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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 17.09.2019, RV/1100389/2014

Herstellerbefreiung nach § 30 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 für Altvermögen

Beachte

Revision (Amtsrevision) beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2020/15/0001. Mit Erk. v. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Beschluss zur Zahl RV/1100065/2022 erledigt.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Josef Ungericht in der Beschwerdesache des X., vertreten durch Kantner Wirtschaftstreuhand und Steuerberatungs GmbH, Mariahilfstraße 27d, 6900 Bregenz, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch vom , betreffend Einkommensteuer 2012, zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe/n sind dem Ende der Entscheidungsgründe dem/n als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt/blättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Mit dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2012 vom setzte das Finanzamt die "Steuer für Einkünfte aus Grundstücksveräußerungen (besonderer Steuersatz von 25%)" in Höhe von 8.400 Euro fest. Begründend wurde seitens des Finanzamtes angeführt, der Beschwerdeführer (in der Folge kurz: Bf.) habe mit der Vorhaltsbeantwortung vom (Anm.: Vorhaltsbeantwortung zum Ergänzungsersuchen des Finanzamtes vom ) betreffend der Immobilienertragsteuer der Liegenschaft in A. Grundbuch yy EZ zz bekanntgegeben, dass er die Herstellerbefreiung in Anspruch nehme. Am sei der Bf. betreffend der Herstellerbefreiung ersucht worden, Unterlagen nachzureichen. Da der Bf. die angeforderten Unterlagen nicht fristgerecht () nachgereicht habe, sei davon auszugehen, dass die Herstellerbefreiung nicht in Anspruch genommen werden könne. Daher sei die Immobilienertragsteuer hinsichtlich Einkünfte aus Grundstücksveräußerung in Höhe 33.600 Euro (Verkaufserlös von 240.000 Euro minus 86 % pauschaler Anschaffungskosten von 206.400 Euro) festzusetzen gewesen.

2. Gegen den Einkommensteuerbescheid vom erhob der Bf. durch die steuerliche Vertretung mit Schreiben vom Beschwerde. Begründend wurde vorgebracht, bei der gegenständlichen Liegenschaft handle es sich um die Wohnung des Bf., die er in den Jahren 1975 - 1976 selbständig errichtet habe. Der Bf. habe an das damalige Betriebsgebäude der Firma F. einen Zubau für seine Wohnung errichtet. Dieser selbst hergestellte Gebäudeteil sei vom Bf. unter Tragung des finanziellen Baurisikos errichtet und von ihm seit Fertigstellung bis zum Verkauf als Hauptwohnsitz genutzt worden. Als Nachweis darüber, dass der Bf. Bauherr gewesen sei und es sich um einen separaten Zubau ausschließlich für Wohnzwecke gehandelt habe, werde in der Anlage eine Kopie des Baubescheides aus dem Jahr 1975 der Gemeinde A. übermittelt. Da die Veräußerung von selbst hergestellten Gebäuden von der Immobilienertragsteuer befreit sei, soweit das Gebäude innerhalb der letzten 10 Jahre nicht zur Erzielung von Einkünften gedient habe, stehe dem Bf. für dieses Gebäude die Steuerbefreiung zu und Immobilienertragsteuer falle daher lediglich vom Grundanteil an. Dazu wurde weiters ausgeführt, nach den Einkommensteuerrichtlinien bestünden keine Bedenken, den Anteil von Grund und Boden mit 20 % des Gesamtwertes der Immobilie anzusetzen. Davon ausgehend wurde seitens der steuerlichen Vertretung beantragt, den Einkommensteuerbescheid 2012 dahingehend zu berichtigen, dass die Immobilienertragsteuer mit 1.680,00 Euro (3,5 % von 48.000 Euro [= 20 % von 240.000 Euro]) festgesetzt werde.

3. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde vom als unbegründet ab. In der Beschwerdevorentscheidung wurde seitens des Finanzamtes nach Wiedergabe des bisherigen Verwaltungsgeschehens unter Pkt. 2 (rechtliche Würdigung) folgende Begründung angegeben:

"Mit dem 1. StabG 2012, BGBI I 22, wurden private Grundstücksveräußerungen generell unabhängig von der Behaltedauer in die Besteuerung mit einem Steuersatz von 25% einbezogen (vgl hierzu Jakom, Einkommensteuergesetz 2014, RZ 1 zu § 30). Erfasst sind Grundstücksveräußerungen nach dem . Für die zeitliche Zuordnung des Veräußerungsvorgangs ist im Kontext des § 30 (wie bisher für die Frage der Erfüllung der Spekulationsfrist) das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft maßgeblich (vgl hierzu Jakom, Einkommensteuergesetz 2014, RZ 3 zu § 30). Erfasst ist die Veräußerung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten (vgl hierzu Jakom, Einkommensteuergesetz 2014, RZ 6 zu § 30).

Die Einkünfte aus Immobilienverkäufen werden für Altvermögen nach § 30 Abs 4 EStG und für Neuvermögen nach § 30 Abs 3 EStG 1988 idgF berechnet. Für die Beantwortung der Frage ob Alt- oder Neuvermögen vorliegt ist entscheidend, ob die entsprechende Immobilie, das entsprechende Grundstück zum Stichtag nach der alten gesetzlichen Regelung des § 30 EStG 1988 vor dem 1. Stabilitätsgesetz 2012 noch steuerverfangen war, oder nicht.

Wie sich aus der Aktenlage ergibt, wurde das streitgegenständliche Gebäude in den Jahren 1975 bis 1976 errichtet. Der obigen Definition folgend, liegt somit Altvermögen vor.

Neben der eben beschriebenen Steuerpflicht für private Grundstücksveräußerungen sieht das Gesetz in § 30 Abs 2EStG 1988 idgF gewisse Befreiungstatbestände vor. Zu nennen ist in diesem Zusammenhang etwa die Hauptwohnsitzbefreiung oder die Herstellerbefreiung. Der BW macht im Beschwerdeschriftsatz die Herstellerbefreiung für sich geltend und legt als Beweis dafür den Baubescheid der Gemeinde A. aus dem Jahre 1975 vor.

Befreit ist die Veräußerung selbst hergestellter Gebäude, soweit sie innerhalb der letzten zehn Jahre nicht zur Erzielung von Einkünften gedient haben (vgl hierzu, Jakom, Einkommensteuergesetz 2014, RZ 36 zu § 30). Entscheidend für die Anwendung der Herstellerbefreiung ist u.a., dass der Antragsteller - im konkreten Fall der BW - das finanzielle Baurisiko getragen hat.

Bereits im durchgeführten Vorhalteverfahren wurde der BW seitens der Abgabebehörde darüber informiert, dass für das Vorliegen der Herstellerbefreiung gewisse Beweise erbracht werden müssen, so insbesondere der Beweis oder zumindest die Glaubhaftmachung dessen, dass der BW einst das finanzielle Baurisiko getragen hat. Die Abgabenbehörde hat somit bereits im vorherigen Verfahrensabschnitt den Abgabepflichtigen darüber informiert, welche Unterlagen bzw Beweismittel beigebracht werden müssen, damit die Herstellerbefreiung nach § 30 Abs 2 Z 2EStG 1988 idgF gewährt werden kann. Im Zuge des Vorhalteverfahrens blieb der BW diesen Nachweis schuldig.

Im Anhang der Beschwerdeschrift übermittelt der steuerliche Vertreter des BW den Baubescheid der Gemeinde A. aus dem Jahre 1975 und möchte den Aussagen folgend damit beweisen bzw glaubhaft machen, dass dem BW die Bauherreneigenschaft zukommt.

Gemäß § 166 BAO kommt als Beweismittel alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist. Die diesbezüglichen Grundsätze der BAO sind vom Prinzip der Unbeschränktheit und Gleichwertigkeit der Beweismittel als auch vom Grundsatz der freien Beweiswürdigung getragen. Beweisen heißt, ein behördliches Urteil über die Gewissheit des Vorleigens einer entscheidungsrelevanten Tatsache herbeiführen (vgl hierzu Ritz, Kommentar zur BAO4, RZ 1 zu § 166).

