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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 19.10.2020, RV/7102749/2019

Arbeitskräfteüberlassung oder Werkvertrag?

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Anna Mechtler-Höger in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Anton Heisinger, Mühlallee 1, 7301 Deutschkreutz, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart vom betreffend Haftung gemäß § 99 EStG für den Zeitraum 2015 und 2016, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Im Zuge einer die Jahre 2014 bis 2016 umfassenden gemeinsamen Prüfung der Lohnabgaben (GPLA) stellte der Prüfer fest, die ungarische Fa. R habe für die Bf Eisenverlegearbeiten durchgeführt. Es habe sich dabei nicht um eine Entsendung, sondern um eine Arbeitskräfteüberlassung gehandelt. Laut Entsendemeldungen seien ausschließlich Hilfsarbeiter entsendet worden. Die Fakturierung sei jeweils mit dem Text "Eisenbieger" und dem jeweiligen Betrag erfolgt. Die ungarische Firma habe in Österreich keine Lohnsteuerzahlungen getätigt.

Das Finanzamt folgte dieser Feststellung und setzte mit Bescheid vom Abzugssteuer gemäß § 99 EStG 1988 in Höhe von 18.154,00 Euro fest.

In der fristgerecht dagegen erhobenen Beschwerde führte der steuerliche Vertreter aus, der Behörde sei ein bedeutsamer Rechtsirrtum unterlaufen: "Gemäß § 100 Abs. 2 EStG 1988 haftet der Schuldner der Einkünfte dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr der Abzugssteuer iS des § 99 leg. cit. Demnach ist Empfänger und Schuldner der Einkünfte, Primär- und Haftungsschuldner ein- und dieselbe Person, konkret das in Ungarn ansässige Einzelunternehmen R. Dessen Inhaber ist mit seinen Inlandseinkünften beschränkt steuerpflichtig. Nur er kommt im 7. Teil des EStG 1988 (§§ 98 bis 102) vor, der inländische Auftraggeber (also wir) hingegen nicht. Solcherart hängt die geltend gemachte Haftung gemäß § 99 EStG 1988 mangels Haftungstatbestandes völlig in der Luft."

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und ausgeführt, die ungarische Fa. R habe für die Bf Eisenverlegearbeiten durchgeführt. Nach den durchgeführten Ermittlungen des Prüforgans liege keine Entsendung, sondern eine Arbeitskräfteüberlassung vor. Laut Entsendemeldungen seien ausschließlich Hilfsarbeiter entsendet worden. Die Fakturierung sei mit dem Text "Eisenbieger" und dem jeweiligen Betrag erfolgt. Die Rechnungen würden aber keine detaillierten Angaben enthalten. Es liege auch kein Befreiungsschein gemäß § 5 der DBA-EntlastungsVO vor.

Entscheidend für die Beurteilung und Einstufung des Sachverhaltes seien die steuerlich maßgeblichen Kriterien und nicht die Bestimmungen des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes.

Für die Abgrenzung zum Werkvertrag sei es nicht ausreichend, dass zwar einzelne für das Vorliegen einer Arbeitskräftegestellung sprechende Sachverhaltselemente vorlägen, sich aber aus den Gesamtumständen Gegenteiliges ergebe. Das Gefahrenrisiko könne im gegenständlichen Fall nicht beurteilt werden, da der vorgelegte Vertrag in diesem Punkt mangelhaft sei. Die Verpflichtung aus einem Werkvertrag bestehe darin, eine genau umrissene Leistung zu erbringen. Das Interesse des Werkbestellers sei auf das Endprodukt gerichtet. Für einen Werkvertrag essentiell sei ein "gewährleistungstauglicher" Erfolg der Tätigkeit, nach welchem die für den Werkvertrag typischen Gewährleistungsansprüche bei Nichtherstellung oder mangelhafter Herstellung des Werkes beurteilt werden könnten. Dies alles sei aus den vorliegenden Unterlagen nicht ersichtlich.

