Umwidmung eines Grundstückes vor oder nach dem 31.12.1987?
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Peter Bilger in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch vom betreffend Einkommensteuer 2016 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer (Bf.) veräußerte mit Kaufvertrag vom seinen Hälfteanteil am Grundstück Nr. x/17 in C., Katastralgemeinde a, an seine Geschwister Dr. A und Mag. B. um einen Kaufpreis in Höhe von 140.100,00 Euro. Im Zuge der Vertragserrichtung wurde für diesen Grundanteilsverkauf Immobilienertragsteuer gemäß § 30 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 in Höhe von 30% des Unterschiedsbetrages zwischen dem Veräußerungserlös und dem mit 40% des Veräußerungserlöses anzusetzenden Anschaffungskosten, das waren 25.218,00 Euro, berechnet und an das Finanzamt abgeführt.
Mit Einkommensteuererklärung für das Jahr 2016 vom beantragte die Steuervertretung abweichend davon die Ermittlung der Einkünfte gemäß § 30 Abs. 4 Z 2 EStG 1988 mit dem Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös und den mit 86% des Veräußerungserlöses anzusetzenden Anschaffungskosten. Zur Begründung verwies es auf die Gemeindevertretungssitzung der Gemeinde C. vom , mit der die Umwidmung u.a. auch des in Rede stehenden Grundstückes beschlossen worden sei. Laut Punkt 3. des Protokolls über besagte Gemeindevertretungssitzung seien die Grundstücke Nr. z/2, z/3 und z/4 sowie y/1, y/2, y, y/4 und y/5 im Flächenwidmungsplan der Gemeinde C. als Baumischgebiet-Erwartung ausgewiesen worden. Die Grundstücke y/1, y/2, y/3, y/4 und y/5 seien aber bereits bebaut gewesen. Daher habe die Gemeindevertretung einstimmig die Umwidmung dieser Grundstücke von Baumischgebiet-Erwartung in Baumischgenbiet beschlossen.
Tatsächlich seien die Grundstücke Nr. y/1, y/2, y/3, y/4 und y/5 bereits mit Baubewilligungen zwischen 1969 und 1986 bebaut worden. Daher wäre auch die Bebauung des in Rede stehenden Grundstückes schon vor dem Jahr 1986 möglich gewesen. Dieses Grundstück sei bereits in den frühen Achtzigerjahren an das örtliche Kanalnetz sowie an das Strom- und Telefonnetz angeschlossen und damit baumäßig erschlossen worden. Eine Veräußerung des in Rede stehenden Grundstückes vor dem wäre daher nicht zum Preis von Grünflächen, sondern von Bauland erfolgt, weshalb eine Besteuerung gemäß § 30 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 nicht gerechtfertigt wäre.
Mit dem angefochtenen Bescheid kam das Finanzamt dem Antrag des Bf. nicht nach und unterzog die Veräußerung des Grundstückes der Besteuerung gemäß § 30 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 iVm § 30b EStG 1988 einer Immobilienertragsteuer in Höhe von 25.218,00 Euro.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wandte die Steuervertretung ein, gemäß § 30 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 gelte als Umwidmung "eine Änderung der Widmung, die nach dem letzten entgeltlichen Erwerb stattgefunden hat und die erstmals eine Bebauung ermöglicht, die in ihrem Umfang im Wesentlichen der Widmung als Bauland oder Bauflache im Sinne der Landesgesetze auf dem Gebiet der Raumordnung entspricht".
Nach Rz 6669b der EStR 2000 stelle grundsätzlich auch eine erstmalige Baulandwidmung eines Grundstücks auf Grund einer erstmaligen Festlegung durch einen Flächenwidmungsplan eine "Umwidmung" im Sinne des § 30 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 dar. Allerdings sei bei bereits vor der erstmaligen Festlegung des Flächenwidmungs- bzw. Raumordnungsplanes - somit vor der erstmaligen Widmung - nicht rechtswidrig bebauten oder bebaubaren Grundstücken diese erstmalige Widmung nicht als Umwidmung iSd § 30 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 anzusehen. Eine Umwidmung sei hier bereits zu jenem Zeitpunkt erfolgt, in dem die Zulässigkeit der Bebauung - trotz Fehlens entsprechender raumordnungsrechtlicher Widmungen - festgestellt worden sei (z.B. Zeitpunkt des Eintrittes der Rechtskraft eines entsprechenden Baubescheides).
