Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 07.01.2020, RV/7102598/2018

1. Kann der Einheitswert bzw. der Grundsteuermessbetrag von den in § 35 BewG genannten „Direktzahlungen“, die auf Basis der Gestaltung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP), 1. Säule, bezogen werden, berechnet werden? Kann ein solcher Einheitswert gegenüber dem Pächter eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes festgestellt werden? 2. Zurückweisung des Vorlageantrages betreffend Grundsteuermessbetrag in Kombination mit Mitteilung gemäß § 281a BAO

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag.DDr. Hedwig Bavenek-Weber in der Beschwerdesache ****Bf.+ADRESSE**** über die Beschwerde vom gegen die zwei Bescheide der belangten Behörde, des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart, Neusiedlerstraße 46, 7001 Eisenstadt vom , Abgabenkontonummer ****x1****, EWAZ ****x2**** betreffend land- und forstwirtschaftliche Einheitswertfeststellung zum und Grundsteuermessbetrag zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde betreffend Feststellung des Einheitswertes wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen. ( RV/7102598/2018)

II. Der Vorlageantrag betreffend den Grundsteuermessbetrag wird als unzulässig zurückgewiesen. (RV/7102606/2018)

Gegen diese Entscheidung ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Strittige Punkte

I. Kann der Einheitswert bzw. der Grundsteuermessbetrag von den in § 35 BewG genannten „Direktzahlungen“, die auf Basis der Gestaltung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) bezogen werden, berechnet werden? Kann ein solcher Einheitswert gegenüber dem Pächter eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes festgestellt werden?

II. Zurückweisung des Vorlageantrages betreffend Grundsteuermessbetrag in Kombination mit Mitteilung gemäß § 281a BAO

Übersicht:

1. Verfahrensgang

I.) Land- und forstwirtschaftliche Einheitswertfeststellung zum
( RV/7102598/2018)

2. Gesetzliche Grundlagen

3. Erwägungen

4. Unzulässigkeit der Revision

II.) Grundsteuermessbetrag - Mitteilung gemäß § 281a BAO
(RV/7102606/2018)

5. Gesetzliche Grundlagen

6. Erwägungen

7. Folgen für den Vorlageantrag betreffend Grundsteuermessbetrag

8. Obiter dicta

9. Unzulässigkeit der Revision

1. Verfahrensgang

Der Bf. ist Pächter eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes, Nutzung Ackerland und Weingartenfläche, ****KATASTRALGEMEINDE****. Nach dem Inhalt der elektronisch vorgelegten Aktenteile dürfte bis Ende 2013 ****NAME**** der Vorpächter gewesen sein.

Mit Erklärung zur Hauptfeststellung des Einheitswertes und Festsetzung des Grundsteuermessbetrages land- und forstwirtschaftlicher Pachtbetriebe gemäß § 31 Abs. 5 und § 32 Abs. 4 BewG 1955 zum gab der Bf. mit dem Finanzamt bekannt, Pächter zu sein. In der Beilage zu dieser Erklärung gab der Bf. bekannt, dass für den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb unter der AMA Betriebsnummer ****x3**** vom 1.1. bis 31.12. des Vorjahres öffentliche Gelder gemäß § 35 BewG in Höhe von 10.076,90 Euro gemeldet wurden.

Mit Einheitswertbescheid zum , Hauptfeststellung mit Wirksamkeit ab vom stellte das Finanzamt auf Grund der §§ 20 und 20c BewG 1955 den Einheitswert für den Grundbesitz landwirtschaftlicher Betrieb mit Sitz in der KG ****KATASTRALGEMEINDE**** AMA ****x3**** mit 3.300 Euro fest. In der Begründung hielt das Finanzamt fest: Öffentliche Gelder gemäß § 35 BewG 1955, 33% von 10.076,90 Euro = 3.325,38, ergibt einen Einheitswert gerundet gemäß § 25 BewG von 3.300 Euro. Der Feststellungsbescheid enthält auch den Hinweis, dass unmittelbar auf Grund des Bescheides keine Zahlungen zu leisten sind, jedoch der Einheitswert als Grundlage für die Berechnung der davon abgeleiteten Steuern dient. Der Bescheid wirkt auch gegen den Rechtsnachfolger, auf den der Gegenstand der Feststellung nach dem Stichtag übergegangen ist oder übergeht, dies gilt auch bei Nachfolge im Besitz.

