TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 03.03.2020, RV/7105878/2016

Festsetzung der Lehrlingsausbildungsprämie ist nicht Festsetzung der Bildungsprämie

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Stammrechtssätze
RV/7105878/2016-RS1
Die Erlassung eines Festsetzungsbescheids gemäß § 201 BAO setzt gemäß § 201 Abs. 1 BAO voraus, dass a) die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen anordnen oder diese gestatten und b) der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder c) sich die bekannt gegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist.
RV/7105878/2016-RS2
Hat das Finanzamt mit den angefochtenen Bescheiden über Lehrlingsausbildungsprämie und nicht über Bildungsprämie abgesprochen, ist Sache des Beschwerdeverfahrens die Festsetzung von Lehrlingsausbildungsprämie.
RV/7105878/2016-RS3
Wurde mittels Steuererklärung Bildungsprämie beantragt, in weiterer Folge Bildungsprämie auf dem Abgabenkonto gutgeschrieben und bestand bis zur Gutschrift für das Finanzamt kein Grund daran zu zweifeln, dass Bildungsprämie selbstberechnet wurde, sind Bescheide, die Lehrlingsausbildungsprämie mit 0,00 Euro festsetzen, weil sich in weiterer Folge herausgestellt hat, dass für Lehrverhältnisse eine Prämie beantragt werden sollte und die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht vorgelegen sind, rechtswidrig.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Rudolf Wanke als Vorsitzenden, die Richterin Mag. Gertraud Hausherr als beisitzende Richterin, Kommerzialrat Ing. Friedrich Nagl als fachkundigen Laienrichter und Mag. Johannes Denk als fachkundigen Laienrichter, über die Beschwerde der ***[1]*** ***[2]***, ***[3]***, vertreten durch Marion Iser, 2351 Wiener Neudorf, Europaplatz 1-3, vom gegen die Bescheide des Finanzamts Hollabrunn Korneuburg Tulln, 2100 Korneuburg, Laaerstraße 13, vom betreffend "Wiederaufnahme des Verfahrens zur Festsetzung der Lehrlingsausbildungsprämie" 2012 und 2013, alle zur Steuernummer 22 ***[4]***, in nichtöffentlicher Sitzung am zu Recht erkannt:

I. Die angefochtenen Bescheide werden gemäß § 279 BAO ersatzlos aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine (ordentliche) Revision zulässig.

Entscheidungsgründe

Angefochtene Bescheide

Das Finanzamt erließ gegenüber der Beschwerdeführerin (Bf) ***[1]*** ***[2]*** mit Datum folgende Bescheide:

1.

Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens zur Festsetzung folgender Prämie für das Kalenderjahr 2012

Es ergeht der Bescheid bzgl. der Wiederaufnahme des Verfahrens (gemäß § 303 Bundesabgabenordnung) betreffend Lehrlingsausbildungsprämie (§ 108f Einkommensteuergesetz 1988 (EStG 1988)).

Die Lehrlingsausbildungsprämie (§ 108f EStG 1988) wird bescheidmäßig festgesetzt mit 0,00 Euro.

Für den Zeitraum bereits gebucht sind 4.000,00 Euro. Dadurch ergibt sich eine Nachzahlung in Höhe von 4.000,00 Euro.

Begründung:

Die Lehrlingsausbildungsprämie für 2012 wird nur für aufrechte Lehrverhältnisse im Jahr 2012 gewährt, welche vor dem begonnen wurden. Nach mehrmaliger Aufforderung wurden Lehrverträge übermittelt, bei denen jedoch kein Lehrverhältnis vor dem begonnen wurde.

2.

Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens zur Festsetzung folgender Prämie für das Kalenderjahr 2013

Es ergeht der Bescheid bzgl. der Wiederaufnahme des Verfahrens (gemäß § 303 Bundesabgabenordnung) betreffend Lehrlingsausbildungsprämie (§ 108f Einkommensteuergesetz 1988 (EStG 1988)).

Die Lehrlingsausbildungsprämie (§ 108f EStG 1988) wird bescheidmäßig festgesetzt mit 0,00 Euro.

Für den Zeitraum bereits gebucht sind 4.000,00 Euro. Dadurch ergibt sich eine Nachzahlung in Höhe von 4.000,00 Euro.

Begründung:

Die Lehrlingsausbildungsprämie für vor dem begonnene Lehrverhältnisse ist letztmalig bei der Veranlagung 2012 zulässig.

Anträge

Aktenkundig sind folgende Anträge der Bf mittels Formularen E 108c:

Eingelangt beim Finanzamt am :

Beilage zur Einkommensteuer-/Körperschaftsteuer - oder Feststellungserklärung für das Veranlagungsjahr 2012

zur Geltendmachung einer

[ ] Forschungsprämie (§ 108c iVm § 4 Abs. 4. Z 4)

[ ] Forschungsprämie für Auftragsforschung (§ 108c iVm § 4 Abs. 4 Z 4b, für ab 2005 erteilte Forschungsaufträge

[ X ] Bildungsprämie (§ 108c)

[ ] Lehrlingsausbildungsprämie (§ 108f)

1. Forschungsprämie Prämie in Euro


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Ich beantrage für Forschungsaufwendungen (§ 4 Abs. 4 Z 4 EStG 19881) des oben angeführten Veranlagungszeitraumes 2) eine Forschungsprämie in Höhe von
PF

2. Forschungsprämien für Auftragsforschung (nur für ab 2005 erteilte Forschungsaufträge) Prämie in Euro


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Ich beantrage für in Auftrag gegebene Forschung (§ 4 Abs. 4 Z 4b) des oben angeführten Veranlagungszeitraumes 2) eine Forschungsprämie in Höhe von
PA

3. Bildungsprämie Prämie in Euro


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Ich beantrage für Bildungsaufwendungen (§ 4 Abs. 4 Z 8 EStG 1988) des oben angeführten Veranlagungszeitraumes 2) eine Bildungsprämie in Höhe von
PB
4000,---

4. Lehrlingsausbildungsprämie für vor dem begonnene Lehrverhältnisse Prämie in Euro


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Ich beantrage für aufrechte Lehrverhältnisse des oben angeführten Veranlagungszeitraumes 2) eine Lehrlingsausbildungsprämie in Höhe von
PF

Ich versichere, dass ich die Angaben nach bestem Wissen und Gewissen richtig und vollständig gemacht habe. Mir ist bekannt, dass die Angaben überprüft werden und dass unrichtige oder unvollständige Angaben strafbar sind. Sollte ich nachträglich erkennen, dass die vorstehende Erklärung unrichtig oder unvollständig ist, so werde ich meiner Anzeigepflicht gemäß § 139 Bundesabgabenordnung unverzüglich nachkommen.

...

Auszüge:

Eingelangt beim Finanzamt am :

Beilage zur Einkommensteuer-/Körperschaftsteuer - oder Feststellungserklärung für das Veranlagungsjahr 2013 zur Geltendmachung einer Forschungsprämie, Bildungsprämie

1. Forschungsprämiefür eigenbetriebliche Forschung und experimentelle Entwicklung - F & E (§ 108c Abs. 2 Z 1) Prämie in Euro


Tabelle in neuem Fenster öffnen
...
PF

2. Forschungsprämie für Auftragsforschung (§ 108c Abs. 2 Z 2) Prämie in Euro


Tabelle in neuem Fenster öffnen
...
PA

3. Bildungsprämie (§ 108c Abs. 1 iVm § 4 Abs. 4 Z 8) Prämie in Euro


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Ich beantrage für Bildungsaufwendungen (§ 4 Abs. 4 Z 8 EStG 1988) des oben angeführten Veranlagungszeitraumes eine Bildungsprämie in Höhe von
PB
4000,---

8 Eine Bildungsprämie kann für Aufwendungen geltend gemacht werden, die von einem Arbeitgeber für die im betrieblichen Interesse erfolgte Aus- und Fortbildung von Arbeitnehmern an externe Aus- und Fortbildungseinrichtungen geleistet werden (§ 4 Abs. 4 Z 8 iVm § 108c Abs. 1; siehe auch Rz 8210f EStR 2000).