Im Vorlageantrag bestritt der Vertreter der Bf das vom Finanzamt behauptete Vorliegen einer Arbeitskräfteüberlassung, es sei vielmehr ein Werkvertrag vorgelegen. Die Frage sei in einem Parallelverfahren beim BFG (Graz) anhängig. Aus diesem Grund erscheine es sinnvoll und zweckmäßig, die weitere Entwicklung im dortigen Verfahren abzuwarten. Im Kern gehe es um legistische Defizite, die dazu führen würden, dass Primär- und Haftungsschuldner dieselbe Person seien. Trotz Nachfrage durch das Bundesfinanzgericht gab der steuerliche Vertreter die Geschäftszahl des Parallelverfahrens nicht bekannt.

Nach einem Vorhalt führte der steuerliche Vertreter der Bf aus, die ungarische Firma habe die Aufträge von der Bf bekommen und in weiterer Folge diese Aufträge mit eigenem Personal durchgeführt; die Arbeiter der ungarischen Firma seien getrennt von den Arbeitern der Bf tätig geworden.

Die Arbeiten seien vom Vorarbeiter der Bf kontrolliert und abgenomen worden. Den Zeitpunkt der Fertigstellung habe der Auftraggeber vorgegeben, die Bf habe dieses Datum an die ungarische Firma weitergegeben. Wenn Gewährleistungsfälle aufgetreten seien, die von der ungarischen Firma zu verantworten gewesen seien, seien diese auch von ihr verbessert worden. Die notwendigen Werkzeuge und Utensilien (Helm, Handschuhe, Bindedraht, Bolzenschneider, Zangen) seien nicht von der Bf bereitgestellt, sondern von der ungarischen Firma mitgebracht worden. Den ungarischen Arbeitern seien auch keine Unterkünfte zur Verfügung gestellt worden.

Nach Ergehen der Ladung zog der steuerliche Vertreter den Antrag auf Durchführung der mündlichen Verhandlung zurück und führte ergänzend aus, bei der Bf hätten zu keiner Zeit Mitarbeiter der Bf und Personal von Fremdleistern zusammengearbeitet. Jede Subfirma habe ein konkretes Bauvorhaben auf eigene Verantwortung mit eigenem Personal erledigt. Auf die Dienste von Fremdleistern habe die Bf erst dann zurückgegriffen, wenn ein bestimmtes Bauvorhaben aus welchen Gründen auch immer mit eigenem Personal nicht habe erledigt werden können. Gleichzeitig vorgelegte schriftliche Zeugenaussagen von sechs Mitarbeitern der Bf würden dies bestätigen.

Darüber hinaus liege auch der behauptete Haftungstatbestand nicht vor: Nach § 100 Abs. 2 EStG 1988 sei der ausländische Primärschuldner zugleich Haftender. Im siebenten Teil des EStG 1988 gehe es um die Einkünfte eines Steuerausländers, mit denen er in Österreich der Einkommen- und Körperschaftsteuer unterliege. Es gehe also um seine Erträgnisse, für die primär der Steuerausländer heranzuziehen sei und ein Dritter (Steuerinländer) nur bei einem speziellen Haftungstatbestand herangezogen werden könne. Nach § 100 Abs. 2 EStG 1988 seien "Schuldner der Abzugssteuer", "Empfänger der Einkünfte" und der Abfuhrpflichtige ein- und dieselbe Person, im vorliegenden Fall die ungarische Firma.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Bf ist eine im Baugewerbe tätige Kommanditgesellschaft. In den Jahren 2015 und 2016 führte die Bf mit eigenen Arbeitern und mit Arbeitern einer in Ungarn ansässigen Firma Eisenverlegearbeiten durch. In den Entsendemeldungen ist die Art der Tätigkeit und Verwendung der Arbeitnehmer mit "Eisenverleger" und die Höhe des gebührenden Entgelts sowohl 2015 als auch 2016 mit 11,45 Euro pro Stunde angegeben. In den Rechnungen wurden die jeweiligen Baustellen angeführt und die erbrachten Leistungen mit dem Text "Eisenbieger" umschrieben; es wurde ein Gesamtbetrag in Rechnung gestellt, eine Aufschlüsselung nach geleisteten Stunden ist nicht enthalten.