Mit Grundsteuermessbescheid zum , Hauptveranlagung mit Wirksamkeit ab (§ 20 GrStG 1955) vom , setzte das Finanzamt den Grundsteuermessbetrag für den im Feststellungsbescheid Einheitswert angeführten Grundbesitz für den Bf. mit 5,28 Euro fest. In der Begründung hielt das Finanzamt fest: Einheitswert 3.300 Steuermesszahl gemäß § 19 GrStG 1,6%o = 5,28. Der Grundsteuermessbescheid war auf Grund der Feststellung des Einheitswertes zu erlassen.

Fristgerecht erhob der Bf. sowohl gegen den Einheitswertbescheid als auch gegen den Grundsteuermessbescheid Beschwerde. Der Bf. besitze keine landwirtschaftlichen Flächen, daher würden der Einheitswertbescheid und der Grundsteuermessbescheid ins Leere gehen. Die öffentlichen Gelder seien Zahlungen für die Reduktion seiner Erzeugerpreise und daher für eine Einheitswertfeststellung und für die Grundsteuerbemessung irrelevant. Einheitswerte von Bauern und Grundsteuer seien immer an Flächenbesitz gebunden, während beim Bf. sei dieser Umstand nicht vorhanden, daher seien die beiden Bescheide nicht richtig.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde des Bf. betreffend Einheitswertbescheid ab: Die öffentlichen Gelder seien beim Einheitswert zum (Hauptfeststellung) gemäß § 35 BewG dergestalt zu berücksichtigen, in dem 33% der im Jahr vor dem Bewertungsstichtag, das ist das Jahr 2013, zugegangene öffentliche Gelder (Zahlungen der ersten Säule), als Zuschlag zu berücksichtigen sind. Es handle sich dabei um einen gesetzlich normierten Bewertungsmodus, der für die Abgabenbehörde verbindlich sei. Laut Mitteilung der Agrarmarkt Austria (AMA) seien im Jahr 2013 10.076,90 Euro an den Bf. gezahlt worden. Der Zuschlag betrage daher gemäß § 35 BewG 3.325,38 Euro.

Fristgerecht beantragte der Bf. die Entscheidung durch das Verwaltungsgericht sowohl hinsichtlich Einheitswertbescheid als auch Grundsteuermessbescheid (Vorlageantrag). Da der Bf. keine Grundstücke besitze, würden der Einheitswertbescheid und der Grundsteuermessbetragsbescheid ins Leere gehen. Das Höchstgericht habe dieses Gesetz noch nicht bestätigt, weswegen nicht davon ausgegangen werden könne, dass Rechtmäßigkeit gegeben sei. Die Begründung des Finanzamtes sei weder schlüssig noch nachvollziehbar, denn dann müssten ja alle Bezieher öffentlicher Gelder einen Einheitswertbescheid erhalten. Es sei zu bedenken, dass die erhaltenen Gelder ein Ersatz für entstandene Produktpreissenkungen seien. Der Bf. beantragte, die Bescheide aufzuheben.

Das Finanzamt legte dem Bundesfinanzgericht beide Beschwerden vor.

Das Bundesfinanzgericht überprüfte die vom Finanzamt elektronisch vorgelegten Aktenteile und stellte fest, dass nur die Beschwerdevorentscheidung betreffend Einheitsbewertung, nicht aber die Beschwerdevorentscheidung betreffend Grundsteuermessbetrag vorgelegt worden war. Da der Bf. betreffend beider Bescheide einen Vorlageantrag erhoben hatte, ging das Bundesfinanzgericht davon aus, dass die Vorlage dieses Aktenstückes beim Einscannen bzw. Hochladen übersehen worden war und ersuchte mit E-Mail vom das Finanzamt, diese Beschwerdevorentscheidung nachzureichen.

