Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 27.02.2020, RV/7100361/2020

Abgabenerhöhung nach § 29 Abs. 6 FinStrG, Entrichtung nicht erfolgt

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch in der Beschwerdesache M, (Bf.) vertreten durch Mag. Robert Charvát, Dornbacher Straße 45, 1170 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Baden Mödling vom betreffend Abgabenerhöhung nach § 29 Abs. 6 FinStrG in nichtöffentlicher Sitzung vom zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird - ersatzlos - aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom wurde gemäß § 29 Abs. 6 FinStrG eine Abgabenerhöhung von € 8.994,45 aufgrund nachstehender Bemessungsgrundlage festgesetzt:

Abgabenart /Zeitraum Mehrbetrag
Umsatzsteuer 2018 € 59.963,10
Summe der Mehrbeträge € 59.963,10
davon Abgabenerhöhung 15 % € 8.994,45

Zur Begründung führte die Behörde aus:

"Gemäß § 29 Abs. 6 FinStrG tritt strafbefreiende Wirkung von anlässlich einer
finanzstrafbehördlichen Nachschau, Beschau, Abfertigung oder Prüfung von Büchern oder
Aufzeichnungen erstatteten Selbstanzeigen hinsichtlich zumindest grob fahrlässig begangener Finanzvergehen nur insoweit ein, als neben den verkürzten Abgaben auch eine festzusetzende Abgabenerhöhung rechtzeitig entrichtet wird. Die Höhe dieser Abgabenerhöhung bemisst sich mit einem Prozentsatz der Summe der sich aus der Selbstanzeige ergebenden Mehrbeträge.
Die Höhe dieses Prozentsatzes beträgt 5 %. Übersteigt die Summe 33.000,00 €, beträgt der Prozentsatz 15 %, übersteigt sie 100.000,00 €, beträgt der Prozentsatz 20 % und übersteigt die Summe 250.000,00 € beträgt der Prozentsatz 30 %.

Die gegenständliche Selbstanzeige wurde anlässlich einer Außenprüfung gem. § 147 Abs. 1 BAO erstattet. Aufgrund des mit der Selbstanzeige dargelegten Fehlverhaltens liegt zumindest grob fahrlässige Tatbegehung vor.

Aufgrund der sich aus der Selbstanzeige ergebenden Summe der Mehrbeträge von € 59.963,10 ist die Abgabenerhöhung gem. § 29 Abs. 6 FinStrG mit 15 % zu bemessen."

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Dagegen richtet sich die Beschwerde vom mit folgendem Inhalt:

"Ich beantrage die Aufhebung des angefochtenen Bescheids und die Erlassung des Bescheids ohne Einbeziehung der Umsatzsteuervoranmeldung für September 2018.

Begründung:
1. Der angefochtene Bescheid erging auf Grund einer Selbstanzeige vom . Mit dieser Selbstanzeige wurden Verfehlungen meines Klienten für den Zeitraum Mai bis September 2018 dargelegt. Die Selbstanzeige wurde im Rahmen eines Besprechungstermins mit dem Betriebsprüfer am diesem persönlich übergeben. Die Übergabe der Selbstanzeige erfolgte dabei gleich nach Eintreffen des Betriebsprüfers an diesen. Zum Zeitpunkt des Eintreffens betraf die Betriebsprüfung gemäß Prüfungsauftrag den Zeitraum Juli 2017 bis April 2018. Auf Grund der Kommunikation (konkret eine Excel Tabelle in einem e-mail) mit dem Betriebsprüfer, die per e-mail erfolgte, war ersichtlich, dass dieser anlässlich des Besprechungstermins am den Prüfungszeitraum bis inklusive August 2018 ausdehnen wollte.
Auf Grund der oben stehenden Ausführungen ist daher erkennbar, dass zum Zeitpunkt der Selbstanzeige am seitens der Betriebsprüfung noch keine Prüfung bzw. Nachschau für den Zeitraum September 2018 angemeldet oder in sonstiger Weise bekannt gegeben wurde. Die Voraussetzungen für die Vorschreibung einer Abgabenerhöhung gemäß § 29 Abs. 6 FinStrG liegen daher für die Nachzahlung dieses Monats nicht vor und ist der angefochtene Bescheid insofern mit dem Mangel der Rechtswidrigkeit belastet.

