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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 02.04.2020, RV/7103176/2011

Bewertung von Liegenschaften in der Hochwassergefahrenzone.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache XY, Adresse, über die Beschwerde gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt A, vom

1. Feststellungsbescheid (Wertfortschreibung gem. § 21 Abs. 1 Z 1 BewG 1955) zum , EW-AZ 1 und

2. Grundsteuermessbescheid (Fortschreibunsveranlagung gem. § 21 GrStG 1955), EW-AZ 1, sowie

3. Feststellungsbescheid (Wertfortschreibung gem. § 21 Abs. 1 Z 1 BewG 1955) zum , EW-AZ 2 und

4. Grundsteuermessbescheid (Fortschreibunsveranlagung gem. § 21 GrStG 1955), EW-AZ 2 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

1. Sachverhalt

Zu EW-AZ 1:

Am wurde hinsichtlich des Grundbesitzes (Einfamilienhaus), Grundbuch a, Grundstücksnummern

b,

zum ein Wertfortschreibungsbescheid gemäß § 21 Abs. 1 Z 1 BewG 1955 erlassen. Der Einheitswert wurde mit 60.800 Euro und der gemäß AbgÄG 1982 um 35% erhöhte Einheitswert mit 82.000 Euro festgestellt.

Begründet wurde:

"..Die Feststellung erfolgte laut Erklärung unter Berücksichtigung der Aktenlage. Die entsprechenden Wertansätze für die einzelnen Gebäudeteile wurden auf Grund des Lokalaugenscheines vom festgesetzt. Das HQ100-Gebiet wurde bei der Ermittlung des Bodenwertes berücksichtigt. Die Berechnungsgrundlagen werden Ihnen gesondert zugesandt..."

Zu EW-AZ 2:

Am wurde hinsichtlich des Grundbesitzes BETRIEBSGRUNDSTÜCK bewertet als Fabriksgrundstück, Grundbuch c, Grundstücksnummern

d,

zum ein Wertfortschreibungsbescheid gemäß § 21 Abs. 1 Z 1 BewG 1955 erlassen. Der Einheitswert wurde mit 81.000 Euro und der gemäß AbgÄG 1982 um 35% erhöhte Einheitswert mit 109.300 Euro festgestellt.

Begründet wurde:

"..Die Feststellung erfolgte laut Erklärung unter Berücksichtigung der Aktenlage. Die Wertfortschreibung zum bzw. die Bewertung dieser Liegenschaft erfolgte nach einem Lokalaugenschein vom . Für die Bewertung wurden die Grundlagen aus dem Akt, nach Angaben des Pflichtigen in der ausgefüllten Erklärung BG 30 und nach Auskünften und Unterlagen der Gemeinde y herangezogen. Wie vom Pflichtigen eingebracht wurde der bisherige Forstw. Akt 3 mit gelöscht und die Fläche von 915m2 dieser wirtschaftlichen Einheit 2 zugerechnet. Die genaue Bezeichnung ist aus dem Bescheid und aus den Beilagen ersichtlich. Das HQ100-Gebiet wurde bei der Ermittlung des Bodenwertes berücksichtigt. Die Berechnungsgrundlagen werden Ihnen gesondert zugesandt.."

Dagegen wurde mit FAX vom rechtzeitig Berufung, nunmehr Beschwerde, eingebracht (Beginn der Abholfrist lt. Rückschein ).

Die Bf. bringt vor, der nun von drei auf zwei Einheitswertbescheide reduzierte Steuergegenstand (Grst.Nr….) bestehe aus zwei aneinandergrenzende, eine wirtschaftliche Einheit (aufgelassenes Getreidemühlenareal mit Betriebsleiterwohnhaus) bildende Grundbuchskörper c.. Die wirtschaftliche Einheit bestehe aktenkundig schon seit Eröffnung und Bebauung der c, nämlich seit 1968. Der Sachverhalt sei der belangten Behörde durch die Berufungswerberin seit ihrer Bevollmächtigung als Eigentümervertreterin (und späterer Grundeigentümerin), nämlich seit März 2006 nachdrücklich zur Kenntnis gebracht worden. Der Sachverhalt sei auch beim Lokalaugenschein am offenkundig gewesen. Wegen des zwingenden sachlichen Zusammenhanges und um Wiederholungen zu vermeiden, werde die Berufung gegen die o.a. in Summe vier Bescheide (Anm.: Einheitswert und Grundsteuermessbescheide) in einem gemeinsamen Schriftsatz vorgebracht.