Das Finanzamt antwortete mit E-Mail vom , dass in der gegenständlichen Beschwerdesache nur eine (1) Beschwerdevorentscheidung ergangen sei, da eine eigenständige Beschwerdevorentscheidung betreffend Grundsteuermessbetrag aus programmtechnischen Gründen nicht möglich gewesen sei.

I.) Land- und forstwirtschaftliche Einheitswertfeststellung zum
( RV/7102598/2018)

2. Gesetzliche Grundlagen

§ 20c BewG Hauptfeststellung.

Die gemäß § 20 in Verbindung mit § 20a und § 20b zum vorgesehene Hauptfeststellung der Einheitswerte für wirtschaftliche Einheiten des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens und der Betriebsgrundstücke gemäß § 60 Abs. 1 Z 2 ist zum durchzuführen, wobei § 20 Abs. 3 sinngemäße Anwendung findet.

§ 35BewG Berücksichtigung von öffentlichen Geldern

Die Bestimmung des § 35 BewG 1995 wurde mit dem Abgabenänderungsgesetz 2012 eingeführt. Der für den Hauptfeststellungszeitpunkt maßgebende Text des § 35 BewG 1955 BGBl. I Nr. 112/2012, lautet wie folgt:

"Bei der Bewertung sind nur wiederkehrende Direktzahlungen gemäß Artikel 2 lit. d der Verordnung (EG) 73/2009 in der Fassung der Verordnung (EG) 1250/2009 vom gesondert zu berücksichtigen und in Höhe von 33 vH des im Vorjahr ausbezahlten Betrages anzusetzen."

Der § 35 BewG 1955 wurde durch das EU-Abgabenänderungsgesetz 2016 , BGBl. I Nr. 77/2016 (kurz EU-AbgÄG 2016) geändert, gilt für alle Fortschreibungen und Nachfeststellungen ab dem , und lautet in der mit in Kraft getretenen Fassung nunmehr wie folgt:

„Bei der Bewertung sind nur wiederkehrende Direktzahlungen im Sinne des Art. 1 lit. a der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 mit Vorschriften über Direktzahlungen an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe im Rahmen von Stützungsregelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 637/2008 und der Verordnung (EG) Nr. 73/2009, ABl. Nr. L 347 vom  S. 608, gesondert zu berücksichtigen. Diese öffentlichen Gelder sind in Höhe von 33 vH der dem jeweiligen Betriebsinhaber für das Antragsjahr gewährten Erstauszahlung unter Berücksichtigung allfälliger Vorschusszahlungen anzusetzen.

§ 37 BewG Gang der Bewertung

Zur Feststellung des Einheitswertes wird für alle landwirtschaftlichen Betriebe der Vergleichswert nach den §§ 38 und 39 ermittelt. Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 40 ist der Vergleichswert durch einen Abschlag zu vermindern oder durch einen Zuschlag zu erhöhen. Unterbleibt ein Abschlag oder ein Zuschlag, so ist Einheitswert der Vergleichswert, soweit nicht noch Grundstücksflächen nach § 31 Abs. 1 und 3 und öffentliche Gelder gemäß § 35 einzubeziehen sind.

§ 39 BewG Ermittlung der Vergleichswerte und Einheitswerte

§ 39 (2) Bei der Feststellung des Einheitswertes eines landwirtschaftlichen Betriebes sind die folgenden Teile des Betriebes gesondert zu bewerten:

6. öffentliche Gelder nach den Vorschriften des § 35. ….

