Behaltedauer bei Einkünften aus Spekulationsgeschäften
VfGH-Beschwerde zur Zahl E 2454/2020 anhängig. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom abgelehnt.; Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2021/13/0088. Zurückweisung mit Beschluss vom .
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Peter Unger in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Rudolf Frisch MAS, Dominikanerbastei 6/2, 1010 Wien, über die Beschwerden vom und gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom betreffend Einkommensteuer 2010 und 2011, zu Recht erkannt:
I. Den Beschwerden wird teilweise Folge gegeben.
Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Im vorgelagerten Ermittlungsverfahren der belangten Behörde wurde dem Beschwerdeführer der Erhalt von Kontrollmitteilungen gemäß der EU-Zinsrichtlinie über den Zufluss von Kapitalerträgen vorgehalten.
Im (nach unbekämpft gebliebener Wiederaufnahme des Verfahrens erlassenen) Einkommensteuerbescheid 2010 vom wurden seitens der belangten Behörde ua auch Einkünfte aus Spekulationsgeschäfte iHv 82.540 € in die Bemessungsgrundlage miteinbezogen.
Im Einkommensteuerbescheid 2011 wurden seitens der belangten Behörde ua auch Einkünfte aus Spekulationsgeschäfte iHv 36.375 € aufgrund Nichtabgabe der Steuererklärungen im Schätzungswege in die Bemessungsgrundlage miteinbezogen.
In den dagegen eingebrachten Berufungen brachte der Beschwerdeführer durch seinen berufsmäßigen Parteienvertreter vor, dass die in den Jahren 2010 und 2011 veräußerten Wertpapiere allesamt wesentlich länger als 12 Monate im Eigentum des Beschwerdeführers gestanden seien und die Miteinbeziehung von Einkünften aus Spekulationsgeschäften daher rechtswidrig erfolgt sei.
Der Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 2010 legte der Beschwerdeführer deutsche Depotauszüge der European Bank for Fund Services GmbH bei, aus der sich monatliche Veräußerungen iHv 1.002,13 und eine einmalige Wiederveranlagung von Ertragsausschüttungen iHv 884,14 € ergibt.
Mit Ergänzungsersuchen vom forderte die belangte Behörde den Beschwerdeführer bezüglich der Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 2010 auf:
"Es wurden lediglich die Unterlagen über die Verkäufe vorgelegt. Das Datum der Anschaffung der Wertpapiere ist nicht ersichtlich. Um Nachreichung wird ersucht."
Mit Ergänzungsersuchen vom forderte die belangte Behörde den Beschwerdeführer bezüglich der Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 2011 ua auf:
"1) Wie setzen sich die Einkünfte aus Kapitalvermögen iHv € 2.182,16 zusammen ?
2) Laut vorliegender Kontrollmitteilung kam es auch im Jahr 2011 zur Veräußerung von Kapitalvermögen. Um Darstellung des Veräußerungserlöses unter Angabe des Kauf- und Verkaufsdatums wird ersucht."
In seiner Beantwortung des Ergänzungsersuchens betreffend das Jahr 2010 gab der Beschwerdeführer an:
"[…] [D]ie im Jahr 2010 verkauften Wertpapiere wurden länger als ein Jahr im Privatvermögen gehalten (dies ergibt sich auch aus den Depotauszügen der Vorjahre, die bereits im Betriebsprüfungsverfahren vor ein paar Jahren vorgelegt worden waren.) Die Ankaufsbelege sind derzeit nicht greifbar, sodass diese bei Bedarf von der Bank angefordert werden müssten. Daher ergeben sich keine Spekulationsgewinn."
In einer weiteren das Jahr 2010 betreffenden Beantwortung führte der Beschwerdeführer aus:
"Hr. [Bf] hat in Deutschland höhere WP Depots von seiner Mutter geerbt (diese verstarb vor mehr als 10 Jahren). Diese liegen bei der Hypo Vereinsbank, im Internationalen Immobilien-Institut Kaptialanlagengeschäft (Iii Investments) und bei der Cominvest (e-base GmbH). Hr. [Bf] schafft keine neuen WP ; alle verkauften WP befanden sich länger als 10 Jahre im Besitz. Monatlich wird bei der e-base als auch bei iii-investments ein Betrag von € 1.002,13 (e-base) und € 485,73 (Iii-Investments) an ein Konto des Pfl. überwiesen, was jedesmal einen Verkauf darstellt."