Zweck der Immobilienertragsteuer sei es, durch die Veräußerung von bebauten und unbebauten Grundstucken realisierte Wertsteigerungen einer Besteuerung zu unterwerfen. Der Bf. hätte schon von einer allfälligen Wertsteigerung vor dem Jahr 1988 profitiert, da die Bebauung des Grundstückes bereits damals möglich gewesen wäre. Schon eine Veräußerung vor dem wäre daher nicht zum Preis von Grün-, sondern von Bauland erfolgt. Würden hingegen die Grundstücke Nr. y/1 bis y/5 veräußert, würden diese Veräußerungen nicht als Umwidmungsfälle eingestuft werden. Eine Behandlung der gegenständlichen Veräußerung als Umwidmungsfall iSd § 30 Abs. 4 Z 1 EStG können daher nicht im Sinne des Gesetzgebers liegen.
Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom ab: Es sei unstrittig, dass es sich bei dem in Rede stehenden Grundstuck um Altvermögen iSd § 30 Abs. 4 EStG 1988 handle und die pauschale Einkünfteermittlung zur Anwendung gelangen könne. Dem Gesetzeswortlaut des § 30 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 zufolge gelte als Umwidmung eine Änderung der Widmung, die nach dem letzten entgeltlichen Erwerb stattgefunden habe und die erstmals eine Bebauung ermögliche, die in ihrem Umfang im Wesentlichen der Widmung als Bauland oder Bauflache im Sinne der Landesgesetze auf dem Gebiet der Raumordnung entspreche. Der allgemeinen Verwaltungspraxis zufolge sei eine Umwidmung bereits zu jenem Zeitpunkt erfolgt, in dem die Zulässigkeit der Bebauung - trotz Fehlens entsprechender raumordnungsrechtlicher Widmungen - festgestellt worden sei (z.B. Zeitpunkt des Eintrittes der Rechtskraft eines entsprechenden Baubescheides).
Auch wenn die benachbarten Grundstücke Nr. y/1 bis y/5 bereits mit Baubewilligung zwischen 1969 und 1986 bebaut worden seien, bedeute das noch nicht, dass deswegen auch für das in Rede stehende Grundstück eine Baubewilligung erteilt worden wäre. Der Umstand, dass das betreffende Grundstück bereits in den frühen 80er Jahren an das örtliche Kanalnetz angeschlossen worden, die Telefon- sowie Stromversorgung gewährleistet und die Liegenschaft daher zum damaligen Zeitpunkt "baumäßig erschlossen" worden sei, ändere nichts an der Tatsache, dass die Zulässigkeit der Bebauung für das Grundstuck GST-NR x/17 seitens der Gemeinde erst mit der Umwidmung am festgestellt worden sei. Bis zur Umwidmung am sei das betreffende Grundstück raumordnungsrechtlich als Baumischgebiet-Erwartung gewidmet gewesen. Bei einem Antrag auf Baubewilligung bei der zuständigen Gemeinde hätte die Ausstellung der Baubewilligung aufgrund der falschen raumordnungsrechtlichen Widmung versagt werden müssen. Erst durch die Umwidmung mittels Gemeindevorstandsbeschluss vom sei die Änderung der raumordnungsrechtlichen Widmung von Baumischgebiet-Erwartung in Baumischgebiet erfolgt und erst seit diesem Zeitpunkt verfüge das streitanhängige Grundstück über eine raumordnungsrechtliche Widmung, die eine erstmalige Bebauung im Sinne einer Baulandwidmung zulasse. Im Ergebnis handle es sich daher um einen Fall der Umwidmung des Grundstückes GST-NR x/17 iSd § 30 Abs. 4 Z 1 EStG 1988, bei dem der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös und den mit 40% des Veräußerungserlöses anzusetzenden Anschaffungskosten als Einkünfte anzusetzen sei.
Im Vorlageantrag vom wandte die Steuervertretung gegen die Beschwerdevorentscheidung ein, die ursprüngliche Widmung der Grundstücke als Baumischgebiet-Erwartung sei ein Versehen gewesen, weshalb der Umwidmungsbeschluss der Gemeinde C. vom lediglich Reparaturcharakter gehabt habe. Bereits im Jahr 1977, als der erste Flächenwidmungsplan erlassen worden sei, seien einige Grundstücke bebaut gewesen. Auch die Aussage im Protokoll über die Gemeindevertretungssitzung bestätige diese Annahme. Das Finanzamt sei jedenfalls nicht die zuständige Behörde, um zu beurteilen, ob eine Bebauung des in Rede stehenden Grundstückes vor dessen Umwidmung genehmigt werden hätte dürfen oder nicht.
