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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 09.06.2020, RV/7106050/2019

Verwendung eines KFZ mit ausländischem Kennzeichen im Inland

Beachte

Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2020/16/0147. Zurückweisung mit Beschluss vom .

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Dr. Adebiola Bayer in der Beschwerdesache Bf., Adresse, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Gänserndorf Mistelbach vom betreffend Festsetzung der Normverbrauchsabgabe und des Verspätungszuschlags für den Zeitraum 05/2014 und Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer und des Verspätungszuschlags für die Monate 04-12/2014, 01-12/2015, 01-12/2016, 01-12/2017 und 01-09/2018 zu Recht:

1. Der Beschwerde gegen den Bescheid betreffend Festsetzung der Normverbrauchsabgabe und des Verspätungszuschlags für den Zeitraum 05/2014 wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird insoweit abgeändert, als der Verspätungszuschlag auf 6% und somit auf EUR 242,48 herabgesetzt wird.

2. Der Beschwerde gegen den Bescheid betreffend Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer und des Verspätungszuschlags für die Monate 04-12/2014 wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird insoweit abgeändert, als der Verspätungszuschlag auf 6% und somit auf EUR 34,52 herabgesetzt wird.

3. Der Beschwerde gegen den Bescheid betreffend Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer und des Verspätungszuschlags für die Monate 01-12/2015 wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird insoweit abgeändert, als der Verspätungszuschlag auf 6% und somit auf EUR 51,77 herabgesetzt wird.

4. Der Beschwerde gegen den Bescheid betreffend Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer und des Verspätungszuschlags für die Monate 01-12/2016 wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird insoweit abgeändert, als der Verspätungszuschlag auf 6% und somit auf EUR 51,77 herabgesetzt wird.

5. Der Beschwerde gegen den Bescheid betreffend Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer und des Verspätungszuschlags für die Monate 01-12/2017 wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird insoweit abgeändert, als der Verspätungszuschlag auf 6% und somit auf EUR 51,77 herabgesetzt wird.

6. Der Beschwerde gegen den Bescheid betreffend Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer und des Verspätungszuschlags für die Monate 01-09/2018 wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird - ersatzlos - aufgehoben.

7. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (im Folgenden "Bf.") ist eine deutsche Staatsbürgerin mit Wohnsitz im Inland.

Erhebungen der Finanzpolizei auf Grund einer anonymen Anzeige ergaben, dass ein Kraftfahrzeug mit dem deutschen behördlichen Kennzeichen ***** regelmäßig in Adresse1 geparkt sei, das auf die dort wohnhafte Bf. zugelassen sei.

Mit einem schriftlichen Auskunftsersuchen vom wurde die Bf. unter Hinweis auf § 82 Abs. 8 KFG 1967 ersucht, als Auskunftsperson zur Verfügung zu stehen.

In ihrem Antwortschreiben räumte die Bf. ein, dass sich das gegenständliche Fahrzeug in ihrem Besitz befinde und es zum Teil im Inland geführt werde. Vor dem Hintergrund, dass sie sowohl in Österreich als auch in Deutschland mit Hauptwohnsitz gemeldet sei und sie in Deutschland ein eigenes Unternehmen führe, das sie auch regelmäßig aufsuche, sei die unionsrechtliche Personen- und Niederlassungsfreiheit zu beachten. Ein dauerhaftes Einbringen eines Kraftfahrzeuges könne nicht vom Begriff des Hauptwohnsitzes abgeleitet werden, da ein Unionsbürger in einem anderen Mitgliedstaat keinen Zweitwohnsitz begründen könne, sondern nur einen weiteren Hauptwohnsitz. § 82 Abs. 8 KFG 1967 sei im gesetzgeberischen Sinn nur dann anwendbar, wenn tatsächlich nur ein Hauptwohnsitz oder Sitz und nur im Inland bestehe. Daher seien in erster Linie österreichische Staatsbürger oder dauerhafte Übersiedler nach Österreich gemeint, die Fahrzeuge mit ausländischen Kennzeichen ins Inland verbrächten. Die Notwendigkeit einer Anmeldung innerhalb eines Monats für Unionsbürger mit weiteren Wohnsitzen in Mitgliedstaaten oder wirtschaftliche Unternehmungen in weiteren Mitgliedstaaten bestehe ausdrücklich nicht. Daher sei auch kein Gegenbeweis zu erbringen und eine Annahme der dauerhaften Verbringung unzulässig.

Diesbezüglich entgegnete das zuständige Organ der Finanzpolizei mit seiner an die Bf. gerichteten E-Mail vom , dass § 82 Abs. 8 KFG 1967 nur von Fahrzeugen mit ausländischen Kennzeichen spreche, die von Personen (unerheblich, welcher Nationalität) mit Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland eingebracht oder in diesem verwendet würden. Auch sei keine Rede von einem oder mehreren Wohnsitzen, nur von einem Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland. Die Bf. führe an, in Deutschland ein eigenes Unternehmen zu führen, welches sie regelmäßig aufsuche. Dies würde die Situation wieder ändern, wenn das gegenständliche Fahrzeug auf eine Firma zugelassen sei und diese Firma in Österreich keinen Standort habe. Darum würde die Bf. gebeten werden, sich mit der belangten Behörde in Verbindung zu setzen, um alle Fragen zu klären.

Im April 2018 erging eine Vorladung an die Bf., in welcher sie aufgefordert wurde, am in den Räumlichkeiten der belangten Behörde zu erscheinen und insbesondere Unterlagen zum streitgegenständlichen Fahrzeug mitzunehmen.

Dieser Vorladung kam die Bf. nach. Sie gab laut Niederschrift der belangten Behörde an, seit Juni bzw. Juli 2013 in Österreich zu leben. Ihr Mittelpunkt der Lebensinteressen liege in Deutschland, wo ihr Sohn, ihre Verwandten und ihre Freunde lebten. In Österreich habe sie hingegen keine Freunde. Sie sei im Inland auf Vollzeitbasis unselbstständig tätig. Ihr Ehemann lebe gemeinsam mit ihr in Österreich. In Deutschland betreibe sie ein Unternehmen im Bereich der Buchhaltung. Sie habe noch zehn bis zwölf Kunden, die sie betreue. Seit 2016 habe sie in Deutschland keine positiven Einkünfte mehr. Das Fahrzeug sei in ihrem Betriebsvermögen, sie fahre mehr als 50% für betriebliche Zwecke (sie fahre pro Jahr ca. 40.000 Kilometer beruflich und privat). Sie fahre alle sechs bis acht Wochen nach Deutschland. In der dortigen Wohnung lebe ihre Schwiegermutter, die immer wieder Betreuung benötige. Ihr Mann sei Rentner und habe ausschließlich Einkünfte aus seiner Rente. Das Fahrzeug sei im Juli 2012 in Deutschland gekauft worden.

Am erließ die belangte Behörde die angefochtenen Bescheide. Begründend führte sie aus, dass die Bf. nach den Ermittlungen der Finanzbehörde seit dem ihren ständigen Hauptwohnsitz in Österreich habe. Auch der Ehegatte der Bf. wohne gemeinsam mit ihr an ihrer inländischen Adresse. Die Bf. arbeite seit dem laufend in Österreich und beziehe Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Auch wenn die Bf. noch ein Gewerbe in Deutschland ausübe und ihr Sohn, Verwandte und Freunde sich in Deutschland befänden, halte sie sich überwiegend in Österreich auf und das Fahrzeug werde somit hauptsächlich im Bundesgebiet verwendet. Dafür sprächen der Hauptwohnsitz in Österreich, an welchem sie mit ihrem Ehegatten zusammenlebe, ihre Vollzeitbeschäftigung als Angestellte im Inland sowie ihre eigene niederschriftlich festgehaltene Aussage, dass sie lediglich alle sechs bis acht Wochen nach Deutschland fahre. In der Begründung zu den Bescheiden betreffend die Festsetzung der Normverbrauchsabgabe für den Zeitraum 05/2014 sowie die Kraftfahrzeugsteuer für die Monate 4-12/2014 führte sie aus, dass § 82 Abs. 8 KFG 1967 idF BGBl. I Nr. 26/2014, welcher am in Kraft getreten sei, vorsehe, dass eine Auslandsfahrt die dort vorgesehene Monatsfrist nicht unterbreche. Somit werde die Normverbrauchsabgabe mit Mai 2014 und die Kraftfahrzeugsteuer ab Mai 2014 vorgeschrieben. Da es sich bei der Kraftfahrzeugsteuer um eine Quartalssteuer handele, sei der Bescheid ab April 2014 bezeichnet worden, jedoch sei die Kraftfahrzeugsteuer erst ab Mai 2014 berechnet worden.

