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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 27.01.2021, RV/5100002/2021

Pfändung aufgrund eines ausländischen Vollstreckungsersuchens

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Susanne Feichtenschlager in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr vom betreffend Pfändung einer Geldforderung und Verfügungsverbot, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

Entscheidungsgründe

Verwaltungsablauf:

Mit Bescheid vom wurde dem Arbeitgeber des Beschwerdeführers mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer Abgaben einschließlich Nebengebühren, Gebühren und Barauslagen in Höhe von insgesamt 6.215,96 € schulden würde. Die dem Beschwerdeführer gegen den Arbeitgeber angeblich zustehenden beschränkt pfändbaren Forderungen aus einem Arbeitsverhältnis würden gemäß § 65 AbgEO gepfändet und dürften, soweit diese Forderungen gepfändet seien, an den Beschwerdeführer nicht mehr ausgezahlt werden.
Mit Verfügungsverbot vom wurde dem Beschwerdeführer der Pfändungsbescheid übermittelt und mitgeteilt, dass die im Pfändungsbescheid genannte Forderung abgabenrechtlich gepfändet sei. Dem Beschwerdeführer werde gemäß § 65 As. 1 AbgEO jede Verfügung über die genannte Forderung sowie die Einziehung der Forderung untersagt. Dieses Verfügungsverbot erstrecke sich auch auf Pfänder, die etwa für diese Forderung bestellt worden seien.

Mit Schreiben vom wurde gegen den Pfändungsbescheid/Verfügungsverbot vom das Rechtsmittel der Beschwerde eingebracht. Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer seit dem in Frankreich keinen Hauptwohnsitz mehr habe und ab diesem Zeitpunkt nur mehr in Österreich steuerpflichtig sei. Es werde Einspruch dagegen erhoben, dass ohne Gerichtsbeschluss eine Lohnpfändung veranlasst werde, sondern einfach sprachlich unverständliche Unterlagen weitergereicht und auf Grund derer eine Pfändung durchgeführt würde. Es liege keine gesetzliche Grundlage vor, auf welche die Lohnpfändung gestützt werden könne. Der Pfändungsbeschluss sei umgehend rückgängig zu machen und dies dem Arbeitgeber mitzuteilen. Die entstandenen Kosten habe das Finanzamt zu tragen. Wenn der Beschluss nicht bis Ende des Monats rückgängig gemacht werde, würde der Beschwerdeführer gegen das Finanzamt Klage einbringen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der gegenständlichen Pfändung das Betreibungsersuchen des Finanzamtes Direction des Crèances Spèciales du Trèsor zugrunde liege, dem ein einheitlicher Vollstreckungstitel angefügt sei. Gemäß § 10 Abs. 1 EU-Vollstreckungsamtshilfegesetz würde die Vollstreckungsbehörde auf Ersuchen eines anderen Mitgliedstaates die Vollstreckung von Abgabenansprüchen vornehmen, für die im anderen Mitgliedstaat ein Exekutionstitel bestehe. Der ausländische Abgabenanspruch werde wie ein inländischer Abgabenanspruch behandelt. Als vollstreckbarer Exekutionstitel gelte der dem Ersuchen beigefügte einheitliche Vollstreckungstitel im Sinne des Art. 12 Abs. 1 der Betreibungsrichtlinie. Es müsse in Österreich weder durch einen besonderen Akt anerkannt noch ergänzt oder ersetzt werden. Dem Vollstreckungsersuchen könnten weitere, im ersuchenden Mitgliedstaat ausgestellte Dokumente zum Abgabenanspruch beigefügt werden.
Aus den zitierten Gesetzesbestimmungen würde sich somit ergeben, dass die gegenständliche Pfändung einer Geldforderung des Abgabenschuldners im Zuge der Betreibung aufgrund des Vorliegens eines einheitlichen Vollstreckungstitels vom zu Recht erfolgt sei. Die Veranlassung der Pfändung sei aufgrund von gesetzlichen Bestimmungen und keinesfalls aufgrund unverstandener Unterlagen erfolgt. Auch die im Beschwerdebegehren sonstig angeführten Gründe seien nicht entscheidungsrelevant und gingen ins Leere.
Gegen das Verfügungsverbot sei - wie in der Rechtsmittelbelehrung angeführt - gemäß § 77 Abs. 1 Z 1 AbgEO kein Rechtsmittel zulässig.
Schließlich wurde darauf hingewiesen, dass gemäß § 14 Abs. 1 EU-VAHG Einwendungen in Bezug auf den Abgabenanspruch, auf den ursprünglichen Exekutionstitel für die Vollstreckung im ersuchenden Mitgliedstaat oder auf den einheitlichen Vollstreckungstitel für die Vollstreckung im ersuchten Mitgliedstaat sowie Einwendungen in Bezug auf die Gültigkeit einer Zustellung durch eine zuständige Behörde des ersuchenden Mitgliedstaates in die Zuständigkeit der Rechtsmittelbehörden bzw. Instanzen des ersuchenden Mitgliedstaates fallen würden. Wenn im Verlauf des Vollstreckungsverfahrens der Abgabenanspruch, der ursprüngliche Exekutionstitel oder der einheitliche Vollstreckungstitel von einer betroffenen Partei angefochten werde, so würde die ersuchte Behörde diese Partei darüber unterrichten, dass sie das Rechtsmittel bei der zuständigen Instanz des ersuchenden Mitliedstaates nach dessen Recht einzulegen habe.