Mit weiterem Ergänzungsersuchen vom forderte die belangte Behörde den Beschwerdeführer bezüglich der Berufungen gegen die Einkommensteuerbescheide 2010 und 2011 auf:
"Um Übermittlung der Depotauszüge bzgl. der Wertpapierverkäufe auf dem Konto [Nr] UNI Credit für die Jahre 2010 und 2011 wird gebeten. Für das Jahr 2011 werden Sie nochmals aufgefordert die Ermittlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen iHv € 2.182,16 bekanntzugeben."
Mit Erinnerungsschreiben vom führte die belangte Behörde aus:
"Sie haben offenbar übersehen, die von Ihnen einzubringende Vorhaltsbeantwortung betreffend der Beschwerde für den Zeitraum 2010 und 2011 fristgerecht bis 06.12.201 einzureichen.
Sie werden ersucht, dies bis längstens nachzuholen.
1) Es fehlen die Depotauszüge bzgl der Wertpapierverkäufe des Kontos [Nr] der Uni Credit-Bank für die Jahr 2010 und 2011.
2) Für das Jahr 2011 fehlt nach wie vor die konkrete Darstellung der Ermittlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen iHv Euro 2.182,16.
Bitte beachten Sie, bei neuerlicher Nichtbeantwortung bleiben die geschätzten Spekulationseinkünfte in Ansatz."
Mit Schreiben vom erläuterte der Beschwerdeführer durch seinen berufsmäßigen Parteienvertreter die Einkünfte aus Kapitalvermögen des Jahres 2011 und legte die angeforderten Unterlagen betreffend Wertpapierverkäufe der Jahre 2010 und 2011 vor.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom änderte die belangte Behörde den angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2010 verbösernd ab und begründete dies wie folgt:
"1) Aufgrund des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen Österreich und Schweiz kann die ausländische Kapitalertragssteuer nur iHv von 15 % der Bruttodividende in Ansatz gebracht werden (15 % von Euro 780,76).
2) Spekulationseinkünfte - € 82.540,-
Mangels Vorlage der entsprechenden Unterlagen (Depotauszug...etc) - trotz großzügiger Zufristung - konnte nicht überprüft werden , ob die Wertpapiere länger als ein Jahr im Depot gehalten wurden. Die Spekulationseinkünfte blieben daher in unveränderter Höhe in Ansatz. Auf die Ergänzungsersuchen vom , , sowie vom wird verwiesen."
Mit weiterer Beschwerdevorentscheidung vom änderte die belangte Behörde auch den angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2011 verbösernd ab. Als Begründung findet sich in dieser Beschwerdevorentscheidung folgendes:
"Spekulationseinkünfte - € 36.375,-
Mangels Vorlage der entsprechenden Unterlagen (Depotauszug...etc) - trotz großzügiger Zufristung - konnte nicht überprüft werden, ob die Wertpapiere länger als ein Jahr im Depot gehalten wurden. Die Spekulationseinkünfte blieben daher in unveränderter Höhe in Ansatz. Auf die Ergänzungsersuchen vom , sowie vom wird verwiesen."
In seinem Vorlageantrag vom beantragte der Beschwerdeführer durch seinen berufsmäßigen Parteienvertreter die Vorlage beider Beschwerden an die "Abgabenbehörde zweiter Instanz" (gemeint wohl: Bundesfinanzgericht) und führt hierin ua weiter aus:
"Zum einen waren die in den Jahren 2010 und 2011 verkauften Wertpapiere länger als 12 Monate Eigentum des Herrn Dkfm [Bf], und zum anderen ist der Ansatz des kompletten Verkaufserlöses (ohne Ansatz von Anschaffungskosten) als Einkünfte eine willkürliche und überschiessende Besteuerung. Da meines Erachtens bereits alle Unterlagen vorgelegt wurden, ersuche ich in eventu um Bekanntgabe der Unterlagen, die noch fehlen."
