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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.04.2020, RV/5100203/2020

Rückforderung von Differenzzahlungen bzw. KAB (KG) sowie Abweisung bei einem polnischen Arbeitnehmer mit fallweiser Beschäftigung in geringem zeitlichen Umfang in Österreich.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Name, Adresse , SVNr. 000*, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt A vom , betreffend die Rückforderung von zu Unrecht bezogenen Beträgen an Differenzzahlungen bzw. Kinderabsetzbeträgen für das Kind Name ,SVNr.000*, im Zeitraum v. Jänner 2012 bis Dezember 2012 und v. Jänner 2013 bis Dezember 2014 in Höhe von insgesamt € 000*  sowie gegen den Abweisungsbescheid v. betreffend "Ausgleichszahlung"  für den Zeitraum Jänner bis Dezember 2015 

                                             zu  Recht erkannt: 

1. Die Beschwerde betreffend Rückforderung von Differenzzahlungen bzw. Kinderabsetzbeträgen  für den Zeitraum v. Jänner 2012 bis Dezember 2012 und v. Jänner 2013 bis Dezember 2014 wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

2. Der angefochtene Abweisungsbescheid  für den Zeitraum 01 bis 12/2015 wird insoferne abgeändert, als er wie folgt zu lauten hat:

Ihr Antrag vom auf Differenzzahlung wird abgewiesen für:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Name des Kindes
Nachname Name
VNR
000*
Geb.dat
000*
Zeitraum von - bis
01/ 2015-12/2015

3. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

A) Verfahrensablauf/Sachverhalt

Mit Antrag vom beantragte der Beschwerdeführer (Bf.) die Gewährung einer Differenzzahlung für seine Tochter Name (000*) für den Zeitraum Jänner bis Dezember 2015.

Der Antragsteller (Bf.) ist polnischer Staatsbürger und mit  Frau Name verheiratet. Er war in Österreich bis zum in N, Nr gemeldet. Von bis war er in  Adresse2 (jeweils mit Hauptwohnsitz) und von bis in Adresse3 (mit Nebenwohnsitz) gemeldet. Seine Gattin, mit der er laut Angaben auf der Familienstandsbescheinigung E401 in A in einem gemeinsamen Haushalt lebt, betreibt in A eine Baufirma. Die gemeinsame Tochter, Name, lebt laut E 401 ebenfalls im gemeinsamen Haushalt in A. Sie war in Österreich an denselben Adressen wie der Bf. gemeldet. Bis zum war sie in N, Nr (mit Hauptwohnsitz) gemeldet. Von bis war sie in Adresse2 (bis 111 mit Hauptwohnsitz, danach mit Nebenwohnsitz) gemeldet. Seit liegt eine aufrechte (Nebenwohnsitz-)Meldung in Adresse3 vor. Dieser wurde laut ZMR-Abfrage vom mit abgemeldet.

Die Tochter Name studierte bis 2015/2016 an der Berufshochschule KA in ****, Journalistik und soziale Kommunikation, Fachgebiet Rundfunk und Fernsehjournalistik (lt. Bescheinigung des Dekans der Fakultät für Verwaltung und Soziale Kommunikation ****, A v. ). Lt. Schreiben des Bfs. v. beendete sie ihr Studium im Jahre 2016.

Das für eine Verzichtserklärung des haushaltsführenden Elternteils vorgesehene Feld im Formular ist vom haushaltsführenden Elternteil (Kindesmutter) nicht unterschrieben.

Am langte aus A das am bestätigte Formular E 411 "Anfrage betreffend den Anspruch auf Familienleistungen (Kindergeld) in dem Mitgliedstaat, in dem die Familienangehörigen wohnen" im Finanzamt ein.

Für den Zeitraum bis sei von der Gattin kein Antrag auf polnische Familienleistungen gestellt worden. Im gleichzeitig eingelangten Formular E 401 "Familienstandsbescheinigung für die Gewährung von Familienleistungen" bestätigten die polnischen Behörden einen gemeinsamen Haushalt des BF, seiner Gattin und seiner Tochter in A an der Adresse Adresse.

Mit Ergänzungsersuchen vom wurde der BF aufgefordert seinen Dienstvertrag bei der Firma Name zu übermitteln und Angaben zum Ausmaß seiner wöchentlichen Arbeitszeit, seiner genauen Tätigkeit und der Anzahl der wöchentlichen Arbeitstage zu machen. Zusätzlich wurde abgefragt, ob der BF in A eine Beschäftigung ausübe und ein Dienstvertrag dazu angefordert.

In seiner Vorhaltsbeantwortung vom gab der Bf. an, in A keine Beschäftigung auszuüben. Der im Schreiben angekündigte Steuerbescheid aus A lag dem Schreiben nicht bei. In der Beilage befand sich jedoch der Arbeitsvertrag des BF bei der Firma Name Betrieb GmbH, Errichtungserklärung vom und Eintragung im Firmenbuch mit ) welcher vom datiert war.

Darin wurde festgehalten:

•             Beginn des Dienstverhältnisses und Gültigkeit des Dienstvertrages am/ab (rückwirkend)

•             Vorgesehene Verwendung als Helfer

•             Wöchentliche Normalarbeitszeit 8 Stunden (Freitag 4h & Samstag 4h)

•             Geleistete Mehr-/Überstunden sind spätestens innerhalb einer Woche schriftlich zu melden, andernfalls sie nicht als geleistet gelten

•             Anfallende Überstunden werden im entsprechenden Ausmaß in Zeit abgegolten•         

•             Tatsächlicher monatlicher Lohn im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses 422,21 Euro brutto

•             Abrechnung monatlich im Nachhinein

•             Auszahlung des Abrechnungsbetrages in bar

Dieser Arbeitsvertrag , der der Behörde vom Bf. mit Schreiben v. bekannt gegeben wurde, und vom Bf. und seinem AG am unterschrieben wurde,  umfasst auch Zeiträume vor der Errichtung der GmbH (Errichtungserklärung vom und Eintragung im Firmenbuch mit ). Der Dienstvertrag wurde rückwirkend ab dem abgeschlossen. Für arbeitsrechtliche Ansprüche sei das Eintrittsdatum maßgeblich. 

Der Bf. wurde vom Finanzamt mit Ergänzungsersuchen vom zur Übermittlung seiner Steuerbescheide aus A für die Jahre 2011 bis 2015 aufgefordert. Zusätzlich wurden eine genaue Aufstellung seiner Einnahmen und Ausgaben sowie Nachweise dazu abverlangt.

Im Schreiben vom (Unterschrift "i.A.") war eine Auflistung der "Bareinnahmen und Barausgaben" dargestellt. Den monatlichen Einnahmen in Höhe von 418 Euro (inkl. aliquote Sonderzahlungen) stünden demnach Ausgaben in Höhe von 310 Euro gegenüber. Der monatliche Überschuss betrage somit 108 Euro. Die Wohnung in Österreich werde von 4 Personen genutzt. Der Anteil des BF betrage monatlich 200 Euro. Ergänzend war angegeben, dass der BF von seiner Ehefrau finanziell unterstützt werde und sie auch einen Teil der PKW-Kosten trage.  In der Beilage befanden sich nunmehr der Steuerbescheid 2015 des Bfs. aus A, Bankkontoauszüge 2011 bis 2015 (unvollständig), eine Rechnung über Miete für Dezember 2016 und Jänner 2017 über in Summe 800 Euro gerichtet an den BF, die Lohnabrechnung des Bfs. für Dezember 2016 und ein B-FREE Kassenbon vom .

Finanzpolizei

Am kontrollierte die Finanzpolizei eine  Baustelle. Dabei wurden 2 polnische Dienstnehmer der Name bei Bau- bzw. Bauhilfstätigkeiten angetroffen. 1 polnischer Arbeiter war Herr Z.

Aus dem AV der FinPol v. 111 wird zitiert:

"Die auf den Personenblättern angegebenen Arbeitszeiten von 4 Stunden täglich sind falsch und wurden aufgrund einer zu Beginn des Dienstverhältnisses gegebenen Anordnung von Herrn P so eingetragen. Der Sachverhalt des § 33 Abs. 1 ASVG war somit erfüllt und wurde dieser der BH Name zur Anzeige gebracht. Vor Ort konnten keine Arbeitszeitaufzeichnungen vorgelegt werden. Es gibt dazu laut niederschriftlicher Aussage von Herrn P auch keine schriftlichen Aufzeichnungen ,sondern nur eine mündliche Vereinbarung. Somit konnte ein wesentliches Beweismittel für die Feststellung des tatsächlichen Ausmaßes der Dienstverhältnisse nicht erbracht werden. Der Tatbestand des § 26 (1) AZG war somit erfüllt und wurde dieser der BH Name zur Anzeige gebracht. Ermittelt wurde auch hinsichtlich eines weiteren Dienstnehmers der NameBetrieb GmbH, Herrn Bf.. Herr Nachname ist beim Betrieb für acht Stunden die Woche gemeldet (siehe ELDA)."

