Nachsichtsansuchen wurde zu Unrecht zurückgewiesen.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den-Senat in der Beschwerdesache Bf., Adresse, vertreten durch Ernst & Young Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft m.b.H., Wagramer Straße 19, 1220 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 1/23 vom betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Nachsicht gemäß § 236 BAO in der Sitzung am zu Recht erkannt:
Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Eingabe vom brachte die Beschwerdeführerin ein Nachsichtsansuchen gemäß § 236 BAO mit folgendem Inhalt ein:
"Im Namen und Auftrag unserer o.a. Mandantin (Vollmacht ausgewiesen) stellen wir den
Antrag auf Nachsicht gemäß § 236 BAO betreffend die Körperschaftsteuer 2005 bis 2007 in Höhe folgender Steuerbeträge;
2005: € 5.112.198,83
2006: € 5.088.569,71
2007: € 4.084.622,36
Die Körperschaftsteuer 2005 wurde mit Bescheid vom , die Körperschaftsteuern 2006 und 2007 mit Bescheiden vom vorgeschrieben. Wir haben eine Verlängerung der Frist zur Berufung gegen diese Bescheide beantragt. Der Nachsichtsantrag setzt aber ebenso wenig wie die Bewilligung der Nachsicht die Rechtskraft der Abgabenvorschreibung voraus (6.1.3. . BMF- 10103/0023-VI/2006‚ AÖF 2006/16).
l. Sachverhalt
Die Bf., vormals Firma1 (im folgenden X), ist seit 2005 Gruppenträger einer Unternehmensgruppe im Sinne des § 9 KStG. Sie unterhält Zweigniederlassungen in New York und London, deren Einkünfte nach den betreffenden Doppelbesteuerungsabkommen unter Anrechnung der US-amerikanischen und britischen Gewinnsteuern in die österreichische Körperschaftsteuerbemessungsgrundlage einbezogen werden.
Darüber hinaus hat die X Erträge aus Wertpapieren und Kreditforderungen erzielt, bei denen Auslandssteuern laut Doppelbesteuerungsabkommen anrechenbar sind. Die X selbst hat in 2005 und 2007 - auch nach Betriebsprüfung - steuerliche Verluste erzielt. Das Gruppenergebnis war allerdings durch die Zurechnung der steuerlichen Gewinne der Gruppenmitglieder positiv. Nach Verrechnung mit den Verlusten und Verlustvorträgen des Gruppenträgers ergab sich in allen Jahren ein positives Einkommen. das der Körperschaftsteuer unterlag.
Die us-amerikanischen und britischen Abgaben wurden in den Körperschaftsteuererklärungen 2005 bis 2007 zur Anrechnung geltend gemacht. Dabei wurde der Anrechnungshöchstbetrag entsprechend der Rz 418 KStR 2001 berechnet. d.h. aus dem gesamten Gruppenergebnis errechnet. Damit konnten auch in 2005 und 2007, in denen die X selbst steuerliche Verluste erlitten hat, Auslandssteuern angerechnet werden.
Infolge einer Betriebsprüfung für die Jahre 2003 bis 2007 wurden die Verfahren betreffend Körperschaftsteuer und Umsatzsteuer vom Finanzamt wiederaufgenommen und die steuerpflichtigen Einkommen der Gruppenangehörigen entsprechend den Feststellungen der Betriebsprüfung verändert.
Das Finanzamt vertritt dabei der Rechtsprechung des . RV/1386-L/09‚ folgend die Rechtsauffassung, dass abweichend von Rz 418 KStR 2001 der Anrechnungshöchstbetrag nicht aus dem Gesamtergebnis der Gruppe, sondern auf der Ebene der einzelnen Gruppengesellschaften aus deren steuerpflichtigem Einkommen zu ermitteln ist. Daher sei in 2005 und 2007 aufgrund der eigenen Verluste der X keine ausländische Quellensteuer anrechenbar und sei der Anrechnungshöchstbetrag 2006 mit der auf das eigene Einkommen der X entfallenden Körperschaftsteuer gedeckelt. Daraus ergeben sich folgende anrechenbaren Auslandssteuern:
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Laut BP | 2005 | 2006 | ||
1 | Gesamteinkommen Gruppe vor Verlustabzug (davon Einkommen X) (davon Eink. Gruppenmitgl.) | € 91.612.975,77 (€-43,726.503,75) (€135,339.479,52) | €205,016.392,59 (€17,129.867,02) (€187,886.525,57) | € 80.604.545,70 (€-65,900.718,48) (€146,505.264,18) |
2 | Gesamteinkommen Gruppe nach Verlustabzug | € 22,903.243,93 | € 51,254.098,15 | € 20,151.136,42 |
3 | Körperschaftsteuer Gruppe (25% von 2.) | € 5,725.810,99 | € 12,813.524,54 | € 5,037.784,11 |
4 | Anrechenbare Auslandssteuer X | €7.027.187,34 | € 15,008.698,59 | € 13,295.760,14 |
5 | Anrechenbare Auslandssteuer Gruppenmitglieder | € 613.612,16 | € 3,442.488,07 | € 953.161,75 |
6 | davon angerechnet | € 613.612,16 | € 7,724.954,83 | € 953.161,75 |
7 | Nicht anger. Auslandssteuer der X | € 5,112.198,83 | € 5,088.569,71 | € 4,084.622,36 |
Gegenüber den Steuererklärungen beziehungsweise den Steuerbescheiden könnten daher in den Jahren 2005 und 2007 aufgrund der eigenen Verluste der X keine Auslandssteuern angerechnet werden. In 2006 wären die anrechenbaren Auslandssteuern mit der auf das eigene Einkommen der X entfallenden Körperschaftsteuer beschränkt.
Die Mindestkörperschaftsteuer und die von Dritten für Rechnung der X einbehaltene
Kapitalertragsteuer stellen bloße Vorauszahlungen auf die Körperschaftsteuer dar, die erst nach Anrechnung der Auslandssteuern auf die tatsächliche Körperschaftsteuerschuld anzurechnen sind und daher den nachzusehenden Betrag nicht mindern.
II. Begründung
Fällige Abgabenschuldigkeiten können gemäß § 236 Abs 1 BAO nachgesehen werden, wenn deren Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre. Die Unbilligkeit kann persönlicher oder sachlicher Natur sein. Nach § 3 Z 2 lit. b der Verordnung des BMF betreffend Unbilligkeit der Einhebung im Sinn des § 236 BAO, BGBI II 2005/435, liegt eine sachliche Unbilligkeit bei der Einhebung der Abgaben insbesondere vor, soweit die Geltendmachung des Abgabenanspruches
- in Widerspruch zu nicht offensichtlich unrichtigen Rechtsauslegungen steht, die vom BMF im Amtsblatt der österreichischen Finanzverwaltung (AÖF) veröffentlicht wurden
- und im Vertrauen auf die betreffende Äußerung bzw. Veröffentlichung für die Verwirklichung des die Abgabepflicht auslösenden Sachverhaltes bedeutsame Maßnahmen gesetzt wurden.
Rechtsauslegung
Die Frage der Anrechnung von Auslandssteuern in der Unternehmensgruppe wurde vom BMF erstmals im Abschnitt „6.4 Anrechnung ausländischer Quellensteuern" des Erlasses vom , BMF-010216/0031-lV/6/2005‚ Besteuerung von Unternehmensgruppen, der im AÖF 2005/99 veröffentlicht wurde, geregelt. Mit dem . GZ BMF-010216/0038-Vl/6/2007 wurde der Abschnitt 6.4. des Gruppenbesteuerungserlasses als Abschnitt 4.6.4. R2 418 in die KStR 2001 aufgenommen.
In Abschnitt 6.4 des Gruppenbesteuerungserlasses und Rz 418 KStR wird eine unterschiedliche Behandlung der anrechenbaren Auslandssteuern bei Gruppenmitgliedern einerseits und beim Gruppenträger andererseits vorgegeben. Für die Gruppenmitglieder sieht der dritte Absatz der Rz 418 KStR vor, dass der Anrechnungshöchstbetrag auf Ebene des Gruppenmitgliedes zu ermitteln ist (Einzelbetrachtung). Das Ergebnis des Gruppenmitgliedes und die anrechenbaren Auslandssteuern werden dann (kaskadenförmig) an den Gruppenträger weitergeleitet.
