Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 07.11.2019, RV/7100137/2018

Immobilienertragsteuer

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache Bf., vertreten durch Vertreter, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des FA vom , betreffend Einkommensteuer 2015 zu Recht erkannt: 

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Kaufvertrag vom veräußerte die Beschwerdeführerin (Bf.) eine Liegenschaft EZ**. Der Kaufpreis  von EUR 84.000 wurde über den vertragserrichtenden Rechtsanwalt als Treuhänder an die Bf. entrichtet. Die Immobilienertragsteuer wurde durch den Parteienvertreter iHv. EUR 12.600 berechnet und an die Abgabenbehörde abgeführt. Der Parteienvertreter legte der Berechnung den Kaufpreis von EUR 84.000 unter Berücksichtigung von pauschalen Anschaffungskosten von 40 % zugrunde (umgewidmetes "Altgrundstück").

In der Einkommensteuererklärung 2015 beantragte die Bf. die Veranlagung und Neufestsetzung der Einkünfte aus der privaten Grundstücksveräußerung. Begründend führte die Bf. dazu aus:

"[…] der aus den Einkünften aus Grundstücksveräußerungen ... hochgerechnete steuerpflichtige Grundstücksveräußerungserlös wurde in Höhe von EUR 56.000 angesetzt. Dieser setzt sich zusammen aus dem kaufvertraglichen Grundstücksveräußerungserlös in Höhe von EUR 84.000 (davon wurde die vom Vertragserrichter abgeführte ImmoESt berechnet) abzüglich von kaufvertraglichen Abfindungszahlungen an Vorkaufsberechtigte in Höhe von EUR 28.000. Die - von der Höhe des Grundstücksverkaufserlöses unmittelbar abhängigen - grundbücherlich und vertraglich gesicherten Ansprüche der Vorkaufsberechtigten müssen - so wie etwa eine Umsatzsteuer (vgl. EStR Rz 6655) - vom Veräußerer abgeführt werden, sind daher vorbelastete Erlöse und folglich nicht Teil des Veräußerungserlöses (...)"

Mit Einkommensteuerbescheid vom wurde dem Antrag auf Veranlagung und Neufestsetzung der Einkünfte aus privater Grundstücksveräußerung nicht entsprochen und in der gesonderten Bescheidbegründung vom nach Zitierung der relevanten gesetzlichen Bestimmungen ausgeführt, dass Freimachungskosten der Liegenschaft grundsätzlich als nachträgliche Anschaffungskosten im Rahmen der Einkünfteermittlung berücksichtigt werden könnten (siehe EStR 2000, Rz 6660). Dies sei allerdings nur bei der Einkünfteermittlung nach § 30 Abs. 3 EStG 1988 möglich, da bei der pauschalen Einkünfteermittlung weitere Abzugsbeträge nicht berücksichtigt werden können.

Für den vorliegenden Sachverhalt bedeute dies, dass die Steuerpflichtige, die sich vertraglich verpflichtet, ein lastenfreies Grundstück zu übergeben und mit einem Teil des erzielten Veräußerungserlöses die Vorkaufsberechtigten abfindet, diese Abfindungszahlungen bei Anwendung der pauschalen Einkünfteermittlung nach § 30 Abs. 4 Z 2 EStG 1988 nicht einkünftemindernd berücksichtigen kann. Sie habe jedoch die Möglichkeit, die Einkünfte nach § 30 Abs. 3 EStG 1988 zu ermitteln, in diesem Fall könnten die Abfindungszahlungen als nachträgliche Anschaffungskosten angesetzt werden.

Verzichte ein Steuerpflichtiger auf Rechte, die Ausfluss seiner Eigentümerposition sind, oder übertrage er solche Rechte, bleibe aber ansonsten sein Vermögen in der Substanz ungeschmälert, so liege eine Leistung nach § 29 Z 3 EStG 1988 vor. Der Verzicht auf ein höchstpersönliches Recht sei kein Veräußerungsvorgang, sondern eine Leistung im Sinne des § 29 Z 3 EStG 1988, weil höchstpersönliche Rechte zivilrechtlich nicht übertragen werden können, und deshalb keine Wirtschaftsgüter darstellen (siehe auch Doralt in DKMZ, § 29, Tz 37/3). Beispiele für höchstpersönliche Rechte seien Veräußerungs- und Belastungsverbote (§ 364c ABGB) und das Vorkaufsrecht (§ 1072ff ABGB). Bei den Empfängern der Abfindungszahlung lägen daher Einkünfte nach § 29 Z 3 EStG 1988 vor, da sie gegen Entgelt auf ihr Vorkaufsrecht verzichten und damit einen wirtschaftlichen Vorteil erzielen (siehe auch EStR 2000, Rz 6607 ff).