Neben der Pflicht zur amtswegigen Sachverhaltsermittlung (§ 115 Abs 1) durch die Abgabenbehörde bestehen Mitwirkungspflichten der Partei (siehe bei § 115) sowie unter Umständen sogar Beweisvorsorgepflichten (vgl hierzu, Ritz, Kommentar zur BAO4, RZ 3 zu § 166). Gegebenenfalls genügt die GIaubhaftmachung, etwa für die Wiedereinsetzungsgründe, für die Aussageverweigerungsrechte, für die Ablehnungsgründe von Sachverständigen und gemäß § 138 Abs 1 (wenn ein Beweis nach den Umständen nicht zugemutet werden kann) (vgl hierzu, Ritz, Kommentar zur BAO4, RZ 4 zu § 166).

Im beschwerdegegenständlichen Fall ist die Abgabenbehörde durch die Abhaltung des Vorhalteverfahrens ihrer amtswegigen Ermittlungspflicht jedenfalls nachgekommen, auch wurde der BW in diesem Zusammenhang eingeladen seiner gesetzlich normierten Mitwirkungspflicht im Verfahren nachzukommen in dem er die entscheidungsrelevanten Unterlagen an die Abgabenbehörde übermittelt. Dies hat der BW unterlassen. Der Baubescheid der Gemeinde A. aus dem Jahre 1975 stellt zweifelsohne ein Beweismittel dar. Allerdings gibt es nur Beweis darüber ab, dass der BW das streitgegenständliche Objekt bauen durfte. Über die zu klärende Frage, ob der BW diesbezüglich auch das finanzielle Baurisiko getragen hat, gibt die beschriebene Unterlage nach Ansicht der Beschwerdebehörde keinen Beweis ab und liegt auch keine diesbezügliche Glaubhaftmachung vor.

Dem BW ist nach Überzeugung der Beschwerdebehörde somit nicht gelungen darzutun, dass dieser das finanzielle Baurisiko getragen hat und somit die Herstellerbefreiung des § 30 Abs 2 Z 2 EStG 1988 idgF zur Anwendung gelangt.

Der gegenständlichen Beschwerde blieb der Erfolg somit versagt."

4. Dagegen wurde mit Schreiben vom ein Vorlageantrag eingebracht. Seitens der steuerlichen Vertretung wurde unter Bezugnahme auf die abweisende Beschwerdevorentscheidung im Wesentlichen eingewendet, der Bf. habe in den Jahren 1975 - 1976 das Gebäude gemäß dem von der Gemeinde A. ausgestellten Baubescheid errichtet und dazu einen Kredit aufgenommen. Weder der Bf., noch die damals finanzierende Bank hätten fast 40 Jahre alte Unterlagen, die beweisen könnten, dass der Bf. auch das finanzielle Risiko getragen habe. Auf Anfrage bei der Bank konnte der Bf. lediglich Mikroverfilmungen aus dem Jahr 1991 (gemäß beiliegender Kopie) über den damaligen Baukredit bekommen. Daraus sei ersichtlich, dass der Bf. im Jahr 1975 oder 1976 einen Baukredit in Anspruch genommen und diesen bis zum Jahr 1991 abbezahlt habe. Der Bf. habe sich stets bemüht, seine Mitwirkungspflicht zu erfüllen, nur könne von ihm nicht verlangt werden, Belege oder Unterlagen beizubringen, die mehr als 35 Jahre alt sind und für die es aufgrund dessen, dass es sich um eine Privatliegenschaft handle, nicht einmal eine Aufbewahrungspflicht gebe. Sowohl der Baubescheid als auch der Baukredit bei der Bank ließen eindeutig darauf schließen, dass ausschließlich der Bf. der Bauherr seiner Liegenschaft gewesen sei und auch ausschließlich er das finanzielle Risiko für diese Liegenschaft getragen habe. Es gebe keinerlei Hinweise oder Verdachtsmomente, dass jemand anderer das Baurisiko für die Liegenschaft des Bf. getragen habe. Die Unmöglichkeit der Beschaffung von Unterlagen aus der Zeit der Errichtung der Liegenschaft könne nicht zu Lasten des Bf. ausgelegt werden, wenn nicht begründete Zweifel an der Bauherreneigenschaft und am Tragen des finanziellen Risikos durch den Bf. bestünden oder wenn nicht jemand anderer dafür in Frage käme.

