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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 06.07.2020, RV/7101252/2020

Abgabenerhöhung, Finanzvergehen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Michaela Schmutzer in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Lohr + Co. GmbH Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, Kärntner Ring 11-13 Tür 3, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 1/23 vom betreffend Abgabenerhöhung 2019 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird - ersatzlos - aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom wurde gemäß § 29 Abs. 6 Finanzstrafgesetz (FinStrG) eine Abgabenerhöhung von € 11.678,70 aufgrund nachstehender Bemessungsgrundlage festgesetzt:

Abgabenart /Zeitraum/ Mehrbetrag
Umsatzsteuer 2018 € 77.858,21

Summe der Mehrbeträge € 77.858,21 davon Abgabenerhöhung 15 % € 11.678,70

Zur Begründung wurde ausgeführt:

Gemäß § 29 Abs. 6 FinStrG tritt strafbefreiende Wirkung von anlässlich einer
finanzstrafbehördlichen Nachschau, Beschau, Abfertigung oder Prüfung von Büchern oder
Aufzeichnungen erstatteten Selbstanzeigen hinsichtlich zumindest grob fahrlässig begangener Finanzvergehen nur insoweit ein, als neben den verkürzten Abgaben auch eine festzusetzende Abgabenerhöhung rechtzeitig entrichtet wird. Die Höhe dieser Abgabenerhöhung bemisst sich mit einem Prozentsatz der Summe der sich aus der Selbstanzeige ergebenden Mehrbeträge.
Die Höhe dieses Prozentsatzes beträgt 5 %. Übersteigt die Summe 33.000,00 €, beträgt der Prozentsatz 15 %, übersteigt sie 100.000,00 €, beträgt der Prozentsatz 20 % und übersteigt die Summe 250.000,00 € beträgt der Prozentsatz 30 %.

Die gegenständliche Selbstanzeige wurde anlässlich einer Außenprüfung gem. § 147 Abs. 1 BAO erstattet. Aufgrund des mit der Selbstanzeige dargelegten Fehlverhaltens liegt zumindest grob fahrlässige Tatbegehung vor.

Aufgrund der sich aus der Selbstanzeige ergebenden Summe der Mehrbeträge von € 77.858,21 ist die Abgabenerhöhung gem. § 29 Abs. 6 FinStrG mit 15 % zu bemessen."

****

Dagegen richtet sich die Beschwerde vom mit folgendem Inhalt:

"Im Namen und Auftrag unserer oben genannten Mandantschaft (Vollmacht ausgewiesen) erheben wir hiermit gegen den Bescheid über die Festsetzung einer Abgabenerhöhung gemäß § 29 Abs. 6 FinStrG in der Höhe von EUR 11.678,70 vom , bei uns eingelangt am , innerhalb offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde und begründen diese wie folgt:

"Anlässlich der Außenprüfung der Umsatzsteuer 09/2018 - 12/2018 unserer oben genannten Mandantschaft wurde vorsichtshalber eine Selbstanzeige gemäß § 29 FinStrG betreffend der Umsatzsteuervoranmeldung 12/2018 eingebracht.

Im Rahmen dieser Selbstanzeige wurde ausgeführt, dass in der Umsatzsteuervoranmeldung 12/2018 unserer Mandantschaft abzugsfähige Vorsteuerbeträge von EUR 439.380,40 geltend gemacht wurden. Dieser Betrag setzt sich aus den Vorsteuerbeträgen für den Abbruch des Altgebäudes ***5*** und für den Generalplaner- und Projektmanagementvertrag des Projektes ***5*** zusammen.

Das Projekt ***5*** umfasst die drei Bereiche Kindergarten, betreutes Wohnen und freies Wohnen. Die Bereiche Kindergarten und betreutes Wohnen werden zuerst realisiert (Bauteil I) und der Bereich freies Wohnen danach (Bauteil II).

Hinsichtlich des Kindergartens ist ursprünglich davon ausgegangen worden, dass die Mieterin des Kindergartens (die ***1***) gemäß UStR Rz 988 zur Umsatzsteuerpflicht ihrer Leistungen optiert und damit auch eine umsatzsteuerpflichtige Vermietung an diese Mieterin möglich ist.

In der Folge wurde jedoch überraschenderweise von der ***1*** entschieden, dass diese Option zur Umsatzsteuerpflicht gemäß Rz 988 UStR nicht ausgeübt werden wird. In dem am abgeschlossenen Mietvertrag mit der ***1*** (siehe Anlage 1) ist daher vorgesehen, dass die Vermietung an diese unecht umsatzsteuerbefreit erfolgen wird. In § 3.2 des Mietvertrages wurde jedoch vereinbart, dass im Falle einer küftigen Vorsteuerabzugsberechtigung der Mieterin auch die Vermieterin berechtigt ist zur Umsatzsteuer zu optieren. In diesem Fall erhöt sich der Mietzins um die Umsatzsteuer.

Das gegenständliche Mietverhätnis beginnt am Tag der bezugsfertigen Üergabe des Objektes. Das voraussichtliche Fertigstellungsdatum ist der . Die Vermietung an die ***1*** wird daher frühestens ab Februar 2020 erfolgen.

Bei der Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldung 12/2018 war jedoch die zuständige Mitarbeiterin über den am abgeschlossenen Mietvertrag nicht informiert und ging daher irrtümlicherweise noch davon aus, dass die für das Projekt ***5*** anfallenden Vorsteuerbeträge zur Gänze abzugsfähig sind.

Bei Vorbereitung der Unterlagen zur Prüfung der Umsatzsteuer 09/2018 bis 12/2018 ist das dem steuerlichen Vertreter aufgefallen und wurde dies der Prüferin auch bereits vor Beginn der Prüfung telefonisch mitgeteilt.

In einer der Selbstanzeige beigefügten Aufstellung wurde die Aufteilung der Vorsteuern in abzugsfähige und nicht abzugsfähige Vorsteuern gemäß Rz 2020 UStR auf Basis der vermieteten Flächen vorgenommen (siehe Anlage 2). Danach ergibt sich für das gesamte Projekt ein nicht abzugsfähiger Vorsteueranteil von 17,72 %. Die in der Umsatzsteuervoranmeldung 12/2018 geltend zu machende Vorsteuer reduzierte sich von EUR 439.380,40 um EUR 77.858,21 auf den Betrag von EUR 361.522,19.

Von dieser Vorsteuerreduktion in der Höhe von EUR 77.858,21 hat die Abgabenbehörde eine Abgabenerhöhung von EUR 11.678,70 festgesetzt. Begründet wurde dies damit, dass auf Grund des in der Selbstanzeige dargelegten Fehlverhaltens zumindest eine grob fahrlässige Tatbegehung vorliegt.

Dazu ist Folgendes anzumerken:

Eine Abgabenerhöhung gemäß § 29 Abs. 6 FinStrG kommt nur bei vorsätzlich oder grob fahrlässig begangenen Finanzvergehen zur Anwendung.

Voraussetzung für eine Abgabenerhöhung gemäß 29 Abs. 6 FinStrG ist somit das Vorliegen eines Finanzvergehens und der Umstand, dass dieses Finanzvergehen vorsätzlich oder grob fahrlässig begangen worden ist.

Bei unrichtigen Umsatzsteuervoranmeldungen kommen dafür die Tatbestände des § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG bzw. des § 49 Abs. 1 lit. b FinStrG in Betracht.

Einer Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG macht sich schuldig, wer vorsäzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe einer dem § 21 UStG entsprechenden Voranmeldung eine Verküzung der Umsatzsteuer bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss hält. Eine Verkürzung der Umsatzsteuer wird dabei auch durch die Geltendmachung nicht zustehender Gutschriften bewirkt.

Einer Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 lit. b FinStrG macht sich schuldig, wer vorsäzlich durch Abgabe unrichtiger Voranmeldungen gemäß § 21 UStG ungerechtfertigte Abgabengutschriften geltend macht.

Zum objektiven Tatbestand und somit zum Vorsteuerabzug unserer Mandantin ist folgendes auszuführen. Gemäß § 12 Abs. 3 UStG sind Vorsteuerbeträge für Lieferungen und sonstige Leistungen vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen, die der Unternehmer zur Ausführung unecht steuerbefreiter Umsätze verwendet.

