Energieabgabenvergütung für Biogasanlage zur Stromerzeugung, Berichtigung gemäß § 293b BAO
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Astoria Stb GmbH & Co KG, Wachaustraße 42/A/3, 3500 Krems an der Donau, über die Beschwerde vom gegen die Berichtigungsbescheide des Finanzamtes Waldviertel vom betreffend Energieabgabenvergütung 2011, 2012 und 2013 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Die angefochtenen Bescheide werden ersatzlos aufgehoben.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.
Entscheidungsgründe
Bisheriger Verfahrensgang
Die Beschwerdeführerin (Bf) betreibt in Form einer KG eine Biogasanlage zur Stromerzeugung. Für den Betrieb der Anlage bezieht die Bf elektrische Energie von der EVN. An die Bf ergingen folgende antragsgemäße Bescheide zur Festsetzung der Energieabgabenvergütung 2011 - 2013:
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2011 | 2012 | 2013 | |
Antrag vom | |||
Bescheid vom | |||
Vergütungsbetrag | 2.414,50 | 2.371,33 | 2.257,84 |
Im Zuge einer Außenprüfung kam das Finanzamt zur Auffassung, dass die Bf mit dem Betrieb einer Biogasanlage mangels Herstellung von körperlichen Wirtschaftsgütern keinen Anspruch auf Energieabgabenvergütung habe. Im wiederaufgenommenen Verfahren ergingen in diesem Sinn neue Sachbescheide vom für 2011 - 2013 mit Festsetzung einer Energieabgabenvergütung von jeweils Null Euro.
Nach Einbringung einer Beschwerde vom hob das Finanzamt im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung vom die Wiederaufnahmebescheide vom auf, da der Betrieb einer Biogasanlage dem Finanzamt bereits bei Ergehen der Erstbescheide bekannt gewesen war. Die Erstbescheide erwuchsen wieder in Rechtskraft.
In der Folge berichtigte das Finanzamt gemäß § 293b BAO die Erstbescheide vom , und . In den Berichtigungsbescheiden vom setzte das Finanzamt die Energieabgabenvergütung wiederum jeweils mit Null Euro fest. In der Begründung hielt das Finanzamt fest, dass die Bf eine Biogasanlage betreibe und Strom erzeuge. Dies sei der Abgabenbehörde bei Ergehen der ersten Festsetzungsbescheide bekannt gewesen.
Auf verbrauchte Energieträger iSd § 1 Abs. 3 EnAbgVergG entfallende und bezahlte Energieabgaben seien insoweit vergütungsfähig, als für diese Energieabgaben kein Vergütungsanspruch nach anderen gesetzlichen Bestimmungen bestehe. Ein Teil der von der EVN gelieferten elektrischen Energie werde von der Bf zur Erzeugung elektrischer Energie eingesetzt, womit für diesen Teil der bezogenen elektrischen Energie der Befreiungstatbestand gemäß § 2 Z 2 ElAbG erfüllt sei. Die auf gemäß § 2 Z 2 ElAbG befreite elektrische Energie entfallende Elektrizitätsabgabe sei in analoger Anwendung des § 2 Z 3 ElAbg zu vergüten und sei insoweit nach dem EnAbgVergG nicht vergütungsfähig.
Soweit die von der EVN gelieferte elektrische Energie nicht unter den Befreiungstatbestand entfalle, sei ab eine Vergütung nach dem EnAbgVergG ausgeschlossen, da der Schwerpunkt der Bf mit der Erzeugung elektrischer Energie nicht in der Herstellung körperlicher Wirtschaftsgüter bestehe. Das BFG habe die Ansicht vertreten, dass die Erzeugung von Fernwärme und Strom als Produktion körperlicher Wirtschaftsgüter zu qualifizieren sei (). Diese Ansicht werde von der Abgabenbehörde aber nicht geteilt.
Das Nichtbestehen eines Anspruchs auf Energieabgabenvergütung sei der Abgabenbehörde bekannt gewesen, womit die Rechtswidrigkeit der Erstbescheide in der Übernahme der unrichtigen Vergütungsbeträge aus den Vergütungsanträgen der Bf bestehe.
In den Beschwerden vom führte der Vertreter der Bf aus:
Der Schwerpunkt der betrieblichen Tätigkeit der Bf sei die Herstellung elektrischer Energie aus Biomasse. Im Zuge des Abbaus von Biomassen, wie Gülle und Silagen, entstehe Biogas, das einem Biogasmotor zugeführt werde, der einen Generator antreibe und elektrische Energie erzeuge. Das verbliebene Substrat finde als landwirtschaftlicher Dünger Verwendung.