Mit Schriftsatz vom wurde Vorlageantrag eingebracht und ausgeführt, dass der Verfügung vom folgende Unterlagen beigefügt worden seien: Taxe Habitation für die Jahre 2014/2015/2016/2017 Einkommensteuer, Impot sur le revenue für das Jahr 2016
Durch eine genaue Prüfung hätte das Finanzamt feststellen müssen, dass ein es nicht sein könne, dass ein solcher Titel existiere, da der Beschwerdeführer zu diesem Zeitpunkt keinen Hauptwohnsitz in Frankreich mehr gehabt hätte. Dies sei ja auch durch die Gemeinde Wolschwiller bestätigt worden. Dieses Schreiben liege dem Finanzamt vor (Meldezettel: seit abgemeldet). Wie könnten Steuern für den Zeitraum 2014 bis 2017 anfallen? Somit könne keine Steuerpflicht für den genannten Zeitraum vorliegen. Somit könne auch kein Titel vorliegen. Das Finanzamt habe grob fahrlässig gehandelt und aufgrund falscher Angaben eine Pfändung genehmigt. Daher sei der Beschluss des Finanzamtes aufzuheben unter Kostenfolge und Entschädigung des Beschwerdeführers. Dem Finanzamt hätte beim Durchlesen auffallen müssen, dass hier etwas nicht stimmen könne. Es könne sich trotz der genannten gesetzlichen Lage nicht der Verantwortung entziehen und müsse eine Kontrolle der zugestellten Unterlagen vornehmen. Es sei grob fahrlässig, irgendwelche Unterlagen einfach durchzureichen ohne Plausibilitätskontrolle und aufgrund dessen einen Pfändungsbescheid zu erlassen. Die Verantwortung liege trotz der gesetzlichen Lage beim Finanzamt.

Mit vom 20. Jänner2021 legte das Finanzamt Österreich die Beschwerdesache dem Bundesfinanzgericht vor, schilderte detailliert den relevanten Sachverhalt und beantragte, die Beschwerden abzuweisen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Mit Schreiben vom ersuchte die Direction des Crèances Spèciales du Trèsor in Frankreich die Republik Österreich beim Beschwerdeführer um die Betreibung von Einkommen-, Ertrag- oder Vermögensteuern bzw von Steuern und Abgaben, die durch oder für gebiets- oder verwaltungsmäßige Gliederungseinheiten von Frankreich erhoben werden, außer Steuern und Abgaben, die von lokalen Behörden erhoben werden. Es wurde bekannt gegeben, dass die Forderungen Gegenstand eines Vollstreckungstitels für die Vollstreckung in Frankreich und nicht angefochten sind. Weiters wurde darauf hingewiesen, dass in Frankreich keine Vermögensgegenstände für die Betreibung vorhanden sind oder ein solches Verfahren nicht zur vollständigen Erfüllung der Forderung führen würde. Die Forderung betragen mit den von der Verwaltung verhängten Geldstrafe und Geldbußen insgesamt 6.149,00 €. Dem Ersuchen angeschlossen wurde ein einheitlicher Vollstreckungstitel für Forderungen, die unter die Richtlinie 2010/24/EU des Rates fallen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Pfändungsbescheid entsprach die belangte Behörde dem Betreibungsersuchen der Republik Frankreich und pfändete die Forderung des Beschwerdeführers gegenüber der ***AGBf*** GmbH in Höhe von 6.215,96 € (6.149,00 € plus 66,96 € Gebühren und Barauslagen).
Mit dem Verfügungsverbot wurde dem Beschwerdeführer jede Verfügung über die gepfändete Forderung sowie die Einziehung der Forderung untersagt.