Am wurden der Geschäftsführer Name und der Arbeiter Z (Herr Z.) zu den Feststellungen auf der Baustelle befragt.

Niederschrift mit Herrn Name vom :

Herr P bestätigte den BF zu kennen. Dieser sei ca. alle 2 Monate für ca. 4 bis 5 Tage in seinem Betrieb anwesend. Beschäftigt sei der BF seit zumindest August 2010 bei ihm, damit er in Österreich versichert sei. Der BF sei damals krank gewesen und habe ihn um Hilfe gebeten. Er habe den BF an der Grenze von C mit A abgeholt und nach Ort ins Krankenhaus gebracht. Seitdem erledige der BF hin und wieder Hilfs- und Reparaturarbeiten für ihn. Der BF sei in A wohnhaft, schlafe aber hin und wieder bei der Tochter (Mieterin im Haus des Herrn P). Eine Wohnung in Österreich habe der BF seiner Wahrnehmung nach nicht. Der BF sei in der Regel mit einem Firmenfahrzeug unterwegs. Er habe seines Wissens nach zumindest seit 7 Jahren eine Baufirma in A.

Niederschrift mit Herrn Name v.:

aufgenommen mit Name: Z Geburtsdatum: 0000*

Staatsbürgerschaft: A

Wohnanschrift: Adresse4

Identitätsnachweis: Personalausweis Nr.: 000*

Sachverhalt

Bei der Kontrolle von Renovierungsarbeiten eines Gebäudes an der Adresse Adresse5 wurden zwei polnische Arbeiter bei Verputz-und Stemmarbeiten angetroffen.

Aussage der Auskunftsperson

Frage: Haben sie die Rechtsbelehrung verstanden, oder haben sie noch Fragen dazu? Antwort: Nein, ich habe die Rechtsbelehrung verstanden und keine Fragen.

Frage: Wann haben sie ihre Tätigkeit für die Firma Firma GmbH in Ort begonnen?

Antwort: Am 111 um 00 bei der Firma GmbH. Hr. P hat uns dann gleich die Baustelle gezeigt.

Frage: Wieviel Lohn erhalten sie im Monat?

Antwort: Ich erhalte 1200 monatlich in bar.

Frage: Bekommen sie Verpflegung und Unterkunft bezahlt?

Antwort: Nein, die Wohnung haben wird an der Adresse Adresse3. Die Wohnung wurde uns von Hr. Bf. gezeigt. Dort wohnen auch noch meine Kollege D und zwei andere Arbeiter. E ist mein Halbbruder sowie G. Wir und auch Name kommen alle aus I. Bf hat dort auch eine Baufirma (ich glaube, seit ca. 2006), Bei seiner Baufirma hat Bf ca. 15 bis 18 Arbeiter.

Die Miete bezahlen wir an Fr. R. Zusammen sind das 400 also jeder 100 G. Bf (wir nennen ihn Name schläft normal bei seinem Bruder oder bei seiner Tochter, bei Hr. P.

Frage:

Wie sind sie zu der Arbeit bei Hr. P gekommen?

Antwort: Bf hat uns die Arbeit gezeigt. Hr. P hat zwei Arbeiter gebraucht. Dafür bekommt Bf von jedem von uns für jede Stunde Arbeit einen Euro. Auch von den anderen beiden Arbeitern die mit uns zusammen wohnen. Das Geld bekommt er einmal im Monat in bar.

Frage: Haben sie in Osterreich ein Bankkonto?

Nein.

Frage: Wer hat ihnen dabei geholfen, sich bei der BH Name wegen dem NAG zu melden? Antwort: Bf war mit uns beiden dort und hat uns geholfen.

Frage: Werden hier auf der Baustelle Arbeitszeitaufzeichnungen geführt?

Antwort: Nein.

Frage: Wer hat ihnen gesagt dass sie als Arbeitszeit immer von 00 bis 11:00 angeben sollen?

Antwort: Vorname hat das gesagt.

Frage: Möchten sie ihrer Aussage noch etwas hinzufügen?Antwort: Nein.

        Die schriftlich festgehaltenen Angaben sind richtig und ich habe diesen nichts hinzuzufügen zu ergänzen oder abzuändern. Die Niederschrift wird zur Durchsicht vorgelegt. Eine Kopie der Niederschrift wird verlangt von: Hr. Name.Ende der Amtshandlung: 11:45 Uhr

Befragung von Name am in der Kanzlei des Steuerberaters Dr. O in Name.

Betreffend die Niederschrift durch die Finanzpolizei vom und der Anzeige gern. § 27 AuslBG durch die Finanzpolizei vom , hinsichtlich der Kontrolle durch die Finanzpolizei der Baustelle mit der Adresse ****.

X) Gab oder gibt es von anderen Behörden ( Finanzamt, Gewerbebehörde, BH, etc.) diesbezüglich Maßnahmen wie Erhebungen oder Anzeigen?

A. Ja, es wurde ein Verfahren wegen Nichtanmeldung vor Arbeitsantritt eingeleitet, jedoch mit einer Verwarnung beendet und in 2. Instanz vom Bundesverwaltungsgericht bestätigt.

X) Bei der Niederschrift gaben Sie an, dass bei dem Gebäude J in Name Renovierungs- Sanierungsarbeiten durchgeführt, weil der Firmensitz ev. verlegt wird um an diesem Standort ua. Autoaufbereitungen durch Ihre Frau durchführen zu können.

Ist das so?

A.: Ja, die Betriebseröffnung findet voraussichtlich im Frühjahr 2019.

X) Wurden alle bei der Firma GmbH seit 2017 gemeldeten polnischen Dienstnehmer ausnahmslos für die Bauarbeiten an diesem Objekt beschäftigt ? ( Namen1-4, Z, Bf.)

A.: Ja.

X) Gibt es weitere Objekte welche von Ihnen bzw. der Name erbaut, renoviert oder saniert wurden?

A.: Nein.

X) Warum gaben Sie bei der NS an, dass keine Arbeitsaufzeichnungen geführt werden und jetzt konnten doch welche vorgelegt werden?

A.: Die vorgelegten Aufzeichnungen wurden von einer Mitarbeiterin, in Abstimmung und Kenntnisnahme der polnischen Mitarbeiter, geführt, wovon ich Anfangs nicht genau Bescheid wusste.

X) Warum wurden fallweise die Dienstverhältnisse erst Monate nach dem letzten Arbeitstag (laut Aufzeichnungen ) beendet? Z.B. Name, letzter Atg. , Ende DV ; Bf. letzter Atg. , Ende DV

A. Angesammelte Mehrstunden wurden in Form von Zeitausgleich konsumiert.

Schriftliche Gleitzeitvereinbarungen wurden mit jedem Mitarbeiter abgeschlossen.

X) Kann davon ausgegangen werden, dass die Zeitangaben von Beginn / Pause / Ende laut Aufzeichnungen richtig sind ?

A.: Ja.

Am gab der Bf. dem Finanzamt eine neue Bankverbindung in A sowie eine Zustelladresse in A bekannt. Der Nebenwohnsitz in Adresse4, war laut ZMR-Abfrage vom mit abgemeldet worden.

Am  wurden im AJ-WEB-Auskunftsverfahren die Versicherungszeiten des BF überprüft. Demnach sei er von bis bei Name und von bis bei der Firma GmbH als Arbeiter beschäftigt gewesen.

Abweisungsbescheid vom

Aufgrund der vorgelegten Unterlagen und den Informationen der Finanzpolizei wurde der Antrag auf Ausgleichzahlung vom mit Abweisungsbescheid vom für den Zeitraum Jänner bis Dezember 2015 abgewiesen.Ein Anspruch auf Familienbeihilfe bestehe grundsätzlich nur für die Dauer einer Beschäftigung oder selbständigen Erwerbstätigkeit im Inland oder bei Bezug einer Geldleistung infolge  dieser Beschäftigung oder selbständigen Erwerbstätigkeit. Kein Anspruch bestehe jedoch, wenn die Beschäftigung gegen bestehende Vorschriften über die Beschäftigung ausländischer ArbeitnehmerInnen verstößt. Tätigkeiten, die sich als völlig unwesentlich darstellen, würden dabei außer Betracht bleiben.

