TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 08.11.2019, RV/3100066/2016

Übergangsverlust iZm Fremdwährungsdarlehen zur Gänze abzugsfähig

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Stammrechtssätze
RV/3100066/2016-RS1
Ein Übergangsverlust aus dem Wechsel der Gewinnermittlungsart von § 4 Abs 3 EStG zu § 4 Abs 1 EStG, der durch die Bewertung einer Fremdwährungsverbindlichkeit entsteht, unterliegt nicht den Verrechnungsbeschränkungen des § 6 Z 2 lit c EStG.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache des Bf, vertreten durch StB, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt vom betreffend Einkommensteuer 2013 zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert. Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang und Sachverhalt

Der Beschwerdeführer führte im Jahr 2013 unter anderem einen Gastgewerbebetrieb in Form eines Apartmenthauses. Mit Einbringungsvertrag vom brachte der Beschwerdeführer diesen Betrieb als Sacheinlage in die ebenfalls an diesem Tag errichtete X GmbH mit der Firmenbuchnummer Y rückwirkend zum als Einbringungsstichtag gemäß Art III UmgrStG ein.

Der Beschwerdeführer reichte am die Einkommensteuererklärung für 2013 elektronisch beim Finanzamt ein und erklärte darin unter anderem Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus dem Betrieb eines Gastgewerbebetriebes für das Wirtschaftsjahr bis . Bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb erklärte er einen Übergangsverlust in Höhe von EUR -129.056,10, welchen er zu einem Siebentel (in Höhe von EUR 18.436,59) gewinnmindernd geltend machte. In einem Begleitschreiben gab der Beschwerdeführer an, dass im Zuge der Ermittlung des Übergangsgewinnes drei CHF-Kredite bewertet worden seien. Der daraus resultierende Kursverlust sei in voller Höhe bei der Berechnung des Übergangsverlustes berücksichtigt worden, da § 27 Abs 3 EStG die Verlustausgleichsbeschränkung in Höhe von 50 % nur für realisierte Kursverluste vorsehe. Die Verlustausgleichsbeschränkung nach § 6 Z 2 lit c sei ebenfalls nicht anwendbar, da diese Bestimmung nur Abschreibungen auf den niedrigeren Teilwert anspreche, Kursverluste aber durch Aufwertung auf den höheren Teilwert entstünden.

Mit Ergänzungsersuchen vom forderte das Finanzamt den Beschwerdeführer zur Vorlage des Jahresabschlusses 2013 und der Unterlagen über die Berechnung des Übergangsverlustes auf. Der Beschwerdeführer übermittelte am den Jahresabschluss zum sowie eine Beilage zur Einkommensteuererklärung 2013, in der die Ermittlung des Übergangsgewinns (bzw -verlustes) gemäß § 4 Abs 10 Z 1 EStG dargestellt ist. Im Übergangsverlust von EUR -129.056,10 enthalten ist ein "Fremdwährungsverlust (Anteil 100 % !)" in Höhe von EUR -97.214,36.

Das Finanzamt erließ am den Einkommensteuerbescheid 2013. Es brachte den Verlust aus der Bewertung betrieblicher Fremdwährungskredite zu 50 % mit EUR -48.607,18 bei der Ermittlung des Übergangsverlustes in Höhe von EUR 80.448,92 in Abzug. Diesen Übergangsverlust berücksichtigte es zu einem Siebentel in Höhe von EUR 11.492,70 als gewinnmindernd. In der Begründung zum Einkommensteuerbescheid führte das Finanzamt aus, dass Abschreibungen auf den niedrigeren Teilwert und Verluste aus der Veräußerung, Einlösung und sonstigen Abschichtung von Wirtschaftsgütern und Derivaten im Sinn der § 27 Abs 3 und 4 EStG, auf deren Erträge der besondere Steuersatz gemäß § 27a Abs 1 EStG anwendbar ist, vorrangig mit positiven Einkünften aus realisierten Wertsteigerungen von solchen Wirtschaftsgütern und Derivaten sowie mit Zuschreibungen derartiger Wirtschaftsgüter desselben Betriebes zu verrechnen seien. Ein verbleibender negativer Überhang dürfe nur zur Hälfte ausgeglichen werden. Diese neue Rechtslage sei mit BudBG 2011 eingeführt worden und ab anzuwenden. Da von der allgemeinen Anknüpfung an "Wirtschaftsgüter ..., deren Erträge Einkünfte aus der Überlassung von Kapital im Sinne von Abs 2 sind" in § 27 Abs 3 EStG positive wie negative Wirtschaftsgüter umfasst seien, führe auch die Konvertierung eines Fremdwährungsdarlehens zu Einkünften aus realisierten Wertsteigerungen gemäß § 27 Abs 3 EStG.