Nach den EStR 2000, Rz 6669b, wäre bereits ein allfälliger Verkauf einer schon vor 1988 bebauten Liegenschaft unabhängig von der Widmung als "Altfall" behandelt worden. Hätte der Bf. bzw. sein Rechtsvorgänger wie einige Nachbarn auch das Grundstück bebaut, wäre der spätere Verkauf nicht als Umwidmungsfall eingestuft würden. Daher sei die steuerliche Behandlung der Grundanteilsveräußerung durch das Finanzamt unter dem Gesichtspunkt der Steuergerechtigkeit unverständlich, zumal Rz 6669b der EStR 2000 ausdrücklich nicht nur auf bebaute, sondern auch auf bebaubare Grundstücke abstelle.
Das Finanzamt legte die Beschwerde am dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte die Abweisung derselben.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Für die Beurteilung der in Streit stehenden Frage geht das Bundesfinanzgericht von folgendem entscheidungsrelevantem Sachverhalt aus:
Der Bf. veräußerte mit Kaufvertrag vom seinen Hälfteanteil am Grundstück Nr. x/17 in C., Katastralgemeinde a, an seine Geschwister Dr. A und Mag. B. um einen Kaufpreis in Höhe von 140.100,00 Euro. Die Übertragung des Hälfteanteils an die beiden Geschwister wurde am ins Grundbuch eingetragen.
Der Bf. hatte seinen Anteil an diesem Grundstück aufgrund eines Erbübereinkommens im Jahr 2007 erhalten.
Die Grundstücke x/2 und x/3 wurden mit Beschluss der Gemeindevertretung C. vom von Baumischgebiet-Erwartung in Baumischgebiet umgewidmet. Das Grundstück x/17 wurde im Jahr 2004 im Zuge der Grundtrennung aus dem Grundstück x/3 herausgelöst und grundbücherlich neu gebildet.
2. Beweiswürdigung
Die Feststellungen betreffend den Grundstückanteil des Bf. und dessen Veräußerung ergeben sich unzweifelhaft aus dem Kaufvertrag vom und aus den Eintragungen im Grundbuch, Katastralgemeinde a, Einlagezahl w.
Für die Feststellungen betreffend das in Rede stehende Grundstück, insbesondere dessen Umwidmung, folgt das Bundesfinanzgericht den Angaben der Steuervertretung vom über den Beschluss der Gemeindevertretung vom . Bisher waren die Parteien davon ausgegangen, dass das in Rede stehende Grundstück mit Gemeinderatsbeschluss vom30.05.2000 zusammen mit den Grundstücken z/2, z/3 und z/4 sowie den bereits bebauten Grundstücken y/1, y/2, y/3, y/4 und y/5 von Baumischgebiet-Erwartung in Baumischgebiet umgewidmet wurde. Tatsächlich wird das Grundstück x/17 im Protokoll über diese Gemeindevertretungssitzung aber nicht erwähnt. Das Bundesfinanzgericht hat die Steuervertretung um Aufklärung dieser Unstimmigkeit ersucht, worauf diese die dieser Entscheidung zugrunde gelegten Angaben gemacht hat.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Gemäß § 29 Abs. 2 EStG 1988 idF 1.StabG 2012, BGBl. I 2012/22 unterliegen Einkünfte aus privaten Grundstücksverkäufen (§ 30) und aus Spekulationsgeschäften (§ 31) als sonstige Einkünfte der Einkommensteuer.
Private Grundstücksverkäufe sind gemäß § 30 Abs. 1 EStG idF AbgAG 2012, BGBl. I 2012/112, Veräußerungsgeschäfte von Grundstücken, soweit sie keinem Betriebsvermögen angehören. Der Begriff des Grundstückes umfasst Grund und Boden, Gebäude und Rechte, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes unterliegen (grundstücksgleiche Rechte). Bei unentgeltlich erworbenen Grundstücken ist auf den Anschaffungszeitpunkt des Rechtsvorgängers abzustellen. Bei Tauschvorgängen ist § 6 Z 14 sinngemäß anzuwenden.