§ 80 BewG Erklärungs- und Anzeigepflicht

(1) Die zur Feststellung der Einheitswerte erforderlichen Erklärungen sind von den Steuerpflichtigen bis zu den vom Bundesministerium für Finanzen jeweils zu bestimmenden Zeitpunkten unter Verwendung der amtlich aufgelegten Formblätter abzugeben….

 (3) Die Erklärungen nach Abs. 1 und 2 gelten als Steuererklärungen im Sinne der Abgabenverfahrensgesetze. ….

(6) Unbeschadet der Bestimmung des § 158 BAO haben das für Land- und Forstwirtschaft zuständige Bundesministerium und die Agrarmarkt Austria sowie die Sozialversicherungsanstalt der Bauern nachstehende bewertungsrechtlich relevante Daten den Abgabenbehörden des Bundes zu übermitteln:

1. ….

- im Falle einer nach der Antragstellung und vor dem 1. Jänner des der Antragstellung folgenden Jahres erfolgten Übertragung von Zahlungsansprüchen gemäß § 35 zusätzlich Daten des übergebenden und übernehmenden Bewirtschafters gemäß dem ersten Teilstrich sowie die damit verknüpfte Anzahl und Höhe der jeweils übertragenen Ansprüche

zu übermitteln. ….

3. Erwägungen

Das Wesen der Einheitsbewertung besteht darin, dass für bestimmte Vermögenswerte, die laufend mit mehreren Steuern belastet werden, in einem eigenen Feststellungsverfahren für einen längeren Zeitraum ein steuerlich maßgeblicher Wert ermittelt wird. Beispielhaft seien hier die Grundsteuer, die Einkommensteuer, die Grunderwerbsteuer, die bäuerliche Sozialversicherung, der Kirchenbeitrag und Studienbeihilfen angeführt. (). Das Ergebnis der Einheitsbewertung findet seinen Niederschlag in einem Feststellungsbescheid gemäß § 186 BAO. Einheitswerte werden für land- und forstwirtschaftliche Betriebe festgestellt. (Doralt/Ruppe, Steuerrecht II8 Tz 841-842). Gemäß § 20c BewG erfolgte die Hauptfeststellung der Einheitswerte für land- und forstwirtschaftliches Vermögen zum mit Wirksamkeit zum .

Für den Bf. wurde der Einheitswert und daraus abgeleitet, der Grundsteuermessbescheid, gemäß § 35 BewG von den „Direktzahlungen“ berechnet. Der Bf. fühlt sich darin beschwert, dass er Pächter sei und der Einheitswert bzw. Grundsteuermessbetrag nicht für ihn festzustellen sei, sondern an den Flächenbesitz gebunden sei, was auf ihn als Pächter nicht zuträfe.

Dazu ist zu sagen: § 35 BewG hat folgenden Hintergrund:

Die Landwirtschaft nimmt in der Europäischen Union eine Sonderstellung ein und die Gestaltung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) führte zur Ausprägung eines originären europäischen Agrarrechtes. (Art. 39 bis 44 AEUV). Dieses ist am deutlichsten ausgeprägt im Bereich der 1. Säule der GAP, im Recht der gemeinsamen Marktorganisationen und Direktzahlungen, während sich das Gemeinschaftsrecht im Bereich der 2. Säule (Förderung der ländlichen Entwicklung) auf die Vorgabe eines strategischen Rahmens beschränkt. Die 3. Säule der GAP findet in den gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften auf dem Gebiet des Pflanzenschutz-, Düngemittel- und Futtermittelrechts, sowie des Tierschutz- und Veterinärrechts ihren Niederschlag. (Holzer, Agrarrecht4 136-138).