Die ursprünglichen Vergütungsbeträge seien korrekt gewesen und die Berichtigung sei unberechtigt erfolgt. Die von der Behörde vertretene Ansicht widerspreche der Entscheidung des Bundesfinanzgerichts (), wonach vom Begriff "körperliche Wirtschaftsgüter" auch elektrische Energie umfasst sei.
Von der Übernahme "offensichtlicher Unrichtigkeiten" aus Abgabenerklärungen iSd § 293b BAO könne hier keine Rede sein. Die belangte Behörde lasse offen, inwieweit es zur Übernahme welcher offensichtlichen Unrichtigkeiten aus Abgabenerklärungen gekommen sein solle. Die Bf habe ihre Abgabenerklärungen vollständig und richtig erstattet. Im Übrigen wäre eine allfällige Unrichtigkeit dann nicht offensichtlich, wenn diese Unrichtigkeit auf einer vertretbaren Rechtsansicht beruhe (; , 95/13/0124). Die vom BFG vertretene Rechtsansicht erweise sich als rechtlich richtig. Dementsprechend würden die Voraussetzungen des § 293b BAO für eine Berichtigung nicht vorliegen.
Für die Argumentation der belangten Behörde, dass betreffend einen Teil der eingesetzten elektrischen Energie ein Vergütungsanspruch in analoger Anwendung des § 2 Z 3 ElAbG und insoweit nicht nach dem EnAbgVergG bestehe, finde sich keine rechtliche Grundlage. Das Finanzamt habe dazu keine Feststellungen getroffen.
Da die Bf mit ihrer Biogasanlage schwerpunktmäßig ein körperliches Wirtschaftsgut erzeuge, bestehe daher der Anspruch auf Vergütung der Energieabgabenvergütung zu Recht.
Die Abgabenbehörde wies die Beschwerden mit Beschwerdevorentscheidung vom ab und führte begründend aus:
Gemäß § 293b BAO könne die Abgabenbehörde einen Bescheid insoweit berichtigen, als seine Rechtswidrigkeit auf der Übernahme offensichtlicher Unrichtigkeiten aus Abgabenerklärungen beruhe.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Unrichtigkeit, sei der Zeitpunkt der Erlassung des zu berichtigenden Bescheides. Ob eine Berichtigung möglich sei, hänge also davon ab, ob es im Zeitpunkt der Erlassung des zu berichtigenden Bescheides "offensichtlich" gewesen sei und die Rechtswidrigkeit auf der Übernahme der Unrichtigkeit aus der Abgabenerklärung beruhe.
Es sei unerheblich, ob es sich bei der Unrichtigkeit um einen falsch dargestellten Sachverhalt oder um eine unrichtige Rechtsansicht handle. Der VwGH habe klargestellt, dass bei Unrichtigkeiten im Rechtsbereich auf die Erkennbarkeit der unrichtigen Rechtsauffassung durch die Behörde abzustellen sei. Daher sei es unerheblich, ob es sich um eine Rechtsfrage handle, die unterschiedliche Lösungen denkbar erscheinen lasse. Wesentlich sei, dass für die Abgabenbehörde die Unrichtigkeit der in der Abgabenerklärung vertretenen Rechtsauffassung klar erkennbar gewesen wäre, wenn sie die Abgabenerklärung diesbezüglich geprüft hätte.
Nur wenn die Vertretbarkeit der Rechtsansicht auch aus der Sicht der Abgabenbehörde gegeben sei, sei eine offensichtliche Unrichtigkeit auszuschließen. Im Zeitpunkt des Ergehens der berichtigten Bescheide sei es eindeutige und unbestrittene Rechtsansicht der Abgabenbehörde gewesen, dass ein Biomasseheizwerk kein Produktions-, sondern ein Dienstleistungsbetrieb sei und daher diese Betriebe keinen Anspruch auf Vergütung der Energieabgaben haben (EnAbgR Rz 226). Dieser Rechtsansicht sei zu diesem Zeitpunkt weder in der Literatur noch von der Rechtsprechung widersprochen worden. Auch die Bf selbst habe in der Beschwerde vom gegen die Wiederaufnahmebescheide darauf verwiesen, dass die Herstellung eines körperlichen Wirtschaftsgutes durch Stromproduzenten bisher in der Rechtsprechung und der Verwaltungspraxis einheitlich verneint worden sei.
