Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 24.02.2020, RV/2100842/2019

Diensterfindungsvergütung und Hälftesteuersatz

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf, vertreten durch stV, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt FA vom betreffend Einkommensteuer 2016 zu Recht erkannt: 

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe betragen:

Einkommensteuer 2016:


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Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit
68.429,86
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
-1.930,50
Gesamtbetrag der Einkünfte
66.499,36
Sonderausgaben
-522,00
Kinderfreibetrag
-300,00
Einkommen
65.677,36
Steuer vor Abzug der Absetzbeträge
21.205,13
Verkehrsabsetzbetrag
-400,00
Steuer für Durchschnittssteuersatz
20.805,13
Durchschnittssteuersatz
31,68%
Hälftesteuersatz
15,84%
Steuer auf Halbsatzeinkünfte (9.500,00)
1.504,69
Steuer Rest mit Durchschnittssteuersatz
17.795,74
Zwischensumme
19.300,43
Steuer für die sonstigen Bezüge
427,62
Steuer für Einkünfte aus Kapitalvermögen
mit besonderem Steuersatz
168,17
Einkommensteuer
19.896,22
anrechenbare Lohnsteuer
-21.894,58
festgesetzte Einkommensteuer (gerundet)
-1.998,00

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

I.

Die Beschwerdeführerin (Bf.) erhielt im Streitjahr von ihrer früheren Dienstgeberin auf Grund einer Vereinbarung vom eine pauschale Abfindung für Diensterfindungen in Höhe von (brutto) 9.500 Euro.

Mit der gegenständlichen Beschwerde wird beantragt, für diese Diensterfindungsvergütung die Halbsatzbesteuerung nach § 38 Abs. 1 EStG zur Anwendung zu bringen.

II.

Die Bf. war bis als Angestellte bei der R-GmbH
(R-GmbH) beschäftigt.

Im April 2016 traf die Bf. mit der R-GmbH eine Vereinbarung mit – auszugsweise – folgendem Wortlaut:

I. Präambel

Mit Schreiben vom hat [Bf.] die Diensterfindungsvergütung, die ihr nach Beendigung des Dienstverhältnisses (…) für die zukünftige Benutzung der Diensterfindungen zusteht, geltend gemacht.

Ziel dieser Vereinbarung ist es daher, eine einmalige finanzielle Abgeltung für Diensterfindungen von [Bf.], die diese im Zuge ihres Dienstverhältnisses zur R-GmbH (mit‑)erfunden hat, zu regeln (…)

II.

A. Zum Dienstverhältnis

1. [Bf.] war bei der R-GmbH bis als Angestellte beschäftigt.

2. Im Jahr 2010 wurde [Bf.] zur Abgeltung allfälliger Erfindervergütungen eine Zahlung im Ausmaß von EUR 1.000,00 geleistet.

B. Zu den Diensterfindungen

1. Im Zuge ihres Dienstverhältnisses war [Bf.] an der Entwicklung zweier Diensterfindungen beteiligt. Diese Diensterfindungen und vergütungsrelevante Parameter sind in der Tabelle auf der ersten Seite der Beilage „Pauschalvergütung für Erfindungen von [Bf.] (…)“ abschließend aufgelistet.

2. [Bf.] erklärt, dass diese Tabelle den Tatsachen entspricht und anerkennt auch die Richtigkeit der Parameter. [Bf.] erklärt weiters, dass sie keine darüberhinausgehenden, nicht bereits gemeldeten Diensterfindungen im Sinne § 7 PatG 1970 gemacht hat.

C. Berechnung einer angemessenen Erfindervergütung

1. In der Beilage 1 sind die Berechnungsgrundlagen sowie die konkreten Berechnungsschritte für einen angemessenen Erfindervergütungsanspruch bezüglich der Diensterfindungen von [Bf.] festgehalten. [Bf.] hat die Beilage im Vorfeld dieser Vereinbarung geprüft und sich mit dem Inhalt einverstanden erklärt.

2. Unter Zugrundelegung der Berechnungsgrundsätze laut Beilage ergibt sich ein Erfindervergütungsanspruch von [Bf.] in Höhe von brutto EUR 9.458,51. [R-GmbH] bietet [Bf.] eine höhere pauschale Abfindung gemäß II. D. 1 ohne Anerkennung einer Rechtspflicht an.