In seiner Beschwerde vom beantragte der Beschwerdeführer die Berücksichtigung des Kursverlustes in voller Höhe und das Unterlassen der Siebentelung des Übergangsverlustes. Ein Fremdwährungskredit sei kein negatives Wirtschaftsgut iSd § 27 Abs 2 EStG, dies unter Verweis auf Marschner in SWK 26, 2013, 1136. Der Kreditnehmer erziele aus seiner Fremdwährungsverbindlichkeit keine Kapitalerträge (Zinsen, Dividenden). Die Zinsenerzielung durch den Kreditgeber führe nicht automatisch zu einer Erfassung im Rahmen des § 27 Abs 3 EStG beim Kreditnehmer. Verwiesen werde weiter auf die Ansicht von Peyerl in SWK 19/2014, 881. Die Verlustausgleichsbeschränkung nach § 6 Z 2 lit c EStG sei ebenfalls nicht anwendbar, da § 6 Z 3 EStG ausschließlich auf § 6 Z 2 lit a EStG und nicht auf § 6 Abs 2 lit c EStG und letzterer ausschließlich auf Abschreibungen auf den niedrigeren Teilwert verweise.

Zum Zeitpunkt der Bearbeitung der Einkommensteuererklärung 2013 sei die Entscheidung des - bestätigt durch - noch nicht Allgemeinwissen gewesen. Da es sich diesfalls um eine Berichtigung der steuerlichen Bilanz handle, werde die vollständige Berücksichtigung des Übergangsergebnisses begehrt.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde ab und wiederholte zunächst die Begründung des Erstbescheides. Zur Siebentelung des Übergangsverlustes führte das Finanzamt aus, dass ein Übergangsverlust anlässlich des Wechsels der Gewinnermittlungsart gemäß § 4 Abs 10 Z 1 EStG beginnend mit dem ersten Gewinnermittlungszeitraum nach dem Wechsel zu je einem Siebentel in den nächsten sieben Gewinnermittlungszeiträumen zu berücksichtigen sei. Bei Einbringungen gemäß Art III UmgrStG entfalle das erste Siebentel eines Übergangsverlustes auf die Erfolgsermittlung des Einbringenden und die restlichen Siebentel seien in der Erfolgsermittlung der übernehmenden Gesellschaft zu berücksichtigen.

Mit Eingabe vom beantragte der Beschwerdeführer die Vorlage seiner Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und führte aus, dass die in der Beschwerde zitierte Judikatur auf den Beschwerdezeitraum wirke und im Sinn eines Vertrauensschutzes zu einer Besserstellung des Beschwerdeführers führen müsse.

An entscheidungswesentlichem Sachverhalt ist zwischen den Verfahrensparteien unstrittig, dass der Beschwerdeführer anlässlich der Einbringung seines Einzelunternehmens zum einen Wechsel der Gewinnermittlungsart von § 4 Abs 3 EStG zu § 4 Abs 1 EStG vorgenommen und dabei einen Übergangsverlust in Höhe von EUR -129.056,10 ermittelt hat. Darin enthalten ist ein Verlust aus der Bewertung von drei Krediten in Schweizer Franken in Höhe von -97.214,36.