Die USt Nachzahlungen für den Zeitraum Mai bis August 2018 betragen € 8.560,90.Bei diesem Verkürzungsbetrag beträgt die prozentuelle Abgabenerhöhung 5%, wodurch sich ein korrekter Erhöhungsbetrag von €428,04 ergibt. Der angefochtene Bescheid ist daher in dem Ausmaß, in dem er € 428,04 übersteigt, rechtswidrig.

2. Antrag auf Entscheidung durch den gesamten Senat gemäß § 272 Abs. 2 Z I BAO

Hiermit beantrage ich die gegenständliche Beschwerde dem gesamten Senat zur Entscheidung vorzulegen.

3. Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 274 Abs. 1 BAO

Weiters stelle ich hiermit den Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung gemäß
§ 274 Abs. 1 BAO.

4. Aussetzung der Einhebung gem. § 212a BAO

Hiermit beantrage ich die gemäß § 212a BAO die Aussetzung der Einhebung des durch die gegenständliche Beschwerde zum Wegfall kommenden Betrags in Höhe von € 8.566,41."

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Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und dies wie folgt begründet:

"Lt. Beschwerdebegründung wird im Rahmen des Rechtsmittels argumentiert, dass zum Zeitpunkt der gegenständlichen Selbstanzeige () seitens der BP noch keine Prüfung bzw. Nachschau für den Monat 09/2018 angemeldet war und sohin die Voraussetzungen für die Vorschreibung einer Abgabenerhöhung nach § 29 Abs. 6 FinStrG hinsichtlich des bekanntgegebenen Mehrbetrages für diesen Monat nicht vorliegen.

Nach dem Gesetzeswortlaut ist Voraussetzung für die Festsetzung einer Abgabenerhöhung in diesem Zusammenhang ausschließlich, dass Selbstanzeigen anlässlich einer abgabenbehördlichen Nachschau oder Prüfung nach deren Anmeldung oder sonstigen Bekanntgabe erstattet wird. Die behauptete Einschränkung auf den Prüfungszeitraum und die vom Prüfungsauftrag umfassten Abgaben ist dem Gesetzestext weder zu entnehmen, noch war eine solche beabsichtigt. Vielmehr war es erklärtes Ziel Finanzstraftäter dazu anzuhalten, ohne Anstoß durch die Behörde ihre Verfehlungen darzulegen und Selbstanzeigen, die Abgaben beinhalten, deren Nichtentrichtung bei verständiger Würdigung der Sachlage im Rahmen einer Prüfung aufgedeckt werden würden, mit einer zusätzlichen Leistung zu bedenken. Sohin sollte jedwedes Taktieren hinsichtlich nicht im Prüfungsauftrag angeführter Zeiträume oder Abgabenarten hintangehalten werden.

Mehrbetrag ist sohin (auch nach Rechtsansicht des BFG und des VwGH) alles, was ein Selbstanzeiger allenfalls auch bloß aus Befürchtung einer Entdeckung in einer nach Anmeldung oder sonstigen Bekanntgabe einer Prüfung eingebrachten Selbstanzeige als Verfehlung zugesteht.

Dem Beschwerdevorbringen kann daher nicht gefolgt werden und die Beschwerde war daher abzuweisen.

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Dagegen richtet sich der Vorlageantrag gemäß § 264 BAO vom :

"Ich beantrage im Namen und Auftrag meines im Betreff genannten Klienten die der folgenden Beschwerdevorentscheidung zu Grunde liegende Bescheidbeschwerde dem Bundesfinanzgericht (Verwaltungsgericht des Bundes für Finanzen) gemäß § 264 BAO zur Entscheidung vorzulegen:

Ich verweise auf die bisherige Begründung.