Die Bf. wendet Verletzung von Verfahrensvorschriften ein, da sie vom Ergebnis des Ermittlungsverfahrens nicht in Kenntnis gesetzt worden sei. Sie habe daher aktenwidrigen, spruchentscheidenden Annahmen nicht entgegentreten können. Sie habe auf Grund der angeführten gesetzlichen Bestimmungen nicht überprüfen können ob diese in Geltung stünden.

Dem Vorbringen der wirtschaftlichen Einheit sei nur insoweit stattgegeben worden, als das der c inneliegende, durch die öffentliche Verkehrsfläche abgetrennte Grundstück d, welches als forstwirtschaftlich genutzt mit Null bewertet war, nunmehr als Bauland bewertet der Einheitswertberechnung für c zugezählt sei. Die Abgrenzung als zwei wirtschaftlich unabhängige Immobiliengegenstände erscheine weiterhin als objektiv willkürlich. Die c sei nur über die c zu erreichen (Zufahrt). Notwendige Bestandteile des Mühlenbetriebsgebäudes (Löschteich) befänden sich in Sicherheitsabstand entfernt und damit auf c.

Mit dem schon seit 2008 rechtzeitig geltend gemachten Vorbringen, die vergleichbaren, aber wesentlich kleineren (ca. 3.000m2) Nachbargrundstücke seien hinsichtlich des Bodenpreises unerklärlicher Weise nur mit einem Bruchteil des der Berufungswerberin auferlegten Bodenpreises bewertet, setze sich die belangte Behörde nicht auseinander.

Der Steuergegenstand c und c sei hinsichtlich des Bodenwertes als "Wertfortschreibung" behandelt worden. § 23 Bewertungsgesetz sehe zwingend vor, dass bei Nachfeststellungen wie es hier der Fall sei, zwar die Wertverhältnisse vom Hauptfeststellungszeitpunkt zugrunde zu legen seien, aber der tatsächliche Zustand des Grundbesitzes vom Fortschreibungszeitpunkt zu beachten sei. Genau das unterlasse die belangte Behörde. Wie aus dem Immobilienpreisspiegel der Bundeskammer zu entnehmen sei, betrage der durchschnittliche Preis für Fabriksgrundstücke im Bezirk Z weniger als die hier angesetzten ATS 150,00. Betrachte man die einzige öffentliche Versteigerung von Betriebsbaugebiet in S so zeige sich, dass sich seit 2004 und auch noch nach 6 Jahren kein Interessent gefunden habe, der bereit gewesen sei, den vom Gutachter angesetzten Schätzwert zu zahlen. Bei einer anderen öffentlichen Versteigerung habe sich ebenfalls kein Interessent gefunden. Der Masseverwalter habe "freihändig" an den einzigen Interessenten verkaufen müssen.

Der Einheitswert sei dem Gesetzgeber folgend mit einem Drittel des Verkehrswertes anzusetzen. Der Verkehrswert Land- und Forstwirtschaftlicher Immobilien sei aus dem Ertragswert abzuleiten. Laut Studie von B führe weder ein Hochwasserschutzdamm um die Immobilie zu einer kostendeckenden Verwertbarkeit, noch könne das Einebnen des deutlich über 40 Jahre alten Baumbestandes aus dem Erlös einer bestandsfreien Liegenschaft zum örtlichen Durchschnittspreis laut Immobilienpreisspiegel finanziert werden. Genau deshalb sei von einem negativen Verkehrswert auszugehen. Die belangte Behörde bestreite, dass eine Immobilie einen negativen Verkehrswert haben könne. Die belangte Behörde liege mit der Begründung, dass die Abwertung für das Hochwassergebiet (HQ100) 20% betrage, weil das der Sachverständige meine und auch das Ministerium bis 25% als Richtwert angebe, außerhalb jeglicher logischer Nachvollziehbarkeit. Es möge zutreffen, dass im Bundesdurchschnitt bis 25% Abwertung zu beobachten sei. Daraus lasse sich für den Einzelfall nichts gewinnen.

Die belangte Behörde gebe dem § 23 BewG einen denkunmöglichen Inhalt, da sie die Baupreise von 1973 ansetze und sie mit einer Afa von 1,3% abwerte, egal ob Wohn- oder Betriebsanlage.

