Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 31.07.2019, RV/6100821/2015

Tätigkeiten von Treugeberkommanditisten als nichtselbständige Tätigkeiten

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter

A

in der Beschwerdesache

BF

vertreten durch

StB

gegen

FA

vertreten durch

AB

wegen

behaupteter Rechtswidrigkeit der Bescheide vom betreffend Haftung für Lohnsteuer 2009-2012, Dienstgeberbeitrag 2009-2012 und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2009-2012

nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am und am zu Recht erkannt: 

1. Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

2. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Bei der BF fand im Jahr 2013 eine GPLA-Prüfung über die Jahre 2009-2012 statt. Dabei stellten die Prüfer neben anderen, im gegenständlichen Verfahren nicht strittigen Punkten fest, dass in jedem der vier Prüfungsjahre neben den von der BF gemeldeten Dienstnehmern weitere Personen als Dienstnehmer anzusehen seien, die als Treugeber Kommanditisten der XY KG (in der Folge KG) gewesen seien und für die BF bei Arbeitsspitzen in Heimarbeit einzelne Arbeiten im Produktionsprozess übernommen hätten. Diese Personen übten ihre Tätigkeiten teilweise neben ihrem Dienstverhältnis zur BF, zum überwiegenden Teil aber ohne ein Dienstverhältnis zur BF aus.

Aus dem Gesamtbild des Sachverhaltes gehe hervor dass die vorgeblich an der KG Beteiligten nicht ein Werk, sondern wie Dienstnehmer ihre Arbeitskraft schulden würden.

Der Treugeber bzw. Beteiligte sei dem Willen des Auftraggebers (der BF) in gleicher Weise unterworfen, wie dies bei einem Dienstnehmer (der BF) der Fall sei. Es sei davon auszugehen, dass der Sachverhalt bei allen an der KG beteiligten Personen gleich gelagert sei.

Trotz schriftlichem Treuhandvertrag, Gewerbeschein, Anmeldung zur Sozialversicherung der selbständig Erwerbstätigen, Ansuchen um Vergabe einer Steuernummer und UID-Nummer sei das tatsächliche verwirklichte Gesamtbild der vereinbarten Tätigkeit von Bedeutung, wobei auch der im Wirtschaftsleben üblichen Gestaltungsweise Gewicht beizumessen sei.

Das FA erließ in weiterer Folge am auf Basis dieses Berichtes Haftungsbescheide für Lohnsteuer, sowie Bescheide für den Dienstgeberbeitrag zum FLAF und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2009 – 2012.

Diese Bescheide wurden letztlich mit Erkenntnis des gemäß § 279 Abs. 1 BAO ersatzlos behoben.

Das FA erließ darauf mit neuerlich Haftungsbescheide für Lohnsteuer, sowie Bescheide für den Dienstgeberbeitrag zum FLAF und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2009 – 2012, schrieb die Abgaben in gleicher Höhe wieder vor und begründete diese Vorschreibungen nach den §§ 201 Abs. 2 Z 3 BAO bzw. 202 Abs. 1 BAO auf rund neun Seiten. Inhaltlich entsprach diese Begründung im Wesentlichen der o.a. Begründung des Berichtes unter Anführung der Umstände, die das FA als neue Sachverhalte bzw. Beweismittel im Sinne des § 201 Abs. 2 Z. 3 BAO iVm. § 303 BAO ansah.

Auch gegen diese Bescheide erhob die BF durch ihren ausgewiesenen steuerlichen Vertreter fristgerecht Beschwerde, beantragte die Direktvorlage an das BFG und begründete diese im Wesentlichen damit, dass niemals behauptet worden sei, dass die Treugeber (Kommanditisten) ein Werk erbracht hätten, sie brächten ihre Arbeitsleistung in die KG ein. Es sei auch nicht richtig, dass der Auftraggeber (die BF) die Kommanditisten einem Dienstnehmer gleich ihrem Willen unterworfen habe. Vielmehr habe die BF die KG beauftragt Werkstücke zu veredeln, wobei bei Mängeln diese auf Kosten der KG behoben hätten werden müssen. Die Treuhandverträge seien dem FA vom Beginn der Tätigkeit der KG vorgelegen, weswegen keine neuen Beweismittel vorlägen.

