Kein Hälftesteuersatz, wenn lediglich Umsatzprovision und keine Diensterfindungsvergütung im Sinne des PatG 1970 vorliegt
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache Mag. ***Bf***, ***Bf-Adresse***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamts Österreich, vormals des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr, vom betreffend Einkommensteuer 2016 Steuernummer ***xxx/xxxx*** zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer reichte am die Einkommensteuererklärung für 2016 beim in Papierform Finanzamt ein. Dabei ist vom Beschwerdeführer unter der Kennziffer [423] "Einkünfte für die der Hälftesteuersatz beantragt wird" ein Betrag iHv. € 18.750,00 betreffend die Versteuerung von Einkünften aus der Verwertung patentrechtlich geschützter Erfindungen erklärt worden. Mit dem Einkommensteuerbescheid 2016 vom versteuerte das Finanzamt antragsgemäß € 18.750,00 mit dem halben Durchschnittssteuersatz (Hälftesteuersatz).
Datiert mit versendete das Finanzamt einen Fragevorhalt an die Firma ***FI GmbH***, den Dienstgeber des Beschwerdeführers, mit folgendem Inhalt:
"Aus den dem Finanzamt vorliegenden Unterlagen geht hervor, dass Mitarbeiter Ihrer Firma zusätzlich zum monatlichen Entgelt Vergütungen erhalten. Diese werden von den Mitarbeitern als Diensterfindervergütungen qualifiziert und für diese Auszahlung der Hälftesteuersatz begehrt. Zwecks Anerkennung der begünstigten Besteuerung nach § 38 EStG werden Sie ersucht zu nachfolgenden Fragen Stellung zu nehmen.
1) Ist es richtig, dass bei Einstellung eines Mitarbeiters im Dienstvertrag u.a. vereinbart wird, dass zusätzlich zum vereinbarten Monatsentgelt Anspruch auf einen bestimmten Prozentsatz des Umsatzsatzes einer definierten Warengruppe besteht? Wenn ja, wie wird diese Vergütung in der Lohnverrechnung behandelt bzw. bezeichnet?
2) Werden Ihre Dienstnehmer ausdrücklich zur Erfindertätigkeit im Unternehmen angestellt und auch tatsächlich damit vorwiegend beschäftigt?
3) Ist es richtig, dass die ausbezahlten Vergütungen primär von der Beschäftigung im Bereich "Research & Development" abhängig sind und stehen daher unabhängig davon zu, ob tatsächlich eine patentrechtliche geschützte Erfindung gemacht wurde oder nicht?
4) Können die an die einzelnen Mitarbeiter ausbezahlten Diensterfindervergütungen jeweils einem genau bezeichneten Patent zugeordnet werden? Wenn dies der Fall ist, wird ersucht die jeweiligen Patentanmeldungen vorzulegen, und den Dienstnehmer für dieses Patent sowie die dafür ausbezahlte Prämie bekanntzugeben.
5) Liegen für sämtliche ausbezahlte Prämien patentrechtlich geschützte Erfindungen vor oder beruhen diese zum Teil auf erreichte Umsatzzahlen im Unternehmen?"
Mit Email vom wurden vom Dienstgeber (konkret von Human Resources / Payroll Department Austria) des Beschwerdeführers die Fragen des Vorhalts wie folgt beantwortet: "Wir haben von Ihnen eine Anfrage bezügl. der Diensterfindungsvergütung bei der ***FI GmbH*** erhalten. Dazu möchte ich auf eine Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes hinweisen GZ. RV/5101676/2017." Der Dienstvertrag des Beschwerdeführers von mit Anlage 1 und 2 sowie Anhang A diente dem Finanzamt ebenso zur Klärung der offenen Fragen des Vorhaltes.
Im Zuge der Beantwortung des o.a. Vorhaltes durch den Arbeitgeber des Beschwerdeführers kamen aus Sicht des Finanzamts Tatsachen neu hervor, die eine Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 301 Abs. 1 BAO mit gleichzeitiger Ausfertigung eines geänderten Einkommensteuerbescheides 2016 zum zur Folge hatte.