Generell ist unsere Mandantin bestrebt, unecht steuerbefreite Umsätze so weit als möglich zu vermeiden. Durch unecht steuerbefreite Umsätze erhöht sich nämlich der Aufwand für die Erstellung von Umsatzsteuervoranmeldungen beträchtlich und es ergeben sich dadurch schwierig zu lösende Fragen bezüglich der Abgeltung dieses Vorsteuernachteiles durch die davon betroffenen Mieter. Bei der Vermietung von Geschäftsräumlichkeiten wird daher von unserer Mandantin - sofern das möglich ist - immer auf die Umsatzsteuerpflicht optiert.

Bei der Planung des gegenständlichen Projektes ist unsere Mandantin daher zunächst davon ausgegangen, dass sie daraus umsatzsteuerpflichtige Umsätze erzielen wird und ihr daher auch der Vorsteuerabzug aus diesem Projekt zur Gänze zusteht. Als sich jedoch ergeben hat, dass eine potentielle Mieterin (die ***1***) einen unecht steuerbefreiten Kindergarten betreibt, ist man davon ausgegangen, dass diese nach Art. XIV BG BGBl 21/1995 idF BGBl Nr. 756/1996 auf diese unechte Steuerbefreiung verzichtet und daher auch an diese umsatzsteuerpflichtig vermietet werden kann.

Aus diversen Gründen hat sich die ***1*** jedoch dazu entschlossen, die Option zur Umsatzsteuerpflicht nicht in Anspruch zu nehmen. Auf Grund der derzeitigen Rechtslage entfällt dadurch auch für unsere Mandantschaft die Möglichkeit, für diese Vermietung zur Umsatzsteuer zu optieren.

Diesbezüglich muss aber darauf hingewiesen werden, dass die Vermietung an die ***1*** frühestens ab 02/2020 erfolgen wird. Sollten sich bis dahin die gesetzlichen Rahmenbedingungen ändern oder die ***1*** doch noch auf ihre Umsatzsteuerbefreiung verzichten, dann würde auch unsere Mandantin umsatzsteuerpflichtig vermieten und der Vorsteuerabzug würde ihr auch für diese Umsätze zur Gänze zustehen. Dies ergibt sich aus den Regelungen in § 3.2 des Mietvertrages, die auf Bestreben unserer Mandantin in den Mietvertrag aufgenommen worden sind.

Da bislang noch keine Leistungen an die ***1*** erbracht worden sind, steht derzeit auch noch nicht endgültig fest, ob es sich dabei um unecht steuerbefreite Umsätze handeln wird, die zu einem teilweisen Entfall des Vorsteuerabzuges führen werden.

Hinsichtlich der subjektiven Tatseite verlangen die beiden Tatbestände gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG und § 49 Abs. 1 lit. b Vorsätzlichkeit, wobei für § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG darüber hinaus sogar Wissentlichkeit erforderlich ist.

Gemäß § 8 Abs. 1 FinStrG handelt vorsätzlich, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, dass der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet. Wissentlich handelt jeder, der den Umstand oder Erfolg, für den das Gesetz Wissentlichkeit voraussetzt, nicht bloß für möglich hält, sondern sein Vorliegen oder Eintreten für gewiss hält.

Im gegenständlichen Fall lag jedoch hinsichtlich der Vorsteuerkürzung bei Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldung 12/2018 keine Vorsätzlichkeit und schon gar keine Wissentlichkeit vor. Der für die Erstellung und Einreichung der Umsatzsteuervoranmeldung 12/2018 zuständigen Mitarbeiterin war der Abschluss des Mietvertrages mit der ***10*** Sozialeinrichtungen gemeinnützige GmbH nicht bekannt. Die gesetzlichen Vertreter unserer Mandantin setzten zunächst alles daran, dass zukünftig umsatzsteuerpflichtig an die ***1*** vermietet werden kann.

Nach dem Abschluss des Mietvertrages mit der ***1*** am war diesen jedoch wiederum der Umstand, dass in der Umsatzsteuervoranmeldung 12/2018 keine Vorsteuerkürzung vorgenommen worden ist, nicht bekannt.

Wissentlichkeit bzw. bedingter Vorsatz lag daher bei den involvierten Personen im gegenständlichen Fall nicht vor. Dies ergibt sich auch aus dem Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung vom . In diesem wird unter der Tz. 2 ausgeführt, dass nach Ansicht der Außenprüfung im gegenständlichen Fall ein "grob fahrlässiges Verhalten" vorliegt. Obwohl aus unserer Sicht im gegenständlichen Fall auch von keinem grob fahrlässigen Verhalten gesprochen werden kann, ergibt sich daraus jedenfalls, dass keine Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG und auch keine Finanzordnungswidrigkeit gemäߧ 49 Abs. 1 lit. b FinStrG verwirklicht worden sind, da diese ein vorsätzliches Verhalten voraussetzen.

Die Geltendmachung einer ungerechtfertigten Abgabengutschrift war von unserer Mandantin jedoch in keinster Weise beabsichtigt. Als der Irrtum bei der Umsatzsteuervoranmeldung 12/2018 entdeckt worden ist, wurde die Betriebsprüferin sofort darüber telefonisch informiert. Dies war noch vor dem Beginn der Prüfungshandlungen.

Die Verbuchung der reduzierten Umsatzsteuergutschrift 12/2018 erfolgte auf dem Abgabenkonto unserer Mandantin ohnehin erst am .

Im gegenständlichen Fall ist somit jedenfalls die subjektive Tatseite eines Finanzvergehens nicht erfüllt. Mangels Vorliegens eines Finanzvergehens kann es somit auch zu keiner Abgabenerhöhung gemäß § 29 Abs. 6 FinStrG kommen.

Aus diesem Grund wurde die Selbstanzeige vom auch nur vorsichtshalber eingebracht.

Wir stellen daher den ANTRAG auf Aufhebung der Abgabenerhöhung gemäß § 29 Abs. 6 FinStrG in der Höhe von EUR 11.678,70."

****

Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen und dazu ausgeführt:

"Verfahrensgang und Sachverhalt:

Die Außenprüfung betreffend Umsatzsteuer erfolgte gemäß § 147 Abs. 1 BAO für die Zeiträume 09/2018 - 12/2018.

Anlässlich dieser Außenprüfung wurde vom steuerlichen Vertreter für die Geschäftsführer der ***Bf1*** sowie für den Verband "***Bf1***" eine Selbstanzeige gemäß § 29 FinStrG betreffend der Umsatzsteuervoranmeldung 12/2018 eingebracht.

Im Rahmen dieser Prüfung wurde aufgrund der vorgelegten Unterlagen eine unrichtige Umsatzvorsteueranmeldung für den Zeitraum 12/2018 festgestellt.

Die ***Bf1*** erwarb am von der ***2*** (FN ***3***) die Liegenschaft BG ***4***, samt den darauf befindlichen Gebäuden um EUR 3.950.000,-.

Laut steuerlichem Vertreter umfasst das Projekt ***5*** die drei Bereiche Kindergarten, betreutes Wohnen und freies Wohnen. Die Bereiche Kindergarten und betreutes Wohnen werden zuerst realisiert (Bauteil I) und der Bereich freies Wohnen danach (Bauteil II).

Mit der ***1***, ***6***, schloss die ***Bf1*** am zwei Mietverträge ab, einen bezüglich Kindergarten (0% USt) und einen hinsichtlich "***7***" (10% USt).

Das Leistungsentgelt für den Kindergarten fällt unter die unechte Steuerbefreiung des § 6 Abs. 1 Z 23 UStG, sodass die Mieterin für den Kindergarten nicht zur Steuerpflicht (20%) optierte.

Mittels Umsatzsteuervoranmeldung 12/2018 vom machte die ***Bf1*** einen Umsatzsteuerüberschuss von EUR 439.380,40 geltend.

Mittels Schreiben vom erstattete der steuerliche Vertreter für die Geschäftsführerin, Frau ***8***, und den Geschäftsführer, Herrn ***9***, sowie für den Verband "***Bf1***" Selbstanzeige gemäß § 29 FinStrG, da der Vorsteuerabzug für das ganze Objekt vorgenommen wurde.

Bereits vor Prüfungsbeginn informierte der steuerliche Vertreter die Prüferin, dass der Vorsteuerabzug zu Unrecht im Ausmaß von 100% vorgenommen wurde.

Aufgrund der vorgelegten Unterlagen ergibt sich für das gesamte Projekt ein nicht abzugsfähiger Vorsteueranteil von 17,72%.

Die von der Betriebsprüferin anzuerkennende Vorsteuer reduziert sich daher von EUR 439.380,40 um EUR 77.858,21 auf den Betrag von EUR 361.522,19. Mit Bescheiden von wurde der Umsatzsteuerbetrag festgesetzt und die anlässlich der Selbstanzeige festzusetzende Abgabenerhöhung vorgeschrieben.