ISd Art. 39 Abs. 1 lit. b AEUV ist es Ziel der GAP, den Landwirten ein angemessenes Einkommen zu sichern. (vgl. ). Vorrangiges Instrument dazu ist seit der GAP-Reform 2003 die Gewährung von Direktzahlungen in Form von Betriebsprämien, die einen erheblichen Anteil am landwirtschaftlichen Einkommen ausmachen. (Holzer, Agrarrecht4 194-195). Rechtsgrundlage dieser 1. Säule der GAP ist die im gegenständlichen Fall bedeutsame VO (EG) 73/2009, die durch die VO (EU) 1307/2013 mit Vorschriften über Direktzahlungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe im Rahmen von Stützungsregelungen der GAP („DirektzahlungsVO“) ersetzt wurde. Die Finanzierung der Ausgaben für die Direktzahlungen erfolgt ausschließlich aus Unionsmitteln durch den Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL; Holzer, Agrarrecht4 186-187).

Die Umsetzung des unionalen Agrarrechts erfolgt durch die Mitgliedstaaten der EU, in Österreich ist damit ua. die AMA (Agrarmarkt Austria), die eine juristische Person öffentlichen Rechts ist, betraut. (Holzer, Agrarrecht4 123). Soweit durch Gesetz oder Verordnung behördliche Aufgaben an die AMA übertragen werden, nimmt sie diese als Bundesbehörde wahr, z.B. hinsichtlich der DirektzahlungsVO. Daneben wird die AMA auch in der Abwicklung der privatwirtschaftlichen Förderungsverwaltung im Bereich des GAP tätig, soweit dies die jeweiligen Förderungsrichtlinien vorsehen (zB ÖPUL, Ausgleichszulage; Holzer, Agrarrecht4 124).

Nach den parlamentarischen Materialien zu § 35 BewG 1955 idF BGBl. I Nr. 112/2012 heißt es, dass die Berücksichtigung öffentlicher Gelder normiert werden soll und dass bei der Bewertung nur wiederkehrende Direktzahlungen gemäß Artikel 2 lit. d der VO (EG) 73/2009 [idF VO (EG) 1250/2009 vom ] gesondert zu berücksichtigen und in der Höhe von 33% des im Vorjahr ausbezahlten Betrages anzusetzen sind. Durch den neuen § 35 BewG wird eine lex specialis zu § 40 BewG geschaffen. (In § 40 BewG 1955 werden grundsätzlich Abschläge und Zuschläge am Vergleichswert geregelt). Zunächst wird klargestellt, dass nur öffentliche Gelder der so genannten ersten Säule gesondert im Einheitswert tatsächlich zu berücksichtigen sind. Die gesonderte Berücksichtigung ist deswegen erforderlich, weil es sich um einen wesentlichen Ertragsfaktor eines landwirtschaftlichen Betriebes handelt. (RV 1960 BlgNR XXIV. GP 47). Die Zahlungen aus öffentlichen Geldern haben unzweifelhaft Einfluss auf den Ertrag eines Betriebes und sind im Rahmen der Ertragsbewertung entsprechend zu berücksichtigen. (vgl. Twaroch/Wittmann/Frühwald, Kommentar zum Bewertungsgesetz, § 35, Rz 1 und die dort zitierte Judikatur).

Diese Zahlungen an die einzelnen Betriebe werden von der AMA elektronisch an die Finanzverwaltung übermittelt und sind vom Finanzamt als Grundlage für den Zuschlag heranzuziehen.