Der Spruch umfasste das Kind Name , aber auch das weitere Kind Vornamekind2 ,SV.Nr. 00*. Für den Sohn ist  kein Antrag des Bfs. auf Differenzzahlung für den Zeitraum 1-12/2015 aktenkundig. Es ist dem Gericht auch nicht bekannt, ob die Kindesmutter einen Antrag auf FB zw. polnisches KAB für dieses Kind im Zeitraum 2015 in A gestellt hat.

Rückforderungsbescheide betreffend das Kind Name jeweils v.

Ebenfalls wurden Rückforderungsbescheide betreffend das Kind Name für den Zeitraum Jänner bis Dezember 2012 und Jänner 2013 bis Dezember 2014 erlassen. Es wurde die gleiche Begründung wie zum Abweisungsbescheid v. verwendet.

Gegen diese Bescheide richtet sich die Beschwerde vom , eingelangt am . Darin gab der BF an, dass ihm die Bescheide erst am zugegangen seien. Als Begründung für die Beschwerde gab der BF an, er sei laut Dienstzeugnis bei der Firma GmbH vom bis im Ausmaß von 8 Stunden pro Woche als Hilfsarbeiter beschäftigt gewesen und habe Geldleistungen als unselbstständig Erwerbstätiger erhalten. Seine Tätigkeit leiste einen wertvollen Beitrag zum Familieneinkommen und könne daher nicht als unwesentlich qualifiziert werden. Auch habe sein Dienstverhältnis nicht gegen gesetzliche Vorschriften über die Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer verstoßen. Er ersuche daher um Aufhebung der Rückforderungsbescheide 2012 bis 2014 und Zuerkennung der Ausgleichszahlung für 2015. Die Aussetzung der Einhebung der Rückforderungsansprüche bis zur Klärung der Beschwerde wurde beantragt.

GPLA-Prüfung

Am fand die Schlussbesprechung der OÖGKK zur Lohnsteuer-/Kommunalsteuer- und Sozialversicherungsprüfung des Jahres 2017 bei der Firma GmbH statt. Darüber wurde eine Niederschrift aufgenommen.

Herr Name wurde dabei zur Niederschrift der Finanzpolizei vom befragt. Ihm wurde vorgehalten, damals angegeben zu haben, dass keine Arbeitsaufzeichnungen geführt worden seien. Im Zuge der Prüfung seien aber Aufzeichnungen vorgelegt worden. Der Befragte gab dazu an, dass die Aufzeichnungen von einer Mitarbeiterin in Abstimmung und Kenntnisnahme der polnischen Mitarbeiter geführt worden seien und er anfangs nicht genau Bescheid gewusst habe.

Auch wurde hinterfragt, warum fallweise Dienstverhältnisse erst Monate nach dem letzten Arbeitstag laut den Aufzeichnungen beendet worden seien (z.B. Name: letzter Arbeitstag , Ende Dienstvertrag ). Diesbezüglich gab Herr P an, dass angesammelte Mehrstunden in Form von Zeitausgleich konsumiert worden seien.

Der Befragte bestätigte, dass davon ausgegangen werden könne, dass die Zeitangaben laut den Aufzeichnungen von Beginn, Pause und Ende richtig seien.

Auf die Frage, warum er im Rahmen der Niederschrift vom andere Angaben zur Person des BF gemacht habe, gab Herr P an "die Angaben in der Niederschrift entsprechen nicht unbedingt den Tatsachen". Der Bf. habe tatsächlich in jenem Ausmaß laut Aufzeichnungen für die Firma gearbeitet.

Laut den im Rahmen der GPLA-Prüfung vorgelegten Arbeitszeitaufzeichnungen 2014 bis 2016 des BF bei der Firma GmbH habe dieser im Jahr 2014 (ab März) wöchentlich durchschnittlich 6,6 Stunden gearbeitet, im Jahr 2015 seien es durchschnittlich 7,08 Wochenstunden gewesen und im Jahr 2016 8,44 Wochenstunden. Für die ebenfalls strittigen Jahre 2012 und 2013 liegen keine Aufzeichnungen vor.

Mit Ergänzungsersuchen vom wurden dem BF die Aussagen von Herrn Name und Herrn Name in den Niederschriften der Finanzpolizei vom vorgehalten und er zur Stellungnahme aufgefordert.

Schriftsatz des Bfs.  v. zum Vorhalt v. .

Wörtliche Zitierung:

„Es tut mir leid, aber ich konnte nicht persönlich zu Ihnen kommen: Ich habe am 15.02. eine Reise nach Name geplant, aber aus persönlichen Gründen musste ich den Termin verschieben. Seit dem Ende meines Vertrages mit Herrn Name letztes Mal in Name war ich vor etwa  einem Jahr. Meine Mutter ist schon lange krank und ich muss mich um sie kümmern, ich verwende den Übersetzer aus der Google-Anwendung, weil ich nicht sehr gut auf Deutsch schreibe. Ich entschuldige mich für Fehler. In Bezug auf Ihren Anruf und Ihr Schreiben muss ich darauf achten, dass es viele falsche Informationen enthält vor allem habe ich in A keine Baufirma gehabt und hatte sie noch nie. Die Firma wird von meiner Frau Name, Adresse ,A) geführt. Insofern habe ich keine Versicherung und keine Vergütung. Während meiner Tätigkeit bei Name war ich nur in Österreich beschäftigt.Zweitens war ich durch die Zusammenarbeit mit Herrn Name zweimal im Monat in der Werkstatt, nicht alle zwei Monate, und das ist ein großer Unterschied: Es kam vor, dass der Chef lange Zeit nicht gesehen hat, aber es lag an ihm oder an meinem Urlaub oder ich weiß nicht, wo Sie solche unwahre Informationen haben. Drittens blieb ich in Name und verbrachte die Nacht nicht nur an den im Brief genannten Orten: Ich habe noch einen weiteren Bruder, Schwager, viele Freunde und Bekannte, bei denen ich geblieben bin , so dass dies nur die Tatsache bestätigt, dass Personen, die Informationen über meine Unterkunft verteilen, seine Privatsphäre verletzen. Ich frage mich sehr, woher Sie solche Informationen über mich erhalten, durch die Sie meiner Tochter die Zahlung einer hervorragenden Familie vorenthalten, und aus diesem Grund musste mein Kind im dritten Jahr mit dem Lernen aufhören.“

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde hinsichtlich des Rückforderungsbescheides betreffend Jänner bis Dezember 2012, des Rückforderungsbescheides betreffend Jänner 2013 bis Dezember 2014 und des Abweisungsbescheides betreffend Jänner bis Dezember 2015 (alle vom ) als unbegründet abgewiesen. Das Beschäftigungsverhältnis sei völlig untergeordnet und als unwesentlich zu betrachten. Der Arbeitsvertrag v. sei erst später und nicht vor Beginn der Beschäftigung abgeschlossen worden. Durch das enge Naheverhältnis zw. AG u.BF. sei dies so vereinbart worden (fremdunübliche Vorgangsweise). Die geringen Einnahmen und Ausgaben aus dieser Tätigkeit würden dies auch belegen.Im Übrigen sei dieser Vertrag rückwirkend mit abgeschlossen worden. Er habe keine Wohnung in Ö., die fallweisen Nächtigungen bei der Tochter,  bei Freunden und bei Bekannten sei nicht ausschlaggebend. Auf die Niederschriften v. mit Hrn.Z. u. Hrn. GF P. hinsichtlich der bloßen fallweisen Aufenthaltstage und der vom Bf. ausgeübten Tätigkeiten (Reinigunsarbeiten in der Lackiererwerkstatt) werde verwiesen. Eine  Beschäftigung im Sinne des Art 1 lit a) der VO 883/2004 liege daher nicht vor.