Die Ablöse des Vorkaufsrechts sei getrennt vom Veräußerungsvorgang des Grundstückes zu sehen. Es lägen zwei unterschiedliche Rechtsvorgänge vor, die nicht zwingend zusammenhängen bzw. einander bedingen. Es komme daher auch zu keiner Doppelbelastung des Vorganges.

Daher sei die ursprünglich berechnete Immo-EST in Höhe von € 12.600,00 korrekt und nicht abzuändern.

Gegen den Einkommensteuerbescheid 2015 erhob die Bf. mit Beschwerde gemäß § 243 BAO.

Die Beschwerde richte sich gegen das Unterlassen der gemäß § 30b Abs. 3 EStG zu erfolgenden Veranlagung der Einkünfte aus einer privaten Grundstücksveräußerung.
Die Einkünfte aus einer privaten Grundstücksveräußerung seien gemäß der Einkommensteuererklärung 2015 iHv. EUR 33.600 anzusetzen, mit 25 % ImmoESt zu versteuern und die bereits abgeführte ImmoESt iHv. EUR 12.600 anzurechnen. Die in der Beschwerde angeführten Einkünfte aus Grundstücksveräußerung iHv. EUR 33.600 würden sich aus der kaufvertraglichen Grundstücksveräußerung iHv. EUR 84.000 abzüglich von kaufvertraglichen Abfindungszahlungen an vier Vorkaufsberechtigte iHv. EUR 28.000 und gemäß § 30 Abs. 4 Z 1 EStG ermittelten Anschaffungskosten iHv. EUR 22.400, ergeben.

Die grundbücherlich und vertraglich gesicherten Ansprüche der Vorkaufsberichtigten seien unmittelbar vom Grundstücksverkaufserlös abhängig und müssten - wie etwa die Umsatzsteuer - vom Veräußerer abgeführt werden. Es handle sich daher um vorbelastete Erlöse, welche den Veräußerungserlös kürzen.

§ 30 Abs. 3 EStG spreche schlicht vom Veräußerungserlös, welcher gemäß EStR Rz 6655 stets in tatsächlicher Höhe anzusetzen sei, wobei neben dem Barkaufpreis auch sonstige wirtschaftliche (geldwerte) Vorteile in Betracht kämen. Es solle daher der Vorteil des Veräußerers besteuert werden. Nach Meinung der Bf. seien daher die Beträge zur Abgeltung des Vorkaufsrecht - wie eine zusätzlich vereinnahmte Umsatzsteuer - sohin nicht Teil des Veräußerungserlöses, da sie aufgrund der zivilrechtlichen Vereinbarung den Veräußerungserlös kürzen und an Dritte abzuführen sind.

Entgegen der Ansicht der belangten Behörde sage die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer anderen gesetzlich ermöglichten Einkünfteermittlungsart (§ 30 Abs. 3 EStG) nichts darüber aus, wie die Einkünfte der gewählten Einkünfteermittlungsart (§ 30 Abs. 4 EStG) zu bestimmen seien. Des Weiteren sei es unzutreffend, dass die Ablöse des Vorkaufsrechts getrennt vom Veräußerungsvorgang des Grundstückes zu sehen sei. Tatsächlich würden die grundbücherlich und vertraglich gesicherten Abfindungszahlungen an die Vorkaufsberechtigten unmittelbar und zwingend von der Grundstücksveräußerung abhängen. Sie seien vorbelastete Einkünfte, die in einem Zug mit der Grundstücksveräußerung an die Berechtigten abzuführen seien. Es handle sich somit um eine Kürzung des Bruttoveräußerungserlöses im Sinne des § 30 EStG und nicht um Abzugsbeträge auf der Aufwandseite.