Rechtslage

Gemäß § 4 Abs 10 EStG 1988 (im folgenden: EStG) ist beim Wechsel der Gewinnermittlungsart durch Zu- und Abschläge auszuschließen, dass Veränderungen des Betriebsvermögens nicht oder doppelt berücksichtigt werden. Ergeben die Zu- und Abschläge einen Verlust (Übergangsverlust), so ist dieser im Fall der Veräußerung oder Aufgabe des ganzen Betriebes beim Gewinn des letzten Gewinnermittlungszeitraumes vor Veräußerung oder Aufgabe zu berücksichtigen.

Verbindlichkeiten sind nach § 6 Z 3 iVm § 6 Z 2 lit. a EStG mit den Anschaffungskosten zu bewerten, also jenem Betrag, den der Schuldner beim Eingehen der Verpflichtung schuldig geworden ist bzw zu dessen Rückzahlung er sich verpflichtet hat. Steigt der Teilwert der Verbindlichkeit, sind § 4 Abs. 1-Ermittler berechtigt (Wahlrecht) und § 5-Ermittler nach dem Vorsichtsprinzip (§ 201Abs. 2 Z 4 UGB) verpflichtet, den höheren Wert anzusetzen. Bei Fremdwährungsverbindlichkeiten bestimmt sich der Rückzahlungsbetrag grundsätzlich durch jenen Eurobetrag, der am Bewertungsstichtag zum Ankauf der zur Tilgung der Verbindlichkeit erforderlichen Devisen notwendig wäre. Steigt der Wert einer Verbindlichkeit in ausländischer Währung aufgrund Kurssteigerungen dieser Währung, so sind § 4 Abs 1-Ermittler berechtigt (Wahlrecht), den höheren Wert anzusetzen (Jakom/Laudacher, EStG, 12.A., Rz 106 zu § 6). Daraus entstehende Kursverluste sind steuerlich in dem Jahr zu verrechnen, in dem sie durch das Steigen des Kurses der Fremdwährung eingetreten sind (Zorn in Hofstätter/Reichel, EStG, Kommentar, Rz 4 zu § 6 Z 3 EStG).

§ 6 Z 2 lit c EStG 1988 idF BGBl I Nr 112/2012 lautet:

"Abschreibungen auf den niedrigeren Teilwert und Verluste aus der Veräußerung, Einlösung und sonstigen Abschichtung von Wirtschaftsgütern und Derivaten im Sinne des § 27 Abs 3 und 4, auf deren Erträge der besondere Steuersatz gemäß § 27a Abs 1 anwendbar ist, sind vorrangig mit positiven Einkünften aus realisierten Wertsteigerungen von solchen Wirtschaftsgütern und Derivaten sowie mit Zuschreibungen derartiger Wirtschaftsgüter desselben Betriebes zu verrechnen. Ein verbleibender negativer Überhang darf nur zur Hälfte ausgeglichen werden."

§ 27 EStG 1988 idF BGBl I Nr 112/2012 lautet auszugsweise:

(1) Einkünfte aus Kapitalvermögen sind Einkünfte aus der Überlassung von Kapital (Abs 2), aus realisierten Wertsteigerungen von Kapitalvermögen (Abs 3) und aus Derivaten (Abs 4), soweit sie nicht zu den Einkünften im Sinne des § 2 Abs 3 Z 1 bis 4 gehören.

(2) Zu den Einkünften aus der Überlassung von Kapital gehören:

1. a) Gewinnanteile (Dividenden) und sonstige Bezüge aus Aktien oder Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung;

b) Gleichartige Bezüge und Rückvergütungen aus Anteilen an Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften;

c) Gleichartige Bezüge aus Genussrechten und Bezüge aus Partizipationskapital im Sinne des Bankwesengesetzes oder des Versicherungsaufsichtsgesetzes;

d) Bezüge aus Anteilen an körperschaftlich organisierten Personengemeinschaften in den Angelegenheiten der Bodenreform (Agrargemeinschaften) im Sinne des Art. 12 Abs. 1 Z 3 des Bundes-Verfassungsgesetzes;

2. Zinsen, und andere Erträgnisse aus Kapitalforderungen jeder Art, beispielsweise aus Darlehen, Anleihen, Hypotheken, Einlagen, Guthaben bei Kreditinstituten und aus Ergänzungskapital im Sinne des Bankwesengesetzes oder des Versicherungsaufsichtsgesetzes, ausgenommen Stückzinsen;

3. Diskontbeträge von Wechseln und Anweisungen;

4. Gewinnanteile aus der Beteiligung an einem Unternehmen als stiller Gesellschafter sowie aus der Beteiligung nach Art eines stillen Gesellschafters, soweit sie nicht zur Auffüllung einer durch Verluste herabgeminderten Einlage zu verwenden sind.