3. Beiden Seiten ist bekannt, dass die Annahmen in der Beilage teilweise auf Schätzungen, vor allem hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung, basieren. Allerdings erklären beide Seiten ausdrücklich, dass die angenommenen Werte bzw. Berechnungsgrundlagen angemessen sind und dass sie mit der gewählten Berechnungsmethode unwiderruflich einverstanden sind. Dementsprechend anerkennen beide Seiten den Erfindervergütungsanspruch als angemessen im Sinne des PatG 1970. Nachdem es das Ziel beider Parteien ist, die Abgeltung der Vergütung endgültig und abschließend zu regeln, verzichten daher beide Seiten in voller Kenntnis dieser Umstände auf eine nachträgliche Änderung der Berechnung bzw. des Ergebnisses, unabhängig davon, wie sich einzelne Parameter in Zukunft tatsächlich entwickeln. Insbesondere § 10 PatG 1970 wird daher einvernehmlich - soweit gesetzlich zulässig - ausgeschlossen.

D. Abfindungszahlung

1. Ausgehend von den obigen Überlegungen bzw. Berechnungen einigen sich [die Parteien] auf eine pauschale Abfindung von brutto EUR 9.500,00. Diese pauschale Abfindung wird zur Gänze ausbezahlt, ohne Anrechnung von bisher erhaltenen Erfindervergütungen oder Sozialplanleistungen (…)

E. Sonstiges

(…) 3. Mit Erfüllung dieser Vereinbarung sind sämtliche Ansprüche von [Bf.] auf Diensterfindungsvergütungen nach dem PatG gegenüber [R-GmbH] endgültig bereinigt und verglichen und verzichtet [Bf.] ausdrücklich auf die Geltendmachung darüberhinausgehender Ansprüche.“

III.

Die R-GmbH übermittelte dem Finanzamt für diese Vergütung einen den Zeitraum April 2016 umfassenden Lohnzettel mit folgenden Beträgen:

- Bruttobezüge (210):  9.500 Euro
- mit festen Sätzen versteuerte Bezüge: 1.900 Euro
- übrige Abzüge (243): 1.900 Euro
- steuerpflichtige Bezüge (245): 7.600 Euro
- einbehaltene Lohnsteuer: 2.748,67 Euro
- anrechenbare Lohnsteuer (260): 2.748,67 Euro

IV.

Im hier angefochtenen Bescheid wurden die laut o.a. Lohnzettel steuerpflichtigen Bezüge von 7.600 Euro neben weiteren Einkünften der Bf. zum Tarif versteuert; der Betrag von 1.900 Euro wurde steuerfrei belassen.

V.

In der dagegen erhobenen Beschwerde vom wurde geltend gemacht, die R-GmbH habe den Lohnzettel für 2016 in Bezug auf die Diensterfindung falsch ausgestellt:

„[Bf.] hat im April 2016 eine Diensterfindungsvergütung über EUR 9.500,00 gemäß § 8 Abs. 1 PatG erhalten. Im Zeitpunkt der Auszahlung der Diensterfindungsvergütung bestand kein Dienstverhältnis zur Firma R- GmbH mehr. Gemäß Rz 1099 LStR ist eine Diensterfindungsvergütung zur Gänze nach dem Tarif zu versteuern, wenn dem Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Auszahlung keine laufenden Bezüge mehr zugeflossen sind. Im Zuge der Einkommensteuerveranlagung kann aber nach Rz 1099 LStR in Verbindung mit Rz 7345 EStRL der ermäßigte Steuersatz gemäß § 38 Abs. 1 EStG für die Diensterfindungsvergütung in Anspruch genommen werden. Der Arbeitgeber R- GmbH hat in der laufenden Personalverrechnung die Diensterfindungsvergütung nicht nach laufendem Tarif gemäß § 67 Abs. 10 EStG, sondern nach § 67 Abs. 8 EStG abgerechnet, wobei ein Fünftel steuerfrei belassen wurde.

Da [Bf.] zum Zeitpunkt der Auszahlung der Diensterfindung nicht mehr bei der Firma R- GmbH beschäftigt war, ist diese erhaltene Diensterfindungsvergütung gem. § 67 Abs. 10 als laufender Bezug abzurechnen. Laut beigefügtem Lohnzettel kommt es für die Diensterfindungsvergütung iHv EUR 9.500,00 nach Abzug der Sozialversicherung zu einer Lohnsteuerbemessungsgrundlage iHv EUR 8.619,37. Die insgesamt einbehaltene Lohnsteuer beträgt somit EUR 3.258,37.