(...) Die in der Beschwerde vertretene Auffassung wird verdeutlicht, indem sich im vorliegenden Fall beispielsweise die vier abfindungsberechtigten Personen ihr Vorkaufrecht nicht mit je EUR 7.000,00 (das sind vertraglich 1/12 des Bruttoverkaufserlöses) auszahlen lassen sondern ausüben: Diesfalls würden die vorkaufsberechtigten Personen das anteilige Grundstück auf Grund der vertraglichen Regelung um jeweils EUR 7.000,00 günstiger im Vergleich zum Fremdverkaufspreis erhalten. Dadurch käme es zu einem Verkaufserlös in Höhe von EUR 56.000.00, der unmittelbar die ImmoESt-Bemessungsgrundlage darstellt. Folglich muss bei einer gänzlichen Nichtausübung des Vorkaufrechts, die ebenfalls zu einer Bereicherung des Veräußerers in Höhe von EUR 56.000,00 führt, dieselbe Einkommensteuerbemessungsgrundlage herrschen - jedes andere Ergebnis wäre unverständlich bzw dem Grundsatz der gleichmäßigen Besteuerung widersprechend. Sollten die Beträge für die Vorkaufsrechtsabfindung die ImmoESt-Bemessungsgrundlage nicht reduzieren, wäre im Extremfall (dh bei entsprechend betraglich umfangreich ausgestalteten Vorkaufsrechten) eine Besteuerung von sogar mehr als 100% des dem Veräußerer verbleibenden Erlöses denkbar, was verfassungsrechtlich wohl nicht haltbar wäre (...)

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab und führte aus, dass aus nachstehenden Gründen und nach Rücksprache mit dem bundesweiten Fachbereich keine Änderung des Bescheides vorzunehmen war:

(...) Wie bereits im Erstbescheid zur Einkommensteuer 2015 erwähnt, sind Freimachungskosten nachträgliche Anschaffungskosten, die zu aktivieren sind. Es handelt sich auch um keine sofort abzugsfähigen Werbungskosten. Nachträgliche Anschaffungskosten können aber nur bei der Einkünfteermittlung nach § 30 Abs. 3 EStG berücksichtigt werden. Bei der Einkünfteermittlung nach § 30 Abs. 4 EStG werden die Anschaffungskosten pauschal vom Veräußerungserlös abgeleitet. Es können daher keine sonstigen Anschaffungskosten geltend gemacht werden, andernfalls würde es zu einer Mischform der Einkünfteermittlung kommen. Eine solche ist vom Gesetz jedoch nicht vorgesehen und daher auch nicht zulässig. Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist im vorliegenden Fall als Einkünfte nach § 30 Abs. 4 Z. 1 EStG der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös und den mit 40% des Veräußerungserlöses anzusetzenden Anschaffungskosten anzusetzen. Das Gesetz räumt dem Rechtsanwender, der sich für eine pauschale Einkünfteermittlung entscheidet, hier keinerlei Spielraum ein.

Dem Argument der Bf., die Ablösezahlungen seien als Durchlaufposten zu betrachten, konnte nicht gefolgt werden. Ein Durchlaufposten, wie etwa die Umsatzsteuer, wird dadurch charakterisiert, dass der Betrag im Namen und auf Rechnung eines anderen vereinnahmt wird. Ablösezahlungen weisen dieses Merkmal nicht auf. Der Anspruch des Vorkaufsberechtigten auf diese Zahlungen entspringt nämlich aus einer vertraglichen Vereinbarung zwischen ihm und dem Veräußerer. Der Veräußerer vereinnahmt daher den Betrag, der den Ablösezahlungen entspricht, nicht im Namen des Vorkaufsberechtigten. Er vereinnahmt vielmehr den gesamten Verkaufserlös im eigenen Namen. Die Ablösezahlung wiederum tätigt er aufgrund seiner eigenständigen, vertraglichen Vereinbarung mit dem Vorkaufsberechtigten.

