Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 24.02.2020, RV/2100855/2019

Hälftesteuersatz für Diensterfindungsvergütungen vom ehemaligen Arbeitgeber

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache des Bf., vertreten durch Z-Steuerberatung, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt A vom betreffend Einkommensteuer 2016 zu Recht erkannt: 

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert und die Einkommensteuer 2016 wird festgesetzt mit € -4.207,--.

Die Ermittlung der maßgeblichen Bemessungsgrundlagen sowie der festgesetzten Abgabe ist den Entscheidungsgründen und dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen; dieses bildet einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer (Bf.) erhielt im Streitjahr von seiner früheren Dienstgeberin eine pauschale Abfindung für Diensterfindungen iHv. € 26.500,-. Mit der gegenständlichen Beschwerde wird beantragt, für diese Diensterfindungsvergütung die Halbsatzbesteuerung nach § 38 Abs. 1 EStG zur Anwendung zu bringen.

Der Bf. war bis als Angestellter bei der XR GmbH (in der Folge: R-GmbH) beschäftigt. Am traf er mit der R-GmbH eine Vereinbarung mit – auszugsweise – folgendem Wortlaut:

I. Präambel
Mit Schreiben vom hat [der Bf.] eine angemessen: Vergütung für seine Diensterfindungen sowohl für die Zeitspanne der letzten drei Jahre, als auch für die Zukunft geltend gemacht.

Ziel dieser Vereinbarung ist es daher, eine einmalige finanzielle Abgeltung für Diensterfindungen [des Bf.], die dieser im Zuge seines Dienstverhältnisses zur R-GmbH (mit-)erfunden hat, zu regeln. (…)

A. Zum Dienstverhältnis

1. [Der Bf.] war bei der R-GmbH bis als Angestellter beschäftigt.

2. In den Jahren 2002 bis 2012 wurden [dem Bf.] zu Abgeltung allfälliger Erfindervergütungen Zahlungen im Ausmaß von insgesamt EUR 57.927,00 geleistet.

B. Zu den Diensterfindungen

1. Im Zuge seines Dienstverhältnisses war [der Bf.] an der Entwicklung mehrerer Diensterfindungen beteiligt. Diese Diensterfindungen und vergütungsrelevante Parameter sind in der Tabelle auf der ersten Seite der Beilage „Pauschalvergütung für Erfindungen [des Bf.] (…) abschließend aufgelistet.

2. [Der Bf.] erklärt, dass diese Tabelle den Tatsachen entspricht und anerkennt auch die Richtigkeit der Parameter. [Der Bf.] erklärt weiters, dass er, mit Ausnahme der in der inzwischen fallengelassenen und damit nicht in der Tabelle enthaltenen Patentfamilie (…) angemeldeten Diensterfindung, keine darüberhinausgehenden, nicht bereits gemeldeten Diensterfindungen im Sinne § 7 PatG 1970 gemacht hat.

C. Berechnung einer angemessenen Erfindervergütung

(…) 2. Allfälligen Ansprüchen für die Vergangenheit stehen bereits erfolgte hohe Zahlungen gemäß II. A. 2. gegenüber. Die Parteien einigen sich auf eine Berechnung der Abfindungszahlung, ohne Anrechnung der Zahlungen gemäß II. A. 2.

3. In der Beilage 1 sind die Berechnungsgrundlagen sowie die konkreten Berechnungsschritte für einen angemessenen Erfindervergütungsanspruch bezüglich der Diensterfindungen [des Bf.] festgehalten.

4. Unter Zugrundelegung der Berechnungsgrundsätze laut Beilage und bei Anwendung der Verfalls- bzw. Verjährungsfrist würde sich ein Erfindervergütungsanspruch in Höhe von brutto EUR 20.996,65 ergeben. [Die R-GmbH] bietet [dem Bf.] eine höhere pauschale Abfindung gemäß II. D. 1, ohne Anerkennung einer Rechtspflicht an.