Die Arbeiter der ungarischen Firma wurden nicht gemeinsam mit den Arbeitern der Bf eingesetzt, die Arbeiten wurden vom Vorarbeiter der Bf, V, kontrolliert und auch abgenommen. Der Fertigstellungszeitpunkt wurde vom Auftraggeber der Bf vorgegeben. In den aufgetretenen Gewährleistungsfällen wurden die Mängel durch die ungarische Firma verbessert.

Die für Eisenbieger- und -verlegearbeiten notwendigen Werkzeuge und Utensilien (Helm, Handschuhe, Bindedraht, Bolzenschneider, Zangen) wurden von der ungarischen Firma selbst mitgebracht, das zu verlegende Eisen wurde von der Bf bzw. von deren Auftraggebern beigestellt. Den ungarischen Arbeitern wurde keine Unterkunft zur Verfügung gestellt.

Die ungarische Firma unterhält keine Betriebsstätte in Österreich. Sie stellte der Bf in den Jahren 2015 und 2016 ausländische Arbeitskräfte im Rahmen einer Arbeitskräfteüberlassung zur Verfügung.

Beweiswürdigung

Diese Feststellungen gründen sich im Wesentlichen auf die Feststellungen der Betriebsprüfung, auf die Angaben des steuerlichen Vertreters der Bf im Ermittlungsverfahren vor dem Bundesfinanzgericht und hinsichtlich der Tatsache, dass die ungarischen Arbeiter der Bf im Wege einer Arbeitskräftegestellung zur Verfügung standen und organisatorisch in den Betrieb der Bf eingegliedert waren, auf die folgende Beweiswürdigung:

Zur Behauptung des steuerlichen Vertreters, die ausländischen Arbeitskräfte hätten ihre Arbeitsleistung im Bereich des Werkbestellers in Erfüllung von Werkverträgen erbracht, ist anzumerken, dass laut Feststellung des Prüfers keine Anbote vorgelegt worden sind. Auch dem Bundesfinanzgericht wurden trotz Aufforderung keine mit der ungarischen Firma abgeschlossenen Verträge/Vereinbarungen übermittelt.

Die in den Rechnungen und den Entsendemeldungen vorgefundene Leistungsbeschreibung umfasst lediglich die Angabe der Baustelle und das Wort "Eisenbieger" bzw."Eisenverlegen" und "Bautätigkeit". Das für einen Werkvertrag typische Element der genauen Beschreibung des bedungenen Erfolgs, der genaue Leistungsumfang, ist den dem Gericht vorliegenden Unterlagen nicht zu entnehmen. Die von den Arbeitern der ungarischen Firma durchgeführten Arbeiten unterscheiden sich nicht von jenen Arbeiten, die die bei der Bf angestellten Arbeiter verrichteten.

Es fehlt daher das für einen Werkvertrag typische Spezifikationsmerkmal, weil die geschuldete Leistung nur gattungsmäßig umschrieben ist. Der gegenständliche Rechnungsinhalt reicht nicht aus, um davon ein von der ungarischen Firma herbeizuführendes, klar abgrenzbares Werk ableiten zu können. Bei Eisenbiegerarbeiten handelt es sich um einfache Hilfsarbeiten, die mit dem gewöhnlichen Baufortschritt Hand in Hand gehen. Der Verwaltungsgerichtshof hat diesbezüglich in seinem Erkenntnis vom , 95/09/0155, klargestellt, dass derartige einfache Hilfstätigkeiten, die im unmittelbaren zeitlichen Arbeitsablauf erbracht werden müssen, kein selbständiges Werk darstellen können, vor allem dann nicht, wenn durch die Art der Tätigkeit eine Abgrenzung der von den Stammarbeitern der Bf und den ausländischen Arbeitskräften der zu erstellenden Arbeitsergebnisse nicht möglich ist.

Die organisatorische Eingliederung in den Betrieb der Bf zeigt sich vor allem darin, dass die ausländischen Arbeitskräfte der Kontrolle des Vorarbeiters der Bf unterlagen, wie dies der steuerliche Vertreter in seinem Telefax vom bestätigte. Auch bringt das Tätigwerden der ausländischen Arbeitskräfte nach den jeweiligen zeitlichen Gegebenheiten eine Eingliederung in den Unternehmensorganismus zum Ausdruck, das dem Vorliegen eines Werkverhältnisses zuwiderläuft ().

