Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 07.08.2019, RV/2100166/2017

Einräumung eines Kaufanbotes ist noch keine Anschaffung (hier für die Beurteilung, ob hinsichtlich der Bemessung der ImmoESt "Altvermögen" oder "Neuvermögen" vorliegt)

Beachte

Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2019/15/0146. Zurückweisung mit Beschluss vom .

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache des Bf., vertreten durch Kulmburg & Partner Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung GmbH, Harrachgasse 26, 8010 Graz, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Graz-Stadt vom betreffend Einkommensteuer 2013 bzw. Festsetzung der Immobilienertragsteuer (für den Zeitraum 3/2013) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer (Bf.) veräußerte mit Kaufvertrag vom eine Liegenschaft in Graz-YZ. Eine Hälfte dieser Liegenschaft erwarb der Bf. bereits im Jahr 1983. Strittig ist, ob der Erwerb der zweiten Hälfte des Grundstückes durch den Bf. bereits mit Kaufanbot (samt Zusatzvereinbarungen) vom zustande gekommen ist und sohin für Zwecke der Besteuerung der Grundstücksveräußerung nach § 30 EStG 1988 auch für diesen Hälfteanteil von Altvermögen iSd. § 30 Abs. 4 leg. cit. auszugehen ist oder nicht.

Mit Kaufvertrag vom 14./ erwarb der Bf. von den Verkäufern A und B je ein Viertel Miteigentumsanteil der Liegenschaft EZ 123 KG YZ GSt.Nr. ZZZ/3 und ZZZ/6. Aus Punkt V. des Vertrages geht hervor, dass die Verkäufer je zu einem Viertel auch Eigentümer der zweiten Hälfte der gegenständlichen Liegenschaft waren. Diese Anteile waren jedoch zugunsten dreier namentlich genannter Personen mit einer fideikommissarischen Substitution belastet. Die Verkäufer räumten dem Bf. das Vorkaufsrecht an diesen Anteilen ein.

Am selben Tag schlossen die Parteien des Kaufvertrages auch eine Benützungsvereinbarung hinsichtlich ihres gemeinsamen Miteigentums ab. Der Bf. erhielt damit das ausschließliche Benützungsrecht für (in einem beigefügten Lageplan) näher markierte Flächen der Grundstücke ZZZ/3 und ZZZ/6, während die beiden weiteren Miteigentümer das Benützungsrecht für eine bestimmte Fläche des Grundstückes ZZZ/3 erhielten. Weiters wurde ua. bestimmt, dass der Bf. sämtliche auf das ganze Gemeinschaftsgut entfallende Steuern, öffentliche Abgaben, Umlagen usw. allein zu tragen habe. Dies im Hinblick darauf, dass ihm das alleinige Benützungsrecht über das auf dem Grundstück ZZZ/6 befindliche Wohnhaus zustehe.

Am legten A und B dem Bf. ein Anbot zum Kauf der weiteren je ein Viertel Miteigentumsanteile an der EZ 123 KG YZ GSt.Nr. ZZZ/3 und ZZZ/6. Auszugsweise hat dieses Angebot folgenden Inhalt:

"(…) II. Im Falle der Annahme dieses Anbotes verkaufen B und A die vorangeführten Liegenschaftsanteile an [den Bf.] und der Letztere kauft und übernimmt diese in sein Eigentum zu den nachstehenden Bedingungen:

  • Der einverständlich festgesetzte Kaufpreis beträgt pauschal S 1.200.00,00 (…).

Der Kaufpreis ist bei Annahme dieses Angebots bar oder im Verrechnungswege zu bezahlen.

Eine Wertsicherung des Kaufpreises wird ausdrücklich nicht vereinbart.

  • [Der Bf.] tritt bei Annahme dieses Angebots in den faktischen Besitz und Genuss der verkauften Liegenschaftsanteile ein, trägt von da an Wag und Gefahr und die hierauf entfallenden Steuern und öffentlichen Abgaben, wie sie laufen und fällig werden.