Beweiswürdigung

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ergibt sich aus dem Parteienvorbringen, aus den vorgelegten Akten, insbesondere aus dem einheitlichen Vollstreckungstitel für Forderungen, die unter die Richtlinie 2010/24/EU des Rates fallen, Aktenzeichen FR_51020201284_20200624_UIPE_1, und dem Ersuchen um Betreibung zu Aktenzeichen FR_AT_51020201284_VOAH201735_20200717_dj_RR, sowie aus der detaillierten Sachverhaltsdarstellung im Vorlagebericht, welcher der Beschwerdeführer nichts entgegnete. Den Ausführungen in einem Vorlagebericht kommt nach ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung Vorhaltecharakter zu.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt 1. (Abweisung)

Mit dem EU-Vollstreckungs-Amtshilfegesetz (EU-VAHG; BGBl. I Nr. 112/2011) wurde die Beitreibungsrichtlinie der Europäischen Union 2010/24/EU in das nationale Recht umgesetzt.

§ 1 EU-VAHG lautet:

"(1) Dieses Bundesgesetz regelt die Durchführung der Amtshilfe zwischen Österreich und den anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union (Mitgliedstaaten) bei der Vollstreckung der in den Mitgliedstaaten entstandenen Abgabenansprüche auf Grund der Richtlinie 2010/24/EU über die Amtshilfe bei der Beitreibung von Forderungen in Bezug auf bestimmte Steuern, Abgaben und sonstige Maßnahmen, ABl. Nr. L 84 vom31.03.2010 S. 1 (im Folgenden: Beitreibungsrichtlinie).
(2) Abgabenansprüche im Sinne dieses Bundesgesetzes sind Steuern und Abgaben aller Art, die von einem Mitgliedstaat oder dessen gebiets- oder verwaltungsmäßigen Gliederungseinheiten, einschließlich der lokalen Behörden, oder für diesen oder diese oder für die Europäische Union erhoben werden, ausgenommen Einfuhr- und Ausfuhrabgaben sowie die Einfuhrumsatzsteuer, soweit diese von den Zollämtern erhoben wird.
(3) Der Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes umfasst auch:
1. Geldstrafen, Geldbußen, Gebühren und Zuschläge in Bezug auf Abgabenansprüche, für deren Vollstreckung gemäß Abs. 1 um Amtshilfe ersucht werden kann und die von den für die Erhebung der betreffenden Steuern oder Abgaben oder die Durchführung der dafür erforderlichen behördlichen Ermittlungen zuständigen Behörden verhängt oder von Verwaltungsorganen oder Gerichten auf Antrag dieser Behörden bestätigt wurden;
2. Gebühren für Bescheinigungen und ähnliche Dokumente, die in Zusammenhang mit Verwaltungsverfahren in Bezug auf Steuern oder Abgaben ausgestellt werden;
3. Zinsen und Kosten im Zusammenhang mit Abgabenansprüchen, für deren Vollstreckung gemäß Abs. 1 oder gemäß den Z 1 und 2 um Amtshilfe ersucht werden kann.
(4) Dieses Bundesgesetz ist nicht anzuwenden auf:
1. Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung, die an den Mitgliedstaat oder die Gliederungseinheit eines Mitgliedstaates bzw. an öffentlich-rechtliche Sozialversicherungseinrichtungen zu leisten sind;
2. andere als die in Abs. 3 genannten Gebühren;
3. vertragliche Gebühren, wie Zahlungen an öffentliche Versorgungsbetriebe;
4. strafrechtliche Sanktionen, die auf der Grundlage einer Anklageerhebung im Strafverfahren verhängt werden, oder andere strafrechtliche Sanktionen, die nicht von Abs. 3 Z 1erfasst sind.
(5) Abgabenansprüche nach Abs. 2 samt den in Abs. 3 genannten sonstigen Ansprüchen werden nach den Bestimmungen der Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949 in der jeweils geltenden Fassung, vollstreckt, soweit dieses Bundesgesetz nicht etwas anderes bestimmt."