Mit Vorlagebericht vom nahm die belangte Behörde die Beschwerde- und Aktenvorlage gemäß § 265 BAO vor und gab hierin ua folgendes an:
"Sachverhalt:
Im Rahmen von EU-Zinsmitteilungen wurde der Abgabenbehörde mitgeteilt, dass der Abgabepflichtige für das Jahr 2010 aus Deutschland Veräußerungserlöse iHv EUR 12.025,- bei der European Bank for Fund Service und Veräußerungserlöse iHv EUR 70.515,- bei der UniCredit Bank AG erzielt hat. Im Jahr 2011 betrugen die gemeldeten Veräußerungserlöse EUR 12.025,- bei der European Bank for Fund Service sowie EUR 24.350,- bei der UniCredit Bank AG. Beschwerdegegenständlich ist, ob es sich bei diesen vier Verkäufen um Spekulationsgeschäfte im Sinne des § 30 EStG idF vor BBG 2011 handelt.
Trotz mehrfacher Aufforderung wurden teilweise Unterlagen, aber keine ausreichenden Unterlagen beigebracht, anhand welcher eine steuerrechtliche Beurteilung der Einhaltung der einjährigen Behaltefrist bei Spekulationsgeschäften eindeutig durchgeführt werden könnte.
Das Finanzamt setzte daher im Jahr 2010 Verkaufserlöse iHv EUR 82.540,- (EUR 12.025,- + EUR 70.515,-) bzw. im Jahr 2011 EUR 36.375,- (EUR 12.025,- + EUR 24.350,-) als Spekulationserträge im Sinne des § 30 EStG idF vor BBG 2011 bescheidmäßig fest.
Dagegen wurde Beschwerde erhoben in der argumentiert wird, dass die gegenständlichen Papiere länger als ein Jahr gehalten worden seien, was jedoch aus den vorgelegten Unterlagen nicht eindeutig ableitbar ist.
Es wurden weder Depotverzeichnisse per , und bei der Unicredit Bank AG, bzw per , bei der European Bank for Fund Serivce vorgelegt noch eine lückenlose Transaktionsübersicht für alle im Jahr 2009, 2010 und 2011 durchgeführten Transaktionen beigebracht anhand derer vollständig und schlüssig ersichtlich wäre ob die obigen Verkäufe innerhalb der Jahresfrist stattgefunden haben oder nicht, bzw. es auch Zugänge gab oder nicht."
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
-) Betreffend das Jahr 2010
Dem Beschwerdeführer floss im Jahr 2010 ein Betrag iHv insgesamt 82.540 € aus dem Verkauf von Wertpapieren zu.
Der Beschwerdeführer konnte im Verfahren eine Behaltedauer der im Jahr 2010 veräußerten Wertpapierpositionen von länger als einem Jahr weder nachweisen noch glaubhaft machen.
Die Anschaffungskosten der im Jahr 2010 veräußerten Wertpapierpositionen werden pauschal mit 50 % des Veräußerungserlöses, somit iHv 41.270 € (50% von 82.540 €) schätzungsweise festgestellt.
-) Betreffend das Jahr 2011
Dem Beschwerdeführer floss im Jahr 2011 ein Betrag iHv insgesamt 36.375 € aus dem Verkauf von Wertpapieren zu
Der Beschwerdeführer konnte im Verfahren eine Behaltedauer der im Jahr 2011 veräußerten Wertpapierpositionen von länger als einem Jahr weder nachweisen noch glaubhaft machen.
Die Anschaffungskosten der im Jahr 2011 veräußerten Wertpapierpositionen werden pauschal mit 50 % des Veräußerungserlöses, somit iHv 18.187,50 € (50% von 36.375 €) schätzungsweise festgestellt.
