Bemessungsgrundlage bei einem Scheidungsvergleich
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin **** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Paul Franz, Margaretenstraße 22, 1040 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom Erf. Nr. 123 betreffend Grunderwerbsteuer zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
1. Verfahren vor dem Bezirksgericht AB
Am wurde vor dem Bezirksgericht ABein umfangreicher Scheidungsvergleich zwischen der Beschwerdeführerin ***Bf1*** (in der Folge als Bf bezeichnet) und ihrem damaligen Gatten vor dem zuständigen Richter im Wesentlichen mit folgendem Inhalt geschlossen:
…
In Punkt I. wird der Ehegattenunterhalt geregelt, auf den die Bf und ihr Ehegatte wechselseitig für alle Zeiten verzichten, selbst für den Fall verschuldeter und unverschuldeter Not, geänderter Verhältnisse oder geänderter Rechtslage. Sie verzichten auch ausdrücklich auf die Geltendmachung der Umstandsklausel und erklären, keine Unterhaltsansprüche aus einem allfälligen, bewusst nicht geprüften Verschulden an der Scheidung ableiten zu wollen.
Festgehalten wird auch, dass derzeit kein Unterhaltsrückstand besteht, beide Antragsteller erklären, aufrecht sozialversichert, insbesondere krankenversichert, zu sein.
Im Punkt II. "Minderjährige Kinder" regelt der Vergleich die Obsorge sowie den Kindesunterhalt:
1.) Die Obsorge (Recht und Pflicht zur Pflege und Erziehung, Vermögensverwaltung und gesetzlichen Vertretung) für den gemeinsamen ehelichen Sohn (geb. 2007) verbleibt beiden Elternteilen. Dieser wird sich hauptsächlich bei der Kindesmutter aufhalten.
2.) Der Ehegatte der Bf verpflichtet sich bei sonstiger Exekution, dem gemeinsamen Kind einen monatlichen Kindesunterhalt von derzeit 405,00 € ab bis zu dessen Selbsterhaltungsfähigkeit zu Handen der Kindesmutter zu bezahlen.
Neben Fälligkeit der bis zum Eintritt des Vergleichs fälligen Beträge binnen 14 Tagen, weiterer Beträge am Monatsersten im Vorhinein wurde als Bemessungsgrundlage ein derzeitiges durchschnittliches Nettoeinkommen des Ehegatten der Bf von 2.530 € monatlich inkl. Sonderzahlungen vereinbart. Der Ehegatte der Bf ist nur gegenüber dem minderjährigen Kind K unterhaltspflichtig.
Bei einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse ist der gesetzliche Unterhalt neu zu berechnen
…
Der Ehegatte der Bf verpflichtet sich, auf diese dahingehend einzuwirken, dass diese den monatlichen Fixbetrag von 200 € an Hort- und Schulkosten des Sohnes bis zu dessen Absolvierung der 4. Volksschulstufe begleicht.
3.) wird auch ein Recht auf persönlichen Kontakt vereinbart, demzufolge der Ehegatte der Bf das Kontaktrecht in jedem Kalendermonat von mindestens 8 Tagen zukommt, wobei das exakte Kontaktrecht bis längstens 25. des Vormonats einvernehmlich festgesetzt wird.
Geregelt wird im gegenständlichen Vergleich auch, dass aus Rücksichtnahme auf den Schichtdienst des Ehegatten der Bf dessen Kontaktrecht, (inkl. Übernachtungen des Kindes am Wochenende), flexibel gestaltet werden soll, weiters, dass der Sohn den 24.12 eines jeden Kalenderjahres bei der Bf verbringt und ein genau festgelegtes zusätzliches Urlaubskontaktrecht des Ehegatten der Bf (bestehend aus einen Sommerurlaub von 2 Wochen und in den ungeraden Kalenderjahren die gesamten Semesterferien von einer Woche).
In Punkt III. betrifft Ehewohnung und Hausrat bzw. Liegenschaftsanteile.
Es wird in Absatz III.1 klargestellt, dass die Bf und ihre Ehegatte jeweils zur Hälfte Eigentümer der bisherigen ehelichen Wohnung in S sind. Sie haben gemeinsam auf dem Grundstück ein Einfamilienhaus errichtet, welches als eheliche Wohnung benützt wurde.
In Absatz III.2 überträgt der Ehegatte der Bf aus Anlass der Ehescheidung seinen Hälfteantell an der gegenständlichen Liegenschaft EZ... des Grundbuches ... S, an die Bf, sodass diese unter Zusammenziehung ihres bisherigen Liegenschaftsanteiles alleinige Eigentümerin der Liegenschaft wird.
Die Bf räumt in Absatz III.3 dem Ehegatten ob der gesamten Liegenschaft gemäß § 1078 ABGB das Vorkaufsrecht für alle Veräußerungsarten durch Rechtsgeschäfte unter Lebenden ein und stimmt der Einverleibung des Vorkaufsrechtes zu.
In Absatz III.4 wird hinsichtlich des Entgelts, welches die Bf für die Einlösung der gegenständlichen Liegenschaft an ihren Ehegatten zu leisten, hat, einvernehmlich festgelegt, dass im Veräußerungsfalle der Schenkung oder des Tausches oder im Falle des Verkaufes an den Erstantragsteller von beiden Parteien jeweils auf eigene Kosten je ein gerichtlich beeideter Sachverständiger aus dem Immobilienfach aus der Liste des Landesgerichtes AB mit der Erstellung eines Gutachtens bezüglich des Liegenschaftswertes beauftragt wird, wobei der sich sodann ergebende Mittelwert aus beiden Gutachten die Höhe des Liegenschaftswertes verbindlich festlegt. Vom Liegenschaftswert sind die per aushaftenden und liegenschaftsbezogenen Verbindlichkeiten in Höhe von insgesamt 193.213 € in Abzug zu bringen und der Gesamtsaldo nach dem VPI wertgesichert ist.
Ausgangsbasis für diese Wertsicherung ist die verlautbarte Indexzahl für den Monat Oktober 2013. Die Indexanpassung erfolgt in jenem Kalendermonat, in welchem der Einlösungsfall eintritt, wobei die dem Einlösungsfall zwei Monate vorhergehende verlautbarte Indexzahl maßgeblich ist.
