zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 19.01.2021, RV/4100240/2018

Außergewöhnliche Belastung - fehlende (Zahlungs-)nachweise

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die RichterinI. in der Beschwerdesache Bf., Adresse Bf., über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Klagenfurt vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2016 (Steuernummer xxx ) zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (Bf.) hat in Ort 1 ("Ort 1") seit 1999 seinen Hauptwohnsitz.

WERBUNGSKOSTEN:

Er machte in der Einkommensteuererklärung 2016 Werbungskosten (€ 1.251,91) geltend, die das Finanzamt im Einkommensteuerbescheid 2016 erklärungsgemäß veranlagte.

In der Beschwerde brachte er vor, dass Werbungskosten von € 1.247,78 nicht berücksichtigt seien.

Das Finanzamt erließ eine abweisende Beschwerdevorentscheidung.

Im Vorlagebericht hielt es fest, dass - zumal 2016 Werbungskosten von € 1.251,92 berücksichtigt seien - das diesbezügliche Begehren nicht nachvollziehbar sei.

Im weiteren Verfahren stellte der Bf. die Berücksichtigung der Werbungskosten im Erstbescheid außer Streit (Schreiben vom ).

AUSSERGEWÖHNLICHE BELASTUNG:

Der Bf. machte in der Einkommensteuererklärung 2016 eine außergewöhnliche Belastung für Krankheitskosten (€ 487,70) geltend. Diese veranlagte das Finanzamt im Einkommensteuerbescheid 2016 erklärungsgemäß, sie wurde jedoch mangels Überschreiten des Selbstbehaltes steuerlich nicht wirksam.

In der Beschwerde beantragte er eine außergewöhnliche Belastung für "Sturm/Wasserschaden (Hagelschaden)" in Höhe von € 3.400,00 (Reinigung und Trocknung der Kellerräume, Ausbringung Restwasser, Schlamm, unverbrauchtes Bau- und Isoliermaterial € 1.500,00, Trockner € 200,00, Geschirrspüler € 300,00, Kühlschrank Bosch € 300,00, Gefrierschrank € 300,00, E-Herd mit Backrohr € 300,00, diverse Möbel € 500,00). Die Feuerwehr habe das Wasser bis zur Höhe von 0,7 m auspumpen müssen. Eingelagerte Baumaterialien, Möbel und Elektrogeräte seien unbrauchbar geworden.

In der vom Bf. vorgelegten, vom Bürgermeister unterfertigten Bestätigung der Gemeinde Ort 2 ("(Gemeinde des) Ort(es) 2") vom heißt es wie folgt:

"Über Ersuchen des Bf., wohnhaft im Ort 1 (betrifft die X-Straße288 im Ort 2, wird seitens der Gemeinde des Ortes 2 bestätigt, dass am über dem Gemeindegebiet des Ortes 2 ein Gewitter mit Blitzschlag und Hagel niedergegangen ist."

Im beigelegten Schreiben der Versicherung vom betreffend "Ereignis vom , Sturmhaushalt" teilte die Versicherung dem Bf. mit, dass bedingungsgemäß der Versicherungsschutz aus den Sparten Leitungswasserschaden-/Haushaltsversicherung, den Zusatzversicherungen, sowie die Haftungserweiterungen auf Schäden durch Erdbeben, Hochwasser, Überschwemmungen, Vermutungen, Lawinen, Rückstau, Niederschlags- und Schmelzwasser sowie Grundwasserveränderungen erst mit Ende der vereinbarten Rohbauzeit wirksam werde. Im gegenständlichen Vertrag sei eine Rohbauverlängerung bis durchgeführt worden. Die Versicherung könne daher keine Versicherungsleistung erbringen.

Laut Bf. habe er Restwasser und Schlamm in Eigenregie entsorgt. Diverse Baumaterialien, Möbel sowie Elektrogeräte seien eingelagert gewesen und damit unbrauchbar geworden.