Am wurde durch die ***Bf1*** das ordentliche Rechtsmittel der Beschwerde gegen den Bescheid der Abgabenerhöhung gemäß § 29 Abs. 6 FinStrG vom mit dem Antrag auf Aufhebung der Abgabenerhöhung Beschwerde erhoben.

Rechtliche Beurteilung:

Selbstanzeige

Wer sich eines Finanzvergehens schuldig gemacht hat, wird insoweit straffrei, als er seine Verfehlung darlegt (Selbstanzeige). Die Darlegung hat, wenn die Handhabung der verletzten Abgaben- oder Monopolvorschriften den Zollämtern obliegt, gegenüber einem Zollamt, sonst gegenüber einem Finanzamt zu erfolgen. Sie ist bei Betretung auf frischer Tat ausgeschlossen. (§ 29 Abs 1 FinStrG)

Mit der Bestimmung des § 29 FinStrG honoriert der Gesetzgeber das Anzeigen des Finanzvergehens durch den Abgabepflichtigen. Dieser erstattet dadurch selbstbelastende Angaben, zu denen er nicht verpflichtet gewesen wäre. Die Selbstanzeige wirkt nur für den Anzeiger und für die Personen, für die sie gemacht wird. Durch § 29 Abs. 5 hat der Gesetzgeber die Grundregel des ersten Satzes des § 29 Abs. 1 insofern erweitert, als eine Selbstanzeige auch für Dritte erstattet werden kann. Es kann demnach auch der Steuerberater für seinen Klienten eine Selbstanzeige einbringen. Jedoch muss auch der Täter, für den die Selbstanzeige gemacht wird, in dieser eindeutig bezeichnet werden, (vgl Seiler/Seiler, Finanzstrafgesetz § 29 Rz 2ff)

Darlegung der Verfehlung und Offenlegung der Umstände gemäß § 29 Abs. 1 und 2 FinStrG.

Die Selbstanzeige erfordert die Darlegung der begangenen Verfehlung (§ 29 Abs. 1 FinStrG) und die Offenlegung der für die Feststellung der Verkürzung bedeutsamen Umstände (§ 29 Abs. 2 FinStrG).

Die für jede Selbstanzeige erforderliche Darlegung der Verfehlung und Offenlegung der bedeutsamen Umstände hat eine präzise Beschreibung zu enthalten. Der Finanzstrafbehörde muss dadurch eine rasche und richtige Entscheidung in der Sache selbst ermöglicht werden. War mit der Verfehlung eine Abgabenverkürzung oder ein sonstiger Einnahmenausfall verbunden, müssen die für die Feststellung der Verkürzung oder des Ausfalls bedeutsamen Umstände unverzüglich offengelegt und die Abgabenschulden entrichtet werden, (vgl Seiler/Seiler, Finanzstrafgesetz § 29 Rz 16)

Demnach wurde in der Selbstanzeige der der Umsatzsteuervoranmeldung 12/2018 zugrundeliegende Sachverhalt erläutert. Hinsichtlich des Kindergartens sei ursprünglich davon ausgegangen worden, dass die Mieterin des Kindergartens (die ***1***) zur Umsatzsteuerpflicht ihrer Leistungen optieren würde und damit auch eine umsatzsteuerpflichtige Vermietung an diese Mieterin möglich sei.

Diese Annahme habe sich in der Folge jedoch nicht bestätigt und es sei daher im Mitte Dezember 2018 abgeschlossenen Mietvertrag mit der ***1*** vereinbart worden, dass die Vermietung an diese unecht umsatzsteuerbefreit erfolge.

Dieser Umstand sei in der Umsatzsteuervoranmeldung 12/2018 jedoch nicht berücksichtigt worden und die für das Projekt ***5*** angefallenen Vorsteuerbeträge seien darin zur Gänze als abzugsfähig erklärt worden.

Personen, für die die Selbstanzeige erstattet wird, gemäß § 29 Abs. 5 FinStrG

Gemäß § 29 Abs. 5 FinStrG wirkt eine Selbstanzeige nur für den Anzeiger und für die Personen, für die sie rechtmäßig erstattet wird.

Im konkreten Sachverhalt wurde die Selbstanzeige für die beiden Geschäftsführer, Frau ***8*** und Herrn ***9***, sowie für den Verband "***Bf1***" eingebracht.

Berechnung und Entrichtung der Abgabenschuld

Wird eine Selbstanzeige erstattet, muss der Anzeiger die von ihm geschuldeten Abgabenbeträge bzw jene, für die er zur Haftung herangezogen werden kann, binnen einer Frist von einem Monat entrichten. Die Monatsfrist beginnt bei selbst zu berechnenden Abgaben (§§ 201 und 202 BAO) sofort mit der Selbstanzeige, in allen übrigen Fällen mit der Bekanntgabe des betreffenden Abgaben- oder Haftungsbescheids zu laufen (§§ 92, 224 BAO). Unter Bekanntgabe ist die Zustellung des Abgaben- oder Haftungsbescheids zu verstehen, (vgl Seiler/Seiler, Finanzstrafgesetz § 29 Rz 22f)

Die ***Bf1*** legt in ihrer Selbstanzeige für den jeweiligen Zeitraum ihre Abgabenschuld mittels beiliegender Aufstellung offen. Danach ergibt sich für das gesamte Projekt ein nicht abzugsfähiger Vorsteueranteil von 17,72%. Die in der Umsatzsteuervoranmeldung 12/2018 geltend zu machende Vorsteuer reduziert sich daher von EUR 439.380,40 um EUR 77.858,21 auf den Betrag von EUR 361.522,19.

Da es sich bei der Umsatzsteuer um eine selbstberechnete Abgabe handelt, fängt die Monatsfrist für die Entrichtung der Abgabe mit der Erstattung der Selbstanzeige zu laufen an. Mit Bescheiden von wurde der Umsatzsteuerbetrag erstmalig festgesetzt sowie die anlässlich der Selbstanzeige festzusetzende Abgabenerhöhung vorgeschrieben. Im vorliegenden Fall war sohin im Vorfeld keine Entrichtung einer Abgabenschuld erforderlich.

Abgabenerhöhung gemäß § 29 Abs. 6 FinStrG

Mit der Finanzstrafgesetznovelle 2014 (BGBl I 2014/65 vom ) wurde die Bestimmung des § 29 FinStrG abgeändert und unter anderem Abs. 6 neu verfasst. Demnach wird die strafbefreiende Wirkung hinsichtlich vorsätzlich oder grob fahrlässig begangener Finanzvergehen nur unter der Voraussetzung einer bescheidmäßig festzusetzenden Abgabenerhöhung wirksam.

Werden Selbstanzeigen anlässlich einer finanzbehördlichen Nachschau, Beschau, Abfertigung oder Prüfung von Büchern oder Aufzeichnungen nach deren Anmeldung oder sonstigen Bekanntgabe erstattet, tritt strafbefreiende Wirkung hinsichtlich vorsätzlich oder grob fahrlässig begangener Finanzvergehen nur unter der weiteren Voraussetzung insoweit ein, als auch eine mit einem Bescheid der Abgabenbehörde festzusetzende Abgabenerhöhung unter sinngemäßer Anwendung des Abs. 2 entrichtet wird.

Die Abgabenerhöhung beträgt in Abhängigkeit von der Summe der sich aus den Selbstanzeigen ergebenden Mehrbeträge 5 %, 15 %, 20 % oder 30 % und wird in § 29 Abs. 6 Satz 2 FinStrG geregelt. Im Falle, dass keine strafbefreiende Wirkung durch die Selbstanzeige erlangt werden kann, entfällt die Verpflichtung zur Entrichtung der Abgabenerhöhung. (§ 29 Abs. 6 FinStrG)

Aufgrund der sich aus der Selbstanzeige ergebenden Summe der Mehrbeträge von € 77.858,21 ist die Abgabenerhöhung gemäß § 29 Abs. 6 FinStrG mit 15 % zu bemessen. Sohin ergibt sich ein Betrag von € 11.678,70, der mittels Bescheid von festgesetzt und vorgeschrieben wurde.

Die Selbstanzeige wurde rund zwei Monate nach Einreichung der Umsatzsteuervoranmeldung anlässlich einer Außenprüfung vom steuerlichen Vertreter erstattet. Bereits vor Prüfungsbeginn informierte der steuerliche Vertreter die Prüferin, dass der Vorsteuerabzug zu Unrecht im Ausmaß von 100% vorgenommen wurde.