Die Differenz zwischen dem Liegenschaftswert und dem wertgesicherten Gesamtsaldo in Höhe von 193.213 € bildet das Einlösungsentgelt, das wie folgt aufzuteilen ist:
· Die Hälfte dieses Einlösungsentgeltes an die Bf
· Ein Viertel dieses Einlösungsentgeltes an den Ehegatten der Bf
· Ein Viertel dieses Einlösungsentgeltes an den gemeinsamen Sohn.
Soweit zu Lebzeiten des Ehegatten der Bf der Einlösungsfall noch nicht eingetreten ist, geht im Falle seines Ablebens und sodann im Falle der Veräußerung dessen Viertelanteil auf den gemeinsamen Sohn über.
In Absatz III.5 verzichtet der Ehegatte der Bf für den Fall, dass die Bf die Liegenschaft um einen angemessenen Kaufpreis an einen Dritten verkauft, auf das ihm eingeräumte Vorkaufsrecht für alle Veräußerungsarten und verpflichtet sich, eine verbücherungsfähige Löschungserklärung auf Kosten der Bf auszustellen.
Für den Fall des Verkaufes an einen Dritten gelangt hinsichtlich der Feststellung der Angemessenheit des Kaufpreises und dessen Aufteilung die gesamte Regelung im Absatz III.4 vollinhaltlich mit der Maßgabe zur Anwendung, dass der Kaufpreis den gemäß Absatz III.4 dieses Vergleiches zu errechnenden Liegenschaftswert zu übersteigen hat.
Unter sinngemäßer Anwendung des Absatzes III.4 sind vom Kaufpreis die liegenschaftsbezogenen wertgesicherten Gesamtverbindlichkeiten per in der Gesamthöhe von 193.213 € in Abzug zu bringen. Die Differenz ist entsprechend des Absatzes III.4 aufzuteilen.
Soweit zu Lebzeiten des Erstantragstellers die gegenständliche Liegenschaft nicht an einen Dritten verkauft ist, geht im Falle des Ablebens des Erstantragstellers und sodann im Falle des Verkaufes dessen Viertelanteil auf den gemeinsamen Sohn über.
In Absatz III.6 erfolgte die Aufsandlungserklärung, derzufolge die die Einverleibung des Eigentumsrechtes für die Bf, sodass diese unter Zusammenziehung des ihr bereits gehörigen Hälftellegenschaftsantelles alleinige Eigentümerin der Liegenschaft wird sowie die Einverleibung des Vorkaufsrechtes für alle Veräußerungsarten durch Rechtsgeschäfte unter Lebenden für den Ehegatten der Bf.
In Absatz III.7 verpflichtet sich der Ehegatte der Bf die bisherige eheliche Wohnung spätestens bis zum geräumt von seinen eigenen Fahmissen an die Bf zu deren alleiniger Nutzung zu übergeben. Der eheliche Hausrat wurde bereits aufgeteilt. Das gesamte, noch in der bisherigen ehelichen Wohnung verbliebene Inventar verbleibt der Bf. Diesbezüglich anerkennt der Ehegatte der Bf das alleinige Eigentumsrecht der Bf. Sämtliche Fahmisse, welche in der angeschlossenen Inventarliste angeführt sind, gehen hingegen in sein Alleineigentum über. Die Inventarliste bildet einen integrierenden Bestandteil dieses Vertrages.
Die Bf anerkennt das alleinige Eigentumsrecht des Ehegatten an diesen in der Inventarliste aufgelisteten Fahrnissen, die Werkzeuge, sämtliche DVDs und CDs, technische Geräte, Möbel, Sportausrüstung, Autoreifen, Fahrrad etc. umfasst.
In Punkt IV. werden eheliche Ersparnisse und Verbindlichkeiten geregelt: Das auf den Ehegatten der Bf zugelassene Fahrzeug Skoda Octavia Baujahr 2012 sowie das Motorrad der Marke Kawasaki 1000 sind in seinem Alleineigentum. Er überträgt das auf ihn zugelassene 2. Kfz mit dem behördlichen Kennzeichen def auf die Bf in deren Alleineigentum und verpflichtet sich, sämtliche hierzu erforderlichen Erklärungen gegenüber den Verwaltungsbehörden und dem Versicherungsunternehmen binnen 14 Tagen ab Aufforderung der Bf abzugeben.
Im Zusammenhang mit der Errichtung des gegenständlichen Einfamilienhauses auf der Liegenschaft in S, bestehen nachstehende gemeinsame Kreditverbindlichkeiten, welche wie folgt besichert sind:
Pfandrecht/Pfandurkunde (Höchstbetrag 60.000 €) für die Bank 1 Aushaftung per in Höhe von 43.127,40 €
Pfandrecht/Pfandurkunde (Höchstbetrag 127.200 €) für die Bank 1 Aushaftung per in Höhe von 93.611,10 €
Pfandrecht/Schuldschein 24.700 €, 1% Z, 9% VE, NGS in Höhe von 2.470 € für das Land Niederösterreich
Pfandrecht/Schuldschein 7.500 €, 1% Z, 9% VE, NGS in Höhe von 750 € für das Land Niederösterreich
Aushaftung in Höhe von 31.313,26 € für beide Pfandrechte gegenüber dem Land Niederösterreich per
nicht verbücherter Kredit gegenüber der Bank 1 mit einer Aushaftung per in Höhe von 25.161,24 €.
Die Bf übernimmt sämtliche oben angeführten Kredite zur termingerechten und alleinigen Rückzahlung und hält diesbezüglich den Ehegatten der Bf vollkommen schad- und klaglos.
Sämtliche im Oktober 2013 fälligen Kreditraten gegenüber der Bank 1 sind noch vom Erstantragsteller zu begleichen.
Unter einem beantragen beide Antragsteller auch eine Beschlussfassung gemäß § 98 EheG.
Mit Ausnahme dieser Kreditverbindlichkeiten bestehen keine weiteren gemeinsamen Verbindlichkeiten.
Festgehalten wird auch, dass keine gemeinsamen Ersparnisse bestehen.
In Punkt V. des gegenständlichen Vergleiches wird als Generalklausel festgehalten, dass mit Erfüllung dieser Vereinbarung sämtliche, wie immer geartete Ansprüche der der Bf und ihres Ehegatten gegeneinander bereinigt und verglichen sind und beide unwiderruflich auf eine Antragstellung gemäß den §§ 81 ff Ehegesetz sowie eine Abgeltung der Mitwirkung eines Ehegatten am Erwerb des anderen (§§98 ff ABGB) verzichten.