Ich versichere, dass ich die Angaben nach bestem Wissen und Gewissen richtig und vollständig gemacht habe. Mir ist bekannt, dass die Angaben überprüft werden und dass unrichtige oder unvollständige Angaben strafbar sind. Sollte ich nachträglich erkennen, dass die vorstehende Erklärung unrichtig oder unvollständig ist, so werde ich das Finanzamt davon unverzüglich in Kenntnis setzen (§ 139 Bundesabgabenordnung).

...

Auszüge:

Eingelangt beim Finanzamt am :

Beilage zur Einkommensteuer-/Körperschaftsteuer - oder Feststellungserklärung für das Veranlagungsjahr 2014

zur Geltendmachung einer

[ ] Forschungsprämie (§ 108c iVm § 4 Abs. 4. Z 4)

[ ] Forschungsprämie für Auftragsforschung (§ 108c iVm § 4 Abs. 4 Z 4b, für ab 2005 erteilte Forschungsaufträge

[ ] Bildungsprämie (§ 108c)

[ X ] Lehrlingsausbildungsprämie (§ 108f)

1. Forschungsprämie Prämie in Euro


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Ich beantrage für Forschungsaufwendungen (§ 4 Abs. 4 Z 4 EStG 19881) des oben angeführten Veranlagungszeitraumes 2) eine Forschungsprämie in Höhe von
PF

2. Forschungsprämien für Auftragsforschung (nur für ab 2005 erteilte Forschungsaufträge) Prämie in Euro


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Ich beantrage für in Auftrag gegebene Forschung (§ 4 Abs. 4 Z 4b) des oben angeführten Veranlagungszeitraumes 2) eine Forschungsprämie in Höhe von
PA

3. Bildungsprämie Prämie in Euro


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Ich beantrage für Bildungsaufwendungen (§ 4 Abs. 4 Z 8 EStG 1988) des oben angeführten Veranlagungszeitraumes 2) eine Bildungsprämie in Höhe von
PB

4. Lehrlingsausbildungsprämie für vor dem begonnene Lehrverhältnisse Prämie in Euro


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Ich beantrage für aufrechte Lehrverhältnisse des oben angeführten Veranlagungszeitraumes 2) eine Lehrlingsausbildungsprämie in Höhe von
PF
4000,---

Auszüge:

Ermittlungen

Am teilte das Finanzamt der steuerlichen Vertreterin mit, dass im Jahr 2012 die Prämie für vier Lehrlinge ausbezahlt worden sei, und ersuchte um Vorlage der Lehrverträge und Mitteilung, wie lange das jeweilige Lehrverhältnis aufrecht gewesen sei.

Hierauf wurden Unterlagen betreffend Lehrverhältnisse vorgelegt, die im vorgelegten Akt nur teilweise enthalten sind (Seiten fehlen).

Beschwerde

Die Bf erhob durch ihre steuerliche Vertreterin am über FinanzOnlinie "Berufung gegen die Wiederaufnahmebescheid vom für PB" und führte aus:

Sehr geehrte Damen und Herren, hiermit erhebe ich fristgerecht Einspruch gegen die Wiederaufnahme der Abgabe PB 2012 bis 2013. Bei der Einreichung beider PB wurden diese auf Richtigkeit geprüft und wurde danach dem Konto gutgeschrieben. Eine nachträgliche Änderung ist nicht im Sinne aller. Ich stelle daher den Antrag den bekämpften Bescheid aufzuheben und zu berichtigen, in der Zwischenzeit hinsichtlich der Beträge für 2012 PB 4.000,00 Euro, sowie für die Beträge für 2013 PB 4.000,00 Euro gemäß §§ 212a, 231 BAO vorzugehen, mfg

Beschwerdevorentscheidung

Mit Beschwerdevorentscheidung vom entschied das Finanzamt wie folgt:

Ihre Beschwerde gegen die Sachbescheide zur Festsetzung der Lehrlingsausbildungsprämie für die Kalenderjahre 2012 und 2013 wird als unbegründet abgewiesen.

Ihre Beschwerde gegen die Wiederaufnahme des Verfahrens zur Festsetzung der Lehrlingsausbildungsprämie für die Kalenderjahre 2012 und 2013 wird gemäß § 260 BAO zurückgewiesen.

Begründend wurde ausgeführt:

Gem. § 93 Abs. 2 BAO ist jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen, er hat den Spruch zu enthalten und in diesem die Person zu nennen, an die er ergeht.

Im gegenständlichen Verfahren ist auf Grund der aus den Akten ersichtlichen Erledigungen der Abgabenbehörde ersichtlich, dass diese einen Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend die Festsetzung der Lehrlingsausbildungsprämie gemäß § 108 f EStG erlassen hat. Aus der Aktenlage ist ebenso ersichtlich, dass mit Schreiben vom einen Antrag auf Gewährung der Lehrlingsausbildungsprämie für 2012 und 2013 gestellt wurde.

Ein Sachbescheid über die Festsetzung der Lehrlingsausbildungsprämie in Verbindung mit diesem Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens ist erfolgt. Ein diesbezüglicher Spruch ist auf den in Frage stehenden Bescheiden vom erkennbar (""Die Lehrlingsausbildungsprämie (§ 108f ESTG 1988) wird bescheidmäßig festgesetzt mit 0,00 Euro.")

Damit fehlt es dem Sachbescheid nicht an einem für die Bescheidqualität einer behördlichen Erledigung unabdingbaren normativen Inhalt. Somit ist ein Sachbescheid erlassen worden, lediglich der Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens ist obsolet, da zuvor noch kein Erstbescheid erlassen wurde.

Daraus ergibt sich für die Veranlagung des Kalenderjahres 2012:

Die Lehrlingsausbildungsprämie für 2012 wird nur für aufrechte Lehrverhältnisse im Jahr 2012 gewährt, welche vor dem begonnen wurden. Nach mehrmaliger Aufforderung wurden Lehrverträge übermittelt, bei denen jedoch kein Lehrverhältnis vor dem begonnen wurde.

Daraus ergibt sich für den Bescheid für die Veranlagung des Kalenderjahres 2013:

Die Lehrlingsausbildungsprämien für vor dem begonnen Lehrverhältnisse sind letztmalig bei der Veranlagung 2012 zulässig.

Aus den oben genannten Gründen war die Lehrlingsausbildungsprämie (§ 108f ESTG 1988) bescheidmäßig festzusetzen mit 0,00 EURO, die Beschwerde war daher abzuweisen. Die für den Zeitraum bereits gebuchten Beträge in Höhe von jeweils 4.000 Euro für 2012 und 2013 führten daher zu einer Nachforderung.

Vorlageantrag

Nach zwei Fristverlängerungsanträgen stellte die Bf durch ihre steuerliche Vertreterin am Vorlageanträge (jeweils doppelt in FinanzOnline am eingelangt):

Vorlageantrag gem. § 264 (1) BAO

Bescheiddatum: 01072016

Zeitraum: 2012

Betreff: Vorlageantrag gem. § 264 (1) BAO

Bescheidbezeichnung: PB 2012

Berufung vom: 12072016

----------------------------------

Text:

Antrag auf Vorlage der Bescheidbeschwerde zur Entscheidung an das Bundesfinanzgericht.Mit Beschwerdevorentscheidung vom , wurde meine Beschwerde gegen den Lehrlingsausbildungsprämie 2012,2013, abgewiesen. Ich beantrage nunmehr meine Beschwerde zur Entscheidung dem Bundesfinanzgericht vorzulegen.Hinsichtlich der Begründung meines Begehrens und der beantragten Änderungen verweise ich auf meine Beschwerde vom , bzw. möchte diese ergänzen wie folgt: Zu jedem Zeitpunkt der Einreichungen, hätte das Finanzamt die Möglichkeit gehabt und hat diese wahrgenommen die Richtigkeit der Lehrverträge bzw. die Berechtigung zu überprüfen. Die Finanz hat jetzt so gehandelt, da die BW für 2014 eine Einreichung vornahm. Die Finanz hatte zuvor den Anträgen zugestimmt. Ich beantrage eine Entscheidung durch den Senat Weiters beantrage ich die Aussetzung der Einhebung in Höhe des strittigen Betrages von EUR 4.000,00.Mit freundlichen Grüßen