Das Finanzamt vertrat in der abweisenden Beschwerdevorentscheidung bzw. im Vorlagebericht unter Hinweis auf Literatur und Judikatur sowie die LStR im Wesentlichen die Auffassung, dass

  • kein Katastrophenschaden, sondern nur ein allgemeines Schadensereignis vorgelegen sei (BVE),

  • der Schaden nicht am Hauptwohnsitz, sondern im Gebäude am Ort 2 entstanden sei,

  • als Katastrophenschäden grundsätzlich nur Wiederbeschaffungskosten von
    (existenz-)notwendigen Wirtschaftsgütern des Hauptwohnsitzes, nicht aber eines Zweitwohnsitzes, als außergewöhnliche Belastung Berücksichtigung finden könnten, und

  • aufgrund der Ausführungen des Bf. in der Beschwerdeergänzung vom - "Entfernung von Restwasser und Schlamm in Eigenregie" - von der Beseitigung des Schadens durch den Bf. auszugehen und die eigene Arbeitsleistung des Bf. mangels eines Kostenaufwandes nicht zu berücksichtigen sei (Vorlagebericht).

Nach Ansicht des Bf. im Vorlageantrag liegt ein Katastrophenschaden und kein Schaden aus einem allgemeinen Ereignis vor. In unmittelbarer Nähe sei durch die Sturmböen das Dach eines Mehrparteienhauses abgedeckt worden. In seiner Straße seien mehrere Keller ausgepumpt gewesen. Sein Anwesen sei - wie im Antrag beschrieben - massiv betroffen gewesen. Der Ort 2 habe mittlerweile reagiert und die Abflussmöglichkeit in der X-Straße vor der Grundstückseinfahrt massiv verbreitert, um weitere Überschwemmungen zu verhindern.

Verfahren vor dem BFG:

Der Aufforderung, alle Unterlagen und Rechnungen, Zahlungsnachweise, etc., für die begehrten Aufwendungen für die Beseitigung des Schadens bzw. die Ersatzanschaffungen sowie Nachweise für die Entsorgung der beschädigten Gegenstände beizubringen, kam der Bf. nicht nach (Vorhalt des Vorhaltsbeantwortung vom ).

Er habe bei Internetrecherchen in gv-Seiten eruieren können, dass es sich bei Starkregen um ein örtlich begrenztes, nur das Vermögen des Hauseigentümers schädigendes Ereignis handle, dessen Kosten zur Beseitigung unter Anrechnung eines Selbstbehaltes absetzbar seien. Neben der Unbrauchbarkeit einer Komplettküche sei die Entsorgung, zeitaufwendige Reinigung sowie Trocknung erforderlich gewesen. Mit Antritt seiner Pensionierung habe er auch den seinerzeitigen Einspruch ad acta gelegt/entsorgt, da die 6-monatige Frist auf Bearbeitung durch das Finanzamt bereits länger verstrichen gewesen sei.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Werbungskosten

Der Bf. stellte außer Streit, dass die von ihm begehrten Werbungskoste anerkannt wurden.

Außergewöhnliche Belastung

Im Jahr 2016 war der Hauptwohnsitz des Bf. im Ort 1. Am kam es im Gemeindegebiet des Ortes 2 zu einem Gewitter mit Starkregen.

Der Bf. legte keine Nachweise über die von ihm getragenen Aufwendungen für die Beseitigung von Schäden sowie Wiederbeschaffung der angeführten Gegenstände am und im Gebäude des Ortes 2 vor. Es fehlen Nachweise, dass die Gegenstände, deren Kosten der Bf. begehrt, ursprünglich tatsächlich vorhanden bzw. eingelagert waren und sodann entsorgt wurden. Der Bf. behauptet, die Schäden in Eigenregie beseitigt zu haben. Eine Versicherungsentschädigung erhielt der Bf. mangels Anspruchsberechtigung im Schadenszeitpunkt nicht.

Beweiswürdigung

Werbungskosten

Die Ansicht bezüglich der Werbungskosten fußt auf den Ausführungen im Schreiben des Bf. vom .