Dagegen erhob die Bf. Beschwerde. Die Anzeige, auf die sich die Finanzpolizei beziehe, sei vermutlich anonym erfolgt und dürfe daher zur Rechtsfindung nicht berücksichtigt werden. Sei sie nicht anonym gewesen, sei sie explizit zu benennen, um überhaupt verwertbar zu sein. Die belangte Behörde müsse als Berechnungsgrundlage zweifelsfrei nachweisen, ab welchem Zeitpunkt und durch wen das Kraftfahrzeug in das Bundesgebiet verbracht worden sei. Ein dauernder Standort könne erst ab dem Zeitpunkt angenommen werden, bei dem gemäß § 82 Abs. 9 KFG 1967 durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht eine erstmalige Übertretung des Abs. 8 festgestellt worden sei. Die Finanzpolizei oder ein anonymer Anzeiger gehörten nicht dazu. Eine Steuerschuld könne daher bisher nicht entstanden sein. Außerdem seien die Feststellungen im ruhenden Verkehr auf einem Privatparkplatz mit vorgelagerter Privatstraße gemacht worden. Dazu liege keine Erlaubnis vor. In diesem Zusammenhang betrachte die Bf. die Fotos der Fahrzeuge mit Abbildung der KFZ-Kennzeichen als einen "Verstoß gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung". In den Begründungen der belangten Behörde zu den Bescheiden werde ein Antwortschreiben der Finanzpolizei vom genannt, worauf die Bf. nicht geantwortet hätte. Ein solches Schreiben sei ihr nicht bekannt. Spätestens am hätte die Behörde die Bf. jedoch auf dieses Schreiben hinweisen müssen. Dies sei unterblieben. Darin sehe sie mindestens eine mangelhafte Arbeitsweise mit möglichen Rechtsfolgen. Da die Bf. dadurch eines Rechtsmittels beraubt worden sei, dürfe es auf keinen Fall als negative Auswirkung für sie gewertet werden, wie es in den Begründungen der Bescheide der belangten Behörde zu verstehen sei. Hier liege ein gesonderter Beschwerdegrund vor. Am sei auf Privatgrund eine Nachschau und daraufhin eine Kennzeichenabfrage durchgeführt worden. Diese Abfrage solle ergeben haben, dass das streitgegenständliche Fahrzeug seit dem auf die Adresse Adresse2 zugelassen sei. Das sei falsch.

Darüber hinaus machte die Bf. in ihrer Beschwerde einen Verstoß der belangten Behörde gegen Unionsrecht geltend. Seit der Aufnahme der Republik Österreich in die Europäische Union sei § 82 Abs. 8 KFG 1967 ausschließliches Inlandsrecht. Es sei daher nur für Inländer anwendbar und für ausländische Bürger der Europäischen Union (Unionsbürger) obsolet. Der Status der Bf. als Unionsbürgerin mit deutscher Staatsbürgerschaft (Hauptwohnsitz und Unternehmenssitz in Deutschland) sei der belangten Behörde bekannt. Sie halte sich lediglich befristet in der Republik Österreich auf. Mit der Berufung auf § 82 Abs. 8 KFG 1967 für die oben genannte Besteuerung versuche die belangte Behörde, ein ausländisches, in der Union rechtmäßig nach gültigen bilateralen Abkommen zugelassenes und bereits besteuertes, im Eigentum eines ausländischen Unionsbürgers befindliches Kraftfahrzeug mit einer so genannten Normenverbrauchsabgabe und einer Kraftfahrzeugsteuer im Inland zu besteuern. Dafür besitze sie nicht das notwendige Recht. Im Rahmen der Grundfreiheiten der Europäischen Union gehe die Bf. als ausländische Unionsbürgerin in der Republik Österreich einer nichtselbstständigen Berufstätigkeit nach. Ihre Tätigkeit als geprüfte Bilanzbuchhalterin sei auf Grund des Fachkräftemangels in steuerberatenden Berufen in der Republik Österreich eine Bereicherung für den Unionsstaat. Zur Ausübung ihrer Berufstätigkeit habe sie befristet einen Wohnsitz im Inland bezogen und den Wohnsitz gemeldet. Die Deklarierung dieses Wohnsitzes im Zentralen Melderegister (ZMR) der Republik Österreich mit der Wohnsitzqualität Hauptwohnsitz sei gegen ihren Willen geschehen. Die Behörde, das Meldeamt, habe keine Möglichkeit gehabt, diesen Status zu beeinflussen. Allein hier könnte ein Verstoß gegen europäisches Recht vorliegen. Ihr Hauptwohnsitz und Unternehmenssitz befinde sich in ihrem Herkunftsland in der Europäischen Union. Ihr Hauptwohnsitz sei in ihrem deutschen Personalausweis als in der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen. Im oben genannten Besteuerungszeitraum hätten sich eine Vielzahl von Kraftfahrzeugen in ihrem Eigentum beziehungsweise Besitz befunden. Darunter auch das gegenständliche Kraftfahrzeug. Das Kraftfahrzeug habe ausschließlich zu Fahrten innerhalb der Europäischen Union im Zusammenhang mit den Grundfreiheiten der Europäischen Union gedient, jedoch nicht im gesamten Besteuerungszeitraum und nicht durch sie. Auch wenn das gegenständliche Fahrzeug auf sie zugelassen sei, sei es ihrem Unternehmen zugeordnet. Tatsächlich erlaube die europäische Rechtsprechung die Anwendung § 82 Abs. 8 KFG 1967 gegenüber Inländern im Zuständigkeitsbereich des Unionsstaates. Es liege damit eine zulässige Inländerdiskriminierung vor, wodurch die eigenen Bürger schlechter gestellt werden dürften. Eine Inländerdiskriminierung dürfe jedoch nicht auf ausländische Unionsbürger im Inland angewendet werden, da damit mindestens die Personenfreiheit für ausländische Unionsbürger rechtswidrig verletzt und dadurch der freie Zugang zum Binnenmarkt der Europäischen Union behindert werde.