Durch die Änderung des Lohnzettels hat [Bf.] im Jahr 2016 ein Einkommen iHv EUR 64.796,73. Davon berechnet sich ein durchschnittlicher Steuersatz iHv 31,46 %. Gem. § 38 Abs. 1 EStG findet für die Verwertung von patentrechtlich geschützten Erfindungen der halbe Steuersatz Anwendung. Dadurch ist für die Lohnsteuerbemessungsgrundlage der Diensterfindungsvergütung iHv EUR 8.619,37 (siehe Kz 423 E1 2016) ein Steuersatz iHv EUR 15,37% heranzuziehen.

Es wird beantragt, den Steuerbescheid 2016 anhand des von uns berichtigten Lohnzettels 2016 (siehe Anhang) sowie der geänderten Einkommensteuererklärungen 2016 zu berichtigen.

VI.

In der abweisenden Beschwerdevorentscheidung vom führte das Finanzamt ua. aus:

Die Beschwerdeführerin bekam im April 2016 eine Diensterfindungsvergütung ihres ehemaligen Arbeitgebers R- GmbH ausbezahlt. Im Zeitpunkt der Auszahlung bestand kein Dienstverhältnis zur auszahlenden Stelle. Aus diesem Grund konnte keine begünstigte Besteuerung gemäß § 67 Abs. 1 EStG 1988 vorgenommen werden. Die Auszahlung der zu behandelnden Diensterfindungsvergütung war Ausfluss eines Vergleiches zwischen der Beschwerdeführerin und dem ehemaligen Dienstgeber.

Nachzahlungen für abgelaufene Kalenderjahre, die nicht auf einer willkürlichen Verschiebung des Auszahlungszeitpunktes beruhen, sind, soweit sie nicht nach Abs. 3 oder 6 mit dem festen Steuersatz zu versteuern sind, gemäß Abs. 10 im Kalendermonat der Zahlung zu erfassen. Dabei ist nach Abzug der darauf entfallenden Beiträge im Sinne des § 62 Z 3, 4 und 5 ein Fünftel steuerfrei zu belassen.

Diese Begünstigung kam im gegenständlichen Fall zur Anwendung.

Ist eine Diensterfindungsvergütung zur Gänze nach dem Tarif zu versteuern (§ 67 Abs. 10 EStG 1988), weil dem Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Auszahlung zB wegen Pensionierung oder Arbeitgeberwechsel keine laufenden Bezüge aus dem früheren Dienstverhältnis mehr zugeflossen sind, kann beim FA im Zuge der Einkommensteuerveranlagung der ermäßigte Steuersatz gemäß § 37 Abs. 1 EStG 1988 für derartige Diensterfindungsvergütungen angewendet werden, wenn die Voraussetzungen des § 38 EStG 1988 vorliegen (siehe auch Rz 7345 EStR 2000) (…)

Allerdings schließt § 37 Abs. 7 EStG 1988 eine Progressionsermäßigung nach Abs. 2, Abs. 3 oder Abs. 5 aus, wenn Einkünfte zum Teil mit dem festen Steuersatz des § 67 versteuert wurden.

Zwar sind Vergleichssummen nur dann mit dem festen Steuersatz zu versteuern, wenn sie (teilweise) auf sonstige Bezüge gem. § 67 Abs. 3 und 6 EStG 1988 entfallen, oder wenn sie bei oder nach Beendigung des Dienstverhältnisses für Zeiträume ausbezahlt werden, für die eine Anwartschaft gegenüber einer BV-Kasse besteht. Dennoch ist bei der Versteuerung von Vergleichssummen ein Fünftel, höchstens ein Fünftel des Neunfachen der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 ASVG, steuerfrei zu belassen. Wenn eine (teilweise) Besteuerung der Vergleichssumme mit festen Sätzen die Progressionsermäßigung der §§ 37, 38 iVm § 37 Abs. 7 EStG 1988 ausschließt, muss dies nach dem Sinn und Zweck dieser gesetzlichen Bestimmung im Größenschluss umso mehr gelten, wenn ein Teil zur Gänze steuerbefreit ist.

(…) Eine Berücksichtigung einer mehrfachen Progressionsermäßigung einerseits durch ein steuerfreies Fünftel für Vergleichssummen, andererseits durch zusätzliche Halbsatzbesteuerung kann dem Gesetz nicht entnommen werden (…)

Im Rahmen der Veranlagung kann daher nach Ansicht der Abgabenbehörde nur das steuerfreie Fünftel (…) berücksichtigt werden. Nachdem diese Begünstigung bereits im Zuge der Lohnverrechnung in Anspruch genommen wurde und eine zusätzliche Halbsatzbegünstigung nicht zusteht, war die Beschwerde abzuweisen“.