Der eingebrachte Vorlageantrag vom wurde vom Finanzamt dem Bundesfinanzgericht am zur Entscheidung vorgelegt (Vorlagebericht des Finanzamtes vom ).

Das Bundesfinanzgericht hat über die Beschwerde erwogen:

II. Sachverhalt

Der Bf. war zu aaa/aaa Anteilen, B-LNR a, mit welchen Anteilen Wohnungseigentum an Top b untrennbar verbunden ist, Miteigentümer der Liegenschaften in EZ zz Grundbuch yy A. mit GST-NR ccc und GST-NR .ddd, in A. Diese Liegenschaftsanteile hat der Bf. im Jahr 2012 verkauft (Vertragsunterfertigung durch den Verkäufer bzw. Bf. am und durch den Käufer am ). Als Kaufpreis für die vertragsgegenständlichen Liegenschaftsanteile wurden laut Kaufvertrag 240.000 Euro vereinbart (Pkt. IV. des Kaufvertrages). Der Kaufpreis wurde auf die offenen Verbindlichkeiten des Verkäufers (Bf.) bei der Käuferin aufgrund übernommener Bürgschaften des Verkäufers für die insolvente Firma F. (Kredite Nr. xxx bei der Käuferin) angerechnet und zur Teilabdeckung dieser Kredite verwendet (Pkt. IV. des Kaufvertrages). Unter Pkt. V des Kaufvertrages heißt es, dass die Übergabe und Übernahme der vertragsgegenständlichen Liegenschaftsanteile am Tage der Vertragsunterzeichnung erfolge. Unter Pkt. VI. des Kaufvertrages wurde vereinbart, dass der Verkäufer (Bf.) "die vertragsgegenständlichen Räumlichkeiten mit Ausnahme [...] derzeit noch bis zum " als Wohnung unentgeltlich benützen könne.

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem vorliegenden Akteninhalt und ist unstrittig.

III. Gesetzliche Grundlagen und rechtliche Würdigung

Während private Grundstücksveräußerungen vor dem nur in Ausnahmefällen (Spekulationsgeschäfte) der Einkommensteuer unterlagen, schuf der Gesetzgeber mit der Neuregelung des § 30 EStG 1988 durch das BGBl. I Nr. 22/2012 (1. Stabilitätsgesetz 2012 - 1. StabG 2012) eine generelle Steuerpflicht der Veräußerungserlöse aus privaten Grundstücksverkäufen (Immobilienertragsteuer) und sah dabei in bestimmten Fällen eine Steuerbefreiung vor.

§ 30 EStG 1988 in der Fassung des BGBl. I Nr. 22/2012 (1. Stabilitätsgesetz 2012) lautet auszugsweise:

"§ 30. (1) Private Grundstücksveräußerungen sind Veräußerungsgeschäfte von Grundstücken, soweit sie keinem Betriebsvermögen angehören. Der Begriff des Grundstückes umfasst Grund und Boden, Gebäude und Rechte, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen. Bei unentgeltlich erworbenen Grundstücken ist auf den Anschaffungszeitpunkt des Rechtsvorgängers abzustellen. Bei Tauschvorgängen ist § 6 Z 14 sinngemäß anzuwenden.

(2) Von der Besteuerung ausgenommen sind die Einkünfte:

1. [...]

2. Aus der Veräußerung von selbst hergestellten Gebäuden, soweit sie innerhalb der letzten zehn Jahre nicht zur Erzielung von Einkünften gedient haben.

[...]

(4) Soweit Grundstücke am nicht steuerverfangen waren, sind als Einkünfte anzusetzen:

1. Im Falle einer Umwidmung des Grundstückes nach dem der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös und den mit 40% des Veräußerungserlöses anzusetzenden Anschaffungskosten. [...]

2. In allen übrigen Fällen der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös und den mit 86% des Veräußerungserlöses anzusetzenden Anschaffungskosten.

[...]"

§ 30a Abs. 1 EStG 1988 in der für den gegenständlichen Fall anzuwendenden Fassung lautet:

"§ 30a. (1) Einkünfte aus der Veräußerung von Grundstücken im Sinne des § 30 unterliegen einem besonderen Steuersatz von 25% und sind bei der Berechnung der Einkommensteuer des Steuerpflichtigen weder beim Gesamtbetrag der Einkünfte noch beim Einkommen (§ 2 Abs. 2) zu berücksichtigen, sofern nicht die Regelbesteuerung (Abs. 2) anzuwenden ist."