Die belangte Behörde wies die Beschwerde mit ihrer Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab. Die Erhebungen der Finanzpolizei, wonach das beschwerdegegenständliche Fahrzeug seit dem auf die Bf. auf die Adresse Adresse2 zugelassen sei, sei richtig. Die belangte Behörde verwies auf den entsprechenden Eintrag im Europäischen Fahrzeuginformationssystem (EUCARIS-PPRUM). Hinsichtlich der Rüge, wonach ein Schreiben der Finanzpolizei vom nicht zugegangen sei und daher keine Gelegenheit des Parteiengehörs erfolgt sei, werde ausgeführt, dass der Vorhalt in Mailform ergangen sei. Da keine Antwort erfolgt sei, sei seitens der belangten Behörde eine Vorladung durchgeführt und über das Gespräch mit der Bf. eine Niederschrift aufgenommen worden. Somit sei das Parteiengehör gewahrt worden. Es sei daher kein Verfahrensfehler erkennbar. Hinsichtlich der Rüge, wonach eine anonyme Anzeige zu den Feststellungen geführt habe, werde ausgeführt, dass in der BAO der Grundsatz der freien Beweiswürdigung sowie der Grundsatz, dass grundsätzlich kein Beweisverwertungsverbot bestehe, zur Anwendung gelangten. Das bedeute, dass alle Beweismittel zur Ermittlung des Sachverhalts herangezogen werden könnten. Zwar sei der Hinweis auf Grund einer anonymen Anzeige erfolgt, der Sachverhalt - die widerrechtliche Verwendung eines PKW mit deutschem Kennzeichen - sei von der Abgabenbehörde eigenständig erhoben worden. Demgemäß könnten alle Beweise, die zur Feststellung des Sachverhalts dienlich gewesen seien, herangezogen werden. Zur Standortvermutung des § 82 Abs. 8 KFG 1967 führte die belangte Behörde aus, dass bei mehreren Wohnsitzen eines Menschen im Rahmen einer Gesamtschau zu beurteilen sei, welcher als Hauptwohnsitz anzusehen sei (). Zwar führe die Bf. aus, die näheren Beziehungen zu Deutschland zu haben. Es sei jedoch aktenkundig, dass sie in Österreich an fünf Tagen pro Woche einer nichtselbstständigen Arbeit bei einem Steuerberatungsbüro nachgehe. Sie trete diese Tätigkeit von ihrem österreichischen Wohnsitz an. Ihr Ehemann, der von Deutschland eine Pension beziehe, lebe ebenfalls im Inland. Minderjährige Kinder seien nicht aktenkundig. Ihr bereits erwachsener Sohn lebe in B und somit ca. 400 Kilometer von A (von der Bf. als Hauptwohnsitz bezeichnet) entfernt. Sie besuche zwar alle sechs bis acht Wochen ihre Schwiegermutter, die in ihrer Wohnung in A lebe, und verbinde diese Besuche offenbar mit Fahrten, die sie als für betriebliche Zwecke qualifiziere. Sie selbst habe jedoch in den beschwerdegegenständlichen Jahren in Deutschland keine Wohnung gehabt, die ihr zur alleinigen Nutzung zur Verfügung gestanden sei. Der Umstand, dass die Geschwister und die Schwiegermutter in Deutschland lebten, seien zu den übrigen Verhältnissen, die auf die nähere Beziehung zu Österreich verwiesen, als nachrangig zu beurteilen. Somit sei Österreich als Wohnsitz zu bezeichnen und es bestehe die gesetzliche Vermutung, dass das gegenständliche Fahrzeug seinen dauernden Standort in Österreich habe. Für das Greifen der Standortvermutung des § 82 Abs. 8 KFG 1967 reiche eine zumindest regelmäßige private Verwendung eines Fahrzeugs auf österreichischen Straßen durch eine Person mit (Hauptwohn)Sitz im Inland aus. Dies sei zweifellos gegeben, da die Bf. mit dem Fahrzeug auch zum Einkaufen in Österreich fahre bzw. andere notwendige Fahrten im Bundesgebiet erledige. Für den Gegenbeweis dieser Standortvermutung treffe die Beweislast den Verwender. Aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergebe sich, dass die Erbringung des Gegenbeweises nach § 82 Abs. 8 erster Satz KFG 1967 grundsätzlich eine weitaus überwiegende Verwendung des Fahrzeuges nahezu ausschließlich (mindestens 80%) im Ausland jedenfalls zur Voraussetzung haben müsste (). Bis dato seien hinsichtlich der Verwendung des Fahrzeugs in Österreich und im Ausland diesbezüglich keine Unterlagen vorgelegt worden. Hinsichtlich der Behauptung der Bf., das Fahrzeug würde mehr im Ausland verwendet werden, werde folgende Berechnung durchgeführt: Die Bf. habe in der Vernehmung vom ausgeführt, dass sie etwa 40.000 Kilometer zurücklege, etwa die Hälfte davon würde betrieblich erfolgen. Alle sechs bis acht Woche fahre sie nach A (Strecke WohnortInland-A: 560 km x 2 = 1.120 km). Dementsprechend lege sie unter Annahme des sechswöchigen Besuchs ca. 10.000 Kilometer in Deutschland zurück. Dies bedeute, dass die gefahrenen Kilometer in Deutschland etwa 25% seien. Wie oben ausgeführt, sei jedoch für die Annahme des auswärtigen Standortes eine 80%ige Nutzung im Ausland gefordert. Dies sei nicht gegeben. Zur Frage der EU-Konformität werde auf das , Cura Anlagen GmbH, verwiesen. Zum Verspätungszuschlag führte die belangte Behörde aus, dass im gegenständlichen Fall weder eine Anmeldung zur Normverbrauchsabgabe noch zur Kraftfahrzeugsteuer abgegeben worden sei, sodass eine bescheidmäßige Festsetzung habe erfolgen müssen. Die objektiven Voraussetzungen für die Festsetzung des Verspätungszuschlags seien somit gegeben. Rechtsunkenntnis oder irrtümliche, objektiv fehlerhafte Rechtsauffassungen seien nur dann entschuldbar und als fahrlässig nicht zuzurechnen, wenn die objektiv gebotene, der Sache nach pflichtgemäße, nach den subjektiven Verhältnissen zumutbare Sorgfalt nicht außer Acht gelassen worden sei. In der Unterlassung einer entsprechenden, den Umständen und persönlichen Verhältnissen nach gebotenen oder zumindest zumutbaren Erkundigung liege ein Verschulden. Es möge durchaus sein, dass die Bf. über die Einzelheiten der Besteuerung nicht Bescheid gewusst habe, in Anbetracht des Umstandes, dass sie seit einigen Jahren in Österreich wohnhaft und als Bilanzbuchhalterin "vom Fach" sei, hätte sie davon Kenntnis haben müssen, dass es nicht zulässig sei, auf Dauer im Inland mit einem PKW mit ausländischem Kennzeichen zu fahren, zumal diesbezüglich auch in Deutschland die Rechtslage nicht wesentlich anders sei. Es wäre ihr somit zumutbar gewesen, sich anlässlich des Verbringens des PKW rechtzeitig über die österreichische Steuerrechtslage beim Finanzamt zu informieren. Dieser Verpflichtung sei sie offenbar nicht nachgekommen. Die Aussage, wonach das Fahrzeug in Deutschland angemeldet sein müsse, um damit in Deutschland Betriebsausgaben zu lukrieren, könne nicht als Entschuldigung angenommen werden, da eine gesetzliche Bestimmung eines Landes nicht dadurch derogiert werden könne, als die steuergünstigere Bestimmung eines anderen Landes ausgenützt werde. Die Nichtabgabe der entsprechenden Abgabenerklärungen sei damit iSd § 135 BAO nicht entschuldbar. Unter Bedachtnahme auf das lange zeitliche Ausmaß der Fristüberschreitung seien die Zuschläge im Höchstausmaß von 10% als richtig zu beurteilen.

In ihrem Vorlageantrag wiederholte die Bf., dass ein Verstoß gegen Unionsrecht vorliege. Mit dem Urteil betreffend Cura Anlagen GmbH verkenne die belangte Behörde, dass der EuGH damit die vier Grundfreiheiten der Europäischen Union gestärkt habe. In diesem und anderen Urteilen erlaube die Europäische Union dem Unionsstaat die Anwendung des Nationalrechts der Republik Österreich auf die eigenen Staatsbürger, auch wenn es dadurch zur Ungleichbehandlung inländischer Unionsbürger gegenüber ausländischen Unionsbürgern komme. Dem gegenüber würden die Abgaben auf Kraftfahrzeuge und die internationale Haftpflichtversicherungspflicht dem Unionsstaat zugeordnet, in dem der Unionsbürger nach seinem Hauptwohnsitz oder Betriebstättensitz zur Zulassung von Kraftfahrzeugen für den öffentlichen inländischen und internationalen Straßenverkehr verpflichtet sei. Dies sei hier die Bundesrepublik Deutschland. Eine zusätzliche Abgabe für ausländische Unionsbürger im Inland eines anderen Unionsstaates sehe dieses Urteil nicht vor und würde auch die Europaverträge konterkarieren. Dieses Urteil beschreibe also einen völlig anderen Sachverhalt. Darüber hinaus führte die Bf. ins Treffen, die Darstellung der belangten Behörde, wonach die Bf. in Deutschland keine Wohnung habe, sei eine falsche Tatsachenbehauptung. Sie habe immer und ununterbrochen ihren Hauptwohnsitz in Deutschland gehabt. Des Weiteren wiederholte die Bf. ihr bisheriges Vorbringen, wonach das Fahrzeug ausschließlich für Fahrten innerhalb der Europäischen Union im Zusammenhang mit den Grundfreiheiten gedient habe, jedoch nicht im gesamten Betrachtungszeitraum und nicht ausschließlich durch die Bf., und sie in Österreich keinen Hauptwohnsitz habe.