5. Beiden Seiten ist bekannt, dass die Annahmen in der Beilage teilweise auf Schätzungen, vor allem hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung, basieren. Allerdings erklären beide Seiten ausdrücklich, dass die angenommenen Werte bzw. Berechnungsgrundlagen angemessen sind und dass sie mit der gewählten Berechnungsmethode unwiderruflich einverstanden sind. Dementsprechend anerkennen beide Seiten den Erfindervergütungsanspruch als angemessen im Sinne des PatG 1970. Nachdem es das Ziel beider Parteien ist, die Abgeltung der Vergütung endgültig und abschließend zu regeln, verzichten daher beide Seiten in voller Kenntnis dieser Umstände auf eine nachträgliche Änderung er Berechnung bzw. des Ergebnisses, unabhängig davon, wie sich einzelne Parameter in Zukunft tatsächlich entwickeln. Insbesondere § 10 PatG 1970 wird daher einvernehmlich - soweit gesetzlich zulässig - ausgeschlossen.

D. Abfindungszahlung

1. Ausgehend von den obigen Überlegungen bzw. Berechnungen einigen sich [die Parteien] auf eine pauschale Abfindung von brutto EUR 26.500,00. Diese pauschale Abfindung wird zur Gänze ausbezahlt, ohne Anrechnung von bisher erhaltenen Erfindervergütungen oder Sozialplanleistungen. (…)

E. Sonstiges (…)

Mit Erfüllung dieser Vereinbarung sind sämtliche Ansprüche [des Bf.] auf Diensterfindungsvergütungen nach dem PatG gegenüber der R-GmbH endgültig bereinigt und verglichen und verzichtet [der Bf.] ausdrücklich auf die Geltendmachung darüberhinausgehender Ansprüche.“

Die R-GmbH übermittelte dem Finanzamt für diese Vergütung einen den Zeitraum April 2016 umfassenden Lohnzettel mit folgenden Beträgen:

Bruttobezüge (Kennzahl 210): € 26.500,-
Mit festen Sätzen versteuerte Bezüge: € 5.300,-
Übrige Abzüge (Kz 243): € 5.300,-
Steuerpflichtige Bezüge (Kz 245): € 21.200,-
Einbehaltene Lohnsteuer: € 9.548,67
Anrechenbare Lohnsteuer (Kz 260): € 9.548,67

Im angefochtenen Bescheid wurden die laut oa. Lohnzettel steuerpflichtigen Bezüge von € 21.200,- – neben weiteren Einkünften des Bf. (aus nichtselbständiger Arbeit sowie aus Vermietung und Verpachtung) zum Tarif versteuert; der Betrag von € 5.300,- wurde steuerfrei belassen.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird geltend gemacht, die R-GmbH habe den Lohnzettel für 2016 in Bezug auf die Diensterfindung falsch ausgestellt: „[Der Bf.] hat im April 2016 eine Diensterfindungsvergütung über EUR 26.500,00 gemäß § 8 Abs. 1 PatG erhalten. Im Zeitpunkt der Auszahlung der Diensterfindungsvergütung bestand kein Dienstverhältnis zur Firma R- GmbH mehr. Gemäß Rz 1099 LStR ist eine Diensterfindungsvergütung zur Gänze nach dem Tarif zu versteuern, wenn dem Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Auszahlung keine laufenden Bezüge mehr zugeflossen sind. Im Zuge der Einkommensteuerveranlagung kann aber nach Rz 1099 LStR in Verbindung mit Rz 7345 EStRL der ermäßigte Steuersatz gemäß § 38 Abs. 1 EStG für die Diensterfindungsvergütung in Anspruch genommen werden. Der Arbeitgeber R- GmbH hat in der laufenden Personalverrechnung die Diensterfindungsvergütung nicht nach laufendem Tarif gemäß § 67 Abs. 10 EStG, sondern nach § 67 Abs. 8 EStG abgerechnet, wobei ein Fünftel steuerfrei belassen wurde.

Da [der Bf.] zum Zeitpunkt der Auszahlung der Diensterfindung nicht mehr bei der Firma R- GmbH beschäftigt war, ist diese erhaltene Diensterfindungsvergütung gem. § 67 Abs. 10 als laufender Bezug abzurechnen. Laut beigefügten Lohnzettel kommt es für die Diensterfindungsvergütung iHv. EUR 26.500,00 nach Abzug der Sozialversicherung zu einer Lohnsteuerbemessungsgrundlage iHv. EUR 25.619,37. Die insgesamt einbehaltene Lohnsteuer beträgt somit EUR 11.758,35.