Für den Gruppenträger sieht der letzte Absatz der Rz 418 KStR 2001 hingegen eine andere Vorgangsweise vor: Da der Gruppenträger sein Einkommen mit der Maßgabe zu ermitteln hat, dass die Sonderausgaben vom zusammengefassten Ergebnis abzuziehen sind (siehe Pkt. 6.7 / Rz 441 bis Rz 443), sind beim Gruppenträger die anrechenbaren eigenen Quellensteuern auf das zusammengefasste Ergebnis zu beziehen. Im Ergebnis besteht beim Gruppenträger daher kein Unterschied, ob eigene oder von Gruppenmitgliedern zugerechnete ausländische Quellensteuern anzurechnen sind.
Aus dem letzten Absatz ergibt sich für den redlichen Richtlinienleser nach den allgemeinen Auslegungsgrundsätzen der österreichischen Rechtsordnung unzweifelhaft, dass die Bezugsgröße für die Anrechnung der eigenen Auslandssteuern beim Gruppenträger das zusammengefasste Ergebnis, d.h. das gesamte Gruppenergebnis ist. Das Einzelergebnis des Gruppenträgers oder eines Gruppenmitgliedes kann das BMF als Richtliniengeber auch bei weitester Wortinterpretation nicht mit „zusammengefasstes Ergebnis” gemeint haben. Der letzte Satz der Rz 418 KStR 2001 erklärt ausdrücklich, dass es keinen Unterschied macht, ob eigene oder die Auslandssteuern der Gruppenmitglieder anzurechnen sind. Es kommt daher nach der Absicht des Richtliniengebers beim Gruppenträger zu einer Vermischung der von den Gruppenmitgliedern weitergeleiteten Gewinne und anrechenbaren Auslandssteuern mit den eigenen Ergebnissen und Auslandssteuern.
Auch im Schrifttum wurde aus Rz 418 KStR die unterschiedliche Behandlung von anrechenbaren Auslandssteuern bei Gruppenmitgliedern und beim Gruppenträger herausgelesen: Während auf der Ebene jedes einzelnen Gruppenmitgliedes ein Anrechnungshöchstbetrag aus dem eigenen Einkommen zu ermitteln ist, sind die eigenen Auslandssteuern des Gruppenträgers auf das zusammengefasste Einkommen, d.h. die Summe der Einkommen der Gruppenmitglieder und des Gruppenträgers, zu beziehen (in diesem Sinne Trenkwaider in Quantschnigg / Achatz / Haidenthaler / Trenkwalder/
Tumpel, Gruppenbesteuerung [2005] 429 Tz 28; Stefaner/ Weninger in Lang / Schuch / Staringer, Körperschaftsteuergesetz [2009] § 9 Tz 162). Diese Literaturstellen belegen, dass die von der Nachsichtswerberin zugrunde gelegte Wortauslegung der Rz 418 letzer Absatz KStR 2001 auch von anderen vertreten wird. Auch Vock in Quantschnigg / Renner / Schellmann / Stöger (Hrsg) Die Körperschaftsteuer (22. Lieferung 2013) § 9 Tz 521 zweiter Absatz und Urtz in Achatz/ Kirchmayer [Hrsg] Körperschaftsteuergesetz [2011] § 9 Tz 283 stellen fest, dass es zur Behandlung der Auslandssteuern beim Gruppenträger zwei unterschiedliche Meinungen gibt.
Hätte sich der Richtliniengeber der KStR 2001 beziehungsweise des Gruppenbesteuerungserlasses der anderen im Schrifttum vertretenen Einzelermittlung des Anrechnungshöchstbetrages (aus dem Gewinn und der Auslandsteuer jeder einzelnen Gesellschaft, auch auf Ebene des Gruppenträgers) angeschlossen, so würde es sehr wohl einen Unterschied machen, ob der Gruppenträger eigene oder die Auslandssteuern der Gruppenmitglieder anrechnet und der allerletzte Satz der Rz 418 KStR wäre sinnwidrig. Zuletzt spricht auch die Absicht des Gesetzgebers. mit der Gruppenbesteuerung unter
anderem die Auslandsinvestitionstätigkeit der österreichischen Wirtschaft zu unterstützen, für diese Auslegung.
Der UFS bezeichnet in seiner Entscheidung vom , RV/1386-L/09 die Lösung der Rz 418 KStR als konstruiert und schließt sich jener Linie im Schrifttum an, nach der der Gruppenträger den Anrechnungshöchstbetrag ohne Berücksichtigung der zugerechneten Ergebnisse der Gruppenmitglieder (d.h. nur von seinem Einkommen) zu berechnen hat. Diese Auslegung ist aber mit dem unmissverständlichen Wortlaut des letzten Absatzes der Rz 418 KStR nicht in Einklang zu bringen.
Der UFS hat daher nicht Rz 418 KStR ausgelegt, sondern inhaltlich abweichend entschieden.
Das BMF hat daraufhin seine bisherige Meinung geändert und sich dem UFS angeschlossen: Mit den Körperschaftsteuerrichtlinien 2013 wurde ab der Veranlagung 2013 die Rz 418 durch eine Rz 1073 ersetzt, mit der die Rechtsprechung des UFS - abweichend von der bisherigen Richtlinienregelung übernommen wird. Hätte man die Rz 418 KStR 2001 auch bisher schon im Sinne der UFS-Rechtsprechung verstehen können, wäre diese Änderung nicht erforderlich gewesen.
ll.2. Nichtvorliegen einer offensichtlichen Unrichtigkeit
Das Vertrauen auf die vom BMF im Amtsblatt der österreichischen Finanzverwaltung (AÖF) veröffentlichte Richtlinie ist nur dann gemäß § 236 BAO geschützt, wenn diese Äußerung nicht offensichtlich unrichtig ist. § 9 KStG enthält keine ausdrückliche Aussage zur Vorgangsweise bei der Anrechnung anrechenbarer Auslandssteuern beim Gruppenträger (in diesem Sinne auch der ). Der letzte Absatz der Rz 418 KStR 2001 stützt die Berechnung des Anrechnungshöchstbetrages vom gesamten Gruppenergebnis beim Gruppenträger auf § 9 Abs 6 Z 2 KStG, wonach die Sonderausgaben vom zusammengefassten Ergebnis abzuziehen sind.
§ 24a KStG enthält seit dem AbgÄG 2005 (BGBl I 2005/161) verfahrensrechtliche Bestimmungen für die Gruppenbescheide. Nach § 24a Abs 2 Z 1 TS 1 KStG ist über das eigene Einkommen des Gruppenträgers und nach TS 3 leg. cit. über die anrechenbaren ausländischen Steuern bescheidmäßig abzusprechen. § 24a Abs 1 Z 2 KStG wird im Schrifttum von manchen Autoren als Argument für eine Berechnung des Anrechnungshöchstbetrages beim Gruppenträger vom eigenen Einkommen aufgefasst.
(Urtz in Achatz /Kirchmayer [Hrsg] Körperschaftsteuergesetz [2011] § 9 Tz 283). Andere Autoren sehen in der unterschiedlichen Begriffsbildung „anrechenbare ausländische Steuern" und „anzurechnende inländische Steuern“ gerade ein Indiz dafür, dass entgegen der UFS-Entscheidung die ausländischen Steuern des Gruppenträgers auch bei einem negativen Ergebnis des Gruppenträgers anzurechnen wären, wenn das Gruppenergebnis positiv ist (Brugger‚ Anrechnungshöchstbetrag und Gruppenbesteuerung. SWI 2010, 466 (4711). im Hinblick auf den unterschiedlichen Meinungsstand im Schrifttum kann auch aus § 24a KStG nicht abgeleitet werden, dass der letzte Absatz der Rz 418 KStR
2001 offensichtlich unrichtig wäre.
ll.3. Maßnahmen im Vertrauen auf die Richtlinien
ln der Vergangenheit wurde die Betriebstättenstruktur der X mehrfach aus steuerlicher Sicht hinterfragt. Wir (-) wurden Ende 2004 vom Vorstand der X (damals Firma1) mit einer steuerlichen Risiko- und Potenzialanalyse beauftragt. Als Ergebnis der Analyse haben wir zur Optimierung der Konzernsteuerbelastung eine Ausgliederung der Betriebstätten mit DBA-Anrechnungsmethode (New York und London) in Tochtergesellschaften empfohlen. Unter Abwägung des mit der Ausgliederung verbundenen regulatorischen Aufwandes und der steuerlichen Vorteile wurde in den Vorstandssitzungen vom und über die Austöchterung beraten. Letztendlich wurde entschieden, die Betriebstättenstruktur beizubehalten, da aufgrund des Wortlautes der R2 418 KStR 2001 letzter Absatz davon ausgegangen wurde, dass die Auslandssteuern auch bei Verlusten des Gruppenträgers auf die Körperschaftsteuer der gesamten Gruppe angerechnet werden könnten und damit der Steuernachteil der Betriebstättenstruktur abgeschwächt wird.