Auch das Argument, dass die Vorkaufsberechtigten bei Ausübung ihres Rechts weniger für das Grundstück zahlen müssten, der Preis also um die Höhe der Ablösezahlungen vermindert wäre, geht ins Leere. Ein eingeräumtes Vorkaufsrecht bedeutet lediglich, dass ein Wirtschaftsgut zuerst dem Berechtigten um den vom Dritten angebotenen Preis angeboten werden muss, bevor es an den Dritten verkauft werden darf. Gemäß § 1077 ABGB muss ein Vorkaufsberechtigter den vollständigen Preis entrichten, der von einem Dritten für das Wirtschaftsgut angeboten wurde.
Zu dem in der Beschwerde angeführten Fall mit höheren Ablösezahlungen, bei dem sich eine Besteuerung über 100% ergeben würde, verweist die Abgabenbehörde auf die Möglichkeit der Regeleinkünfteermittlung nach § 30 Abs. 3 EStG, bei der diese Zahlungen als nachträgliche Anschaffungskosten sehr wohl berücksichtigt werden könnten.

Aus den obenstehenden Ausführungen ergibt sich, dass keine Möglichkeit besteht die Ablösezahlungen an die Vorkaufsberechtigten im Rahmen der pauschalen Einkünfteermittlung nach § 30 Abs. 4 Z. 1 EStG zu berücksichtigen. Dem Beschwerdebegehren konnte somit nicht gefolgt werden. Die Beschwerde war daher abzuweisen (...)

Mit Eingabe vom beantragte die Bf. die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen und führte zusätzlich ins Treffen, dass Freimachungskosten Aufwendungen seien, die der Wirtschaftstreibende auf sich nehme, um ein Grundstück zu bebauen, besser zu vermieten oder besser veräußern zu können. Sie unterlägen daher in ihrer Disposition der wirtschaftlichen Freiheit des Unternehmers. Die im vorliegenden Fall grundbücherlich und vertraglich gesicherten Ansprüche der Vorkaufsberechtigten würden hingegen automatisch mit dem Verkaufsvorgang anfallen und seien sohin keiner Disposition zugänglich. Es handle sich daher bei den gegenständlichen Abfindungszahlungen um unmittelbare Verkaufserlösreduktionen, die rechtlich zwingend aus dem Verkaufsakt resultieren würden.

Des Weiteren habe die Bf. an keiner Stelle argumentiert, dass die gegenständlichen Ablösezahlungen als Durchlaufposten zu betrachten seien. Entgegen der Ansicht des Finanzamtes zähle auch die Umsatzsteuer nicht zu Durchlaufposten iSd EStG oder UStG, da keine unmittelbare Rechtsbeziehung zwischen dem Zahler der USt und dem Finanzamt bestehe. Die unstrittige Ansicht, dass die vereinnahmte Umsatzsteuer nicht zum Veräußerungserlös gemäß § 30 Abs. 3 EStG zähle, rühre daher, dass diese vom Veräußerer abzuführen sei. Da die gegenständlichen Ablösezahlungen zwingend an Dritte abzuführen seien, kürzen diese ebenfalls den vereinnahmten Veräußerungserlös. 

Das Finanzamt verkenne weiters die Rechtslage wonach die Vorkaufsberechtigten bei Ausübung ihres Rechtes den vollständigen Preis zu entrichten hätten, der von einem Dritten für das Wirtschaftsgut angeboten wurde. § 1077 ABGB ermögliche durch die Wortfolge "außer dem Falle einer anderen Vereinbarung", dass die abfindungsberechtigten Personen bei Ausübung ihres Vorkaufsrechtes das anteilige Grundstück auf Grund der vertraglichen Regelung um jeweils EUR 7.000 günstiger im Vergleich zum Fremdverkaufspreis erhalten hätten. Hätten daher zB alle vier abfindungsberechtigten Personen ihr Vorkaufsrecht ausgeübt, wäre es zu einem Bar-Verkaufserlös iHv. EUR 56.000 gekommen, der die ImmoESt-Bemessungsgrundlage dargestellt hätte. Die gänzliche Nichtausübung des Vorkaufsrechts führe daher zu einer identen Bereicherung der Grundstücksverkäuferin iHv. EUR 56.000, wofür nach dem Gebot der gleichmäßigen Besteuerung dieselbe Einkommensteuerbemessungsgrundlage herrschen müsse.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Die Bf. veräußerte mit Kaufvertrag vom die Liegenschaft EZ**. Der Kaufpreis betrug EUR 84.000 und wurde durch den vertragserrichtenden Rechtsanwalt als Treuhänder an die Bf. entrichtet. Die Immobilienertragssteuer wurde durch den Parteienvertreter unter der Berücksichtigung von pauschalen Anschaffungskosten iHv. vom 40 % des Veräußerungserlöses gemäß § 30 Abs. 4 Z. 1 EStG berechnet und an die Abgabenbehörde abgeführt.