Gemäß § 124b Z 215EStG 1988 tritt § 30 in der Fassung des 1. Stabilitätsgesetzes 2012, BGBl. I Nr. 22/2012, mit in Kraft und ist erstmals für Veräußerungen nach dem anzuwenden.

Strittig zwischen dem Bf. und dem Finanzamt ist im gegenständlichen Fall, ob die Steuerbefreiung nach § 30 Abs. 2 Z 2EStG 1988 (Herstellerbefreiung) anzuwenden ist oder nicht.

Nach § 30 Abs. 2 Z 2EStG 1988 sind von der Besteuerung ausgenommen die Einkünfte aus der Veräußerung von selbst hergestellten Gebäuden, soweit sie innerhalb der letzten zehn Jahre nicht zur Erzielung von Einkünften gedient haben.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes liegt ein selbst hergestelltes Gebäude iSd § 30 Abs. 2 Z 2EStG 1988 (zur Rechtslage vor dem 1. StabG 2012) nur dann vor, "wenn Baumaßnahmen nach der Verkehrsauffassung als Errichtung eines Gebäudes, somit als "Hausbau" angesehen werden" (vgl. Bodis/Hammerl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, Kommentar zum EStG, § 30 Tz 173, unter Hinweis auf Judikatur).

Im gegenständlichen Fall ist unstrittig, dass die Errichtung eines Gebäudes vorliegt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , 98/15/0071, ausgesprochen (zur Rechtslage vor dem 1. StabG 2012), dass der Gesetzgeber mit dem Begriff des selbst hergestellten Gebäudes auch Gebäude erfassen wollte, die der Eigentümer zwar nicht (allein oder überwiegend) in eigener Arbeitsleistung errichtet, aber als Bauherr mit uneingeschränktem Bauherrenrisiko errichten lässt. Nach den Ausführungen in den Gesetzesmaterialien zum 1. Stabilitätsgesetz 2012 (Erläuterungen zur Regierungsvorlage 1680 BlgNR 24 GP, 8) sollen auch selbst hergestellte Gebäude wie bisher von der Besteuerung befreit sein. "Ein selbst hergestelltes Gebäude liegt vor, wenn der Steuerpflichtige hinsichtlich der Errichtung das (finanzielle) Baurisiko trägt; er also selbst oder auch durch einen Bauunternehmer das Gebäude errichtet. Anders als nach der bisherigen Rechtslage, soll die Befreiung allerdings insoweit nicht greifen, als das Gebäude innerhalb der letzten 10 Jahre zur Erzielung von Einkünften gedient hat. Im Falle einer teilweisen Nutzung zur Erzielung von Einkünften steht die Befreiung nur anteilig zu" (Erläuterungen zur Regierungsvorlage 1680 BlgNR 24 GP, 8).

Seitens des Finanzamtes wird die Verweigerung der "Herstellerbefreiung" damit begründet, dass es der Bf. im Rahmen seiner gesetzlich normierten Mitwirkungspflicht unterlassen habe, entscheidungsrelevante Unterlagen an die Abgabenbehörde zu übermitteln. Hinsichtlich der Frage der Tragung des finanziellen Baurisikos würden weder Nachweise noch eine diesbezügliche Glaubhaftmachung vorliegen (vgl. Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes vom ).

Nach § 138 BAO haben auf Verlangen der Abgabenbehörde die Abgabepflichtigen und die diesen im § 140 gleichgestellten Personen in Erfüllung ihrer Offenlegungspflicht (§ 119) zur Beseitigung von Zweifeln den Inhalt ihrer Anbringen zu erläutern und zu ergänzen sowie dessen Richtigkeit zu beweisen. Kann ihnen ein Beweis nach den Umständen nicht zugemutet werden, so genügt die Glaubhaftmachung.