Durch die Änderung des Lohnzettels hat [der Bf.] im Jahr 2016 ein Einkommen iHv. EUR 103.426,98. Davon berechnet sich ein durchschnittlicher Steuersatz iHv. 37,89 %. Gem. § 38 Abs. 1 EStG findet für die Verwertung von patentrechtlich geschützten Erfindungen der halbe Steuersatz Anwendung. Dadurch ist für die Lohnsteuerbemessungsgrundlage der Diensterfindungsvergütung iHv. EUR 25.619,37 (siehe Kz 423 E1 2016) ein Steuersatz iHv. EUR 18,95% heranzuziehen.

Es wird beantragt, den Steuerbescheid 2016 anhand des von uns berichtigten Lohnzettels 2016 (siehe Anhang) sowie der geänderten Einkommensteuererklärungen 2016 zu berichtigen.

In der abweisenden Beschwerdevorentscheidung führt das Finanzamt ua. aus:

Der Beschwerdeführer bekam im April 2016 eine Diensterfindungsvergütung seines ehemaligen Arbeitgebers R- GmbH ausbezahlt. Im Zeitpunkt der Auszahlung bestand kein Dienstverhältnis zur auszahlenden Stelle. Aus diesem Grund konnte keine begünstigte Besteuerung gemäß § 67 Abs. 1 EStG 1988 vorgenommen werden. Die Auszahlung der zu behandelnden Diensterfindungsvergütung war Ausfluss eines Vergleiches zwischen dem Beschwerdeführer und dem ehemaligen Dienstgeber.

Nachzahlungen für abgelaufene Kalenderjahre, die nicht auf einer willkürlichen Verschiebung des Auszahlungszeitpunktes beruhen, sind, soweit sie nicht nach Abs. 3 oder 6 mit dem festen Steuersatz zu versteuern sind, gemäß Abs. 10 im Kalendermonat der Zahlung zu erfassen. Dabei ist nach Abzug der darauf entfallenden Beiträge im Sinne des § 62 Z 3, 4 und 5 ein Fünftel steuerfrei zu belassen.

Diese Begünstigung kam im gegenständlichen Fall zur Anwendung.

Ist eine Diensterfindungsvergütung zur Gänze nach dem Tarif zu versteuern (§ 67 Abs. 10 EStG 1988), weil dem Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Auszahlung zB wegen Pensionierung oder Arbeitgeberwechsel keine laufenden Bezüge aus dem früheren Dienstverhältnis mehr zugeflossen sind, kann beim FA im Zuge der Einkommensteuerveranlagung der ermäßigte Steuersatz gemäß § 37 Abs. 1 EStG 1988 für derartige Diensterfindungsvergütungen angewendet werden, wenn die Voraussetzungen des § 38 EStG 1988 vorliegen (siehe auch Rz 7345 EStR 2000). (…)

Allerdings schließt § 37 Abs. 7 EStG 1988 eine Progressionsermäßigung nach Abs. 2, Abs. 3 oder Abs. 5 aus, wenn Einkünfte zum Teil mit dem festen Steuersatz des § 67 versteuert wurden. Zwar sind Vergleichssummen nur dann mit dem festen Steuersatz zu versteuern, wenn sie (teilweise) auf sonstige Bezüge gern. § 67 Abs. 3 und 6 EStG 1988 entfallen, oder wenn sie bei oder nach Beendigung des Dienstverhältnisses für Zeiträume ausbezahlt werden, für die eine Anwartschaft gegenüber einer BV-Kasse besteht. Dennoch ist bei der Versteuerung von Vergleichssummen ein Fünftel, höchstens ein Fünftel des Neunfachen der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 ASVG, steuerfrei zu belassen. Wenn eine (teilweise) Besteuerung der Vergleichssumme mit festen Sätzen die Progressionsermäßigung der §§ 37, 38 iVm § 37 Abs. 7 EStG 1988 ausschließt, muss dies nach dem Sinn und Zweck dieser gesetzlichen Bestimmung im Größenschluss umso mehr gelten, wenn ein Teil zur Gänze steuerbefreit ist.