  • Übergabe und Übernahme erfolgen bei Annahme dieses Angebots in alten Rechten und Lasten, Grenzen und Marken, wie die Verkäufer das Kaufobjekt bisher besessen und benutzt haben, jedoch ohne Haftung für ein Flächenmaß oder eine bestimmte Beschaffenheit, lediglich mit Gewährleistung für Freiheit von bücherlichen Lasten. (…)

IV. 1) Mit diesem Anbot bleiben B und A für sich und ihre Erben und Rechtsnachfolger bis zum Ablauf von zwölf Monaten nach schriftlicher Bekanntgabe vom Ableben des Letztversterbenden der unter Punkt I. angeführten Nacherbberechtigten [dem Bf.] und dessen Erben und Rechtsnachfolger im Wort und verzichten dementsprechend für diese Dauer auf den Widerruf dieses Anbotes. (…)
2) Andererseits kann dieses Anbot [vom Bf.] und dessen Rechtsnachfolgern nicht vor Ablauf von sechs Monaten nach dem Letztversterbenden der Substitutionsberechtigten (…) angenommen werden. (…)"

Unter Einem wurde die bücherliche Sicherstellung eines (vom Bf.) an A und C zugezählten Darlehens von S 1.200.000,-- vereinbart, welches bei Fälligkeit des Kaufpreises laut Anbot vom zur (Rück-)Zahlung fällig ist (s. Schuld- und Pfandbestellungsurkunde sowie Zusatzvereinbarung je vom ). Dieses Darlehen wurde unverzinslich gewährt; eine Wertsicherung wurde nicht vereinbart. Zur Sicherstellung erfolgte die Pfandbestellung einer Liegenschaft in Vorarlberg (EZ 456 KG L), die je zur Hälfte im Eigentum von A und C stand.

Mit Kaufvertrag vom veräußerten A und B ihre Viertelanteile an der EZ 123 KG YZ um den Kaufpreis von € 87.210,-- an den Bf. Im Vertrag wird einleitend festgehalten, dass die Nacherben verstorben und deren eingetragene Substitutionsrechte folglich löschbar sind. Nach Punkt II.2. des Vertrages trat der Bf. am in den faktischen Besitz und Nutzen des Kaufobjektes ein und hatte von da an Lasten und Risiko zu tragen. Der Kaufvertrag wurde unter der Bedingung der Löschung der angeführten fideikommissarischen Substitutionen geschlossen (II.6.).

Mit Kaufvertrag vom verkaufte der Bf. die gesamte Liegenschaft EZ 123 KG YZ um den Kaufpreis von € 1.250.000,-- an eine Bau GmbH. Gegenüber dem Finanzamt wurde die Immobilienertragsteuer im Wege der Selbstberechnung zunächst mit € 0,-- erklärt (Befreiung gemäß § 30 Abs. 2 Z. 1 lit. a EStG).

In der Folge erfasste der Bf. am in seiner Einkommensteuererklärung 2013 die Grundstücksveräußerung mit einer Bemessungsgrundlage (für Altvermögen) von € 175.000,-- und ermittelte eine Immobilienertragsteuer von € 3.750,--.