In Punkt VI. wird vereinbart, dass für die mit diesem Scheidungsvergleich verbundenen öffentlich- rechtlichen Kosten und Gerichtsgebühren die Bf und ihr Ehegatte zu gleichen Teilen aufkommen, ebenso wie für sämtliche Steuern, Kosten, Gebühren und Abgaben, die im Zusammenhang mit der Übertragung des gegenständlichen Hälfteliegenschaftsanteiles stehen und auch für die Kosten des Rechtsanwaltes für die Erstellung dieses Scheidungsvergleiches sowie für die Übertragung des Eigentumsrechtes.
…
Am erging seitens des Bezirksgerichtes AB der Beschluss, mit dem die Bf und ihr Ehegatte anlässlich ihrer Scheidung ihre Kreditverbindlichkeiten neu vereinbart haben. Gleichzeitig wurde in dem Beschluss verfügt, dass die Bf Hauptschuldnerin und ihr Ehegatte Ausfallsbürge hinsichtlich
des nicht verbücherten Kredits gegenüber der Bank 1 (Aushaftung per in Höhe von 25.161,24 €)
des Wohnbauförderungsdarlehens des Bundeslandes Niederösterreich,
des Kreditvertrages Uni Credit Bank Austria AG (Aushaftung per in Höhe von 43.127,40 €) und
des Kreditvertrages Uni Credit Bank Austria AG (Aushaftung per in Höhe von 93.611,10 €).
2. Verfahren vor der belangten Behörde
Am erließ die belangte Behörde, das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel (FAGVG) einen Grunderwerbsteuerbescheid an die Bf in Höhe von 1.789,73 € (Nachforderung zu ihrem selbstberechneten Betrag von 744 € in der Höhe von 1045,73 €) mit der Begründung, dass neue Tasachen hervorgekommen seien, anläßlich der Prüfung vom beim Vertreter der Bf und ihres Exgatten.
Laut Vergleichspunkt IV. habe die Bf (zumindest teilweise) die auf der Liegenschaft sichergestellten Kredite, die allesamt im Zusammenhang mit der Errichtung des Einfamilienhauses stünden, zur alleinigen Rückzahlung übernommen und halte diesbezüglich den Ehegatten vollständig schad- und klaglos.
Zudem sei mit Gerichtsbeschluss gleichen Datums () festgestellt worden, dass sie Hauptschuldnerin zu den Kreditverbindlichkeiten sei. Der Ehegatte würde eindeutig von seiner Schuld befreit, was sich in seinem Vermögen zu seinen Gunsten auswirke. Es liege in Form der Übernahme der aushaftenden Verbindlichkeiten durch die Bf eine Schuldübernahme iSd § 5 GrEStG (sonstige Leistung) vor, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Liegenschaftsübertragung stehe. Die Grunderwerbsteuer sei daher gemäß § 4 Abs. 1 GrEStG von der Gegenleistung in Höhe der 1/2 Bankschulden 80.949,87 € plus 1/2 Wohnbauförderungsdarlehen abgezinst 8.536,40 € = 89.486,27 € zu berechnen.
Dagegen richtet sich die gegenständliche Beschwerde der Bf vom wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung, unrichtiger Tatsachenfeststellung infolge unrichtiger Beweiswürdigung und Mangelhaftigkeit des Verfahrens im Wesentlichen folgendermaßen begründet:
Die Begründung des Finanzamtes sei unverständlich und unrichtig.
Richtig sei, dass sämtliche in der Scheidungsfolgenvereinbarung angeführten Kredite gemeinsame Kredite während aufrechter Ehe darstellen würden. Beide Ehegatten hätten als unmittelbare Kreditschuldner sämtliche im Scheidungsvergleich angeführten liegenschaftsbezogenen Kreditverbindlichkeiten aufgenommen und würden daher beide hinsichtlich all dieser Kredite von Beginn an für sämtliche aushaftenden Kredit- bzw. Darlehenssaldi solidarisch haften. Solidarisch hieße, dass die Bf bereits im Zeitpunkt der einzelnen Kreditaufnahmen den einzelnen Gläubigern gegenüber für die gesamten Darlehensverbindlichkeiten zu 100 % haften würde.
Es liege somit keine Schuldübernahme gemäß § 5 Grunderwerbsteuergesetz vor.
Der Ehegatte wäre auch nicht von seiner Schuld befreit worden, weil er auch weiterhin für sämtliche Darlehensverbindlichkeiten zu 100 % - wie bisher - gegenüber den Kreditgläubigern haften würde. Voraussetzung für den Gerichtsbeschluss vom , wonach der Ehegatte nur mehr als Ausfallsbürge hafte, sei nämlich, dass der Ehegatte als bisheriger Kreditschuldner zu 100% haften würde.
Die belangte Behörde verwechsele Gesamthandschuld (Gesamthandforderung) mit einem geteilten Schuldverhältnis. Bei einem geteilten Schuldverhältnis würde jeder Schuldner nur für einen bestimmten Anteil haften, etwa nur für 50 % der Schuld.
Im gegenständlichen Fall würde die Bf bereits zu 100 % als Hauptschuldnerin seit den Kreditaufnahmen vor der Ehescheidung haften.
Die belangte Behörde hätte daher zu Unrecht als Gegenleistung die Hälfte der Darlehensverbindlichkeiten in Anschlag gebracht und in Verkennung der Rechtslage unterlassen, den Sachverhalt auch von Amts wegen zu erheben und den für die Erledigung maßgeblichen Sachverhalt vollständig zu ermitteln und festzustellen und die dafür notwendigen Beweise aufzunehmen.
Die belangte Behörde hätte daher bei ausreichender amtswegiger Ermittlung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes feststellen müssen, dass die Bf bereits während aufrechter Ehe bei den einzelnen Kreditaufnahmen für sämtliche Kreditverbindlichkeiten zu 100 % haftet und daher keine Schuldübernahme im Sinne des § 5 Grunderwerbsteuergesetz vorliege.
Die Bf beantragte daher, den angefochtenen Bescheid zur Gänze und ersatzlos aufzuheben bzw. in eventu dahingehend abzuändern, dass die Abgabenschuld mit 0 € festgesetzt werde.
Weiters beantragte die Bf die Aussetzung und dass der Beschwerde aufschiebende Wirkung des bekämpften Bescheides über die Festsetzung der Nachforderung in Höhe von 1.045,73 € zuerkannt werde, zumal massiv begründete Zweifel an der Rechtmäßigkeit bestünden und die Liquidität der Bf durch eine Vollstreckung des angefochtenen Bescheides nicht erhalten werden könne.