Auch nach Bekanntwerden der Entscheidung des UFS (, RV/1386-L/09) hat die X im Vertrauen auf den unveränderten Wortlaut des letzten Absatzes der Rz 418 KStR 2001 die steuerlich nachteilige Betriebstättenstruktur beibehalten. Wäre der X bekannt gewesen, dass das Finanzamt sich nicht an Abschnitt 6.4. des Gruppenbesteuerungserlasses bzw die Rz 418 KStR 2001 letzter Absatz hält, so wären die Betriebstätten in New York und London in Tochtergesellschaften ausgegliedert worden, die nicht der Gruppe angehören. Damit wäre die nunmehr trotz DBA eintretende
Doppelbesteuerung (Kürzung der Verluste und Verlustvorträge der Gruppe durch die Gewinne der ausländischen Betriebstätte bei gleichzeitig fehlender Anrechnungsmöglichkeit der Auslandssteuern) vermieden worden.
Durch die Ausgliederung der Betriebstätten in ausländische Tochtergesellschaften wäre eine Anrechnung der Auslandssteuern zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nicht mehr erforderlich gewesen. Statt steuerpflichtiger Betriebstättengewinne hätte die X steuerfreie Gewinnausschüttungen bezogen.
Antrag
Wir beantragen, die Steuermehrbelastung durch die rückwirkende Anwendung der Rechtsauffassung des UFS und die Nichtanwendung der Rz 418 KStR gemäß § 236 BAO wegen sachlicher Unbilligkeit im Sinne des § 3 Z 2 lit b der Verordnung des BMF, BGBl II 2005/435, in Höhe folgender Beträge:"
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2005 | 2006 | 2007 | |
Steuermehrbelastung durch Nichtanwendung der Rz 418 KSTR 2001 | € 5,112.198,83 | € 5,088.569,71 | € 4,084.622,36 |
*****
Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Antrag auf Nachsicht mit der Begründung zurück, dass nach § 236 Abs. 1 BAO ausschließlich bereits fällige Abgabenschulden nachgesehen werden könnten. Gemäß Abs. 2 leg. cit. finde Abs. 1 auf entrichtete Abgabenschuldigkeiten sinngemäß Anwendung.
Die Nachsicht setze stets einen Abgabenanspruch voraus, der abgeschrieben werden könne. Durch Nachsicht könne daher keine Vergütung (Erstattung, Beihilfe) gewährt werden. (vgl. dazu https://findok.bmf.gv.at, , BMF-010103/0023-VI/2006 (=Richtlinien zum Grundsatz von Treu und Glauben), Abschnitt 6.1.1.; Ritz BAO4, Tz 6 zu § 236). Bei bescheidmäßig festzusetzenden Abgaben setze die Nachsicht somit voraus, dass eine vorherige Festsetzung zu einer Lastschrift auf dem Abgabenkonto geführt habe.
RAE Tz 1631 laute:
"Die Legitimation zur Antragstellung für eine Nachsicht ist bereits dann gegeben, wenn die Abgabe einem Abgabepflichtigen gegenüber bereits fällig geworden ist; demjenigen, auf den eine Abgabe zwar überwälzt wird, der aber nicht Schuldner der betreffenden Abgabe ist (zB der Letztverbraucher hinsichtlich der Umsatzsteuer), fehlt jedoch die Legitimation, einen Antrag auf Nachsicht zu stellen.“
Die Körperschaftsteuerbescheide für die Jahre 2005, 2006 und 2007 hätten vorliegend keine Abgaben(nach-)forderungen (Abgabenschuldigkeiten) bzw. keine Lastschrift auf dem Abgabenkonto der Nachsichtswerberin ausgelöst. Konkret sei die Körperschaftsteuer für die betreffenden Jahre wie folgt festgesetzt worden:
Körperschaftsteuer 2005 € -66.884‚16 Körperschaftsteuerbescheid Gruppe 2005 vom )
Körperschaftsteuer 2006 € -266.247,64 (Körperschaftsteuerbescheid Gruppe 2006 vom )
Körperschaftsteuer 2007 € -2.359.746,08 (Körperschaftsteuerbescheid Gruppe 2007 vom )
Die erwähnten Bescheide hätten auf dem Abgabenkonto der Bf. zu folgenden Gutschriften
geführt:
K 2005 € -882.165,16
K 2006 € -584.045,14
K 2007 € -2.677.543,58
Die Nachsicht sei stets abgabenbezogen. Da das Abgabenkonto XXXXX, lautend auf die Bf., mit den eingangs erwähnten Körperschaftsteuern 2005 bis 2007 nicht
belastet worden sei, die nachsichtsgegenständlichen Abgaben beim o.a. Abgabenkonto weder fällig sind noch entrichtet worden seien, könnten diese nicht nachgesehen werden. Das Ansuchen sei daher spruchgemäß zurückzuweisen gewesen.
****
Mit Schriftsatz vom brachte die Bf. gegen den Zurückweisungsbescheid vom eine Bescheidbeschwerde ein und führte aus:
"I. Sachverhalt
Die Bf. ist Gruppenträger einer Unternehmensgruppe im Sinne des § 9 KStG. Die Körperschaftsteuer Gruppe für 2005 wurde mit Bescheid vom , die Körperschaftsteuer Gruppe für 2006 und 2007 mit Bescheiden vom vorgeschrieben.
Auf die bescheidmäßig vorgeschriebene Körperschaftsteuer wurden Mindestkörperschaftsteuer, ausländische Steuer und einbehaltene Steuerbeträge (inländische Kapitalertragsteuer) angerechnet und die geleisteten Körperschaftsteuervorauszahlungen verrechnet wie folgt:
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2005 | 2006 | 2007 | ||
1 | Einkommen Gruppe (nach Verlustabzug) | € 22,903.243,94 | € 51,254.098,15 | € 20,151.136,42 |
2 | Körperschaftsteuer Gruppe | € 5,725.810,99 | € 12,813.524,54 | € 5,037.784,11 |
3 | Anrechenbare Mindestkörperschaftsteuer | € -322.551,35 | € -54.205,21 | € -28.632,86 |
4 | Körperschaftsteuer | € 5,403.259,64 | € 12,759.319,33 | € 5,009.151,25 |
5 | Ausländische Steuer | € -613.612,16 | € -7,724.954,83 | € -953.161,75 |
6 | Einbehaltene Steuerbeträge (inl. KEST) | € -4,856.531,64 | € -5,300.612,14 | € -6,415.735,58 |
7 | Festgesetzte Körperschaftsteuer | € -66.884,16 | € -266.247,64 | € -2.359.746,08 |
8 | Geleistete Vorauszahlungen | € -315.281,00 | € -317.797,50 | €-317.797,50 |
9 | Abgabengutschrift (7.8.) | € -282.165,16 | € -585.045,14 | €-2,677.543,58 |
Die Bescheide vom beziehungsweise weichen vom Anbringen der
Beschwerdeführerin ab, weil das Finanzamt den Höchstbetrag der anrechenbaren ausländischen Steuern für die Unternehmensgruppe abweichend von Rz 418 KStR 2001 ermittelt hat und daher die von der Beschwerdeführerin entrichteten ausländischen Steuern nicht in vollem Umfang angerechnet wurden. Da die Rz 418 KStR 2001 nicht offensichtlich unrichtig ist und die Beschwerdeführerin im Vertrauen auf den eindeutigen Wortlaut dieser Richtliniensteile Maßnahmen gesetzt hat, besteht ein Rechtsanspruch auf Nachsicht gemäß § 236 BAO.