Im wiederaufgenommenen Einkommensteuerbescheid 2016 vom wurden die zuvor mit dem Hälftesteuersatz begünstigt beteuerten Einkünfte iHv. € 18.750,00 nicht mehr als steuerlich begünstigt anerkannt, sondern der normalen Tarifbeteuerung unterzogen. Als Begründung zum Einkommensteuerbescheid 2016 vom wird vom Finanzamt dazu folgendes ausgeführt:
"Die als "Diensterfindung" bezeichnete Vergütung wird nicht für die konkrete einzelne Erfindung ausbezahlt, sondern es werden an alle Bedienstete im Bereich Research & Development, die lt. Dienstvertrag eine solche Vergütung zu erhalten haben, ausbezahlt. Die ausbezahlte Vergütung ist daher primär von der Beschäftigung im Bereich Research & Development abhängig und steht unabhängig davon zu, ob tatsächlich eine patentrechtliche geschützte Erfindung gemacht wurde. Die Grundlage für die Berechnung bilden die Quartals-Netto-Umsätze aus jeweils festgelegten Statistik- bzw. Sortimentsgruppen. Dieser Anspruch bestand unabhängig davon, ob bzw. wie viele Patentanmeldungen erfolgt sind. Aus diesem Grund konnte der beantragte Hälftesteuersatz nicht gewährt werden. Auf das Urteil des Bundesfinanzgerichtes RV/5101676/2017 wird verwiesen."
Am wurde am Finanzamt eine mit datierte Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2016 vom eingereicht und als Begründung folgendes ausgeführt:
"…die angeführte Begründung kann ich nicht nachvollziehen und ist auch nicht für mich zutreffend. Meine Tätigkeiten bei ***FI*** im Rahmen der Research& Development und der damit ausbezahlten Vergütung für Diensterfindung sind nicht allgemeiner Art. Meine erfinderischen Tätigkeiten führten neben einer Reihe von Patenten zu wesentlichen Vorteilen der hergestellten Produkte und damit zu ganz besonderen Alleinstellungsmerkmalen am Weltmarkt. Die Vergütungen entstanden auf Grund ganz herausragender Leistungen für Erfindungen und erfinderischer Tätigkeit und sind daher spezifisch zu bewerten. Es kann auf keinem Fall von einer Auszahlung aufgrund einer Zugehörigkeit zur R&D bei ***FI*** gesprochen werden. Übersicht meiner erfinderischen Tätigkeiten - siehe auch Anhang in besserer Auflösung."
Mit wurde die Beschwerde vom Finanzamt abgewiesen und wie folgt begründet:
Der Abgabenbehörde liege der Dienstvertrag vom des Beschwerdeführers mit der Arbeitgeberin ***FI GmbH*** (vormals ***FI KG***) vor. In Punkt 2 dieses Dienstvertrages sei unter dem Titel Aufgabenbereich folgendes festgehalten:
"2. Aufgabenbereich:
Der Dienstnehmer ist beim Dienstgeber verantwortlicher Leiter für Forschung und Entwicklung von
Geschäftsfeld 1 - Schweißen & Schneiden (voll verantwortlich)
Geschäftsfeld 2 - Energie und Umwelt (eingeschränkt)
Geschäftsfeld 3 - Schweißautomation (eingeschränkt)
Geschäftsfeld 4 - Elektronik Sonderprodukte (eingeschränkt)
PM Marketing GF 1 - siehe Beilage A
Im Übrigen ist der Dienstnehmer Mitglied der Entwicklungsgruppe Team "***1***", wobei diese außerhalb der Gesellschafter die höchste Entscheidungsplattform darstellt. Das heißt, der Dienstnehmer ist auch in Entscheidungen miteingebunden, die nicht direkt den oben beschriebenen Arbeitsbereich beinhalten."
Weiters sei unter Punkt 4.3 des Dienstvertrages zum Thema Erfinderprämie folgendes geregelt:
"4.3 Erfinderprämie/Forschungs- und Entwicklungsprämie
Auszahlung quartalsweise
Diese stützt sich auf Warenerlöse der Sortimentsgruppen 1, 2, 3,4,5,6,13,22
wobei jene Umsätze als Berechnungsbasis herangezogen werden, die jünger
sind als 39 Monate. Von diesen Umsätzen erhält der Dienstnehmer 0,06 %.