In der Folge erließ die belangte Behörde eine Beschwerdevorentscheidung am und wies die Beschwerde als unbegründet ab.
In der gesonderten Bescheidbegründung vom selben Tag führt die belangte Behörde neben allgemeinen Ausführungen über die Anwendbarkeit des GrEStG auf den gegenständlichen Vergleich auf Basis der Gegenleistung aus, dass § 5 GrEStG keine Bestimmung des Begriffes der Gegenleistung enthalte, sondern lediglich eine demonstrative Aufzählung dessen, was als Gegenleistung angesehen werde. Bei der Feststellung, was als Gegenleistung anzusehen ist, seien unter Verweis auf Arnold/Arnold, Kommentar zum Grunderwerbsteuergesetz 1987 I, § 5 Tz 4 die wirtschaftlichen Merkmale des Erwerbsvorganges zu berücksichtigen.
"Übernommene sonstige Leistungen" i.S. dieser Bestimmung seien auch Leistungen an Dritte, die dem Veräußerer - sei es auf Grund des Gesetzes, sei es auf Grund einer vertraglichen Verpflichtung - obliegen, aber auf Grund der Parteienabrede vom Erwerber getragen werden müssten, die sich also im Vermögen des Veräußerers und zu dessen Gunsten auswirken. Schuldübernahmen einer auf der Liegenschaft hypothekarisch sichergestellten Forderung als sonstige Leistungen würden also neben einem Entgelt zur Gegenleistung nach dem GrEStG gehören ( und ), wie zB laut Text der Vergleichsausfertigung vom , demzufolge sich die Bf zur alleinigen Rückzahlung des Kredites bei der Bank 1 und des Darlehens des Landes Niederösterreich verpflichtete und ihren Exgatten diesbezüglich vollkommen klag- und schadlos halte.
Auch wenn beide Parteien Soldidarschuldner der Darlehen gewesen seien, so hafte grundsätzlich jeder Schuldner für das Ganze und es bleibe dem Gläubiger überlassen, wen er in Anspruch nimmt. Durch die Verpflichtung, die verbücherten Verbindlichkeiten in seine alleinige Zahlungsverpflichtung zu übernehmen und den Veräußerer diesbezüglich schad- und klaglos zu halten, würde derselbe von dieser Verpflichtung befreit. Der Umstand, dass die Bf bereits Solidarschuldnerin der Darlehen sei, könne nichts daran ändern, dass der Veräußerer durch die Entlassung aus der Solidarschuld einen Vermögensvorteil erfährt und sei daher unbeachtlich (RV/4016-W/09).
3. Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht
Dagegen stellt die Bf Vorlageantrag an das Bundesfinanzgericht am .
Am ersuchte die belangte Behörde um Ergänzung folgender Daten betreffend Abzinsung der Wohnbauförderungsdarlehen des Landes Niederösterreich:
Nominale, Laufzeit, Verzinsung, Tilgungsrate (ohne Zinsen) per . Auch wurde um die Übersendung der Tilgungspläne gebeten.
Daraufhin legte die belangte Behörde am den Fall dem Bundesfinanzgericht vor. In seinem Vorlagebericht stellte das FAGVG den Sachverhalt dar und verwies betreffend der Bemessungsgrundlage auf Pkt IV. des Vergleiches vom , demzufolge im Zusammenhang mit der Errichtung eines Einfamilienhauses auf der EZ..., folgende gemeinsame Verbindlichkeiten bestehen würden:
43.127,40 € gegenüber Bank 1 und
31.313,26 € gegenüber dem Land NÖ aus gewährter Wohnbauförderung sowie
25.161,24 € gegenüber Bank 1.
Die Bf hätte sämtliche Verbindlichkeiten zur alleinigen Rückzahlung übernommen und würde ihren Exgatten schad- und klaglos halten.
Auf Grund einer der Liegenschaftsübertragung zurechenbaren Gegenleistung sei vom Finanzamt am ein Grunderwerbsteuerbescheid gemäß § 201 BAO mit einer Bemessungsgrundlage in Höhe des Hälftebetrages der aushaftenden Schulden gegenüber der Bank 1 zuzüglich des Hälftebetrages der abgezinsten Forderung des Landes NÖ erlassen worden.
Die bisher in Höhe des dreifachen Einheitswertes durchgeführte Selbstberechnung wäre auf die Steuerforderung angerechnet worden.
Da die Abzinsung der Darlehen des Bundeslandes NÖ nicht auf Basis der erforderlichen Unterlagen erfolgt sei, wären diese mit Vorhalt vom von der Bf abverlangt worden. Auf Grund der vorgelegten Darlehensdaten sei für die Bemessung der Grunderwerbsteuer ein verminderter abgezinster Betrag heranzuziehen.
Die belangte Behörde stellte den Antrag, die Beschwerde abzuweisen und begründete dies folgendermaßen:
Gemäß § 4 Abs. 1 GrEStG sei die Steuer grundsätzlich vom Wert der Gegenleistung zu berechnen. Als Gegenleistung seien alle Leistungen des Erwerbers anzusehen, die er für den Erwerb der Liegenschaft aufwenden müsse. Im beschwerdegegenständlichen Fall hätte sich die Bf verpflichtet, sämtliche im Zusammenhang mit der Errichtung des Einfamilienhauses stehenden Kreditverbindlichkeiten zur alleinigen Rückzahlung zu übernehmen und diesbezüglich den Vertragspartner vollkommen schad- und klaglos zu halten.
Die von der Bf aus Anlass des Erwerbes der Liegenschaft übernommenen Kreditverbindlichkeiten würden dann einen Teil der Gegenleistung bilden und seien in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen, wenn sich der Erwerber vertraglich verpflichtet hat, den Veräußerer bezüglich dieser Verbindlichkeiten schad- und klaglos zu halten ().
Da sowohl die Bf als auch ihr Exgatte Solidarschuldner gewesen seien und gegenüber der Bank zur Rückzahlung der gesamten Verbindlichkeit verpflichtet wären, sei in der Übernahme der Darlehen in die alleinige Rückzahlungsverpflichtung durch die Bf und der Schad- und Klagloshaltung ihres Exgatten eine Gegenleistung im Sinne des § 5 GrEStG zu erblicken.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Am wurde zwischen der Bf und ihrem damaligen Ehegatten, nunmehrigen Exgatten, ein umfangreicher Scheidungsvergleich vor dem Bezirksgericht AB abgeschlossen (siehe oben Verfahrensgang).