Für die Abgabenbehörde wäre es bei entsprechender Prüfung der Abgabenerklärungen der Bf erkennbar gewesen, dass die Energieabgabenvergütungen für die Jahre 2011 - 2013 mit Null Euro festzusetzen gewesen wären. Eine Rechtsprechung aus der Zeit nach dem maßgeblichen Zeitpunkt habe auf die Anwendbarkeit des § 293b BAO keinen Einfluss mehr. Das angesprochene Erkenntnis des BFG () habe daher keine Auswirkung auf die Beurteilung der Frage, ob die in der Abgabenerklärung vertretene Rechtsansicht eine vertretbare Rechtsansicht gewesen sei.
Die Berichtigung der Bescheide sei daher zu Recht vorgenommen worden, da die den Abgabenerklärungen zugrunde liegende Rechtsansicht aus der Sichtweise der Abgabenbehörde offensichtlich unrichtig gewesen sei.
Im Vorlageantrag vom hielt der steuerliche Vertreter der Begründung der Beschwerdevorentscheidung entgegen, dass man aus dem Ergehen des mehrmals zitierten Erkenntnisses des erst nach der Erlassung der ursprünglichen Bescheide nicht auf eine offensichtliche unrichtige Rechtsansicht schließen könne. Diese Entscheidung bestätige gerade eine zunächst unklare Rechtslage, widrigenfalls ein Erkenntnis des BFG zur hier relevanten Frage gar nicht ergangen wäre.
Auch wenn die Frage, ob elektrische Energie ein körperliches Wirtschaftsgut darstelle, bis dahin einheitlich verneint worden sei, lasse dies keinen Schluss auf die Vertretbarkeit oder Unvertretbarkeit der Rechtsansicht der Abgabenerklärungen zu. Laut Beschwerdevorentscheidung komme es nicht darauf an, ob eine unterschiedliche Lösung für eine Rechtsfrage denkbar sei, sondern ob für die Abgabenbehörde die Unrichtigkeit einer Rechtsauffassung offenkundig und klar erkennbar gewesen sei; es komme auf die herrschende Rechtsansicht der Abgabenbehörde an. Gemäß § 293b BAO komme es aber im Gegenteil darauf an, ob eine in der Abgabenerklärung vertretene Rechtsauffassung klar erkennbar und offensichtlich unrichtig sei. Maßstab sei das Gesetz und die dazu entwickelte Rechtsprechung und nicht die im Zeitpunkt des Bescheides herrschende, unbestrittene Rechtsansicht der Abgabenbehörde.
Diesbezüglich sei auf die schon vor dem bezeichneten Erkenntnis des BFG bestehende Rechtsprechung zu den Begriffen "Wirtschaftsgüter", "Vermögensgegenstand" etc. und die Mehrwertsteuersystemrichtlinie zu verwiesen.
Eine offensichtliche Unrichtigkeit könne darüber hinaus nicht vorliegen, wenn eine aus der Judikatur der Höchstgerichte ableitbare Rechtsansicht in der Literatur mit vertretbaren Argumenten abgelehnt werde. Die Qualifikation von Strom als körperliches Wirtschaftsgut sei jedenfalls bereits vor den Abgabenerklärungen der Bf Gegenstand unterschiedlicher Literaturmeinungen gewesen, weshalb keine offensichtliche Unrichtigkeit vorgelegen sein könne.
Die angefochtenen Bescheide seien daher ersatzlos aufzuheben.
In der Stellungnahme vom vertrat die belangte Behörde die Ansicht, dass aufgrund des Erkenntnisses des , Betriebe, die aus Biomasse Dampf und in weiterer Folge aus dem Dampf Wärme und/oder elektrische Energie erzeugen, "Produktionsbetriebe" seien und bei Vorliegen aller sonstigen Voraussetzungen einen Anspruch auf Energieabgabenvergütung haben können.
Es sei aber zu berücksichtigen, dass gemäß § 2 Abs. 1 EnAbgVergG - auf den der VwGH im genannten Erkenntnis ausdrücklich verweise - kein Vergütungsanspruch bestehe, soweit die in § 1 Abs. 3 EnAbgVergG genannten Energieträger (Strom, Erdgas, Kohle, Heizöl, Flüssiggas) oder Wärme (Dampf oder Warmwasser), die aus den in § 1 Abs. 3 EnAbgVergG genannten Energieträgern erzeugt wurde, geliefert werden.