Erfinderprämie/Forschungs- und Entwicklungsprämie gemäß § 61 Absatz 7 Einkommensteuergesetz (aufgrund geschätzter Werte)
Auszahlung: quartalsweise
Umsatzanteil der Sortimentsgruppen 1,2,3,4,5,6,12,22
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Monate | Umsatzanteil | in % vom Gesamtumsatz |
Oktober 98 | ATS 26.569.757 | ca. 33 % |
November 98 | ATS 35.485.179 | ca. 36 % |
Dezember 98 | ATS 32.933.007 | ca. 39 % |
Februar 99 | ATS 33.792.319 | ca. 34 % |
März 99 | ATS 24.984.242 | ca. 24 % |
April 99 | ATS 26.900.759 | ca. 45 % |
ATS 180.665.263 : 6 | ||
= ATS 30.110.877 | ca. 35 % |
Das bedeutet, dass wir von einem unteren Anteil mit ATS 25 Millionen ausgehen bzw. diesen nach oben vorerst mit ATS 45 Millionen begrenzen. Daraus abgeleitet ergibt sich bei einem durchschnittlichen Umsatz von ATS 100.000.000,-/Monat und einem durchschnittlichen Anteil von 35 % ein durchschnittlicher relevanter Wert von zum Beispiel ATS 35 000.000,-. Dieser Umsatz ist die Basis für die Festlegung der Umsatzprovision. Davon 0,06 % ergibt die Prämie.
Wird der Umsatzanteil von ATS 45.000.000,- überschritten, so reduziert sich die Prämie für den darüberhinausgehenden Anteil auf 0,05 % (siehe Beispiel). Bei Umsatzanteilen, die über ATS 100.000.000,- hinausgehen, wird eine neue Vereinbarung abgeschlossen.
Änderungen bedürfen einer 6-monatigen Vorankündigung.
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Umsatzanteil | Prämie | |||
bis ATS 45.000.000,- | 0,06 % | ATS 27.000,- | ||
ATS 48.000.000.,- | bis | 45.000.000,- | …..0,06 % | ATS 27.000,- |
für | 3.000.000,- | 0,05 % | ATS 1.500,- | |
ATS 28.500,- | ||||
ATS 60.000.000,- | bis | 45.000.000,- | …..0,06 % | ATS 27.000,- |
für | 15.000.000,- | …..0,05% | ATS 7.500,- | |
ATS 34.500,- |
…"
Daraus sei unmittelbar ersichtlich, dass nicht für einzelne Erfindungen ein gesondertes Entgelt bezahlt wird. Die Tätigkeit als verantwortlicher Leiter für Forschung & Entwicklung bringe es mit sich, dass viele Diensterfindungen gemacht werden. Diese Diensterfindungen würden jedoch nicht im Einzelnen mit Prämien abgegolten, es würden vielmehr pauschal Prämien für diese Erfindungen ausbezahlt. Auf Grund der Formulierungen im Dienstvertrag sei es ersichtlich, dass diese Prämien auch dann ausbezahlt werden müssten, wenn in einem Zeitraum einmal gar keine Erfindungen gemacht werden würden.
Gemäß § 37 Abs. 1 dritter Teilstrich EStG 1988 ermäßige sich der Steuersatz für Einkünfte aus der Verwertung patentrechtlich geschützter Erfindungen (§ 38 EStG 1988) auf die Hälfte des auf das gesamte Einkommen entfallenden Durchschnittssteuersatzes.
Sind im Einkommen Einkünfte aus der Verwertung patentrechtlich geschützter Erfindungen durch andere Personen enthalten, so ermäßige sich gemäß § 38 Abs. 1 EStG 1988 der Steuersatz auf die Hälfte des auf das gesamte Einkommen entfallenden Durchschnittssteuersatzes. Diese Begünstigung stehe nur dem Erfinder selbst zu. Der patentrechtliche Schutz müsse gemäß Abs. 2 leg.cit. für jenen Zeitraum gegeben sein, für den Lizenzzahlungen erfolgen oder in dem die Erfindung veräußert wird. Die Erfindung müsse in jenem Gebiet patentrechtlich geschützt sein, in dem sie im Sinne des Abs. 1 leg.cit. verwertet werde. Erfolge diese Verwertung im Ausland, so genüge es, wenn die Erfindung in Österreich patentrechtlich geschützt ist. Weiters stehe gemäß Abs. 3 leg.cit. der ermäßigte Steuersatz nur für Veranlagungszeiträume zu, für die der Patentschutz nach Abs. 2 leg.cit. aufrecht sei. Der aufrechte Patentschutz sei auf Verlangen der Abgabenbehörde vom Steuerpflichtigen nachzuweisen.