In seinem Vorlageantrag vom führte der BF aus, dass die Beschwerdevorentscheidung vom am 111 bei ihm eingelangt sei. Bekämpft seien weiterhin alle drei Bescheide vom . Auch die Aussetzung der Einhebung wurde wieder beantragt. Im Schreiben führte der Bf. aus, dass ihm bei der vorgelegten Kostenaufstellung ein Fehler unterlaufen sei. Die monatliche Belastung durch Miete habe nicht 200 Euro, sondern nur 100 Euro betragen. Das Verhältnis zwischen Einnahmen und Ausgaben verändere sich daher zu Gunsten der Einnahmen. Die Befragung von Herrn Name durch die Finanzpolizei sei am ohne Dolmetscher vorgenommen worden. Herr Name habe mit Schreiben vom bei der Finanzpolizei eine Befragung gemäß § 89 Abs. 3 EStG iVm § 143 BAO beantragt. Herr Name habe aufgrund seiner schlechten Deutschkenntnisse die niedergeschriebenen Antworten nicht überprüfen können und sei sich nicht sicher gewesen, alle Fragen richtig verstanden zu haben. Eine neuerliche Befragung unter Beiziehung eines Dolmetschers habe jedoch nach Wissen des BF nie stattgefunden. Während seiner Tätigkeit für die Firma GmbH von bis sei er im Ausmaß von 8 Stunden pro Woche als Hilfsarbeiter beschäftigt gewesen und es habe lediglich hinsichtlich der Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit Abweichungen gegeben, welche weder von ihm noch Herrn P bestritten worden seien. Die Sachverhaltsermittlung sei seiner Ansicht nach nicht vollständig und objektiv erfolgt und wäre es seitens der Abgabenbehörde notwendig, die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln. Aufgrund des Ergänzungsersuchens zum Antrag auf Ausgleichszahlung habe er nur eine Lohnabrechnung vorgelegt, da er von der Abgabenbehörde die Auskunft erhalten habe, dass nicht alle Belege vorgelegt werden müssten, sondern beispielhaft aufgrund etwa eines beliebigen Monats eine Einnahmen-/Ausgabenrechnung dargestellt werden solle. Die Interpretation, dass die Entlohnung nur sporadisch erfolgt sei, entbehre jeglicher Grundlage. Die Barauszahlung des Arbeitslohnes sei im Arbeitsvertrag festgeschrieben. Daher könne ein regelmäßiges Einkommen in Österreich auf den Kontoauszügen nicht ersichtlich sein. Die Zahlung an ihn sei entweder durch Herrn P oder dessen Sekretärin erfolgt. Die Interpretation, dass ein Naheverhältnis zwischen Herrn P und ihm gegen ein ordnungsgemäß gemeldetes, abgerechnetes und vollzogenes Dienstverhältnis sprächen und in freier Beweiswürdigung als Gefälligkeitsarbeiten interpretiert worden seien, könne nicht nachvollzogen werden.

In der Beilage zum Vorlageantrag befanden sich eine Kopie des Antrages von Herrn Name vom auf neuerliche Befragung unter Beiziehung eines Dolmetschers sowie die bereits bekannte Rechnung betreffend Miete für die Monate Dezember 2016 und Jänner 2017. Die Nachreichung von Lohnunterlagen wurde angekündigt.

Am wurde der Beschwerdefall dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Die angekündigten Lohnunterlagen seien  laut Rücksprache mit dem Finanzamt am (nach Auskunft des Finanzamtes ,Frau Mag. U) nicht eingelangt.

B) Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich der elektronischen Aktenlage, insbesondere aus der Niederschrift der FinPol v. sowie den Angaben des Geschäftsführers v. sowie des poln. ANs, Hrn. Z.,  v. sowie der GPLA-Prüfung v. und den Familienstandbescheinigungen 411 und 401 jeweils v..

Allgemeines

Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung bedeutet, dass alle Beweismittel grundsätzlich gleichwertig sind und es keine formalen Beweislastregeln gibt. Ausschlaggebend ist der innere Wahrheitsgehalt der Ergebnisse der Beweisaufnahmen (Ritz, BAO 3 , § 167 Tz 6). Nach dem im § 167 Abs. 2 BAO verankerten Grundsatz der freien Beweiswürdigung hat sich das Bundesfinanzgericht – zwar ohne an formale Regeln gebunden zu sein, aber unter Wahrung aller Verfahrensgrundsätze (ordnungsgemäß und vollständig durchgeführtes Ermittlungsverfahren, Parteiengehör) – Klarheit über den maßgebenden Sachverhalt zu verschaffen (vgl. ). Im Rahmen der freien Beweiswürdigung genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten weniger wahrscheinlich erscheinen lassen oder nahezu ausschließen.

Zum Beschäftigungsausmaß des Bfs:

Jeder Beschwerdefall ist gesondert zu beurteilen.

Die durchgeführten Erhebungen der FinPol am Beispiel zweier polnischer AN zeigten auf, dass in der Praxis wesentliche Abweichungen im Beschäftigungsausmaß dieser beiden poln. AN bestanden (20 Wochenstunden gemeldet , 27 Stunden tatsächlich gearbeitet - also in Form einer "Überbeschäftigung").

Beim Bf. war eine 8 Stunden Wochenbeschäftigung im später vorgelegten Arbeitsvertrag v. (mit Rückwirkung auf den Stichtag ) vereinbart. Für das Gericht bestanden berechtigte Zweifel an der im Arbeitsvertrag angegebenen Beschäftigungsdauer Der Bf. selbst führt einerseits aus , er sei als Hilfsarbeiter im Betrieb eingesetzt gewesen ist , im Arbeitsvertrag selbst scheint wiederum im Punkt 7) eine höhere Berufsqualifikation des Bfs. im Sinne des anzuwendenden Kollektivvertrages aufgrund seiner Tätigkeit in der Lohngruppe "Qualifizierter Arbeitnehmer" nach dem 3. Berufsjahr auf.

Vieles ist daher nicht schlüssig.

Eine rückwirkende Vereinbarung widerspricht überdies den allgemeinen Grundsätzen des Steuerrechts, die eine Rückwirkung nur dann zulassen, wenn diese ausdrücklich gesetzlich angeordnet wird.  Für eine tatsächliche 8 Stunden-Wochenbeschäftigung wurden allerdings keine entscheidungswesentlichen Unterlagen geliefert. Wieviel tatsächliche  Stundenleistungen  der Bf. in der Woche  in der Werkstatt erbrachte, hat der Bf. niemals angegeben. Im Nachhinein erstelle davon abweichende Gestaltungen (siehe schriftlicher Arbeitsvertrag ,unterschrieben am  ) tragen zur Wahrheitsfindung nichts bei, weil ein solcher Arbeitsvertrag genau so gut im Nachhinein erstellt werden kann und auch das Datum beliebig eingesetzt werden kann. Am wurden vor den Organen der FinPol keinerlei schriftliche Arbeitsaufzeichnungen oder Arbeitsverträge (auch hinsichtlich des Bfs. wurden Ermittlungen getätigt -siehe AV der FinPol v. ) vorgelegt.  

Den Aussagen des Gfs., Hr. P., der in seiner zweiten Aussage am ausführte, dass der Bf. durchschnittlich im Jahre 2014 (ab März) wöchentlich durchschnittlich 6,6 Stunden bzw. im Jahre 2015 durchschnittlich 7,08 Wochenstunden gearbeitet hätte, wurde kein Gauben geschenkt, weil diese Angaben in Widerspruch zu seinen Erstaussagen bei der Finanzpolizei am standen. Die damaligen Aussagendes Geschäftsführers (getätigt vor den Organen der FinPol) haben im Sinne der Rechtsprechung des VwGH auch erhöhte Beweiskraft als die späteren Aussagen bei der GPLA-Prüfung.

Auch die erst anlässlich der GPLA-Prüfung für das Jahr 2017 vorgelegten Kalender-Arbeits-aufzeichnungen für die Jahre 2014 ,2015 und 2016 , die auf den Namen "Bf" (offenbar der Bf.) lauteten, und die vereinzelte Stunden beinhalteten, sind nach Meinung des Gerichtes keine geeigneten Beweismittel. Diese Aufzeichnungen sind zum Teil unleserlich und werden deswegen auch nicht als glaubhaft eingestuft, weil diese im Verfahren erst später vorgelegt wurden und es daher nicht ausgeschlossen ist, dass diese vom Bf. auch im Nachhinein aufgezeichnet wurden.

Es war daher nicht glaubwürdig, dass der Bf. im Beschwerdezeitraum 2012 bis 2015 einer dauerhaften, kontinuierlichen Beschäftigung im Ausmaß von 8 Wochenstunden nachgegangen ist. 

Die Aktenlage spricht eher für eine "Unterbeschäftigung"  im Beschwerdezeitraum, weil er nur wenige Tage (4-5 Tage) in einem Zeitraum von "alle 2 Monate" am inl. Arbeitsort war.