Die Bf. hat das Eigentumsrecht am Grundstück mit Einantwortungsurkunde vom erworben. Das Grundstück war aufgrund des Übergabsvertrages vom mit einem verbücherten Vorkaufsrecht gemäß § 1077 ABGB zugunsten von vier Personen (den Schwestern des verstorbenen Ehegatten der Bf.) belastet. In Erfüllung der eingegangenen Verpflichtung erhielten die Vorkaufsberechtigten jeweils 1/12 des am Treuhandkonto erliegenden Kaufpreises, sohin jeweils EUR 7.000 (Punkt V des Kaufvertrages vom ).

Das gegenständliche Vorkaufsrecht hatte folgenden Regelungsinhalt (Übergabsvertrag vom ):

(...) Sollte einer der begünstigten Brüder den Verkauf seines Grundstückes beabsichtigen, hat jede der vier genannten Schwestern ein Vorkaufsrecht. Die begünstigten Brüder verpflichten sich zur Einverleibung ihres Eigentumrechtes an den übergebenen Grundstücken das Vorkaufsrecht zu Gunsten ihrer vier genannten Schwestern grundbücherlich einzuräumen. Sollte keine der vier genannten Schwestern von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch machen, so ist der verkaufende Bruder des Übernehmers verpflichtet seinen vier genannten Schwestern ein Drittel des Verkaufserlöses zu gleichen Teilen, somit 1/12 des Verkaufserlöses für jede Schwester auszubezahlen.

Sollte eine oder mehrere Schwestern vom Vorkaufsrecht Gebrauch machen, so hat (haben) diese den verbleibenden Schwestern des Übernehmers je einen 1/12-Anteil des Verkaufserlöses zu bezahlen. Für die vom Vorkaufsrecht gebrauchmachende(n) Schwester(n) verringert sich der Kaufpreis um den dieser(n) zustehenden 1/12-Anteil des Kaufpreises (...)

2. Beweiswürdigung

Die obigen Sachverhaltsfeststellungen sind aktenkundig. Dagegen sprechende Umstände sind nicht ersichtlich.   

3. Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 2 Abs. 3 Z 7 EStG 1988 unterliegen der Einkommensteuer auch sonstige Einkünfte im Sinne des § 29 EStG 1988. Zu den sonstigen Einkünften zählen gemäß § 29 Z 2 EStG 1988 in der ab anzuwendenden Fassung des 1. StabG 2012, BGBl. I 2012/22, auch Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen (§ 30 EStG 1988) und aus Spekulationsgeschäften (§ 31 EStG 1988). 

Gemäß § 30 Abs. 1 EStG 1988 sind private Grundstücksveräußerungen Veräußerungsgeschäfte von Grundstücken, soweit sie keinem Betriebsvermögen angehören. Der Begriff des Grundstückes umfasst Grund und Boden, Gebäude und Rechte, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen. Bei unentgeltlich erworbenen Grundstücken ist auf den Anschaffungszeitpunkt des Rechtsvorgängers abzustellen. Bei Tauschvorgängen ist § 6 Z 14 EStG 1988 sinngemäß anzuwenden.

Gemäß § 30 Abs. 3 EStG 1988 ist als Einkünfte der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös und den Anschaffungskosten anzusetzen.

§ 30 Abs. 4 EStG 1988 lautet:

"Soweit Grundstücke am nicht steuerverfangen waren, sind als Einkünfte anzusetzen:
1.  Im Falle einer Umwidmung des Grundstückes nach dem der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös und den mit 40% des Veräußerungserlöses anzusetzenden Anschaffungskosten. Als Umwidmung gilt eine Änderung der Widmung, die nach dem letzten entgeltlichen Erwerb stattgefunden hat und die erstmals eine Bebauung ermöglicht, die in ihrem Umfang im Wesentlichen der Widmung als Bauland oder Baufläche im Sinne der Landesgesetze auf dem Gebiet der Raumordnung entspricht. Dies gilt auch für eine spätere Umwidmung in engem zeitlichem und wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Veräußerung
[...]."