§ 10 EU-VAHG lautet auszugsweise:
"(1) Auf Ersuchen eines anderen Mitgliedstaates nimmt die Vollstreckungsbehörde die Vollstreckung von Abgabenansprüchen vor, für die im anderen Mitgliedstaat ein Exekutionstitel besteht. Der ausländische Abgabenanspruch wird wie ein inländischer Abgabenanspruch behandelt. Als vollstreckbarer Exekutionstitel gilt der dem Ersuchen beigefügte einheitliche Vollstreckungstitel im Sinne des Art. 12 Abs. 1 der Beitreibungsrichtlinie. Er muss in Österreich weder durch einen besonderen Akt anerkannt noch ergänzt oderersetzt werden. Dem Vollstreckungsersuchen können weitere, im ersuchenden Mitgliedstaatausgestellte Dokumente zum Abgabenanspruch beigefügt werden.
(2) Die Vollstreckung erfolgt nach den Vorschriften, die für Abgabenansprüche ausgleichen oder, in Ermangelung gleicher, aus vergleichbaren Steuern oder Abgaben vorgesehen sind. Die Prüfung der Vergleichbarkeit obliegt dem zentralen Verbindungsbüro. Ist dieses der Auffassung, dass in Österreich keine gleichen oder vergleichbaren Steuern oder Abgaben erhoben werden, so leitet es das Ersuchen an die zuständige Vollstreckungsbehörde mit dem Hinweis weiter, dass die Vollstreckung nach den Vorschriften, die für die Vollstreckung von Einkommensteueransprüchen gelten, vorzunehmen ist. Die Abgabenansprüche werden in Euro vollstreckt.
(3) Das zentrale Verbindungsbüro teilt dem anderen Mitgliedstaat die Maßnahmen mit, die die Vollstreckungsbehörde in Bezug auf das Vollstreckungsersuchen ergriffen hat.
(4) ..."

§ 14 EU-VAHG lautet auszugsweise:
"(1) Einwendungen in Bezug auf den Abgabenanspruch, auf den ursprünglichen Exekutionstitel für die Vollstreckung im ersuchenden Mitgliedstaat oder auf den einheitlichen Vollstreckungstitel für die Vollstreckung im ersuchten Mitgliedstaat sowie Einwendungen in Bezug auf die Gültigkeit einer Zustellung durch eine zuständige Behörde des ersuchenden Mitgliedstaates fallen in die Zuständigkeit der Rechtsmittelbehörden bzw. Instanzen des ersuchenden Mitgliedstaates. Wird im Verlauf des Vollstreckungsverfahrens der Abgabenanspruch, der ursprüngliche Exekutionstitel oder der einheitliche Vollstreckungstitel von einer betroffenen Partei angefochten, so unterrichtet die ersuchte Behörde diese Partei darüber, dass sie das Rechtsmittel bei der zuständigen Instanz des ersuchenden Mitgliedstaates nach dessen Recht einzulegen hat.
(2) Einwendungen in Bezug auf die im ersuchten Mitgliedstaat ergriffenen Vollstreckungsmaßnahmen oder in Bezug auf die Gültigkeit einer Zustellung durch eine zuständige Behörde des ersuchten Mitgliedstaates fallen in die Zuständigkeit der Rechtsmittelbehörden bzw. Instanzen dieses Mitgliedstaates.
(3) Wurde ein Rechtsmittel gemäß Abs. 1 bei der zuständigen Rechtsmittelbehörde bzw. Instanz des ersuchenden Mitgliedstaates eingelegt, so teilt die ersuchende Behörde dies der ersuchten Behörde mit und gibt an, in welchem Umfang der Abgabenanspruch nicht angefochten wird.
(4) Sobald die ersuchte Behörde die Mitteilung nach Abs. 3 entweder durch die ersuchende Behörde oder durch die betroffene Partei erhalten hat, setzt sie in Erwartung einer Entscheidung der zuständigen Rechtsmittelbehörde bzw. Instanz das Vollstreckungsverfahren für den angefochtenen Teilbetrag des Abgabenanspruchs aus, es sei denn, die ersuchende Behörde wünscht in Einklang mit § 10 Abs. 6 oder § 11 Abs. 2 ein anderes Vorgehen.
(5) ..."