Der Strukturwandel in der Landwirtschaft führte verstärkt zu einem Wechsel des Eigentums an Grund und Boden zu Pachtflächen. (Holzer, Agrarrecht4 443-444). Die für die gegenständliche Beschwerdesache maßgebliche, in §  35 BewG genannte Verordnung (EG) 73/2009 enthält in Artikel 2 folgende Begriffsbestimmungen: a) Betriebsinhaber“ bezeichnet eine natürliche oder juristische Person oder eine Vereinigung natürlicher oder juristischer Personen, unabhängig davon, welchen rechtlichen Status die Vereinigung und ihre Mitglieder aufgrund des nationalen Rechts haben, deren Betrieb sich im Gebiet der Gemeinschaft iSd Artikels 299 des Vertrages befindet und die eine landwirtschaftliche Tätigkeit ausübt; b) Betrieb bezeichnet die Gesamtheit der vom Betriebsinhaber verwalteten Produktionseinheiten, die sich im Gebiet desselben Mitgliedstaats befinden und d) „Direktzahlung“ bezeichnet eine direkt an den Betriebsinhaber geleistete Zuwendung im Rahmen einer Einkommensstützungsregelung nach Anhang I. Aus Artikel 2 dieser EU-Verordnung - die Direktzahlung wird an einen Betriebsinhaber geleistet, dessen Betrieb sich im Gebiet der Gemeinschaft befindet und der Betrieb besteht aus der Gesamtheit der vom Betriebsinhaber verwalteten Produktionseinheiten, - geht hervor, dass der Betriebsinhaber Eigentümer des Grund- und Bodens sein kann, aber nicht muss, es genügt die „Verwaltung von Produktionseinheiten“. Genau diese Vorgaben fließen unmittelbar in den § 35 BewG ein.

Entgegen der Ansicht des Bf. ist die Zurechnung des Zuschlages mit der Zurechnung des Wertes für Grund und Boden nicht zwangsweise gleich. Die Gewährung von öffentlichen Geldern hängt zwar eng mit bestimmter Bewirtschaftung des Grund und Bodens zusammen, jedoch muss dieser Grund und Boden nicht zwingend im Eigentum stehen. In diesem Fall können überhaupt Einheitswerte ohne „Flächenbesitz“ vorliegen, diese werden als „Pächtereinheitswerte“ bezeichnet. (vgl. Twaroch/Wittmann/Frühwald, Kommentar zum Bewertungsgesetz, § 35, Rz 9). Erfasst werden daher auch Direktzahlungen aus gepachteten Betrieben beim jeweiligen Pächter (Information zur Behandlung öffentlicher Gelder bei der Einheitsbewertung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens zur Hauptfeststellung zum und für Fortschreibungen und Nachfeststellungen ab dem ; siehe ).

Zusammenfassend kann daher gesagt werden, dass der Einheitswert bzw. der Grundsteuermessbescheid von den in § 35 BewG genannten „Direktzahlungen“, die auf Basis der Gestaltung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP), 1. Säule, bezogen werden, berechnet werden kann, da die Zahlungen aus öffentlichen Geldern unzweifelhaft Einfluss auf den Ertrag eines Betriebes haben und im Rahmen der Ertragsbewertung entsprechend zu berücksichtigen sind. (RV 1960 BlgNR XXIV. GP 47; vgl. Twaroch/Wittmann/Frühwald, Kommentar zum Bewertungsgesetz, § 35, Rz 1 und die dort zitierte Judikatur). Ein solcher Einheitswert kann auch gegenüber dem Pächter eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes als sogenannter Pächtereinheitswert festgestellt werden, unter der Voraussetzung, dass er diese „Direktzahlungen“ erhalten hat. Das kann ua aus der Begriffsbestimmung des „Betriebsinhabers“ und „Betriebes“ des Artikels 2 der Verordnung (EG) 73/2009 abgeleitet werden.

Aus all diesen Gründen war der Beschwerde gegen den Einheitswertbescheid (Hauptfeststellung/Pächtereinheitswert) der Erfolg zu versagen.

4. Unzulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Bundesfinanzgericht ist von der zitierten Rechtsprechung nicht abgewichen.

II.) Grundsteuermessbetrag - Mitteilung gemäß § 281a BAO
(RV/7102606/2018)

Das Bundesfinanzgericht teilt durch die obgenannte Richterin in der Beschwerdesache Grundsteuermessbetrag (GZ RV/7102606/2018 weiter anhängig) gemäß § 281a BAO idF BGBl. I 2018/62 den Parteien (d.h. dem Beschwerdeführer und dem Finanzamt) mit:

Aufgrund des Vorlageberichtes und der elektronisch vorgelegten Aktenteile ist das Bundesfinanzgericht der Auffassung, dass gemäß § 262 BAO das Finanzamt noch über die Beschwerde betreffend Grundsteuermessbetrag mit Beschwerdevorentscheidung zu entscheiden hat.