Der Nachweis bzw. die Glaubhaftmachung einer über eine bloße Gelegenheitsarbeit hinausgehende Beschäftigung konnte daher vom Beschwerdeführer -auch nicht durch die nachträglich aufgelegten Aufzeichnungen - erbracht werden.

Für die Jahre 2012 und 2013 wurden vom Bf. überhaupt keine Stundenaufzeichnungen vorgelegt.

Bemerkt wird , dass das Finanzamt mit seiner Argumentation zunächst offenbar überhaupt von einer "bloßen Anmeldung zur Sozialversicherung" ausging (in Richtung Scheinerwerbstätigkeit). Letztendlich wurde dies im Verfahren aber auch vom Finanzamt nicht mehr aufrechterhalten. 

Das Parteiengehör wurde mit Schreiben v. gewahrt. In der Beantwortung des Bfs. v. wurde ausgeführt, dass der Bf. 2 x im Monat im Betrieb gewesen sei. Diese Rechtfertigung wurde vom Gericht angesichts der Gesamtumstände dieses Falles als Schutzbehauptung gewertet.   

Es war von einer untergeordneten, fallweisen (gelegentlichen) Beschäftigung des Bfs. in Ö. im geringen zeitlichen Umfange auszugehen. Damit fehlt aber der Anknüpfungspunkt für Österreich (siehe dazu die zitierte EUGH-Rechtsprechung).

Zu den persönlichen Wohnverhältnissen:

Trotz der im Verfahren im ZMR lt. Meldegesetz aufscheinenden Meldungen , denen nur Indizwirkung zukommt, lag im Beschwerdezeitraum jedenfalls der Familienwohnsitz in A vor.

Würde man einen Doppelwohnsitz oder einen gewöhnlichen Aufenthaltes des Bfs. in Ö. annehmen, wurde vom Bf. im Verfahren aber nicht nachgewiesen, dass durch die fallweisen Nächtigungen des Bfs. beim Bruder bzw. seiner Tochter oder bei Bekannten u. Freunden (deren Einzeladressen jeweils konkret dem Finanzamt nicht bekannt gegeben wurden) der Lebensmittelpunkt in Österreich gelegen wäre.

Das bedeutet daher , dass der Lebensmittelpunkt des Bfs. nach der Aktenlage jedenfalls in A lag (siehe dazu auch die rechtlichen Ausführungen zu Art 1 Abs. 1 lit j der VO 883 und den Erwägungen im rechtlichen Teil C).

Beschwerdezeitraum 2012:

Die Einvernahme des Geschäftsführers sowie des polnischen Arbeitnehmers durch die Finanzpolizei am ist eine nach außen gerichtete Amtshandlung, die nach den Vorschriften der Bundesabgabenordnung bezogen auf Verjährungsfristen eine Verlängerungshandlung darstellt. Daher war auch die Rückforderung betreffend das Jahr 2012 am rechtmäßig.

Zum Beweisaufnahmeantrag auf neuerliche Befragung des Hrn. Z. unter Beiziehung eines Dolmetchers wird ausgeführt:

Vor der Einvernahme der Auskunftsperson Hrn . Z. (polnischer AN) am wurde die Frage gestellt, ob er die Rechtsbelehrung verstehe.  Dies wurde -wie dem Formular entnommen werden kann -verstanden. Vor Unterfertigung der Niederschrift wurde er nochmals gefragt, ob er alles verstanden habe. Dies wurde auf der Niederschrift auch von ihm bestätigt. Nach der Einvernahme bekam Herr Z. eine Kopie der Niederschrift v. . Erst im Vorlageantrag machte der Bf. geltend, dass er der deutschen Sprache nicht so mächtig sei und vieles nicht verstanden hätte.

Der schriftliche Antrag v. , mit dem Herr Z. seine damaligen Angaben widerrufen möchte, zeigt konkret auch nicht auf, inwieweit die aufgezeigte Verletzung des Verfahrensschrittes von wesentlicher Bedeutung wäre.

Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass das Gericht zur Frage der Erwerbstätigkeit der Ehegattin (Baufirma in Polen) die Meinung des Bfs. teilt. In seinem Schreiben vom gab der Bf. an, dass er in A nie eine Baufirma gehabt habe. Die Firma werde von seiner Frau geführt. Dies ist nach Ansicht des Gerichtes glaubhaft(selbständige Erwerbstätigkeit der Ehegattin Frau NameNachname in A). Damit sind für seine Gattin jedenfalls die polnischen Rechtsvorschriften anwendbar.

Es konnte daher von einer weiteren Befragung des Hrn. Z. Abstand genommen werden.

Beschwerdezeitraum 2015 (Abweisungsbescheid v.)

Im Spruch ist auch ein weiteres Kind namens Vornamekind2 angeführt.

Aus einer Abfrage des Gerichtes vom aus der elektronischen Datenbank  konnte Folgendes festgestellt werden:

Für dieses Kind lautet die Sozialversicherungsnummer auf 000*.Das Kind heißt Vornamekind2. Im Antrag auf Differenzzahlung des Kindesvaters v. wurde dieses Kind nicht erwähnt. Im Beschwerdezeitraum 2015 war dieses Kind daher 25 bzw. 26 Jahre alt. Der Familienwohnsitz lautet wie folgt Ort A.

Ein diesbezüglicher Antrag des Bfs. auf Differenzzahlung für den Sohn  ist aus der Aktenlage nicht ersichtlich.  Es ist offenbar ein Fehler bei der Bescheidgestaltung passiert. Im Spruch des Abweisungsbescheides v. wurde über einen Verfahrensgegenstand abgesprochen, für den es aber keinen diesbezüglichen Antrag gab. Dies ist rechtswidrig. Dies ist allerdings ohne Auswirkung, weil dieses Kind für das Jahr 2015  kein anspruchsvermittelndes Kind ist (im Jahre 2015 war Vornamekind2 bereits 25 /26 Jahre alt). Da dieser Fehler keine Auswirkung hat, war der Bf. durch diese Rechtswidrigkeit auch nicht beschwert. Das Gericht kann dies gemäß § 279 BAO im Rahmen seines Spruches abändern (Sanierung in Form einer Berichtigung - siehe Erkenntnisspruch).

       Über die Beschwerde wurde vom Bundesfinanzgericht erwogen:

C) Rechtslage

Rückforderung :

Aus § 26 Abs. 1 FLAG ergibt sich eine objektive Erstattungspflicht zu Unrecht bezogener Familienbeihilfe. Subjektive Momente, wie Verschulden, Gutgläubigkeit oder die Verwendung der Familienbeihilfe, sind nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge unerheblich. Entscheidend ist lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat (Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG, § 26 Rz 3 mit Hinweis auf ).

Nach der Regelung des § 26 Abs. 1 FLAG stünde es der Rückforderung auch nicht entgegen, wenn der unrechtmäßige Bezug ausschließlich durch eine unrichtige Auszahlung durch das Finanzamt verursacht worden wäre.

Die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge ist von subjektiven Momenten unabhängig und allein an die Voraussetzung des Fehlens der Anspruchsvoraussetzungen für den Leistungsbezug geknüpft; ob und gegebenenfalls wie der Bezieher die erhaltenen Beträge verwendet hat, ist ebenso unerheblich ( mit Hinweis auf , und ; ).

Wanke in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG, 2. Aufl. 2020, § 26, IV. Rückforderung zu Unrecht bezogener FB [Rz 10 – 58]

IV. Rückforderung zu Unrecht bezogener FB

A. FB und KAB

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Die Rückforderung gem § 26 Abs 1 bis 3 ist keine Ermessensentscheidung. Billigkeitsüberlegungen sind im Rückforderungsverfahren nach § 26 Abs 1 bis 3 vom Finanzamt oder vom BFG nicht anzustellen (vgl und , RV/7100264/2016, jeweils unter Hinweis auf ).

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Einem Rückforderungsbescheid geht regelmäßig ein Überprüfungsverfahren voraus. Dabei versendet das FA ein mit „Überprüfung des Anspruchs auf Familienbeihilfe“ bezeichnetes Schreiben an den Bezieher der FB, das vorausgefüllt die im IT-System gespeicherten Beihilfedaten enthält, die ggf vom Bezieher zu korrigieren und zu ergänzen sind. Mit diesem Schreiben kann das FA auch die Vorlage verschiedener Nachweise anfordern (s Rz 4 ff).

Im gegenständlichen Fall wurde vom FA vor der Rückforderung am mehrere Vorhalteverfahren sowie Erhebungen durch die Finanzpolizei (Baustellenkontrollen am 111) sowie diesbezügliche Niederschriften am durchgeführt.