(…) Eine Berücksichtigung einer mehrfachen Progressionsermäßigung einerseits durch ein steuerfreies Fünftel für Vergleichssummen andererseits durch zusätzliche Halbsatzbesteuerung kann dem Gesetz nicht entnommen werden. (…)

Im Rahmen der Veranlagung kann daher nach Ansicht der Abgabenbehörde nur das steuerfreie Fünftel (…) berücksichtigt werden. Nachdem diese Begünstigung bereits im Zuge der Lohnverrechnung in Anspruch genommen wurde und eine zusätzliche Halbsatzbegünstigung nicht zusteht, war die Beschwerde abzuweisen.“

Dagegen brachte der Bf. einen Vorlageantrag ein, in welchem unter Hinweis auf näher bezeichnete Literatur sowie BFG- und UFS-Judikatur - ergänzend ua. ausgeführt wird:

„Unstrittig ist, dass es sich gegenständlich um eine Erfindung iSd. § 7 Abs. 3 Patentgesetz handelt. (…)

Der ehemalige Arbeitgeber R- GmbH ging ohne genauere Prüfung von einem „Sonstigen Bezug" aus und wendet die Bestimmung § 67 Abs. 8 EStG an. Da die Anwendung der Bestimmung § 67 Abs. 8 EStG aber „Sonstige Bezüge" voraussetzt und hier kein „Sonstiger Bezug" vorliegt, weil im Zeitpunkt der Auszahlung weder ein Dienstverhältnis vorlag und auch keine laufenden Bezüge dem Beschwerdeführer ausbezahlt wurden, war die Abrechnung des ehemaligen Arbeitsgebers nicht korrekt und die Befreiung des Fünftels gem. § 67 Abs. 8 EStG wurde unseres Erachtens zu Unrecht angewendet. Der Dienstgeber hätte die Diensterfindungsvergütung nach Tarif als laufenden Bezug abrechnen müssen. (…)

Dass die Abgabenbehörde nur aufgrund der unterjährigen (falschen) Abrechnung der Diensterfindungsvergütung durch den ehemaligen Arbeitgeber eine Anwendung des Halbsatzes nach § 38 EStG im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung in Abrede stellt, kann aus den gesetzlichen Bestimmungen bzw. der Judikatur nicht abgeleitet werden. (…)“

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Strittig ist, ob die dem Bf. gewährte Diensterfindungsvergütung der Halbsatzbesteuerung nach § 38 EStG unterliegt oder nicht.

Das Finanzamt verwehrt diese ua. mit der Begründung, „eine mehrfache Progressionsermäßigung einerseits durch ein steuerfreies Fünftel für Vergleichssummen andererseits durch Halbsatzbesteuerung“ sei dem Gesetz nicht zu entnehmen.

Aus dem Beschwerdevorbringen geht jedoch klar hervor, dass der Bf. ausschließlich die Halbsatzbesteuerung begehrt und er die seitens der R-GmbH erfolgte Berücksichtigung eines steuerfreien Fünftels gemäß § 67 Abs. 8 EStG als nicht korrekt erachtet (s. zB Vorlageantrag S. 3 unten).

Die für den Beschwerdefall maßgebliche Gesetzeslage stellt sich wie folgt dar:

Gemäß § 37 Abs. 1 dritter Teilstrich EStG 1988 ermäßigt sich der Steuersatz für Einkünfte aus der Verwertung patentrechtlich geschützter Erfindungen (§ 38) auf die Hälfte des auf das gesamte Einkommen entfallenden Durchschnittssteuersatzes.

§ 38 Abs. 1 EStG: Sind im Einkommen Einkünfte aus der Verwertung patentrechtlich geschützter Erfindungen durch andere Personen enthalten, so ermäßigt sich der Steuersatz auf die Hälfte des auf das gesamte Einkommen entfallenden Durchschnittssteuersatzes. Diese Begünstigung steht nur dem Erfinder selbst zu.

§ 67 Abs. 8 EStG: Für die nachstehend angeführten sonstigen Bezüge gilt Folgendes:
a) auf gerichtlichen oder außergerichtlichen Vergleichen beruhende Vergleichssummen, sind, soweit sie nicht nach Abs. 3, 6 oder dem letzten Satz mit dem festen Steuersatz zu versteuern sind, gemäß Abs. 10 im Kalendermonat der Zahlung zu erfassen. Dabei ist nach Abzug der darauf entfallenden Beiträge im Sinne des § 62 Z 3, 4 und 5 ein Fünftel steuerfrei zu belassen, höchstens jedoch ein Fünftel des Neunfachen der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 ASVG; Abs. 2 ist nicht anzuwenden. (…)

§ 67 Abs. 10 EStG: Sonstige Bezüge, die nicht unter Abs. 1 bis 8 fallen, sind wie ein laufender Bezug im Zeitpunkt des Zufließens nach dem Lohnsteuertarif des jeweiligen Kalendermonats der Besteuerung zu unterziehen. Diese Bezüge erhöhen nicht das Jahressechstel gemäß Abs. 2.