Außergewöhnliche Belastung

Die Feststellungen zu den fehlenden Nachweisen für die Aufwendungen zur Beseitigung des Schadens und zur nicht getätigten Wiederbeschaffung von Gegenständen wurden aufgrund der Ergebnisse der Ermittlungen beim Finanzamt sowie beim BFG getroffen.

Rechtliche Beurteilung

Werbungskosten

Da dieser Beschwerdepunkt außer Streit gestellt werden konnte, bedarf es keiner weiteren rechtlichen Ausführungen. Es bleibt bei der Festsetzung laut angefochtenem Bescheid.

Außergewöhnliche Belastung

Im § 34 EStG 1988 heißt es wie folgt:

(1) Bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen sind nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1.
Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2).
2.
Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).
3.
Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).
Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

(2) Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.

(3) Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

(4) Die Belastung beeinträchtigt wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt. Der Selbstbehalt beträgt bei einem Einkommen …

(6) Folgende Aufwendungen können ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
-
Aufwendungen zur Beseitigung von Katastrophenschäden, insbesondere Hochwasser-, Erdrutsch-, Vermurungs- und Lawinenschäden im Ausmaß der erforderlichen Ersatzbeschaffungskosten.

Im gegenständlichen Fall wird die Außergewöhnlichkeit zu bejahen sein. Dass sich der Bf. der Beseitigung des Schadens aus faktischen Gründen nicht entziehen konnte, wird auch nicht in Abrede gestellt.

Es mag nun dahingestellt bleiben, ob es sich bei dem Schaden verursachenden Ereignis um eine Katastrophe oder ein allgemeines Schadensereignis handelt, mit der Konsequenz, dass im erstgenannten Fall ein Selbstbehalt nicht in Abzug zu bringen ist, im zweiten jedoch schon.

Denn das Bejahen der wesentlichen Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit erfordert, dass dem Bf. ein "verlorener" Aufwand erwachsen ist.

Ein "Aufwand" liegt nur insoweit vor, als er vom Steuerpflichtigen () aus Eigenem getragen wird, und zwar endgültig (; LStR 822). Es liegt daher keine Vermögenseinbuße vor, wenn der Steuerpflichtige keine geeigneten Schritte zur Wiedererlangung seines verlustig gegangenen Eigentums unternommen hat () oder Aufwendungen bei der grundsätzlich zur Leistung bereiten Versicherung (z. B. zur Wahrung einer Beitragsrückgewähr, FG Rheinland-Pfalz , 2 V 1883/11) nicht geltend gemacht werden () [Peyerl in Jakom, EStG 2020, 13. Aufl. § 34, I. Tatbestandsmerkmale [Rz 23].

Der Bf. hat im Beschwerdeverfahren nicht nachgewiesen, dass ihm aufgrund des Schadensereignisses tatsächlich ein Aufwand für die Schadensbeseitigung bzw. die Wiederbeschaffung von Gegenständen erwachsen ist, der sein Einkommen vermindert hätte. Die angeführten, vermutlich geschätzten Beträge für die Schadensbeseitigung in Eigenregie sowie die angeblich untergegangenen Gegenstände erfüllen das Erfordernis des "Aufwandes", also des Abflusses von Einkommen, nicht. Es fehlt somit an der in § 34 Abs. 4 EStG 1988 geforderten wesentlichen Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Die an die Abzugsfähigkeit einer außergewöhnlichen Belastung gestellten Voraussetzungen sind daher - sowohl für einen Katastrophenschaden, als auch einen "allgemeinen Schaden" - nicht erfüllt.

Der Beschwerde konnte in diesem Punkt kein Erfolg beschieden sein, weshalb sie als unbegründet abzuweisen war.

Un/Zulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Der Beschwerdepunkt betreffend die Werbungskosten ist nicht mehr strittig. Die Beurteilung der außergewöhnlichen Belastung erfolgte aufgrund fehlender Nachweise. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor. Eine Revision ist daher nicht zulässig.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.4100240.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at