Es seien im vorliegenden Fall vom Beschwerdeführer unbestrittenermaßen Diensterfindungen im Sinn des Patentgesetzes gemacht worden. Ebenso seien die sonstigen formellen Erfordernisse wie etwa die schriftliche Regelung der Vereinbarung gegeben. Fraglich sei für das Finanzamt, ob der Beschwerdeführer tatsächlich auch jeweils eine besondere angemessene Vergütung für einzelne Diensterfindungen erhalten habe, welche steuerbegünstigt ist. Oder ob die Umsatzbeteiligung, die als Vergütung für diese Erfindung erklärt wurde, nicht im Zusammenhang mit diesen konkreten Erfindungen stehe, da sie auf Grund des vorliegenden Dienstvertrags jedenfalls zu gewähren sei. Der Beschwerdeführer habe vielmehr seit Eintritt in das Unternehmen eine vom Umsatz in gewissen Sparten abhängige Gewinnbeteiligung erhalten. Die Grundlage für die Berechnung würden die Quartals-Netto-Umsätze aus jeweils festgelegten Statistik- bzw. Sortimentsgruppen der Arbeitgeberin bilden. Der Beschwerdeführer habe demnach seit Eintritt in die Firma aufgrund der entsprechenden Vereinbarung Anspruch auf einen bestimmten Prozentsatz des Umsatzsatzes einer definierten Warengruppe. Dieser Anspruch bestehe unabhängig davon, ob bzw. wie viele Patentanmeldungen erfolgt seien. § 8 PatG 1970 sehe vor, dass dem Dienstnehmer für die Überlassung einer Diensterfindung eine angemessene besondere Vergütung gebühre. Nur wenn diese Voraussetzung erfüllt sei, liege ein steuerrechtlich begünstigter Tatbestand vor. Dem Beschwerdeführer sei schon bei Eintritt in das Unternehmen ein leistungsabhängiger Anteil der Entlohnung garantiert worden - und zwar unabhängig davon, ob es zur Überlassung einer Diensterfindung komme oder nicht. Daher könne nach Ansicht des Finanzamts schon begrifflich nicht von einer besonderen Vergütung für Diensterfindungen die Rede sein. Aufgrund dieser Erwägungen gelangte die Abgabenbehörde zur Ansicht, dass kein steuerbegünstigender Tatbestand vorliege und wies daher die Beschwerde ab.
Ergänzend wies das Finanzamt auf das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , RV/5101676/2017, hin, mit welchem ein ident gelagertes Beschwerdebegehren eines Mitarbeiters der Dienstgeberin des Beschwerdeführers betreffend die Gewährung des Hälftesteuersatzes für Diensterfindungen abgewiesen worden ist.
Datiert mit brachte der Beschwerdeführer fristgerecht einen Vorlageantrag ein und begründete diesen folgt:
"Im Schreiben vom wird angeführt, dass die Vergütung ein fixer Bestandteil des Beschwerdeführers war. Dazu ist folgendes zu sagen: Damit es für die Arbeitgeberin einfacher in der Abwicklung von Diensterfindung war, wurde die Abgeltung für Diensterfindungen nicht pro Diensterfindung erstattet, sondern eine Ratenzahlung für seine Diensterfindungen quartalsweise vereinbart. Die Ratenzahlung hat sowohl für die Arbeitgeberin als auch für den Arbeitnehmer Vorteile, weil klar war, dass die Erfindung vergolten wird und die Höhe der Abgeltung für beide Seiten kalkulierbar ist. Den finanziellen steuerlichen Vorteil hat der Beschwerdeführer nur beansprucht, weil tatsächlich der Dienstnehmer Erfindungen für den Dienstgeber gemacht hat und dies in mehrfacher Weise. Wie hätte der Dienstnehmer sonst den steuerlichen Vorteil der laut Einkommenssteuergesetz Diensterfindern zusteht erhalten? Die substanziellen technologischen Erfindungen des Beschwerdeführers haben der Arbeitgeberin erhebliche wirtschaftliche und wettbewerbsmäßige Vorteile auf allen internationalen Märkten erlaubt. Der Dienstnehmer hat all sein Wissen, seine Fähigkeiten und sein Gespür dafür eingesetzt Wettbewerbsvorteile für seine Arbeitgeberin zu erarbeiten und hat damit wesentlich zur globalen Technologieführerschaft für die Arbeitgeberin beigetragen und dadurch konnten in weiterer Folge Arbeitsplätze am Standort Österreich geschaffen werden. Technologieführerschaft bedeutet kundenwirksame Technologien zu entwickeln und durch Patente oder durch absolute Geheimhaltung zu schützen. Der Beschwerdeführer hat dies allumfassend für die Arbeitgeberin realisiert. Deshalb steht dem Beschwerdeführer der steuerliche Vorteil zu."