Der Nachsichtsantrag vom beantragte die Nachsicht der entrichteten Körperschaftsteuer in Höhe jener Auslandssteuern der Beschwerdeführerin, die aufgrund der von Rz 418 KStR 2001 abweichenden Ermittlung des Anrechnungshöchstbetrages nicht angerechnet wurden:
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2005 | 2006 | 2007 | |
Nicht angerechnete Auslandssteuer der Bf. | € 5,112.198,83 | € 5,088.569,71 | € 4,084.622,36 |
Mit dem bekämpften Bescheid vom hat das Finanzamt den Nachsichtsantrag vom mit der Begründung zurückgewiesen, dass das Abgabenkonto der Beschwerdeführerin nicht mit Körperschaftsteuern 2005 bis 2007 belastet wurde, weil
1. die Beschwerdeführerin als Nachsichtswerberin nicht mit Abgaben belastet wurde und daher nicht zum Antrag auf Nachsicht legitimiert sei und
2. die Körperschaftsteuerbescheide 2005 bis 2007 nicht zu Abgabennachforderungen
(Abgabenschuldigkeiten) beziehungsweise zu Lastschriften auf dem Abgabenkonto der
Nachsichtswerberin, sondern zu Gutschriften geführt hätten (Tabelle 1 Zeile 9).
Gegen diesen Zurückweisungsbescheid vom richtet sich die gegenständliche
Beschwerde.
ll. Begründung
Fällige Abgabenschuldigkeiten können gemäß § 236 Abs 1 BAO nachgesehen werden, wenn deren Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre. Gemäß § 236 Abs 2 BAO findet (§ 236) Abs 1 auf bereits entrichtete Abgabenschuldigkeiten sinngemäß Anwendung.
1. Antragslegitimation der Nachsichtswerberin
Das Finanzamt vertritt im bekämpften Bescheid die Meinung, dass die Beschwerdeführerin nicht mit Abgaben (auf dem Abgabenkonto) belastet worden wäre und daher nicht zum Antrag auf Nachsicht legitimiert sei. Dazu verweist der bekämpfte Bescheid auf die Tz 1631 der Richtlinien für die Abgabeneinhebung, wonach dem Steuerträger, der nicht Steuerschuldner der betreffenden Abgabe ist (zB der Letztverbraucher hinsichtlich der Umsatzsteuer), die Legitimation fehlt, einen Antrag auf Nachsicht zu stellen.
Mit diesem Hinweis auf die Rz 1631 RAE scheint das Finanzamt andeuten zu wollen, dass die Körperschaftsteuer 2005 bis 2007 der Beschwerdeführerin zum größten Teil durch Verrechnung mit einbehaltenen Steuerbeträgen (inländischer Kapitalertragsteuern, die von anderen für Rechnung der Beschwerdeführerin einbehalten wurden) beglichen wurde.
Dem ist entgegenzuhalten, dass - im Unterschied zur Umsatzsteuer bei der Kapitalertragsteuer gemäß § 95 Abs 1 EStG der Empfänger der Kapitalerträge Schuldner der Kapitalertragsteuer ist. Empfänger der Kapitalerträge und damit Schuldner der Kapitalertragsteuer ist jedoch die Beschwerdeführerin. Der Hinweis auf die Ausführungen der Rz 1631 RAE ist daher verfehlt. Die Beschwerdeführerin ist daher auch hinsichtlich der von anderen für sie einbehaltenen Kapitalertragsteuer zur Nachsicht legitimiert.
2. Belastung der Nachsichtswerberin mit Abgaben und Entrichtung der Abgaben
Weiters vertritt das Finanzamt im bekämpften Bescheid die Meinung, die Nachsichtswerberin sei nicht mit den vorgeschriebenen Körperschaftsteuern 2005 bis 2007 belastet worden, weil die nachsichtsgegenständlichen Abgaben weder fällig sind noch entrichtet wurden und führt aus, dass Körperschaftsteuerbescheide mit folgenden Gutschriften festgesetzt wurden:
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Festgesetzte Körperschaftsteuer | € -66.884,16 | € -266.247,64 | € -2.359.746,08 |
Tatsächlich erfolgte bei Verbuchung der Körperschaftsteuern 2005-2007 auf dem Abgabenkonto sehr wohl eine Belastung mit dem nunmehr im Wege der Nachsicht abzuschreibenden Abgabenanspruch, wobei die entrichteten Abgabenbeträge gegengerechnet wurden und die sich ergebende Überzahlung gutgeschrieben wurde.
a) Belastung mit dem nunmehr im Wege der Nachsicht abzuschreibenden Abgabenanspruch
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2005 | 2006 | 2007 | ||
2 | Körperschaftsteuer Gruppe | € 5,725.810,99 | € 12,813.524,54 | € 5.037.784,11 |
5 | Ausländische Steuer | € -613.612,16 | € -7,724.954,83 | € -953.161,75 |
Belastung | € 5,112.198,83 | € 5,088.569,71 | € 4,084.622,36 |
b) Entrichtung der Abgaben
Diese Körperschaftsteuern wurden von der Beschwerdeführerin einerseits durch Zahlung der Mindestkörperschaftsteuer und andererseits durch im Abzugswege erhobene inländische Kapitalertragsteuer in folgender Höhe entrichtet (vermindert um die gutgeschriebene festgesetzte Körperschaftsteuer):
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3 | Anrechenbare Mindestkörperschaftsteuer | € 322.551,35 | €54.205,21 | € 28.632,86 |
6 | Einbehaltene Steuerbeträge (inl. KEST) | € -4,856.531,64 | € -5,300.612,14 | € -6,415.735,58 |
7 | Festgesetzte Körperschaftsteuer | € -66.884,16 | € -266.247,64 | € -2.359.746,08 |
8 | Entrichtete Körperschaftsteuer | € 5,112.198,83 | € 5,088.569,71 | € 4,084.622,36 |
Die bereits entrichtete Mindestkörperschaftsteuer sowie die für Rechnung der Beschwerdeführerin einbehaltene Kapitalertragsteuer sind auf die vorgeschriebene Körperschaftsteuer anzurechnen (§ 24 Abs 4 Z 4 KStG und § 46 Abs 1 EStG iVm § 24 Abs 3 KStG) und gegebenenfalls gemäß § 46 Abs 2 EStG gutzuschreiben. Aus diesem Grund kam es im gegenständlichen Fall in den Jahren 2005 bis 2007 auf dem Abgabenkonto zu Gutschriften (Tabelle 1 Zeile 9). Im Falle der Anwendung der Rz 418 KStR 2001 wären allerdings höhere ausländische Steuern anzurechnen und würde ein höherer Betrag
gutgeschrieben. Der Nachsichtsantrag umfasste daher den Antrag, einen höheren Betrag an bereits (in Form der Mindestkörperschaftsteuer und inländischer Kapitalertragsteuer) entrichteter Körperschaftsteuer im Wege der Veranlagung gutzuschreiben.
Der Umstand, dass die Kapitalertragsteuer vom Schuldner der Kapitalerträge abgezogen wurde und nicht zu einer Lastschrift auf dem Abgabenkonto der Steuerpflichtigen geführt hat, kann die Nachsicht nicht ausschließen. Zum einen ist, wie unter ll.1. ausgeführt, der Empfänger der Kapitalerträge, d.h. die Beschwerdeführerin, Schuldner der Kapitalertragsteuer. Zum anderen kann der Umstand, dass das Finanzamt kassentechnisch nicht die von anderen für Rechnung der Beschwerdeführerin einbehaltene Kapitalertragsteuer, sondern nur die um diese Kapitalertragsteuer verminderte vorgeschriebene Körperschaftsteuer auf dem Abgabenkonto als Lastschrift verbucht, die Nachsicht nicht ausschließen. Auch Abgaben, die nicht auf einem Abgabenkonto verbucht werden (zB in Wertzeichen entrichtete Abgaben) sind nachsichtsfähig (vgl Ritz, Bundesabgabenordnung (2011) § 236 BAO Rz 7). Weiters wäre die Nachsicht von der Zufälligkeit abhängig, ob die Körperschaftsteuer in Form einer bescheidmäßig festgesetzten Zahlung oder durch Steuerabzug entrichtet wird, beziehungsweise ob der Schuldner der Kapitalerträge die Kapitalertragsteuer einbehalten oder aufgrund einer Befreiungserklärung gemäß § 94 Z 5 EStG nicht einbehalten hat und deshalb Körperschaftsteuer nachgefordert wird.