Die belangte Behörde legte den Beschwerdeakt dem Bundesfinanzgericht vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde.

Mit Beschluss vom forderte das Bundesfinanzgericht die Bf. auf, diesem mitzuteilen, ob im streitgegenständlichen Zeitraum weitere Kraftfahrzeuge in Österreich auf die Bf. zugelassen waren und gegebenenfalls die entsprechenden inländischen behördlichen Kennzeichen anzugeben, mit welchen Verkehrsmitteln die Bf. im streitgegenständlichen Zeitraum zu ihrer inländischen Arbeitsstätte fuhr und mit welchen Verkehrsmitteln sie Einkäufe, Behördenwege und sonstige Wege innerhalb Österreichs erledigte, entsprechende Nachweise (Rechnungen, Fahrkarten, Kontoauszüge) zu übermitteln, falls die Fahrten zur inländischen Arbeitsstätte bzw. die sonstigen Wege innerhalb Österreichs mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt wurden, mitzuteilen, mit welchem Kraftfahrzeug bzw. mit welchen Kraftfahrzeugen die genannten Fahrten und Wege zurückgelegt wurden, falls dafür ein Kraftfahrzeug bzw. mehrere Kraftfahrzeuge eingesetzt wurden, sowie Fahrtenbücher oder sonstige Nachweise dafür zu übermitteln, dass das Kraftfahrzeug mit dem deutschen behördlichen Kennzeichen ***** für betriebliche Zwecke in Deutschland genutzt wurde.

Mit Schriftsatz vom teilte die Bf. dem Bundesfinanzgericht mit, dass dessen Forderungen nicht nachgekommen werden müsse, da sie zur Lösung der Rechtsfrage nicht bedeutsam seien. Das Gericht habe lediglich über die bereits in der Beschwerde bzw. dem Vorlageantrag vorgetragenen und Sachverhalte bzw. Fragen zu entscheiden, welche im Schriftsatz näher bezeichnet worden seien und sich auf die Konformität der in Aussicht genommenen Besteuerung mit Unionsrecht bezögen. Da die Republik Österreich kein Besteuerungsrecht auf das ausländische Einkommen und Vermögen der Bf. als ausländischer EU-Bürgerin besitze, habe sie auch kein Recht, Dokumente zu verlangen, die Bestandteil ihrer ausländischen Steuerabgeltung seien. Ebenso sollte es einem Finanzgericht bekannt sein, dass in der Republik Österreich für "die" Pendlerpauschale keine Belegpflicht bestehe. Das Abverlangen solcher Nachweise erübrige sich daher von selbst, zumal die Bf. nicht einmal ein österreichisches Geldkonto besitze, mit dem sie solche Nachweise erbringen könne. Die Bf. könne jedoch versichern, dass sämtliche inländische Fahrten zwischen Wohn- und Arbeitsstätte und sonstige Wege mit öffentlichen Verkehrsmitteln bzw. zu Fuß absolviert würden. Ein Hauptwohnsitz sei immer derjenige Wohnsitz, den ein Mensch dazu für sich erklärt habe, dort jederzeit wohnen könne und dieser Wohnsitz als Wohnstätte anerkannt sei. Das sei ihr Hauptwohnsitz in Deutschland, A, egal, wie lange sie sich dort summa summarum im Verhältnis zu einem weiteren Wohnort aufhalte. Niemand habe des Recht, von Amts wegen und erst recht nicht ein fremder Staat, darüber etwas anderes zu entscheiden. Mit der Anwendung des § 82 Abs. 8 KFG 1967 und der daraus folgenden Besteuerung ihrer in ihrem Herkunftsland an ihrem Hauptwohnsitz ordnungsgemäß für den internationalen Straßenverkehr zugelassenen Kraftfahrzeuge mit einer inländischen Kraftfahrzeugsteuer und einer Luxussteuer nach dem Normverbrauchsabgabegesetz durch die belangte Behörde verstoße die Republik Österreich gegen europäisches Recht durch die Behinderung des freien Zugangs zum Binnenmarkt für ausländische Unionsbürger mit Hauptwohnsitz im anderen Vertragsstaat. Könne sich das Bundesfinanzgericht immer noch nicht der Rechtsauffassung der Bf. bezüglich des Unionsrechts anschließen, bestehe die Bf. darauf, dass eine Verpflichtung bestehe, beim Europäischen Gerichtshof ein Vorabentscheidungsersuchen zu stellen. Darüber hinaus hielt sie in ihrem Schriftsatz fest, dass die vom Bundesfinanzgericht gesetzte dreiwöchige Frist fragwürdig sei. Angesichts der zum Zeitpunkt der Erstellung bzw. des Versandes des Beschlusses bereits auch in der Republik Österreich bekannten globalen Krise von einem ausländischen EU-Bürger zum Teil ausländische Steuer- bzw. Abgabendokumente einzufordern, sei mehr als bedenklich. Dem Gericht hätte klar sein müssen, dass der Termin für Ausländer unerfüllbar sei, da das Gericht nicht mehr davon habe ausgehen können, ob die Bf. noch eine staatenübergreifende Bewegungsfreiheit habe und sie der Beschluss überhaupt erreichen oder sie die geforderten Dokumente beibringen könne. Zudem würden für ausländische Bürger nach der Bundesabgabenordnung ohnehin längere Fristen gelten, was ein Finanzgericht eigentlich wissen sollte. Dieses Handeln sei unbegreiflich, verantwortungslos und lasse die Hinterfragung der Rechtschaffenheit der österreichischen Gerichtsbarkeit zu.

Das Bundesfinanzgericht übermittelte der belangten Behörde den Schriftsatz der Bf. vom zur Stellungnahme. Diese wies in ihrer Stellungnahme vom darauf hin, dass es auf die Ansässigkeit der Bf. im Inland ankomme. Der Mittelpunkt der Lebensverhältnisse (übrigens gleichbedeutend mit der Ansässigkeit) sei im Fall der Bf. in Österreich gegeben, da sie hier arbeite und sie und ihr Mann weitaus überwiegend im Inland lebten. Der in § 82 Abs. 8 KFG 1967 angeführte Gegenbeweis, wonach das Fahrzeug bei der erforderlichen Gesamtbetrachtung einem bestimmten Ort außerhalb des Bundesgebietes zugeordnet werden müsse (vgl. ), müsse vom Verwender getroffen werden. Dabei treffe den Verwender, der einen dauernden Standort im Ausland behaupte, schon auf Grund der Verwendung des Fahrzeuges im Inland und des gegebenen Auslandsbezuges die Pflicht, für die Erbringung des allenfalls erforderlichen Gegenbeweises vorzusorgen (Beweisvorsorgepflicht) und erforderliche Beweismittel beizuschaffen. Der Verwender habe nachzuweisen, dass die im Wesentlichen dauernde Verwendung des Fahrzeuges tatsächlich in einem bestimmten anderen Land erfolgt sei und dass der dauernde Standort des Fahrzeuges nicht in Österreich gelegen sei (). Die Bf. behaupte lediglich, dass sie als EU-Bürgerin das Recht habe, ihr Fahrzeug anzumelden, wo immer sie möchte. Diesbezüglich irre sie, denn das KFG 1967 und das NoVAG 1991 seien innerstaatliche Vorschriften, die im Einklang mit Unionsrecht ergangen seien. Einen Nachweis, dass das Fahrzeug den Standort nicht in Österreich habe, sei von ihr jedoch nicht erbracht worden.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Festgestellter Sachverhalt

Die Bf. war seit dem im Inland an der Adresse Adresse1 hauptwohnsitzgemeldet. Sie bewohnte dort mit ihrem Ehegatten ein von einer Genossenschaft gemietetes Reihenhaus. Während des gesamten streitgegenständlichen Zeitraums war sie im Inland auf Vollzeitbasis als Bilanzbuchhalterin unselbstständig tätig. Ihre inländischen steuerpflichtigen Bezüge betrugen im Jahr 2014 EUR 23.585,29, im Jahr 2015 EUR 24.283,03, im Jahr 2016 EUR 24.562,74, im Jahr 2017 EUR 25.043,93 und im Jahr 2018 EUR 25.652,82.