Auszug aus der Beitreibungsrichtlinie 2010/24/EU vom :
Art. 12 Abs. 1:
"Jedem Beitreibungsersuchen ist ein einheitlicher Vollstreckungstitel beizufügen, der zur Vollstreckung im ersuchten Mitgliedstaat ermächtigt.
Dieser einheitliche Vollstreckungstitel, dessen Inhalt im Wesentlichen dem des ursprünglichen Vollstreckungstitels entspricht, ist die alleinige Grundlage für die im ersuchten Mitgliedstaat zu ergreifenden Beitreibungs- und Sicherungsmaßnahmen. Er muss im ersuchten Mitgliedstaat weder durch einen besonderen Akt anerkannt noch ergänzt oder ersetzt werden.
Der einheitliche Vollstreckungstitel enthält mindestens die nachstehenden Angaben:
a) Angaben zur Feststellung des ursprünglichen Vollstreckungstitels, eine Beschreibung der Forderung, einschließlich Angaben zur Art der Forderung, des von der Forderung abgedeckten Zeitraums, sämtliche für die Beitreibung wichtigen Termine, den Betrag der Forderung und ihrer Bestandteile wie Hauptsumme, aufgelaufene Zinsen usw.;
b) Name und andere einschlägige Angaben zur Feststellung des Schuldners;
c) Name Anschrift und sonstige Verbindungsdaten bezüglich
i) der für die Festsetzung der Forderung zuständigen Stelle sowie, falls hiervon abweichend,
ii) der Stelle, bei der weitere Auskünfte zu der Forderung oder zu den Möglichkeiten, die Zahlungsverpflichtung anzufechten, eingeholt werden können.

Mit dem Ersuchen der Direction des Crèances Spèciales du Trèsor in Frankreich um Pfändung einer Geldforderung fälliger Steuern und Abgaben des Beschwerdeführers vom legte die ersuchende Behörde den einheitlichen Vollstreckungstitel gemäß § 10 Abs. 1 des EU-Vollstreckungsamtshilfegesetzes, BGBl. I Nr. 112/2011, vom , iVm Art. 12 Abs. 1 der Beitreibungsrichtlinie2010/24/EU vom vor. Dieser einheitliche Vollstreckungstitel weist alle Bestandteile im Sinne des Art. 12 Abs. 1 der Beitreibungsrichtlinie auf.

Das Finanzamt hat aufgrund dieses Vollstreckungstitels der Republik Frankreich entsprechend den geltenden Bestimmungen die Vollstreckung durch Pfändung einer Geldforderung des Abgabenschuldners (Lohnpfändung) nach § 65 AbgEO vorgenommen.

Das Vorbringen, dass der Beschwerdeführer seit in Frankreich keinen Hauptwohnsitz mehr habe und daher für den Zeitraum 2014 bis 2017 dort keine Steuern anfallen könnten, richtet sich im Ergebnis gegen den Bestand der im einheitlichen Vollstreckungstitel angeführten Abgabenschuldigkeiten. Derartige Einwendungen sind jedoch nach § 14 Abs. 1 EU-VAHG bei den zuständigen Behörden in Frankreich geltend zu machen. Rechtsmittel gegen den ursprünglichen Exekutionstitel oder den einheitlichen Vollstreckungstitel sowie Einwendungen fallen in die Zuständigkeit der Rechtsmittelbehörden des ersuchenden Staates.

Der wiederholte Vorwurf des Beschwerdeführers, die belangte Behörde hätte vor Durchführung einer Lohnpfändung die Richtigkeit des Exekutionstitels überprüfen müssen, geht ins Leere. Der als vollstreckbarer Exekutionstitel geltende einheitliche Vollstreckungstitel muss nach § 10 Abs. 1 dritter Satz EU-VAHG weder durch einen besonderen Akt anerkannt noch ergänzt werden.