Im Gefolge einer Außenprüfung setzte das Finanzamt die Immobilienertragssteuer mit nunmehr angefochtenem Bescheid vom mit € 155.771,97 fest. Im Bericht vom führte die Prüferin unter Tz 2 aus: "(…) Festgestellt wurde, dass eine ideelle Hälfte der Liegenschaft laut Kaufvertrag vom im Eigentum stand und die zweite ideelle Hälfte laut Kaufvertrag vom in das Eigentum übergegangen ist. Es bestand eine Kaufoption auf die zweite Liegenschaftshälfte laut Kaufanbot vom welche mit dem Kaufvertrag vom angenommen wurde. Sohin war der Pflichtige seit Alleineigentümer dieser Liegenschaft. Aufgrund der Neuregelung der Immobilienertragsteuer wird bei Veräußerungen das Grundstück in Altvermögen oder Neuvermögen eingestuft. Grundstücke welche vor dem angeschafft wurden, waren mit nicht mehr steuerverfangen und werden als Altvermögen behandelt. (…) Alle Grundstücke welche nach dem angeschafft wurden, werden als Neuvermögen behandelt und sind zwingend mit der Regeleinkünfteermittlung zu berechnen. Als Zeitpunkt der Veräußerung oder Anschaffung ist im Zusammenhang mit Grundstücken der Abschluss des Verpflichtungsgeschäftes maßgebend. Bei Optionsgeschäften kommt das relevante Verpflichtungsgeschäft erst bei Ausübung der Option zustande. Es gilt daher, bei Ausübung einer vor dem eingeräumten Option nach dem , die neue Rechtslage der Grundstücksveräußerungen. Aus dieser Rechtslage ergab sich, dass eine Hälfte der Liegenschaft als Altvermögen und die zweite Hälfte als Neuvermögen eingestuft wurde. (…)"

Für Zwecke der Bemessung der Immobilienertragssteuer stufte das Finanzamt sohin eine Hälfte der Liegenschaft als Altvermögen (Gewinn: € 87.500,--), die zweite (mit Kaufvertrag vom übertragene) Hälfte hingegen als Neuvermögen (Gewinn: € 535.588,--) ein (Festsetzung insgesamt: € 155.771,97).

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird die Festsetzung der Immobilienertragsteuer mit € 43.750,-- begehrt. Begründend brachte der Bf. vor, es handle sich bei dem Verkauf der zweiten Liegenschaftshälfte nicht um "Neuvermögen", sondern ebenfalls um "Altvermögen". Gemäß § 21 Abs. 1 BAO sei für die Beurteilung abgabenrechtlicher Fragen in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhalts maßgebend. Gemäß § 24 Abs. 1 lit. d BAO würden Wirtschaftsgüter, über die jemand die Herrschaft gleich einem Eigentümer ausübt, diesem zugerechnet. Aus dem Gesamtbild der Umstände ergebe sich, dass das wirtschaftliche Eigentum an der Liegenschaft tatsächlich bereits am auf den Bf. übergegangen sei: Tatsächlich sei der Kauf der gesamten Liegenschaft schon 1983 von den Parteien gewünscht, aber rechtlich nicht möglich gewesen, da die zweite Hälfte der Liegenschaft mit der fideikommissarischen Substitution zu Gunsten dreier Personen belastet gewesen sei. Ein Verkauf dieser Liegenschaftshälfte hätte nur an diese drei Personen erfolgen können. Der gleichzeitige Abschluss und die Verknüpfung von Optionsrecht und Darlehensvertrag (beide nicht vorzeitig kündbar) seien die rechtlich möglich gewesene äußere Erscheinungsform des beiderseitigen Willens gewesen. Die Verkäufer hätten ihr Benutzungsrecht nach 1994 nicht mehr geltend gemacht und der Bf. habe sämtliche Kosten und Abgaben der gesamten Liegenschaft seit 1983 bezahlt. Die Verkäufer hätten sich nur noch als formelle Eigentümer gesehen, den wirtschaftlichen "Kaufpreis" hätten sie in Form des Darlehens ohnehin schon erhalten. Beide Seiten seien davon ausgegangen, dass ein Kaufvertrag vollzogen werden sollte, für den erst zu einem unbestimmten künftigen Zeitpunkt der richtige Rechtstitel formuliert würde. Die getroffene Vertragswahl sei ein Spezifikum dieses Sachverhaltes und nur durch diesen erklärbar. Eine getrennte Betrachtung der beiden Verträge ohne deren Verknüpfung würde zu einem fremdunüblichen Bild führen. Erst die Verknüpfung zeige den Sinn der Gestaltung. Auch wenn bei Optionsgeschäften das relevante Verpflichtungsgeschäft erst mit Ausübung der Option zustande kommt, ändere dies nichts an einem früheren Übergang des wirtschaftlichen Eigentums, der von tatsächlichen Umständen abhängig sei und gerade nicht von rechtlichen Gestaltungen. Das Optionsgeschäft könne nicht für sich alleine beurteilt werden, der Sachverhalt müsse vielmehr in seiner Gesamtheit gewürdigt werden. Aus den Umständen, nämlich der Aufgabe des faktischen und wirtschaftlichen Eigentumsanspruchs der Verkäufer, der gesamten Kostentragung und Pflege der Liegenschaft durch den Bf., der Zurechnung der Chancen einer Wertsteigerung an den Bf. sowie der tatsächlichen zivilrechtlichen Übertragung sofort nach Eintritt der rechtlichen Möglichkeit, sei dem Bf. ab das wirtschaftliche Eigentum auch an der zweiten Liegenschaftshälfte zuzurechnen gewesen.