Ergänzend erlaube ich mir darauf zu verweisen, dass die in der Beschwerdevorentscheidung angeführte Begründung inhaltlich unrichtig ist. Die belangte Behörde führte darin aus, dass es für die Vorschreibung des Zuschlags ausreichen soll, dass die Selbstanzeige anlässlich einer abgabenbehördlichen Nachschau oder Prüfung erstattet wird. Die belangte Behörde übersieht dabei aber, dass die Nachschau bzw Prüfung zusätzlich auch angemeldet oder auf sonstige Weise bekannt gegeben worden sein muss. Es liegt daher eine eindeutige gesetzliche Einschränkung vor und ist der Zuschlag für den Zeitraum September 2018 rechtswidrig, da dieser Zeitraum zum Zeitpunkt der Selbstanzeige noch nicht Gegenstand der Betriebsprüfung war. Der Zuschlag ist daher insoweit als er den Zeitraum September 2018 betrifft rechtswidrig.

Zu der Behauptung, dass es sich hierbei um die Rechtsansicht des VwGH handelt, bleibt die belangte Behörde ein konkretes Judikat schuldig.

2. Antrag auf Entscheidung durch den gesamten Senat gemäß § 272 Abs. 2 Z 1 BAO

Hiermit beantrage ich die gegenständliche Beschwerde dem gesamten Senat zur Entscheidung vorzulegen.

3. Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 274 Abs. 1 BAO

Weiters stelle ich hiermit den Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 274 Abs. 1 BAO.

4. Aussetzung der Einhebung gem. § 212a BAO

Hiermit beantrage ich gemäß § 212a BAO die Aussetzung der Einhebung des durch den gegenständlichen Vorlageantrag zum Wegfall kommenden Abgabenbeträgs in Höhe von € 8.566,41."

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 29 Abs. 1 FinStrG wird, wer sich eines Finanzvergehens schuldig gemacht hat, insoweit straffrei, als er seine Verfehlung darlegt (Selbstanzeige). Die Darlegung hat, wenn die Handhabung der verletzten Abgaben- oder Monopolvorschriften den Zollämtern obliegt, gegenüber einem Zollamt, sonst gegenüber einem Finanzamt zu erfolgen. Sie ist bei Betretung auf frischer Tat ausgeschlossen.

Abs. 2: War mit einer Verfehlung eine Abgabenverkürzung oder ein sonstiger Einnahmenausfall verbunden, so tritt die Straffreiheit nur insoweit ein, als der Behörde ohne Verzug die für die Feststellung der Verkürzung oder des Ausfalls bedeutsamen Umstände offen gelegt werden, und binnen einer Frist von einem Monat die sich daraus ergebenden Beträge, die vom Anzeiger geschuldet werden, oder für die er zur Haftung herangezogen werden kann, tatsächlich mit schuldbefreiender Wirkung entrichtet werden. Die Monatsfrist beginnt bei selbst zu berechnenden Abgaben (§§ 201 und 202 BAO) mit der Selbstanzeige, in allen übrigen Fällen mit der Bekanntgabe des Abgaben- oder Haftungsbescheides zu laufen und kann durch Gewährung von Zahlungserleichterungen (§ 212 BAO) auf höchstens zwei Jahre verlängert werden. Lebt die Schuld nach Entrichtung ganz oder teilweise wieder auf, so bewirkt dies unbeschadet der Bestimmungen des § 31 insoweit auch das Wiederaufleben der Strafbarkeit.

Abs. 3: Straffreiheit tritt nicht ein,

a) wenn zum Zeitpunkt der Selbstanzeige Verfolgungshandlungen (§ 14 Abs. 3) gegen den Anzeiger, gegen andere an der Tat Beteiligte oder gegen Hehler gesetzt waren,

b) wenn zum Zeitpunkt der Selbstanzeige die Tat hinsichtlich ihrer objektiven Tatbestandsmerkmale bereits ganz oder zum Teil entdeckt und dies dem Anzeiger bekannt war oder die Entdeckung der Verletzung einer zollrechtlichen Verpflichtung hinsichtlich ihrer objektiven Tatbestandsmerkmale unmittelbar bevorstand und dies dem Anzeiger bekannt war, oder

c) wenn bei einem vorsätzlich begangenen Finanzvergehen die Selbstanzeige anlässlich einer finanzbehördlichen Nachschau, Beschau, Abfertigung oder Prüfung von Büchern oder Aufzeichnungen nicht schon bei Beginn der Amtshandlung erstattet wird, oder

d) bereits einmal hinsichtlich desselben Abgabenanspruches, ausgenommen Vorauszahlungen, eine Selbstanzeige erstattet worden ist.