Vorlageantrag gem. § 264 (1) BAO

Bescheiddatum: 01072016

Zeitraum: 2013

Betreff: Vorlageantrag gem. § 264 (1) BAO

Bescheidbezeichnung: PB

Berufung vom: 12072016

----------------------------------

Text:

Antrag auf Vorlage der Bescheidbeschwerde zur Entscheidung an das Bundesfinanzgericht.Mit Beschwerdevorentscheidung vom , wurde meine Beschwerde gegen den Lehrlingsausbildungsprämie 2012,2013, abgewiesen. Ich beantrage nunmehr meine Beschwerde zur Entscheidung dem Bundesfinanzgericht vorzulegen.Hinsichtlich der Begründung meines Begehrens und der beantragten Änderungen verweise ich auf meine Beschwerde vom , bzw. möchte diese ergänzen wie folgt: Zu jedem Zeitpunkt der Einreichungen, hätte das Finanzamt die Möglichkeit gehabt und hat diese wahrgenommen die Richtigkeit der Lehrverträge bzw. die Berechtigung zu überprüfen. Die Finanz hat jetzt so gehandelt, da die BW für 2014 eine Einreichung vornahm. Die Finanz hatte zuvor den Anträgen zugestimmt. Ich beantrage eine Entscheidung durch den Senat Weiters beantrage ich die Aussetzung der Einhebung in Höhe des strittigen Betrages von EUR 4.000,00.Mit freundlichen Grüßen

Vorlage

Mit Bericht vom legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und führte unter anderem aus:

Inhaltsverzeichnis zu den vorgelegten Aktenteilen (Aktenverzeichnis)

Beschwerde

1 Beschwerde

Bescheide

2 Sonstiges (Jahr: 2013)

3 Sonstiges (Jahr: 2012)

Beschwerdevorentscheidung

4 Beschwerdevorentscheidung

Vorlageantrag

5 Vorlageantrag

6 Fristverlängerungsanträge 2x

Vorgelegte Aktenteile

7 Prämienantrag 2012

8 Prämienantrag 2013

9 Prämienantrag 2014

10 mailverkehr+Lehrverträge

11 Lehrverträge

...

Bezughabende Normen

§ 108f EStG

Sachverhalt und Anträge

Sachverhalt: Mit der am eingelangten Beilage zur Einkommensteuererklärung 2012 beantragte die Beschwerdeführerin eine Bildungsprämie von € 4.000 für das Jahr 2012. Die Prämie wurde mit Buchung vom dem Abgabenkonto gutgeschrieben.

Mit der am eingelangten Beilage zur Einkommensteuererklärung 2013 beantragte die Beschwerdeführerin eine Bildungsprämie von € 4.000 für das Jahr 2013. Die Prämie wurde mit Buchung vom dem Abgabenkonto gutgeschrieben.

Im Rahmen der Bearbeitung der mit beantragten Lehrlingsausbildungsprämie für 2014 (ebenfalls € 4.000) wurde um Übermittlung der Lehrverträge ersucht.

Mit Bescheid vom wurden (mittels eines Bescheides über die Wiederaufnahme zur Festsetzung der Prämie) die Lehrlingsausbildungsprämien 2012 und 2013 mit 0 Euro festgesetzt. Begründet wurde dies damit, dass die Lehrlingsausbildungsprämie für 2012 nur für aufrechte Lehrverhältnisse 2012 gewährt wird, welche vor dem begonnen wurden. Erst nach mehrmaliger Aufforderung seien Lehrverträge übermittelt worden, bei welchen jedoch kein Lehrverhältnis vor dem begonnen wurde. Hinsichtlich 2013 wurde darauf verwiesen, dass die Lehrlingsausbildungsprämie letztmalig bei der Veranlagung 2012 zulässig ist.

Mittels FinanzOnline wurde Berufung gegen die Wiederaufnahmebescheide vom eingebracht. Bei der Einreichung beider Anträge seien diese auf Richtigkeit überprüft und auf dem Konto gutgeschrieben worden. Eine nachträgliche Änderung sei nicht im Sinne aller.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde gegen die Sachbescheide zur Festsetzung der Lehrlingsausbildungsprämie für die Kalenderjahre 2012 und 2013 als unbegründet abgewiesen. Die Beschwerde gegen die Wiederaufnahme des Verfahrens zur Festsetzung der Lehrlingsausbildungsprämie für die Kalenderjahre 2012 und 2013 wurde gemäß § 260 BAO zurückgewiesen.

Beweismittel: siehe vorgelegte Aktenteile

Stellungnahme: Gem. § 93 Abs. 2 BAO ist jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen, er hat den Spruch zu enthalten und in diesem die Person zu nennen, an die er ergeht.

Im gegenständlichen Verfahren ist auf Grund der aus den Akten ersichtlichen Erledigungen der Abgabenbehörde ersichtlich, dass diese einen Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend die Festsetzung der Lehrlingsausbildungsprämie gemäß § 108 f EStG erlassen hat. Aus der Aktenlage ist ebenso ersichtlich, dass mit Bescheiden vom die Lehrlingsausbildungsprämie für 2012 und 2013 mit Null festgesetzt wurde.

Es ist daher ein Sachbescheid über die Festsetzung der Lehrlingsausbildungsprämie erfolgt. Ein diesbezüglicher Spruch ist auf den in Frage stehenden Bescheiden vom erkennbar (""Die Lehrlingsausbildungsprämie (§ 108f ESTG 1988) wird bescheidmäßig festgesetzt mit 0,00 Euro.")

Damit fehlt es dem Sachbescheid nicht an einem für die Bescheidqualität einer behördlichen Erledigung unabdingbaren normativen Inhalt. Somit ist ein Sachbescheid erlassen worden, lediglich der Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens ist obsolet, da zuvor noch kein Erstbescheid erlassen wurde (es müssen nur die Gründe für die Wiederaufnahme genannt werden).

Daraus ergibt sich für die Veranlagung des Kalenderjahres 2012:

Die Lehrlingsausbildungsprämie für 2012 wird nur für aufrechte Lehrverhältnisse im Jahr 2012 gewährt, welche vor dem begonnen wurden. Nach mehrmaliger Aufforderung wurden Lehrverträge übermittelt, bei denen jedoch kein Lehrverhältnis vor dem begonnen wurde. Damit ist jedoch auch der Wiederaufnahmegrund genannt, welcher bei Festsetzungen gem. § 201 BAO erforderlich ist (§ 201 Abs 2 Z 3 BAO)

Daraus ergibt sich für den Bescheid für die Veranlagung des Kalenderjahres 2013:

Begründet wurde die Nichtanerkennung der Lehrlingsausbildungsprämie damit, dass für vor dem begonnene Lehrverhältnisse letztmalig bei der Veranlagung 2012 die Prämie zulässig ist Damit liegen sinngemäß die Voraussetzungen für eine Berichtigung der Übernahme offensichtlicher Unrichtigkeiten (§ 201 Abs 2 Z 5 iVm § 293b BAO) vor.

Aus den oben genannten Gründen war die Lehrlingsausbildungsprämie (§ 108f ESTG 1988) bescheidmäßig festzusetzen mit 0,00 EURO, die Beschwerde war daher abzuweisen. Die für den Zeitraum bereits gebuchten Beträge in Höhe von jeweils 4.000 Euro für 2012 und 2013 führten daher zu einer Nachforderung.