In der abweisenden Beschwerdevorentscheidung führte die belangte Behörde begründend nochmals aus, dass die zweite Hälfte der Liegenschaft erst mit Ausübung der Kaufoption als angeschafft gelte und diese daher für Zwecke der Immobilienertragsbesteuerung als Neuvermögen zu beurteilen sei.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

In Streit steht, ob hinsichtlich der mit Kaufvertrag vom an den Bf. übertragenen Liegenschaftshälfte für Zwecke der Immobilienertragsbesteuerung von "Altvermögen" oder von "Neuvermögen" auszugehen ist.

Nach § 29 Z 2 EStG 1988 zählen ua. Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen (§ 30 EStG) zu den sonstigen Einkünften. Private Grundstücksveräußerungen sind Veräußerungsgeschäfte von Grundstücken, soweit sie keinem Betriebsvermögen angehören (§ 30 Abs. 1).

Als Einkünfte ist grundsätzlich der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös und den Anschaffungskosten anzusetzen (§ 30 Abs. 3).

Nach § 30 Abs. 4 Z 2 EStG sind, soweit Grundstücke am nicht steuerverfangen waren, der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös und den mit 86% des Veräußerungserlöses anzusetzenden Anschaffungskosten als Einkünfte anzusetzen.

Für private Grundstücke ist für die Frage der Steuerverfangenheit auf die bisherige Spekulationsfrist iSd. § 30 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG vor dem 1. Stabilitätsgesetz 2012 abzustellen (10 Jahre). Damit ergibt sich in der Regel als maßgeblicher Anschaffungs(stich)tag der 31.3./.

Ein Grundstück gilt als am nicht steuerverfangen iSd. § 30 Abs. 4 EStG (und sohin als "Altvermögen"), wenn an diesem Tag die Spekulationsfrist iSd. § 30 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG vor dem 1. Stabilitätsgesetz 2012 abgelaufen war (vgl. , Rz 36). Soweit Grundstücke vor dem angeschafft wurden, liegt somit "Altvermögen" vor. Hingegen gilt ein Grundstück als "Neuvermögen", wenn es am steuerverfangen war oder nach dem angeschafft wurde (s. dazu Jakom/Kanduth-Kristen, EStG 2015, § 30 Rz 47, mwN).

Für die Einkünfteermittlung ist sohin maßgeblich, ob ein Grundstück des "Neuvermögens" oder des "Altvermögens" veräußert wird.

Für die zeitliche Zuordnung des Anschaffungsvorganges ist grundsätzlich das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft maßgeblich (s. zB Jakom/Kanduth-Kristen, aaO, § 30 Rz 19ff.).

Ausnahmsweise kommt es dann nicht auf den Zeitpunkt des förmlichen Kaufvertragsabschlusses an, wenn die Vertragsparteien bereits vorher eine bindende Vereinbarung (zB Vorvertrag; Punktation, vgl. ) geschlossen haben, aufgrund derer das wirtschaftliche Eigentum übergeht bzw. dem Berechtigten die wirtschaftliche Stellung eines Käufers verschafft wird. Hiezu bedarf es einer beide (!) Vertragsparteien bindenden, einen späteren Kaufvertrag wirtschaftlich vorwegnehmenden Vereinbarung (vgl. ).