Eine Abgabenerhöhung nach § 29 Abs. 6 FinStrG kommt grundsätzlich bei kumuliertem Erfüllen von zwei Voraussetzungen zum Tragen. Die Selbstanzeige wird anlässlich einer Prüfungshandlung nach deren Anmeldung bzw. sonstiger Bekanntgabe erstattet und betrifft vorsätzlich bzw. grob fahrlässig begangene Finanzvergehen.

Grob fahrlässiges Handeln

Grob fahrlässig handelt, wer ungewöhnlich und auffallend sorgfaltswidrig handelt, sodass der Eintritt eines dem gesetzlichen Tatbild entsprechenden Sachverhaltes als geradezu wahrscheinlich vorhersehbar war. (§ 8 Abs. 3 FinStrG)

Mit dem am in Kraft getretenen StRÄG 2015 wurde eine allgemeine Definition der groben Fahrlässigkeit in § 6 Abs. 3 StGB eingeführt, welche seit diesem Zeitpunkt auch in § 8 Abs. 3 FinStrG zur Anwendung kommt, (vgl Reger, Steuerreformgesetz 2015/2016 - finanzstrafrechtliche Bestimmungen, ZWF 2015, 176)

In den ErläutRV zum StRÄG 2015 wird unter anderem ausgeführt, dass nur jene Fälle als grob fahrlässig einzustufen sind, die das gewöhnliche Maß an nie ganz vermeidbaren Fahrlässigkeitshandlungen des täglichen Lebens ganz erheblich übersteigen. Bei der Auslegung des Begriffs kann sowohl die zivil- als auch die strafrechtliche Judikatur herangezogen werden, (vgl. ErläutRV 689 BlgNR 25. GP 6)

Nach § 6 Abs. 3 StGB setzt grobe Fahrlässigkeit voraus, dass der Täter ungewöhnlich und auffallend sorgfaltswidrig handelt. Im Gegensatz zur Fahrlässigkeit muss das Verhalten des Täters bei grober Fahrlässigkeit extrem stark von der gebotenen Sorgfalt abweichen. Unter § 6 Abs. 3 StGB sind demnach nur jene Verhaltensweisen zu subsumieren, die ein erlaubtes Risiko eklatant übersteigen.

Darüber hinaus muss die Tatbildverwirklichung ex ante nicht nur vorhersehbar, sondern geradezu wahrscheinlich vorhersehbar sein. Die grobe Fahrlässigkeit kann sowohl unbewusst als auch bewusst vorliegen. Die objektiven Kriterien der groben Fahrlässigkeit nach § 6 Abs. 3 StGB sind zum einen die auffallende und ungewöhnliche Sorgfaltswidrigkeit des Verhaltens und zum anderen die gesteigerte Vorhersehbarkeit einer Tatbildverwirklichung, (vgl Hinterhofer/Wirth, Begriff und Bedeutung der groben Fahrlässigkeit nach dem Strafrechtsänderungsgesetz 2015, ÖJZ 2016, 764f.)

Den objektiven Fahrlässigkeitskomponenten kommt eine Indizwirkung für die subjektive Fahrlässigkeit zu. Denn handelt ein Täter objektiv sorgfaltswidrig und ist die Tatbildverwirklichung objektiv vorhersehbar, so indiziert das auch das Vorhandensein einer subjektiven Sorgfaltswidrigkeit bzw. subjektiven Vorhersehbarkeit. Die subjektive Vorhersehbarkeit fehlt dem Täter jedoch, wenn er im Einzelfall nach seinen individuellen Fähigkeiten nicht erkennen konnte, dass der Eintritt einer Tatbildverwirklichung geradezu wahrscheinlich ist. Für die Annahme einer groben Fahrlässigkeit müssen sowohl die objektiven als auch die subjektiven Kriterien der groben Fahrlässigkeit erfüllt sein, (vgl Hinterhofer/Wirth, Begriff und Bedeutung der groben Fahrlässigkeit nach dem Strafrechtsänderungsgesetz 2015, ÖJZ 2016, 770)

Im gegenständlichen Sachverhalt kann von einem grob fahrlässigen Handeln ausgegangen werden.

Denn die Verkürzung der Umsatzsteuer ist von den handelnden Personen durch ungewöhnliches und auffallend sorgfaltswidriges Verhalten herbeigeführt worden, eine Tatbildverwirklichung war ex ante als geradezu wahrscheinlich vorhersehbar.

Es erfolgte eine zeitgerechte Information über die weitere Behandlung der Umsätze, da über einen Monat vor der schädlichen Umsatzsteuervoranmeldung vom bereits am der zugrundeliegende Mietvertrag ohne Ergreifung der USt-Option abgeschlossen wurde. Zu diesem Zeitpunkt stand bereits fest, dass die Optionsmöglichkeit abgelehnt und keinesfalls verwirklicht wird.

Die für den Prozess der Erstellung und Einreichung der Umsatzsteuervoranmeldung Verantwortlichen, hätten zum Zeitpunkt der Umsatzsteuervoranmeldung im Jänner 2019 keinesfalls mehr von einer 100%-igen Abzugsfähigkeit der Vorsteuerbeträge ausgehen dürfen. Es mangelt hierbei bereits offensichtlich an der Auswahl der tätig gewordenen Personen sowie an einer Kontrolle der erbrachten Leistung vor Einreichung beim zuständigen Finanzamt.

Vorsätzliches Handeln

Vorsätzlich handelt, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, dass der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet. (§ 8 Abs. 1 FinStrG)

Bei Wissentlichkeit ist die Wissenskomponente am stärksten ausgeprägt. Das bedeutet, der Täter hält für gewiss, dass die tatbilderheblichen Umstände vorliegen und sein Handeln den Sachverhalt verwirklicht, der dem gesetzlichen Tatbild entspricht. Feststellungen zur Willensseite sind dann im Grunde nicht mehr erforderlich (Fuchs, AT I8 14. Kapitel Rz 5). Wenn der Täter weiß, dass er Abgaben verkürzt, kommt es nicht darauf an, wie sehr er das will.

Wissentlichkeit verlangt das Gesetz bei Verkürzung von Umsatzsteuervorauszahlungen (§ 33 Abs. 2 lit a), Verkürzung von Lohnabgaben (§ 33 Abs. 2 lit b), sowie Falscher Verdächtigung (§ 250).

Bei § 33 Abs. 2 wird Wissentlichkeit jeweils nur im Hinblick auf das Tatbestandsmerkmal "Abgabenverkürzung" verlangt. Der Täter muss es für gewiss halten, dass Umsatzsteuervorauszahlungen bzw. Lohnabgaben verkürzt werden. Die Pflicht zur Abgabe von UVA oder zur Führung von Lohnkonten muss nicht wissentlich verletzt werden. Im Hinblick auf diese Merkmale genügt Eventualvorsatz (vgl ; 83/15/0161; , 84/15/0134; ). Auch die konkrete Höhe der Abgabenverkürzung muss dem Täter nicht bekannt sein.

Obwohl der VwGH in stRsp betont, dass für den Umstand der Verkürzung und für den Umstand der Pflichtverletzung nicht die gleiche Vorsatzform erforderlich ist, wird dies in der Praxis kaum eine Rolle spielen: Wer weiß, dass er Umsatzsteuervorauszahlungen verkürzt, der wird idR auch wissen, dass die UVA nicht oder nicht richtig durchgeführt werden. Dass jemand für gewiss hält, dass Umsatzsteuervorauszahlungen verkürzt werden, die Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von UVA aber nur für möglich und nicht für gewiss hält, ist im Grunde kaum vorstellbar.

In anderen Fällen hält der VwGH selbst fest, dass aus dem Vorliegen der objektiven Tatseite der Strafnorm auf das Vorliegen auch der subjektiven Tatseite mit Zwangsläufigkeit zu schließen ist (vgl , zur Besoldung von Schwarzarbeitern).

Der Eventualvorsatz wird gesetzlich in § 8 Abs. 1 HS 2 definiert. Er stellt eine Kombination aus einem schwach ausgeprägten intellektuellen Element und einem schwach ausgeprägten emotionalen Element dar. Der Täter hat zwar keine Gewissheit über den Sachverhalt, und es kommt ihm auch nicht darauf an, deliktspezifisches Unrecht zu verwirklichen, er hält die Verwirklichung eines Sachverhalts, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht, aber ernstlich für möglich und findet sich damit ab.