Buchungen

Prämien werden gemäß Verzeichnis der Abgabenarten (https://www.bmf.gv.at/steuern/fristen-verfahren/Verzeichnis_der_Abgabe) folgenden Abgabenarten zugeordnet:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Prämie Auftragsforschung
PA
Prämie Bildung
PB
Prämie Forschung
PF
Prämie katastrophenbedingt
PK
Prämie Lehrlingsausbildung
PL
Prämie Nichtraucher
PNR
Prämie Registrierkasse
PRK

Aus dem Abgabeninformationssystem der Finanzverwaltung (AIS) ergeben sind folgende Buchungen auf dem Abgabenkonto 22 ***[4]*** betreffend Prämien bis 2016 ersichtlich:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Buch.Tag
GF
AA
Zeitraum
FT/ET
Frist/EF
Betrag
(Tages)Saldo
53
PB
2013
4.000,00
53
PB
2012
4.000,00
9.397,36
83
PB
2013
-4.000,00
83
PB
2012
-4.000,00
1.397,36
46
PL
2014
0,00
1.397,36

Beschluss vom

Das Bundesfinanzgericht trug mit Beschluss vom den Parteien auf:

I. Den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens wird aufgetragen, dem Bundesfinanzgericht folgende Urkunden in Kopie oder mittels PDF bis zum vorzulegen:

A. Die Anträge auf Geltendmachung einer Lehrlingsausbildungsprämie gemäß § 108f EStG 1988 für die Jahre 2012 und 2013.

B. Sämtliche die Lehrlingsausbildungsprämie gemäß § 108f EStG 1988 oder die Bildungsprämie gemäß § 108c EStG 1988 erfolgten Buchungen auf dem Abgabenkonto der Beschwerdeführerin.

II. Sofern nicht Lehrlingsausbildungsprämien, sondern Bildungsprämien für die Jahre 2012 und 2013 beantragt und gebucht wurden, werden die Parteien eingeladen, sich zu den hieraus ergebenden Rechtsfolgen für das gegenständliche Beschwerdeverfahren ebenfalls bis zu äußern.

Begründend führte das Gericht nach Wiedergabe des vorstehend dargestellten Verfahrensgangs und der maßgeblichen Rechtsgrundlagen unter anderem aus:

Verfahrensgegenständlich im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesfinanzgericht ist ein "Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens zur Festsetzung folgender Prämie für das Kalenderjahr 2012" und ein "Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens zur Festsetzung folgender Prämie für das Kalenderjahr 2013".

In den vom Finanzamt elektronisch vorgelegten Akten finden sich hierzu Anträge auf Gewährung einer Bildungsprämie gemäß § 108c EStG 1988, eingelangt am und am , jedoch keine Anträge auf Gewährung einer Lehrlingsausbildungsprämie für vor dem begonnene Lehrverhältnisse gemäß § 108f EStG 1988.

Unterlagen, darüber ob und wie vor dem Prämien verbucht wurden, sind dem BFG nicht zugänglich.

Am erfolgte eine Lastschrift von 2 x 4.000 € an "PB", also an Bildungsprämie; eine Aussetzung gemäß § 212a BAO dieser Beträge an "PB" erfolgte am .

Da sich aus der Aktenlage somit weder ergibt, dass von der Bf eine Lehrlingsausbildungsprämie für die Jahre 2012 und 2013 beantragt wurde, noch dass eine Lehrlingsprämie für die Jahre 2012 und 2013 gebucht wurde, ist den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens aufzutragen, dem Bundesfinanzgericht folgende Urkunden in Kopie oder mittels PDF bis zum vorzulegen:

A. Die Anträge auf Geltendmachung einer Lehrlingsausbildungsprämie gemäß § 108f EStG 1988 für die Jahre 2012 und 2013.

B. Sämtliche die Lehrlingsausbildungsprämie gemäß § 108f EStG 1988 oder die Bildungsprämie gemäß § 108c EStG 1988 erfolgten Buchungen auf dem Abgabenkonto der Beschwerdeführerin.

Sofern nicht Lehrlingsausbildungsprämien, sondern Bildungsprämien für die Jahre 2012 und 2013 beantragt und gebucht wurden, werden die Parteien eingeladen, sich zu den hieraus ergebenden Rechtsfolgen für das gegenständliche Beschwerdeverfahren ebenfalls bis zu äußern.

Stellungnahme des Finanzamts

Das Finanzamt gab hierauf am bekannt:

… bezugnehmend auf den Ermittlungsauftrag vom wird bekanntgegeben, dass es nur die bereits vorgelegten Anträge auf Bildungsprämie gibt.

Weiter unten werden die Buchungen betreffend Lehrlingsausbildungsprämie bzw. Bildungsprämie übermittelt. 2012 und 2013 wurde mit dem Formular zwar eine Bildungsprämie beantragt und auch verbucht, jedoch ergibt sich aus dem Gesamtbild (Ermittlungen, bekämpfter Bescheid, seitens der Beschwerdeführerin keine Zweifel, dass es sich immer um die Lehrlingsausbildungsprämie handelt, auch ergibt sich aus der beantragten Prämienhöhe in vollen 1000 Euro, dass es sich um eine Lehrlingsausbildungsprämie handelt ) dass es sich um ein Verfahren betreffend die Lehrlingsausbildungsprämie handelt.

Gemäß Kommentarmeinung zu § 85 BAO (siehe Ritz, BAO, 6. Aufl. 2017, § 85, Rz 1) kommt es für die Beurteilung von Anbringen auf den Inhalt, das erkennbare oder zu erschließende Ziel des Parteischrittes an, wobei auch das Erklärte der Auslegung zugänglich. Dies erschloss sich im Zuge der bescheidmäßigen Festsetzung im gegenständlichen Fall eindeutig aus dem Ermittlungsverfahren.

Weiters kommt es lt. obiger Kommentarmeinung darauf an, wie die Erklärung unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung, des Verfahrenszweckes und der der Behörde vorliegenden Aktenlage objektiv verstanden werden muss.

Da die bekämpften Bescheide eindeutig die Lehrlingsausbildungsprämie im Spruch nennen, auch der Parteiwille auf diese Prämie gerichtet ist, wird ersucht, über die Beschwerde inhaltlich abzusprechen.

Ergänzung vom

Das Finanzamt teilte am ergänzend mit:

… die Anträge wurden als Bildungsprämie gebucht - siehe anbei die Buchungen vom bzw. . Buchungen auf dem Abgabenkonto sind jedoch nur eine interne Angelegenheit der Abgabenbehörde.

Beigefügt waren folgende Daten des Abgabenkontos ( und , jeweils "PB" -4.000,00):

Keine Urkundenvorlage oder Äußerung der Bf

Der Bf wurde der Beschluss vom am zu Handen ihrer Stellbevollmächtigten nachweislich zugestellt.

Eine Urkundenvorlage oder Äußerung innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist erfolgte nicht.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin (Bf) ***[1]*** ***[2]*** ist Inhaberin eines Friseurbetriebs.

Am beantragte sie beim Finanzamt mittels des Formulars E 108c Bildungsprämie für das Jahr 2012 i. H. v. 4.000,00 Euro, wobei das Formular unter anderem jeweils Felder für die Geltendmachung einer Bildungsprämie (§ 108c EStG 1988) und für die Geltendmachung einer Lehrlingsausbildungsprämie (§ 108f EStG 1988) vorsieht. Von der Bf wurden jeweils unmissverständlich jeweils die für die Bildungsprämie vorgesehenen Felder angekreuzt und ausgefüllt.

Das zuständige Finanzamt hatte keinen Zweifel daran, dass die Bf Bildungsprämie für das Jahr 2012 i. H. v. 4.000,00 Euro selbst berechnet hat und verbuchte gemäß § 213 BAO am auf dem Abgabenkonto der Bf zur Steuernummer 22 ***[4]*** eine Gutschrift von 4.000,00 Euro infolge "PB" (= Bildungsprämie). Dies führte zu einer Erhöhung des am Abgabenkonto der Bf befindlichen Guthabens.

Die Bf beantragte weiters am beim Finanzamt mittels des Formulars E 108c Bildungsprämie für das Jahr 2013 i. H. v. 4.000,00 Euro, wobei das Formular keinen Vordruck für die Geltendmachung einer Lehrlingsausbildungsprämie (§ 108f EStG 1988) vorsieht. Von der Bf wurden unmissverständlich das für die Bildungsprämie vorgesehenen Feld angekreuzt und ausgefüllt.