Ein (auch unwiderrufliches) Kaufanbot, eine bloße Kaufoption oder die Einräumung eines Vorkaufsrechtes sind hiefür nicht ausreichend (; ; sowie mwN).

Eine Option ist ein Vertrag, durch den einem Vertragsteil das Recht eingeräumt wird, ein inhaltlich bereits festgelegtes Schuldverhältnis durch einseitige Erklärung in Geltung zu setzen (, SZ 67/137). Das einseitige Rechtsgeschäft kommt durch die Abgabe einer einseitigen Erklärung zustande (Fellner, GrESt 15 Lfg., § 1 Rz 112). Da bei Optionsgeschäften das relevante Verpflichtungsgeschäft erst bei Ausübung der Option zustande kommt, gilt bei Ausübung einer vor dem eingeräumten Option nach dem die neue Rechtslage für Grundstücksveräußerungen (Unger in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG § 30).

Angesichts dieser Rechtslage konnte das Finanzamt im Beschwerdefall zu Recht davon ausgehen, dass die maßgebliche Anschaffung der Liegenschaft durch den Bf. (erst) im Jahr 2008 erfolgt ist:

Die Verkäufer standen dem Bf. auf Grund des Anbotes vom zwar - innerhalb einer festgelegten Frist - im Wort. Mit diesem Anbot lag jedoch keine (auch) den Bf. bindende Vereinbarung, auf Grund derer A und B ihrerseits auf Abschluss eines Kaufvertrages hätten dringen können, vor. Aus dem Inhalt des Anbotes geht klar hervor, dass darin nur ein Recht des Bf. auf Erwerb der Liegenschaftshälfte (bei Einhaltung der genannten Fristen) festgehalten wurde. Eine beide Vertragsparteien bindende, einen späteren Kaufvertrag wirtschaftlich vorwegnehmende Vereinbarung war nicht gegeben (s. nochmals insbes. ).

Ohne jeden Zweifel war der Bf. auf Grund dieses Anbotes auch (noch) nicht in der Lage, maßgebliche sachenrechtliche Verfügungen in Hinblick auf diese Liegenschaftshälfte zu treffen. Es trifft daher nicht zu, dass dem Bf. auf Grund des Anbotes vom bereits eine eigentümerähnliche Stellung zugekommen wäre, die sein wirtschaftliches Eigentum am zweiten Hälfteanteil begründen hätte können.

An dieser Beurteilung vermögen auch die im zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit dem Anbot vom getroffenen weiteren Vereinbarungen (Darlehensvertrag, Pfandbestellung) nichts zu ändern. Eine beide Vertragsseiten bindende (gegenseitige) Vereinbarung lag bezüglich der zweiten Liegenschaftshälfte unzweifelhaft nicht vor.

Darauf hinzuweisen ist zudem, dass der Bf. sowohl auf Grund des Anbotes vom als auch auf Grund des Kaufvertrages vom erst ab dem Zeitpunkt der Annahme des Anbotes bzw. mit Abschluss des Kaufvertrages "in den faktischen Besitz und Genuss der verkauften Liegenschaftsanteile" eintreten und erst "von da an Wag und Gefahr" tragen sollte (s. jeweils Punkt II. 2. der genannten Urkunden). Dies spricht ebenfalls klar gegen den früheren Erwerb des wirtschaftlichen Eigentums.

Der Bf. führt (im Beschwerdeschriftsatz) zunächst aus, eine Eigentumsübertragung sei aus rechtlichen Gründen, nämlich auf Grund der bestehenden fideikommissarischen Substitution, nicht möglich gewesen In seiner ergänzenden Eingabe an das revidiert er diese Ansicht und vermeint, die Vorerben hätten das belastete Vermögen zwar veräußern können, wären jedoch in weiterer Folge verpflichtet gewesen, einen allfälligen Veräußerungserlös an die Begünstigten weiterzugeben.