VII.

Dagegen brachte die Bf. den Vorlageantrag vom ein, in welchem - unter Hinweis auf näher bezeichnete Literatur sowie BFG- und UFS-Judikatur - ergänzend ua. ausgeführt wurde:

„Unstrittig ist, dass es sich gegenständlich um eine Erfindung iSd § 7 Abs. 3 Patentgesetz handelt (…)

Der ehemalige Arbeitgeber R- GmbH ging ohne genauere Prüfung von einem „Sonstigen Bezug" aus und wendet die Bestimmung § 67 Abs. 8 EStG an. Da die Anwendung der Bestimmung § 67 Abs. 8 EStG aber (…) „Sonstige Bezüge" voraussetzt und hier kein „Sonstiger Bezug" vorliegt, weil im Zeitpunkt der Auszahlung weder ein Dienstverhältnis vorlag und auch keine laufenden Bezüge dem Beschwerdeführer ausbezahlt wurden, war die Abrechnung des ehemaligen Arbeitsgebers nicht korrekt und die Befreiung des Fünftels gem. § 67 Abs. 8 EStG wurde unseres Erachtens zu Unrecht angewendet. Der Dienstgeber hätte die Diensterfindungsvergütung nach Tarif als laufenden Bezug abrechnen müssen (…)

Dass die Abgabenbehörde nur aufgrund der unterjährigen (falschen) Abrechnung der Diensterfindungsvergütung durch den ehemaligen Arbeitgeber eine Anwendung des Halbsatzes nach § 38 EStG im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung in Abrede stellt, kann aus den gesetzlichen Bestimmungen bzw. der Judikatur nicht abgeleitet werden (…)“

Über die Beschwerde wurde Folgendes erwogen:

Strittig ist, ob die der Bf. gewährte Diensterfindungsvergütung der Halbsatzbesteuerung nach § 38 EStG 1988 unterliegt oder nicht.

Das Finanzamt verwehrt diese ua. mit der Begründung, „eine mehrfache Progressionsermäßigung einerseits durch ein steuerfreies Fünftel für Vergleichssummen, andererseits durch Halbsatzbesteuerung“ sei dem Gesetz nicht zu entnehmen.

Aus dem Beschwerdevorbringen geht jedoch klar hervor, dass die Bf. ausschließlich die Halbsatzbesteuerung begehrt und sie die seitens der R-GmbH erfolgte Berücksichtigung eines steuerfreien Fünftels gemäß § 67 Abs. 8 EStG 1988 als nicht korrekt erachtet (vgl. zB Vorlageantrag S. 3 unten).

Die für den Beschwerdefall maßgebliche Gesetzeslage stellt sich wie folgt dar:

§ 37 Abs. 1 EStG 1988, dritter TS:
Der Steuersatz ermäßigt sich für Einkünfte aus der Verwertung patentrechtlich geschützter Erfindungen (§ 38) auf die Hälfte des auf das gesamte Einkommen entfallenden Durchschnittssteuersatzes.

§ 38 Abs. 1 EStG 1988:
Sind im Einkommen Einkünfte aus der Verwertung patentrechtlich geschützter Erfindungen durch andere Personen enthalten, so ermäßigt sich der Steuersatz auf die Hälfte des auf das gesamte Einkommen entfallenden Durchschnittssteuersatzes. Diese Begünstigung steht nur dem Erfinder selbst zu.

§ 67 Abs. 8 EStG 1988:
Für die nachstehend angeführten sonstigen Bezüge gilt Folgendes:
a) auf gerichtlichen oder außergerichtlichen Vergleichen beruhende Vergleichssummen, sind, soweit sie nicht nach Abs. 3, 6 oder dem letzten Satz mit dem festen Steuersatz zu versteuern sind, gemäß Abs. 10 im Kalendermonat der Zahlung zu erfassen. Dabei ist nach Abzug der darauf entfallenden Beiträge im Sinne des § 62 Z 3, 4 und 5 ein Fünftel steuerfrei zu belassen, höchstens jedoch ein Fünftel des Neunfachen der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 ASVG; Abs. 2 ist nicht anzuwenden (…)

§ 67 Abs. 10 EStG 1988:
Sonstige Bezüge, die nicht unter Abs. 1 bis 8 fallen, sind wie ein laufender Bezug im Zeitpunkt des Zufließens nach dem Lohnsteuertarif des jeweiligen Kalendermonats der Besteuerung zu unterziehen. Diese Bezüge erhöhen nicht das Jahressechstel gemäß Abs. 2.

