Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 16.10.2020, RV/7100341/2019

Herabsetzung eines Säumniszuschlages nach § 217 Abs. 7 BAO - Missverständnisse bei auf einem Notaranderkonto hinterlegter Grunderwerbsteuer und fehlender Genehmigung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***1***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Abweisung eines Antrages gemäß § 217 (7) BAO auf Nichtfestsetzung eines Säumniszuschlages, St.Nr. ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

  • Sachverhalt

Das ***FA*** legte gegenständliche Beschwerde am mit folgender Stellungnahme an das BFG vor:

"Sachverhalt:

Auf dem Abgabenkonto erfolgte mit die Verbuchung der Festsetzung der Grunderwerbsteuer in der Höhe von € 3.729,60 mit Fälligkeit . Die Entrichtung der Abgabe erfolgte verspätet mit .

Mit Bescheid vom wurde ein Säumniszuschlag in Höhe von 2% der verspätet entrichteten Abgabe festgesetzt.

Am wurde ein Antrag auf Nichtfestsetzung des Säumniszuschlages gem. § 217 Abs. 7 BAO eingebracht und mit Bescheid vom abgewiesen.

Dagegen wurde zeitgerecht Beschwerde eingebracht, welche mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen wurde.

Beweismittel:

Kontoausdruck, vorgelegte Aktdokumente (Kaufvertrag siehe Parallelverfahren)

Stellungnahme:

Die Vorlage der Beschwerde erfolgt unter Bezugnahme auf die Begründung der Beschwerdevorentscheidung mit dem Antrag auf Abweisung, zumal der Bescheid über die Festsetzung der GrESt mit der ausgewiesenen Fälligkeit zweifellos zurecht dem Abgabepflichtigen zugestellt wurde. Im Kaufvertrag, der dem Finanzamt über FinanzOnline-Zugriff auf die Urkunde im Archivium mitgeteilt wurde (hierzu wird auf die im Parallelverfahren vorgelegte Urkunde verwiesen), ist in Bezug eine Zustellung keinerlei Vollmacht enthalten. Wenn daher der Bescheid mit ausgewiesener Fälligkeit des Abgabenbetrags dem Abgabepflichtigen zugestellt wird, wäre es Sache des Abgabepflichtigen, mit seinem Vertreter die Entrichtung abzustimmen, wenn die Aufforderung zur Zahlung an den Abgabepflichtigen ergeht, er, wie ausgeführt wurde, aber die Steuer schon beim Vertreter deponiert hat. In dem Fall wäre es Sache des Abgabepflichtigen, zumutbar und zu erwarten gewesen, bei seinem Vertreter, dem er die Gelder bereits erlegt hatte, die Zahlung zu veranlassen. Wenn wiederholt vermeint wird, dass eine Steuerpflicht noch nicht eingetreten sei, wäre das nach dem Inhalt des Vertrags nicht ersichtlich, da eine grundverkehrsbehördliche Genehmigungspflicht nicht ersichtlich wäre und zudem der Vertrag auch schon zu erfüllen ist, der Kaufpreis zu erlegen, auch wenn allenfalls noch nicht alle Voraussetzungen für eine grundbücherliche Durchführung vorliegen. Im Übrigen sind Einwände im Festsetzungsverfahren zur GrESt auch nicht ersichtlich. Im Verfahren zum Säumniszuschlag ist allein auf die sich aus der (unangefochtenen) Festsetzung ergebenden Fälligkeit der Steuer auszugehen."