Im Zuge ihres Umzugs nach Österreich brachte die Bf. das in Deutschland auf sie zugelassene Kraftfahrzeug mit dem deutschen behördlichen Kennzeichen ***** ins Inland ein, das sie im Jahr 2012 erworben hatte. Nach dem Umzug fuhr sie mit diesem Fahrzeug, das sich regelmäßig im Inland befand, monatlich von dort aus nach Deutschland, im streitgegenständlichen Zeitraum etwa alle sechs bis acht Wochen. Die Bf. legte mit dem Fahrzeug sowohl beruflich als auch privat pro Jahr im In- und Ausland etwa 40.000 Kilometer zurück, davon ca. 10.000 Kilometer für Wege vom Ort ihres inländischen Wohnsitzes nach A und zurück.

Die Bf. trug die Kosten für das Fahrzeug.

In Deutschland verfügte sie in A über eine Wohnung, wo sie ebenfalls hauptwohnsitzgemeldet war und die von ihrer Schwiegermutter bewohnt wurde. Ihr erwachsener Sohn lebte in B und somit ebenfalls in Deutschland. Darüber hinaus lebten ihre sonstigen Verwandten und Freunde in Deutschland. Die Bf. betrieb in A ein Einzelunternehmen als Buchhalterin und betreute dort etwa zehn bis zwölf Kunden. Die dafür erforderlichen Unterlagen waren vor Ort, wo auch die Gespräche mit den Kunden stattfanden. Zumindest im Jahr 2016 erzielte sie keine positiven Einkünfte aus dieser Tätigkeit. Fahrtenbücher liegen nicht vor.

Mit an die Bf. gerichtetem Bescheid vom setzte die belangte Behörde in Bezug auf das streitgegenständliche Fahrzeug die Normverbrauchsabgabe für den Zeitraum 05/2014 iHv EUR 4.041,35 und den Verspätungszuschlag iHv EUR 404,14, die Kraftfahrzeugsteuer für die Monate 04-12/2014 iHv EUR 575,26 und den Verspätungszuschlag iHv EUR 57,53, die Kraftfahrzeugsteuer für die Monate 01-12/2015 iHv EUR 862,88 und den Verspätungszuschlag iHv EUR 86,29, die Kraftfahrzeugsteuer für die Monate 01-12/2016 iHv EUR 862,88 und den Verspätungszuschlag iHv EUR 86,29, die Kraftfahrzeugsteuer für die Monate 01-12/2017 iHv EUR 862,88 und den Verspätungszuschlag iHv EUR 86,29 sowie die Kraftfahrzeugsteuer für die Monate 01-09/2018 iHv EUR 647,16 und den Verspätungszuschlag iHv EUR 64,72 fest.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ist im Wesentlichen unstrittig und ergibt sich aus der Aktenlage wie insbesondere aus der Niederschrift der belangten Behörde vom und dem an das Bundesfinanzgericht gerichteten Schriftsatz der Bf. vom . Aus entsprechenden Erhebungen der Finanzpolizei, wonach das Fahrzeug regelmäßig am Ort des inländischen Wohnsitzes der Bf. geparkt war, sowie aus den aktenkundigen Aussagen der Bf. wird geschlossen, dass es sich regelmäßig im Inland befand. Dass die Bf., wie von ihr im Schriftsatz vom ins Treffen geführt, sämtliche inländische Fahrten zwischen Wohn- und Arbeitsstätte und sonstige Wege mit öffentlichen Verkehrsmitteln bzw. zu Fuß absolvieren würde, kann das Bundesfinanzgericht mangels Vorlage entsprechender Nachweise nicht als erwiesen annehmen. Das Vorliegen von Fahrtenbüchern wurde seitens der Bf. nicht behauptet. Dass die Bf. die Kosten für das streitgegenständliche Fahrzeug trug, wird als erwiesen angenommen, da sie als dessen Zulassungsbesitzerin über eigene Einkünfte verfügte. Die Höhe der inländischen steuerpflichtigen Bezüge der Bf. wurde den übermittelten Lohnzetteln entnommen, die im Abgabeninformationssystem ersichtlich sind.

3. Rechtliche Beurteilung

§ 1 Normverbrauchsabgabegesetz 1991 (NoVAG 1991) idF BGBl. I Nr. 34/2010 lautet auszugsweise wie folgt:

"§ 1. Der Normverbrauchsabgabe unterliegen die folgenden Vorgänge:

[…]

3. Die erstmalige Zulassung von Kraftfahrzeugen zum Verkehr im Inland, sofern die Steuerpflicht nicht bereits nach Z 1 oder Z 2 eingetreten ist oder nach Eintreten der Steuerpflicht eine Vergütung nach § 12 oder § 12a erfolgt ist. Als erstmalige Zulassung gilt auch die Zulassung eines Fahrzeuges, das bereits im Inland zugelassen war, aber nicht der Normverbrauchsabgabe unterlag oder befreit war sowie die Verwendung eines Fahrzeuges im Inland, wenn es nach dem Kraftfahrgesetz zuzulassen wäre, ausgenommen es wird ein Nachweis über die Entrichtung der Normverbrauchsabgabe erbracht […]"

Nach § 4 NoVAG 1991 ist Abgabenschuldner im Falle der Verwendung eines Fahrzeuges im Inland, wenn es nach dem Kraftfahrgesetz zuzulassen wäre, der Zulassungsbesitzer und derjenige, der das Fahrzeug verwendet, als Gesamtschuldner.

§ 1 Kraftfahrzeugsteuergesetz (KFZStG) lautet auszugsweise wie folgt:

"§ 1. (1) Der Kraftfahrzeugsteuer unterliegen

[…]

3. Kraftfahrzeuge, die auf Straßen mit öffentlichem Verkehr im Inland ohne die kraftfahrrechtlich erforderliche Zulassung verwendet werden (widerrechtliche Verwendung)."

Nach § 3 KFZStG ist in diesem Fall Steuerschuldner die Person, die das Kraftfahrzeug auf Straßen mit öffentlichem Verkehr im Inland verwendet.

§ 6 KFZStG idF BGBl. I Nr. 105/2014 lautet auszugsweise wie folgt:

"§ 6. […]

(3) Der Steuerschuldner hat jeweils für ein Kalendervierteljahr die Steuer selbst zu berechnen und bis zum 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf das Kalendervierteljahr zweitfolgenden Kalendermonats an das Finanzamt zu entrichten. Ein gemäß § 201 BAO festgesetzter Abgabenbetrag hat den im ersten Satz genannten Fälligkeitstag.

(4) Der Steuerschuldner hat für jedes abgelaufene Kalenderjahr bis zum 31. März des darauffolgenden Kalenderjahres dem Finanzamt eine Steuererklärung über die steuerpflichtigen Kraftfahrzeuge abzugeben."

Nach § 135 BAO gilt, dass die Abgabenbehörde Abgabepflichtigen, die die Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung nicht wahren, einen Zuschlag bis zu 10 Prozent der festgesetzten Abgabe (Verspätungszuschlag) auferlegen kann, wenn die Verspätung nicht entschuldbar ist; solange die Voraussetzungen für die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen ohne abgabenbehördliche Festsetzung gegeben sind, tritt an die Stelle des festgesetzten Betrages der selbst berechnete Betrag. Dies gilt sinngemäß, wenn nach den Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe einem abgabenrechtlich Haftungspflichtigen obliegt. Verspätungszuschläge, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen.

Ordnen die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen an oder gestatten sie dies, so kann gemäß § 201 Abs. 1 BAO nach Maßgabe des Abs. 2 und muss nach Maßgabe des Abs. 3 auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist. Nach § 201 Abs. 2 Z 3 BAO kann die Festsetzung u.a. erfolgen, wenn kein selbstberechneter Betrag bekannt gegeben wird.