Arbeitnehmerbegriff

Nach der Rechtsprechung des EUGH vom ,C-143/16, sowie v. ,C-14/09 ist der Arbeitnehmerbegriff im Sinne von Artikel. 45 AGUV ein autonomer Begriff und dürfe nicht eng ausgelegt werden. So ist als „Arbeitnehmer" jeder anzusehen, der eine tatsächliche und echte Tätigkeit ausübt, wobei Tätigkeiten außer Betracht bleiben, die einen so geringen Umfang haben, dass sie sich als völlig untergeordnet und als unwesentlich darstellen. Das wesentliche Merkmal des Arbeitsverhältnisses besteht nach dieser Rechtsprechung darin, dass jemand während einer bestimmten Zeit für einen anderen nach dessen Weisung Leistungen erbringt, für die er als Gegenleistung eine Vergütung erhält.

Bei der Gesamtbewertung des Arbeitsverhältnisses seien dabei nicht nur Gesichtspunkte wie die Arbeitszeiten die Höhe der Vergütung zu berücksichtigen, sondern auch solche, wie etwaige Ansprüche auf bezahlten Urlaub, die Geltung von Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle, die Anwendung des Tarifvertrages in der jeweils gültigen Fassung auf den Arbeitsvertrag, die Zahlung von Beiträgen und gegebenenfalls die Art dieser Beiträge.

Die Voraussetzungen ,ob jemand eine völlig untergeordnete und unwesentliche Beschäftigung ausgeübt, hat das nationale Gericht festzustellen. Dabei sind alle Umstände zu würdigen. Die Art der ausgeübten Tätigkeit in tatsächlicher Hinsicht ist entscheidungswesentlich. Diesbezüglich unterlässt der Beschwerdeführer allerdings konkrete Angaben. Wie die folgenden Ausführungen zeigen, sind die im Verfahren nachträglich vorgelegten Unterlagen (Arbeitsvertrag v. , handschriftliche Arbeitsaufzeichnungen) nicht geeignet, diesen Beweis oder zumindest eine Glaubhaftmachung einer über eine Gelegenheitsarbeit hinausgehende Beschäftigung zu erbringen.

Eine Beschäftigung liegt daher nur dann vor, wenn diese über Gefälligkeits- und Gelegenheitsarbeiten hinausgeht (; in diesem Sinn auch FLAG-DR, Teil 2, Punkt 4.2).

Zur Beschäftigung im Inland führt Kuprian in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG-Kommentar , 2. Aufl. 2020, § 43, III. Beschäftigung im Inland [Rz 14 ] aus:

Grundsätzlich sind zur Beurteilung einer Leistungsbeziehung die vertraglichen Abmachungen heranzuziehen. Weicht die tatsächliche Durchführung der vereinbarten Tätigkeit jedoch von diesen ab, ist stets das im konkreten Einzelfall verwirklichte Gesamtbild der Tätigkeit entscheidend ( ). Nicht zuletzt ist dabei auch der im Wirtschaftsleben üblichen Gestaltungsweise entsprechendes Gewicht beizumessen. Wenn es bspw für eine Tätigkeit üblich ist, dass auch im Dienstverhältnis stehende Personen mit Rücksicht auf die besonderen Verhältnisse, unter denen sie tätig werden, den wirtschaftlichen Erfolg ihrer Tätigkeit weitgehend selbst bestimmen können, so spricht dies nicht gegen das Vorliegen eines Dienstverhältnisses ( ).

Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes

Das Höchstgericht  hat in seinen Erkenntnissen vom , 92/15/0230, und vom , 94/13/0121, klar und zweifelsfrei zum Ausdruck gebracht, dass eine Entlohnung nach geleisteten Arbeitsstunden eindeutig für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses spricht. Dies insbesondere deshalb, weil gerade durch diese Art der Entlohnung deutlich zum Ausdruck kommt, dass konkret die dem Arbeitgeber geschuldete und zur Verfügung gestellte Arbeitskraft (siehe den ersten Satz des § 47 Abs. 2 EStG 1988) entlohnt wird und die Entlohnung nicht von der Bewältigung einer konkreten Aufgabe, eines konkreten Projektes oder Ähnlichem abhängig ist. Persönlich geleistete Arbeit wird im Ausmaß der zeitlichen Inanspruchnahme entlohnt.

Zulässigkeit von rückwirkenden Vereinbarungen im innerstaatlichen Recht (Arbeitsvertrag v. rückwirkend mit ) ?:

Nach ständiger Judikatur des VwGH werden rückwirkende Rechtsgeschäfte nicht anerkannt. Rückwirkende Verträge sind steuerrechtlich auch dann nicht möglich, wenn der Vertrag zivilrechtlich gültig ist. Dies ist ständige Judikatur des VwGH:

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Nach stRsp des VwGH (Hinweis E , 88/13/0241, VwSlg 6479F/1990) sind rückwirkende Rechtsgeschäfte ungeachtet ihrer zivilrechtlichen Zulässigkeit für den Bereich des Steuerrechtes nicht anzuerkennen, es sei denn, der Gesetzgeber selbst hätte diesen Grundsatz durch eine besondere Vorschrift ausdrücklich oder schlüssig zu Gunsten einer steuerlichen Relevanz rückwirkender Tatbestände durchbrochen.

Die Unbeachtlichkeit rückwirkender Rechtsgeschäfte vertritt der VwGH auch in Fällen, in denen ein steuerrelevanter Sachverhalt nachträglich geändert wurde. Privatrechtliche Vereinbarungen könnten auch innerhalb eines Geschäftsjahres grundsätzlich abgabenrechtlich keine rückwirkende Bedeutung haben (Hinweis E , 82/14/0277; ÖStZB 1984, 23).  

Die diesbezügliche schriftliche Vereinbarung hinsichtlich des Beschäftigungsausmaßes (Arbeitsvertrag v. mit Rückwirkung )  war nicht anzuerkennen , weil diese (8 Wochenstunden) nicht den Tatsachen entsprach. Auf die aufgezeigten Unregelmäßigkeiten im Rahmen von finanzpolizeilichen Ermittlungen v. 111 sowie auf die Niederschrift v. wird hingewiesen (AV der FinPol v. 111). Die Verstöße wurden später auch bei der BH Name angezeigt (Ergebnis: Verwarnung für inl. AG).Auf die Beweiswürdigung zu B) wird verwiesen.

Innerstaatliche Rechtslage (FLAG 1967)

Gemäß § 2 Abs. 1 FLAG haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, unter den in lit. a bis l genannten Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe für minderjährige bzw. volljährige Kinder.

§ 2a FLAG:

(1) Gehört ein Kind zum gemeinsamen Haushalt der Eltern, so geht der Anspruch des Elternteiles, der den Haushalt überwiegend führt, dem Anspruch des anderen Elternteiles vor. Bis zum Nachweis des Gegenteils wird vermutet, dass die Mutter den Haushalt überwiegend führt.

(2) In den Fällen des Abs. 1 kann der Elternteil, der einen vorrangigen Anspruch hat, zugunsten des anderen Elternteiles verzichten.  Der Verzicht kann widerrufen werden....

Zum Haushalt einer Person gehört ein Kind gemäß § 2 Abs. 5 FLAG dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Die Haushaltszugehörigkeit gilt nicht als aufgehoben, wenn

a) sich das Kind nur vorübergehend außerhalb der gemeinsamen Wohnung aufhält,

b) das Kind für Zwecke der Berufsausübung notwendigerweise am Ort oder in der Nähe des Ortes der Berufsausübung eine Zweitunterkunft bewohnt,

c) …

Ein Kind gilt bei beiden Elternteilen als haushaltszugehörig, wenn diese einen gemeinsamen Haushalt führen, dem das Kind angehört.

Gemäß § 2 Abs. 8 FLAG haben Personen nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet haben. Eine Person hat den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in dem Staat, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat.

§ 3 FLAG:

(1) Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, haben nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie sich nach §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, rechtmäßig in Österreich aufhalten.

(2) Anspruch auf Familienbeihilfe besteht für Kinder, die nicht österreichische Staatsbürger sind, sofern sie sich nach §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtmäßig in Österreich aufhalten.

...

§ 4 FLAG:

(1) Personen, die Anspruch auf eine gleichartige ausländische Beihilfe haben, haben keinen Anspruch auf Familienbeihilfe.