Der Grundsteuerbescheid sei wegen der nicht gelösten Vorfrage rechtswidrig, da ihm regelmäßig der mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastete Feststellungsbescheid zu Grunde liege. Die angefochtenen Bescheide seien Grundlage für die Vorschreibung einer objektiv überhöhten Grundsteuer.

Die Bf. beantragt, den Einheitswert für beide Liegenschaften c und c mit pauschal 1.000,00 Euro festzusetzen.

Am  fand die Besichtigung der Liegenschaften y im Hinblick auf die eingereichten Berufungen und Wertfortschreibungsanträge zum statt (vgl. Niederschrift vom ).

Dabei wurden im Beisein der Pflichtigen und Herrn B die Liegenschaften c und a besichtigt. Dabei wurden die Lagerhallen und das Betriebsareal außen sowie innen begangen. Im Speziellen wurde das Lager I und das Lager II, die Lkw Garagen, das Silolager und das Flugdach bzw. das Heizhaus mit WC und abschließend der Wohntrakt und Bürotrakt (alle Baujahre laut Aktenlage) besichtigt. Es wurden keine Ausmaßmessungen durchgeführt, da das bekanntgegebene Ausmaß in den eingereichten BG 30 ungeprüft übernommen wird. Begangen wurden neben der Parzelle d Diese sieben Parzellen sind erfasst im EW-AZ 2.

Weiters gehört zur c noch das Grundstück d (Wald), derzeit erfasst im EW-AZ 3 als eigene wirtschaftliche Einheit (land- und forstwirtschaftliches Vermögen).

Bei der Besichtigung des Grundstückes wurde von B mitgeteilt, diese Parzelle sei für die Erschließung des Betriebsgeländes erforderlich, um einen ausreichend großen Wendekreisradius für eine bewilligte LKW-Zufahrt vom öffentlichen Gut in die Parz. d zu haben. Zwischen der Parz. d und d befindet sich die Parz. e (öffentliches Gut-Zufahrtsstraße). Das Grundstück ist die Böschung zwischen öffentlichem Gut und Werksbach und es befinden sich darauf Lindenbäume. Die Grenzen sind strittig. Der Werksbach wurde laut B und der Bf. Ende 1987 zusammen mit dem Kleinkraftwerk an die D verkauft. Laut Herrn B ist seiner Meinung nach diese Parzelle Teil des Betriebsareals und wäre daher auch mit dem gleichen Bewertungsmaßstab zu bewerten.

Es wurden umfangreiche Fotos zur Dokumentation des Íst-Standes angefertigt.

Die Parzellen b inneliegend in der a, beim Finanzamt erfasst unter EW-AZ 1, wurden begangen. Darauf befindet sich das im Jahr 1967 errichtete Einfamilienhaus Adresse. Das Gebäude besteht aus einem Kellergeschoß, Erdgeschoß, Obergeschoß und angebauter Garage. Das genaue Ausmaß wurde nicht nachgemessen, sondern werden die bekannt gegebenen Werte in der BG 30 als richtig angenommen.

B gibt hinsichtlich der Belastungen (Servitute) folgendes an: c, öffentlicher Hauptsammelkanal zugunsten der Gemeinde S samt Zufahrt zu den Reinigungsöffnungen, dafür gibt es einen schriftlichen Vertrag mit der Gemeinde S. Zutritt zum linken Werksbachufer über das Grundstück d zugunsten f (Kleinwasserkraftwerk).

a, hinsichtlich der Grundstücke b besteht ein Leitungsrecht zugunsten der g. Ein Leitungsrecht über das Grundstück b. Niederspannungsanschluss für c. Die Zufahrt zum Wohnhaus und zu den Garagen auf Grundstück b erfolgt über das in c liegende Grundstück d.

2, Adresse:

Dem Bemessungsakt ist zu entnehmen, dass die Bewertung nach Aktenlage und nach der Besichtigung am durchgeführt worden ist. Die genauen Abmessungen wurden aus dem Formular BG 30 der Pflichtigen übernommen und mit einfachster Bauausführung bewertet. Die entsprechenden Wertansätze für die einzelnen Gebäudeteile wurden ebenfalls auf Grund des Lokalaugenscheines vom festgesetzt.