Beweiswürdigung
Die Höhe der Zuflüsse aus Wertpapierveräußerungen in den Jahren 2010 und 2011 ergibt sich aus den aktenkundigen Depotauszügen und wurden die diesbezüglichen Feststellungen auch von Beschwerdeführer im Verfahren nicht bestritten.
Eine Behaltedauer der gegenständlichen Wertpapiere von über einem Jahr konnte vom Beschwerdeführer aus den folgenden Gründen nicht glaubhaft gemacht werden:
Gemäß § 115 Abs 1 zweiter Satz BAO wird die Verpflichtung zur amtswegigen Ermittlung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse durch eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Abgabepflichtigen eingeschränkt
Die parlamentarischen Materialien führen hierzu ua aus (vgl ErläutRV 1660 BlgNR XXV. GP, 24):
"Im Abgabenverfahren gilt grundsätzlich der Untersuchungsgrundsatz, demzufolge die materielle Wahrheit zu erforschen ist. Ungeachtet der im § 115 Abs. 1 erster Satz BAO umschriebenen amtswegigen Ermittlungspflicht haben auch die Abgabepflichtigen an der Wahrheitsfindung und Sachaufklärung mitzuwirken; ohne eine solche Mitwirkung der Abgabepflichtigen wäre die Erforschung der materiellen Wahrheit vielfach nicht möglich oder mit einem unzumutbaren Aufwand verbunden. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes besteht eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Abgabepflichtigen im Wesentlichen in folgenden Fällen:
- wenn durch faktische Gegebenheiten oder rechtliche Schranken die amtswegige Ermittlung des Sachverhaltes eingeschränkt oder verhindert ist. Dies gilt
- grundsätzlich bei Auslandssachverhalten; die faktische Einschränkung der amtswegigen Ermittlung von Auslandssachverhalten wird auch durch rechtliche Amtshilfemöglichkeiten unter Umständen nicht verbessert.
[...]
- wenn nach der Lage des Falles nur der Abgabepflichtige Angaben zum Sachverhalt machen kann.
- wenn der Abgabepflichtige zur Mitwirkung an der Wahrheitsfindung nicht bereit ist bzw. eine solche unterlässt.
[...]
- wenn der Abgabepflichtige Begünstigungen oder Befreiungen in Anspruch nehmen möchte.
[…]
Die erhöhte Mitwirkungspflicht wird in allen von der Judikatur entwickelten Aspekten durch das Anfügen eines zweiten Satzes in § 115 Abs. 1 BAO in das Gesetz übernommen. Durch das Wort 'beispielsweise' wird klargestellt, dass nicht nur bei Auslandssachverhalten eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Abgabepflichtigen besteht.
Die erhöhte Mitwirkungspflicht des Abgabepflichtigen hat beispielsweise zur Folge, dass es am Abgabepflichtigen liegt,
- Beweise für die Aufhellung auslandsbezogener Sachverhaltselemente beizuschaffen.
[…]
- bereits während der Geschäftstätigkeit dafür Vorsorge zu treffen, dass für das Abgabeverfahren erforderliche Urkunden und Dokumente verfügbar sind.
- alle relevanten Sachverhaltselemente so zu dokumentieren, dass sie für die Abgabenbehörde nachvollziehbar sind.
Eine Verletzung der erhöhten Mitwirkungspflicht des Abgabepflichtigen hat beispielsweise zur Folge, dass
- die Verpflichtung der Abgabenbehörde endet, den Sachverhalt über das von ihr aufgrund einer ordentlich durchgeführten Ermittlung zu prüfen und sie den so ermittelten Sachverhalt als erwiesen annehmen darf.
- insoweit ein Anlass zur Schätzung der Grundlagen für die Abgabenerhebung vorliegt, als diese wegen der Pflichtverletzung nicht exakt ermittelt oder berechnet werden können.
[...]"