Den nach Ergehen der Ladung zur mündlichen Verhandlung beigebrachten schriftlichen Zeugenaussagen ist zu entnehmen, dass keine gemischten Arbeiterpartien mit den Arbeitern der Fremdleister gebildet worden seien. Diese Tatsache wird vom BFG nicht bestritten. Dass alle für die Bf durchgeführten Arbeiten durch den Vorarbeiter der Bf kontrolliert und abgenommen wurden, wird durch die Zeugenaussagen jedoch nicht in Abrede gestellt.

Entsprechend den obigen Ausführungen war berechtigterweise davon auszugehen, dass der Bf im Rahmen einer Arbeitskräftegestellung seitens des in Ungarn ansässigen Unternehmens Arbeitskräfte zur Verrichtung im Inland zur Verfügung gestellt wurden.

Dass vertraglich eine Gewährleistungsverpflichtung vereinbart worden ist, kann diese Würdigung angesichts der Kontrolle der Arbeiten durch den Vorarbeiter der Bf nicht entkräften.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung/Abänderung/Stattgabe)

§ 98 EStG 1988 regelt die Steuerpflicht von beschränkt Steuerpflichtigen. Beschränkte Steuerpflicht liegt vor, wenn ein Tatbestand des § 98 Abs. 1 EStG 1988 erfüllt ist.

Gemäß § 98 Abs. 1 Z 3 unterliegen der beschränkten Steuerpflicht (§ 1 Abs. 3)

Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 23),

- für den im Inland eine Betriebsstätte unterhalten wird oder

- für den im Inland ein ständiger Vertreter bestellt ist oder

- bei dem im Inland unbewegliches Vermögen vorliegt.

Einkünfte

- aus kaufmännischer oder technischer Beratung im Inland,

- aus der Gestellung von Arbeitskräften zur inländischen Arbeitsausübung und

- aus der gewerblichen Tätigkeit als Sportler, Artist oder als Mitwirkender an Unterhaltungsdarbietungen im Inland

sind jedoch auch dann steuerpflichtig, wenn keine inländische Betriebsstätte unterhalten wird und kein ständiger Vertreter im Inland bestellt ist.

Gemäß § 99 Abs. 1 Z 5 EStG 1988 wird die Einkommensteuer beschränkt Steuerpflichtiger bei Einkünften aus der Gestellung von Arbeitskräften zur inländischen Arbeitsausübung durch Steuerabzug erhoben (Abzugsteuer). Gemäß § 99 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 unterliegt der volle Betrag der Einnahmen (Betriebseinnahmen) oder Gewinnanteile der Abzugsteuer. Vom Schuldner übernommene Abzugsteuer unterliegt als weiterer Vorteil dem Steuerabzug.

Gemäß § 100 Abs. 1 EStG 1988 beträgt die Abzugssteuer gemäß § 99 grundsätzlich 20%. Gemäß § 100 Abs. 2 EStG 1988 ist der Empfänger der Einkünfte gemäß § 99 Abs. 1 der Schuldner der Abzugssteuer. Der Schuldner dieser Einkünfte haftet für die Einbehaltung und Abfuhr der Steuerabzugsbeträge iSd § 99 EStG 1988.

Im Unterschied zu dem vom steuerlichen Vertreter in seinem ergänzenden Schriftsatz vom zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2009/15/0174, ist auf den vorliegenden Beschwerdefall allerdings bereits die DBA-Entlastungsverordnung, BGBl. III Nr. 92/2005, als innerstaatliche Regelung zur Durchführung von Doppelbesteuerungsabkommen anwendbar. Ist nach originär- innerstaatlichem Recht eine Abfuhrpflicht gegeben, kann eine Abfuhr der Abzugssteuer nach § 99 EStG 1988 nur mehr dann unterbleiben, wenn alle Voraussetzungen der DBA-Entlastungsverordnung für eine Entlastung an der Quelle in unmittelbarer Anwendung eines Doppelbesteuerungsabkommens erfüllt sind ().