III. Anträge
1. Wir beantragen, den Zurückweisungsbescheid vom wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben und dem Nachsichtsantrag vom stattzugeben.
2. Für den Fall der Vorlage dieser Beschwerde an das Bundesfinanzgericht beantragen wir gemäß § 272 Abs. 2 Z 1 BAO die Entscheidung durch den Senat und gemäß § 274 Abs. 1 Z 1 BAO die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung.
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Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab und führte aus, dass Anbringen zur Geltendmachung von Rechten oder zur Erfüllung von Verpflichtungen gemäß § 85 Abs. 1 BAO vorbehaltlich der Bestimmungen des Abs. 3 schriftlich einzureichen seien (Eingaben).
Gemäß § 85a BAO seien die Abgabebehörden verpflichtet, über Anbringen (§ 85 BAO) der Parteien ohne unnötigen Aufschub zu entscheiden.
Die Entscheidungspflicht bestehe nicht nur für Anbringen, die meritorisch zu erledigen seien. Sie bestehe auch dann, wenn das Anbringen zurückzuweisen sei. Ein Anbringen sei zurückzuweisen, wenn es unzulässig sei (vgl. Ritz, BAO, 5. Aufl. 2014, Tz 10 zu § 85a).
Die Bf. habe mit Schriftsatz vom einen Antrag auf Nachsicht gestellt. Nach dem Vorbringen der Bf. wären im Falle der Anwendung der Rz 418 KStR 2001 höhere ausländische Steuern anzurechnen gewesen und würde ein höherer Betrag gutzuschreiben sein, weshalb der Nachsichtsantrag auch den Antrag umfasse, einen höheren Betrag an bereits entrichteter Körperschaftsteuer im Wege der Veranlagung gutzuschreiben.
Damit werde deutlich, dass das Nachsichtsbegehren darauf gerichtet ist, eine Nachsicht von Körperschaftsteuern in Höhe der im Festsetzungsverfahren nicht angerechneten ausländischen Quellensteuern zu erwirken. Die nicht angerechneten Auslandssteuern seien beim o.a. Abgabenkonto weder fällig noch seien sie an die angesprochene Abgabenbehörde entrichtet worden.
Einer Nachsicht zugänglich seien aber nur fällige oder entrichtete Abgabenschuldigkeiten.
Über nicht fällige Abgaben könne es aufgrund eines Antrages nicht zu einer positiven
Entscheidung kommen. Bereits entrichtete Abgaben können dann nachgesehen werden, wenn das Behalten des Betrages als unbillig anzusehen sei (vgl. RAE, T2 1627). Vom Behalten entrichteter Abgabenbeträge könne vorliegend schon deshalb keine Rede sein, da die im Ausland bezahlten Quellensteuern an das Finanzamt Wien 1/23 nicht entrichtet worden seien und auch nicht zu entrichten gewesen wären. Zwar habe die Berechnung der Körperschaftsteuer vom Einkommen für die Jahre 2005 bis 2007 jeweils eine Körperschaftsteuerschuld ergeben (5.725.810,99 € für 2005, 12.813.524,54 € für 2006 und 5.037.784,11 € für 2007), die infolge Anrechnung bestimmter Steuern (Mindestkörperschaftsteuer, ausländische Steuer und einbehaltene Steuerbeträge) zu Gutschriften geführt habe. Dieser Umstand könne aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die erwähnten Auslandssteuern, in deren Höhe die Bf. eine Nachsicht von
Körperschaftsteuern beantragt habe, von der angesprochenen Abgabenbehörde nicht eingehoben worden seien.
Die Lehre (vgl. Ritz, BAO, 5 . Aufl. 2014, Tz 6 zu § 236), die Rsp. des UFS (vgl. ) und auch die Richtlinien für die Abgabeneinhebung (vgl. RAE, Rz 1606), an letztere sei das Finanzamt gebunden, würden die Ansicht vertreten, dass Abschreibungen (hier: Nachsicht, vgl. RAE, Rz 1600) eine vorherige Lastschrift (z.B. Buchung eines die Abgabe festsetzenden Bescheides) voraussetzen würden. Vgl. dazu auch RAE, Rz 1606 „Da Abschreibungen auf Abgabenkonten zu Gutschriften führen, setzen sie entsprechende Lastschriften (kontomäßige Vorschreibungen) voraus.“
Die Körperschaftsteuerfestsetzungen für die Jahre 2005 bis 2007 hätten vorliegend keine
Lastschriften auf dem Abgabenkonto der Bf. ausgelöst. Dem Ansuchen sei daher schon aus diesem Grunde der Erfolg zu versagen. Die Möglichkeit der Abgabennachsicht iSd § 236 BAO verfolge nämlich nicht den Zweck, dass die Abgabenbehörde durch Nachsicht quasi eine Subvention in Höhe des nachsichtsgegenständlichen Betrages gewähre. Somit sei dieser Antrag zu Recht als unzulässig zurückgewiesen worden. Es sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
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Dagegen brachte die Bf. mit Schriftsatz vom einen Vorlageantrag ein.
Dieser enthält eine Darstellung des bisherigen Verfahrensganges, der nur dahingehend ergänzt wurde, dass gegen die im wiederaufgenommenen Verfahren ergangenen Körperschaftsteuerbescheide 2005-2007 am und gegen die Feststellungsbescheide Gruppenträger 2005-2007 am Beschwerde erhoben worden sei. Nachdem der VwGH in einem gleichgelagerten Fall mit seinem Erkenntnis vom , 2011/15/0112, die Rechtsmeinung des BFG bestätigt habe, seien die Beschwerden in der Sache zurückgezogen worden.
Zur Begründung des Vorlageantrages wurde ausgeführt:
"Fällige Abgabenschuldigkeiten können gemäß § 236 Abs 1 BAO nachgesehen werden, wenn deren Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre. Gemäß § 236 Abs 2 BAO findet (§ 236) Abs 1 auf bereits entrichtete Abgabenschuldigkeiten sinngemäß Anwendung.
1. Unbilligkeit
Die Unbilligkeit kann persönlicher oder sachlicher Natur sein. Eine sachliche Unbilligkeit liegt nach § 3 Z 2 lit b der Verordnung des BMF BGBl l12005/435 unter anderem vor, wenn die Geltendmachung des Abgabenanspruches durch die Abgabenbehörde in Widerspruch zu nicht offensichtlich unrichtigen Rechtsauslegungen steht, die vom BMF im Amtsblatt der österreichischen Finanzverwaltung oder im Internet als Amtliche Veröffentlichung in der Findok veröffentlicht wurden und der Abgabepflichtige im
Vertrauen auf die betreffende Veröffentlichung für die Verwirklichung des die Abgabepflicht auslösenden Sachverhaltes bedeutsame Maßnahmen gesetzt hat.
1.1. Schutz von Treu und Glauben
Zur Rechtslage vor dem SteuerreformG 2005 sah Rz 462 KStR 2001 eine gesamthafte Betrachtung der Ergebnisse sowie der anrechenbaren Auslandssteuern des Organträgers und der Organgesellschaften vor: „Der Anrechnungshöchstbetrag hinsichtlich der in Österreich steuerpflichtigen Auslandseinkünfte ist bei der Organträgergesellschaft unter Zusammenfassung der aus dem DBA-Partnerstaat von der Organgesellschaft und der Organträgergesellschaft erzielten anrechnungsbegünstigten Einkünfte zu ermitteln."
Für die Rechtslage ab lnkrafttreten des SteuerreformG 2005 wurde die Frage der Anrechnung von Auslandssteuern in der Unternehmensgruppe vom BMF zunächst im Abschnitt „6.4 Anrechnung ausländischer Quellensteuern“ des Erlasses vom , BMF-O10216/0031-lV/6/2005, Besteuerung von Unternehmensgruppen. AÖF 2005/99, geregelt. Mit dem , GZ BMF-O10216/0038-Vl/6/2007 wurde der Abschnitt 6.4. des Gruppenbesteuerungserlasses als Abschnitt 4.6.4. Rz 418 in die KStR 2001 aufgenommen.