Gebäudeberechnung:


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Wohntrakt
Bj 1882
931,2 m3
Bürotrakt
Bj 1882
372,1 m3
LKW-Garage
Bj 1882
1713,6 m3
Flugdach
Bj 1961
1148 m3
Silolager
Bj 1961
4416 m3
Lager 1
Bj 1956
3732,4 m3
Lager 2
Bj 1961
1620 m3
Heizhaus/WC/WR
Bj 1978
56 m3

Bodenwert:

Die bisher im Forst-Akt 3 bewertete Fläche wurde, wie mit der Pflichtigen besprochen und gefordert zum Akt 2 dazugelegt, der Forst-Akt mit gelöscht. Damit ergibt sich für gegenständliche EW-AZ ein Grund und Boden im Ausmaß von 9.878 m2.

Wie das Finanzamt vermerkt hat wurde der in dieser Gegend übliche Preis aus 1973 mit ATS 150,00/m2 angesetzt.

Ansatz laut Aktenlage nach Ausspaltung (große Fläche) ATS 90,00. Davon ca. 90% im HQ100 Gebiet (laut Gemeinde -siehe Aktenlage), sowie ein Abschlag von 20% von einem beauskunfteten Gegend üblichen Abschlag von 10% bis 25%. Das ergab 90,00 ATS minus 20% bei HQ100 Gebiet, somit 72,00 ATS.

Bodenwertberechnung:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
9878 m2 gesamt
 
 
für 10% Normalansatz
90,00 ATS x 988 m2
88.920,00
für 90% HQ100-Ansatz
72,00 ATS x 8890 m2
640.080,00
ergibt durchschnittlich
73,80 ATS = 5,3633 Euro/m2

1, Einfamilienhaus Adresse:

Die Bewertung wurde entsprechend der Aktenlage nach den vorliegenden Plänen und den Angaben der Pflichtigen durchgeführt. Weiters wurde eine genaue Besichtigung des Areals und des Einfamilienhauses durchgeführt. Nebenliegende Grundstücke und die Lage wurden in die Bewertung einbezogen. Die durch das Hochwasser entstandenen Schäden, die in einigen Gebäudeteilen Wertminderungen darstellen, wurden berücksichtigt. Wie das Finanzamt im Zuge seiner Erhebungen festgestellt hat, kann die Tatsache, dass einige Gebäudeteile aufgelassen wurden, nicht zu einer Nichtbewertung führen.

Gebäudeberechnung:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Einfamilienhaus - Keller
 
Teil A
8,50 x 5 x 2,20
Teil B
11,50 x 4,50 x 2,20
Teil C
11,50 x 8 x 2,20
Erdgeschoss
 
Teil I
11,50 x 8,30 x 3
Teil II
11,50 x 4,50 x 3
Teil III
8,50 x 4,9 x 3
Teil IV
6,4 x 2,7 x 3
PKW-Einstellraum
 
Teil V
6,40 x 5,5 x 2,50
1. Stock
 
Teil I
11,0 x 6 x 2,9
Teil II
11,0 x 3,8 x 2,9
Teil III
9,6 x 4,5 x 2,9

Grundpreis in dieser Lage in y, Adresse:

Ansatz in diesem Ortsteil normal bei Hauptfeststellung II/2/150,00 ATS

Ansatz laut Aktenlage nach Aufsplittung (große Fläche) 90,00 ATS

Vergleichsgrundstücke:

[...]

Nach Berücksichtigung des HQ100 Gebietes - beschlossen und genehmigt von Gemeinde und Land in den Jahren 2009 und 2010 stellt sich folgende Rechnung für den Bodenwert dar:

Etwa die Hälfte liegt in diesem HQ100 Gebiet. Bei einem möglichen Abschlag lt. Sachverständigem von 10-25% wurde ein angemessener Abschlag von 20% zur Anwendung gebracht.

Bodenwertberechnung:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
8572 m2 gesamt
Zur Hälfte 4286 m2
 
vom festgestellten Bodenwert von 90,00 ATS (6,5406 Euro) 80% ergibt 72,00 ATS (5,2324 Euro)
4286 m2 x 6,5406 Euro
 
 
4286 m2 x 5,2324 Euro
 
 
Durchschnitt = 5,8865 Euro
 
 

Auf Basis der genannten Erhebungen wurden die Berechnungen erstellt und die angefochtenen Bescheide erlassen.

Nach einem mangels Unterschrift durchgeführten Mängelbehebungsverfahren ist die Beschwerde nun mehr zu behandeln.