Das zuständige Finanzamt hatte abermals keinen Zweifel daran, dass die Bf Bildungsprämie für das Jahr 2013 i. H. v. 4.000,00 Euro selbst berechnet hat und verbuchte gemäß § 213 BAO am auf dem Abgabenkonto der Bf zur Steuernummer 22 ***[4]*** eine Gutschrift von 4.000,00 Euro infolge "PB" (= Bildungsprämie). Dies führte zu einer Erhöhung des am Abgabenkonto der Bf befindlichen Guthabens.

Am langte beim Finanzamt ein Antrag der Bf auf Lehrlingsausbildungsprämie für das Jahr 2014 i. H. v. 4.000,00 Euro ein. Die Unterschrift auf diesem Antrag unterscheidet sich von jener auf den Anträgen vom und vom , auf keinem dieser Anträge ist jedoch ein Vertretungsverhältnis angegeben.

Alle drei Anträge wurden jeweils beim örtlich unzuständigen Finanzamt Baden Mödling eingebracht. Da ist jenes Finanzamt, in dessen Amtsbereich die Buchhalterin der Bf ihren Sitz hat.

Das zuständige Finanzamt Hollabrunn Korneuburg Tulln begann anlässlich des Antrags vom im Jahr 2016 zu ermitteln und stellte fest, dass auch für die Jahre 2012 und 2013 die Prämie für die Ausbildung von Lehrlingen in Anspruch genommen wurde.

Am wurde daraufhin vom Finanzamt in Bezug auf die Lehrlingsausbildungsprämie (LB) 2014 auf dem Abgabenkonto der Bf ein Betrag von 0,00 Euro gebucht. Am selben Tag wurde für Bildungsprämien (PB) 2012 und 2013 jeweils eine Lastschrift von 4.000,00 Euro gebucht (und erfolgte am eine Aussetzung der Einhebung dieser Beträge gemäß § 212a BAO).

Ebenfalls mit Datum erließ das Finanzamt jeweils einen "Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens zur Festsetzung folgender Prämie" für das Kalenderjahr 2012 und 2013, mit welchem die Lehrlingsausbildungsprämie (§ 108f EStG 1988) "bescheidmäßig festgesetzt mit 0,00 Euro" wird. Begründet wurde dies damit, dass die Lehrlingsausbildungsprämie für 2012 nur die aufrechte Lehrverhältnisse zustehe, die vor dem begonnen wurden, was nach den vorgelegten Lehrverträgen nicht der Fall gewesen sei. Zum Jahr 2013 wurde ausgeführt, dass die Lehrlingsausbildungsprämie letztmalig bei der Veranlagung für das Jahr 2012 zulässig gewesen sei.

Beweiswürdigung

Der oben wiedergegebene Inhalt des vom Finanzamt vorgelegten Akts enthält keinerlei Hinweis darauf, dass vor Beginn der Ermittlungen des Finanzamts im Jahr 2016 Zweifel daran bestanden, dass die Bf für die Jahre 2012 und 2013 Bildungsprämie (PB) und nicht Lehrlingsausbildungsprämie (PL) beantragt hat.

Die Bf hat am und am ausdrücklich "Bildungsprämie" i. H. v. jeweils 4.000,00 Euro selbst berechnet und formularmäßig deren Gutschrift beantragt. Anhaltspunkte dafür, dass die Bf des Lesens und Schreibens oder der deutschen Sprache nicht mächtig wäre, bestehen nicht.

Das Finanzamt hat die beiden Selbstberechnungen auch dahingehend verstanden, dass Bildungsprämie geltend gemacht wurde und daher "PB" und nicht "PL" auf dem Abgabenkonto der Bf als Gutschriftsgrund verbucht.

Das Finanzamt schreibt im Vorlagebericht selbst, dass im Rahmen der Bearbeitung einer Selbstberechnung der (für dieses Jahr nicht mehr zulässig gewesenen) Lehrlingsausbildungsprämie 2014 vom das Finanzamt mit Ermittlungen in Form der Einsicht in die Lehrverträge genommen hat.

Wie das Finanzamt am zu der Ansicht gelangt ist, "dass im Jahr 2012 die Prämie für vier Lehrlinge ausbezahlt worden sei", lässt sich dem vorgelegten Akt des Finanzamts nicht entnehmen.

Das Gericht vermag daher die in Stellungnahme vom vertretene Ansicht des Finanzamts, dass sich "aus dem Gesamtbild (Ermittlungen, bekämpfter Bescheid, seitens der Beschwerdeführerin keine Zweifel, dass es sich immer um die Lehrlingsausbildungsprämie handelt, auch ergibt sich aus der beantragten Prämienhöhe in vollen 1000 Euro, dass es sich um eine Lehrlingsausbildungsprämie handelt)" ergebe, "dass es sich um ein Verfahren betreffend die Lehrlingsausbildungsprämie handelt", insoweit nicht zu teilen, als sich nach der Aktenlage bis zu den Ermittlungen im Jahr 2016 für die Behörde vielmehr kein Zweifel daran bestanden hat, dass für 2012 und 2013 - ob zu Recht oder zu Unrecht - Bildungsprämie und nicht Lehrlingsausbildungsprämie selbst berechnet worden ist.

Rechtsgrundlagen

§ 108c EStG 1988 lautete i. d. F. BGBl. I Nr. 112/2012:

Prämien für Forschung und Bildung (Forschungsprämie, Bildungsprämie)

§ 108c. (1) Steuerpflichtige, soweit sie nicht Mitunternehmer sind, und Gesellschaften, bei denen die Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen sind, können Prämien geltend machen für:

- Eigenbetriebliche Forschung und Auftragsforschung im Sinne des Abs. 2 von jeweils 10% der Aufwendungen (Ausgaben) und für

- Bildung in Höhe von 6% der Aufwendungen (Ausgaben) im Sinne des § 4 Abs. 4 Z 8, die nicht Grundlage eines Bildungsfreibetrages sind.

(2) Prämienbegünstigt sind:

1. Eigenbetriebliche Forschung und experimentelle Entwicklung, die systematisch und unter Einsatz wissenschaftlicher Methoden durchgeführt wird. Zielsetzung muss sein, den Stand des Wissens zu vermehren sowie neue Anwendungen dieses Wissens zu erarbeiten. Die Forschung muss in einem inländischen Betrieb oder einer inländischen Betriebsstätte erfolgen. Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, die Kriterien zur Festlegung der prämienbegünstigten Forschungsaufwendungen (-ausgaben) mittels Verordnung festzulegen.

2. Auftragsforschung für in Auftrag gegebene Forschung und experimentelle Entwicklung im Sinne der Z 1 nach Maßgabe folgender Bestimmungen:

- Die Forschung muss von einem inländischen Betrieb oder einer inländischen Betriebsstätte in Auftrag gegeben werden.

- Es dürfen nur Einrichtungen oder Unternehmen beauftragt werden, die mit Forschungsaufgaben und experimentellen Entwicklungsaufgaben befasst sind und deren Sitz in einem Staat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraumes gelegen ist.

- Der Auftragnehmer darf nicht unter beherrschendem Einfluss des Auftraggebers stehen oder Mitglied einer Unternehmensgruppe (§ 9 des Körperschaftsteuergesetzes 1988) sein, der auch der Auftraggeber angehört.

- Die Forschungsprämie kann nur für Aufwendungen (Ausgaben) in Höhe von höchstens 1.000.000 Euro pro Wirtschaftsjahr geltend gemacht werden. Umfasst das Wirtschaftsjahr einen Zeitraum von weniger als zwölf Monaten, ist der Höchstbetrag von 1.000.000 Euro entsprechend der Anzahl der Monate des Wirtschaftsjahres zu aliquotieren. Angefangene Kalendermonate gelten dabei als volle Kalendermonate.

- Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Forschungsprämie ist, dass der Auftraggeber bis zum Ablauf seines Wirtschaftsjahres dem Auftragnehmer nachweislich mitteilt, bis zu welchem Ausmaß an Aufwendungen (Ausgaben) er die Forschungsprämie für Auftragsforschung in Anspruch nimmt. Der Auftragnehmer kann für die in Auftrag genommene Forschung und experimentelle Entwicklung hinsichtlich der von der Mitteilung umfassten Aufwendungen (Ausgaben) keine Forschungsprämie für eigenbetriebliche Forschung in Anspruch nehmen.

- Die Forschungsprämie für Auftragsforschung kann von jenen Aufwendungen (Ausgaben) nicht geltend gemacht werden, die Grundlage einer Forschungsprämie für eigenbetriebliche Forschung ist.

(3) Die Prämien können erst nach Ablauf des jeweiligen Wirtschaftsjahres geltend gemacht werden, spätestens jedoch bis zum Eintritt der Rechtskraft des betreffenden Einkommensteuer-, Körperschaftsteuer- oder Feststellungsbescheides (§ 188 der Bundesabgabenordnung).

(4) Die sich aus dem Verzeichnis ergebenden Prämien sind auf dem Abgabenkonto gut zu schreiben, es sei denn, es ist ein Bescheid gemäß § 201 BAO zu erlassen. Die Gutschrift wirkt auf den Tag der Einreichung des Verzeichnisses zurück. Werden Aufwendungen, für die eine Bildungsprämie geltend gemacht worden ist, vergütet, ist die Bildungsprämie im Ausmaß von 6% des als Betriebseinnahme anzusetzenden Vergütungsbetrages zurückzuzahlen. Sowohl die Prämien als auch Rückforderungsansprüche gelten als Abgaben vom Einkommen im Sinne der Bundesabgabenordnung und des Abgabenverwaltungsorganisationsgesetzes. Auf Gutschriften und Rückforderungen sind jene Bestimmungen der Bundesabgabenordnung anzuwenden, die für wiederkehrend zu erhebende, selbst zu berechnende Abgaben gelten. Bei Gesellschaften, die nach bürgerlichem Recht nicht rechtsfähige Personenvereinigungen sind, hat die zusammengefasste Verbuchung der Gebarung mit jenen Abgaben zu erfolgen, die die Beteiligten gemeinsam schulden.

(5) Die Prämien sind zu Lasten des Aufkommens an veranlagter Einkommensteuer zu berücksichtigen.

(6) Die Prämien sind insoweit zu gewähren, als die Aufwendungen nach dem angefallen sind.

(7) Das Finanzamt kann sich bei der Beurteilung, ob die Voraussetzungen einer Forschung und experimentellen Entwicklung im Sinne des Abs. 2 Z 1 vorliegen, der Forschungsförderungsgesellschaft mbH (FFG) bedienen. Voraussetzung für die Gewährung einer Forschungsprämie für eigenbetriebliche Forschung und experimentelle Entwicklung ist ein vom Steuerpflichtigen bei der FFG anzuforderndes Gutachten (Abs. 8), welches die Beurteilung zum Gegenstand hat, inwieweit eine Forschung und experimentelle Entwicklung unter Zugrundelegung der vom Steuerpflichtigen bekanntgegebenen Informationen die Voraussetzungen des Abs. 2 Z 1 erfüllt. Liegt bereits eine diesbezügliche bescheidmäßige Bestätigung nach § 118a der Bundesabgabenordnung vor, genügt die Glaubhaftmachung, dass die durchgeführte Forschung und experimentelle Entwicklung der der Bestätigung zu Grunde gelegten entspricht oder davon nicht wesentlich abweicht.

(8) Für die Erstellung von Gutachten durch die FFG gilt Folgendes:

1. Die FFG hat Gutachten ausschließlich auf Grundlage der vom Steuerpflichtigen zur Verfügung gestellten Informationen zu erstellen und - vorbehaltlich der Z 4 - deren Richtigkeit und Vollständigkeit nicht zu beurteilen.

2. Die FFG hat in ihrem Gutachten nicht zu beurteilen, ob und in welchem Umfang Aufwendungen oder Ausgaben für Forschung und experimentelle Entwicklung Bestandteil der Bemessungsgrundlage für die Forschungsprämie sind.

3. Die FFG hat ein von ihr erstelltes Gutachten bis zu einer Löschungsanordnung durch das Finanzamt aufzubewahren.

4. Mit Zustimmung des Steuerpflichtigen kann die FFG, die von ihm übermittelten Informationen mit den über den jeweiligen Steuerpflichtigen bei ihr vorhandenen personenbezogenen Daten aus bereits erledigten oder anhängigen Förderungsfällen vergleichen. Ansonsten ist die FFG nur bei begründetem Verdacht auf Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der ihr vom Steuerpflichtigen zur Verfügung gestellten Informationen ermächtigt, diesen Datenvergleich vorzunehmen. Auf das Ergebnis dieses Vergleichs ist im Gutachten ergänzend hinzuweisen.

5. Mit Zustimmung des Steuerpflichtigen hat das Finanzamt der FFG den Zugriff auf Informationen aus einer Anforderung eines Gutachtens zur Vornahme eines Vergleichs mit den über denselben Steuerpflichtigen bei ihr vorhandenen personenbezogenen Daten aus bereits erledigten oder anhängigen Förderungsfällen einzuräumen. Ansonsten darf das Finanzamt nur bei begründetem Verdacht auf Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der denselben Steuerpflichtigen betreffenden Informationen aus erledigten oder anhängigen Förderungsfällen einen Datenvergleich zulassen.

6. Der Steuerpflichtige hat Gutachten der FFG elektronisch anzufordern, wobei FinanzOnline als Authentifizierungsprovider zu fungieren hat. Die FFG hat Gutachten unter Bezugnahme auf die Anforderung durch den Steuerpflichtigen im Wege von FinanzOnline der Abgabenbehörde zu übermitteln und dem Steuerpflichtigen zur Einsichtnahme zur Verfügung zu stellen.

7. Die Bundesministerin für Finanzen wird ermächtigt, die Durchführung der Gutachtenserstellung sowie den Inhalt und das Verfahren der elektronischen Anforderung und Übermittlung von Gutachten mit Verordnung festzulegen.

(9) Das Finanzamt hat auf Antrag des Steuerpflichtigen einen Feststellungsbescheid über die Höhe der Bemessungsgrundlage für die Forschungsprämie für eine eigenbetriebliche Forschung zu erlassen, wenn anlässlich der Antragstellung

a) glaubhaft gemacht, dass der verwirklichte Sachverhalt den Voraussetzungen einer Forschung und experimentellen Entwicklung im Sinne des Abs. 2 Z 1 entspricht, sowie

b) nachgewiesen, dass die Bemessungsgrundlage für die Forschungsprämie richtig ermittelt worden ist.

Die Glaubhaftmachung gemäß lit. a hat unter Zugrundelegung eines Gutachtens der FFG zu erfolgen. Liegt eine diesbezügliche bescheidmäßige Bestätigung nach § 118a der Bundesabgabenordnung vor, genügt die Glaubhaftmachung, dass die durchgeführte Forschung der der Bestätigung zu Grunde gelegten entspricht oder davon nicht wesentlich abweicht. Der Nachweis gemäß lit. b hat durch eine Bestätigung eines Wirtschaftsprüfers zu erfolgen, die auf Grundlage einer den Anforderungen der §§ 268 ff des Unternehmensgesetzbuches entsprechenden Prüfung über die Einhaltung der anzuwendenden Rechnungslegungsvorschriften ausgestellt wurde. Die Bestimmungen des § 275 des Unternehmensgesetzbuches gelten sinngemäß.

§ 4 Abs. 4 Z 8 EStG 1988 lautete i. d. F. BGBl. I Nr. 112/2012:

(4) Betriebsausgaben sind die Aufwendungen oder Ausgaben, die durch den Betrieb veranlaßt sind. Betriebsausgaben sind jedenfalls:

...