In Abschnitt 6.4 des Gruppenbesteuerungserlasses und Rz 418 KStR wird eine unterschiedliche Behandlung der anrechenbaren Auslandssteuern bei Gruppenmitgliedern einerseits und beim Gruppenträger andererseits vorgegeben. Für die Gruppenmitglieder sieht der dritte Absatz der Rz 418 KStR vor, dass der Anrechnungshöchstbetrag auf Ebene des Gruppenmitgliedes zu ermitteln ist (Einzelbetrachtung). Das Ergebnis des Gruppenmitgliedes und die anrechenbaren Auslandssteuern werden dann (kaskadenförmig) an den Gruppenträger weitergeleitet.
Für den Gruppenträger sieht der letzte Absatz der Rz 418 KStR 2001 hingegen eine andere Vorgangsweise vor: Da der Gruppenträger sein Einkommen mit der Maßgabe zu ermitteln hat, dass die Sonderausgaben vom zusammengefassten Ergebnis abzuziehen sind (siehe Pkt. 6.7 / R2 441 bis R2 443), sind beim Gruppenträger die anrechenbaren eigenen Quellensteuern auf das zusammengefasste Ergebnis zu beziehen. Im Ergebnis besteht beim Gruppenträger daher kein Unterschied, ob eigene oder von Gruppenmitgliedern zugerechnete ausländische Quellensteuern anzurechnen sind.
Aus dem letzten Absatz ergibt sich für den redlichen Richtlinienleser nach den allgemeinen Auslegungsgrundsätzen der österreichischen Rechtsordnung unzweifelhaft, dass die Bezugsgröße für die Anrechnung der eigenen Auslandssteuern beim Gruppenträger das zusammengefasste Ergebnis, d.h. das gesamte Gruppenergebnis ist. Das Einzelergebnis des Gruppenträgers oder eines Gruppenmitgliedes kann das BMF als Richtliniengeber auch bei weitester Wortinterpretation nicht mit „zusammengefasstes Ergebnis“ gemeint haben. Der letzte Satz der Rz 418 KStR 2001 erklärt ausdrücklich, dass es keinen Unterschied macht, ob eigene oder die Auslandssteuern der Gruppenmitglieder anzurechnen sind. Es kommt daher nach der Absicht des Richtliniengebers beim Gruppenträger zu einer Vermischung der von den Gruppenmitgliedern weitergeleiteten Gewinne und anrechenbaren Auslandssteuern mit den eigenen Ergebnissen und Auslandssteuern.
Auch im Schrifttum wurde aus Rz 418 KStR die unterschiedliche Behandlung von anrechenbaren Auslandssteuern bei Gruppenmitgliedern und beim Gruppenträger herausgelesen: Während auf der Ebene jedes einzelnen Gruppenmitgliedes ein Anrechnungshöchstbetrag aus dem eigenen Einkommen zu ermitteln ist, sind die eigenen Auslandssteuern des Gruppenträgers auf das zusammengefasste Einkommen, d.h. die Summe der Einkommen der Gruppenmitglieder und des Gruppenträgers, zu beziehen (in diesem Sinne Trenkwalder in Quantschnigg / Achatz / Haidenthaler / Trenkwalder/
Tumpel, Gruppenbesteuerung [2005] 429 Tz 28; Stefaner/ Weninger in Lang / Schuch / Staringer, Körperschaftsteuergesetz [2009] § 9 T2 162). Diese Literaturstellen belegen, dass die von der Nachsichtswerberin zugrunde gelegte Wortauslegung der Rz 418 letzter Absatz KStR 2001 auch von anderen vertreten wird. Auch Vock in Ouantschnigg / Renner / Schellmann / Stöger (Hrsg) Die Körperschaftsteuer (22. Lieferung 2013) § 9 Tz 521 zweiter Absatz und Urtz in Achatz / Kirchmayr [Hrsg] Körperschaftsteuergesetz [2011] § 9 Tz 283 stellen fest. dass es zur Behandlung der Auslandssteuern beim Gruppenträger zwei unterschiedliche Meinungen gibt.
Hättesich der Richtliniengeber der KStR 2001 beziehungsweise des Gruppenbesteuerungserlasses der anderen im Schrifttum vertretenen Einzelermittlung des Anrechnungshöchstbetrages (aus dem Gewinn und der Auslandsteuer jeder einzelnen Gesellschaft, auch auf Ebene des Gruppenträgers) angeschlossen, so würde es sehr wohl einen Unterschied machen, ob der Gruppenträger eigene oder die Auslandssteuern der Gruppenmitglieder anrechnet und der allerletzte Satz der Rz 418 KStR wäre sinnwidrig. Zuletzt spricht auch die Absicht des Gesetzgebers, mit der Gruppenbesteuerung unter
anderem die Auslandsinvestitionstätigkeit der österreichischen Wirtschaft zu unterstützen, für diese Auslegung.
Der UFS bezeichnet in seiner Entscheidung vom . RV/1/1386-L/09, die Lösung der Rz 418 KStR als konstruiert und schließt sich jener Linie im Schrifttum an, nach der der Gruppenträger den Anrechnungshöchstbetrag ohne Berücksichtigung der zugerechneten Ergebnisse der Gruppenmitglieder (d.h. nur von seinem Einkommen) zu berechnen hat. Diese Auslegung ist aber mit dem unmissverständlichen Wortlaut des letzten Absatzes der R2 418 KStR nicht in Einklang zu bringen. Der UFS hat daher nicht Rz 418 KStR ausgelegt, sondern inhaltlich abweichend entschieden.
Das BMF hat daraufhin seine bisherige Meinung geändert und sich dem UFS angeschlossen: Mit den Körperschaftsteuerrichtlinien 2013 wurde ab der Veranlagung 2013 die Rz 418 durch eine Rz 1073 ersetzt, mit der die Rechtsprechung des UFS - abweichend von der bisherigen Richtlinienregelung übernommen wird. Hätte man die Rz 418 KStR 2001 auch bisher schon im Sinne der UFS-Rechtsprechung verstehen können, wäre diese Änderung nicht erforderlich gewesen.
1.2. Nichtvorliegen einer offensichtlichen Unrichtigkeit
Das Vertrauen auf die vom BMF im Amtsblatt der österreichischen Finanzverwaltung (AÖF) veröffentlichte Richtlinie ist nur dann gemäß § 236 BAO geschützt, wenn diese Äußerung nicht offensichtlich unrichtig ist. §‘ 9 KStG enthält keine ausdrückliche Aussage zur Vorgangsweise bei der Anrechnung anrechenbarer Auslandssteuern beim Gruppenträger (in diesem Sinne auch der ). Der letzte Absatz der Rz 418 KStR 2001 stützt die Berechnung des Anrechnungshöchstbetrages vom gesamten Gruppenergebnis beim Gruppenträger auf § 9 Abs 6 Z 2 KStG, wonach die Sonderausgaben vom zusammengefassten Ergebnis abzuziehen sind.
§ 24a KStG enthält seit dem AbgÄG 2005 (BGBl l 2005/161) verfahrensrechtliche Bestimmungen für die Gruppenbescheide. Nach § 24a Abs 2 Z 1 TS 1 KStG ist über das eigene Einkommen des Gruppenträgers und nach TS 3 leg. cit. über die anrechenbaren ausländischen Steuern bescheidmäßig abzusprechen. § 24a Abs 1 Z 2 KStG wird im Schrifttum von manchen Autoren als Argument für eine Berechnung des Anrechnungshöchstbetrages beim Gruppenträger vom eigenen Einkommen aufgefasst
(Urtz in Achatz / Kirchmayer [Hrsg] Körperschaftsteuergesetz [2011] § 9 Tz 283). Andere Autoren sehen in der unterschiedlichen Begriffsbildung „anrechenbare ausländische Steuern" und „anzurechnende inländische Steuern" gerade ein Indiz dafür, dass entgegen der UFS-Entscheidung die ausländischen Steuern des Gruppenträgers auch bei einem negativen Ergebnis des Gruppenträgers anzurechnen wären, wenn das Gruppenergebnis positiv ist (Brugger, Anrechnungshöchstbetrag und Gruppenbesteuerung. SWI 2010, 466 [471]). Im Hinblick auf den unterschiedlichen Meinungsstand im Schrifttum kann auch aus § 24a KStG nicht abgeleitet werden, dass der letzte Absatz der Rz 418 KStR
2001 offensichtlich unrichtig wäre.