In einem Aktenvermerk der steuerlichen Vertretung vom (s. Beil.) sei folgender Sachverhalt festgehalten:
"Bei der ***Bf1*** handelt es sich um eine Personengesellschaft, die seit 2005 aus Biogas Strom erzeugt und diesen zu 100 % an die Ömag (Abwicklungsstelle für Ökostrom AG) liefert. Für die Produktion des Stromes (Produktion d Gases / Rührwerke / Pumpen / Einbringung der Silage bzw Trocknung des Schüttgutes) wird von der EVN Fremdstrom bezogen. Geheizt wird die Biogasanlage mit der Abwärme des BHKW (Blockheizkraftwerk)."
Daraus folge, dass die Bf Strom erzeuge und liefere. Damit sei eine Energieabgabenvergütung jedenfalls und unabhängig davon, aus welchem Energieträger der Strom erzeugt werde, ausgeschlossen. Es sei daher auch für 1/2011 kein Vergütungsbetrag zu berechnen und die Beschwerde zur Gänze abzuweisen.
Mit Schriftsatz vom wandte sich der steuerliche Vertreter gegen die Beurteilung des Sachverhaltes durch das Finanzamt, das behauptet habe, aus den in § 1 Abs. 3 EnArbVergG genannten Energieträgern würden die in § 1 Abs. 3 EnAbgVergG genannten Energieträger erzeugt.
Die Bf erzeuge aus Biomasse, die nicht in § 1 Abs. 3 EnAbgVergG angeführt sei, Biogas, das ebenfalls nicht in § 1 Abs. 3 EnAbgVergG angeführt sei. Aus dem Biogas werde Strom erzeugt. Der Sachverhalt unterscheide sich inhaltlich nicht vom zitierten Erkenntnis (). Hier sei ebenfalls aus Biomasse Dampf und daraus Wärme und/oder elektrische Energie erzeugt worden.
In der mündlichen Verhandlung am verwies der steuerlicher Vertreter auf § 2 Abs. 1 EnAbgVergG, wonach kein Ausschluss von der Vergütung bestehe, wenn die Energie nicht aus den in § 1 Abs. 3 genannten Energieträgern erzeugt wird. Es bestehe im vorliegenden Fall eine Parallele zu der Entscheidung des , betreffend einen Betrieb, der Wärme und Strom erzeugt. Das sei auch bei der Bf. der Fall.
Nach Ansicht des Finanzamtsvertreters sei dieses Erkenntnis des VwGH nicht als Parallelfall zu sehen, da hier nur über die Produktion von Wärme abgesprochen worden sei. Außerdem sei § 2 Abs. 1 EnAbgVergG so zu interpretieren, dass ein Ausschluss von der Vergütung bestehe, wenn die im § 1 Abs. 3 genannten Energieträger geliefert werden, unabhängig davon, aus welchen Energieträgern sie erzeugt wurden.
Der Vertreter der bf KG wandte ein, dass die Bf auch Wärme in der Form liefere, dass die Bauern der Umgebung die Trockenkammern der Bf nutzen. Das sei auch in den Jahren 2011 bis 2013 schon der Fall gewesen.
Der Finanzamtsvertreterräumte ein, dass für die Wärmelieferungen ein Vergütungsanspruch bestehen könne, falls man von zwei Teilbetrieben (jeweils für Strom- bzw Wärmelieferungen) ausgehe. Bei einem einheitlichen Betrieb sei jedoch das Überwiegen ausschlaggebend.
Der steuerliche Vertreter gab dazu bekannt, dass mangels entsprechender Voraussetzungen keine getrennten Betriebsteile vorliegen. Bei den Wärmelieferungen könne man nicht von Überwiegen sprechen.
Der Finanzamtsvertreter wies darauf hin, dass die Entscheidung des VwGH im Unterschied zum vorliegenden Fall ein Heizkraftwerk mit überwiegender Wärmelieferung betroffen habe.
Zu § 293b BAO merkte der steuerliche Vertreter an, dass dem Finanzamt aus der Aktenlage zum Zeitpunkt der Erstbescheide zwar bekannt gewesen sei, dass die Bf Strom liefere, nicht aber, dass sie auch Wärme liefere.