Gemäß § 30 Abs. 5 EStG 1988 können die Einkünfte auf Antrag statt nach Abs. 4 auch nach Abs. 3 ermittelt werden. 

Nach § 30a Abs. 1 EStG 1988 unterliegen Einkünfte aus der Veräußerung von Grundstücken im Sinne des § 30 EStG 1988 einem besonderen Steuersatz von 25% und sind bei der Berechnung der Einkommensteuer des Steuerpflichtigen weder beim Gesamtbetrag der Einkünfte noch beim Einkommen (§ 2 Abs. 2 EStG 1988) zu berücksichtigen, sofern nicht die Regelbesteuerung (Abs. 2) anzuwenden ist.

Im gegenständlichen Fall ist unstrittig, dass die Veräußerung der Liegenschaft der Immobilienertragsteuer iSd der oben angeführten Normen nach § 30 ff EStG 1988 unterliegt. Unstrittig ist auch, dass es sich bei der Liegenschaft um sogenanntes Altvermögen iSd § 30 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 handelt, welches am nicht steuerverfangen war, jedoch nach dem umgewidmet worden ist und für das daher der Veräußerungsgewinn pauschal mit 60% des Veräußerungserlöses angesetzt werden kann.

Unter Zugrundelegung der Einkünfteermittlung nach § 30 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 ist das Finanzamt von Einkünften iHv EUR 50.400 ausgegangen (Kaufpreis EUR 84.000 minus 40 % pauschale Anschaffungskosten).

Demgegenüber vertritt die Bf. die Ansicht, die Einkünfte seien mit EUR 33.600 anzusetzen, da der Veräußerungserlös um die pauschalen Anschaffungskosten sowie an die an die Vorkaufsberechtigten geleisteten Abfindungszahlungen zu kürzen sei.

Einen Antrag nach § 30 Abs. 5 EStG 1988 auf Ermittlung der Einkünfte nach Abs. 3 leg. cit. hat die Bf. nicht gestellt.

Die von der Bf. zusätzlich zu den pauschalen Anschaffungskosten geforderte Berücksichtigung der Abfindungszahlungen an die Vorkaufsberechtigten findet im § 30 EStG 1988 keine Deckung.

Die Verwendung eines Teiles des Erlöses aus dem Verkauf der Liegenschaft zur Leistung von Ausgleichszahlungen an die Schwägerinnen der Bf. ist für die Besteuerung nicht entscheidend. Den Vorkaufsberechtigten steht, sofern sie nicht einen Teil der Liegenschaft übernehmen, kein unmittelbarer Anteil am steuerlichen Gewinn eines im Erbwege erworbenen Grundstückes zu, sodass ihnen Einkünfte aus einer Veräußerung nicht zugerechnet werden können. Besteuert werden die der Bf. wirtschaftlich zurechenbaren Einkünfte aus der Veräußerung, im gegenständlichen Fall sind dies EUR 84.000. 

Die Verpflichtung der Bf., einen Teil des Veräußerungserlöses an die vorkaufsberechtigten Schwestern des Erblassers auszuzahlen, stellt keine Verpflichtung zur Leistung einer Zahlung aus der eigenen Vermögenssphäre dar und kann daher nicht als Aufwendung angesehen werden, sondern ist als  steuerlich unbeachtliche Vermögensverwendung der Bf. anzusehen.

Wie der VwGH wiederholt ausgesprochen hat, stellen Kosten, die im Zusammenhang mit einem Erbanfall entstehen (Erbauseinandersetzungen, Erbschaftsregelungen, Zahlungen von Pflichtteilen, Aufnahme von Krediten zur Befriedigung von Ansprüchen) weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten dar, weil diese Aufwendungen lediglich die private Vermögenssphäre des Erben betreffen (; ).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da die im gegenständlichen Fall zu klärende Rechtsfragen im Sinne der herrschenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs entschieden wurde (vgl. und , 89/13/0021), wird die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof für nicht zulässig erklärt.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7100137.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at