch den Verpächter dadurch nicht berührt wird. Diese wichtigen Gründe werden in den Punkten 5.3.1 bis 5.3.4 aufgeführt und liegen insbesonder vor, wenn

  • der Pächter in Zahlungsverzug gerät

  • der Pächter vom Pachtgegenstand einen zweckwidrigen erheblich nachteiligen Gebrauch macht

  • der Pächter sonstige wesentliche Bestimmungen trotz Mahnung und Nachfristsetzung, dieses Pachtvertrages verletzt

  • sonstige Gründe trotz Mahnung und Nachfristsetzung vorliegen, die die berechtigten Interessen des Verpächters beeinträchtigen

Als derartige Beeinträchtigung gelten jedenfalls die Kündigungsgründe des §§ 30 MRG und/1118 ABGB.

Den Vertragsparteien stehen keine darüber hinaus gehenden Gründe zu, die zu einer außerordentlichen Vertragsauflösung berechtigen, weshalb die Gebührenbemessung entsprechend der bestimmten Dauer vorzunehmen ist, wenn der Vertrag nur aus besonderen, gewichtigen Gründen, deren Verwirklichung unwahrscheinlich ist, gekündigt werden kann.

Die für eine Auflösung aus wichtigem Grund für die Verpächterin genannten Gründe ergeben sich aus der Verletzung von Vertragspflichten bzw. qualifiziertem Fehlverhalten des anderen Vertragspartners, womit die Kündigungsrechte von der Vermieterin nicht nach Belieben ausgeübt werden können und vielmehr jeglichem Einfluss entzogen sind. Es liegen auch keine Anhaltspunkte für die Wahrscheinlichkeit eines solchen Fehlverhaltens vor, insbesondere als sich der Pächter gemäß Punkt 5.4 im Falle einer berechtigten vorzeitigen Auflösung durch den Verpächter gemäß Punkt 5.3 des Vertrages verpflichtet, dem Verpächter alle vermögensrechtlichen Nachteile zu ersetzen.

Nach dem Gesamtbild ist im gegenständlichen Fall gerade kein schrankenloses Kündigungsrechtvereinbart worden und sind die der Vermieterin zuzuordnenden Kündigungsgründe nicht von so umfassender Natur, dass die Wahrscheinlichkeit einer frühzeitigen Auflösung des Mietvertrages gegeben ist.

Auch das zugunsten der Pächterin vorgesehene vorzeitige Kündigungsrecht stellt ausdrücklich auf eine Vertragsverletzung des anderen Vertragspartners ab. Die Pächterin ist nach Punkt 5.5 ihrerseits nur dann zur fristlosen Kündigung des Pachtverhältnisses befugt, wenn die Verpächterin trotz Aufforderung mit angemessener Fristsetzung, die übernommenen Pflichten zu erfüllen, weiter gegen wesentliche ihr aus diesem Vertrag obliegende Verpflichtungen verstößt.

Die vertraglichen Kündigungsbestimmungen ändern daher im gegenständlichen Fall nichts an der Beurteilung eines als auf bestimmte Dauer abgeschlossenen Vertrages.

IV.2. Zur Verlängerungsoption

Rechtsnatur Option

Gemäß der ständigen Rechtsprechung sowohl des VwGH als auch des OGH ist eine Option ein Vertrag, durch den eine Partei das Recht erhält, ein inhaltlich vorausbestimmtes Schuldverhältnis (dh ein zweiseitiges Rechtsgeschäft) in Geltung zu setzen. (Anm.: unter Hinweis auf ; zuletzt ebd. , Ra 2019/07/0012; ).

Im Optionsvertrag wird bereits Konsens über den Inhalt des künftigen Vertrages erzielt. (Anm.: unter Hinweis auf ).

Er gewährt ein Gestaltungsrecht. Die Ausübung begründet unmittelbar die vertraglichen Pflichten. Die Option muss die essentialia negotii des künftigen Vertrages enthalten. (Anm. unter Hinweis auf ).

Notwendiger Mindestinhalt eines Bestandverhältnisses

Ein inhaltlich vorausbestimmtes Schuldverhältnis im Sinne der soeben zitierten Judikatur kann ein Bestandverhältnis sein. Der Bestandvertrag ist gemäß § 1092 ABGB ein Konsensualvertrag, dessen Wirksamkeitsvoraussetzungen und notwendiger Mindestinhalt (essentialia negotii) gemäß § 1094 ABGB die Einigung über Sache und Preis sind. Der Vertrag kommt als Konsensualvertrag folglich mit Einigung über Bestandsache und Bestandzins als Preis der Gebrauchsüberlassung zustande (Anm. unter Hinweis auf Lovrek in Rummel/Lukas, ABGB4§ 1094 Rz 17).

Diese Voraussetzungen liegen in gegenständlichem Fall vor, sodass die Verlängerungsoption laut Punkt 5.2 des Vertrages im Sinne der VwGH-Judikatur als Potestativbedingung zu behandeln ist, welche nach § 26 unbeachtlich ist, womit die Gebühr von dem Entgelt zu entrichten ist, das auf die Summe der ursprünglich vereinbarten und vom Optionsrecht umfassten Verlängerungszeiten entfällt (Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band I, § 26 Rz 41).