2. Übergang der Zuständigkeit vom UFS auf das BFG

Da die gegenständliche Berufung am beim unabhängigen Finanzsenat anhängig war, ist die Zuständigkeit zur Entscheidung gemäß § 323 Abs. 38 BAO auf das Bundesfinanzgericht übergegangen und ist die Rechtssache als Beschwerde im Sinne des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen.

Der Geschäftsverteilungsausschuss hat die Rechtssache nun mehr der Gerichtsabteilung 1088 zur Erledigung zugewiesen.

3. Beweiserhebung

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die Einheitswertakten EW-AZ 1 und EW-AZ 2.

4. Rechtslage und Erwägungen

In gleicher Sache wurden hinsichtlich eines vorangegangenen Stichtages bereits Verfahren auf Grund von Anträgen auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 BAO geführt.

Das Finanzamt hatte am und regelmäßig Feststellungsbescheide zum erlassen. Diesbezüglich hat die Bf. im Jahr 2008 insbesondere unter Hinweis auf ein Bewertungsgutachten des Herrn Arch. C sowie der von der P Landesregierung beauftragten Studie zur Entwicklung der Q, im Detailprojekt Pilotgemeinde y, Anträge auf Wiederaufnahme des Verfahrens gestellt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat zu Ra 2018/13/0066 vom und Ra 2018/13/0065 (Serie erledigt im gleichen Sinn) ausgeführt:

 "Gemäß § 51 Abs. 1 BewG gehört der Grund und Boden einschließlich der Bestandteile (insbesondere Gebäude) und des Zubehörs zum Grundvermögen.

§ 53 BewG lautet auszugsweise:

"Bewertung von bebauten Grundstücken.

§ 53. (1) Bei der Bewertung von bebauten Grundstücken (Grundstücke, deren Bebauung abgeschlossen ist, und Grundstücke, die sich zum Feststellungszeitpunkt im Zustand der Bebauung befinden), ist vom Bodenwert (Abs. 2) und vom Gebäudewert (Abs. 3 bis 6) auszugehen.

(2) Als Bodenwert ist der Wert maßgebend, mit dem der Grund und Boden allein als unbebautes Grundstück gemäß § 55 zu bewerten wäre. Dabei sind insbesondere die Lage und die Form des Grundstückes sowie alle anderen den gemeinen Wert von unbebauten Grundstücken beeinflussende Umstände zu berücksichtigen. Der Wert jener Fläche, die das Zehnfache der bebauten Fläche nicht übersteigt, ist um 25 v.H. zu kürzen.

(3) Der Gebäudewert ist vorbehaltlich der Bestimmungen der Abs. 4 und 5 aus dem Neuherstellungswert abzuleiten, der sich je nach der Bauweise und Ausstattung der Gebäude oder der Gebäudeteile bei Unterstellung von Durchschnittspreisen je Kubikmeter des umbauten Raumes der Gebäude oder der Gebäudeteile ergibt. Umbauter Raum ist der auf mindestens drei Seiten von Wänden umschlossene innere nutzbare Raum zuzüglich des Raumes, den die Umwandung einnimmt.

(...)

(10) Bei bebauten Grundstücken, deren gemeiner Wert geringer ist als der auf Grund der Bestimmungen der Abs. 1 und 9 ermittelte Wert, ist auf Antrag der gemeine Wert zugrunde zu legen.

(11) Mindestens sind als Einheitswert eines bebauten Grundstückes, wenn sich gemäß Abs. 1 bis 10 ein geringerer Wert ergibt, sieben Zehntel des Wertes anzusetzen, mit dem der Grund und Boden gemäß Abs. 2 zu bewerten ist."

Gemäß § 55 Abs. 1 BewG sind unbebaute Grundstücke mit dem gemeinen Wert zu bewerten.

Der gemeine Wert wird gemäß § 10 Abs. 2 BewG durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen.

§ 23 BewG lautet:

"Wertverhältnisse bei Fortschreibungen und bei Nachfeststellungen.

§ 23. Bei Fortschreibungen und bei Nachfeststellungen der Einheitswerte für Grundbesitz sind der tatsächliche Zustand des Grundbesitzes vom Fortschreibungszeitpunkt oder vom Nachfeststellungszeitpunkt und die Wertverhältnisse vom Hauptfeststellungszeitpunkt zugrundezulegen."