Einwendungen, die sich auf die ergriffenen Vollstreckungsmaßnahmen beziehen, wurden nicht vorgebracht.

Gem. § 65 Abs. 1 AbgEO erfolgt die Vollstreckung auf Geldforderungen des Abgabenschuldners mittels Pfändung derselben. Im Pfändungsbescheid sind die Höhe der Abgabenschuld und der Gebühren und Auslagenersätze (§ 26) anzugeben. Sofern nicht die Bestimmung des § 67 zur Anwendungen kommt, geschieht die Pfändung dadurch, dass das Finanzamt dem Drittschuldner verbietet, an den Abgabenschuldner zu bezahlen. Zugleich ist dem Abgabenschuldner selbst jede Verfügung über seine Forderung sowie über das für dieselbe etwa bestellte Pfand und insbesondere die Einziehung der Forderung zu untersagen. Ihm ist aufzutragen, bei beschränkt pfändbaren Geldforderungen unverzüglich dem Drittschuldner allfällige Unterhaltsverpflichtungen und das Einkommen der Unterhaltsberechtigten bekannt zu geben.

Der beschwerdegegenständlichen Pfändung lag das Beitreibungsersuchen der Direction des Crèances Spèciales du Trèsor in Frankreich zugrunde, dem ein einheitlicher Vollstreckungstitel für die gegenständlichen Abgaben vom angefügt war.

Aus den zitierten Gesetzesbestimmungen ergibt sich somit, dass die gegenständliche Pfändung von Geldforderung der Abgabenschuldnerin im Rechtshilfeweg aufgrund des Vorliegenseines einheitlichen Vollstreckungstitels vom zu Recht erfolgt ist.

Aus dem Akteninhalt ergibt sich, dass keine die zwangsweise Einbringung hemmende Umstände vorlagen. Diesbezüglich wurde seitens des Beschwerdeführers kein relevantes Vorbringen erstattet.

Zu Spruchpunkt 2. (Zurückweisung)

§ 77 Abs1 Z 1 AbgEO lautet:
"Ein Rechtsmittel ist unstatthaft gegen Bescheide, welche dem Abgabenschuldner nach der Pfändung die Verfügung über das gepfändete Recht und das für die gepfändete Forderung bestellt Pfand untersagen (§ 65 Abs. 1 und 5);2

Gemäß § 77 Abs. 1 Z 1 AbgEO ist also ein Rechtsmittel gegen den Bescheid, welcher dem Beschwerdeführer nach der Pfändung die Verfügung über die gepfändete Forderung untersagt (Verfügungsverbot), unstatthaft.

Wie sich aus § 65 AbgEO ergibt, ist mit der erfolgten Pfändung das Verfügungsverbot an den Abgabenschuldner zu verbinden. § 77 Abs. 1 Z 1 AbgEO bestimmt, dass gegen dieses Verfügungsverbot ein Rechtsmittel unstatthaft, somit nicht zulässig ist.

Gegenständlich wurde allerdings auch gegen den das Verfügungsverbot aussprechenden Bescheid Beschwerde erhoben. Diesem Bescheid kommt jedoch nur deklarative Wirkung zu, weshalb dieser gemäß § 77 Abs. 1 Z 1 AbgEO auch nicht rechtsmittelfähig ist (siehe dazu Liebeg, AbgEO-Kommentar, § 77 Rz 1ff).

Die betreffende Beschwerde ist gemäß § 260 Abs. 1 lit. a iVm § 278 BAO durch Beschluss zurückzuweisen.

Zu Spruchpunkt 3. (Revision)

Gegen eine Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das Bundesfinanzgericht folgte bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der bescheidmäßig vorgenommenen Forderungspfändung und des bescheidmäßig erlassenen Verfügungsverbotes dem eindeutigen Gesetzestext. Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung liegen deshalb nicht vor, sodass eine (ordentliche) Revision nicht zulässig ist.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 67 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949
§ 77 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949
§ 10 EU-VAHG, EU-Vollstreckungsamtshilfegesetz, BGBl. I Nr. 112/2011
§ 12 EU-VAHG, EU-Vollstreckungsamtshilfegesetz, BGBl. I Nr. 112/2011
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.5100002.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at