Die Übertragung des Hälfteanteils an der vormaligen Ehewohnung in S vom damaligen Ehegatten der Bf an die Bf sowie die Übernahme der Schulden durch die Bf sind Hauptpunkte des Vergleichs. Der Vergleich umfasst aber auch mehrere scheidungsrelevante bzw. vermögensrechtliche Punkte wie zB die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens, Kindesobsorge und Kindesunterhalts- sowie Kontaktregelungen betreffend den minderjährigen Sohn der Bf und ihres Exgatten, Ehegattenunterhalt, Einräumung des Vorkaufsrechtes für den Ehegatten der Bf sowie Aufteilung der ehelichen Verbindlichkeiten.
Der Vergleich stellt auch klar, dass mit dessen Unterfertigung sämtliche wechselseitigen Ansprüche der Partei endgültig bereinigt und verglichen sind.
Mit Beschluss des Bezirksgerichtes AB vom wurde die Bf als Hauptschuldnerin der aushaftenden Kreditverbindlichkeiten festgelegt und ihr Exgatte als Ausfallsbürge.
Die Übertragung des Grundvermögens wurde auf der Basis des dreifachen Einheitswertes der erworbenen Liegenschaften selbstberechnet und beim Finanzamt gemeldet.
Im Zuge einer Überprüfung beim Parteienvertreter der Bf wurde in der Folge am ein Grunderwerbsteuerbescheid erlassen, da nach Ansicht des Finanzamtes die Grunderwerbsteuer für die Übertragung des Grundvermögens auf Basis der Gegenleistung zu berechnen ist.
2. Beweiswürdigung
Der Sachverhalt ist auf Grund des eindeutigen Urkundeninhalts in Form des gerichtlichen Vergleiches des Bezirksgerichtes AB sowie des Finanzamtsaktes als erwiesen anzusehen.
Der Verfahrensgang vor dem Bezirksgericht AB im Zuge des Scheidungsverfahrens, vor dem Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel als belangter Behörde sowie vor dem Bundesfinanzgericht ist durch den Gebührenbescheid, die Bescheidbeschwerde, die Beschwerdevorentscheidung und den Vorlageantrag und schließlich die Vorlage vor dem Bundesfinanzgericht evident.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)
Rechtsgrundlagen
§ 4 GREStG
(1) Die Steuer ist vom Wert der Gegenleistung zu berechnen.
(2) Die Steuer ist vom Wert des Grundstückes zu berechnen,
1. wenn eine Gegenleistung nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln ist oder die Gegenleistung geringer ist als der Wert des Grundstückes,…
§ 6 (1) Als Wert des Grundstückes ist …
b) das Dreifache des Einheitswertes (lit. a) anzusetzen. Wird von einem Steuerschuldner nachgewiesen, dass der gemeine Wert des Grundstückes im Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld geringer ist als das Dreifache des Einheitswertes, ist der nachgewiesene gemeine Wert maßgebend.
…
§ 7 (1) Die Steuer beträgt beim Erwerb von Grundstücken:
1. durch den Ehegatten, den eingetragenen Partner, einen Elternteil, ein Kind, ein Enkelkind, ein Stiefkind, ein Wahlkind oder ein Schwiegerkind des Übergebers………………. 2 v.H.,
2. a) durch einen Ehegatten von dem anderen Ehegatten bei Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse anlässlich der Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe………………………………………………………………………….. 2 v.H.
…
Rechtliche Rahmenbedingungen
Ein gerichtlicher Vergleich gem. § 204 ZPO hat den Charakter eines zivilrechtlichen
Rechtsgeschäftes sowie einer Prozesshandlung. Gem. § 1380 ABGB handelt es sich bei der einverständlichen Neufestsetzung strittiger oder zweifelhafter Rechte unter beiderseitigem Nachgeben um einen Vergleich. Da durch ihn im gegenständlichen Fall Grundvermögen erworben wird, liegt ein Erwerbsvorgang im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall GrEStG vor.
Im gegenständlichen Fall ist daher unstrittig, dass die Übertragung des Grundvermögens aus dem verfahrensgegenständlichen Scheidungsvergleich der Grunderwerbsteuer unterliegt.
Zu beurteilen ist jedoch, ob sich diese nach einer Gegenleistung als Bemessungsgrundlage ermitteln lässt bzw. in welcher Höhe sich diese Bemessungsgrundlage darstellt oder ob die Grunderwerbsteuer sich, falls keine Gegenleistung aus dem Vergleich ermittelt werden kann, auf Grund des Grundstückswertes gem. § 4 Abs. 2 Z 1 GrEStG 1987 zu berechnen ist.
Dabei ist insbesondere auf die Ausgestaltung des Vergleiches als zu Grunde liegende Urkunde Bedacht zu nehmen.
Schuldübernahme der Bf per Gerichtsbeschluss - Exgatte wird Ausfallsbürge
Gemäß Gerichtsbeschluss vom wurde die Bf als Hauptschuldnerin der offenen Kreditverbindlichkeiten erklärt, während ihr Exgatte als Ausfallsbürge für den Fall der Uneinbringlichkeit für die Schuld bürgen muss. Diese Vorgehensweise gibt das Eherecht in § 98 Abs. 1 Z 1 EheG vor: Bei der Haftung für Kredite unter Eheleuten hat das Gericht anlässlich einer Scheidung auf Antrag mit Wirkung für den Gläubiger auszusprechen, dass derjenige Ehegatte, der im Innenverhältnis zur Zahlung verpflichtet ist, Hauptschuldner, der andere Ausfallsbürge wird. Die Beschränkung auf eine Ausfallbürgschaft wird in diesem Fall nicht durch Parteivereinbarung, sondern durch Richterspruch - wie im gegenständlichen Fall durch Beschlussfassung - bestimmt. Der Eintritt der subsidiären Haftung des Ausfallbürgen ist in § 98 Abs. 2 EheG zwingend geregelt.
Die Stellung des Ausfallsbürgen ist für die Beurteilung, ob und welche Gegenleistung vorliegt, von Bedeutung:
Ein Ausfallsbürge verpflichtet sich gem. § 1356 ABGB zur Zahlung nur für den Fall, dass auch durch gerichtliche Exekution die Schuld oder Restschuld vom Hauptschuldner nicht einbringlich gemacht werden kann. In der gerichtlichen Exekution - also der zwangsweisen Verwertung von Fahrnissen oder Pfändung und Überweisung von Forderungen - liegt auch der Unterschied zur Bürgschaft, bei der es ausreicht, dass der Schuldner seiner Zahlungsverpflichtung nach Mahnung durch den Gläubiger nicht in angemessener Frist nachkommt.