Tatsache ist, dass im vorliegenden Fall über die konkrete inhaltliche Ausgestaltung der gegenständlichen fideikommissarischen Substitution (etwa, ob sie an eine Bedingung oder eine Befristung geknüpft war) nichts bekannt ist. Für die steuerliche Beurteilung kann es jedoch hier ohnehin dahingestellt bleiben, ob ein Eigentumsübergang an den Bf. bereits im Jahr 1994 rechtlich möglich gewesen wäre oder nicht:

Sollte infolge der rechtlichen Ausgestaltung der fideikommissarischen Substitution tatsächlich eine Veräußerung durch die Vorerben (ohne Mitwirkung der eingesetzten Nacherben) möglich gewesen sein, steht dem der Umstand entgegen, dass eine solche - unbestritten - dennoch nicht erfolgt ist, sondern eben lediglich das eingangs dargestellte Vertragskonstrukt (Anbot, Darlehen, Pfandbestellung) gewählt wurde. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Der Bf. wollte sich nicht dem Risiko aussetzen, einen Liegenschaftsanteil zu erwerben, den er in der Folge bei Eintritt des Substitutionsfalles an die Nacherben wieder herausgeben muss. Eine derartige Vorgangsweise wäre aus Sicht des Bf. wirtschaftlich nicht sinnvoll gewesen.

Es ist aber vielmehr ohnehin davon auszugehen, dass eine Übertragung an den Bf. - ohne Mitwirkung der Nacherben - (schon) im Jahr 1994 rechtlich nicht möglich war:

Gemäß § 608 ABGB idF BGBl. I 43/2016 soll bei der fideikommissarischen Substitution einem eingesetzten oder gesetzlichen Erben (Vorerbe) ein anderer Erbe (Nacherbe) folgen. Der Nacherbe ist Erbe und somit Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers. Typischerweise ist der Nacherbfall (Substitutionsfall) der Zeitpunkt des Todes des Vorerben. Mit Eintritt des Substitutionsfalles endet das Erbrecht des Vorerben und der Nacherbe erwirbt das Vollerbrecht. In dem Zeitraum zwischen Einantwortung auf den Vorerben und Substitutionsfall ist der Vorerbe Eigentümer, dessen Recht jedoch eingeschränkt ist. Die Einschränkung besteht einerseits darin, dass das Eigentumsrecht des Vorerben, je nach Gestaltung des Substitutionsfalles, auflösend befristet oder bedingt ist (vgl. ). Andererseits ergibt sich aus § 613 ABGB, dass der Vorerbe als Eigentümer, mit den Rechten und Pflichten eines Fruchtnießers ausgestattet ist. Der Vorerbe darf das Substitutionsgut nutzen und Früchte ziehen, muss aber - wie ein Fruchtnießer - die Substanz schonen. Somit steht dem Vorerben kein freies Verfügungsrecht über die Substanz zu und unterliegt zu Gunsten des Nacherben einem absolut wirkenden Veräußerungs- und Belastungsverbot (Eccher in Schwimann/Kodek, ABGB Praxiskommentar4 (2012) zu §§ 608, 613 ABGB).

Insgesamt ist das Eigentumsrecht zwischen Vorerben und Nacherben funktionell geteilt. Beide zusammen haben die Rechtsstellung des Vollerben und Volleigentum. Sie können gemeinsam die Substitution aufheben und einschränken, und der Vorerbe kann mit Zustimmung des Nacherben über die Substitutionsmasse verfügen. Ein sachenrechtlicher Akt, welcher die Rechtsstellung des Nacherben beeinträchtigt, ist auch gegenüber Dritten nichtig (zB "Kapfer", ABGB 35. Auflage, § 613 E. 3ff.; Koziol - Welser, Bürgerliches Recht II, 8. Auflage, 340f.).