Sache des Beschwerdeverfahrens war der von der Beschwerdeführerin eingereichte Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens im Zusammenhang mit dem darin im Sinne des § 303 Abs. 1 lit. b BAO (neu hervorgekommene Tatsachen oder Beweismittel) vorgebrachten Wiederaufnahmsgrund, im Zuge einer Studie sei hervorgekommen, dass (u.a.) das gegenständliche Grundstück "bei einem 100-jährlichen Hochwasser (HQ-100) überflutet" werde und gemäß den einschlägigen Bestimmungen der Bauordnung "HQ-100 gefährdete Flächen im Flächenwidmungs- und Bebauungsplan nicht mehr als Bauland ausgewiesen werden" dürften. Als weitere Gründe für die angestrebte Wiederaufnahme des Verfahrens wurden im Antrag Einheitswertbescheide von Nachbarliegenschaften mit weit niedrigeren Bodenwerten und der desolate Zustand des auf dem Grundstück befindlichen Gebäudes ins Treffen geführt.

Dem Revisionsvorbringen, wonach eine Wiederaufnahme des Verfahrens zu erfolgen habe, weil in den Einheitswertbescheiden benachbarter Grundstücke weit niedrigere Bodenwerte ausgewiesen würden, ist zu entgegnen, dass der Bodenwert gemäß § 53 Abs. 2 in Verbindung mit § 55 Abs. 1 BewG mit dem gemeinen Wert zu bewerten ist. Der gemeine Wert wird nach § 10 Abs. 2 BewG durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Da bei einer Wertfortschreibung gemäß § 23 BewG die Wertverhältnisse zum Hauptfeststellungszeitpunkt zugrunde zu legen sind, sind Vergleichspreise aus Grundstücksverkäufen um den Hauptfeststellungszeitpunkt (Anm: hier 1973) im Allgemeinen später erzielten Verkaufspreisen vorzuziehen (vgl. ). Der behördlich festgestellte Einheitswert benachbarter Grundstücke ist hingegen kein im Gesetz vorgesehener Vergleichsmaßstab für die Ermittlung des Bodenwertes. Im Hinblick darauf stellt der behauptete Umstand, dass die Bodenwerte von Nachbarliegenschaften differieren, von vornherein keine Tatsache dar, die zu einem im Spruch anders lautenden Bescheid führen kann.

Die Tatsache, dass sich das auf dem verfahrensgegenständlichen Grundstück befindliche Gebäude seit der Hochwasserkatastrophe im Jahr 2002 in einem desolaten Zustand befindet, geht bereits aus dem Antrag auf Neufestsetzung des Einheitswertes vom hervor und wurde - worauf im angefochtenen Erkenntnis zutreffend hingewiesen wird - im Bescheid vom berücksichtigt. Der desolate Zustand des Hauses stellt daher keine neu hervorgekommene Tatsache im Sinne des § 303 Abs. 1 lit. b BAO dar.

Soweit die Revisionswerberin den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens darauf stützt, dass im Zuge einer - nach Ergehen des Bescheides vom erstellten - Studie hervorgekommen sei, dass (u.a.) das gegenständliche Grundstück "bei einem 100-jährlichen Hochwasser (HQ-100) überflutet" werde und gemäß den einschlägigen Bestimmungen der Bauordnung "HQ-100 gefährdete Flächen im Flächenwidmungs- und Bebauungsplan nicht mehr als Bauland ausgewiesen werden" dürften, ist ihr Folgendes zu erwidern:

Gemäß § 10 Abs. 2 BewG wird der gemeine Wert durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Durch die Hochwasserkatastrophe im Jahr 2002 kam hervor, dass das verfahrensgegenständliche Grundstück im Überschwemmungsgebiet liegt. Durch diesen im Antrag vom geltend gemachten Umstand hat sich der (Boden)Wert des Grundstücks objektiv vermindert, weshalb das Finanzamt am einen Feststellungsbescheid zum (Wertfortschreibung gemäß § 21 Abs. 1 Z 1 lit. b BewG) erlassen hat, mit dem der Einheitswert entsprechend herabgesetzt worden ist.