§ 82 Abs. 8 KFG 1967 idF BGBl. I Nr. 26/2014, welcher am in Kraft trat, lautet wie folgt:

"§ 82. […]

(8) Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit dem Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht oder in diesem verwendet werden, sind bis zum Gegenbeweis als Fahrzeug mit dem dauernden Standort im Inland anzusehen. Die Verwendung solcher Fahrzeuge ohne Zulassung gemäß § 37 ist nur während eines Monats ab der erstmaligen Einbringung in das Bundesgebiet zulässig. Eine vorübergehende Verbringung aus dem Bundesgebiet unterbricht diese Frist nicht. Nach Ablauf eines Monats ab der erstmaligen Einbringung in das Bundesgebiet sind der Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln der Behörde, in deren örtlichem Wirkungsbereich sich das Fahrzeug befindet, abzuliefern. Wenn glaubhaft gemacht wird, dass innerhalb dieses Monats die inländische Zulassung nicht vorgenommen werden konnte, darf das Fahrzeug ein weiteres Monat verwendet werden. Danach sind der Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln der Behörde, in deren örtlichem Wirkungsbereich sich das Fahrzeug befindet, abzuliefern. Die Ablieferung begründet keinen Anspruch auf Entschädigung."

Die vorherige Fassung des § 82 Abs. 8 KFG 1967, die bis zum Anwendung fand, sah nicht vor, dass eine vorübergehende Verbringung aus dem Bundesgebiet die Monatsfrist nicht unterbricht. Daher gilt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur vorherigen Fassung des § 82 Abs. 8 KFG 1967, dass die Monatsfrist mit jeder Ausbringung des Kraftfahrzeugs unterbrochen wird und bei neuerlicher Einbringung des Fahrzeugs neu zu laufen beginnt ().

Was den Begriff des Hauptwohnsitzes nach § 82 Abs. 8 KFG 1967 betrifft, gilt nach § 1 Abs. 7 Meldegesetz 1991, dass dieser an jener Unterkunft begründet ist, an der sich ein Mensch in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen hat, diese zum Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen zu machen; trifft diese sachliche Voraussetzung bei einer Gesamtbetrachtung der beruflichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebensbeziehungen eines Menschen auf mehrere Wohnsitze zu, so hat er jenen als Hauptwohnsitz zu bezeichnen, zu dem er das überwiegende Naheverhältnis hat.

Des Weiteren bezieht sich § 82 Abs. 8 KFG 1967 auf die Verwendung eines Fahrzeugs. Das NoVAG 1991, das KFZStG und das KFG 1967 enthalten keine Regelung, wem die Verwendung eines Fahrzeugs zuzurechnen ist. Daher ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () auf den bundesrechtlich geregelten Begriff des Halters des Kraftfahrzeugs nach § 5 Abs. 1 Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz (EKHG) zurückzugreifen. Unter dem Halter ist unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes die Person zu verstehen, die das Fahrzeug auf eigene Rechnung in Gebrauch und die Verfügungsgewalt darüber hat (vgl. dazu etwa OGH, , 9 Ob A 150/00z).

Aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist zu schließen, dass bei Fahrzeugen mit ausländischen Kennzeichen, die von Einzelunternehmern mit Hauptwohnsitz im Inland verwendet werden, die Standortvermutung des § 82 Abs. 8 KFG 1967 greift; der Einzelunternehmer kann jedoch den Gegenbeweis erbringen, dass sich der dauernde Standort des Fahrzeuges im Ausland befindet ().

Die Beurteilung der Rechtsfrage, ob ein Fahrzeug seinen dauernden Standort entgegen der Vermutung des § 82 Abs. 8 erster Satz KFG 1967 nicht im Bundesgebiet hat, setzt Feststellungen über den regelmäßigen Ort sowie die Art und Weise der Verwendung des Fahrzeugs voraus, aus denen sich hinreichende Anhaltspunkte ergeben, ob das Fahrzeug bei der erforderlichen Gesamtbetrachtung für Zwecke der Vollziehung des KFG 1967 einem bestimmten Ort außerhalb des Bundesgebietes zugeordnet werden muss oder nicht (). Um diesen Gegenbeweis erbringen zu können, hat die betroffene Person von sich aus initiativ und umfassend darzulegen, aus welchen Gründen das Fahrzeug nicht als ein Fahrzeug mit dauerndem inländischem Standort anzusehen ist, und dafür auch die erforderlichen Beweise anzubieten ().

3.1. Zu den Spruchpunkten 1 bis 5: Teilweise Stattgabe

  • Die Bf. rügte, dass eine anonyme Anzeige nicht verwertbar sei, dass die belangte Behörde zweifelsfrei nachweisen müsse, ab welchem Zeitpunkt und durch wen das Kraftfahrzeug in das Bundesgebiet verbracht worden sei, dass ein dauernder Standort erst ab dem Zeitpunkt angenommen werden könne, bei dem gemäß § 82 Abs. 9 KFG 1967 durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht eine erstmalige Übertretung des Abs. 8 festgestellt worden sei, wozu die Finanzpolizei nicht gehöre, dass die Feststellungen auf einem Privatparkplatz mit vorgelagerter Privatstraße gemacht worden seien und dass die belangte Behörde die Bf. spätestens am auf das Schreiben eines Organs der Finanzpolizei vom hätte hinweisen müssen. Mit diesen Vorbringen möchte die Bf. offenbar eine Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machen.

  • Den Bestimmungen der Bundesabgabenordnung ist ein Beweisverwertungsverbot grundsätzlich fremd (vgl. , sowie die dort angeführten weiteren Entscheidungen). Schon alleine deshalb vermag die Bf. mit ihren Vorbringen bezüglich der anonymen Anzeige und den Feststellungen der Finanzpolizei auf einem Privatparkplatz mit vorgelagerter Privatstraße keine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide aufzuzeigen.

  • Laut Niederschrift vom gab die Bf. an, seit ihrem Umzug nach Österreich im Juni bzw. Juli 2013 mit dem streitgegenständlichen Fahrzeug monatlich nach Deutschland gefahren zu sein. Da die Bf. somit selbst einräumte, das streitgegenständliche Fahrzeug im Zuge ihrer Wohnsitzbegründung in Österreich ins Inland eingebracht zu haben, ist die Rüge der Bf., die belangte Behörde hätte die Einbringung des Fahrzeugs durch die Bf. einschließlich des Zeitpunkts der Einbringung zweifelsfrei nachweisen müssen, für das Bundesfinanzgericht nicht nachvollziehbar.

  • § 82 Abs. 9 KFG 1967 in den auf den streitgegenständlichen Zeitraum anzuwendenden Fassungen besagt, dass die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht das Daten-, Informations- und Aufbereitungscenter des Bundesministeriums für Finanzen (DIAC) zur abgaberechtlichen Überprüfung zu verständigen haben, wenn von ihnen eine Übertretung des Abs. 8 festgestellt wird. Zweck dieser Regelung ist es, dass die Verletzung abgabenrechtlicher Bestimmungen, die möglicherweise mit der Verletzung kraftfahrrechtlicher Bestimmungen einhergeht, verfolgt werden kann (RV 220 Blg. 24. GP). Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Befugnisse der Organe der Abgabenbehörden für Zwecke der Abgabenerhebung eingeschränkt werden, welche auch das Betreten von Grundstücken und das Befahren von Wegen umfassen, auch wenn dies sonst der Allgemeinheit untersagt ist (§ 12 Abs. 1 AVOG).

  • Die Bf. rügte auch, dass die belangte Behörde die Bf. spätestens zum Zeitpunkt ihrer Einvernahme als Auskunftsperson am auf das Schreiben eines Organs der Finanzpolizei vom hätte hinweisen müssen. Dieses Schreiben war eine E-Mail, deren Inhalt neben allgemeinen rechtlichen Ausführungen das Ersuchen an die Bf. war, sich mit der belangten Behörde in Verbindung zu setzen, um Umstände darlegen zu können, die gegen einen inländischen Standort des Fahrzeugs sprechen. Letztendlich erging zu diesem Zweck eine Vorladung an die Bf., womit sich die E-Mail vom erübrigte und das nach § 115 Abs. 2 BAO einzuräumende Parteiengehör gewahrt wurde.

  • Schließlich äußerte sich die Bf. zum Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom dahingehend, dass die vom Bundesfinanzgericht gesetzte dreiwöchige Frist angesichts der "globalen Krise" fragwürdig und für Ausländer unerfüllbar sei. Zudem würden für ausländische Bürger nach der Bundesabgabenordnung ohnehin längere Fristen gelten.

  • Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, dass § 323c Abs. 1 BAO idF BGBl. I Nr. 16/2020 ("2. COVID-19-Gesetz") eine Unterbrechung aller im ordentlichen Rechtsmittelverfahren vorgesehenen Fristen, die bis zum noch nicht abgelaufen sind, bis zum Ablauf des vorsieht und diese mit neu zu laufen beginnen. Darauf wurde die Bf. mittels elektronischer Nachricht vom hingewiesen. Die Bf. konkretisierte nicht, welche Bestimmung der Bundesabgabenordnung für ausländische Bürger längere Fristen vorsehen solle, weshalb darauf auch nicht näher eingegangen werden kann. Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass die Bf. in ihrem Schriftsatz vom das Vorliegen weiterer Unterlagen und Nachweise nicht behauptete.

  • Zu klären ist, ob die Bf. ihren Hauptwohnsitz im Inland hatte und das streitgegenständliche Fahrzeug im Inland verwendete, sodass die Standortvermutung nach § 82 Abs. 8 KFG 1967 Anwendung findet, und ob sie bejahendenfalls einen Gegenbeweis erbrachte.

  • Es ist unstrittig, dass die Bf. im streitgegenständlichen Zeitraum gemeinsam mit ihrem Ehegatten in einem Reihenhaus im Inland lebte. In Deutschland lebte ihre Schwiegermutter in ihrer Wohnung in A und ihr Sohn in B, darüber hinaus lebten sonstige Verwandte und Freunde in Deutschland. Weder machte die Bf. geltend, dass sie zu manchen dieser Personen ein engeres Naheverhältnis hätte als zu ihrem Ehemann, mit dem sie im gemeinsamen Haushalt lebte, noch sind besondere Umstände erkennbar, die dies nahelegten. Insbesondere die geringe Frequenz ihrer Fahrten nach Deutschland spricht gegen die Annahme solcher Umstände. Die Bf. ging im Inland einer Vollzeitbeschäftigung nach und war in Deutschland als Einzelunternehmerin tätig. Um ihrer dortigen Tätigkeit nachgehen zu können, fuhr sie alle sechs bis acht Wochen nach Deutschland. Somit war sie überwiegend im Inland berufstätig. Zumindest im Jahr 2016 erzielte die Bf. keine positiven Einkünfte aus ihrer Tätigkeit als Einzelunternehmerin.

  • Zwar ist die Meldung nach dem Meldegesetz 1991 nicht von entscheidender Bedeutung (). Daher ist es nicht von Bedeutung, ob - wie von der Bf. behauptet - die inländische Hauptwohnsitzmeldung im Zentralen Melderegister gegen ihren Willen geschehen sei. Allerdings führt eine Gesamtbetrachtung der beruflichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebensbeziehungen der Bf. zu dem Schluss, dass sie das überwiegende Naheverhältnis zu ihrem inländischen Wohnsitz hatte und dieser somit als Hauptwohnsitz zu betrachten ist.

  • Die Bf. war die Zulassungsbesitzerin des streitgegenständlichen Fahrzeugs. Sie brachte es ins Inland ein und benutzte es im Inland. Sie entschied über dessen Einsatz und trug auch die Kosten für das Fahrzeug. Dass die Bf. das Fahrzeug in das Betriebsvermögens ihres Einzelunternehmens aufnahm, ist nicht von Bedeutung, da bei Einzelunternehmern zivilrechtlich nicht zwischen Unternehmens- und Privatsphäre unterschieden wird (vgl. Haller, NoVAG, § 1 Tz. 102). Somit hatte die Bf. das Fahrzeug auf eigene Rechnung in Gebrauch und die Verfügungsgewalt darüber, womit sie auch als dessen Verwenderin nach § 82 Abs. 8 KFG 1967 zu betrachten ist.

  • Da die Bf. im Inland einen Hauptwohnsitz hatte und das streitgegenständliche Fahrzeug mit deutschem Kennzeichen verwendete, greift die Standortvermutung des § 82 Abs. 8 KFG 1967. Dies gilt ungeachtet ihrer Tätigkeit als Einzelunternehmerin in Deutschland ().

  • Allerdings besteht für die Bf. die Möglichkeit, einen Gegenbeweis zu erbringen. Die Bf. brachte im Zuge des Verfahrens vor, dass sie in Deutschland ein eigenes Unternehmen führe und das Kraftfahrzeug ausschließlich für Fahrten innerhalb der Europäischen Union im Zusammenhang mit den Grundfreiheiten der Europäischen Union gedient habe. Das Bundesfinanzgericht versuchte mit seinem an die Bf. gerichteten Beschluss vom zu klären, ob die Bf. mit diesem Vorbringen einen Gegenbeweis erbringen wollte, und forderte sie insbesondere auf, entsprechende Nachweise zu übermitteln. Die Bf. übermittelte dem Bundesfinanzgericht jedoch weder Fahrtenbücher noch sonstige Unterlagen, die geeignet sind, die inländische Standortvermutung für den streitgegenständlichen Zeitraum zu entkräften. Somit gelang ihr der Gegenbeweis nicht.

  • Da nach § 82 Abs. 8 KFG 1967 idF BGBl. I Nr. 26/2014, welcher am in Kraft trat, vorübergehende Verbringungen von Kraftfahrzeugen die dort vorgesehene Monatsfrist nicht unterbrachen, standen die regelmäßigen Fahrten der Bf. nach Deutschland ab diesem Zeitpunkt deren Verpflichtung, das Fahrzeug im Inland zum Verkehr zuzulassen, nicht entgegen. Da sie das Kraftfahrzeug mit dem deutschen behördlichen Kennzeichen ***** im Zeitraum Mai 2014 bis Dezember 2017 im Inland verwendete, ohne es im Inland zum Verkehr zuzulassen, erfolgte die Festsetzung der Normverbrauchsabgabe für den Zeitraum Mai 2014 sowie der Kraftfahrzeugsteuer für die Monate Mai 2014 bis Dezember 2017 zu Recht.

  • Die Bf. machte geltend, für Unionsbürger mit weiteren Wohnsitzen in Mitgliedstaaten oder wirtschaftliche Unternehmungen in weiteren Mitgliedstaaten bestehe ausdrücklich keine Notwendigkeit einer Anmeldung von Fahrzeugen mit ausländischen Kennzeichen im Inland. Diese Auslegung ist jedoch vom Wortlaut des § 82 Abs. 8 KFG 1967 nicht gedeckt.

  • Darüber hinaus führte sie ins Treffen, die Anwendung von § 82 Abs. 8 KFG 1967 auf sie verstoße gegen Unionsrecht, da dadurch zumindest die Personenfreiheit für ausländische Unionsbürger verletzt und dadurch der freie Zugang zum Binnenmarkt der Europäischen Union behindert werde. Wenn die belangte Behörde sich auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom in der Rs. C-451/99, Cura Anlagen GmbH, beziehe, um dem entgegenzutreten, verkenne sie, dass der EuGH damit die vier Grundfreiheiten gestärkt habe. Eine zusätzliche Abgabe für ausländische Unionsbürger im Inland eines anderen Unionsstaates sehe dieses Urteil nicht vor.

  • In seinem Erkenntnis vom , 2012/16/0107, wies der Verwaltungsgerichtshof darauf hin, dass der EuGH die Zulässigkeit der Erhebung einer Zulassungssteuer wie der Normverbrauchsabgabe daran misst, ob das betreffende Fahrzeug im Mitgliedstaat, in welchem die Zulassungssteuer erhoben werden soll, dauerhaft verwendet wird (vgl. etwa das , Cura Anlagen GmbH, Rn 35, das in den Rs. C-151/04 und C-152/04, Claude Nadine, Nadine-Lux SA und Jean Pascal Durre, Rn 55, und das , Kommission gegen Dänemark, Rn 75 und Rn 76). Dieser Linie folgte der EuGH auch in seinem Urteil vom in der Rs. C-302/12, X. In Rn 32 dieses Urteils führte der EuGH in Bezug auf die Niederlassungsfreiheit nach Art. 43 EG aus, dass diese einer Regelung eines Mitgliedstaats nicht entgegensteht, nach der für ein zugelassenes und aufgrund der Zulassung in einem anderen Mitgliedstaat bereits besteuertes Kraftfahrzeug bei der erstmaligen Ingebrauchnahme auf dem Straßennetz des erstgenannten Mitgliedstaats eine Steuer erhoben wird, wenn dieses Fahrzeug im Wesentlichen in diesen beiden Mitgliedstaaten tatsächlich und dauerhaft benutzt werden soll oder tatsächlich so benutzt wird, sofern diese Steuer nicht diskriminierend ist. Da weder die Normverbrauchsabgabe noch die Kraftfahrzeugsteuer diskriminierend sind, kann vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung den Ausführungen der Bf. nicht gefolgt werden.