Das Bundesfinanzgericht ist aufgrund des Vorlageberichtes und der elektronisch vorgelegten Aktenteile weiters der Auffassung, dass gegen die - nach Auffassung des Bundesfinanzgerichtes noch zu erlassende Beschwerdevorentscheidung - ein wirksamer Vorlageantrag noch nicht eingebracht wurde.

Im Übrigen könnte ein wirksamer Vorlageantrag erst nach Zustellung der noch zu erlassenden Beschwerdevorentscheidung gestellt werden. (Vgl. Ritz, BAO6 § 264 Tz 6). Der mit Spruchpunkt II.) zurückgewiesene Vorlageantrag hätte niemals zulässig und wirksam werden können.

5. Gesetzliche Grundlagen

§ 281a BAO lautet: Wenn das Verwaltungsgericht nach einer Vorlage (§ 265) zur Auffassung gelangt, dass noch eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen ist oder ein Vorlageantrag nicht eingebracht wurde, hat es die Parteien darüber unverzüglich formlos in Kenntnis zu setzen.

6. Erwägungen

Der Bf. hat gegen den Grundsteuermessbetrag Beschwerde erhoben. Das Finanzamt hat keine Beschwerdevorentscheidung erlassen. Der Bf. hat einen Vorlageantrag an das Bundesfinanzgericht gestellt, den das Finanzamt – gemeinsam mit der Beschwerdesache Punkt I.) - vorlegte:

Aus der Beschwerdevorentscheidung vom , ergangen über die Beschwerde vom gegen den Einheitswertbescheid zum vom ist weder aus dem Spruch, noch aus der Begründung ersichtlich, dass damit im Sinn eines „Sammelbescheides“ auch über die Beschwerde gegen den Grundsteuermessbetrag abgesprochen wurde. Allein der Hinweis im Absatz nach der Rechtsmittelbelehrung, dass durch Einbringung einer Beschwerde die Wirksamkeit des angefochtenen Bescheides nicht gehemmt wird, insbesondere die Einhebung und zwangsweise Einbringung der Grundsteuer durch die Gemeinde und der vom Grundsteuermessbetrag abgeleiteten Abgaben nicht aufgehalten wird, kann nicht als Wille der Behörde interpretiert werden, dass sich diese Beschwerdevorentscheidung auch auf den Grundsteuermessbetrag beziehen sollte.

Wie das Finanzamt mit E-Mail vom dem Bundesfinanzgericht mitteilte, wurde hinsichtlich des Grundsteuermessbetrages vom Finanzamt keine Beschwerdevorentscheidung erlassen.

Daraus resultiert folgende Situation für das zugrundeliegende Beschwerdeverfahren: Wenn es sich – wie hier – um eine Beschwerde handelt, über welche gemäß § 262 BAO zwingend mit Beschwerdevorentscheidung zu entscheiden gewesen wäre, welche aber ohne Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung und Erhebung eines Vorlageantrages dagegen an das Bundesfinanzgericht vorgelegt wird, darf das Bundesfinanzgericht (vorläufig) nicht über die Beschwerde entscheiden. (vgl. : „Zuständig zu einer Entscheidung (in der Sache) ist das Bundesfinanzgericht freilich im Regelfall nur dann, wenn zuvor bereits die Abgabenbehörde mit Beschwerdevorentscheidung entschieden hat und dagegen ein Vorlageantrag erhoben wurde.“ § 281a BAO idF BGBl. I 2018/62 sieht nur eine Mitteilung vor. Das Bundesfinanzgericht hat zum jetzigen Verfahrensstand, wie sich aus der Aktenlage ergibt, keine über § 281a BAO hinausgehende Zuständigkeit, diesbezüglich eine zwingende Aufforderung an das Finanzamt zur Erlassung oder zum Inhalt von Beschwerdevorentscheidungen zu richten oder einen Termin zu setzen. (Die Verpflichtung zur Information des Bundesfinanzgerichtes über die allfällige Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung nach Vorlage an das Bundesfinanzgericht ergibt sich bereits unmittelbar aus § 265 Abs. 6 BAO). (Ausführlich zu § 281a BAO siehe )