8. Ein Bildungsfreibetrag von höchstens 20% der Aufwendungen, die dem Arbeitgeber von einer von ihm verschiedenen Aus- und Fortbildungseinrichtung (lit. a oder b) in Rechnung gestellt werden. Der Freibetrag steht insoweit zu, als die Aufwendungen unmittelbar Aus- oder Fortbildungsmaßnahmen betreffen, die im betrieblichen Interesse für Arbeitnehmer (§ 47) getätigt werden. Aus- und Fortbildungseinrichtungen sind:

a) Bildungseinrichtungen von Körperschaften des öffentlichen Rechts,

b) Einrichtungen, deren Geschäftsgegenstand in einem wesentlichen Umfang in der Erbringung von Dienstleistungen auf dem Gebiet der beruflichen Aus- oder Fortbildung besteht. Diese Dienstleistungen müssen nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung einem unbestimmten Personenkreis angeboten werden.

Der Bildungsfreibetrag kann - auch außerbilanzmäßig - geltend gemacht werden. Werden Aufwendungen, für die ein Bildungsfreibetrag geltend gemacht worden ist, vergütet, erhöht sich der als Betriebseinnahme anzusetzende Betrag um den für den Bildungsfreibetrag geltend gemachten Prozentsatz.

Z 4 vorletzter und letzter Satz sind anzuwenden.

...

§ 108f EStG 1988 lautet i. d. F. BGBl. I Nr. 82/2008:

Lehrlingsausbildungsprämie

§ 108f. (1) Sind Aufwendungen (Ausgaben) für die Lehrlingsausbildung als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abzuziehen, kann unter den Voraussetzungen der Abs. 2 bis 4 eine Lehrlingsausbildungsprämie geltend gemacht werden.

(2) Einem Steuerpflichtigen, der mit einem Lehrling (§ 1 des Berufsausbildungsgesetzes) ein Lehrverhältnis hat, steht in jedem Kalenderjahr (Wirtschaftsjahr), in dem das Lehrverhältnis aufrecht ist, eine Lehrlingsausbildungsprämie in der Höhe von 1 000 Euro zu. Voraussetzung ist, dass das Lehrverhältnis nach der Probezeit in ein definitives Lehrverhältnis umgewandelt wird. Die Fortsetzung eines begonnenen Lehrverhältnisses begründet keinen Anspruch auf eine in einem Kalenderjahr (Wirtschaftsjahr) doppelte Inanspruchnahme der Lehrlingsausbildungsprämie. Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, die Lehrlingsprämie für Lehrlinge, die in so genannten Mangelberufen tätig sind, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit durch Verordnung auf bis zu 2 000 Euro zu erhöhen.

(3) Für Kalenderjahre (Wirtschaftsjahre), für die ein Lehrlingsfreibetrag gemäß § 124b Z 31 geltend gemacht wird, steht keine Lehrlingsausbildungsprämie zu. Für Lehrlinge im Sinne des § 2 Abs. 4 des land- und forstwirtschaftlichen Berufsausbildungsgesetzes und des § 63 des Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetzes gelten die vorstehenden Bestimmungen sinngemäß.

(4) Die Prämien können erst nach Ablauf des jeweiligen Wirtschaftsjahres geltend gemacht werden, spätestens jedoch bis zum Eintritt der Rechtskraft des betreffenden Einkommensteuer-, Körperschaftsteuer- oder Feststellungsbescheides (§ 188 der Bundesabgabenordnung). Die sich aus dem Verzeichnis ergebende Prämie ist auf dem Abgabenkonto gutzuschreiben, es sei denn, es ist ein Bescheid gemäß § 201 BAO zu erlassen. Die Gutschrift wirkt auf den Tag der Einreichung des Verzeichnisses zurück. Die Prämie gilt als Abgabe vom Einkommen im Sinne der Bundesabgabenordnung und des Abgabenverwaltungsorganisationsgesetzes. Auf die Gutschrift sind jene Bestimmungen der Bundesabgabenordnung anzuwenden, die für wiederkehrend zu erhebende, selbst zu berechnende Abgaben gelten. Die Prämie ist zu Lasten des Aufkommens an veranlagter Einkommensteuer zu berücksichtigen.

(5) Eine Lehrlingsausbildungsprämie gebührt nur für die Ausbildung von Lehrlingen auf Grund eines Lehrverhältnisses, das vor dem begonnen hat. Die Lehrlingsausbildungsprämie ist letztmalig bei der Veranlagung für das Kalenderjahr (Wirtschaftsjahr) 2012 anwendbar.

§ 201 BAO lautet:

§ 201. (1) Ordnen die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen an oder gestatten sie dies, so kann nach Maßgabe des Abs. 2 und muss nach Maßgabe des Abs. 3 auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist.

(2) Die Festsetzung kann erfolgen,

1. von Amts wegen innerhalb eines Jahres ab Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages,

2. wenn der Antrag auf Festsetzung spätestens ein Jahr ab Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages eingebracht ist,

3. wenn kein selbstberechneter Betrag bekannt gegeben wird oder wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 303 die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens vorliegen würden,

(Anm.: Z 4 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 20/2009)

5. wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 293b oder des § 295a die Voraussetzungen für eine Abänderung vorliegen würden.

(3) Die Festsetzung hat zu erfolgen,

1. wenn der Antrag auf Festsetzung binnen einer Frist von einem Monat ab Bekanntgabe des selbst berechneten Betrages eingebracht ist,

(Anm.: Z 2 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 70/2013)

3. wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 295 die Voraussetzungen für eine Änderung vorliegen würden.

(4) Innerhalb derselben Abgabenart kann die Festsetzung mehrerer Abgaben desselben Kalenderjahres (Wirtschaftsjahres) in einem Bescheid zusammengefasst erfolgen.

§ 303 BAO i. d. F. BGBl. I Nr. 14/2013 lautet:

§ 303. (1) Ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren kann auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn

a) der Bescheid durch eine gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist, oder

b) Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind, oder

c) der Bescheid von Vorfragen (§ 116) abhängig war und nachträglich über die Vorfrage von der Verwaltungsbehörde bzw. dem Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden worden ist,

und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

(2) Der Wiederaufnahmsantrag hat zu enthalten:

a) die Bezeichnung des Verfahrens, dessen Wiederaufnahme beantragt wird;

b) die Bezeichnung der Umstände (Abs. 1), auf die der Antrag gestützt wird.

(3) Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, durch Verordnung die für die Ermessensübung bedeutsamem Umstände zu bestimmen.

Keine Wiederaufnahme des Verfahrens

Dem Finanzamt ist beizupflichten, dass eine Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 BAO im gegenständlichen Fall schon deswegen nicht in Betracht kam, weil im Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Bescheide kein "durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren" in Bezug auf die Lehrlingsprämie 2012 und 2013 vorlag.

Dem Finanzamt ist gleichfalls beizupflichten, dass mit den angefochtenen Bescheiden tatsächlich Lehrlingsausbildungsprämie für die Jahre 2012 und 2013 (erstmals) festgesetzt wurde.

Das Finanzamt hat durch die Bescheidbezeichnung und die Formulierung des Spruchs der angefochtenen Bescheide offenkundig - die jeweils maßgebende Norm, nämlich § 201 BAO wurde weder in den Bescheiden noch in den Beschwerdevorentscheidungen angeführt - zum Ausdruck bringen wollen, dass sie selbst berechnete Lehrlingsausbildungsprämie gemäß § 201 Abs. 2 Z 3 BAO ("... wenn kein selbstberechneter Betrag bekannt gegeben wird oder wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 303 die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens vorliegen würden, …") festsetzen, da sich die bekannt gegebene Selbstberechnung als nicht richtig erwiesen habe.

Lehrlingsausbildungsprämie

Dem Finanzamt ist ferner beizupflichten, dass die angefochtenen Bescheide die Festsetzung von Lehrlingsausbildungsprämie gemäß § 108f EStG 1988 und nicht die Festsetzung von Bildungsprämie gemäß § 108c Abs. 1 Teilstrich 2 EStG 1988 zum Gegenstand haben.

Angesichts des insoweit eindeutigen Wortlautes des Spruchs und der Begründung dieser Bescheide beziehen sich diese auf die Lehrlingsausbildungsprämie gemäß § 108f EStG 1988.