Am legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht vor, verwies auf die Begründung der Beschwerdevorentscheidung sowie das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , RV/5101676/2017 und beantragte die Abweisung der Beschwerde.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Der Beschwerdeführer ist laut Dienstvertrag vom bei der Arbeitgeberin ***FI GmbH*** (vormals ***FI KG***) als verantwortlicher Leiter für Forschung und Entwicklung beschäftigt. Wobei er dabei für ein Geschäftsfeld voll verantwortlich und weitere drei Geschäftsfelder eingeschränkt verantwortlich ist. Im Dienstvertrag ist ein Grundgehalt und eine monatlich ausbezahlte Umsatzprovision betreffend vier Geschäftsfelder, prozentuell von Warenerlösen berechnet, geregelt. Weiters ist im Dienstvertrag eine sogenannte "Erfinderprämie/Forschungs- und Entwicklungsprämie" vereinbart, welche sich ebenfalls prozentuell an den Warenerlösen bestimmter Sortimentsgruppen orientiert und quartalsweise zur Auszahlung gelangt.
Vom x.1997 bis x.2005 wurden 24 Patente für Dienstnehmererfindungen des Beschwerdeführers angemeldet und zwischen x.2001 und x.2013 erfolgte sodann die Erteilung der Patente, was Beleg für erfolgreich getätigte Dienstnehmererfindungen des Beschwerdeführers ist.
Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt basiert auf den im Verfahrensgang angeführten Unterlagen, welche vom Finanzamt gemeinsam mit dem Vorlagebericht vorgelegt worden sind. An den vorgelegten Unterlagen und den im Vorhalteverfahren gemachten Angaben bzw. an den im Beschwerdeverfahren eingereichten Unterlagen bestehen keine Zweifel.
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Strittig ist, ob der Beschwerdeführer Einkünfte aus Diensterfindungen bezogen hat, auf die der halbe Durchschnittssteuersatz iSd § 38 EStG 1988 (Hälftesteuersatz) anzuwenden ist.
Gemäß § 37 Abs. 1 dritter Teilstrich EStG 1988 ermäßigt sich der Steuersatz für Einkünfte aus der Verwertung patentrechtlich geschützter Erfindungen (§ 38) auf die Hälfte des auf das gesamte Einkommen entfallenden Durchschnittssteuersatzes.
§ 38 EStG 1988 - Verwertung von Patentrechten - lautet:
"(1) Sind im Einkommen Einkünfte aus der Verwertung patentrechtlich geschützter Erfindungen durch andere Personen enthalten, so ermäßigt sich der Steuersatz auf die Hälfte des auf das gesamte Einkommen entfallenden Durchschnittssteuersatzes. Diese Begünstigung steht nur dem Erfinder selbst zu.
(2) Der patentrechtliche Schutz muss für jenen Zeitraum gegeben sein, für den Lizenzzahlungen erfolgen oder in dem die Erfindung veräußert wird. Die Erfindung muss in jenem Gebiet patentrechtlich geschützt sein, in dem sie im Sinne des Abs. 1 verwertet wird; erfolgt diese Verwertung im Ausland, so genügt es, wenn die Erfindung in Österreich patentrechtlich geschützt ist.
(3) Der ermäßigte Steuersatz steht nur für Veranlagungszeiträume zu, für die der Patentschutznach Abs. 2 aufrecht ist. Der aufrechte Patentschutz ist auf Verlangen der Abgabenbehörde vom Steuerpflichtigen nachzuweisen."
Da das Einkommensteuergesetz keine eigenständige Definition für den Begriff der Diensterfindung enthält, ist diese nach den Bestimmungen des Patentgesetzes 1970 auszulegen.