Demzufolge hat also der Exgatte der Bf nur für den Fall einer fehlgeschlagenen gerichtlichen Exekution bei ihr für die offenen Schuldigkeiten zu bürgen. Selbst in diesem Fall müsste er aber dafür nicht endgültig aufkommen, weil er gem. § 1358 ABGB einen Regressanspruch gegen die Bf hätte. Wer eine fremde Schuld bezahlt, für die er persönlich oder mit bestimmten Vermögensstücken haftet, tritt in die Rechte des Gläubigers und ist befugt, von dem Schuldner den Ersatz der bezahlten Schuld zu fordern.
Der Argumentation der Bf, dass sie von Beginn an solidarisch mit ihrem Exgatten für die Schuldigkeiten in vollem Ausmaß gehaftet hat und der Ehegatte durch die Schuldübernahme keinen finanziellen Vorteil erlangt, kann daher nicht gefolgt werden, weil dem Exgatten durch die Übernahme der Schulden als Hauptschuldnerin jedenfalls ein Vermögensvorteil entstanden ist - umso mehr, als die Bf sich im Vergleich in Punkt IV verpflichtet hat, den Exgatten diesbezüglich vollkommen schad- und klaglos zu halten. In diesem Sinn sieht das auch der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom , 1402/72: Die von der Bf aus Anlass des Erwerbes der Liegenschaft übernommenen Kreditverbindlichkeiten würden dann einen Teil der Gegenleistung bilden und seien in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen, wenn sich der Erwerber vertraglich verpflichtet hat, den Veräußerer bezüglich dieser Verbindlichkeiten schad- und klaglos zu halten.
Die belangte Behörde hat daher richtig beurteilt, dass der Umstand, dass die Bf bereits Solidarschuldnerin war, nichts daran ändern kann, dass der Exgatte durch die Entlassung aus der Solidarschuld einen Vermögensvorteil erfährt und daher unbeachtlich ist (so auch das BFG in seiner Entscheidung vom , RV/4016-W/09).
Ermittlung des Wertes der Gegenleistung für die Übertragung des Grundvermögens im Rahmen des Scheidungsvergleiches
Gemäß § 4 Abs 1 GrEStG ist die Steuer grundsätzlich vom Wert der Gegenleistung zu berechnen.
Sollte eine Gegenleistung nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln oder geringer sein als der Wert des Grundstückes, so ist nach der Vorschrift des § 4 Abs. 2 Z 1 GrEStG 1987 die Grunderwerbsteuer vom Wert des Grundstückes, d. i. der dreifache Einheitswert bzw. der auf einen Liegenschaftsteil entfallende Teilbetrag des dreifachen Einheitswertes (§ 6 GrEStG 1987), zu berechnen.
Der Begriff der "Gegenleistung" im Sinne der §§ 4 und 5 GrEStG ist ein dem Grunderwerbsteuerrecht eigentümlicher Begriff, der sowohl über den bürgerlich-rechtlichen Begriff der Gegenleistung hinausgeht, als auch durch verwandte Begriffe in anderen Steuerrechtsgebieten nicht vorgeprägt wird. Was Gegenleistung ist, wird in § 5 GrEStG nicht erschöpfend aufgezählt - wenn die Grunderwerbsteuer von der Gegenleistung zu berechnen ist, bildet jede nur denkbare Leistung, die für den Erwerb des Grundstückes vom Erwerber zugesagt wird, Teil der Bemessungsgrundlage (vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, Grunderwerbsteuer Rz 4 zu § 5 GrEStG).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist Gegenleistung die Summe dessen, was der Erwerber an wirtschaftlichen Werten dagegen zu leisten verspricht, dass er das Grundstück erhält. Dies ist jede nur denkbare Leistung, die vom Erwerber für den Erwerb des Grundstückes versprochen wird bzw. alles, was dieser einsetzen muss, um das Grundstück zu erhalten. Steht somit die Leistung des Erwerbers in einem unmittelbaren, tatsächlichen und wirtschaftlichen oder auch "inneren" Zusammenhang mit dem Erwerb des Grundstückes, dann ist sie als Gegenleistung im Sinne des GrEStG anzusehen. Zur Gegenleistung gehört jede Leistung, die der Erwerber für den Erwerb des Grundstückes gewährt, oder die der Veräußerer als Entgelt für die Veräußerung des Grundstückes empfängt. Maßgebend ist also nicht, was die Vertragschließenden als Gegenleistung bezeichnen, sondern was nach dem Inhalt des Vertrages als Wert der Gegenleistung im maßgeblichen Zeitpunkt des Erwerbsvorganges zu erbringen ist. Die Schuldübernahme durch die Bf wäre jedenfalls geeignet, eine solche Gegenleistung darzustellen.
Hinsichtlich der Frage der Ermittelbarkeit der Gegenleistung hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 90/16/0234, klargestellt, dass auch die Schätzung der Gegenleistung als eine Art ihrer Ermittlung iSd § 4 Abs. 2 Z 1 GrEStG anzusehen ist.
Bloße Schwierigkeiten bei der Ermittlung der Gegenleistung reichen nicht aus, um den Wert der Gegenleistung durch den Wert des Grundstücks zu ersetzen (vgl. ). Zu beachten ist aber, dass je nach Konzeption des Vergleichs zu klären ist, ob sich feststellen lässt, wofür genau die Gegenleistung erbracht worden ist. Erst wenn eine Schätzung durch die Vielschichtigkeit des Rechtsgeschäftes oder eine Trennung oder Aufschlüsselung der auf die einzelnen Leistungen entfallenden Gegenleistungen unmöglich ist, kann nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Steuer vom Wert des Grundstückes erhoben werden (vgl. ).
Dieser Punkt ist für diesen Fall von besonderer Bedeutung, da es sich bei dem gegenständlichen Vergleich um einen sehr umfassenden handelt, der weit mehr als die bloße Übertragung des Hälfteanteils der Ehewohnung regelt.
Generell ist zu sagen, dass Vereinbarungen über die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse in der Praxis so gestaltet sein können, dass im Einzelfall eine Gegenleistung ermittelt werden kann, im anderen nicht, wobei die GrESt dann entweder von der Gegenleistung oder vom Wert des Grundstückes zu berechnen ist (vgl. unter Hinweis auf Fellner, Grunderwerbsteuer, Kommentar Rz 16a ff zu § 4).
