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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 11.11.2020, RV/5101075/2020

Zurückweisung eines Vorlageantrages nach Verständigung gemäß § 281a BAO wegen nicht wirksam zugestellter Beschwerdevorentscheidung

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, betreffend die Beschwerde vom gegen die Bescheide des ***FA*** vom betreffend Einkommensteuer 2014 und Einkommensteuer 2015, Steuernummer ***BF1StNr1***, beschlossen:

Der Vorlageantrag vom wird gemäß § 264 Abs. 5 BAO als nicht zulässig zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

  • Sachverhalt:

Die Beschwerdeführerin erhob mit Schriftsatz vom , eingebracht beim Finanzamt am , Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide 2014 und 2015 vom , in denen unter anderem beantragte Fahrtspesen mangels Vorhaltsbeantwortung nicht anerkannt worden waren.
Seitens des Finanzamtes ergingen in der Folge teilweise stattgebende Beschwerdevorentscheidungen vom , deren Zustellung im Postwege allerdings ohne Zustellnachweis veranlasst wurde.
Mit Schriftsatz vom , eingebracht beim Finanzamt am , legte die Beschwerdeführerin "Einspruch" gegen die Einkommensteuerbescheide für die Steuerjahre 2014 und 2015 ein. Begründend führte sie aus, dass sie leider damit konfrontiert worden sei, dass ihr Steuerberater auf Anfrage des Finanzamtes keine Kilometergeldaufstellungen übermittelt habe. Diese hätten daher in den Bescheiden nicht berücksichtigt werden können, was zu einem höheren Einkommen geführt und sie daher auch an die SVA einen höheren Betrag zu zahlen gehabt hätte. Es werde ersucht, die von ihr nunmehr abgegebenen Aufstellungen zu berücksichtigen und eine neue Entscheidung zu treffen.
Mit Finanzonline-Eingabe vom urgierte die Beschwerdeführerin eine Antwort auf die von ihr "eingereichte Vorlage".
Mit Vorlagebericht vom wurde die gegenständliche Beschwerde dem Bundesfinanzgericht mit dem Antrag auf Zurückweisung der als Vorlageantrag gewerteten Eingabe vom zur Entscheidung vorgelegt. Zur Zustellung der Beschwerdevorentscheidungen vom mittels normalem Brief wurde angemerkt, dass diese unter Einbeziehung der Nachtverarbeitung und eines dreitägigen Postlaufes mit anzunehmen sei.
Mit Schreiben des Bundesfinanzgerichtes vom wurde der Beschwerdeführerin die Verspätung des Vorlageantrages vom vorgehalten und wurde sie gebeten, für den Fall, dass die Beschwerdevorentscheidungen vom nicht, wie dargestellt, am zugestellt worden seien, den tatsächlichen Zeitpunkt der Zustellung bekanntzugeben.
In ihrer Antwort vom teilte sie mit, dass sie die fragliche Entscheidung nicht mit der Post erhalten habe. Einen Finanzonline-Zugang habe nur ihr Buchhalter/Steuerberater gehabt, weshalb sie vom weiteren Verlauf des Verfahrens nichts mehr gewusst habe. Erst nach Aufforderung durch die SVA zur Zahlung eines Betrages von 8.000,00 € habe sie versucht, den Buchhalter zu kontaktieren. Schließlich habe ihr ein Bekannter geholfen. Bei Durchsicht der über Finanzonline zugänglichen Entscheidungen hätten sie bemerkt, dass ihre Kilometeraufstellungen nicht berücksichtigt worden seien. Daher sei im November 2019 Einspruch eingereicht worden.
Nach Übermittlung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens an das Finanzamt mit Schreiben des Bundesfinanzgerichtes vom teilte die nunmehrige Vertreterin der belangten Behörde In ihrer Stellungnahme vom mit, dass kein Zustellnachweis vorliege und der Beweis der Zustellung auch nicht auf andere Weise erbracht werden könne.

  • Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 264 Abs. 1 BAOkann gegen eine Beschwerdevorentscheidung innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag). Der Vorlageantrag hat die Bezeichnung der Beschwerdevorentscheidung zu enthalten.

§ 264 Abs. 4 BAO, wo jene Regelungen für Beschwerden aufgezählt sind, die sinngemäß auf Vorlagenanträge anzuwenden sind, enthält keinen Verweis auf § 260 Abs. 2 BAO, wonach Beschwerden auch vor Beginn der Beschwerdefrist eingebracht werden können. Vorlageanträge können daher, wie sich aus § 264 Abs. 1 BAO ergibt, nur innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe der Beschwerdevorentscheidung gestellt werden. Ansonsten sind sie als unzulässig zurückzuweisen (siehe zB ; ; ).

Der als "Einspruch" bezeichnete Schriftsatz vom wurde vom Finanzamt angesichts der von ihm erlassenen Beschwerdevorentscheidungen betreffend Einkommensteuer 2014 und 2015, von deren Zustellung an die Beschwerdeführerin mit normalem Brief es ausgehen konnte, richtigerweise als "Vorlageantrag" gewertet, zumal dieser gemäß § 264 BAO den einzig möglichen Rechtsbehelf gegen Beschwerdevorentscheidungen darstellt. Darüber hinaus urgierte die Beschwerdeführerin in ihrer Eingabe ihre "eingereichte Vorlage".

Allerdings stellte sich im gegenständlichen Verfahren heraus, dass die Zustellung der Beschwerdevorentscheidungen nicht als erwiesen angesehen werden konnte.
Laut Aktenlage der Abgabenbehörde waren die betreffenden Beschwerdevorentscheidungen vom mittels normalem Brief an die Beschwerdeführerin zugestellt worden. Ein Zustellnachweis oder anderer Nachweis, der die Zustellung belegen würde, existiert nicht.

Wie im Vorlagebericht des Finanzamtes richtig dargestellt, gilt die Zustellung in einem solchen Fall gemäß § 26 Abs. 2 Zustellgesetz als am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan (zB Post) bewirkt. Diese gesetzliche Vermutung ist allerdings widerlegbar. Gegenteilige Behauptungen des Empfängers reichen, es sei denn, die Behörde kann die Tatsache und den Zeitpunkt der Zustellung beweisen. Die Beweislast trifft die Behörde (, mwN, zB , 162 BlgNR 15. GP, 12, BAO6, § 26 ZustellG Tz 3).
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat die Behörde bei Zustellungen ohne Zustellnachweis die Folge zu tragen, dass der Behauptung der Partei, sie habe ein Schriftstück nicht empfangen, nicht wirksam entgegengetreten werden kann. Bei bestrittenen Zustellungen ohne Zustellnachweis hat daher die Behörde die Tatsache der Zustellung nachzuweisen. In diesem Fall muss mangels Zustellnachweises der Beweis der erfolgten Zustellung auf andere Weise von der Behörde erbracht werden. Gelingt dies nicht, muss die Behauptung der Partei als richtig angenommen werden (, mwN).

Zufolge ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe zB ) war das Bundesfinanzgericht bei sonstigem Risiko der Aufhebung des Zurückweisungsbeschlusses wegen Verspätung auch im gegenständlichen Fall verpflichtet, der Beschwerdeführerin die Verspätung ihres Vorlageantrages vorzuhalten.
Dies hat es mit ho. Schreiben vom getan.
In ihrem Antwortschreiben vom brachte die Beschwerdeführerin vor, dass sie die fraglichen Entscheidungen nicht mit der Post erhalten habe. Damit hat sie die wirksame Zustellung der Beschwerdevorentscheidungen bestritten und traf die Beweislast für die tatsächliche Zustellung die Behörde.

In ihrer Stellungnahme vom teilte die nunmehrige Vertreterin der belangten Behörde mit, dass hinsichtlich der Beschwerdevorentscheidungen 2014 und 2015 vom kein Zustellnachweis vorliege und der Beweis der Zustellung auch nicht auf andere Weise erbracht werden könne.