Mit dem spruchgegenständlichen Bescheid vom wies das Finanzamt den Antrag der Beschwerdeführerin um Nichtfestsetzung des Säumniszuschlages vom ab. Das Finanzamt begründete, die Nichtfestsetzung des Säumniszuschlages gemäß § 217 BAO setze voraus, dass den Abgabepflichtigen kein grobes Verschulden an der Säumnis treffe. Da der Bf. auf Grund des zugestellten Bescheides vom die bevorstehende Zahlung bekannt gewesen sei, wären die erforderlichen Dispositionen zu treffen gewesen um die rechtzeitige Entrichtung sicher zu stellen. Die entstandenen Säumnisfolgen, bedingt durch die von der Bf. dargelegten Gründe, seien nicht geeignet, das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzung des § 217 Abs. 7 BAO (mangelndes grobes Verschulden an der Säumnis) aufzuzeigen. Ob die maßgebliche Abgabenfestsetzung rechtmäßig sei, könne im gegenständlichen Verfahren nicht geklärt werden. Missverständnisse bei der Abgabenentrichtung und damit verbundenen Säumnisfolgen, bedingt durch die von der Bf. dargelegten Gründe, könnten seitens des Finanzamtes nicht bereinigt werden.

Der genannte Bescheid wurde mit Beschwerde zur Gänze angefochten.

Der Vertreter der Bf. bringt vor, es sei richtig, dass der Grunderwerbsteuerbescheid am ordnungsgemäß zugestellt worden sei und rechtzeitig entrichtet werden hätte können.

Der Vertragsverfasser und Bevollmächtigte, Herr Notar ***1***, habe hievon jedoch keine Kenntnis erhalten, da ihm vom Finanzamt der Grunderwerbsteuerbescheid nicht zugestellt worden sei und er daher keine Möglichkeit gehabt habe, die von Frau ***2*** auf seinem Treuhandkonto bereits hinterlegte Grunderwerbsteuer an das Finanzamt zu überweisen. Herr Notar ***1*** sei daher davon ausgegangen, dass die Vorschreibung erst nach Rechtskraft erfolge und die Grunderwerbsteuer erst dann fällig würde.

Die Bf. sei sich dieser Problematik nicht bewusst gewesen und habe den Vertragsverfasser von der an sie erfolgten Vorschreibung nicht verständigt.

Die Steuerschuld sei zu diesem Zeitpunkt gemäß § 8 Abs. 2 GrEStG noch nicht entstanden gewesen, da die Vermessungsurkunde sowie die Teilungsgenehmigung zum damaligen Zeitpunkt und bis dato noch nicht vorliege und der Kaufvertrag gemäß Punkt 7.2. daher noch nicht rechtskräftig geworden sei.

Dessen ungeachtet seien die Grunderwerbsteuer und auch der Säumniszuschlag bereits überwiesen worden.

Dass eine Privatpartei (die weder Steuerberater noch Notar sei), den Vertragsverfasser nicht verständige, dass ihr die Steuerschuld vorgeschrieben worden sei, könne kein grobes Verschulden sein, wenn sie die Grunderwerbsteuer bereits auf das vom Vertragsverfasser für das Finanzamt geführte Konto überwiesen hätte. Wie sollte die Bf. wissen, dass der Vertragsverfasser nicht verständigt werde.

Es sei auch unverständlich, warum der Vertragsverfasser vom Finanzamt nicht von der Vorschreibung der Grunderwerbsteuer verständigt worden sei. Dann wäre nämlich von ihm die bereits auf seinem Notaranderkonto hinterlegte Grunderwerbsteuer rechtzeitig an das Finanzamt überwiesen worden und es hätte nicht zu diesem Missverständnis kommen können.

Der Säumniszuschlag könne aufgrund dieses geringen Verschuldens, eher Missverständnisses, nicht zu Recht vorgeschrieben worden sein.

Es werde daher beantragt, der Beschwerde statt zu geben, den Bescheid aufzuheben und den überwiesenen Säumniszuschlag auf das Steuerkonto rückzuüberweisen.