Nach § 38 EStG begünstigte Einkünfte können innerhalb einer betrieblichen Einkunftsart, innerhalb der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung oder gegebenenfalls als sonstige Einkünfte anfallen. Für Diensterfindungen sah § 67 Abs. 7 idF. vor StRef G 2015/16 eine spezielle Begünstigung vor, die § 38 vorging. Vergütungen für Diensterfindungen, die teilweise nach § 67 Abs. 7 besteuert wurden, konnten hinsichtlich des voll zu versteuernden Teils nicht dem Hälftesatz unterworfen werden (s. ÖStZ 00, 127). Sind Vergütungen für Diensterfindungen aber zur Gänze zum vollen Tarif zu versteuern, weil dem Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Auszahlung keine laufenden Bezüge aus dem früheren Dienstverhältnis mehr zugeflossen sind bzw. weil § 67 Abs. 7 ab 2016 entfallen ist, kann bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 38 iRd. Veranlagung der ermäßigte Steuersatz zur Anwendung kommen (s. Jakom/Kanduth-Kristen EStG, 2019, § 38 Rz 14; sowie ua. ; ; , RV/3080-W/10; , RV/0460-G/02).

Eine Diensterfindungsvergütung ist grundsätzlich den sonstigen Bezügen nach § 67 EStG zuzuordnen. Da dem Bf. jedoch im Zeitpunkt ihrer Auszahlung keine laufenden Bezüge aus dem früheren Dienstverhältnis mit der R-GmbH mehr zugeflossen sind, kommt eine Besteuerung nach § 67 Abs. 1 und 2 EStG nicht (mehr) in Betracht. Damit unterliegt die Vergütung an sich der (vollen) Tarifbesteuerung. Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 38 EStG kann jedoch der ermäßigte Steuersatz in Anspruch genommen werden.

Das Vorliegen einer Diensterfindungsvergütung wird selbst vom Finanzamt nicht in Zweifel gezogen (s. zB Begründung der Beschwerdevorentscheidung, erster Satz).

Wenn die Abgabenbehörde jedoch davon ausgeht, die Auszahlung der Diensterfindungsvergütung sei Ausfluss eines Vergleiches gewesen, so ist diese Feststellung von der Aktenlage nicht gedeckt.

Ein Vergleich setzt gemäß § 1380 ABGB voraus, dass damit streitige oder zweifelhafte Rechte unter beiderseitigem Nachgeben neu festgelegt werden. Zweifelhaft ist ein Recht dann, wenn sich die Parteien nicht einig sind, ob oder in welchem Umfang es entstanden ist oder noch besteht (Jakom/Lenneis, aaO, § 67 Rz 29).

Der Bf. hat sich mit Schreiben vom an seine frühere Dienstgeberin (bzw. deren Rechtsnachfolgerin) gewandt und um Mitteilung ersucht, welche auf seine Erfindungen zurückgehenden Patente aufrecht sind und in welchem Umfang diese genutzt werden. Weiters ersuchte er um Erstattung eines Vorschlages für eine angemessene Vergütung für diese Nutzung (sowohl für die letzten drei Jahre als auch für die künftige Nutzung). In der Folge kam es zum Abschluss der eingangs dargestellten Vereinbarung mit der R-GmbH vom .

Damit wurde eine („normale“) Vereinbarung zwischen dem Bf. und der R-GmbH getroffen, eine Neufestlegung strittiger Ansprüche – unter beiderseitigem Nachgeben – ist damit jedoch nach hg. Ansicht nicht erfolgt. Würde man der Auffassung des Finanzamtes folgen, würde im Falle einer Einigung über die Höhe einer im Einzelfall zu leistenden (Diensterfindungs-)Vergütung nahezu immer ein „Vergleich“ vorliegen.

Die Bestimmung des § 67 Abs. 8 lit. a EStG kann daher schon aus diesem Grund hier nicht zur Anwendung gelangen.