IV.3. Zu den Gebührenrichtlinien

Informativ sei bemerkt, dass die Gebührenrichtlinien für die Gerichte zwar den Status eines Fachkommentars haben können, aber als "Erlässe" keine Rechtsquellen im formellen Sinn iSd Art. 18 Abs. 1 B-VG sind, die eine Rechtsgrundlage der Entscheidungsfindung des Bundesfinanzgerichtes bilden können (; ; ; ; ; ; Wiesner in Lang/Schuch/Staringer, Soft Law 81; Doralt/Ruppe, Steuerrecht II8 Tz 93).

GebR 2007 Rz 705 lautet: "Im Falle einer uneingeschränkten Kündigungsmöglichkeit liegt grundsätzlich ein Vertrag auf unbestimmte Dauer vor. Ebenso liegt bei Vereinbarung aller denkmöglichen Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG ein Vertrag von unbestimmter Dauer vor (). Nähere Ausführungen siehe Rz 710 ."

Dem angeführten Erkenntnis lag ein zwischen zwei Gesellschaften auf unbestimmte Dauer abgeschlossener Mietvertrag über die Anmietung von Geschäftsräumen zu Grunde. Der Mieter gab einen Kündigungsverzicht ab und der Vermieter konnte nur bei Vorliegen von wichtigen Gründen kündigen, darüber hinaus wurde dem Mieter ein Präsentationsrecht eingeräumt. Der Verwaltungsgerichtshof entschied, dass ein Bestandvertrag von unbestimmter Dauer abgeschlossen wurde, denn durch die Einräumung eines Präsentationsrechtes kann der Mieter einen Dritten namhaft machen, mit dem der Vermieter den Vertrag abschließt, d.h. der Mieter kann jederzeit den Vertrag auflösen, wodurch ein Vertrag auf unbestimmte Dauer vorliegt. (bestätigt durch ). Die Bf. kann für ihren Standpunkt nichts gewinnen, da der Verwaltungsgerichtshof seine Rechtsmeinung über die unbestimmte Dauer ausschließlich auf das vereinbare Präsentationsrecht stützte und ein solches Präsentationsrecht im vorliegenden Fall nicht eingeräumt wurde. Hinzu kommt, dass in Rz 705 ausdrücklich auf Rz 710 verwiesen wurde, wonach Bestandverträge dann als auf unbestimmte Dauer abgeschlossen zu gelten haben, wenn die Vereinbarung auf unbestimmte Zeit lautet oder eine Vereinbarung über die Dauer fehlt und auch sonst im Vertrag kein Anhaltspunkt enthalten ist, auf welche Dauer sich die Vertragsparteien binden wollten. Diese Voraussetzungen fehlen dem vorliegenden Mietvertrag.

IV.4. Zur Berechnung

Der Bf. ist insofern zu folgen, als der pachtfrei gestellte Zeitraum von drei Monaten sowie der acht Monate spätere Pachtbeginn, bedingt durch die spätere Übergabe von Bauteil II, bei der Berechnung zu berücksichtigen sind. Allerdings wurde bei der von der Bf. vorgelegten Berechnung zu B) der Staffelmietzins von 592,50 € ab dem 37. Monat nicht angesetzt.

Insofern ergibt sich folgende Berechnung:

Die steuerliche Vertretung führt abschließend aus, selbst wenn den Beschwerden keine Folge gegeben werden sollte, seien nach Ansicht der Beschwerdeführer die Voraussetzungen einer von ihnen beantragten Nachsicht (§236 BAO) erfüllt. Auf diese sei das BFG in seinem Vorhalt noch nicht eingegangen. Auf Punkt IV. der Beschwerde vom werde verwiesen.

Dazu ist zu sagen, dass die Bewilligung einer Nachsicht im Ermessen der Abgabenbehörde liegt und hie für somit das Finanzamt zuständig ist. Da Gegenstand des angefochtenen Bescheides die Festsetzung einer Rechtsgebühr war, das Finanzamt also im Spruch des angefochtenen Bescheides über eine Gebühr gemäß § 33 TP 5 GebG abgesprochen hat, ist es dem BFG zudem auch verwehrt, erstmals über einen Antrag gemäß § 236 BAO zu entscheiden. Würde das BFG diese Befugnis für sich in Anspruch nehmen, wäre dies ein Eingriff in die sachliche Zuständigkeit der Abgabenbehörde und damit ein Verstoß gegen § 279 Abs. 1 BAO.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Über die "Beschwerde" der Vertragspartnerin wird damit nicht abgesprochen. Mangels Beitritt liegt hier keine Aktivlegitimation vor und fiele eine solche Entscheidung im Übrigen vorerst in den Zuständigkeitsbereich des Finanzamtes.

V. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall ist die ordentliche Revision nicht zulässig, weil durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes geklärt ist, dass die Möglichkeit, den Vertrag aus einzelnen bestimmt bezeichneten Gründen schon vorzeitig einseitig aufzulösen, der Beurteilung des Vertrages als auf bestimmte Zeit abgeschlossenen, nicht entgegensteht. Was eine Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle darstellt, ist eine Frage die nach Gewicht und Wahrscheinlichkeit einer Realisierung der vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe von Fall zu Fallverschieden beantwortet werden muss (vgl. ua. ; ; ). Die Gewichtung und Wahrscheinlichkeit der Realisierung der hier im konkreten Einzelfallvertraglich vereinbarten Kündigungsgründe ist eine Tatfrage.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7102882.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at