Am erging folgende Beschwerdevorentscheidung:

"… Begründung:

Gemäß § 217 Abs. 7 BAO sind auf Antrag des Abgabenpflichtigen Säumniszuschläge insofern herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist in den Fällen des § 103 Abs. 2 BAO die Abgabenbehörde nur dann zur Zustellung von Erledigungen an einen gewillkürten Vertreter verpflichtet, wenn dieser die ausdrückliche Erklärung abgibt, dass dem Bevollmächtigten alle dem Vollmachtgeber zugedachten Erledigungen zuzustellen sind, die im Zuge eines Verfahrens ergehen oder solche Abgaben betreffen, hinsichtlich derer die Gebarung gemäß § 213 BAO zusammengefasst verbucht werden, was auch im Falle des Einschreitens eines Rechtsanwaltes ungeachtet des Umstandes gilt, dass gemäß § 8 Abs. 1 letzter Satz RAO die Berufung auf die Bevollmächtigung deren urkundlichen Nachweis ersetzt.

Aus § 103 Abs. 2 BAO ergibt sich in nunmehr ständiger Rechtsprechung des VwGH, dass eine gemäß § 9 Abs. 1 ZustG zu beachtende Zustellbevollmächtigung die ausdrückliche Erklärung voraussetzt, dass alle dem Vollmachtgeber zugedachten Erledigungen dem Bevollmächtigten zuzustellen sind, die im Zug eines Verfahrens ergehen oder Abgaben betreffen, hinsichtlich derer die Gebarung gemäß § 213 BAO zusammengefasst verbucht wird.

Ein grobes Verschulden am Eintritt der Säumnis im Sinn des § 217 Abs. 7 BAO ist dann anzunehmen, wenn die für die Einhaltung von Fristen erforderliche und nach den persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen wird, wenn also eine ungewöhnliche und auffallende Sorgfaltsvernachlässigung vorliegt. Eine solche auffallende Sorglosigkeit liegt dann vor, wenn ganz einfache und nahe liegende Überlegungen nicht angestellt wurden.

Aufgrund der Rechtmittelbelehrung des Grunderwerbsteuerbescheides vom war bekannt, dass die Grunderwerbsteuer in Höhe von € 3.729,60 am fällig ist.

Eine Erkundigung betreffend die Entrichtung der an Sie zugestellten Grunderwerbsteuervorschreibung beim Vertragsverfasser wäre schon deshalb geboten gewesen, als der Bescheid entgegen ausdrücklichen Ersuchen an Sie persönlich zugestellt wurde, sodass Sie keinesfalls an eine Entrichtung durch den Vertragsverfasser vertrauen durften.

Die Voraussetzungen für eine Nichtfestsetzung der Säumniszuschläge gemäß § 217 Abs. 7 BAO lagen somit nicht vor, sodass spruchgemäß zu entscheiden war."

II. Beweiswürdigung

Diese Sachverhaltsfeststellungen konnten auf Grund der eingesehen Unterlagen und den damit übereinstimmenden Ausführungen der Bf. in ihren Schriftsätzen getroffen werden. Der geschilderte Geschehensablauf erscheint glaubhaft und ist nachvollziehbar.

IV. Rechtslage und Erwägungen

Nach § 8 Abs. 1 GrEStG 1987 entsteht die Steuerschuld, sobald ein nach diesem Bundesgesetz steuerpflichtiger Erwerbsvorgang verwirklicht ist.

Ist die Wirksamkeit des Erwerbsvorganges vom Eintritt einer Bedingung oder von der Genehmigung einer Behörde abhängig, so entsteht die Steuerschuld gemäß § 8 Abs. 2 GrEStG 1987 erst mit dem Eintritt der Bedingung oder mit der Genehmigung.

Im gegenständlichen Fall war die Wirksamkeit des Kaufvertrages gemäß Punkt 7.2. des Vertrages vom Vorliegen der Vermessungsurkunde sowie in der Folge der Teilungsgenehmigung abhängig, welche auch im Zeitpunkt der Einbringung der Beschwerde noch nicht vorlag bzw. erteilt war. Der Kaufvertrag war somit noch nicht rechtswirksam, die Steuerschuld zu diesem Zeitpunkt noch nicht entstanden.