Folgt man den Ausführungen in der Revision, so ging man bei Ergehen des Feststellungsbescheides zum von einem einmaligen Ereignis (1500-jährliches Hochwasser) aus, das für die Festlegung des Einheitswertes weit weniger relevant sei als eine zwischenzeitig vorliegende Studie, die von einem 100- jährlichen Hochwasserereignis ausgehe und zur Einbeziehung des verfahrensgegenständlichen Grundstücks in die HQ-100 Gefahrenzone sowie zu einer Änderung des Flächenwidmungsplanes mit Einschränkung der Bebauungsmöglichkeit geführt habe. Nach diesem Vorbringen hat sich durch die - nach Ergehen des Bescheides vom erstellte - Studie die Gefahrenprognose, die im hypothetischen Verkaufsfall den wertbestimmenden Faktor bildet, geändert. Die Veröffentlichung der Studie hat demnach zu einer weiteren (Boden)Wertminderung des verfahrensgegenständlichen Grundstücks geführt, der das Finanzamt gemäß den vorliegenden Verwaltungsakten durch Erlassen eines neuen Feststellungsbescheides zum auch Rechnung getragen hat. Die von der Revision ins Treffen geführte Studie stellt somit eine für Zwecke der Einheitswertermittlung neue und nicht eine neu hervorgekommene Tatsache im Sinne des § 303 Abs. 1 lit. b BAO dar."

Das Finanzamt hat am im Beisein der Bf und des Herrn B einen Lokalaugenschein vorgenommen und die diesbezügliche Niederschrift ausgehändigt. Weiters wurden der Bf. Akteneinsicht gewährt und die Vermerke über die Berechnung sowie weitere bewertungsrelevante Überlegungen ausgehändigt. Von einer Verletzung des Parteiengehörs kann somit keine Rede sein.

Das Finanzamt hat in der Folge in Anwendung der - allesamt in Geltung stehenden - zuvor genannten gesetzlichen Bestimmungen und unter Beachtung aller wertrelevanten (auch wertmindernden) Umstände, anhand der Unterlagen, welche der Bf. allesamt bekannt waren, die Bewertung vorgenommen und zu den spruchgegenständlichen Stichtagen entsprechende Wertfortschreibungsbescheide erlassen.

Das BFG sieht keinen Anlass die oben dargestellten Parameter in Zweifel zu ziehen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof im genannten Erkenntnis ausgeführt hat, ist der behördlich festgestellte Einheitswert benachbarter Grundstücke kein im Gesetz vorgesehener Vergleichsmaßstab für die Ermittlung des Bodenwertes.

Gemäß § 21 Abs. 1 GrStG 1955 ist im Falle einer Fortschreibung des Feststellungsbescheides über einen Einheitswert der neuen Veranlagung des Steuermessbetrages (Fortschreibungsveranlagung) der Einheitswert zugrunde zu legen, der auf den Fortschreibungszeitpunkt (§ 21 Abs. 4 des Bewertungsgesetzes 1955) festgestellt worden ist. Entsprechendes gilt für die anderen im Fortschreibungsbescheid getroffenen Feststellungen.

Im Rahmen des in der Bundesabgabenordnung (BAO) verankerten Systems von Grundlagenbescheiden und davon abgeleiteten Bescheiden sind die Grundsteuermessbescheide von Einheitswertbescheiden (das sind gemäß den §§ 185, 186 oder 193 BAO erlassene Feststellungs- und Fortschreibungsbescheide) bindend abzuleitende Bescheide. Zu den Feststellungsbescheiden im Sinne des § 192 BAO gehören nicht nur Hauptfeststellungs- und Nachfeststellungsbescheide, sondern auch Fortschreibungsbescheide.

Da die Feststellungsbescheide regelmäßig mit dem Wertfortschreibungsbescheid zum abgeändert wurden, waren auch für den Grundsteuermessbetrag Fortschreibungsveranlagungen zu diesem Stichtag durchzuführen. Die Erlassung der Grundsteuermessbescheide zum erfolgte daher zu Recht.

Die Beschwerde war daher im ganzen Umfang als unbegründet abzuweisen.

5. Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entspricht und dem Erkenntnis keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt.

Hinweis zum 2. COVID-19-Gesetz

Abweichend von der folgenden Rechtsbelehrung beginnt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof gegen diese Entscheidung – sofern diese vor dem zugestellt wurde - mit zu laufen (§ 6 Abs. 2 i. V. m. § 1 Abs. 1 Art. 16 2. COVID-19-Gesetz BGBl. I Nr. 16/2020).Bj

Wien, am

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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
VwGH, Ra 2018/13/0066
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7103176.2011

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at