Die DBA- Entlastungsverordnung hat (auszugsweise) folgenden Inhalt:

"§ 1. Sind Einkünfte von im Ausland ansässigen Personen auf Grund von Doppelbesteuerungsabkommen ganz oder teilweise von einer inländischen Abzugsbesteuerung zu entlasten, kann diese Entlastung in unmittelbarer Anwendung der Doppelbesteuerungsabkommen vorbehaltlich der nachfolgenden Bestimmungen vom Vergütungsschuldner (vom Abfuhrpflichtigen) herbeigeführt werden (Entlastung an der Quelle). Der Vergütungsschuldner ist in diesem Fall verpflichtet, die Richtigkeit der Unterlassung oder Einschränkung des Steuerabzuges zu beweisen oder nach Maßgabe des § 238 BAO glaubhaft zu machen

.……….

§ 5 (1) Eine Entlastung an der Quelle ist in folgenden Fällen unzulässig:

………

4. wenn Vergütungen für die Gestellung von Arbeitskräften zur inländischen Arbeitsausübung gezahlt werden (ausgenommen konzerninterne Personenüberlassung von Angestellten).

……..

(3) Das Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart kann über Antrag eines abkommensberechtigten Arbeitskräfteüberlassungsunternehmens bei Vergütungen für die Gestellung von Arbeitskräften zur inländischen Arbeitsausübung zeitlich befristet durch Bescheid eine Entlastung an der Quelle zulassen, wenn sichergestellt ist, dass keine Umgehungsgestaltung vorliegt und das ausländische Arbeitskräfteüberlassungsunternehmen oder der inländische Gestellungsnehmer (Beschäftiger) für die überlassenen Arbeitskräfte die Pflichten des Arbeitgebers im Sinne der §§ 76, 78, 79, 80, 82, 84 und 87 EStG 1988 wahrnimmt. Gestellungsnehmer können die Arbeitskräftegestellungsvergütungen von der Besteuerung für jene Zeiträume entlasten, für die ihnen eine Kopie des Bescheides vorliegt.

§ 6 (1) Die Verordnung tritt am in Kraft und ist auf alle Einkünfte anzuwenden, die ab diesem Zeitpunkt zufließen."

Eine Gestellung von Arbeitskräften liegt vor, wenn ein Unternehmer (Gesteller) seine Dienstnehmer einem anderen Unternehmer (Gestellungsnehmer) zur Verfügung stellt, ohne dass zwischen dem Gestellungsnehmer und den Arbeitnehmern des Gestellers ein Dienstverhältnis begründet wird. Beim Gestellungsvertrag handelt es sich um einen Vertrag eigener Art.

Entscheidend für die Arbeitskräftegestellung ist, dass der Gesteller Arbeitgeber bleibt. Er trägt den Lohnaufwand und die Arbeitnehmer stehen zu ihm in einem Arbeitsverhältnis. Es bleibt das Dienstverhältnis zu demjenigen aufrecht, der die Dienste verschafft. Im Unterschied zum Werkvertrag schuldet er jedoch kein Werk, sondern lediglich die Bereitstellung von Arbeitnehmern. Bei einem Werkvertrag hingegen verpflichtet sich der Unternehmer zur Herbeiführung eines bestimmten Erfolges.

Im Gegensatz zum Werkvertrag liegt das Gefahrenrisiko beim Gestellungsvertrag ausschließlich beim Gestellungsnehmer. Der Gesteller haftet sohin nicht für die tatsächlichen Leistungen der von ihm gestellten Arbeitnehmer, sondern nur für ihre grundsätzliche Qualifizierung (Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, § 98 Rz 8.7).

Damit ist aber das Schicksal der gegenständlichen Beschwerde entschieden. Wurden - so wie im vorliegenden Fall - seitens eines in Ungarn ansässigen Unternehmens im Rahmen einer Arbeitskräftegestellung Arbeitskräfte einem inländischen Unternehmen, nämlich der Bf, zur Dienstverrichtung im Inland überlassen, unterliegt der Gesteller mit seinen für diese Zurverfügungstellung von Arbeitskräften erhaltenen Vergütungen der Abzugssteuerpflicht im Inland, zumal § 5 Abs. 1 Z 4 DBA-Entlastungs-VO für Gestellungsvergütungen eine Entlastung an der Quelle für unzulässig erklärt. Gleichzeitig haftet die Bf als Gestellungsnehmerin für die Einbehaltung und Abfuhr dieser Abgaben. Die Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 DBA-Entlastungs-VO, wonach die Bf als Gestellungsnehmerin die strittigen Arbeitskräftegestellungsvergütungen von der Besteuerung in Folge des Vorliegens einer Kopie des Bescheides des Finanzamtes Eisenstadt Oberwart entlasten hätte können, lagen nicht vor und wurde Derartiges auch nicht behauptet.