Soweit Grundstücke am ohne Berücksichtigung von Steuerbefreiungen nicht steuerverfangen waren, sind als Einkünfte gemäß § 30 Abs. 4 Z 1 und 2 EStG 1988 idF AbgÄG 2015, BGBl. I 2015/163 anzusetzen:
1. Im Falle einer Umwidmung des Grundstückes nach dem der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös und den mit 40% des Veräußerungserlöses anzusetzenden Anschaffungskosten. Als Umwidmung gilt die Änderung der Widmung, die nach dem letzten entgeltlichen Erwerb stattgefunden hat und die erstmals eine Bebauung ermöglicht, die in ihrem Umfang im Wesentlichen der Widmung als Bauland oder Baufläche im Sinne der Landesgesetze auf dem Gebiet der Raumordnung entspricht. Dies gilt auch für eine in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Veräußerung stehende Umwidmung, wenn diese innerhalb von fünf Jahren nach der Veräußerung erfolgt ist, sowie für eine Kaufpreiserhöhung auf Grund einer späteren Umwidmung; eine spätere Umwidmung gilt als rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 295a der Bundesabgabenordnung und ist dem Finanzamt anzuzeigen.
2. In allen übrigen Fällen der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös und den mit 86% des Veräußerungserlöses anzusetzenden Anschaffungskosten.
Die Einkünfte aus der Veräußerung von Grundstücken im Sinne des § 30 unterliegen gemäß § 30a Abs. 1 EStG 1988 einem besonderen Steuersatz von 30% und sind bei der Berechnung der Einkommensteuer des Steuerpflichtigen weder beim Gesamtbetrag der Einkünfte noch beim Einkommen (§ 2 Abs. 2) zu berücksichtigen, sofern nicht die Regelbesteuerung (Abs. 2) anzuwenden ist.
Im Beschwerdefall ist unstrittig, dass das in Rede stehende Grundstück vom Bf. vor dem erworben wurde und am nicht gemäß § 30 EStG 1988 alter Fassung steuerverfangen war. Es lag somit Altvermögen vor, für das bei der Ermittlung des Veräußerungspreises pauschale Anschaffungskosten gemäß § 30 Abs. 4 EStG 1988 zu berücksichtigen sind.
Mit Beschluss der Gemeindevertretung C. vom wurde das Grundstück von Baumischgebiet-Erwartung in Baumischgebiet umgewidmet.
Diese Umwidmung ist relevant im Sinne des § 30 Abs. 4 Z 1 EStG, weil erst mit dieser Umwidmung eine Bebauung nach dem Vorarlberger Raumplanungsgesetz, LGBl. Nr. 39/1996 (RPG), möglich wurde. Bauerwartungsflächen dürfen gemäß § 17 Abs. 3 RPG wie Landwirtschaftsgebiete (§ 18 Abs. 3 RPG) genutzt werden. Gemäß § 18 Abs. 3 RPG ist in Landwirtschaftsgebieten die Errichtung von Gebäuden und Anlagen zulässig, soweit dies für die bodenabhängige land- und forstwirtschaftliche Nutzung einschließlich der dazu gehörenden erforderlichen Wohnräume und Wohngebäude und für Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft sowie die häusliche Nebenbeschäftigung notwendig ist. Die Errichtung von Gebäuden und Anlagen für neue land-und forstwirtschaftliche Betriebe ist jedoch nicht zulässig. Baumischgebiete hingegen zählen zu den Bauflächen, das sind bereits bebaute Flächen und Flächen, die sich aufgrund der natürlichen Verhältnisse für die Bebauung eignen und in absehbarer Zeit, längstens aber innert sieben Jahren, als Bauflächen benötigt werden und innerhalb dieser Frist erschlossen werden können (vgl. § 13 Abs. 1 und § 14 Abs. 1 und 3 RPG).
Es liegt somit eine Umwidmung nach dem vor.
Daran ändert auch die von der Steuervertretung ins Treffen gebrachte Aussage in den Einkommensteuerrichtlinien 2000, Rz 6669b, nichts.
Rz 6669b EStR 2000 lautet:
"Grundsätzlich stellt auch eine erstmalige Baulandwidmung eines Grundstückes auf Grund einer erstmaligen Festlegung eines Flächenwidmungsplanes eine "Umwidmung" im Sinne des § 30 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 dar. Allerdings ist bei bereits vor der erstmaligen Festlegung des Flächenwidmungs - bzw. Raumordnungsplanes - nicht rechtswidrig bebauten oder bebaubaren Grundstücken diese erstmalige Widmung nicht als Umwidmung iSd § 30 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 anzusehen. Eine Umwidmung ist hier bereits zu jenem Zeitpunkt erfolgt, in dem die Zulässigkeit der Bebauung - trotz Fehlens entsprechender raumordnungsrechtlicher Widmungen - festgestellt wurde (z.B. Zeitpunkt des Eintritts der Rechtskraft eines entsprechenden Baubescheides).