(2) Österreichische Staatsbürger, die gemäß Abs. 1 oder gemäß § 5 Abs. 5 vom Anspruch auf die Familienbeihilfe ausgeschlossen sind, erhalten eine Ausgleichszahlung, wenn die Höhe der gleichartigen ausländischen Beihilfe, auf die sie oder eine andere Person (§ 5 Abs. 5) Anspruch haben, geringer ist als die Familienbeihilfe, die ihnen nach diesem Bundesgesetz ansonsten zu gewähren wäre.

(3) Die Ausgleichszahlung wird in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen der gleichartigen ausländischen Beihilfe und der Familienbeihilfe, die nach diesem Bundesgesetz zu gewähren wäre, geleistet.

(4) Die Ausgleichszahlung ist jährlich nach Ablauf des Kalenderjahres, wenn aber der Anspruch auf die gleichartige ausländische Beihilfe früher erlischt, nach Erlöschen dieses Anspruches über Antrag zu gewähren.

(5) Die in ausländischer Währung gezahlten gleichartigen ausländischen Beihilfen sind nach den vom Bundesministerium für Finanzen auf Grund des § 4 Abs. 8 des Umsatzsteuergesetzes 1972, BGBl. Nr. 223/1972, in der „Wiener Zeitung“ kundgemachten jeweiligen Durchschnittskursen in inländische Währung umzurechnen.

(6) Die Ausgleichszahlung gilt als Familienbeihilfe im Sinne dieses Bundesgesetzes; die Bestimmungen über die Höhe der Familienbeihilfe finden jedoch auf die Ausgleichszahlung keine Anwendung.

(7) Der Anspruch auf die Ausgleichszahlung geht auf die Kinder, für die sie zu gewähren ist, über, wenn der Anspruchsberechtigte vor rechtzeitiger Geltendmachung des Anspruches gestorben ist. Sind mehrere anspruchsberechtigte Kinder vorhanden, ist die Ausgleichszahlung durch die Anzahl der anspruchsberechtigten Kinder zu teilen.

§ 5 FLAG:

...

(3) Kein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten.

(4) Kein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht für Kinder, für die Anspruch auf eine gleichartige ausländische Beihilfe besteht. Die Gewährung einer Ausgleichszahlung (§ 4 Abs. 2) wird dadurch nicht ausgeschlossen.

§ 53 FLAG:

(1) Staatsbürger von Vertragsparteien des Übereinkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) sind, soweit es sich aus dem genannten Übereinkommen ergibt, in diesem Bundesgesetz österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt. Hiebei ist der ständige Aufenthalt eines Kindes in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums nach Maßgabe der gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen dem ständigen Aufenthalt eines Kindes in Österreich gleichzuhalten.

Unionsrecht

Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (nachfolgend kurz als VO 883/2004 bezeichnet):

Artikel 1:

Definitionen

Für den Zweck dieser Verordnung bezeichnet den Ausdruck:

a) "Beschäftigung" jede Tätigkeit oder gleichgestellte Situation, die für die Zwecke der Rechtsvorschriften der sozialen Sicherheit des Mitgliedstaats, in dem die Tätigkeit ausgeübt wird oder die gleichgestellte Situation vorliegt, als solche gilt;

b) "selbstständige Erwerbstätigkeit" jede Tätigkeit oder gleichgestellte Situation, die für die Zwecke der Rechtsvorschriften der sozialen Sicherheit des Mitgliedstaats, in dem die Tätigkeit ausgeübt wird oder die gleichgestellte Situation vorliegt, als solche gilt;

c) "Versicherter" in Bezug auf die von Titel III Kapitel 1 und 3 erfassten Zweige der sozialen Sicherheit jede Person, die unter Berücksichtigung der Bestimmungen dieser Verordnung die für einen Leistungsanspruch nach den Rechtsvorschriften des gemäß Titel II zuständigen Mitgliedstaats vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt;

...

j) "Wohnort" einer Person als den Ort des gewöhnlichen Aufenthalts einer Person. Darunter ist - siehe etwa Art. 11 Abs. 1 VO 987/2009 - im Sinn des nationalen Rechts nicht bloß (irgendein) Wohnsitz i. S. d. § 26 Abs. 1 BAO zu verstehen, sondern der Mittelpunkt der Lebensinteressen (§ 2 Abs. 8 Satz 2 FLAG 1967) bzw. der Mittelpunkt der Lebensbeziehungen (§ 1 Abs. 8 Meldegesetz) dieser Person.

Der Wohnort des Bfs. im Sinne des Art .1 Abs. 1 j der zitierten VO   ist daher A, weil dort der Familienwohnsitz liegt. Er war im Beschwerdezeitraum 2012 bis 2015  am Familienwohnsitz in A mit der Adresse **** I, A. Dies ist im Verfahren unstrittig.

Artikel 2:

Persönlicher Geltungsbereich

(1) Diese Verordnung gilt für Staatsangehörige eines Mitgliedstaats, Staatenlose und Flüchtlinge mit Wohnort in einem Mitgliedstaat, für die die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten gelten oder galten, sowie für ihre Familienangehörigen und Hinterbliebenen.

(2) Diese Verordnung gilt auch für Hinterbliebene von Personen, für die die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten galten, und zwar ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit dieser Personen, wenn die Hinterbliebenen Staatsangehörige eines Mitgliedstaats sind oder als Staatenlose oder Flüchtlinge in einem Mitgliedstaat wohnen.

Artikel 3:

Sachlicher Geltungsbereich:

(1) Diese Verordnung gilt für alle Rechtsvorschriften, die folgende Zweige der sozialen Sicherheit betreffen:

...

j) Familienleistungen

Art. 4: Sofern in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, haben Personen, für die diese Verordnung gilt, die gleichen Rechte und Pflichten aufgrund der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats wie die Staatsangehörigen dieses Staates.

Artikel 7 lautet:

„Aufhebung der Wohnortklauseln

Sofern in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, dürfen Geldleistungen, die nach den Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten oder nach dieser Verordnung zu zahlen sind, nicht aufgrund der Tatsache gekürzt, geändert, zum Ruhen gebracht, entzogen oder beschlagnahmt werden, dass der Berechtigte oder seine Familienangehörigen in einem anderen als dem Mitgliedstaat wohnt bzw. wohnen, in dem der zur Zahlung verpflichtete Träger seinen Sitz hat.“

Artikel 11:

Allgemeine Regelung

(1) Personen, für die diese Verordnung gilt, unterliegen den Rechtsvorschriften nur eines

Mitgliedstaats. Welche Rechtsvorschriften dies sind, bestimmt sich nach diesem Titel.

(2) Für die Zwecke dieses Titels wird bei Personen, die aufgrund oder infolge ihrer Beschäftigung oder selbstständigen Erwerbstätigkeit eine Geldleistung beziehen, davon ausgegangen, dass sie diese Beschäftigung oder Tätigkeit ausüben. Dies gilt nicht für Invaliditäts-, Alters- oder Hinterbliebenenrenten oder für Renten bei Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten oder für Geldleistungen bei Krankheit, die eine Behandlung von unbegrenzter Dauer abdecken.

(3) Vorbehaltlich der Artikel 12 bis 16 gilt Folgendes:

a) eine Person, die in einem Mitgliedstaat eine Beschäftigung oder selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt, unterliegt den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats;

b) ein Beamter unterliegt den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, dem die ihn beschäftigende Verwaltungseinheit angehört;

c) eine Person, die nach den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats Leistungen bei Arbeitslosigkeit gemäß Artikel 65 erhält, unterliegt den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats;

d) eine zum Wehr- oder Zivildienst eines Mitgliedstaats einberufene oder wiedereinberufene Person unterliegt den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats;

e) jede andere Person, die nicht unter die Buchstaben a bis d fällt, unterliegt unbeschadet anders lautender Bestimmungen dieser Verordnung, nach denen ihr Leistungen aufgrund der Rechtsvorschriften eines oder mehrerer anderer Mitgliedstaaten zustehen, den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats.

Artikel 67:

Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen

Eine Person hat auch für Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats, als ob die Familienangehörigen in diesem Mitgliedstaat wohnen würden. Ein Rentner hat jedoch Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des für die Rentengewährung zuständigen Mitgliedstaats.

Art 68 regelt die Prioritätsregeln im Falle einer Konkurrenz von Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedsstaaten.