Das Gestellungsentgelt unterliegt gemäß § 99 EStG 1988 in Österreich der Abzugsteuer. Die Bf haftet für die Einbehaltung und Abfuhr dieser Abgaben. Die Haftungsbescheide für 2015 und 2016 ergingen daher zu Recht.

Dem Einwand des steuerlichen Vertreters, die Behörde unterliege einem fatalen Rechtsirrtum, da Empfänger und Schuldner der Einkünfte ein- und dieselbe Person sei, nämlich das in Ungarn ansässige Einzelunternehmen, weshalb die geltend gemachte Haftung mangels eines Haftungstatbestandes in der Luft hänge, ist Folgendes entgegenzuhalten:

Schuldner der Abzugssteuer ist gemäß § 100 Abs. 2 EStG 1988 der Empfänger der Einkünfte gemäß § 99 Abs. 1 EStG 1988. Der Schuldner der Einkünfte haftet für die Einbehaltung und Abfuhr der Steuerabzugsbeträge (Jakom/Marschner, EStG 2018, § 100 Rz 2).

Empfänger der Einkünfte ist im vorliegenden Fall das in Ungarn ansässige Einzelunternehmen, während der Schuldner der Einkünfte die Bf ist. Sie leistet Zahlungen an die ungarische Firma. Die vom steuerlichen Vertreter gesehene Personenidentität kann nicht nachvollzogen werden, weil Schuldner und Empfänger der Einkünfte tatsächlich zwei unterschiedliche Personen sind. Es ist daher nicht zutreffend, dass die geltend gemachte Haftung gemäß § 99 EStG 1988 ohne Haftungstatbestand erfolgte.

Wie oben ausgeführt, ergibt sich aus der Bestimmung des § 98 Abs. 1 Z 3 EStG 1988, dass Einkünfte aus der Gestellung von Arbeitskräften zur inländischen Arbeitsausübung auch dann steuerpflichtig sind, wenn keine inländische Betriebsstätte unterhalten wird und kein ständiger Vertreter bestellt ist. Nach § 99 Abs. 1 EStG 1988 wird die Einkommensteuer beschränkt Steuerpflichtiger durch Steuerabzug erhoben (Abzugssteuer). § 99 Abs. 1 Z 5 EStG normiert bei Einkünften aus der Gestellung von Arbeitskräften zur inländischen Arbeitsausübung eine Abzugssteuerpflicht, wobei der Schuldner der Einkünfte (somit der Gestellungsnehmer) für die Einbehaltung und Abfuhr der Steuerabzugsbeträge im Sinne des § 99 haftet. Nach dieser innerstaatlichen Rechtslage ist somit bei gegebener Sachlage ohne Zweifel davon auszugehen, dass die in Rede stehenden Einkünfte aus der Gestellung von Arbeitskräften zur inländischen Arbeitsausübung der beschränkten Einkommensteuerpflicht (§ 98 Abs. 1 Z 3 EStG) unterliegen und diese Einkommensteuer gemäß § 99 Abs. 1 Z 5 EStG durch Steuerabzug zu erheben ist (Abzugssteuer). Die mit dem angefochtenen Bescheid erfolgte streitgegenständliche Heranziehung der Bf zur Haftung entsprach damit diesen gesetzlichen Bestimmungen.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das VwGH-Erkenntnis vom , 2009/15/0174 lässt implizit erkennen, dass Bestimmungen des DBA die unterlassene Abzugsbesteuerung gemäß § 99 Abs. 1 Z 5 EStG nur für den Fall rechtfertigen könnten, wenn die DBA- Entlastungsverordnung eine unmittelbare Entlastung des beschränkt Steuerpflichtigen an der Quelle zulassen würde. Von dieser Rechtsprechung weicht das Erkenntnis nicht ab.

Wien, am

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