Der Finanzamtsvertreter machte geltend, das eine offensichtliche Unrichtigkeit iSd § 293b BAO vorgelegen sei, weil nach damaliger Auffassung der Schwerpunkt der Bf nicht in der Erzeugung körperlicher Wirtschaftsgüter gelegen sei und darüber hinaus Energieträger iSd § 2 Abs. 1 EnAbgVergG geliefert werden. Unwesentlich sei, ob auch Wärme in untergeordnetem Ausmaß geliefert werde.
Dem widersprach der Vertreter der KG, da die Bf zu gleichen Teilen 100 KW Wärme und 100 KW Strom erzeuge und auch liefere. Die Stromlieferung sei aber wesentlich lukrativer.
Nach Meinung des Finanzamtsvertreters sei jedenfalls die Stromerzeugung im Vordergrund gestanden, bei einem einheitlichen Betrieb kommt es auf das Überwiegen an. Die Wärmeerzeugung könne daher nicht ausschlaggebend sein. Die Abwärme sei lediglich als Abfallprodukt zu bezeichnen, deshalb überwiege die Stromerzeugung.
Der Vertreter der KG führte aus, dass es in den strittigen Jahren noch keine Wärmezähler gegeben habe. In welchem Ausmaß Wärme im Vergleich zur Elektrizität erzeugt wurde, könne daher nicht durch Unterlagen nachgewiesen werden.
Der steuerliche Vertreter machte abschließend geltend, dass im VwGH-Erkenntnis nichts zum Überwiegen der Stromerzeugung bzw. Wärmeerzeugung zu finden sei. Es sei davon auszugehen, dass der gegenständliche Fall analog zu beurteilen sei.
Der Finanzamtsvertreter verwies schließlich auf das bisherige Vorbringen der belangten Behörde sowie auf das Handbuch "Energieabgaben und Energieabgabenvergütung" von Grabner/Schwab, Linde Verlag, Praxisbeispiele Seite 172 f, und auf .
Über die Beschwerde wurde erwogen:
1. Sachverhalt
Die Bf betreibt in der Form einer KG ein Kleinkraftwerk, das nach den unbestrittenen Angaben der Bf mittels Abbau von Biomasse (wie Gülle und Silagen) Biogas und in weiterer Folge Strom erzeugt und danach an die Ömag liefert. Für den Erzeugungsprozess (Rührwerke, Pumpen, Einbringung der Silage, Trocknung des Schüttgutes) bezieht die Bf Strom von der EVN, welche der Bf Energieabgaben in Rechnung stellt. Die im Produktionsprozess entstehende Wärme wird zur Beheizung der Biogasanlage verwendet, aber auch zur Beheizung von Trockenkammern, die von landwirtschaftlichen Betrieben genutzt werden.
Das Finanzamt hat die Energieabgabenvergütung für 2011 - 2013 vorerst antragsgemäß mit Bescheiden vom , und zugesprochen. Dem Finanzamt war der Geschäftszweig der Bf, nämlich schwerpunktmäßig die Elektrizitätserzeugung, zu diesen Zeitpunkten bereits bekannt (siehe zB den am beim Finanzamt eingereichten Jahresabschluss 2010). Mit den angefochtenen Berichtigungsbescheiden gemäß § 293b BAO vom wurden die Energieabgabenvergütungen für 2011 - 2013 hinsichtlich der Höhe des Vergütungsbetrages berichtigt und mit Null Euro festgesetzt. Laut Bescheidbegründung bestehe die Rechtswidrigkeit dieser Bescheide in der Übernahme der unrichtigen Vergütungsbeträge aus den Vergütungsanträgen, die Bf. habe keinen Anspruch auf Energieabgabenvergütung.
2. Beweiswürdigung
Der Sachverhalt ergibt sich aus den Verwaltungsakten sowie dem Vorbringen in der mündlichen Verhandlung und ist unbestritten. Strittig ist der Anspruch auf Energieabgabenvergütung sowie die Offensichtlichkeit der Unrichtigkeit der Vergütungsanträge.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)
Gemäß § 293b BAO kann die Abgabenbehörde auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen einen Bescheid insoweit berichtigen, als seine Rechtswidrigkeit auf der Übernahme offensichtlicher Unrichtigkeiten aus Abgabenerklärungen beruht.
Gemäß § 2 Abs. 2 Z 1 EnAbgVergG gilt der Antrag auf Energieabgabenvergütung als Steuererklärung.