In der BAO-Kommentierung von Ritz, BAO-Kommentar, 6. Aufl., § 138 Rz 5, heißt es dazu: "Ist ein Beweis nach den Umständen nicht zumutbar, so genügt die Glaubhaftmachung. Sie hat den Nachweis der Wahrscheinlichkeit zum Gegenstand (zB ; , 2006/15/0125) und unterliegt den Regeln der freien Beweiswürdigung (; , 97/13/0051; , 2006/15/0125). Ein Sachverhalt ist glaubhaft gemacht, wenn die Umstände des Einzelfalles dafür sprechen, der vermutete Sachverhalt habe von allen anderen denkbaren Möglichkeiten die größte Wahrscheinlichkeit für sich ()."

Seitens der steuerlichen Vertretung wurde der Bescheid der Gemeinde A. vom über die Baubewilligung übermittelt. Mit diesem Bescheid wurde dem Bf. der "Zubau einer Wohnung auf Gp. ccc KG A." bewilligt. Laut Bescheid vom hat der Bf. mit Eingabe vom um Erteilung der Baubewilligung angesucht und wurde dem Bf. für das beschriebene Bauvorhaben entsprechend der bewilligten Planunterlagen die baubehördliche Bewilligung erteilt.

Wie sich aus dem vorliegenden Baubescheid ergibt, erfolgte der Zubau über Ansuchen des Bf. bzw. ist der Bf. als Bauwerber gegenüber der Baubehörde aufgetreten. Wenn seitens der steuerlichen Vertretung weiters behauptet wird, dass der Bf. das finanzielle Risiko hinsichtlich der Herstellungsaufwendungen getragen hat, ist dies nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts durchaus nachvollziehbar und bestehen gegen dessen Richtigkeit auch keine Bedenken. Angaben dahingehend, dass jemand anderer als der Bf. das finanzielle Baurisiko getragen hätte, wurden auch seitens des Finanzamtes nicht gemacht und liegen diesbezüglich auch keine Anhaltspunkte vor. Unter Berücksichtigung der Ausführungen der steuerlichen Vertretung und unter Berücksichtigung des vorliegenden Baubescheids gelangt das Bundesfinanzgericht zur Überzeugung, dass der Bf. hinsichtlich des streitgegenständlichen Gebäudes als Bauherr anzusehen ist und das finanzielle Baurisiko getragen hat.

Unstrittig ist, dass von der Herstellerbefreiung nur die Einkünfte aus der Veräußerung von selbst hergestellten "Gebäuden" von der Besteuerung ausgenommen sind; ein allenfalls mitveräußerter Grund und Boden ist hingegen nicht von der Befreiung umfasst. Der Veräußerungserlös ist in diesem Fall nach der Verhältnismethode - im Verhältnis der gemeinen Werte - auf Grund und Boden und Gebäude aufzuteilen (vgl. Bodis/Hammerl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, Kommentar zum EStG, § 30 Tz 170, unter Hinweis auf VwGH , 96/15/0063 und EStR 2000 Rz 6645).

Von der steuerlichen Vertretung wurde beantragt, hinsichtlich des auf Grund und Boden entfallenden einkommensteuerpflichtigen Veräußerungserlöses 20% des (Gesamt-)Veräußerungserlöses anzusetzen. Über Rücksprache des Bundesfinanzgerichtes wurde seitens des Finanzamtes einer solchen Aufteilung des Kaufpreises zugestimmt (e-mail des Finanzamtes vom ).

Auf Grundlage dieser Ausführungen sind im gegenständlichen Fall die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung nach § 30 Abs. 2 Z 2EStG 1988 (Herstellerbefreiung) gegeben. Die auf Grund und Boden entfallenden Einkünfte ermitteln sich in Höhe von 6.720 Euro (20 % von 240.000 = 48.000; 48.000 minus 41.280 [86 % Anschaffungskosten vom Veräußerungserlös 48.000 betreffend Grund und Boden]) und sind als steuerpflichtige Einkünfte anzusetzen.

Aus diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

IV. Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall wurde von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abgewichen bzw. ergeben sich die Rechtsfolgen unmittelbar und eindeutig aus den gesetzlichen Bestimmungen, weshalb eine Revision nicht zuzulassen war.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 30 Abs. 2 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 138 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Private Grundstücksveräußerung
Bauherr
Immobilienertragsteuer
finanzielles Baurisiko
Herstellerbefreiung
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.1100389.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at