Der Grunderwerbsteuer unterliegende Erwerbsvorgänge sind nach § 10 Abs. 1 GrEStG bis zum 15. Tag des auf den Kalendermonat zweitfolgenden Monats, in dem die Steuerschuld entstanden ist, mit einer Abgabenerklärung beim Finanzamt anzuzeigen.

Nach § 11 Abs. 1 GrEStG sind Rechtsanwälte und Notare (Parteienvertreter) nach Maßgabe der §§ 12, 13 und 15 GrEStG befugt, die Steuer für Erwerbsvorgänge, die der Grunderwerbsteuer unterliegen, als Bevollmächtigte eines Steuerschuldners selbst zu berechnen, wenn die Selbstberechnung innerhalb der Frist für die Vorlage der Abgabenerklärung erfolgt.

Nach § 210 Abs. 1 BAO werden Abgaben unbeschadet der in Abgabenvorschriften getroffenen besonderen Regelungenmit Ablauf eines Monates nach Bekanntgabe (§ 97) des Abgabenbescheides fällig.

Das Grunderwerbsteuergesetz sieht nur für den Fall, dass von der Befugnis zur Selbstberechnung Gebrauch gemacht wird, in § 13 Abs. 1 GrEStG eine besondere Regelung für die Fälligkeit der Abgabe vor.

Nach § 13 Abs. 1 GrEStG haben Parteienvertreter für Rechtsvorgänge, für die sie eine Selbstberechnung vornehmen, spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf den Kalendermonat (Anmeldungszeitraum), in dem die Selbstberechnung erfolgt, zweitfolgenden Kalendermonats eine Anmeldung über die selbstberechneten Rechtsvorgänge beim Finanzamt vorzulegen.

Nach § 13 Abs. 3 GrEStG ist die selbstberechnete Steuer spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten.

Im Fall der Anzeige des Erwerbsvorganges mittels Abgabenerklärung wird hingen die Grunderwerbsteuer nach der Regel des § 210 Abs. 1 BAO mit Ablauf eines Monates nach Bekanntgabe (§ 97) des Abgabenbescheides fällig.

Gemäß § 198 Abs. 2 BAO haben Abgabenbescheide im Spruch idR den Zeitpunkt der Fälligkeit zu enthalten. Der im Bescheid angegebenen Fälligkeitstag ist auch dann maßgebend, wenn er von dem Tag abweicht, der sich aus § 210 Abs. 1 BAO ergeben würde (sieh dazu Ritz, BAO6, Rz2 zu § 210 BAO).

Das bedeutet, dass im vorliegenden Fall die Grunderwerbsteuerschuld erst mit Erteilung der Genehmigung entstanden ist und wäre diesfalls die Abgabe bis zum 15. Tag des auf den Anmeldungszeitraum zweitfolgenden Kalendermonats zu entrichten gewesen.

Für den gegenständlichen Erwerbsvorgang wurde jedoch von der Möglichkeit der Selbstberechnung nicht Gebrauch gemacht und ist daher auf Grund der allgemeinen Regel des § 210 Abs. 1 BAO die Fälligkeit der Grunderwerbsteuer einen Monat ab Zustellung des Grunderwerbsteuerbescheides eingetreten.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte direkt an die Bf., wobei die Bestellung des Vertreters ersichtlich war, das Finanzamt in der Beschwerdevorentscheidung jedoch ausführt, "…als der Bescheid entgegen ausdrücklichen Ersuchen an Sie persönlich zugestellt wurde…" Warum der Bescheid entgegen ausdrückliches Ersuchen direkt an die Bf. zugestellt wurde, hat das Finanzamt nicht begründet.

Nach der Ständigen Judikatur des VwGH sind Vollmachten für die Abgabenbehörden erst bedeutsam, wenn sie ihr bekannt sind (vgl. ua ; ). Die Bestellung eines Vertreters (auch zum Zustellungsbevollmächtigten) wird erst mit der Vorlage der Vollmachtsurkunde oder mit der mündlichen Erteilung der Vollmacht der Behörde gegenüber oder mit der Berufung auf die Vollmacht gegenüber der Behörde wirksam. Die Bevollmächtigung muss im jeweiligen Verfahren geltend gemacht werden (vgl. ua ).