Zudem wäre es – wie im Vorlageantrag ausgeführt – wohl auch nicht sachgerecht, in der steuerlichen Behandlung danach zu differenzieren, ob die Diensterfindungsvergütung im Rahmen eines Vergleiches festgelegt und ausbezahlt wird oder aber im Rahmen einer „normalen“ Einigung. Eine derartige Differenzierung sehen die §§ 37 und 38 EStG nicht vor. Die Bestimmung des § 38 EStG, welche für bestimmte Einkünfte prinzipiell die Halbsatzbesteuerung normiert, geht der – für „Vergleichssummen“ geltenden – Norm des § 67 Abs. 8 EStG vor.

Aus den dargelegten Gründen war der Beschwerde dem Grunde nach Folge zu geben.

Was die Berechnung der maßgeblichen Bemessungsgrundlage sowie der Abgabe betrifft, gilt jedoch entgegen der Meinung des Bf. Folgendes:

Laut Vorbringen in der Beschwerdeschrift vom ergebe sich nach Abzug der Sozialversicherungsbeiträge eine Steuerbemessungsgrundlage von € 25.619,-. Über Nachfrage des BFG teilte der Bf. jedoch mit, dass die Sozialversicherungsbeiträge weder einbehalten noch entrichtet wurden (E-Mail vom ).

Nach § 19 Abs. 2 EStG sind Ausgaben für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind. Der Abfluss von Nachzahlungen (etwa für Sozialversicherungsbeiträge) erfolgt im Zeitpunkt der Leistung (Jakom/Peyerl EStG, 2019, § 19 Rz 26).

Ein Abzug von Sozialversicherungsbeiträgen kommt daher allenfalls erst im Zeitpunkt ihrer Entrichtung in Frage. Im Streitjahr sind diese jedoch – mangels Entrichtung – zweifelsohne nicht zu berücksichtigen.

Wenn der Bf. überdies vermeint, der Lohnzettel sei zu berichtigen und die „Lohnsteuerdifferenz auf Grund der falschen Abrechnung“ der früheren Dienstgeberin im Haftungswege vorzuschreiben, so ist auf § 83 Abs. 1 und 2 EStG zu verweisen: Steuerschuldner ist der Arbeitnehmer. Ein unrichtig vorgenommener Lohnsteuerabzug kann (ua.) bei der Veranlagung korrigiert werden, dabei wird der Arbeitnehmer unmittelbar in Anspruch genommen. Wird der Arbeitnehmer veranlagt, so steht dies einer Haftung des Arbeitgebers entgegen, sofern die entsprechenden Einkünfte bei der Veranlagung in zutreffender Höhe berücksichtigt werden (s. zB Jakom/Lenneis EStG, 2019, § 82 Rz 2, mwN).

Im Beschwerdefall konnten die Einkünfte des Bf. in (nunmehr) zutreffender Höhe berücksichtigt werden. Sohin war im Wege der Veranlagung jedenfalls der Bf. als Steuerschuldner unmittelbar heranzuziehen. Das Begehren des Bf. auf rein rechnerische Berücksichtigung einer "fiktiv einbehaltenen Lohnsteuer", die diesem bislang weder unmittelbar noch mittelbar (im Abzugswege) angelastet wurde, um dadurch seine bescheidmäßig festzusetzende Gutschrift zu erhöhen, und diese - der Höhe nach - gar nicht bestehende Steuerschuld in der Folge der früheren Arbeitgeberin im Haftungswege vorzuschreiben, ist daher jedenfalls unberechtigt.

Zur Revision: Das BFG konnte sich bei der gegenständlichen Entscheidung auf die diesbezüglich klare, in der Begründung dargelegte Gesetzeslage stützen. Ungeachtet der Tatsache, dass es hierzu – soweit überblickbar – noch keine höchstgerichtliche Judikatur (die Rechtslage ab 2016 betreffend) gibt, liegt daher keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor.

Die Feststellung, dass die Diensterfindungsvergütung nicht im Rahmen eines Vergleiches festgelegt wurde, konnte auf Grund der Aktenlage – insbesondere des vorgelegten Schreibens des Bf. vom sowie der Vereinbarung mit der R-GmbH vom – in freier Beweiswürdigung getroffen werden.

Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Graz, am

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