Abs. 5: Die Selbstanzeige wirkt nur für den Anzeiger und für die Personen, für die sie erstattet wird.

Abs. 6: Werden Selbstanzeigen anlässlich einer finanzbehördlichen Nachschau, Beschau, Abfertigung oder Prüfung von Büchern oder Aufzeichnungen nach deren Anmeldung oder sonstigen Bekanntgabe erstattet, tritt strafbefreiende Wirkung hinsichtlich vorsätzlich oder grob fahrlässig begangener Finanzvergehen nur unter der weiteren Voraussetzung insoweit ein, als auch eine mit einem Bescheid der Abgabenbehörde festzusetzende Abgabenerhöhung unter sinngemäßer Anwendung des Abs. 2 entrichtet wird. Die Abgabenerhöhung beträgt 5 % der Summe der sich aus den Selbstanzeigen ergebenden Mehrbeträgen. Übersteigt die Summe der Mehrbeträge 33 000 Euro, ist die Abgabenerhöhung mit 15 %, übersteigt die Summe der Mehrbeträge 100 000 Euro, mit 20 % und übersteigt die Summe der Mehrbeträge 250 000 Euro, mit 30 % zu bemessen. Insoweit Straffreiheit nicht eintritt, entfällt die Verpflichtung zur Entrichtung der Abgabenerhöhung, dennoch entrichtete Beträge sind gutzuschreiben. Die Abgabenerhöhung gilt als Nebenanspruch im Sinne des § 3 Abs. 2 lit. a BAO.

Mit Prüfungsauftrag vom wurde zunächst für den Zeitraum Umsatzsteuer 07/2017-04/2018 eine Umsatzsteuernachschau gemäß § 148 BAO und § 99 Abs. 2 FinStrG begonnen.

Zur Verdachtslage wurde ausgeführt:

Auf Grund von den der Finanzbehörde vorliegenden Unterlagen, besteht der Verdacht, dass Sie nicht sämtliche Umsätze im Prüfungszeitraum wahrheitsgemäß offengelegt haben. Die Abgabenbehörde verfügt über Rechnungen mit Umsätzen, welche in den eingereichten Umsatzsteuervoranmeldungen keine Deckung finden. Damit besteht der Verdacht, dass Sie vorsätzlich im Bereich des Finanzamtes Baden Mödling unter Verletzung der Verpflichtung der Abgabe von dem § 21 des UStG 1994 entsprechenden Voranmeldungen im Zeitraum 07/2017 - 04/2018 Verkürzungen von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer in noch zu bestimmender Höhe bewirkt und dies nicht nur für möglich sondern für gewiss gehalten haben. Somit besteht der Verdacht, dass Sie das Finanzvergehen nach § 33 (2)a FinStrG begangen haben.

Gemäß § 147 Abs. 1 BAO kann, bei jedem, der zur Führung von Büchern oder von Aufzeichnungen oder zur Zahlung gegen Verrechnung mit der Abgabenbehörde verpflichtet ist, die Abgabenbehörde jederzeit alle für die Erhebung von Abgaben bedeutsamen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse prüfen (Außenprüfung).

Gemäß § 99 FinStrG ist die Finanzstrafbehörde auch befugt, zur Klärung des Sachverhaltes Nachschauen und Prüfungen im Sinne der Abgaben- oder Monopolvorschriften vornehmen zu lassen.

Die einschränkenden Bestimmungen des § 148 Abs. 3 und 5 BAO gelten für solche Prüfungen nicht.

Der Prüfungsauftrag wurde seitens des Geprüften am zur Kenntnis genommen und keine Selbstanzeige angekreuzt.