Nach § 38 EStG 1988 begünstigte Einkünfte können innerhalb einer betrieblichen Einkunftsart, innerhalb der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung oder gegebenenfalls als sonstige Einkünfte anfallen. Für Diensterfindungen sah § 67 Abs. 7 EStG 1988 idF vor StRef G 2015/16 eine spezielle Begünstigung vor, die § 38 EStG 1988 vorging. Vergütungen für Diensterfindungen, die teilweise nach § 67 Abs. 7 EStG 1988 besteuert wurden, konnten hinsichtlich des voll zu versteuernden Teils nicht dem Hälftesatz unterworfen werden (vgl. ÖStZ 00, 127). Sind Vergütungen für Diensterfindungen aber zur Gänze zum vollen Tarif zu versteuern, weil dem Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Auszahlung keine laufenden Bezüge aus dem früheren Dienstverhältnis mehr zugeflossen sind bzw. weil § 67 Abs. 7 EStG 1988 ab 2016 entfallen ist, kann bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 38 EStG 1988 iRd Veranlagung der ermäßigte Steuersatz zur Anwendung kommen (vgl. Jakom/Kanduth-Kristen EStG, 2019, § 38 Rz 14; weiters ua. ; ; , RV/3080-W/10; , RV/0460-G/02).

Eine Diensterfindungsvergütung ist grundsätzlich den sonstigen Bezügen nach § 67 EStG 1988 zuzuordnen. Da der Bf. jedoch im Zeitpunkt ihrer Auszahlung keine laufenden Bezüge aus dem früheren Dienstverhältnis mit der R-GmbH mehr zugeflossen sind, kommt eine Besteuerung nach § 67 Abs. 1 und 2 EStG 1988 nicht (mehr) in Betracht. Damit unterliegt die Vergütung an sich der (vollen) Tarifbesteuerung. Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 38 EStG 1988 kann jedoch der ermäßigte Steuersatz in Anspruch genommen werden.

Im vorliegenden Fall wird das Vorliegen einer Diensterfindungsvergütung selbst vom Finanzamt nicht in Zweifel gezogen (vgl. zB Begründung der Beschwerdevorentscheidung, erster Satz).

Wenn die Abgabenbehörde jedoch davon ausgeht, die Auszahlung der Diensterfindungsvergütung sei Ausfluss eines Vergleiches gewesen, so ist diese Feststellung von der Aktenlage nicht gedeckt.

Ein Vergleich setzt gemäß § 1380 ABGB voraus, dass damit streitige oder zweifelhafte Rechte unter beiderseitigem Nachgeben neu festgelegt werden. Zweifelhaft ist ein Recht dann, wenn sich die Parteien nicht einig sind, ob oder in welchem Umfang es entstanden ist oder noch besteht (vgl. Jakom/Lenneis, aaO, § 67 Rz 29).

Im vorliegenden Fall hat sich die Bf. mit Schreiben vom an ihre frühere Dienstgeberin (bzw. deren Rechtsnachfolgerin) gewandt und unter Hinweis auf die im Zuge ihres Dienstverhältnisses mit der R-GmbH gemachten Diensterfindungen, welche von der R–GmbH weiter benutzt und verwertet werden, um die Erstattung eines Vorschlages für eine angemessene dbzgl. Vergütung ersucht. In der Folge kam es zum Abschluss der eingangs dargestellten Vereinbarung mit der R-GmbH vom .

Damit wurde aber eine „normale“ Vereinbarung zwischen der Bf. und der R-GmbH getroffen, eine Neufestlegung strittiger Ansprüche – unter beiderseitigem Nachgeben – ist damit jedoch nach hg. Ansicht nicht erfolgt. Würde man der Auffassung des Finanzamtes folgen, würde im Falle einer Einigung über die Höhe einer im Einzelfall zu leistenden Diensterfindungsvergütung stets ein „Vergleich“ vorliegen.

Die Bestimmung des § 67 Abs. 8 lit. a EStG 1988 kann daher schon aus diesem Grund hier nicht zur Anwendung gelangen.