Der Verwaltungsgerichtshof () hat zur Berichtigung gemäß § 293b BAO ausgeführt:
" § 293b BAO setzt voraus, dass die Abgabenbehörde den Inhalt einer Abgabenerklärung übernimmt, wobei diesem Inhalt eine offensichtliche Unrichtigkeit zu Grunde liegt. Dies wird dann zu bejahen sein, wenn die Abgabenbehörde bei ordnungsgemäßer Prüfung der Abgabenerklärung die Unrichtigkeit hätte erkennen müssen, ohne ein weiteres Ermittlungsverfahren durchzuführen. Die Unrichtigkeit kann sowohl in einer unzutreffenden Rechtsauffassung als auch in einer in sich widersprüchlichen oder eindeutig gegen menschliches Erfahrungsgut sprechenden Sachverhaltsdarstellung zum Ausdruck kommen (vgl das hg Erkenntnis vom , 97/13/0230).
Ob eine offensichtliche Unrichtigkeit im Hinblick auf die übernommene Rechtsauffassung vorliegt, ist anhand des Gesetzes und vor allem auch der dazu entwickelten Rechtsprechung zu beurteilen. Bestünde behördlicherseits bei entsprechender Prüfung von vornherein die Gewissheit, dass die in der Abgabenerklärung vertretene Rechtsansicht unrichtig ist, so liegt aus der Sicht der Abgabenbehörde eine offensichtliche Unrichtigkeit vor (vgl das hg Erkenntnis vom , 98/13/0180).
Offensichtliche Unrichtigkeit liegt vor, wenn sie ohne nähere Untersuchungen im Rechtsbereich und ohne Ermittlungen im Tatsachenbereich deutlich erkennbar ist (Stoll, BAO-Kommentar, 2831)."
Maßgeblicher Zeitpunkt, zu welchem die Unrichtigkeit zu beurteilen ist, ist der Zeitpunkt der Erlassung des zu berichtigenden Bescheides ().
3.1.1. Zum Ausschluss vom Vergütungsanspruch nach dem EnAbgVergG wegen eines Vergütungsanspruches nach dem ElAbgG:
Gemäß § 2 Z 2 ElAbgG, ist elektrische Energie von der Abgabe befreit, soweit sie für die Erzeugung und Fortleitung von elektrischer Energie, von Erdgas oder von Mineralöl verwendet wird.
Gemäß § 3 Z 2 EnAbgVergG besteht kein Anspruch auf Vergütung insoweit Anspruch auf Vergütung der Erdgasabgabe gemäß § 3 Abs. 2 des Erdgasabgabegesetzes, auf Vergütung der Kohleabgabe gemäß § 3 Abs. 2 des Kohleabgabegesetzes oder auf Vergütung der Mineralölsteuer nach dem Mineralölsteuergesetz 1995 besteht oder der Energieträger als Treibstoff verwendet wird.
In den angefochtenen Bescheiden vertrat das Finanzamt die Ansicht, dass eine Energieabgabenvergütung nicht möglich sei, soweit der Befreiungstatbestand gemäß § 2 Z 2 ElAbgG erfüllt sei und ein Vergütungsanspruch nach dem ElAbgG bestehe.
Dazu ist festzustellen, dass ein Ausschluss von der Energieabgabenvergütung in § 3 Z 2 EnAbgVergG aufgrund eines Anspruchs auf Vergütung der Elektrizitätsabgabe bzw einer Befreiung von der Elektrizitätsabgabe nicht erwähnt ist. Ebenso wenig ist die Rechtsmeinung des Finanzamtes in anderen Bestimmungen des EnAbgVergG gedeckt.
Unter diesem Aspekt kann das BFG eine Unrichtigkeit der Vergütungsanträge nicht feststellen. Es war daher nicht zulässig, die Bescheidberichtigung darauf zu stützen.
3.1.2. Zum Vergütungsanspruch gemäß § 2 Abs. 1 EnAbgVergG:
Gemäß § 2 Abs. 1 EnAbgVergG, idF Budgetbegleitgesetz 2011, BGBl. I Nr. 111/2010, anzuwenden ab 2/2011, besteht ein Anspruch auf Vergütung nur für Betriebe, deren Schwerpunkt nachweislich in der Herstellung körperlicher Wirtschaftsgüter besteht und soweit sie nicht die in § 1 Abs. 3 genannten Energieträger (Strom, Erdgas, Kohle, Heizöl, Flüssiggas) oder Wärme (Dampf oder Warmwasser), die aus den in § 1 Abs. 3 genannten Energieträgern erzeugt wurde, liefern.