Mit wurde ein weiterer Prüfungsauftrag für 7/2017 bis 12/2018 ausgestellt und dies mit § 147 Abs. 1 BAO begründet.

Der zweite Prüfungsauftrag wurde seitens des Geprüften am zur Kenntnis genommen, wiederum wurde keine Selbstanzeige angekreuzt.

Gegenstand des Abgabenerhöhungsbescheides ist die schriftliche Selbstanzeige vom mit einem handschriftlichen Vermerk einer persönlichen Übernahme vom durch den Prüfer W.

Die Selbstanzeige wurde an namentlich an den Prüfer gerichtet und in der Sache wie folgt ausgeführt:

"In Zusammenhang mit den Umsatzsteuervoranmeldungen meines Klienten übermittle ich Ihnen in der Anlage die Jahresaufstellung der einzelnen Zahllasten nach Verbuchung der Belege für den Zeitraum Jänner bis September 2018. Es ergeben sich für die folgenden Monate die nachstehenden Zahllasten.


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Zeitraum
Zahllast/Gutschrift
1/18
-667,04
2/18
-6.876,76
3/18
3.549,17
4/18
2.897,31
5/18
-223,94
6/18
8.028,49
7/18
378,73
8/18
-529,33
9/18
51.402,20

Aus der Anlage sind die detaillierten Umsätze und Vorsteuern der einzelnen Monate erkennbar.

Auf Grund der oben angeführten Zahllasten ergeben sich daher in den Zeiträumen Mai bis September zu den bisher gemeldeten Zahllasten folgende Änderungen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Monat
Mai 18
Juni 18
Juli 18
Sept. 18
UVA bisher
-377,62
0
0
0
UVA neu
-223,94
8.028,49
378,73
51.402,20
Differenz
153,68
8.028,49
378,73
51.402,20

Ich lege im Auftrag meines Mandanten dessen Verfehlungen betreffend der Umsatzsteuerzahllasten für Mai bis September 2018 gemäß § 29 FinStrG offen.

Betreffend Rechtzeitigkeit der Selbstanzeige ist Folgendes anzuführen: Die Selbstanzeige ist für September 2018 jedenfalls rechtzeitig, da dieser Zeitraum von dem aktuellen Nachschauzeitraum nicht umfasst ist. Betreffend Mai bis August verhält es sich so, dass die Ausdehnung nur anhand einer Excel Tabelle erkennbar war und daher die notwendigen Formalitäten nicht eingehalten wurden, wodurch meines Erachtens für diesen Zeitraum auch noch eine Selbstanzeige möglich ist.

Die Zahllasten für die Zeiträume Juni bis September werde ich in den nächsten Tagen elektronisch übermitteln."

Hinsichtlich der Monate 1/2018 bis 4/2018 wurde die Selbstanzeige erst nach Beginn einer Prüfung nach § 99 Abs. 2 FinStrG erstattet, da sind offensichtlich Behörde wie Abgabepflichtiger der Ansicht gewesen, dass ihr nach § 29 Abs. 3 FinStrG keine strafaufhebende Wirkung zukommen kann und wurden diese Monate bei Berechnung einer Bemessungsgrundlage für eine Abgabenerhöhung außer Betracht gelassen. Die Bemessungsgrundlage für die Abgabenerhöhung ist die Summe der für die Monate 5, 6, 7, 9/2018 bekannt gegebenen Verkürzungsbeträge, jedoch nicht die Summe der tatsächlich nach der Prüfung festgesetzten Nachforderungen.

Gemäß § 21 Abs. 1 UStG hat der Unternehmer spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf einen Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonates eine Voranmeldung bei dem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer (Vorauszahlung) oder den auf den Voranmeldungszeitraum entfallenden Überschuss unter entsprechender Anwendung des § 20 Abs. 1 und 2 und des § 16 selbst zu berechnen hat. Die Voranmeldung gilt als Steuererklärung. Als Voranmeldung gilt auch eine berichtigte Voranmeldung, sofern sie bis zu dem im ersten Satz angegebenen Tag eingereicht wird. Der Unternehmer hat eine sich ergebende Vorauszahlung spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten.