Nach Ansicht der Steuervertretung soll der Umstand, dass einige Grundstücke in der Nachbarschaft des in Rede stehenden Grundstückes bereits vor der Umwidmung derselben am bebaut waren, für eine solche frühere Umwidmung auch des beschwerdegegenständlichen Grundstückes sprechen. Dem kann aber nicht gefolgt werden, weil dieses Grundstück eben unbebaut war und damit auch keine Feststellung der Zulässigkeit der Bebauung trotz fehlender raumordnungsrechtlicher Widmung erfolgt sein kann. Die mögliche rechtliche Zulässigkeit einer bloß hypothetischen Bebauung eines Grundstückes stellt auch nach den EStR 2000 keinen widmungsrechtlichen Akt dar.
Es trifft zu, dass nach dem Gesetzeszweck nur umwidmungsbedingte Wertsteigerungen von § 30 Abs. 1 Z 4 EStG erfasst werden sollen (so die ErlRV zum 1. StabG 2012, 1680 BlgNR 24. GP 7). Die Steuervertretung vermeint nun, dass im Beschwerdefall keine derartige umwidmungsbedingte Wertsteigerung vorliege, weil das in Rede stehende Grundstück schon vor der Umwidmung in Baumischgebiet bebaut und daher zu Baugrundstückspreien verkauft werden hätte können. Als Beleg dafür wird weiter ins Treffen geführt, dass die Liegenschaft bereits in den 80er Jahren an das örtliche Kanalnetz angeschlossen worden sei.
Auch diesem Argument kann nicht gefolgt werden. Denn aus dem Umstand, dass einige Nachbargrundstücke bereits vor der raumordnungsrechtlichen Umwidmung im Jahr 2000 und auch vor der Umwidmung des in Rede stehenden Grundstückes im Jahr 1992 bebaut waren folgt nicht, dass auch für dieses Grundstück eine Baubewilligung erteilt worden wäre. Erst mit der Umwidmung im Jahr 1992 kann mit Sicherheit angenommen werden, dass eine Baubewilligung erteilt worden wäre. Daher ist auch aus dem Umstand, dass das in Rede stehende Grundstück bereits in den 80er Jahren infrastrukturell erschlossen und an das Kanal-, Telefon- und Stromnetz angeschlossen wurde, für das Beschwerdebegehren nichts gewonnen.
Das beschwerdegegenständliche Grundstück teilt auch nicht das widmungsrechtliche Schicksal der von der Steuervertretung genannten Nachbargrundstücke, weil es bereits lange vor diesen im Jahr 1992 umgewidmet wurde und zum Zeitpunkt seiner Umwidmung eben noch nicht bebaut war. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass die Umwidmung des beschwerdegegenständlichen Grundstückes keine wertsteigernde Wirkung gehabt hätte.
Auch wenn die Umwidmung im Jahre 1992 erfolgt ist, muss sich der Bf. diese als unentgeltlicher Erwerber des Grundstückes zurechnen lassen, konnte sich doch diese noch unter der Rechtsvorgängerin des Bf. erfolgte Umwidmung nunmehr wertsteigernd auf die Preisbemessung der Miteigentumsanteilsveräußerungspreis auswirken (vgl. dazu Jakom/Kanduth-Kristen, EStG 2020, § 30 Tz 73, wonach bei einem zwischenzeitlichen Erwerb auch auf die Umwidmungen durch den Rechtsvorgänger abzustellen ist).
Die Bemessungsgrundlage für die Immo-ESt war daher gemäß § 30 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 aus dem Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös und dem mit 40% des Veräußerungserlöses anzusetzenden Anschaffungskosten zu ermitteln.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Dieses Erkenntnis beruht auf einer klaren gesetzlichen Bestimmung. Von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird damit nicht abgewichen. Eine (ordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher nicht zulässig.
Feldkirch, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 30 Abs. 4 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 30 Abs. 4 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 30a Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | Jakom/Kanduth-Kristen, EStG 2020, § 30 Tz 73 |
Zitiert/besprochen in | Brandstetter in BFGjournal 2023, 240 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.1100515.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at