  • Zudem setzte die belangte Behörde Verspätungszuschläge iHv 10% fest.

  • Die Festsetzung von Verspätungszuschlägen liegt dem Grunde und der Höhe nach im Ermessen. Sie setzt voraus, dass ein Abgabepflichtiger die Frist bzw. Nachfrist zur Einreichung einer Abgabenerklärung nicht einhält und dass dies nicht entschuldbar ist. Eine Verspätung ist nicht entschuldbar, wenn den Abgabepflichtigen daran ein Verschulden trifft; bereits leichte Fahrlässigkeit schließt die Entschuldbarkeit aus.

  • Diesbezüglich führte die belangte Behörde aus, dass die objektiven Voraussetzungen für die Festsetzung des Verspätungszuschlags gegeben seien. Rechtsunkenntnis oder irrtümliche, objektiv fehlerhafte Rechtsauffassungen seien nur dann entschuldbar und als fahrlässig nicht zuzurechnen, wenn die objektiv gebotene, der Sache nach pflichtgemäße, nach den subjektiven Verhältnissen zumutbare Sorgfalt nicht außer Acht gelassen worden sei. In der Unterlassung einer entsprechenden, den Umständen und persönlichen Verhältnissen nach gebotenen oder zumindest zumutbaren Erkundigung liege ein Verschulden. Es möge durchaus sein, dass die Bf. über die Einzelheiten der Besteuerung nicht Bescheid gewusst habe, in Anbetracht des Umstandes, dass sie seit einigen Jahren in Österreich wohnhaft und als Bilanzbuchhalterin "vom Fach" sei, hätte sie davon Kenntnis haben müssen, dass es nicht zulässig sei, auf Dauer im Inland mit einem PKW mit ausländischem Kennzeichen zu fahren, zumal diesbezüglich auch in Deutschland die Rechtslage nicht wesentlich anders sei. Es wäre ihr somit zumutbar gewesen, sich anlässlich des Verbringens des PKW rechtzeitig über die österreichische Steuerrechtslage beim Finanzamt zu informieren. Dieser Verpflichtung sei sie offenbar nicht nachgekommen. Die Aussage, wonach das Fahrzeug in Deutschland angemeldet sein müsse, um damit in Deutschland Betriebsausgaben zu lukrieren, könne nicht als Entschuldigung angenommen werden, da eine gesetzliche Bestimmung eines Landes nicht dadurch derogiert werden könne, als die steuergünstigere Bestimmung eines anderen Landes ausgenützt werde.

  • Diesen Ausführungen der belangten Behörde, die darlegen, dass die Ermessensübung dem Grunde nach zur Festsetzung von Verspätungszuschlägen führte, wird seitens des Bundesfinanzgerichtes gefolgt.

  • Darüber hinaus sind als Kriterien für die Ermessensübung zur Festlegung der Höhe des Verspätungszuschlages von maximal 10 Prozent der festgesetzten Abgabe vor allem das Ausmaß der Fristüberschreitung, die Höhe des durch die verspätete Einreichung der Abgabenerklärung erzielten finanziellen Vorteils, das bisherige steuerliche Verhalten des Abgabepflichtigen sowie der Grad des Verschuldens zu berücksichtigen (). Auch die persönlichen wie insbesondere die wirtschaftlichen Verhältnisse des Abgabepflichtigen sind zu berücksichtigen (Ritz, BAO6, § 135 Tz 13).

  • Diesbezüglich führte die belangte Behörde aus, dass unter Bedachtnahme auf das lange zeitliche Ausmaß der Fristüberschreitung die Zuschläge im Höchstausmaß von 10% als richtig zu beurteilen seien, ohne sich mit den anderen maßgeblichen Kriterien auseinanderzusetzen. Zwar ist von der Bf. als Bilanzbuchhalterin, die im streitgegenständlichen Zeitraum im Inland unselbstständig und in Deutschland als Einzelunternehmerin facheinschlägig tätig war, umso mehr zu erwarten, sich entsprechend über die österreichische Rechtslage in Bezug auf die Festsetzung der Normverbrauchsabgabe und Kraftfahrzeugsteuer zu erkundigen, was gegen einen nur geringfügigen Grad des Verschuldens spricht. Allerdings spricht die im Vergleich zu den finanziellen Verhältnissen der Bf. beträchtliche Höhe der Abgabenfestsetzung aus Sicht des Bundesfinanzgerichtes für eine Herabsetzung der Verspätungszuschläge auf 6% der festgesetzten Abgaben. Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt 6: Stattgabe

Aus der Begründung zu Spruchpunkt 1 geht hervor, dass der Bf. mit Hauptwohnsitz im Inland die Verwendung des streitgegenständlichen Fahrzeugs zuzurechnen war, und somit eine kraftfahrrechtliche Zulassung im Inland erforderlich war. Somit unterliegt die Verwendung des Fahrzeugs durch die Bf. nach § 1 Abs. 1 Z 3 KfzStG der Kraftfahrzeugsteuer. Als Verwenderin des Fahrzeugs war die Bf. nach § 3 Z 2 KfzStG als Steuerschuldnerin heranzuziehen.

Da nach § 201 Abs. 2 Z 3 BAO die Festsetzung u.a. dann erfolgen kann, wenn kein selbstberechneter Betrag bekanntgegeben wird, stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, ob sich die Verpflichtung zu einer derartigen Bekanntgabe bereits aus § 6 Abs. 3 KfzStG ableitet oder erst aus § 6 Abs. 4 KfzStG. Aus den Gesetzesmaterialien (GP XVIII RV 582) geht hervor, dass die in § 6 Abs. 3 KfzStG vorgesehene Entrichtung der Steuer an das Finanzamt bis zum Fälligkeitstag nach deren vorherigen Berechnung als "Vorauszahlung" zu werten ist, die sich von der Verpflichtung zur Abgabe einer Jahreserklärung nach § 6 Abs. 4 KfzStG unterscheidet. Aus dieser in § 6 Abs. 3 KfzStG geregelten Vorauszahlung lässt sich jedoch keine Verpflichtung zur "Bekanntgabe" ableiten. Eine solche besteht hingegen nach § 6 Abs. 4 KfzStG, wonach der Steuerschuldner für jedes abgelaufene Kalenderjahr bis zum 31. März des darauffolgenden Kalenderjahres dem Finanzamt eine Steuererklärung über die steuerpflichtigen Kraftfahrzeuge abzugeben hat (vgl. ). Damit war die Festsetzung der Steuer für das Jahr 2018 frühestens am zulässig. Der Bescheid zur Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer für die Monate 1-9/2018 erging hingegen am . Dies war nicht zulässig, da die Festsetzung vor dem Ende der Frist für die Abgabe einer Steuererklärung nach § 6 Abs. 4 KfzStG erfolgte. Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

3.3. Zu Spruchpunkt 7: Unzulässigkeit einer Revision

Gemäß § 25a Abs. 2 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gegen eine Entscheidung des Bundesfinanzgerichts ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wurde. Da die Entscheidung der genannten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgt bzw. lediglich Sachverhaltsfragen zu klären waren, war die Revision nicht zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 4 NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991
§ 135 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 201 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 82 Abs. 8 KFG 1967, Kraftfahrgesetz 1967, BGBl. Nr. 267/1967
§ 1 Abs. 7 MeldeG, Meldegesetz 1991, BGBl. Nr. 9/1992
KFZStG, Kraftfahrzeugsteuergesetz 1952, BGBl. Nr. 110/1952
EKHG, Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz, BGBl. Nr. 48/1959
§ 1 NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991
§ 5 Abs. 1 EKHG, Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz, BGBl. Nr. 48/1959
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7106050.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at