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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 24.04.2020, RV/7100794/2020

Einwand des Bf.: Seine "richtige Zustelladresse" sei ein Postfach

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter RI in der Beschwerdesache Bf., betreffend Beschwerden vom gegen die Bescheide des FAXY vom , und , betreffend Einkommensteuer 2013, 2014, 2015 und 2016, beschlossen: 

Diese Beschwerden werden gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO in Verbindung mit § 278 Abs. 1 lit. a BAO als verspätet zurückgewiesen. 

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Begründung

Der Bf. bezieht eine österreichische Sozialversicherungspension. Vom Finanzamt (FA) wurden vom Amts wegen neue Einkommensteuerbescheide für die Kalenderjahre 2013-2016 erlassen, da auf Grund einer internationalen Kontrollmitteilung die österreichische Finanzverwaltung in Kenntnis gesetzt wurde, dass der Bf. auch aus Bulgarien eine Sozialversicherungspension erhält, die in den bisherigen Einkommensteuerbescheiden 2013-2016 nicht berücksichtigt worden ist. 

Das FA hielt fest, dass der Bf. in Österreich sowohl unbeschränkt steuerpflichtig im Sinne des EStG als auch darüber hinaus ansässig im Sinne des DBA Österreich-Bulgarien ist. Der Bf. vertrat laut Darstellung des FA eine nicht nachvollziehbare Rechtsansicht, dass er in Österreich mit seinen bulgarischen Pensionsbezügen nicht steuerpflichtig wäre. 

In seinen handschriftlichen Beschwerden auf einem Beschwerdeformularvordruck gegen die obenstehenden Einkommensteuerbescheide, datiert mit , eingegangen am in der gemeinsamen Einlaufstelle der Finanzämter, bestätigte der Bf. zwar, dass der Bf. in Bulgarien eine „belegbare Pension“ beziehe. Der Bf. führt aus, dass die „Voraussetzung“ Wohnsitz in Österreich erfüllt sei. Die Voraussetzung, dass der Bf. in Österreich eine (steuerpflichtige) ausländische Pension bezogen habe, sei aber nach Ansicht des Bf. nicht erfüllt. 

Mit Beschwerdevorentscheidungen nach § 262 BAO ( bzw. ) wurden die Beschwerden gegen die Einkommensteuerbescheide 2013, 2014, 2015 und 2016 gemäß § 260 BAO zurückgewiesen. Die Zurückweisungen erfolgten laut den Begründungen des FA jeweils wegen Ablaufs der Beschwerdefristen nach 245 BAO. Zugestellt wurde an die Adresse des Bf. in Wien, wie bereits bei den vorhergehenden Einkommensteuerbescheiden 2013 bis 2016 erfolgt und auf Eingaben des Bf. ersichtlich ist.

In seiner folgenden, als Vorlageantrag zu wertenden Eingabe () bemängelte der Bf., dass seine Einwendungen in seiner Beschwerde nicht berücksichtig worden seien und legte diese Beschwerdeschrift vom nochmals bei. 

In seiner Beschwerdeschrift vom , seinem Vorlageantrag vom und seinem Ergänzungsschreiben vom führt der Bf. jeweils als seine Adresse AdresseAA, an, weist aber jeweils darauf hin, dass seine "richtige Postzustelladresse" ein Postfach bei einem Postamt in AAA sei und dieses Postfach dem FA seit 2012 bekannt sei. 

Das Finanzamt beantragt im Vorlagebericht die Zurückweisung der Beschwerde wegen verspäteter Einbringung. Eine Mitteilung des Bf. über ein Postfach sei laut FA nicht aktenkundig. Das ZustellG definiere unstrittig die Wohnung des Empfängers einer Briefsendung (im vorliegenden Fall von Steuerbescheiden) als Abgabestelle. Die erfolgte Zustellung der Bescheide an den Wohnsitz des Bf. sei gesetzeskonform. Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren sei allerdings der alleinige Beschwerdegegenstand, ob der Bf. die Beschwerde fristgerecht eingebracht habe. Erst nach drei Monaten und somit eindeutig nach Ablauf der Frist zur Einbringung einer Beschwerde wurden laut FA diese Rechtsmittel eingebracht. 

Laut Darstellung des FA in Vorhalten wird der Bf. im zentralen Melderegister nur als österreichischer Staatsbürger geführt. 

§ 260 BAO (Bundesabgabenordnung) lautet:

§ 260. (1) Die Bescheidbeschwerde ist mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie

a) nicht zulässig ist oder

b) nicht fristgerecht eingebracht wurde.

(2) Eine Bescheidbeschwerde darf nicht deshalb als unzulässig zurückgewiesen werden, weil sie vor Beginn der Beschwerdefrist eingebracht wurde.