Verordnung (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit

Artikel 59

Regelungen für den Fall, in dem sich die anzuwendenden Rechtsvorschriften und/oder die Zuständigkeit für die Gewährung von Familienleistungen ändern

  • Ändern sich zwischen den Mitgliedstaaten während eines Kalendermonats die Rechtsvorschriften und/oder die Zuständigkeit für die Gewährung von Familienleistungen, so setzt der Träger, der die Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften gezahlt hat, nach denen die Leistungen zu Beginn dieses Monats gewährt wurden, unabhängig von den in den Rechtsvorschriften dieser Mitgliedstaaten für die Gewährung von Familienleistungen vorgesehenen Zahlungsfristen die Zahlungen bis zum Ende des laufenden Monats fort....

Artikel 60 Abs 1 der VO (EG) 987/2009 lautet:

„Verfahren bei der Anwendung von Artikel 67 und 68 der Grundverordnung

  • (1) Die Familienleistungen werden bei dem zuständigen Träger beantragt. Bei der Anwendung von Artikel 67 und 68 der Grundverordnung ist, insbesondere was das Recht einer Person zur Erhebung eines Leistungsanspruchs anbelangt, die Situation der gesamten Familie in einer Weise zu berücksichtigen, als würden alle beteiligten Personen unter die Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats fallen und dort wohnen. Nimmt eine Person, die berechtigt ist, Anspruch auf die Leistungen zu erheben, dieses Recht nicht wahr, berücksichtigt der zuständige Träger des Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften anzuwenden sind, einen Antrag auf Familienleistungen, der von dem anderen Elternteil, einer als Elternteil behandelten Person oder von der Person oder Institution, die als Vormund des Kindes oder der Kinder handelt, gestellt wird.“                                                                           

   

Dementsprechend hat der C‑378/14 „Trapkowski“, Rn 35 bestätigt, „dass die in Art. 67 der Verordnung Nr 883/2004 vorgesehene Fiktion zur Folge hat, dass eine Person Anspruch auf Familienleistungen für Familienangehörige, die in einem anderen als dem für die Gewährung dieser Leistungen zuständigen Mitgliedstaat wohnen, so erheben kann, als würden sie in dem zuständigen Mitgliedstaat wohnen.“ Wird fingiert, dass die Familienangehörigen in Österreich ansässig sind, besteht auch Anspruch auf Familienbeihilfe in gleicher Höhe, wie sie für in Österreich wohnhafte Kinder ausbezahlt wird.

Konkreter Beschwerdefall

Unter fallweise Beschäftigten sind Personen zu verstehen, die in unregelmäßiger Folge tageweise beim selben Dienstgeber beschäftigt werden oder auch wenn die Beschäftigung für eine kürzere Zeit als eine Woche dauert (weiterführend dazu s. SWK -Spezial Lohnverrechnung, Linde Verlag, Jänner 2018,S, 41). Auf die zitierte EUGH-Judikatur vom  ,C-143/16, sowie v. 04 .02.2010,C-14/09 wird ebenfalls verwiesen.

Davon zu unterscheiden ist die geringfügige Beschäftigung im Sinne des ASVG (die auch in gleicher Weise für Dienstnehmer u. freie Dienstnehmer gilt). Diese stellt auf die Höhe der täglichen oder monatlichen Lohnauszahlung ab ("Geringfügigkeitsgrenze"). Lt. bei der GPLA-Prüfung nachträglichem vorgelegten Lohnkonto per für die Jahre 2014 bis 2016 war ein unter der Geringfügigkeitsgrenze liegender Stundenlohn vereinbart. Darauf kam es aber letztlich nicht an. Auch auf die Regelmäßigkeit der Lohnauszahlung kommt es nicht an. Ev. geleistete AG-SV-Beiträge zB. für eine Unfallversicherung zählen nach Meinung des Gerichtes für die Differenzzahlungen des BFs. nicht.

Im gegenständlichen Beschwerdefall war daher von bloßen fallweisen (gelegentlichen) Arbeitsleistungen im Rahmen einer mündlichen Vereinbarung aufgrund des persönlichen Naheverhältnisses zw. AG und Bf. auszugehen. Die jeweiligen erbrachten Arbeitsleistungen waren auch von geringem Umfange. Die Regeln des Beschäftigungsausmaßes lt. Arbeitsvertrag v. (8 Wochenstunden) wurden - wie im Teil B) dieses Erkenntnisses ausgeführt - wegen der gegebenen Abweichungen lt. tatsächlichen Umständen nicht anerkannt.

Unstrittig war im Beschwerdeverfahren, dass das Kind Name am Familienwohnsitz des Bfs. gemeinsam mit seiner Ehefrau Vorname in A haushaltszugehörig war. Der Familienwohnsitz und damit der Lebensmittelpunkt des Bfs. (engere persönliche Beziehungen) befand sich in A. Auf Artikel 1 lit j der VO 883/2004 wird verwiesen. Es wird in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen , dass  nach der Aktenlage kein Antrag von der Kindesmutter für die Tochter Name für den Zeitraum  01-12/2015 in A gestellt wurde.

Eine Person  kann zwar mehrere Wohnsitze , jedoch nur einen Mittelpunkt der Lebensinteressen iSd § 2 Abs 8 FLAG 1967 haben. Unter persönlichen Beziehungen sind dabei all jene zu verstehen, die jemanden aus in seiner Person liegenden Gründen, insbesondere auf Grund der Geburt, der Staatszugehörigkeit, des Familienstandes und der Betätigungen religiöser und kultureller Art, an ein bestimmtes Land binden. Der Mittelpunkt der Lebensinteressen einer verheirateten Person oder in aufrechter Beziehung lebenden Person wird regelmäßig am Ort des Aufenthaltes seiner Familie bzw des Lebenspartners zu finden sein. Es lagen nur formale Wohnsitzmeldungen des Bfs. bzw. seiner Tochter mit bloßer Indizwirkung in Österreich vor. Die Beziehungen zu Freunden, Bekannten und die teilweisen Kontakte zu seinem Bruder oder Schwager bei den fallweisen Nächtigungen in Österreich kommen daher gegenüber den familiären persönlichen Beziehungen im Heimatland A geringere Bedeutung zu. Nach allgemeinem Erfahrungsgut wird der Bf. darüber hinaus - wie in Österreich  - ebenfalls einen Bekannten- und Freundeskreis in A haben, zumal A sein Heimatland ist. Überdies stellte er nach der Aktenlage die Kontakte von A. Arbeitnehmern in A her.

Da nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts in Anbetracht der Aktenlage der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Bfs. nicht in Österreich ,sondern am Familienwohnsitz in A lag, wären auch bereits aus diesem Grund die gesetzlichen Voraussetzungen für den Anspruch auf Familienbeihilfe iSd FLAG 1967 idgF für das Kind nicht erfüllt (§ 2 Abs. 8 FLAG 1967§ 2 Abs 8 FLAG 1967 idgF; Hebenstreit/Lenneis/Nowotny/Wimmer in Csazsar/Lenneis/Wanke, FLAG, § 2, I. Wohnsitz, gewöhnlicher Aufenthalt, Mittelpunkt der Lebensinteressen (Abs 1, Abs 8) [Rz 1 – 17] ).

Aus den angeführten Gründen war daher wie im Spruch des Erkenntnisses ersichtlich zu entscheiden.

Unzulässigkeit einer (ordentlichen) Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall war ausschließlich im Rahmen der Beweiswürdigung zu klären, ob der Beschwerdeführer in Österreich einer über eine bloße Gelegenheitsarbeit hinausgehenden Beschäftigung in Österreich nachgegangen ist.

Dies war für den Beschwerdezeitraum insgesamt zu verneinen.

Der Verwaltungsgerichtshof ist als Rechtsinstanz tätig und zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen. Eine im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung wirft daher nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Allgemeinen keine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG auf (z.B. mwN).

Eine ordentliche Revision ist daher im gegenständlichen Fall nicht zulässig.

Hinweis zum 2. COVID-19-Gesetz

Abweichend von der folgenden Rechtsbelehrung beginnt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof gegen diese Entscheidung – sofern diese vor dem zugestellt wurde -  mit zu laufen (§ 6 Abs. 2 i. V. m. § 1 Abs. 1 Art. 16 2. COVID-19-Gesetz BGBl. I Nr. 16/2020).

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
§ 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
Art. 1 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
§ 267 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
VO 987/2009, ABl. Nr. L 284 vom S. 1
Schlagworte
Rückforderung von Differenzzahlungen und KAB
Fallweise Beschäftigung in geringem zeitlichen Umfang in Österreich
Beweiswürdigung
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.5100203.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at