Nach der für 1/2011 anzuwendenden Fassung des § 2 Abs. 1 EnAbgVergG bestand ein Anspruch auf Vergütung für alle Betriebe, soweit sie nicht die in § 1 Abs. 3 genannten Energieträger liefern oder Wärme (Dampf oder Warmwasser) liefern, die aus den in § 1 Abs. 3 genannten Energieträgern erzeugt wurde.
a. Das Finanzamt berief sich darauf, dass der Schwerpunkt der Bf mit der Erzeugung elektrischer Energie nicht in der Herstellung körperlicher Wirtschaftsgüter bestehe und aus diesem Grund ab eine Vergütung der Energieabgaben ausgeschlossen sei (§ 2 Abs. 1 EnAbgVergG, idF BBG 2011). Darüber hinaus liefere die Bf elektrische Energie iSd zweiten Satzteils der zitierten Bestimmung, was ebenfalls einen Ausschluss von der Energieabgabenvergütung zur Folge habe.
Der Verwaltungsgerichtshof hat zu einem Fernheizwerk festgehalten, dass sich der Vorgang der Energiegewinnung aus Biomasse nach der Verkehrsauffassung nicht als typischer "Dienstleistungsbetrieb" darstellt, welcher durch das Budgetbegleitgesetz 2011 von der Energieabgabenvergütung ausgeschlossen werden sollte. Der VwGH verwies überdies u.a. darauf, dass das UStG 1994 in nationaler Umsetzung der unionsrechtlichen Vorgaben (Art. 15 Abs. 1 Mehrwertsteuersystemrichtlinie 2006/112/EG) in § 3 Abs. 13 und 14 UStG 1994 "Wärme" für Zwecke der Umsatzsteuer als körperliches Wirtschaftsgut behandelt ().
Diese Argumentation trifft auch auf die Erzeugung von Strom aus Biomasse - wie im vorliegenden Fall - zu. In § 3 Abs. 13 und 14 UStG 1994 ist neben "Wärme" u.a. "Elektrizität" angeführt. Auch die Erzeugung von Strom ist damit als Herstellung eines körperlichen Wirtschaftsgutes zu qualifizieren. Der Betrieb der Bf ist daher sowohl hinsichtlich der Stromerzeugung als auch der damit verbundenen Wärmeerzeugung als Produktionsbetrieb einzustufen. Diese Ansicht wird nunmehr auch von der Abgabenbehörde in Hinblick auf die oben zitierte Rechtsprechung des VwGH geteilt.
Die Abgabenbehörde hat zuvor die in den bekämpften Bescheiden vom vertretene Meinung, dass der Schwerpunkt der Bf nicht in der Herstellung körperlicher Wirtschaftsgüter bestehe, ausschließlich auf die Verwaltungspraxis (EnAbgR Rz 226) gestützt. Eine Definition des Begriffes "körperliche Wirtschaftsgüter" ist im EnAbgVergG nicht enthalten. Rechtsprechung des VwGH zur Definition der körperlichen Wirtschaftsgüter iSd § 2 Abs. 1 EnAbgVergG existierte - soweit ersichtlich - zum Zeitpunkt der Erstbescheide ebenso wenig. Die in den Vergütungsanträgen vertretene Rechtsansicht der Bf findet aber insofern eine Stütze in der damals existenten höchstgerichtlichen Rechtsprechung, als danach die Begriffsbildung des Umsatzsteuerrechts für die Anwendung des Energieabgabenvergütungsgesetzes heranzuziehen ist (vgl. ). Aus § 3 Abs. 13 und 14 UStG 1994 ist aber - wie erwähnt - zu erschließen, dass ua. Elektrizität und Wärme als körperliche Wirtschaftsgüter zu qualifizieren sind. Darüber hinaus ist die Lieferung von den "in § 1 Abs. 3 EnAbgVergG genannten Energieträgern" und "Wärme" in § 2 Abs. 1 EnAbgVergG als Ausschlussgrund genannt. Für den Fall, dass diese Energieträger keine körperlichen Wirtschaftsgüter sind, wäre die Erwähnung nicht erforderlich, da dies der Vergütung ohnehin entgegenstünde (vgl. ).