§ 245 BAO lautet: 

Einbringung der Beschwerde 

§ 245. (1) Die Beschwerdefrist beträgt einen Monat. Enthält ein Bescheid die Ankündigung, dass noch eine Begründung zum Bescheid ergehen wird, so wird die Beschwerdefrist nicht vor Bekanntgabe der fehlenden Begründung oder der Mitteilung, dass die Ankündigung als gegenstandslos zu betrachten ist, in Lauf gesetzt. Dies gilt sinngemäß, wenn ein Bescheid auf einen Bericht (§ 150) verweist. 

(2) Durch einen Antrag auf Mitteilung der einem Bescheid ganz oder teilweise fehlenden Begründung (§ 93 Abs. 3 lit. a) wird der Lauf der Beschwerdefrist gehemmt. 

(3) Die Beschwerdefrist ist auf Antrag von der Abgabenbehörde aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erforderlichenfalls auch wiederholt, zu verlängern. Durch einen Antrag auf Fristverlängerung wird der Lauf der Beschwerdefrist gehemmt. 

(4) Die Hemmung des Fristenlaufes beginnt mit dem Tag der Einbringung des Antrages (Abs. 2 oder 3) und endet mit dem Tag, an dem die Mitteilung (Abs. 2) oder die Entscheidung (Abs. 3) über den Antrag dem Antragsteller zugestellt wird. In den Fällen des Abs. 3 kann jedoch die Hemmung nicht dazu führen, dass die Beschwerdefrist erst nach dem Zeitpunkt, bis zu dem letztmals ihre Verlängerung beantragt wurde, abläuft. 

(5) Abs. 3 und 4 gelten sinngemäß für Anträge auf Verlängerung der Frist des § 85 Abs. 2 bei Mängeln von Beschwerden. 

Vom FA wurden die Beschwerden mit Beschwerdevorentscheidungen als nicht fristgerecht zurückgewiesen. Unabhängig von einer Beurteilung der Rechtsfrage der Steuerpflicht der gegenständlichen bulgarischen Rente ist in der vorliegenden Streitsache maßgeblich, ob der Bf. die Beschwerde fristgerecht eingebracht hat. 

Der Bf. bekämpft in seinen Sammelbeschwerden, datierend mit , eingegangen beim FA am (neben dem laut Vorlagebericht des FA nicht vorgelegten Einkommensteuerbescheid für 2018 vom ) die neu erlassenen Einkommensteuerbescheide für die Kalenderjahre 2013 (vom ), 2014 (vom ), 2015 (vom ) und 2016 (vom ). Diese Beschwerden gegen die Einkommensteuerbescheide 2013, 2014, 2015 und 2016 wurden somit rund 3 bzw. 15 Monate nach den neu erlassenen Einkommensteuerbescheiden 2013 bis 2016 eingebracht. Die zulässige Beschwerdefrist beträgt nach § 245 Abs. 1 BAO allerdings nur einen Monat. 

Der Bf. als Empfänger behauptet nicht die Unwirksamkeit der Zustellung wegen z.B. einer andauernden Abwesenheit von der Abgabestelle und erstattet auch keine konkrete Vorbringen über Beginn und Ende einer solchen dauernden Ortsabwesenheit samt Anboten von diesbezüglichen Beweismitteln. Der Bf. bringt im Beschwerdeverfahren vielmehr mehrmals vor, dass seine Zustelladresse ein “Postfach“ bei einem Postamt in Wien sei und dieses Postfach dem FA bereits seit 2012 bekannt sei. Abweichend von der Darstellung des FA im Vorlagebericht, dass eine Mitteilung des Bf. über ein Postfach dem FA nicht aktenkundig sei, geht bereits aus den vom BFG ausgehobenen Anträgen (eingegangen beim FA im Dezember 2017) zu den Arbeitnehmerveranlagungen der Jahre 2014, 2015 oder 2016 (Anmerkung: In der elektronischen Aktenvorlage des FA an das BFG nicht enthalten) Folgendes hervor: Der Bf. gibt zunächst als „derzeitige Wohnadresse“ jene Adresse an, an die das FA zugestellt hat und auch zustellt. Der Bf. vermerkt aber zusätzlich „Achtung: PostfachCC“. Der Bf. begehrt somit eine Zustellung an ein Postfach bei einem Postamt in Wien. 

Der Wunsch einer Partei, der Partei an eine bestimmte Abgabestelle zuzustellen, kann zwar berücksichtigt werden. Ein Postfach bei einem Postamt ist aber nach ständiger Judikatur keine zulässige Abgabestelle im Sinne des Zustellgesetzes (vgl. , , ). Eine Zustellung an ein Postfach wäre unwirksam, weil es sich bei diesem Postfach nicht um eine Abgabestelle im Sinne des § 4 des Zustellgesetzes handelt. Erfolgte Zustellungen an ein Postfach können aber im Hinblick auf das tatsächliche Zukommen der jeweiligen Sendungen saniert bzw. rechtswirksam werden (vgl. § 7 des Zustellgesetzes – Heilung von Zustellmängel durch tatsächliches Zukommen des Schriftstücks an den Empfänger). 