Der bedingte Vorsatz setzt kein Wissen über eine Tatsache oder eine Wahrscheinlichkeit sondern nur das Wissen einer Möglichkeit voraus. Da der Täter den Umstand aber "ernstlich" für möglich halten muss, ist eine Möglichkeit in einem konkreteren Sinn, wie sie etwa einem durch Bedenken erweckten Zweifel entspricht, gemeint (; ). Der OGH hat klarstellend ausgesprochen, dass "ernstlich für möglich halten" so zu verstehen ist, dass der Täter die Tatbestandsverwirklichung (den verpönten Erfolg) als naheliegend ansieht (EvBI 1975/192 = JBI 1975, 384; EvBI 1975/282).

Der bedingte Vorsatz wird in der Praxis häufig mit dem Argument der Delegierung von Steuerangelegenheiten bestritten. Die Rsp lässt dieses Argument allerdings nur eingeschränkt gelten: Die bloße Behauptung, dem Steuerberater oder Buchhalter vertraut zu haben, kann den bedingten Vorsatz nicht widerlegen (vgl ).

Finanzordnungswidrigkeiten gemäß § 49 Abs. 1 FinStrG

Einer Finanzordnungswidrigkeit macht sich schuldig, wer vorsätzlich a) Abgaben, die selbst zu berechnen sind, insbesondere Vorauszahlungen an Umsatzsteuer, nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet oder abführt, es sei denn, dass der zuständigen Abgabenbehörde bis zu diesem Zeitpunkt die Höhe des geschuldeten Betrages bekanntgegeben wird; im Übrigen ist die Versäumung eines Zahlungstermines für sich allein nicht strafbar;

b) durch Abgabe unrichtiger Voranmeldungen (§ 21 des Umsatzsteuergesetzes 1994) ungerechtfertigte Abgabengutschriften geltend macht.

Unmittelbarer Täter des § 49 Abs. 1 lit b kann nur der Unternehmer iSd § 2 UStG bzw dessen gesetzlicher Vertreter oder derjenige sein, der dessen Verpflichtung (rechtsgeschäftlich oder faktisch) wahrnimmt.

Gemäß § 21 Abs. 1 UStG hat der Unternehmer spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf einen Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonats eine Voranmeldung bei dem für die Einhebung der USt zuständigen FA einzureichen, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer (Vorauszahlung) oder den auf den Voranmeldungszeitraum entfallenden Überschuss selbst zu berechnen hat. Ergibt sich auf der Grundlage dieser Selbstberechnung ein Überschuss, so ist dieser als Gutschrift zu behandeln. Zu einer ungerechtfertigten Gutschrift iSd § 49 Abs. 1 lit b kommt es somit dann, wenn entweder ein überhöhter Vorsteuerabzug vorgenommen, die Bemessungsgrundlage für Lieferungen und sonstige Leistungen zu niedrig erklärt, ein ermäßigter Steuersatz zu Unrecht angewendet oder Steuerbefreiungen zu Unrecht in Anspruch genommen wurden.

Die Tathandlung des § 49 Abs. 1 lit b FinStrG besteht ausschließlich in der Abgabe unrichtiger Voranmeldungen. Bereits im Zeitpunkt der Einreichung einer solchen unrichtigen Voranmeldung ist das Delikt vollendet. (Althuber in Tannert/Kotschnigg, FinStrG § 49 Rz 17ff)

Bei der Finanzordnungswidrigkeit des § 49 Abs. 1 lit b genügt bedingter Vorsatz auf die Unrichtigkeit der abgegebenen UVA; dh der Täter muss es zumindest ernsthaft für möglich halten und sich damit abfinden, dass er den in § 49 Abs. 1 lit b genannten Verstoß begeht. (Althuber in Tannert/Kotschnigg, FinStrG § 49 Rz 6, 21)

Dass die Verantwortlichen mit bedingtem Vorsatz gehandelt haben, ergibt sich aus der am durch ihren Vertreter eingebrachten Selbstanzeige. In dieser wird vorgebracht, dass bei Mietvertragsabschluss am bereits feststand, dass von der Optierungsmöglichkeit kein Gebrauch gemacht wird, weshalb die Vermietung an die ***1*** als unecht umsatzsteuerbefreit erfolgt.

Die Umsatzsteuervoranmeldung 12/2018 wurde vom steuerlichen Vertreter am elektronisch beim Finanzamt eingereicht. Der Abschluss des Mietvertrages betreffend Kindergarten - ohne Ergreifung der USt-Option - mit der ***1*** fand somit über einen Monat vor Umsatzsteuervoranmeldung statt.

Durch die Erstellung und Einreichung der unrichtigen Umsatzvorsteuervoranmeldung 12/2018 haben es die Verantwortlichen ernsthaft für möglich gehalten und sich damit abgefunden eine Finanzordnungswidrigkeit zu begehen.

Es ist daher davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin den Tatbestand des § 49 Abs. 1 lit b FinStrG sowohl in objektiver, als auch in subjektiver Hinsicht verwirklicht hat.

Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 2 FinStrG

Der Abgabenhinterziehung macht sich weiters schuldig, wer vorsätzlich a) unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes 1994 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Umsatzsteuer (Vorauszahlungen oder Gutschriften) oder b) unter Verletzung der Verpflichtung zur Führung von dem § 76 des Einkommensteuergesetzes 1988 sowie dazu ergangener Verordnungen entsprechenden Lohnkonten eine Verkürzung von Lohnsteuer, Dienstgeberbeiträgen zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen oder Zuschlägen zum Dienstgeberbeitrag bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss hält.

Bei der Abgabenhinterziehung nach § 33 muss sich der Vorsatz darauf richten, Abgaben unter Verletzung einer Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht zu verletzen. Die Verletzung von Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflichten muss vom Vorsatz mitumfasst sein.

Nach stRsp muss sich der Vorsatz aber nur auf das Bewirken einer Abgabenhinterziehung dem Grunde nach beziehen. Der Täter muss keinen Vorsatz auf eine konkrete Höhe des verkürzten Betrags haben (; , 97/14/0134).

Bei einer Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 (Verkürzung von Umsatzsteuervorauszahlungen, Lohnabgaben), die Wissentlichkeit voraussetzt, muss sich die Wissentlichkeit nur auf den Umstand beziehen, dass Abgaben verkürzt werden. Im Hinblick auf die Pflichtverletzung (Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von UVA oder zur Führung von Lohnkonten) genügt Eventualvorsatz (vgl. ; , 83/15/0161; ).

Außerdem gilt auch bei § 33 Abs. 2 (so wie bei § 33 Abs. 1), dass der Täter nicht wissen muss, in welcher Höhe Abgaben verkürzt werden; auch wenn Wissentlichkeit im Hinblick auf den Umstand der Abgabenverkürzung erforderlich ist, muss sich diese nur auf die Abgabenverkürzung dem Grunde nach beziehen (vgl ; 13 Os 16/81; VwGH. , 2704/77), ohne dass es darauf ankommt, ob der Täter die konkrete Höhe kannte.

Dass die Verantwortlichen mit qualifiziertem Vorsatz gehandelt haben, ergibt sich ebenfalls aus der am durch den steuerlichen Vertreter eingebrachten Selbstanzeige, wonach schriftlich festgehalten und bestätigt wird, dass die Optierungsmöglichkeit des Vertragspartners nicht wahrgenommen wurde und daher im zugrundliegenden abgeschlossenen Mietvertrag von Dezember 2018 mit der ***1*** vereinbart wurde, dass die Vermietung an diese unecht umsatzsteuerbefreit erfolgt.

§ 3.2 des Mietvertrages vom lautet: "Festgehalten wird, dass die Mieterin (un)echt von der Umsatzsteuer befreit ist Die Vermieterin kann zum Zeitpunkt der Vertragsunterfertigung daher nicht zur Umsatzsteuer optieren. Sollte es allerdings zu einer Gesetzesänderung kommen und die Vermieterin dadurch zur Umsatzsteueroption berechtigt sein, so ist die Vermieterin ab dem der Gesetzesänderung folgenden Monatsersten berechtigt zur Umsatzsteuer zu optieren, sofern die Mieterin zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. In diesem Fall erhöht sich der Mietzins um die Umsatzsteuer."

Der Mietvertrag wurde von beiden zum Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses im Firmenbuch eingetragenen vertretungsbefugten Geschäftsführern persönlich unterzeichnet.

Die Umsatzsteuervoranmeldung 12/2018 wurde am elektronisch beim Finanzamt eingereicht. Den Mietvertrag betreffend Kindergarten - ohne Ergreifung der USt-Option - mit der ***1*** schloss das geprüfte Unternehmen allerdings bereits am ab, somit über einen Monat vor Umsatzsteuervoranmeldung.