1.3. Maßnahmen im Vertrauen auf die Richtlinien
In der Vergangenheit wurde die Betriebstättenstruktur der Bf. mehrfach aus steuerlicher Sicht hinterfragt. Wir (-) wurden Ende 2004 vom Vorstand der Bf.(damals Firma1) mit einer steuerlichen Risiko- und Potenzialanalyse beauftragt. Als Ergebnis der Analyse haben wir zur Optimierung der Konzernsteuerbelastung eine Ausgliederung der Betriebstätten mit DBA-Anrechnungsmethode (New York und London) in Tochtergesellschaften empfohlen. Unter Abwägung des mit der Ausgliederung verbundenen regulatorischen Aufwandes und der steuerlichen Vorteile wurde in den Vorstandssitzungen vom und über die Austöchterung beraten. Letztendlich wurde entschieden, die Betriebstättenstruktur beizubehalten, da aufgrund des Wortlautes der Rz 418 KStR 2001 letzter Absatz davon ausgegangen wurde, dass die Auslandssteuern auch bei Verlusten des Gruppenträgers auf die Körperschaftsteuer der gesamten Gruppe angerechnet werden könnten und damit der Steuernachteil der Betriebstättenstruktur abgeschwächt wird.
Auch nach Bekanntwerden der Entscheidung des UFS (, RV/1386-L/09) hat die X im Vertrauen auf den unveränderten Wortlaut des letzten Absatzes der Rz 418 KStR 2001 die steuerlich nachteilige Betriebstättenstruktur beibehalten. Wäre der X bekannt gewesen, dass das Finanzamt sich nicht an Abschnitt 6.4. des Gruppenbesteuerungserlasses bzw die Rz 418 KStR 2001 letzter Absatz hält, so wären die Betriebstätten in New York und London in Tochtergesellschaften ausgegliedert worden, die nicht der Gruppe angehören. Damit wäre die nunmehr trotz DBA eintretende
Doppelbesteuerung (Kürzung der Verluste und Verlustvorträge der Gruppe durch die Gewinne der ausländischen Betriebstätte bei gleichzeitig fehlender Anrechnungsmöglichkeit der Auslandssteuern) vermieden worden.
Durch die Ausgliederung der Betriebstätten in ausländische Tochtergesellschaften wäre eine Anrechnung der Auslandssteuern zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nicht mehr erforderlich gewesen. Statt steuerpflichtiger Betriebstättengewinne hätte die X steuerfreie Gewinnausschüttungen bezogen.
2. Entrichtung der Abgaben
Das Finanzamt vertritt im bekämpften Bescheid zum einen die Meinung, dass die Nachsicht von nicht in Österreich entrichteten ausländischen Steuern begehrt werde. Zum anderen sei die Beschwerdeführerin nicht mit Abgaben (auf dem Abgabenkonto) belastet worden und wäre daher nicht zum Antrag auf Nachsicht legitimiert. Dazu verweist der bekämpfte Bescheid auf die Tz 1631 der Richtlinien für die Abgabeneinhebung. wonach dem Steuerträger, der nicht Steuerschuldner der betreffenden Abgabe ist (zB der Letztverbraucher hinsichtlich der Umsatzsteuer), die Legitimation fehlt, einen Antrag auf Nachsicht zu stellen.
Der Beschwerdeführerin wurden für die Jahre 2005-2007 Körperschaftsteuern wie folgt
vorgeschrieben:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
2005 | 2006 | 2007 | |
Körperschaftsteuer Gruppe | € 5,725.810,99 | € 12,813.524,54 | € 5.037.784,11 |
Ausländische Steuer | € -613.612,16 | € -7,724.954,83 | € -953.161,75 |
Belastung | € 5,112.198,83 | € 5,088.569,71 | € 4,084.622,36 |
Diese Körperschaftsteuern 2005-2007 wurden durch Verrechnung mit entrichteter
Mindestkörperschaftsteuer sowie mit der für Rechnung der Beschwerdeführerin von Dritten auf ausbezahlte Kapitalerträge einbehaltenen Kapitalertragsteuer entrichtet.
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Anrechenbare Mindestkörperschaftsteuer | € 322.551,35 | €54.205,21 | € 28.632,86 |
Einbehaltene Steuerbeträge (inl. KEST) | € -4,856.531,64 | € -5,300.612,14 | € -6,415.735,58 |
Festgesetzte Körperschaftsteuer | € -66.884,16 | € -266.247,64 | € -2.359.746,08 |
Entrichtete Körperschaftsteuer | € 5,112.198,83 | € 5,088.569,71 | € 4,084.622,36 |
lm Unterschied zur Umsatzsteuer ist bei der Kapitalertragsteuer gemäß § 95 Abs 1 EStG der Empfänger der Kapitalerträge Schuldner der Kapitalertragsteuer. Empfänger der Kapitalerträge (von anderen an die Bf. ausbezahlte Kapitalerträge) und damit Schuldner der Kapitalertragsteuer ist jedoch die Beschwerdeführerin. Der Hinweis auf die Ausführungen der Rz 1631 RAE ist daher verfehlt. Die von anderen von Kapitalerträgen der Beschwerdeführerin abgezogene Kapitalertragsteuer ist eine eigene Abgabenschuld der Beschwerdeführerin, daher auch hinsichtlich der von anderen für sie einbehaltenen Kapitalertragsteuer zur Nachsicht legitimiert.
Die bereits entrichtete Mindestkörperschaftsteuer sowie die für Rechnung der Beschwerdeführerin einbehaltene Kapitalertragsteuer sind auf die vorgeschriebene Körperschaftsteuer anzurechnen (§ 24 Abs 4 Z 4 KStG und § 46 Abs 1 EStG iVm § 24 Abs 3 KStG) und gegebenenfalls gemäß § 46 Abs 2 EStG gutzuschreiben. Aus diesem Grund kam es im gegenständlichen Fall in den Jahren 2005 bis 2007 auf dem Abgabenkonto zu Gutschriften (Tabelle 1 Zelle 9). Im Falle der Anwendung der Rz 418 KStR 2001 wären allerdings höhere ausländische Steuern anzurechnen und würde ein höherer Betrag
gutgeschrieben. Der Nachsichtsantrag umfasste daher den Antrag, einen höheren Betrag an bereits (in Form der Mindestkörperschaftsteuer und inländischer Kapitalertragsteuer) entrichteter Körperschaftsteuer im Wege der Veranlagung gutzuschreiben.
Der Umstand, dass die Kapitalertragsteuer vom Schuldner der Kapitalerträge abgezogen wurde und nicht zu einer Lastschrift auf dem Abgabenkonto der Steuerpflichtigen geführt hat, kann die Nachsicht nicht ausschließen. Zum einen ist, wie ausgeführt, der Empfänger der Kapitalerträge, d.h. die Beschwerdeführerin, Schuldner der Kapitalertragsteuer. Zum anderen kann der Umstand, dass das Finanzamt kassentechnisch nicht die von anderen für Rechnung der Beschwerdeführerin einbehaltene Kapitalertragsteuer sondern nur die um diese Kapitalertragsteuer verminderte vorgeschriebene Körperschaftsteuer auf dem Abgabenkonto als Lastschrift verbucht, die Nachsicht nicht ausschließen.
Auch Abgaben, die nicht auf einem Abgabenkonto verbucht werden (z.B. in Wertzeichen entrichtete Abgaben) sind nachsichtsfähig (vgl Ritz, Bundesabgabenordnung4 (2011) § 236 BAO Rz 7). Weiters wäre die Nachsicht von der Zufälligkeit abhängig, ob die Körperschaftsteuer in Form einer bescheidmäßig festgesetzten Zahlung oder durch Steuerabzug entrichtet wird beziehungsweise ob der Schuldner der Kapitalerträge die Kapitalertragsteuer einbehalten oder aufgrund einer Befreiungserklärung gemäß § 94 Z 5 EStG nicht einbehalten hat und deshalb Körperschaftsteuer nachgefordert wird.