Trotz mehrerer Vorhalte der belangten Behörde, davon allein drei nach Einbringung der gegenständlichen Beschwerden, hat es der Beschwerdeführer durch seinen berufsmäßigen Parteienvertreter unterlassen, in geeigneter Art und Weise den Anschaffungszeitpunkt der veräußerten Wertpapierpositionen nachzuweisen bzw glaubhaft zu machen. Dies kann vor dem Hintergrund des sich aus § 166 BAO ergebenden Grundsatzes der Unbeschränktheit der Beweismittel nicht ohne Folgen bleiben, wobei eine behördliche bzw gerichtliche Manuduktionspflicht gemäß § 113 BAO schon aufgrund der bestehenden steuerlichen Vertretung des Beschwerdeführers unterbleiben konnte. Erschwerend tritt hinzu, dass sich auch gegen die ausdrücklichen und unmissverständlichen behördlichen Feststellungen der Beschwerdevorentscheidungen und des Vorlageberichtes, denen beiden ebenso Vorhaltscharakter zukommt (vgl bereits Stoll, BAO-Kommentar, 2713 samt Judikaturnachweisen und zB ), keinerlei Entgegnungen des Beschwerdeführers samt (nachgeholter) Beweismittel finden.
Selbiges gilt für die von der belangten Behörde im Vorlagebericht dargestellte Ermittlung der Anschaffungskosten der Wertpapiere. Auch diesbezüglich hat sich der Beschwerdeführer durch Unterlassung einer Stellungnahme samt entsprechender beweiskräftiger Belege verschwiegen.
Vor diesem Gesamtbild der Verhältnisse durfte das Bundesfinanzgericht die obigen Sachverhaltsstellungen gemäß § 167 Abs 2 BAO als erwiesen annehmen.
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)
Gemäß § 29 Z 2 EStG in der im Beschwerdefall noch maßgeblichen Fassung vor dem 1. StabG 2012 (BGBl I 2012/22) fallen unter die sonstigen Einkünfte auch Einkünfte aus Veräußerungsgeschäften iSd § 30 EStG.
§ 30 EStG in der im Beschwerdefall noch maßgeblichen Fassung vor dem 1. StabG 2012 (BGBl I 2012/22) lautete auszugsweise:
"(1) Spekulationsgeschäfte sind:
1. Veräußerungsgeschäfte, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung beträgt:
[…]
b) Bei anderen Wirtschaftsgütern nicht mehr als ein Jahr.
[…]
Wurde das Wirtschaftsgut unentgeltlich erworben, so ist auf den Anschaffungszeitpunkt oder den Eröffnungszeitpunkt des Geschäftes beim Rechtsvorgänger abzustellen.
[…]
(4) Als Einkünfte sind der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös einerseits und den Anschaffungskosten und den Werbungskosten andererseits anzusetzen. […]"
Gegenstand der Besteuerung von Veräußerungsgeschäften nach § 30 EStG 1988 (in der hier maßgeblichen Fassung) ist der Gewinn aus dem einzelnen Geschäft bzw. der Summe der einzelnen Geschäfte eines Kalenderjahres (vgl. , VfSlg. 13.724, und vom , B 941/02, VfSlg. 16.760).
Soweit die belangte Behörde die ungekürzten Einnahmen (ohne Abzug der entsprechenden Anschaffungskosten iSd § 30 Abs 4 EStG) aus der Veräußerung von Wertpapieren als Einkünfte aus Spekulationsgeschäften in die Bemessungsgrundlage der beiden Beschwerdejahre 2010 und 2011 miteinbezogen hat, hat sie somit die angefochtenen Bescheide mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.
Die angefochtenen Einkommensteuerbescheide 2010 und 2011 waren daher gemäß § 279 BAO spruchgemäß abzuändern.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da im vorliegenden Fall entscheidungswesentlich die in freier Beweiswürdigung vorgenommene Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes war (Behaltedauer der Wertpapiere), liegen die Voraussetzungen für eine Revisionszulassung nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht vor (vgl ).
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 166 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 115 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 113 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 30 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
Zitiert/besprochen in | Cserny/Deichsel/Petritz in SWK 6/2022, 315 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7100871.2017 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at