Auch von einer Heilung des Zustellmangels konnte nicht ausgegangen werden. Zwar erlangte die Beschwerdeführerin laut ihren eigenen Angaben spätestens im Jahr 2019 durch Einsichtnahme über FinanzOnline Kenntnis davon, dass Beschwerdevorentscheidungen betreffend Einkommensteuer 2014 und 2015 ergangen waren. Dies bewog sie offensichtlich auch zur Einbringung ihres Vorlageantrages vom . Eine Heilung des Zustellmangels erfolgt aber gemäß § 7 Zustellgesetz nur dann, wenn das Dokument dem Empfänger tatsächlich zukommt.
Tatsächliches Zukommen setzt voraus, dass der Empfänger tatsächlich in den Besitz des zuzustellenden Schriftstückes kommt . Nicht ausreichend ist die bloße Kenntnisnahme des Schriftstückes (Ritz, BAO6, § 7 ZustellG Rz 7 und die dort zit. Judikatur).
Die Beschwerdevorentscheidungen wurden im gegenständlichen Fall von der Abgabenbehörde der Post in Papierform zur Zustellung mittels normalem Brief übergeben. Dass diese Schriftstücke der Beschwerdeführerin in körperlicher Form tatsächlich zugekommen sind, konnte, wie dargestellt, nicht als erwiesen angesehen werden.

Das Bundesfinanzgericht hatte den Parteien (Beschwerdeführerin und Finanzamt) daher gemäß § 281a BAO formlos mitzuteilen, dass aufgrund der Beschwerde vom gegen die Einkommensteuerbescheide 2014 und 2015 noch vom Finanzamt noch wirksam zugestellte Beschwerdevorentscheidungen zu erlassen sein werden, wobei hierbei auch die in der Eingabe vom vorgebrachten Einwendungen zu würdigen sein werden.
Nach wirksamer Zustellung dieser Beschwerdevorentscheidungen wird der Beschwerdeführerin für den Fall, dass sie diese bekämpfen möchte, das Recht zustehen, innerhalb eines Monats ab Zustellung dieser Beschwerdevorentscheidungen gemäß
§ 264 Abs. 1 BAO einen zulässigen Vorlageantrag zu erheben.

Der sich aus dem Schriftsatz vom ergebende Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht war als unzulässig zu qualifizieren, da dieser, wie dargelegt, noch vor wirksamer Bekanntgabe von Beschwerdevorentscheidungen eingebracht worden war. Die Einbringung eines Vorlageantrages ist aber gemäß § 264 Abs. 1 BAO nur innerhalb eines Monats ab (wirksam erfolgter!) Zustellung der Beschwerdevorentscheidung zulässig. Da im gegenständlichen Fall Beschwerdevorentscheidungen nicht wirksam zugestellt wurden, war der Vorlageantrag vom daher als unzulässig zurückzuweisen. Die Zurückweisung nicht zulässiger Vorlageanträge obliegt gemäß § 264 Abs. 5 BAO dem Verwaltungsgericht.

Angemerkt wird, dass durch diese Zurückweisung keine Entscheidung in der Sache erfolgt (siehe hierzu auch ; ).
Der Rechtsschutz der Beschwerdeführerin bleibt daher, wie dargelegt, gewahrt, da ihr nach nunmehr erstmals wirksamer Erlassung der Beschwerdevorentscheidungen betreffend Einkommensteuer 2014 und 2015 die Möglichkeit offenstehen wird, innerhalb eines Monats ab deren Zustellung gemäß § 264 Abs. 1 BAO einen zulässigen Vorlageantrag einzubringen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 B-VG).

Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht vor, wenn die in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig sind ( mwN).
Im gegenständlichen Fall ergibt sich die Rechtslage unmittelbar aus dem Gesetz und sind die zu lösenden Rechtsfragen bereits durch die oben zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes geklärt.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 264 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 264 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 264 Abs. 5 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 26 Abs. 2 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 7 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
Verweise




ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.5101075.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at