Aus diesen Gründen lag im Zeitpunkt der Erstbescheide - bezogen auf die Frage der Herstellung körperlicher Wirtschaftsgüter - jedenfalls keine "offensichtliche Unrichtigkeit" der Vergütungsanträge vor. Die offensichtliche Unrichtigkeit ist anhand des Energieabgabenvergütungsgesetzes und der dazu entwickelten Rechtsprechung zu beurteilen (vgl ). Wie oben dargelegt, konnte im Zeitpunkt der zu berichtigenden Bescheide weder aus dem Energieabgabenvergütungsgesetz noch aus der dazu entwickelten Rechtsprechung eine offensichtliche Unrichtigkeit der Vergütungsanträge abgeleitet werden. Der auf der damaligen Verwaltungspraxis beruhende Standpunkt des Finanzamtes, wonach ein Biomassewerk eindeutig als Dienstleistungsbetrieb zu qualifizieren sei, ist nicht ausschlaggebend.
b. Das Finanzamt machte schließlich geltend, dass die Bf iSd § 2 Abs. 1 EnAbgVergG einen "in § 1 Abs. 3 genannten Energieträger" (im vorliegenden Fall elektrische Energie) liefere. Dem ist entgegenzuhalten, dass die Bf nach den unbestrittenen Sachverhaltsfeststellungen die mit Elektrizitätsabgabe belastete elektrische Energie nicht liefert, sondern im Produktionsprozess verwendet. Für die von der Bf selbst erzeugte und sodann gelieferte elektrische Energie hat die Bf keine Vergütung beansprucht.
Mit der Bestimmung des § 2 Abs. 1 EnAbgVergG, zweiter Satzteil, soll eine mehrfache Inanspruchnahme der Energieabgabenvergütung verhindert werden, da bei Lieferung der erwähnten Energieträger an einen Abnehmer, wenn er die Voraussetzungen erfüllt, dieser die Vergütung geltend machen kann (siehe auch EnAbgR Rz 240; 1289 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP - Erläuterungen zum EnAbgVergG). Zu einer mehrfachen Geltendmachung der Vergütung kann es aber nicht kommen, wenn - wie im vorliegenden Fall - die mit Elektrizitätsabgabe belastete elektrische Energie im eigenen Produktionsbetrieb verbraucht wird.
Energieabgaben sind somit nach teleologischer Interpretation des § 2 Abs. 1 EnAbgVergG dann vergütungsfähig, wenn sie für Energieträger (im vorliegenden Fall elektrische Energie) entrichtet wurden, die im Produktionsbetrieb eingesetzt werden. Die Verwendung von elektrischer Energie im Produktionsprozess steht dem Vergütungsanspruch gemäß § 2 Abs. 1 EnAbgVergG daher nicht entgegen, ebenso nicht die Lieferung von im Betrieb erzeugter elektrischer Energie.
Auch in diesem Punkt ist eine Rechtswidrigkeit der berichtigten Energieabgabenvergütungsbescheide nicht festzustellen.
c. Soweit im Produktionsprozess der Bf technisch unvermeidbare Abwärme anfällt, die zum Teil von Betrieben zur Trocknung landwirtschaftlicher Produkte genutzt wird, greift der in § 2 Abs. 1 EnAbgVergG genannte Ausschlussgrund ebenfalls nicht. Dies schon deshalb, da die Wärme aus Biomasse bzw Biogas erzeugt wird, und nicht "aus den in § 1 Abs. 3 genannten Energieträgern" (analog zu ).
Daher schließt auch die Produktion von Wärme den Vergütungsanspruch der Bf. nicht aus.
d. Abschließend ist festzuhalten, dass von einer Rechtswidrigkeit der berichtigten Energieabgabenvergütungsbescheide, die "auf der Übernahme offensichtlicher Unrichtigkeiten" aus den Vergütungsanträgen beruht, keine Rede sein kann. Die vom Finanzamt gemäß § 293b BAO vorgenommene Berichtigung war daher nicht zulässig. Die angefochtenen Berichtigungsbescheide vom sind ersatzlos aufzuheben.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, da zur Frage der Auslegung des Vergütungsausschlusses in § 2 Abs. 1 EnAbgVergG - "soweit sie nicht die in § 1 Abs. 3 genannten Energieträger, oder Wärme (Dampf oder Warmwasser), die aus den in § 1 Abs. 3 genannten Energieträgern erzeugt wurde, liefern" - keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 2 Abs. 2 Z 1 Energieabgabenvergütungsgesetz, BGBl. Nr. 201/1996 § 293b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7105869.2017 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at