"Sache" des Beschwerdeverfahrens ist jene Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs des Bescheids der vor dem Verwaltungsgericht belangten Verwaltungsbehörde gebildet hat (vgl. ; ).

Das Finanzamt hat mit den angefochtenen Bescheiden über Lehrlingsausbildungsprämie und nicht über Bildungsprämie abgesprochen. Eine Änderung von "Lehrlingsausbildungprämie" in "Bildungsprämie" würde den Verfahrensgegenstand ändern und damit über die Sache des Beschwerdeverfahrens hinausgehen. Eine derartige Änderung überschritte den Rahmen des § 279 BAO, eine diesbezügliche Änderungsbefugnis des Bundesfinanzgerichts besteht nicht (siehe die ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichts zu unrichtigem Antragsdatum im Bescheidspruch bei antragsbedürften Bescheiden, ; ; ; ; ; ; ; ; u. a.).

Voraussetzungen zur Erlassung eines Festsetzungsbescheids gemäß § 201 BAO

Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH bewirkt die Einreichung der Erklärung betreffend eine Selbstbemessungsabgabe kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung die Festsetzung der Abgabe. Damit verbinden sich dieselben Rechtswirkungen wie mit einer bescheidmäßigen Festsetzung. Die "Quasirechtskraft" einer solchen Festsetzung durch Erklärung kann durch die bescheidmäßige Festsetzung der Abgabe nach den Vorgaben des § 201 BAO durchbrochen werden (vgl. ; ; ).

Die Erlassung eines Festsetzungsbescheids gemäß § 201 BAO setzt gemäß § 201 Abs. 1 BAO voraus, dass a) die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen anordnen oder diese gestatten und b) der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder c) sich die bekannt gegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist.

Sowohl hinsichtlich der Bildungsprämie ordnet § 108c Abs. 4 EStG 1988 als auch hinsichtlich der Lehrlingsausbildungsprämie ordnet § 108f Abs. 4 EStG 1988 die Selbstberechnung durch den Abgabepflichtigen und die Gutschrift auf Grund dieser Selbstberechnung an, es sei denn, es ist ein Bescheid gemäß § 201 BAO zu erlassen.

Die Voraussetzung, dass die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung gestatten (a) ist daher gegeben.

Eine Verpflichtung des Abgabepflichtigen, Bildungsprämie oder Lehrlingsausbildungsprämie geltend zu machen (b), besteht nicht.

Alternativ ist zu prüfen (c), ob sich die bekannt gegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist.

"bekannt gegebene Selbstberechnung"

Damit die Erlassung eines Festsetzungsbescheids gemäß § 201 BAO in Bezug auf Lehrlingsausbildungsprämie 2012 und 2013 zulässig ist, muss zuvor a) eine Selbstberechnung erfolgt sind und diese sich b) als unrichtig erweisen.

Die Bf hat mit den Abgabenerklärungen vom und vom ausdrücklich "Bildungsprämie" für die Jahre 2012 und 2013 beantragt. Hingegen wurde am ausdrücklich "Lehrlingsausbildungsprämie" für 2014 beantragt.

Wie sich aus den getroffenen Feststellungen, die sich auf die Aktenlage und die Berichte des Finanzamts stützen, ergibt, wurde vom Finanzamt für die Jahre 2012 und 2013 erklärungskonform Bildungsprämie (PB) und nicht Lehrlingsausbildungsprämie (PL) gutgeschrieben.

Es ist richtig, dass es - wie das Finanzamt in seinem Bericht vom schreibt - für die Beurteilung von Anbringen auf deren Inhalt, das erkennbare oder zu erschließende Ziel des Parteischrittes an kommt, wobei auch das Erklärte der Auslegung zugänglich ist.

Die beiden Anbringen vom und vom waren eindeutig und zweifelsfrei auf die Geltendmachung von Bildungsprämie gerichtet. Wird Bildungsprämie beantragt, würde eine Umdeutung in eine Lehrlingsprämie nicht nur den äußersten Wortsinn der Erklärung überschreiten, sondern hat es für eine derartige Umdeutung im Zeitpunkt der Abgabe der Selbstberechnung und der entsprechenden Buchung durch das Finanzamt auch keinerlei Anlass gegeben.

Das Finanzamt schreibt in seinem Bericht vom , dass sich "im Zuge der bescheidmäßigen Festsetzung im gegenständlichen Fall eindeutig aus dem Ermittlungsverfahren" erschlossen habe, dass die Bf seinerzeit statt Bildungsprämie Lehrlingsausbildungsprämie beantragen hätte wollen. Damit räumt auch das Finanzamt ein, dass ursprünglich kein Zweifel für die Behörde an der Beantragung von Bildungsprämie bestand.

Eine Selbstberechnung von Lehrlingsausbildungsprämie für die Jahre 2012 und 2013 durch die Bf hat es nicht gegeben. Die Bf hat vielmehr Bildungsprämie selbst berechnet.

Das Gesetz sah sowohl für die Bildungsprämie in § 108c Abs. 3 EStG 1988 ("Die Prämien können erst nach Ablauf des jeweiligen Wirtschaftsjahres geltend gemacht werden, spätestens jedoch bis zum Eintritt der Rechtskraft des betreffenden Einkommensteuer-, Körperschaftsteuer- oder Feststellungsbescheides) als auch für die Lehrlingsausbildungsprämie in § 108f Abs. 4 EStG 1988 (Satz 1 ident mit § 108c Abs. 3 EStG 1988) eine bestimmte Frist zur Geltendmachung vor.

Diese Frist ginge jedoch ins Leere, könnte nach Fristablauf von einer geltend gemachten Prämie auf eine andere Prämie umgestiegen werden.

Da Lehrlingsausbildungsprämie für die Jahre 2012 und 2013 nicht selbst berechnet worden ist, fehlt es an der Voraussetzung einer Selbstberechnung (a) von Lehrlingsausbildungsprämie. Darauf, ob eine Selbstberechnung richtig oder unrichtig gewesen wäre (b), kommt es nicht mehr an.

Das Finanzamt hätte richtigerweise Bildungsprämie für die Jahre 2012 und 2013 gemäß § 201 BAO mit 0,00 Euro festsetzen müssen, wenn die Voraussetzungen für die Bildungsprämie nicht vorgelegen sind.

Hätte die Bf im Zuge des Ermittlungsverfahrens erstmals Lehrlingsausbildungsprämie für die Jahre 2012 und beantragt, wäre eine verspätet - nach Fristablauf - erfolgte Selbstberechnung vom Finanzamt zurückzuweisen gewesen. Über eine rechtzeitige Selbstberechnung wäre vom Finanzamt durch Auszahlung oder Bescheiderlassung in Bezug auf die Lehrlingsausbildungsprämie zu entscheiden gewesen.

Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide

Mangels Selbstberechnung von Lehrlingsausbildungsprämie für die Jahre 2012 und 2013 erweisen sich die angefochtenen Bescheide als rechtswidrig (Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG), sie sind gemäß § 279 BAO ersatzlos aufzuheben.

Revisionszulassung

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG die (ordentliche) Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Bundesfinanzgericht folgt der dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts ist diese Rechtsprechung auch auf den gegenständlichen Fall anzuwenden.

Ausdrückliche Judikatur zur Frage, ob Lehrlingsausbildungsprämie gemäß § 201 BAO festgesetzt werden kann, wenn nach der Aktenlage Bildungsprämie selbst berechnet wurde und sich im Zuge des Verfahrens herausgestellt hat, dass eigentlich Lehrlingsausbildungsprämie beantragt werden sollte, ist jedoch nicht ersichtlich.

Es ist daher gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG i. V. m. § 25a Abs. 1 VwGG die (ordentliche) Revision zuzulassen.

Bemerkt wird, dass gemäß § 34 Abs. 1a VwGG der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden ist.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 201 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 108f EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 201 Abs. 2 Z 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 260 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 108c EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 213 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 303 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 4 Abs. 4 Z 8 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Verweise
Zitiert/besprochen in
Stöger-Frank in BFGjournal 2020, 205
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7105878.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at