Für Mai 2018 wurde nicht eine Gutschrift von € 223,94 festgesetzt, woraus sich eine zuvor zu hoch geltend gemachte Umsatzsteuergutschrift von € 153,68 ergeben hätte, sondern eine Nachforderung von € 1.776,06.

Für Juni 2018 wurde bei Fälligkeit keine Voranmeldung eingereicht und auch keine Vorauszahlung entrichtet. Die Nachforderung nach der Prüfung betrug € 14.778,49 und nicht wie mittels Selbstanzeige offen gelegt € 8.028,49. Mittels Beschwerdevorentscheidung wurde die Zahllast letztlich auf € 10.028,49 reduziert.

Für Juli 2018 wurde bei Fälligkeit ebenfalls keine Voranmeldung eingereicht und auch keine Vorauszahlung entrichtet. Die Nachforderung betrug letztlich € 2.378,73 und nicht wie mittels Selbstanzeige einbekannt € 378,73.

Für September 2018 wurde bei Fälligkeit ebenfalls keine Voranmeldung eingereicht und auch keine Vorauszahlung entrichtet. Die Nachforderung betrug letztlich € 53.402,21 und nicht € 51.402,20.

Gemäß § 29 Abs. 2 FinStrG wären die mittels Selbstanzeige offen gelegten Zahllasten. bzw. die Nachforderung auf Grund der zu hoch geltend gemachten Gutschrift für 3/2018, die ja bereits nach § 21 UStG fällig gewesen sind, binnen Monatsfrist ab Anzeigenerstattung zu entrichten gewesen (), was jedoch unterblieb.

Mit dem am Abgabenkonto bestehenden Guthaben wurde zwar die am eingebuchte Abgabenerhöhung trotz des bestehenden Aussetzungsantrages entrichtet, jedoch wurde der Rest durch die ebenfalls bereits fällig gewesenen Umsatzsteuervorauszahlungen für 7-10/2017 verbraucht.

Das Stundungs- und Ratenansuchen vom wurde zu einem Zeitpunkt gestellt, zu dem die strafaufhebende Wirkung einer Selbstanzeige bereits verwirkt war.

Die nachgemeldeten Zahllasten wurden somit nicht entsprechend den Vorgaben des § 29 Abs. 2 FinStrG entrichtet, daher konnte die Selbstanzeige für die Monate 3, 6, 7 und 9/2018 keine strafaufhebende Wirkung mehr erzielen und war der Bescheid bereits ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung und Eingehen auf den Beschwerdeinhalt nach der Aktenlage gemäß § 29 Abs. 6 vorletzter Satz FinStrG aufzuheben.

Informativ wird die Zahl des Erkenntnisses des VwGH zur Rechtsfrage "Bedeutung des Wortes anlässlich in § 29 Abs. 6 FinStrG" bekannt gegeben. R0 2019/16/0003:

"Die Abgabenbehörde und das Bundesfinanzgericht waren bei der Bemessung der Abgabenerhöhung nach § 29 Abs. 6 FinStrG in der Fassung der FinStrG-Novelle 2014 weder auf den Zeitraum ab dem In-Kraft-Treten dieser Novelle noch auf jenen in der Ankündigung vom Oktober 2016 beschränkt, sondern konnten prüfen, ob der Bemessung der Abgabenerhöhung sämtliche während des gesamten Zeitraumes der Selbstanzeige verkürzten Abgabenbeträge zugrunde zu legen seien, weil die Selbstanzeige auch insoweit anlässlich der angekündigten Außenprüfung erstattet worden sei."

Die verfahrensgegenständliche Selbstanzeige wurde nach Prüfungsbeginn einer Prüfungshandlung erstattet, daher waren die Vorgaben für die Festsetzung einer Abgabenerhöhung nach § 29 Abs. 6 FinStrG zu prüfen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

So eine Rechtsfrage lag verfahrensgegenständlich nicht vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 29 Abs. 6 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 147 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Zitiert/besprochen in
Schmutzer in BFGjournal 2023, 30
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7100361.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at