Im gegenständlichen Fall wird ein weitgehender Kauf- und Bindungswille des Bf. vom Bundesfinanzgericht keineswegs in Abrede gestellt. Allerdings übersieht der Bf., dass die Aufgabe des faktischen Besitzanspruches der Vorerben für die Begründung des wirtschaftlichen Eigentums nicht ausreichend ist. Auch wenn der Bf. das Grundstück gebrauchen, verändern und die Eigentümer - weitestgehend - von der Nutzung ausschließen konnte, so hätte dennoch die Möglichkeit (Gefahr) bestanden, dass der Nacherbsfall eintritt. Durch die bücherliche Eintragung der fideikommissarischen Substitution wäre, im Substitutionsfall, der Wille der Verkäufer (Vorerben) hinter die Rechte der Nacherben gerückt. Wäre dieser Fall eingetreten, hätte der Beschwerdeführer keine (rechtlich durchsetzbare) Möglichkeit mehr gehabt, das Anbot anzunehmen.

Wirksame Verfügungen über die (zweite) Liegenschaftshälfte hätten die Verkäufer (bzw. Vorerben) allenfalls gemeinsam mit den Nacherben treffen können. Dass dies im Beschwerdefall erfolgt wäre, geht weder aus den vorliegenden Verträgen hervor, noch wurde dies vom Bf. behauptet.

Daher geht auch der Verweis des Bf. (in der ergänzenden Eingabe vom ) auf , fehl: In diesem Erkenntnis bestätigt der VwGH obige Ausführungen, nämlich dass eine Veräußerung des Nachlassvermögens durch den Vorerben ohne Zustimmung des Nacherben nicht möglich ist. Im do. Erkenntnisfall waren potenzielle Nacherben (noch) nicht vorhanden. Deren grundsätzlich erforderliche Zustimmung zur Veräußerung des Substitutionsgutes wurde daher durch die gerichtliche Genehmigung des zugrunde liegenden Kaufvertrages ersetzt. Der diesem Erkenntnis zugrunde liegende Sachverhalt weicht daher maßgeblich vom hier zu beurteilenden Beschwerdefall ab.

Ohne Mitwirkung bzw. Zustimmung der potenziellen Nacherben war es den Vorerben A und B im Jahr 1994 (zu Lebzeiten der Nacherben) rechtlich nicht nur unmöglich, dem Bf. das zivilrechtliche Eigentum an der (zweiten) Liegenschaftshälfte zu übertragen, sondern auch ihm eine eigentümerähnliche Stellung und damit das wirtschaftliche Eigentum daran einzuräumen.

Daher hinderte das Bestehen der fideikommissarischen Substitution die Begründung von (zivilrechtlichem sowie auch wirtschaftlichem) Eigentum auf Seiten des Bf.

Das relevante Verpflichtungsgeschäft ist daher erst mit Ausübung der Option am zustande gekommen, somit ist die nach dem anzuwendende Rechtslage maßgeblich. Das Grundstück gilt als am steuerverfangen iSd. § 30 Abs 4 EStG, da an diesem Tag die Spekulationsfrist iSd. § 30 Abs 1 Z 1 lit a. EStG vor dem 1. Stabilisationsgesetz 2012 noch nicht abgelaufen war. Es wurde hinsichtlich der strittigen Liegenschaftshälfte Neuvermögen veräußert und die Beschwerde war somit als unbegründet abzuweisen.

Zur Revision:

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Der VwGH hat bereits mehrfach judiziert, dass ein Kaufanbot oder die Einräumung einer Kaufoption noch kein wirtschaftliches Eigentum zu begründen vermögen (s. ; sowie , 3294/80). Dass die Übertragung von mit einer fideikommissarischen Substitution belasteten Wirtschaftsgütern - ohne Mitwirkung der Nacherben - nicht möglich ist, ergibt sich aus den einschlägigen Regelungen des ABGB (§§ 608ff., insbes. § 613 ABGB), hat aber zB auch der VwGH in seinem Erkenntnis vom , 2320/74, ausgesprochen.

Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung lag sohin nicht vor.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Schlagworte
Anschaffungsvorgang
Neuvermögen
Altvermögen
wirtschaftliches Eigentum
Verweise
Zitiert/besprochen in
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.2100166.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at