In diesem Zusammenhang ist auch festzuhalten, dass der VwGH in seiner Entscheidung vom , 88/16/0107 klarstellt, dass bei der Aufteilung iSd § 81 EheG idR eine Gegenleistung nicht zu ermitteln ist. Bei dieser Aufteilung handelt es sich - selbst wenn sie rechtsgeschäftlich erfolgt - um einen Rechtsvorgang (ein Rechtsgeschäft) sui generis. Es wäre rechtlich verfehlt, einen Tausch oder einen tauschähnlichen Rechtsvorgang anzunehmen, weil jeder der (ehemaligen) Ehegatten aus der Verteilungsmasse etwas - in möglicherweise gleichem oder annähernd gleichem Umfang - erhält. Die Ausgleichszahlung nach § 94 Abs 1 EheG ist keine Gegenleistung, zumal sie ihrem Wesen nach kein Entgelt, sondern einen Spitzenausgleich darstellt.
Wenn bei einer Aufteilung iSd § 81 EheG auf Grund des Vergleiches jeder der Ehegatten einen Anspruch auf Übereignung eines Grundstückes erwirbt, ist bei beiden Rechtsvorgängen die Steuer iSd § 10 Abs 2 Z 1 GrEStG 1955 vom Wert des Grundstückes (Einheitswert) zu berechnen.
Handelt es sich bei der Aufteilungsvereinbarung jedoch um eine Vereinbarung mit Globalcharakter, ist in der Regel eine Gegenleistung nicht zu ermitteln (). Diese auf Grund des üblichen Globalcharakters derartiger Vereinbarungen getroffene grundsätzliche Aussage schließt aber nicht aus, dass im konkreten Einzelfall auch betreffend die in einem sogenannten Scheidungsvergleich vorgenommenen grunderwerbsteuerpflichtigen Transaktionen Gegenleistungen zu ermitteln sind und damit diese Gegenleistung - und nicht die Einheitswerte der Liegenschaftsanteile - die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer bildet (vgl ua. , 0188; ; ). In derartigen Fällen handelt es sich dann nicht um eine Globalvereinbarung, wenn die vermögensrechtliche Seite des Vergleiches nur die gegenständliche Grundstücksübertragung sowie die Darlehensübernahme bzw. Ausgleichszahlung betrifft; diesfalls ist der Wert der genau bezeichneten Gegenleistung ohne Weiteres ermittelbar (vgl. zB ; ). Somit können auch bei Scheidungsvergleichen, die üblicherweise "Global-" oder "Pauschalcharakter" haben, Gegenleistungen für grunderwerbsteuerpflichtige Transaktionen ermittelt werden (vgl. ).
Konzeption und Aufbau des gegenständlichen Vergleiches in Bezug auf die Ermittlung einer Gegenleistung
Es ist daher nicht nur zu beurteilen, welche Form der gegenständliche Vergleich darstellt, sondern auch, ob eine Gegenleistung ermittelbar ist.
Es handelt sich im gegenständlichen Fall um einen Vergleich, der nicht nur die Übertragung von Grundstvermögen, sondern eine Vielzahl von anderen Scheidungsfolgen wie Unterhaltsverzicht auf den Ehegattenunterhalt, Kindschaftsrecht (Obsorge, Besuchsregelungen, Unterhalt), detaillierte Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens nach Inventarliste, Übertragung des Kfz vom Ehegatten auf die Bf etc. enthält. Auch enthält er die für Globalvereinbarungen typische Generalklausel in Punkt V., derzufolge alle wie auch immer gearteten Ansprüche der Ehepartner mit Unterzeichnung des Vergleichs geregelt und verglichen sind und damit nichts mehr offen bleibt. Dies entspricht auch der Intention des § 55a EheG, demzufolge alles zwischen den Ehepartnern geklärt ist, damit die Ehe im Einvernehmen geschieden werden kann, sodass keine ungeklärten Punkte mehr offenbleiben.
Auf Grund der Vielschichtigkeit des gegenständlichen gerichtlichen Vergleiches, der eine Vielzahl von scheidungsrelevanten Themen behandelt und abschließend regelt, handelt es sich im gegenständlichen Fall, unzweifelhaft um einen Vergleich mit Globalcharakter.
Es ist daher zu klären, ob sich aus diesen globalen Vereinbarungen ermitteln lässt, ob die Übernahme aller Schulden, die die belangte Behörde als Bemessungsgrundlage für die Ermittlung der Gegenleistung ausschließlich für die Übertragung der halben Ehewohnung angesetzt hat, tatsächlich Gegenleistung nur für die Übertragung der halben Ehewohnung oder auch für andere im Vergleich abschließend geregelte Vereinbarungen war.
Auch wenn die Bf in ihrer Beschwerde diese Argumentation nicht angeführt hat, so hat das Bundesfinanzgericht gem. § 279 Abs. 1 BAO die Rechtslage in jede Richtung zu prüfen und dementsprechend zu entscheiden.
Im gegenständlichen Fall waren vor Abschluss des Vergleiches offenbar einige Ansprüche im Zusammenhang mit der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens ungeklärt und wurde erst durch den vorliegenden gerichtlichen Vergleich eine umfassende vermögensrechtliche abschließende Regelung zwischen den beiden Ehegatten getroffen. Auf Grund der Generalklausel in Punkt V geht eindeutig hervor, dass der Vergleich einen - sämtliche Ansprüche - global bereinigenden Charakter hat, in dem die Übertragung des Grundvermögens einen Punkt von vielen darstellt.
Da der Vergleich auch so konzipiert ist, dass die Liegenschaftsübertragung in einem eigenen Punkt, dem Punkt III. zusammen mit der bücherlichen Einräumung des Vorkaufsrechtes des Ehegatten der Bf sowie detaillierter Regelungen betreffend der Wertbestimmung für den Veräußerungsfall und in der Folge die allfällige Aufteilung des Erlöses im Veräußerungsfall auf die Ehegatten bzw. den minderjährigen Sohn geregelt ist, ist grundsätzlich kein unmittelbarer Zusammenhang mit der in Punkt IV. konzipierten Schuldübernahme durch die Bf zu erkennen. Die Schuldübernahme in Punkt IV. wurde vielmehr im Zusammenhang mit der Übertragung eines Kfz vom Ehegatten auf die Bf sowie der Regelung nicht vorhandener ehelicher Ersparnisse im Vergleich geregelt.