Als Begründung für das Fehlverhalten wurde vorgebracht, dass der im Mietvertrag bereits festgehaltene Umstand irrtümlicherweise nicht berücksichtigt worden sei und die angefallenen Vorsteuerbeträge zur Gänze als abzugsfähig erklärt worden waren. Der für die Erstellung und Einreichung der Umsatzvorsteuervoranmeldung 12/2018 zuständigen Mitarbeiterin sei der Abschluss des Mietvertrages mit der ***1*** nicht bekannt gewesen.

Das Abgabenrecht gewährt dem Abgabepflichtigen das Recht bzw die Begünstigung bei den unecht steuerbefreiten Grundstücksumsätzen bereits Vorsteuer zu einem Zeitpunkt geltend zu machen - bevor überhaupt noch steuerpflichtige Umsätze tatsächlich vorliegen - indem zur USt-Pflicht optiert werden kann. Da es sich somit um eine objektiv betrachtet komplexere Materie handelt, muss hierbei ein erhöhter Sorgfaltsmaßstab erfüllt werden. Es liegt hier jedenfalls ein Auswahlverschulden sowie eine Verletzung der Kontrollaufsicht vor.

Auswahlverschulden liegt vor, wenn der Haftpflichtige zwar nicht selbst durch fehlerhaftes Vorgehen den Schaden verursacht, jedoch fahrlässig eine untaugliche Person ausgewählt hat, welche durch ihr Verhalten den Schaden veranlasst hat. Die laut Selbstanzeige unwissende Mitarbeiterin hätte nicht ohne weitere Kontrolle zur Erstellung und Einreichung der Umsatzsteuervoranmeldung herangezogen werden dürfen.

Da im vorliegenden Fall zum Zeitpunkt der Einreichung der Umsatzsteuervoranmeldung bereits feststand, dass die Miete für den Kindergarten als unecht befreit zu behandeln ist, liegt bedingt vorsätzliches/wissentliches Verhalten vor, welches die Abgabenerhöhung gemäß § 29 Abs. 6 FinStrG rechtfertigt.

Es ist daher davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin den Tatbestand des § 33 Abs. 2 lit a FinStrG sowohl in objektiver, als auch in subjektiver Hinsicht verwirklicht hat.

Insgesamt ist festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin in ihrem Rechtsmittel weder neue Tatsachen vorgebracht, noch Beweismittel angeführt hat, denen neue entscheidungsrelevante Erkenntnisse entnommen werden konnten.

Da sich im Zuge der Beschwerde keine neuen Aspekte ergeben haben, welche eine Unrichtigkeit des angefochtenen Bescheides erkennen ließen, und die Voraussetzungen für die Festsetzung einer Abgabenerhöhung gegeben sind, war die Beschwerde gegen den Bescheid auf Festsetzung einer Abgabenerhöhung gemäß § 29 Abs. 6 FinStrG vom als unbegründet abzuweisen.

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Am wurde ein Vorlageantrag mit folgendem Inhalt eingebracht:

"In der Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Festsetzung der Abgabenerhöhung gemäß § 29 Abs. 6 FinStrG damit begründet, dass im gegenständlichen Fall ein grob fahrlässiges Handeln, ja sogar ein wissentlich vorsätzliches Verhalten vorliegt, da der Mietvertrag mit der ***10*** Sozialeinrichtungen gemeinnützige GmbH (in der Folge mit ***10*** bezeichnet) ohne Ergreifung der USt Option durch die ***10*** bereits am abgeschlossen worden ist und die Umsatzsteuervoranmeldung 12/2018 erst am eingereicht worden ist.

Nach Auffassung des Finanzamtes reicht dieser Umstand alleine schon aus, um auf Seite 7 der Beschwerdevorentscheidung Folgendes festzuhalten: "Es mangelt hierbei bereits offensichtlich an der Auswahl der tätig gewordenen Personen sowie an einer Kontrolle der erbrachten Leistung vor Einreichung beim zuständigen Finanzamt." Das Finanzamt nimmt im gegenständlichen Fall somit ein Auswahlverschulden und eine Verletzung der Kontrollaufsicht als gegeben an.

Inwieweit aus dem Umstand, dass der relevante Mietvertrag über einen Monat vor der Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldung 12/2018 abgeschlossen worden ist, ein Auswahlverschulden betreffend die Mitarbeiterin, die die Umsatzsteuervoranmeldung erstellt und eingereicht hat, abgeleitet werden kann, ist für uns jedoch nicht nachvollziehbar.

Bei der Mitarbeiterin, die die Umsatzsteuervoranmeldung 12/2018 erstellt und auch eingereicht hat, handelt es sich um eine Mitarbeiterin, die bereits seit dem für unsere Mandantschaft in der Buchhaltungsabteilung tätig ist. Zuvor war diese Mitarbeiterin bei einem Steuerberater in der Buchhaltung beschäftigt. Diese Mitarbeiterin ist somit fachlich äußerst kompetent und erfahren und es hat bislang auch noch nie Beanstandungen hinsichtlich ihrer Arbeit gegeben. Dies sollte dem Finanzamt auch bekannt sein, da unsere Mandantschaft die Umsatzsteuervoranmeldungen immer rechtzeitig einreicht und ihren Zahlungsverpflichtungen fristgerecht nachkommt.

Von einem Auswahlverschulden kann unseres Erachtens keinesfalls ausgegangen werden und hat das Finanzamt diesbezüglich auch keine Feststellungen getroffen, die eine derartige Schlussfolgerung rechtfertigen würden.

Hinsichtlich der vom Finanzamt behaupteten Verletzung der Kontrollaufsicht ist folgendes auszuführen. Das Finanzamt führt in seiner Beschwerdevorentscheidung auf Seite 11 unten aus, dass der gegenständliche Mietvertrag von den im Firmenbuch eingetragenen vertretungsbefugten Geschäftsführern persönlich unterzeichnet worden ist. Diese Behauptung ist jedoch nicht korrekt. Der Mietvertrag wurde für unsere Mandantschaft von zwei Bevollmächtigten (Herrn ***11*** und Herrn ***12***) unterschrieben. Durch einen Vergleich der Unterschriften der Anhänge der Jahresabschlüsse unserer Mandantschaft, die dem Finanzamt ja vorliegen, mit den Unterschriften auf dem gegenständlichen Mietvertrag ist sehr leicht feststellbar, dass letzterer nicht von den damaligen Geschäftsführern unserer Mandantschaft unterschrieben worden ist.

Weiters ist darauf hinzuweisen, dass es Unternehmensstrategie unserer Mandantschaft ist, unecht steuerbefreite Umsätze soweit als möglich zu vermeiden. Aus diesem Grund gab es daher auch Kontakte zwischen uns und der steuerlichen Vertretung der ***1***, bei denen die ***10*** über die Möglichkeiten zur Qptierung zu einer umsatzsteuerpflichtigen Vermietung informiert worden ist. Es ist daher davon ausgegangen worden, dass die ***1*** die Möglichkeit zur Umsatzsteuer-Option auch in Anspruch nehmen wird.

Da es sich bei den zur Unterfertigung des Mietvertrages bevollmächtigten Personen um keine Steuerexperten handelt, waren diesen die unmittelbaren Auswirkungen der unechten Steuerbefreiungen der Umsätze der ***10*** auf die Umsatzsteuervoranmeldung 12/2018 unserer Mandantschaft auch nicht bewusst. Es hat daher leider auch keine ausreichende Kommunikation durch die bevollmächtigten Personen über die umsatzsteuerlichen Auswirkungen des mit der ***1*** abgeschlossenen Mietvertrages an die damaligen Geschäftsführer unserer Mandantschaft und an die für die Erstellung und Einreichung der Umsatzsteuervoranmeldung 12/2018 zuständige Mitarbeiterin stattgefunden. Dazu muss jedoch angemerkt werden, dass es sich - wie auch in der Beschwerdevorentscheidung vom auf Seite 12 ausgeführt - bei der gegenständlichen umsatzsteuerlichen Thematik um eine "objektiv betrachtet komplexere Materie handelt", deren korrekte Beurteilung für Nicht-Experten äußerst schwierig ist.

Doch selbst dann, wenn den damaligen Geschäftsführern die umsatzsteuerliche Problematik der unecht steuerbefreiten Umsätze der ***1*** bewusst gewesen wären, hätte Ihnen die nicht vorgenommene Vorsteuerkürzung nicht auffallen müssen. Der Anteil der Vorsteuerkürzung beträgt nämlich 17,72 %. Da im Dezember 2018 zahlreiche Planungs- und Bauleistungen (Abbrucharbeiten) abgerechnet worden sind, waren die in der Umsatzsteuervoranmeldung geltend gemachten Vorsteuerbeträge keineswegs außergewöhnlich hoch.