§ 7 Patentgesetz 1970 normiert:
"(1) Vereinbarungen zwischen Dienstgebern und Dienstnehmern, nach denen künftige Erfindungen des Dienstnehmers dem Dienstgeber gehören sollen oder dem Dienstgeber ein Benützungsrecht an solchen Erfindungen eingeräumt werden soll, haben nur dann rechtliche Wirkung, wenn die Erfindung eine Diensterfindung (Abs. 3) ist. Die Vereinbarung bedarf zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Form, der auch Genüge geleistet ist, wenn darüber ein Kollektivvertrag (§ 2 Abs. 1 des Arbeitsverfassungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1974) vorliegt.
(2) Ist das Dienstverhältnis ein öffentlich-rechtliches, so kann der Dienstgeber, ohne dass es einer Vereinbarung mit dem Dienstnehmer bedarf, dessen Diensterfindungen zur Gänze oder ein Benützungsrecht an solchen Erfindungen für sich in Anspruch nehmen; das Benützungsrecht ist auch gegen Dritte wirksam. In diesen Fällen finden die Bestimmungen des folgenden Absatzes und der §§ 8 bis 17 und des § 19 sinngemäß Anwendung.
(3) Eine Diensterfindung ist die Erfindung eines Dienstnehmers, wenn sie ihrem Gegenstande nach in das Arbeitsgebiet des Unternehmens, in dem der Dienstnehmer tätig ist, fällt und wenn
a) entweder die Tätigkeit, die zu der Erfindung geführt hat, zu den dienstlichen Obliegenheiten des Dienstnehmers gehört oder
b) wenn der Dienstnehmer die Anregung zu der Erfindung durch seine Tätigkeit in dem Unternehmen erhalten hat oder
c) das Zustandekommen der Erfindung durch die Benützung der Erfahrungen oder der Hilfsmittel des Unternehmers wesentlich erleichtert worden ist."
Danach liegt also eine Diensterfindung vor, wenn sie ihrem Gegenstand nach in das Arbeitsgebiet des Unternehmens, in dem der Dienstnehmer tätig ist, fällt, und wenn entweder die Tätigkeit, die zu der Erfindung geführt hat, zu den dienstlichen Obliegenheiten des Dienstnehmers gehört, oder wenn der Dienstnehmer die Anregung zu der Erfindung durch seine Tätigkeit in dem Unternehmen erhalten hat, oder das Zustandekommen der Erfindung durch die Benützung der Erfahrungen oder der Hilfsmittel
des Unternehmers wesentlich erleichtert wurde.
Das Patentgesetz normiert weiters, in welcher Weise das Recht des Schöpfers einer derartigen Diensterfindung geschützt wird. So bedürfen nach § 7 Abs. 1 PatG 1970 Vereinbarungen zwischen Dienstgeber und Dienstnehmer, nach denen künftige Erfindungen des Dienstnehmers dem Dienstgeber gehören sollen oder dem Dienstgeber ein Benützungsrecht an solchen Erfindungen eingeräumt werden soll, zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Form.
§ 8 Patentgesetz 1970 normiert in Absatz 1, dass dem Dienstnehmer in jedem Falle für die Überlassung einer von ihm gemachten Erfindung an den Dienstgeber sowie für die Einräumung eines Benützungsrechtes hinsichtlich einer solchen Erfindung eine angemessene besondere Vergütung gebührt. Wenn der Dienstnehmer jedoch ausdrücklich zur Erfindertätigkeit im Unternehmen des Dienstgebers angestellt und auch tatsächlich damit vorwiegend beschäftigt ist und wenn die ihm obliegende Erfindertätigkeit zu der Erfindung geführt hat, so gebührt ihm gemäß Abs. 2 leg.cit. eine besondere Vergütung nur insoweit, als nicht schon in dem ihm auf Grund des Dienstverhältnisses im Hinblick auf seine Erfindertätigkeit zukommenden höheren Entgelt eine angemessene Vergütung für die Erfindung gelegen ist.