Eine kausale Verknüpfung in der Form, dass die Schuldenübernahme ausschließlich für den Erwerb der Liegenschaftsanteile erfolgt ist, kann daher vom Bundesfinanzgericht nicht erkannt werden.
Es ist nach der Systematik des ganzen Vergleiches kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass die gesamte Schuldenübernahme keine Globallösung sondern Gegenleistung ausschließlich für den Erwerb des gegenständlichen Grundvermögens in Form der halben Ehewohnung gedacht war. Vielmehr ist eher vom Gegenteil auszugehen, dass der Vergleich in seiner Gesamtkonzeption - wie in seinem Punkt V. explizit erläutert - als global bereinigende Vereinbarung sämtlicher Ansprüche einer geschiedenen Ehe konzipiert wurde, wobei sich auf Grund der Vielschichtigkeit der Regelungen nicht feststellen lässt, welcher Teil der Schuldübernahme durch die Bf als Gegenleistung explizit für die Grundstücksübertragung gedacht war.
Auswirkungen des Eherechts bzw. der vom VwGH dargestellten unterschiedlichen Ausgestaltungen von Vereinbarungen über die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse auf die Beurteilung des gegenständlichen Vergleiches
Die Begriffe des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse werden in § 81 Abs. 2 und Abs. 3 EheG gesetzlich definiert. Bei ehelichem Gebrauchsvermögen handelt es sich gem. § 81 Abs. 2 EheG um bewegliche oder unbewegliche körperliche Sachen, die während aufrechter ehelicher Lebensgemeinschaft dem Gebrauch beider Ehegatten gedient haben; dazu gehören auch Hausrat und Ehewohnung. Eheliche Ersparnisse sind gemäß § 81 Abs. 3 EheG Wertanlagen, gleich welcher Art, die die Ehegatten während aufrechter ehelicher Lebensgemeinschaft angesammelt haben und die ihrer Art nach üblicherweise für eine Verwertung bestimmt sind.
Gemäß § 82 Abs. 1 EheG unterliegen der Aufteilung nicht Sachen, die zum einen ein Ehegatte in die Ehe eingebracht, von Todes wegen erworben oder ihm ein Dritter geschenkt hat, und zum anderen die dem persönlichen Gebrauch eines Ehegatten allein oder der Ausübung seines Berufes dienen, sowie zum dritten zu einem Unternehmen gehören oder zum vierten Anteile an einem Unternehmen sind, außer es handelt sich um bloße Wertanlagen.
Die Ehewohnung sowie Hausrat, auf dessen Weiterbenützung ein Ehegatte zur Sicherung seiner Lebensbedürfnisse angewiesen ist, sind nach § 82 Abs. 2 EheG in die Aufteilung auch dann einzubeziehen, wenn sie ein Ehegatte in die Ehe eingebracht, von Todes wegen erworben oder ihm ein Dritter geschenkt hat, es sei denn es wurde eine andersartige Vereinbarung gem. 87 Abs. 1 zweiter Satz EheG per Notariatsakt getroffen, was im gegenständlichen Fall aber nicht vorliegt.
Wie der VwGH - siehe oben dargestellt - ausgeführt hat, gibt es sehr unterschiedliche Ausgestaltungen von Vereinbarungen über die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse. Diese können in der Praxis so gestaltet sein, dass im Einzelfall eine Gegenleistung ermittelt werden kann, im anderen nicht, wobei die GrESt dann entweder von der Gegenleistung oder vom Wert des Grundstückes zu berechnen ist.
Demzufolge ist jeder Vergleich als individueller Einzelfall zu beurteilen und lässt keine Schlüsse auf andere Einzelfallbeurteilungen zu, zumal jeder Vergleich individuell und damit unterschiedlich ausgestaltet ist. Wenn eine Schätzung durch die Vielschichtigkeit des Rechtsgeschäftes oder eine Trennung oder Aufschlüsselung der auf die einzelnen Leistungen entfallenden Gegenleistungen unmöglich ist, die Steuer vom Wert des Grundstückes zu erheben.
Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes können daher beim gegenständlichen nicht bloß einzelne Bestimmungen zur Klärung der Frage, ob eine Gegenleistung für den jeweiligen Liegenschaftserwerb vorhanden bzw. ermittelbar ist, herangezogen werden, sondern ist der gesamte Inhalt des Vergleiches auch in seiner Auswirkung als global bereinigend bezüglich vielschichtiger Regelungsbereiche anzusehen, sodass eine Feststellung der Gegenleistung nur für die Grundstücksübertragung in Form der Herausschälung der Vereinbarung über das gegenständliche Grundvermögen aus dem generalbereinigenden umfassenden Vergleich nicht möglich erscheint (in diesem Sinn auch ; ; ).
Entsprechend der Selbstberechnung ist daher die Grunderwerbsteuer auf Basis des Grundstückswertes zu entrichten.
Es war daher der Beschwerde Folge zu geben und der angefochtene Bescheid aufzuheben.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision gem. Art 133 Abs 4 B-VG iVm § 25a Abs 1 VwGG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Diese Voraussetzungen treffen im Beschwerdefall nicht zu.
Die Entscheidung ist im Einklang mit der angesprochenen umfangreichen, ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes - insbesondere vor dem Hintergrund, dass im gegenständlichen Fall keine Rechtsfrage, sondern die im konkreten Einzelfall getroffene Vereinbarung zu beurteilen ist. Es entspricht der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass Vereinbarungen über die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse so gestaltet sein können, dass im Einzelfall eine Gegenleistung ermittelt werden kann, im anderen nicht, wobei die GrESt dann entweder von der Gegenleistung oder vom Wert des Grundstückes zu berechnen ist (vgl. ua. mit weiteren Nachweisen).
Demzufolge ist die Revision nicht zulässig.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 6 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 § 98 Abs. 2 EheG, Ehegesetz, dRGBl. I S 807/1938 § 1380 ABGB, Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch, JGS Nr. 946/1811 § 204 ZPO, Zivilprozessordnung, RGBl. Nr. 113/1895 § 4 Abs. 2 Z 1 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 § 98 Abs. 1 Z 1 EheG, Ehegesetz, dRGBl. I S 807/1938 § 1356 ABGB, Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch, JGS Nr. 946/1811 § 1358 ABGB, Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch, JGS Nr. 946/1811 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7102776.2014 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at