Wir stellen daher den Antrag den Bescheid vom über die Festsetzung einer Abgabenerhöhung gemäß § 29 Abs. 6 FinStrG in der Höhe von EUR 11.678,70 aufzuheben.

Weiters stellen wir gemäß § 271 Abs. 1 BAO den Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung.

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Mit Schreiben des wurde der Bf. zur Beantwortung folgender Anfragen aufgefordert:

"Bezugnehmend auf Ihre Ausführungen im Beschwerdeverfahren ergeht die Anfrage, ob tatsächlich nunmehr mit Februar 2020 die Vermietung an die ***1*** begonnen hat. Hat sie allenfalls, wie Sie in der Beschwerde als denkmöglich angeführt haben, auf die Umsatzsteuerbefreiung verzichtet oder ist keine Änderung in den Vertragskonditionen eingetreten?

Es wird ersucht, den Namen und die Anschrift der Mitarbeiterin bekannt zu geben, die die Umsatzsteuervoranmeldungen erstellt. Wurde sie über den Mietvertrag mit der ***1*** vor Erstellung der Voranmeldung für 12/2018 informiert?

Welche Personen wussten wann, dass in diesem Fall kein Vorsteuerabzug geltend gemacht werden kann, bzw. wieso ist dies offenbar nicht fristgerecht der Mitarbeiterin bekannt gegeben worden, die die Voranmeldungen erstellt hat?

Hat sich die Nichtabzugsfähigkeit der Vorsteuer erst bei Unterfertigung des Vertrages durch ***11*** und ***12*** ergeben? Haben diese Personen auch die Vertragskonditionen ausgehandelt oder war dies Aufgabe der Geschäftsführer?

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Die Beantwortung erging seitens der steuerlichen Vertretung mit Schreiben vom :

"lm Namen und Auftrag unserer oben genannten Mandantschaft (Vollmacht ausgewiesen beim Finanzamt Wien 1/23 zur Steuernummer ***BF1StNr1***) beantworten wir hiermit ihre Anfrage vom , bei uns eingelangt am , innerhalb offener Frist wie folgt.

Die Vermietung des von der ***Bf1*** zu errichtenden Kindergartens an die ***1*** (in der Folge mit ***10*** bezeichnet) gemäß Mietvertrag vom hat noch nicht begonnen, da der Kindergarten noch nicht fertig gestellt ist. Die Fertigstellung des Kindergartens wird voraussichtlich im Juli 2020 erfolgen.

Eine Änderung des Mietvertrages vom ist bislang nicht erfolgt und somit liegt derzeit auch kein Verzicht der ***10*** auf die Umsatzsteuerbefreiung vor.

Die Umsatzsteuervoranmeldung 12l2018 der ***Bf1*** wurde von Frau ***13***, p.a. ***14***, erstellt. Frau ***13*** hatte vor Erstellung der Umsatzsteuervoranmeldung 12l2018 der ***Bf1*** keine Informationen über den gegenständlichen Mietvertrag vom .

Zum Zeitpunkt der Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldung 12/2018 der ***Bf1*** war es nur den beiden Vertragsunterzeichnern, Herrn ***11*** und Herrn ***12*** bekannt, dass es auf Grund der unechten Steuerbefreiung der ***10*** bei der ***Bf1*** zu einem teilweisen Verlust des Rechtes auf Vorsteuerabzug kommen wird. Dieser teilweise Verlust des Rechtes auf Vorsteuerabzug hat sich darüber hinaus auch erst durch die Unterfertigung des Mietvertrages vom ergeben.

Eine Mitteilung dieses Umstandes an die für die Erstellung der Unisatzsteuervoranmeldungen der ***Bf1*** zuständige Mitarbeiterin, Frau ***13***, erfolgte deshalb nicht unmittelbar nach Unterfertigung des Mietvertrages, da zu diesem Zeitpunkt noch nicht festgestanden hat, in welchem Ausmaß es dadurch zu einem Verlust des Rechtes auf Vorsteuerabzug kommen wird. Auf Grund der komplexen umsatzsteuerrechtlichen Rechtslage war es den Herren ***11*** und ***12*** auch gar nicht möglich, das genaue Ausmaß der Vorsteuerkürzung zu ermitteln. Die Ermittlung des nicht abzugsfähigen Anteiles der Vorsteuerbeträge erfolgte dann durch den steuerlichen Vertreter der Gesellschaft im Zuge der Vorbereitung der Umsatzsteuersonderprüfung 09/2018 - 12/2018 und wurde auch noch vor Beginn der Umsatzsteuersonderprüfung der Betriebsprüferin kommuniziert.

Die Vertragskonditionen mit der ***10*** wurden für die ***Bf1*** von den Herren ***11*** und ***12*** ausgehandelt. Die damaligen Geschäftsführer der ***Bf1*** waren diesbezüglich im Detail nicht involviert."

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Der Amtspartei wurde die Vorhaltsbeantwortung übermittelt, sie hat auf eine weitere Stellungnahme verzichtet.

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Am wurde der Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung seitens der Bf. zurückgezogen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Am wurde eine Selbstanzeige mit folgender Textierung erstattet:

***Bf1***, Umsatzsteuervoranmeldung 12/2018

Selbstanzeige gemäß § 29 FinStrG:

Im Namen und Auftrag von Frau ***8*** und Herrn ***9***, Geschäftsführer der ***Bf1***, erstatten wir vorsichtshalber für diese und für die ***Bf1*** folgende Selbstanzeige gemäß § 29 FinStrG betreffend die Umsatzsteuervoranmeldung 12/2018.

In der Umsatzsteuervoranmeldung 12/2018 der ***Bf1*** wurden abzugsfähige Vorsteuerbeträge von EUR 439.380,40 geltend gemacht. Dieser Betrag setzt sich aus den Vorsteuerbeträgen für den Abbruch des Altgebäudes ***5*** und für den Generalplaner- und Projektmanagementvertrag des Projektes ***5*** zusammen.

Das Projekt ***5*** umfasst die drei Bereiche Kindergarten, betreutes Wohnen und freies Wohnen. Die Bereiche Kindergarten und betreutes Wohnen werden zuerst realisiert (Bauteil I) und der Bereich freies Wohnen danach (Bauteil II).

Hinsichtlich des Kindergartens ist ursprünglich davon ausgegangen worden, dass die Mieterin des Kindergartens (die ***1***) gemäß UStR Rz 988 zur Umsatzsteuerpflicht ihrer Leistungen optiert und damit auch eine umsatzsteuerpflichtige Vermietung an diese Mieterin möglich ist.

Diese Annahme hat sich in der Folge jedoch nicht bestätigt und es wurde daher im Ende Dezember 2018 abgeschlossenen Mietvertrag mit der ***1*** vereinbart, dass die Vermietung an diese unecht umsatzsteuerbefreit erfolgt.

Dieser Umstand wurde in der Umsatzsteuervoranmeldung 12/2018 irrtümlicherweise jedoch nicht berücksichtigt und die für das Projekt ***5*** angefallenen Vorsteuerbeträge wurden darin zur Gänze als abzugsfähig erklärt.

Bei Vorbereitung der Unterlagen zur Prüfung der Umsatzsteuer 09/2018 bis 12/2018 ist dies aufgefallen und dies wurde der Prüferin am Beginn der Prüfung auch mitgeteilt.

ln der beiliegenden Aufstellung wird die Aufteilung der Vorsteuern in abzugsfähige und nicht abzugsfähige Vorsteuern gemäß Rz 2020 UStR auf Basis der vermieteten Flächen vorgenommen. Danach ergibt sich für das gesamte Projekt ein nicht abzugsfähiger Vorsteueranteil von 17,72 %. Die in der Umsatzsteuervoranmeldung 12/2018 geltend zu machende Vorsteuer reduziert sich daher von EUR 439.380,40 um EUR 77.858,21 auf den Betrag von EUR 361.522,19."

Die Buchung der Umsatzsteuergutschrift führte zu einem Guthaben am Abgabenkonto, mit dem die Abgabenerhöhung unmittelbar nach deren Festsetzung entrichtet wurde.