Zudem wäre es – wie im Vorlageantrag ausgeführt – wohl auch nicht sachgerecht, in der steuerlichen Behandlung danach zu differenzieren, ob die Diensterfindungsvergütung im Rahmen eines Vergleiches festgelegt und ausbezahlt wird oder aber im Rahmen einer „normalen“ Einigung. Eine derartige Differenzierung sehen die §§ 37 und 38 EStG 1988 nicht vor. Die Bestimmung des § 38 EStG 1988, welche für bestimmte Einkünfte prinzipiell die Halbsatzbesteuerung normiert, geht der – für „Vergleichssummen“ geltenden – Norm des § 67 Abs. 8 EStG 1988 vor.

Aus den dargelegten Gründen war der Beschwerde daher dem Grunde nach Folge zu geben.

Was die Berechnung der maßgeblichen Bemessungsgrundlage sowie der Abgabe betrifft, gilt jedoch Folgendes:

Laut Vorbringen in der Beschwerdeschrift vom ergebe sich nach Abzug der Sozialversicherungsbeiträge eine Steuerbemessungsgrundlage von 8.619,37 Euro. Über Nachfrage des Bundesfinanzgerichts teilte die steuerliche Vertreterin der Bf. jedoch mit, dass die Sozialversicherungsbeiträge weder einbehalten noch entrichtet wurden (vgl. Nachricht vom ; E-Mail der steuerlichen Vertreterin vom ).

Nach § 19 Abs. 2 EStG 1988 sind Ausgaben für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind. Der Abfluss von Nachzahlungen (etwa für Sozialversicherungsbeiträge) erfolgt im Zeitpunkt der Leistung (vgl. Jakom/Peyerl EStG, 2019, § 19 Rz 26).

Ein Abzug von Sozialversicherungsbeiträgen kommt daher allenfalls erst im Zeitpunkt ihrer Entrichtung in Frage. Im Streitjahr sind diese jedoch – mangels Entrichtung – zweifelsohne nicht zu berücksichtigen.

Bezüglich der Frage nach der Höhe der anrechenbaren Lohnsteuer ist auf § 83 Abs. 1 und 2 EStG 1988 zu verweisen: Steuerschuldner ist der Arbeitnehmer. Ein unrichtig vorgenommener Lohnsteuerabzug kann (ua.) bei der Veranlagung korrigiert werden, dabei wird der Arbeitnehmer unmittelbar in Anspruch genommen. Wird der Arbeitnehmer veranlagt, so steht dies einer Haftung des Arbeitgebers entgegen, sofern die entsprechenden Einkünfte bei der Veranlagung in zutreffender Höhe berücksichtigt werden (vgl. zB Jakom/Lenneis EStG, 2019, § 82 Rz 2, mwN).

Im Beschwerdefall konnten die (Gesamt-)Einkünfte der Bf. in (nunmehr) zutreffender Höhe berücksichtigt werden. Sohin war im Wege der Veranlagung jedenfalls die Bf. als Steuerschuldnerin unmittelbar heranzuziehen. Das Begehren der Bf. auf rein rechnerische Berücksichtigung einer "fiktiv einbehaltenen Lohnsteuer", die dieser bislang weder unmittelbar noch mittelbar (im Abzugswege) angelastet wurde, um dadurch ihre bescheidmäßig festzusetzende Gutschrift zu erhöhen, und diese - der Höhe nach - gar nicht bestehende Steuerschuld in der Folge der früheren Arbeitgeberin im Haftungswege vorzuschreiben, ist daher jedenfalls unberechtigt.  

Im Ergebnis ist die streitgegenständliche Diensterfindungsvergütung daher im vollen Ausmaß von 9.500 Euro - dh. nicht nur im Ausmaß von 7.600 Euro (= 4/5) wie laut angefochtenem Bescheid - steuerpflichtig, weshalb sich das Einkommen gegenüber dem angefochtenen Bescheid um 1.900 Euro erhöht. Allerdings unterliegt die Diensterfindungsvergütung dem Hälftesteuersatz. Die dbzgl. anrechenbare Lohnsteuer bleibt unverändert.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall konnte sich das Bundesfinanzgericht auf die dbzgl. klare, in der Begründung dargelegte Gesetzeslage stützen. Ungeachtet der Tatsache, dass es hierzu – soweit überblickbar – noch keine höchstgerichtliche Judikatur (die Rechtslage ab 2016 betreffend) gibt, liegt daher keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor.

Die Feststellung, dass die Diensterfindungsvergütung nicht im Rahmen eines Vergleiches festgelegt wurde, konnte auf Grund der Aktenlage – insbesondere des vorliegenden Schreibens der Bf. vom sowie der Vereinbarung mit der R-GmbH vom – in freier Beweiswürdigung getroffen werden.

Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.2100842.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at