7. Folgen für den Vorlageantrag betreffend Grundsteuermessbetrag

Ein vor Beginn der Frist zur Stellung eines Vorlageantrages, d.h. vor Bekanntgabe = Zustellung der Beschwerdevorentscheidung erhobener Vorlageantrag ist und bleibt unzulässig, auch wenn nach seiner Erhebung die Beschwerdevorentscheidung ergeht (Ausführlich siehe unter Verweis auf Althuber/Tanzer/Unger, BAO-Handbuch, 741 f; Ritz, BAO6 § 264 Tz 6).

Aus diesen Gründen ist der Vorlageantrag betreffend Grundsteuermessbetrag unzulässig und wird auf Dauer unzulässig bleiben mit der Folge seiner heutigen beschlussmäßigen Zurückweisung.

8. Obiter dicta

Im Übrigen wird folgendes bemerkt: Gemäß § 1 Grundsteuergesetz 1955 unterliegt der Grundsteuer der inländische Grundbesitz. Die Begriffsbestimmung „Grundbesitz“ sowie die Abgrenzung der Steuergegenstände richten sich ausschließlich nach den Vorschriften des ersten Abschnittes der besonderen Bewertungsvorschriften. Gemäß § 12 GrStG 1955 ist Besteuerungsgrundlage für die Grundsteuer der Einheitswert, der nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes festgesetzt worden ist. Die Grundsteuer ist besonders eng mit der Einheitsbewertung verknüpft. Sie schließt sowohl hinsichtlich des Steuergegenstandes und der Person des Steuerschuldners als auch hinsichtlich der Bemessungsgrundlage an die Einheitsbewertung an. (Twaroch/Wittmann/Frühwald BewG Rz 6, 28.Lfg). Die Höhe des Grundsteuermessbetrages gründet sich auf § 19 Grundsteuergesetz (GrStG) und ist unmittelbar an die Höhe des festgestellten Einheitswertes geknüpft. (). Infolge Abweisung der Beschwerde gegen den Einheitswertbescheid (zu Punkt I.) hätte auch keine andere Entscheidung bezüglich des Grundsteuermessbetrages ergehen können.

9. Unzulässigkeit der Revision

Gegen einen sogenannten "verfahrens"beendenden Beschluss des Bundesfinanzgerichtes – wie den vorliegenden Beschluss (Punkt II), der allerdings nur das abgesonderte Verfahren zum Vorlageantrag betreffend Grundsteuermessbetrag beendet – ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 B-VG zulässig, wenn er von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da sich die Rechtsfolge der Unzulässigkeit eines Vorlageantrages unmittelbar aus § 264 Abs. 5 BAO ergibt, liegt hier keine Rechtsfrage vor, der gemäß Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Rechtslage ist eindeutig im Sinne des . Tatfragen (hier: Bezüglich des Grundsteuermessbetrages wurde (noch) keine Beschwerdevorentscheidung erlassen, hingegen ein Vorlageantrag gestellt) sind keine Rechtsfragen und somit nicht revisibel. Die ordentliche Revision ist daher im vorliegenden Fall nicht zulässig.

Die gemäß § 281a BAO formlose Mitteilung (Punkt II) ist im Sinne des Gesetzes weder Erkenntnis noch Beschluss, sodass eine Revision dagegen ohnehin nicht vorgesehen ist. (Ausführlich zu § 281a BAO siehe )

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 35 BewG 1955, Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148/1955
§ 264 Abs. 5 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7102598.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at