Nach § 9 (3) Zustellgesetz hat die Behörde, wenn ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt wurde, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, diesen als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies nicht, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist.

Die Bevollmächtigung einer (natürlichen oder juristischen) Person oder einer eingetragenen Personengesellschaft hat gegenüber einer Behörde insbesondere zu erfolgen

(Ritz, BAO, 6. Aufl. 2017, ZustellG, § 9, III. Erteilung der Zustellungsvollmacht [Rz 17 - 22]).

Die Namhaftmachung eines Zustellungsbevollmächtigten kann auch dadurch erfolgen, dass in einem von der Partei unterzeichneten Anbringen eine Person ausdrücklich als Zustellungsbevollmächtigter bezeichnet wird, auch wenn nicht zusätzlich eine Vollmachtsurkunde beigelegt wird ( vgl. z.B. in Ritz, BAO, 6. Aufl. 2017, ZustellG, § 9, III. Erteilung der Zustellungsvollmacht [Rz 17 - 22]).

Eine allgemeine Vollmacht umfasst auch die Zustellungsbevollmächtigung (st Rspr, zB ; , 2001/09/0180; , 2002/09/0137; , 2012/13/0051; , 2012/13/0102).

Dies gilt auch dann, wenn sich ein Vertreter (zB gem § 88 Abs 9 WTBG bzw § 77 Abs 11 WTBG 2017) auf die ihm erteilte Vollmacht beruft (vgl ; , 2012/13/0051).

Unterbleibt entgegen § 9 Abs. 3 ZustG die Bezeichnung des Zustellungsbevollmächtigten als Empfänger und erfolgt die Zustellung an den Vertretenen, so ist sie unwirksam. Eine Sanierung ist nach § 9 Abs. 3 zweiter Satz ZustG grundsätzlich möglich, jedoch ist dies in vorliegendem Fall ja gerade n i c h t passiert.

Es erhebt sich also die Frage, ob der Grunderwerbsteuerbescheid überhaupt rechtlich existent geworden ist.

Der Grunderwerbsteuerbescheid hat im Spruch eine Angabe über die Fälligkeit zu enthalten, weshalb die Grunderwerbsteuer bis zu diesem Tag - auch wenn zu diesem Zeitpunkt auf Grund des Fehlens von Genehmigungen noch keine Grunderwerbsteuerschuld entstanden ist - zu entrichten ist.

Wird eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so ist gemäß § 217 Abs. 1 und 2 BAO ein erster Säumniszuschlag in Höhe von 2 % des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages zu entrichten.

§ 217 Abs. 1 BAO stellt nicht eine Schadenersatzregelung betreffend den Schaden des Abgabengläubigers aus einer verspäteten Abgabenentrichtung dar. Die Regelung bezweckt vielmehr die im Interesse einer ordnungsgemäßen Finanzgebarung unabdingbare Sicherstellung der pünktlichen Tilgung von Abgabenschulden (vgl. ua. ).

Die Festsetzung von Säumniszuschlägen, welche eine objektive Säumnisfolge und ein "Druckmittel" zur rechtzeitigen Erfüllung der Abgabenentrichtungspflicht sind, setzt (lediglich) den Bestand einer formellen Zahlungsverpflichtung voraus (vgl ua. ).

Das Vorliegen eines - objektiv gesehen - Zahlungsverzuges ist hier unbestritten.

Die im gegenständlichen Verfahren begehrte Aufhebung der Festsetzung des Säumniszuschlages nach § 217 Abs. 7 BAO setzt voraus, dass die Bf. kein grobes Verschulden an der Säumnis trifft.