Rechtsgrundlagen:

Gemäß § 29 Abs. 1 FinStrG wird, wer sich eines Finanzvergehens schuldig gemacht hat, insoweit straffrei, als er seine Verfehlung darlegt (Selbstanzeige). Die Darlegung hat, wenn die Handhabung der verletzten Abgaben- oder Monopolvorschriften den Zollämtern obliegt, gegenüber einem Zollamt, sonst gegenüber einem Finanzamt zu erfolgen. Sie ist bei Betretung auf frischer Tat ausgeschlossen.

Abs. 2: War mit einer Verfehlung eine Abgabenverkürzung oder ein sonstiger Einnahmenausfall verbunden, so tritt die Straffreiheit nur insoweit ein, als der Behörde ohne Verzug die für die Feststellung der Verkürzung oder des Ausfalls bedeutsamen Umstände offengelegt werden, und binnen einer Frist von einem Monat die sich daraus ergebenden Beträge, die vom Anzeiger geschuldet werden, oder für die er zur Haftung herangezogen werden kann, tatsächlich mit schuldbefreiender Wirkung entrichtet werden. Die Monatsfrist beginnt bei selbst zu berechnenden Abgaben (§§ 201 und 202 BAO) mit der Selbstanzeige, in allen übrigen Fällen mit der Bekanntgabe des Abgaben- oder Haftungsbescheides zu laufen und kann durch Gewährung von Zahlungserleichterungen (§ 212 BAO) auf höchstens zwei Jahre verlängert werden. Lebt die Schuld nach Entrichtung ganz oder teilweise wieder auf, so bewirkt dies unbeschadet der Bestimmungen des § 31 insoweit auch das Wiederaufleben der Strafbarkeit.

Abs. 5: Die Selbstanzeige wirkt nur für den Anzeiger und für die Personen, für die sie erstattet wird.

Abs. 6: Werden Selbstanzeigen anlässlich einer finanzbehördlichen Nachschau, Beschau, Abfertigung oder Prüfung von Büchern oder Aufzeichnungen nach deren Anmeldung oder sonstigen Bekanntgabe erstattet, tritt strafbefreiende Wirkung hinsichtlich vorsätzlich oder grob fahrlässig begangener Finanzvergehen nur unter der weiteren Voraussetzung insoweit ein, als auch eine mit einem Bescheid der Abgabenbehörde festzusetzende Abgabenerhöhung unter sinngemäßer Anwendung des Abs. 2 entrichtet wird. Die Abgabenerhöhung beträgt 5 % der Summe der sich aus den Selbstanzeigen ergebenden Mehrbeträgen. Übersteigt die Summe der Mehrbeträge 33 000 Euro, ist die Abgabenerhöhung mit 15 %, übersteigt die Summe der Mehrbeträge 100 000 Euro, mit 20 % und übersteigt die Summe der Mehrbeträge 250 000 Euro, mit 30 % zu bemessen. Insoweit Straffreiheit nicht eintritt, entfällt die Verpflichtung zur Entrichtung der Abgabenerhöhung, dennoch entrichtete Beträge sind gutzuschreiben. Die Abgabenerhöhung gilt als Nebenanspruch im Sinne des § 3 Abs. 2 lit. a BAO.

Gemäß § 21 Abs. 1 UStG hat der Unternehmer spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf einen Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonates eine Voranmeldung bei dem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer (Vorauszahlung) oder den auf den Voranmeldungszeitraum entfallenden Überschuss unter entsprechender Anwendung des § 20 Abs. 1 und 2 und des § 16 selbst zu berechnen hat. Die Voranmeldung gilt als Steuererklärung. Als Voranmeldung gilt auch eine berichtigte Voranmeldung, sofern sie bis zu dem im ersten Satz angegebenen Tag eingereicht wird. Der Unternehmer hat eine sich ergebende Vorauszahlung spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten. Die Vorauszahlung und der Überschuss sind Abgaben im Sinne der Bundesabgabenordnung. Ein vorangemeldeter Überschuss ist gutzuschreiben, sofern nicht Abs. 3 zur Anwendung gelangt. Die Gutschrift wirkt auf den Tag der Einreichung der Voranmeldung, frühestens jedoch auf den Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraumes, zurück.

Gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG macht sich der Abgabenhinterziehung macht sich schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes 1994 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Umsatzsteuer (Vorauszahlungen oder Gutschriften) bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss hält.

Gemäß § 49 Abs. 1 lit. b FinStrG macht sich Einer Finanzordnungswidrigkeit schuldig, wer vorsätzlich durch Abgabe unrichtiger Voranmeldungen (§ 21 des Umsatzsteuergesetzes 1994) ungerechtfertigte Abgabengutschriften geltend macht.

Beweiswürdigung:

Unstrittig ist, dass eine Selbstanzeige anlässlich einer Prüfungsmaßnahme erstattet und den Vorgaben des § 29 Abs. 2 FinStrG zur Entrichtung entsprochen wurde sowie, dass eine Darlegung der Verfehlung, Offenlegung und Täternennung erfolgte, daher sind die Formalvoraussetzungen gegeben, damit das BFG in einem zweiten Schritt prüfen kann, ob die Festsetzung einer Abgabenerhöhung gesetzeskonform erfolgt ist.

Voraussetzung für eine Abgabenerhöhung nach § 29 Abs. 6 FinStrG ist die Annahme eines bewirkten (zu bewirken versuchten) Finanzvergehens mit einem Verkürzungsbetrag als Bemessungsgrundlage für eine Abgabenerhöhung.

Der objektive Tatbestand ergibt sich verfahrensgegenständlich aus der Geltendmachung einer überhöhten Umsatzsteuergutschrift, deren Höhe mittels Selbstanzeige korrigiert wurde.

Diese Gutschrift wird mit der Abgabe der Voranmeldung, frühestens jedoch am Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraumes, wirksam. Unerheblich ist dabei auch, ob das Guthaben bereits am Abgabenkonto verbucht ist, da die Vollendung nicht mit dem Bewirken der Gutschrift, sondern bereits mit deren Geltendmachung gegeben ist.

Unstrittig ist auch die Annahme der Höhe der Bemessungsgrundlage für Umsatzsteuer 12/2018 mit dem Differenzbetrag von € 77.858,21.

Bei einem Finanzvergehen hinsichtlich der Umsatzsteuer im Voranmeldungsstadium, das eine Anspruchsgrundlage für eine Abgabenerhöhung bildet, ist jedoch zumindest bedingter Vorsatz als Schuldform gefordert.

Hat es der Abgabepflichtige - in diesem Fall, haben es die handelsrechtlichen Geschäftsführer des belangbaren Verbandes - zumindest ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden, dass für Umsatzsteuer für 12/2018 eine zu hohe Gutschrift erwirkt werde?

Die abgabepflichtige Gesellschaft wird durch deren Geschäftsführer vertreten, die die Vertragsverhandlungen zu dem Geschäftsfall, der letztlich zur Vorsteuerkürzung geführt hat, jedoch nicht selbst geführt haben.

Nach dem Parteienvorbringen haben unwiderlegbar Mitarbeiter des Unternehmens, ***11*** und ***12*** letztlich die Vertragsverhandlungen geführt, damit hätten auch sie zunächst wohl die neuen Informationen über den tatsächlichen Inhalt des Vertrages und die unechte Steuerbefreiung an die für die abgabenrechtlichen Belange zuständigen und verantwortlichen Personen so zeitgerecht weiterzugeben gehabt, dass noch eine Korrektur der Vorsteuer - sei es auch unter Zuhilfenahme der Beratung des steuerlichen Vertreters - vorgenommen und eine richtige Voranmeldung eingereicht werden könnte.

Dies ist jedoch unterblieben, damit ist der objektive Tatbestand erfüllt, jedoch ist in diesem Zusammenhang keine Mitwirkung der beiden Geschäftsführer der Gesellschaft ersichtlich aus der man ableiten könnte, dass sie es ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden hätten, dass mit der Einreichung einer unrichtigen Voranmeldung eine überhöhte Gutschrift erwirkt würde.

Eine Sorgfaltspflichtverletzung im Zusammenhang mit der Einreichung einer unrichtigen Voranmeldung, dass eben der Informationsfluss im Unternehmen an die die steuerlichen Belange wahrnehmenden Personen nicht funktioniert hat, mag allenfalls ermittelbar sei, jedoch stünde selbst grobes Verschulden diesbezüglich bei einem Finanzvergehen im Voranmeldungsstadium nicht unter Strafdrohung.

Die Anspruchsvoraussetzung eines Finanzvergehens ist demnach nicht gegeben, weswegen der Abgabenerhöhungsbescheid aufzuheben war.

Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine solche Rechtsfrage lag verfahrensgegenständlich nicht vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7101252.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at