(3) Zu den Einkünften aus realisierten Wertsteigerungen von Kapitalvermögen gehören Einkünfte aus der Veräußerung, Einlösung und sonstigen Abschichtung von Wirtschaftsgütern, deren Erträge Einkünfte aus der Überlassung von Kapital im Sinne von Abs. 2 sind (einschließlich Nullkuponanleihen)."

Erwägungen

Eine Darlehensverbindlichkeit stellt beim Darlehensschuldner ein "negatives Wirtschaftsgut" dar, die mit diesem in Zusammenhang stehenden Aufwendungen sind je nach Lage des Falles Betriebsausgaben, Werbungskosten oder Aufwendungen der privaten Lebensführung. Der Darlehensschuldner erzielt aus dem "negativen Wirtschaftsgut" (der Darlehensverbindlichkeit) keine Einkünfte aus der Überlassung von Kapital im Sinn des § 27 Abs 3 EStG. Daher unterliegt die Verrechnung des anlässlich einer Konvertierung einer Fremdwährungsverbindlichkeit realisierten Kursverlustes nicht den Beschränkungen des § 6 Z 2 lit c EStG ().

Dasselbe muss auch für Verluste gelten, die durch andere Aufwendungen in Zusammenhang mit einer Darlehensverbindlichkeit in fremder Währung entstanden sind. Der Beschwerdeführer hat das im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs 1 EStG zustehende Wahlrecht ausgeübt und den (gegenüber den ursprünglichen Anschaffungskosten) höheren Teilwert der in seinem Betriebsvermögen befindlichen Fremdwährungsverbindlichkeiten in die Bilanz aufgenommen. Damit verbunden ist notwendigerweise der Ansatz eines Abschlages in Höhe der Differenz zwischen den ursprünglichen Anschaffungskosten und dem höheren Teilwert zum Bilanzstichtag bei der Ermittlung des Übergangsergebnisses gemäß § 4 Abs 10 EStG anlässlich des Wechsels der Gewinnermittlungsart von Einnahmen-Ausgaben-Rechnung zur Bilanzierung gemäß § 4 Abs 1 EStG. Der dadurch entstehende Verlust führt entsprechend der dargestellten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht zu Einkünften aus Kapitalvermögen im Sinn des § 27 EStG, sondern fließt in die betrieblichen Einkünfte des Beschwerdeführers ein. Daher unterliegt dieser Verlust nicht den Verrechnungsbeschränkungen des § 6 Z 2 lit c EStG.

Bei einer Einbringung eines Einzelunternehmens in eine Kapitalgesellschaft zu Buchwerten nach Art III UmgrStG handelt es sich um einen Veräußerungsakt. Daher sind Übergangsgewinne oder Übergangsverluste nach § 4 Abs 10 Z 1 letzter Satz EStG zur Gänze beim Gewinn des letzten Gewinnermittlungszeitraumes vor Veräußerung oder Aufgabe (hier: Einbringung) zu berücksichtigen; eine Siebentelung des Verlustes hat in diesem Fall nicht zu erfolgen (). Daher erweist sich das Beschwerdebegehren auf Berücksichtigung des Übergangsverlustes zur Gänze als berechtigt. Eine Verteilung des Übergangsverlustes auf sieben Jahre hat zu unterbleiben.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Da die hier zu lösenden Rechtsfragen durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abschließend geklärt sind, ist die Revision nicht zulässig.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise

Zitiert/besprochen in
Hirschler/Sulz/Oberkleiner in BFGjournal 2020, 73
Hirschler/Sulz/Oberkleiner in BFGjournal 2021, 58
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.3100066.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at