Eine „Zustelladresse“ nach § 2 Z 3 Zustellgesetz ist eine Abgabestelle (Z 4) oder elektronische Zustelladresse (Z 5). Eine „Abgabestelle“ laut Z 4 ist die Wohnung oder sonstige Unterkunft, die Betriebsstätte, der Sitz, der Geschäftsraum, die Kanzlei oder auch der Arbeitsplatz des Empfängers, im Falle einer Zustellung anlässlich einer Amtshandlung auch deren Ort, oder ein vom Empfänger der Behörde für die Zustellung in einem laufenden Verfahren angegebener Ort. 

Als Wohnung iSd § 2 Z 4 ZustG werden Räumlichkeiten verstanden, die im Zeitpunkt der Zustellung dem Empfänger tatsächlich als Unterkunft in der Art eines Heimes dienen; Räumlichkeiten also, die der Empfänger tatsächlich benützt, wo er gewöhnlich zu nächtigen oder sich sonst aufzuhalten pflegt. Eine Wohnung bleibt Abgabestelle, auch wenn der Empfänger vorübergehend abwesend ist. 

Die Zustellung darf nur an einer Abgabestelle iSd § 2 Z 4 ZustG erfolgen, wobei die in § 2 Z 4 ZustG genannten Abgabenstellen in keiner Rangordnung zueinanderstehen, und die Auswahl der Abgabestelle, wenn mehrere bestehen, der Behörde überlassen bleibt. Bei der Ermessensübung wird als Zustellort die Abgabestelle zu bezeichnen sein, von der mit größter Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass der Empfänger von der Zustellung Kenntnis nimmt. 

Der Bf. führt selbst an, dass ein Wohnsitz in Österreich vorliegt. Der Bf. gibt unter „derzeitige Wohnadresse“ in seinen obigen Anträgen auf Arbeitnehmerveranlagungen keine andere Adresse an, wie jene, an die das FA zugestellt hat und auch jeweils zustellt. Dies ist auch jene idente Adresse, die der Bf. u.a. jeweils in seiner obigen Beschwerdeschrift oder dem Vorlageantrag angibt und der Bf. auf erhaltene Schriftstücke auch reagiert. Die Beschwerdevorentscheidungen nach § 262 BAO des FA an die gegenständliche Adresse des Bf. datieren vergleichsweise mit bzw. . Jenes als Vorlageantrag des Bf. zu wertende, folgende Schreiben des Bf. datiert bereits mit

Bei der Beschwerdefrist gemäß § 245 BAO von einem Monat handelt es sich um eine gesetzliche verlängerbare Frist. Die Beschwerdefrist ist auf Antrag von der Abgabenbehörde aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erforderlichenfalls auch wiederholt, zu verlängern. Ein solcher Fristverlängerungsantrag liegt aber nicht vor. Mit ungenütztem Ablauf der Beschwerdefrist trat aber die (formelle) Rechtskraft der Bescheide ein. 

Zulässigkeit einer Revision 

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. 

Derartige Rechtsfragen liegen in der vorliegenden Sache nicht vor. Ein Postfach ist nach ständiger Judikatur keine zulässige Abgabestelle im Sinne des Zustellgesetzes. Die Folgen einer Versäumnis der Rechtsmittelfrist ergeben sich bereits aus dem Gesetz. Eine (ordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nicht zulässig. 

Einer Rechtsfrage kann nur dann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung besitzt. Eine einzelfallbezogene Beurteilung ist somit im Allgemeinen nicht revisibel, wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde und wirft im Allgemeinen keine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG auf (vgl. oder ). Der bloße Umstand, dass eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu einem (der Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu Grunde liegenden) vergleichbaren Sachverhalt zu einer bestimmten Rechtsnorm fehlt, begründet noch keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, soweit das Verwaltungsgericht dabei von den Leitlinien der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abweicht (vgl. oder ). Genügte nämlich für die Zulässigkeit einer Revision bereits das Fehlen höchstgerichtlicher Entscheidung zu einem vergleichbaren Sachverhalt, wäre der Verwaltungsgerichtshof in vielen Fällen zur Entscheidung berufen, obgleich in Wahrheit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, sondern nur die Einzelfallgerechtigkeit berührende Wertungsfragen aufgeworfen werden (vgl. unter Hinweis auf die ständige Judikatur des Obersten Gerichtshofes zu § 502 ZPO, etwa ; oder ). 

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 245 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 2 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 260 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7100794.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at