Gemäß § 9 Patentgesetz 1970 ist bei der Bemessung der Vergütung (§ 8) nach den Umständen des Falles insbesondere Bedacht zu nehmen
a) auf die wirtschaftliche Bedeutung der Erfindung für das Unternehmen;
b) auf eine sonst etwa erfolgte Verwertung der Erfindung im Inland oder Ausland;
c) auf den Anteil, den Anregungen, Erfahrungen, Vorarbeiten oder Hilfsmittel des Unternehmens des Dienstgebers oder dienstliche Weisungen an dem Zustandekommen der Erfindung gehabt habe.
Im vorliegenden Fall wurden vom Beschwerdeführer unbestrittenermaßen Diensterfindungen im Sinn des Patentgesetzes gemacht. Die sonstigen formellen Erfordernisse wie etwa eine Regelung der Vereinbarung in Schriftform (hier in Form eines Anhanges zum Dienstvertrag) sind grundsätzlich gegeben.
Wie auch andere Dienstnehmer erhielt der Beschwerdeführer seit Eintritt in das Unternehmen eine monatlich ausbezahlte Umsatzprovision, die sich aus den Monatsumsätzen verschiedener Geschäftsfelder prozentuell berechnet. Weiter ist dem Beschwerdeführer im Rahmen seiner nichtselbständigen Einkünfte jedes Quartal gemäß seinem Dienstvertrag eine sogenannte "Erfinderprämie/Forschungs- und Entwicklungsprämie" ausbezahlt worden ist. Die Grundlage für die prozentuelle Berechnung der im Dienstvertrag so bezeichneten "Erfinderprämie/Forschungs- und Entwicklungsprämie" bilden die Quartals-Netto-Umsätze aus jeweils im Dienstvertrag festgelegten Waren-Sortimentsgruppen des Arbeitgebers.
Der Beschwerdeführer hatte demnach bereits mit Eintritt in die Firma ***FI GmbH*** aufgrund der entsprechenden Vereinbarung Anspruch auf einen bestimmten Prozentsatz des Umsatzes einer vorab definierten Warengruppe. Dieser Anspruch bestand unabhängig davon, ob bzw. wie viele Patentanmeldungen erfolgt sind.
§ 8 PatG 1970 sieht vor, dass dem Dienstnehmer für die Überlassung einer Diensterfindung eine angemessene besondere Vergütung gebührt. Nur wenn diese Voraussetzung erfüllt ist, liegt ein steuerrechtlich begünstigter Tatbestand vor.
Dem Beschwerdeführer wurde schon bei Unterfertigung des Dienstvertrages ein leistungsabhängiger Anteil der Entlohnung prozentuell basierend auf definierten Warenerlösen im Zusammenhang mit seiner zu erwartenden Diensterfindungen garantiert. Diese Quartalsprämie gebührt dem Beschwerdeführer unabhängig davon, ob es zu einer tatsächlichen Überlassung einer Diensterfindung kommt oder nicht. Daher kann schon begrifflich nicht von einer besonderen Vergütung die Rede sein. Es gibt keine direkt den einzelnen Patenten zuordenbare und schlüssig dem Grunde und der Höhe nach nachvollziehbare Zahlungen des Arbeitgebers an den Beschwerdeführer. Es liegt demnach keine besondere angemessene Vergütung iSd § 8 Abs. 1 PatG 1970 vor, die steuerbegünstigt ist, sondern eine Umsatzbeteiligung, bei welcher kein konkreter und logisch nachvollziehbarer Zusammenhang zu bestimmten patentierten Erfindungen hergestellt werden kann.
Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichts liegt schon dem Grunde nach keine Diensterfindungsvergütung vor, wenn ein leistungsabhängiger Entlohnungsbestandteil unabhängig davon geleistet wird, ob es tatsächlich zur Überlassung einer Diensterfindung kommt oder nicht ().
Aufgrund dieser Erwägungen kam das Bundesfinanzgericht zur Ansicht, dass im gegenständlichen Beschwerdefall kein steuerbegünstigter Tatbestand vorliegt, der den Hälftesteuersatz des § 38 EStG 1988 zur Anwendung gelangen lässt.
Somit war spruchgemäß zu entscheiden und die Beschwerde abzuweisen.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Grundsätze der begünstigten Besteuerung von Diensterfindungen eindeutig beantwortet (), weshalb im vorliegenden Fall eine Revision nicht zulässig ist.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 7 Patentgesetz 1970, BGBl. Nr. 259/1970 § 8 Patentgesetz 1970, BGBl. Nr. 259/1970 § 37 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 38 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.5100579.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at