Grobes Verschulden fehlt, wenn überhaupt kein Verschulden oder nur leichte Fahrlässigkeit vorliegt. Leichte Fahrlässigkeit liegt vor, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht. Keine leichte Fahrlässigkeit liegt vor, wenn jemand auffallend sorglos handelt. Auffallend sorglos handelt, wer die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und nach den persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht lässt (vgl. ua. ).

(Grobes) Verschulden von Arbeitnehmern der Partei (oder des Parteienvertreters) ist nicht schädlich. Entscheidend ist diesfalls, ob der Partei selbst (bzw. ihrem Vertreter) grobes Verschulden, insbesondere grobes Auswahl- oder Kontrollverschulden anzulasten ist (vgl. ua. ).

Für die Herabsetzung des Säumniszuschlages bzw. die Unterlassung der Festsetzung eines solchen kommt es auf die Umstände der konkreten Säumnis an (vgl. ua. ).

Im gegenständlichen Fall war die Ursache für die Säumnis eine Verkettung von Missverständnissen und Versehen.

Bei der Einreichung der Abgabenerklärung durch den Notar wurde offensichtlich übersehen, dass noch nicht alle Genehmigungen vorliegen und daher noch gar keine Grunderwerbsteuerschuld entstanden ist. Dieses Versehen einer "verfrühten" Abgabenerklärung kann auch sorgfältigen Menschen unterlaufen und bewirkt per se keine Verzögerungen bei der Abgabenentrichtung.

Der Vertragsverfasser und Bevollmächtigte, Herr Notar ***1***, hat davon jedoch keine Kenntnis erlangt, da ihm vom Finanzamt der Grunderwerbsteuerbescheid nicht zugestellt worden ist und er daher keine Möglichkeit hatte, die von der Bf. auf seinem Treuhandkonto bereits hinterlegte Grunderwerbsteuer an das Finanzamt zu überweisen. Er ist davon ausgegangen, dass die Vorschreibung der Grunderwerbsteuer erst nach Rechtskraft des Kaufvertrages erfolge und die Grunderwerbsteuer erst dann fällig würde.

Die Bf. hingegen war sich dieser Problematik nicht bewusst und hat den Vertragsverfasser von der an sie erfolgten Vorschreibung nicht verständigt.

Die Steuerschuld war zu diesem Zeitpunkt gemäß § 8 Abs. 2 GrEStG noch nicht entstanden, da die Vermessungsurkunde sowie die Teilungsgenehmigung noch nicht vorlagen.

Es ist nachvollziehbar, dass die Bf. der Meinung war, der Vertragsverfasser werde verständigt, zumal sie die Grunderwerbsteuer bereits auf das vom Vertragsverfasser für das Finanzamt geführte Konto überwiesen hatte.

Der Bf. vorzuwerfen ist im vorliegenden Fall im Wesentlichen nur, dass sie bei Erhalt des Grunderwerbsteuerbescheides, in dem die Fälligkeit ausdrücklich angeführt ist, nicht mit dem Notar Kontakt aufgenommen hat. Bei einer rechtzeitigen Kontaktaufnahme hätte neben der rechtzeitigen Überweisung des hinterlegten Grunderwerbsteuerbetrages ans Finanzamt auch noch die Möglichkeit bestanden, durch eine Beschwerde gegen den Grunderwerbsteuerbescheid eine Säumnis zu vermeiden.

Wohl hätte die Säumnis durch bessere Kommunikation vermieden werden können. Die unterlaufenen Fehler und Missverständnisse sind jedoch nicht als auffallende Sorglosigkeit einzustufen.

Der Beschwerde ist daher Folge zu geben und der festgesetzte Säumniszuschlag antragsgemäß aufzuheben.

V. Zur Unzulässigkeit einer ordentlichen Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision war als unzulässig zu erklären, da keine Rechtsfrage zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung. Das Bundesfinanzgericht konnte sich auf die bestehende und in der Entscheidung zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stützen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 217 Abs. 7 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7100341.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at