III. Anträge
1. Wir beantragen, die Beschwerdevorentscheidung vom wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufzuheben und dem Nachsichtsantrag vom stattzugeben.
2. Welters beantragen wir gemäß § 274 Abs 1 Z 1 BAO die Abhaltung einer mündlichen
Verhandlung."
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Dieses Verfahren wurde dem Berichterstatter mit Beschluss des Geschäftsverteilungsausschusses vom im Zuge einer Altaktenumverteilung zur Entscheidung übertragen.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Gemäß § 236 Abs. 1 BAO können fällige Abgabenschuldigkeiten auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre.
Gemäß § 236 Abs. 2 BAO findet Abs. 1 findet auf bereits entrichtete Abgabenschuldigkeiten sinngemäß Anwendung.
Die Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend Unbilligkeit der Einhebung im Sinn des § 236 BAO (BGBl. II, Nr. 435/2005 vom ) lautet wie folgt:
Auf Grund des § 236 der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz, BGBl. I Nr. 180/2004, und durch die Kundmachung BGBl. I Nr. 2/2005, wird verordnet:
§ 1. Die Unbilligkeit im Sinn des § 236 BAO kann persönlicher oder sachlicher Natur sein.
§ 3. Eine sachliche Unbilligkeit liegt bei der Einhebung von Abgaben insbesondere vor, soweit die Geltendmachung des Abgabenanspruches
1. von Rechtsauslegungen des Verfassungsgerichtshofes oder des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn im Vertrauen auf die betreffende Rechtsprechung für die Verwirklichung des die Abgabepflicht auslösenden Sachverhaltes bedeutsame Maßnahmen gesetzt wurden;
2. in Widerspruch zu nicht offensichtlich unrichtigen Rechtsauslegungen steht, die
a) dem Abgabepflichtigen gegenüber von der für ihn zuständigen Abgabenbehörde erster Instanz geäußert oder
b) vom Bundesministerium für Finanzen im Amtsblatt der österreichischen Finanzverwaltung veröffentlicht wurden, wenn im Vertrauen auf die betreffende Äußerung bzw. Veröffentlichung für die Verwirklichung des die Abgabepflicht auslösenden Sachverhaltes bedeutsame Maßnahmen gesetzt wurden;
3. zu einer internationalen Doppelbesteuerung führt, deren Beseitigung ungeachtet einer Einigung in einem Verständigungsverfahren die Verjährung oder das Fehlen eines Verfahrenstitels entgegensteht.
Eine sachliche Unbilligkeit ist - unbeschadet der in § 3 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend Unbilligkeit der Einhebung im Sinn des § 236 BAO, BGBl. II Nr. 435/2005, beispielsweise aufgezählten Fälle, nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes anzunehmen, wenn im Einzelfall bei Anwendung des Gesetzes aus anderen als aus persönlichen Gründen ein vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis eintritt, sodass es zu einer anormalen Belastungswirkung und verglichen mit anderen Fällen zu einem atypischen Vermögenseingriff kommt. Der im atypischen Vermögenseingriff gelegene offenbare Widerspruch der Rechtsanwendung zu den vom Gesetzgeber beabsichtigten Ergebnissen muss seine Wurzel in einem außergewöhnlichen Geschehensablauf haben, der auf eine vom Steuerpflichtigen nicht beeinflussbare Weise eine nach dem gewöhnlichen Lauf nicht zu erwartende Abgabenschuld ausgelöst hat, die zudem auch ihrer Höhe nach unproportional zum auslösenden Sachverhalt ist (vgl. z.B. ; , 2006/15/0337, mwN).
Im Falle eines Ansuchens um Nachsicht hat die Abgabenbehörde zuerst zu prüfen, ob ein Sachverhalt vorliegt, der dem unbestimmten Gesetzesbegriff "Einhebung nach der Lage des Falles unbillig" entspricht. Verneint sie diese Frage, so ist für eine Ermessensentscheidung kein Raum mehr, demnach ist der Antrag abzuweisen (vgl. ).
Nach Lehre und Rechtsprechung führt die Gewährung der Nachsicht zum Erlöschen des Abgabenanspruches (Ritz BAO6, Tz 18 zu § 236, ).
Voraussetzung für die Gewährung einer Nachsicht ist daher das Vorliegen einer Abgabenforderung.
Noch nicht entrichtete Abgaben können nachgesehen werden, wenn sie fällig sind.
Nach § 236 Abs. 2 BAO können auch bereits entrichtete Abgaben nachgesehen werden.
Zunächst ist festzustellen, dass die Ausführungen des Finanzamtes, dass die Körperschaftsteuerbescheide Gruppe für die Jahre 2005, 2006 und 2007, vom und mit € -66.884,16, € -266.247,64 und -2.359.746,08 festgesetzt worden seien, zweifellos zutreffend sind, jedoch darf nicht übersehen werden, dass die genannten Bescheide Körperschaftsteuern in Höhe von € 5.725.810,99, € 12.813.524,54 und € 5,037.784,11 vorschreiben, wobei die Mindestkörperschaftseuer, ausländische Steuer und einbehaltene Steuerbeträge angerechnet wurde, und dies zu den genannten Festsetzungsbeträge führte.
In den Veranlagungsbescheiden wird im jeweiligen Spruch angeführt:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
2005 | 2006 | 2007 | |
Die Körperschaftsteuer gem § 22 KStG 1988 beträgt: | 5,725.810,99 | 12,813.524,54 | 5,037.784,11 |
Anrechenbare Mindestkörperschaftsteuer | -322.551,35 | -54.205,21 | -28.632,86 |
Körperschaftsteuer | 5.403.259,64 | 12,759.319,33 | 5,009.121,25 |
Ausländische Steuer | 613.612,16 | 7.724.954,83 | 953.161,75 |
Einbehaltene Steuerbeträge | 4.856.531,64 | 5,300.612,44 | 6.415.735,58 |
Festgesetzte Körperschaftsteuer | -66.884,16 | -266.247,64 | -2.359.746,08 |
bisher festgesetzte K. | -315.281,00 | -317.797,50 | -317.797,50 |
Abgabengutschrift | 382.165,16 | 584.045,14 | 2,677.543,58 |
Bereits aus dem Umstand, dass die Körperschaftsteuern durch Verrechnung mit entrichteter Mindestkörperschaftsteuer sowie mit der für Rechnung der Bf. von Dritten auf ausbezahlte Kapitalerträge einbehaltenen Kapitalertragsteuer entrichtet wurden und gemäß § 236 Abs. 2 BAO auch entrichtete Abgaben nachgesehen werden können, ergibt sich prinzipiell die Legitimierung der Bf. zur Stellung eines Nachsichtsansuchens.
Ein Anbringen ist zurückzuweisen, wenn es unzulässig ist.
Unzulässigkeit liegt bei entschiedener Sache oder mangelnder Antragslegitimation vor.
Ein solcher Fall liegt hier nicht vor.
Die Abgabenbehörde hätte daher meritorisch über den Aussetzungsantrag entscheiden müssen.
Gemäß § 279 Abs. 1 BAO hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.
Die Änderungsbefugnis „nach jeder Richtung“ ist durch die Sache begrenzt. Sache ist die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches des angefochtenen Bescheides gebildet hat.
Das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes darf daher die Zurückweisungsbescheide weder in Abweisungsbescheide noch in einen die Aussetzung der Einhebung bewilligenden Bescheid abändern.
Der in Beschwerde gezogene Bescheid war daher aufzuheben.
Zum Antrag der Bf. auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist zu bemerken, dass sie durch das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. ) zwar in ihrem aus § 284 Abs. 1 BAO erfließenden Verfahrensrecht verletzt wird. Auf Grund des zu beachtenden Gebotes der Verwaltungsökonomie (vgl. Ritz, ÖStZ 1996, Seite 70) wurde jedoch im Hinblick darauf, dass nach den vorstehenden Ausführungen ausgeschlossen werden kann, dass man bei Vermeidung dieses Mangels (Durchführung einer mündlichen Verhandlung ) zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können, von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine solche Rechtsfrage liegt nicht vor.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 236 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 236 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 236 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 279 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7105051.2016 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at