Was die Erklärung der BF und der KG (Anerkennung der Zurechnung der Treugeber als Dienstnehmer der BF) bei der Vorprüfung betreffe, so hätten beide Unternehmen lediglich unpräjudiziell einem Vergleich zugestimmt ohne auf ihren Rechtsstandpunkt zu verzichten.

Lohnkonten der Kommanditisten hätten den Prüfer nicht übergeben werden können da keine Lohnkonten der Kommanditisten zu führen gewesen seien. Zur Begründung des Ermessens werde angeführt, dass lediglich die Einbringlichkeit von Zusatzabgaben die Ausstellung des Haftungsbescheides bewirkt habe.

Die BF bediene sich mehrerer Unternehmen zur Veredelung von Werkstücken. Die Auslastungsspitzen seien keine personellen Engpässe sondern räumliche Engpäasse gewesen. In den Jahren 2009 bis 2011 sei kein Kommanditist auch Dienstnehmer der BF gewesen, im Jahr 2012 lediglich elf Personen. Das FA habe die Werkstätten der Kommanditisten und deren Maschinen nicht besichtigt; Ansprechpartner der BF sei naturgemäß der Komplementär der KG gewesen; die Abrechnung nach Stückzahlen sei zwischen der KG und ihren Auftraggebern erfolgt, nicht bei der Gewinnverteilung der KG; bei Arbeitsgesellschaftern sei der Gewinn nicht von vorne herein diesen zuzuordnen. Diese hätten lediglich vorweg genehmigte Entnahmen enthalten, die Gewinnanteile seien ihrem Kapitalkonto dann zugeschlagen worden. Einheitliche und gesonderte Feststellungen der Einkünfte seien eingereicht worden. Es habe sich nicht um „zu leistende Überstunden“ gehandelt.

Eine Entlohnungspraxis zwischen Treuhänder und Treugeber habe es nicht gegeben.

Mit Beschluss des Geschäftsverteilungsausschusses vom wurde dieser Beschwerdefall gemäß § 9 Abs. 9 BFGG der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung zur Entscheidung zugewiesen.

In der am vor Ort durchgeführten mündlichen Verhandlung führten die Parteien des Verfahrens Folgendes aus:

Der steuerliche Vertreter führte unter Bezugnahme auf seine bisherigen Schriftsätze im BP- und im Beschwerdeverfahren nochmals zusammengefasst aus, dass nach seinem Verständnis kein Wiederaufnahmegrund nach § 303 BAO iVm § 201 Abs. 2 Z 1 BAO vorliege, da alle Rechtsverhältnisse der FA-Verwaltung gegenüber vor Beginn der Tätigkeit der KG offengelegt gewesen wären. Es lägen somit keine neuen Tatsachen für dieses Verfahren vor.

Weiters liege keine Umgehungshandlung im Sinne der BAO vor, da außensteuerliche Gründe für diese Gestaltung ausschlaggebend gewesen seien. Zum damaligen Zeitpunkt hätten Schwierigkeiten bestanden, dass Personen aus Bosnien Arbeitsbewilligungen und Gewerbeberechtigungen erhalten könnten. Es habe jedoch eine größere Anzahl von Personen gegeben, die sich mit derartigen Tätigkeiten selbständig machen wollten und die auch eine Aufenthaltsbewilligung in Österreich gehabt hätten. Zudem seien die Kommanditisten in aufrechten Arbeitsverhältnissen bei anderen Unternehmen gewesen und hätten auf diese Art und Weise über die Grenzen der Arbeitszeitregelung hinaus tätig sein können. Personen hätten auf diese Art und Weise 16 bis 17 Stunden gearbeitet, um Geld zu verdienen. Dies sei auch unter dem Hintergrund des Bosnienkrieges zu sehen (Unterstützung der Familien bzw. Familiennachzug).

Er habe für die KG versucht diese Konstruktion mit dem AMS betreffend die Frage der Arbeitsbewilligungen abzuklären, habe aber trotz mehrfacher Urgenz keine Antwort erhalten. Mit der GKK und auch der SVA habe er diese Konstruktion der KG ebenfalls abgeklärt. Er lege dazu sowohl sein Schreiben als auch die Antworten der Wiener GKK (die SGKK und die OEGKK hat mir darauf nicht geantwortet) und der SVA vor.

In der Zwischenzeit sei die KG stillgelegt und diese Arbeiten in ein Unternehmen nach Bosnien ausgelagert worden.

Er verweise darauf, dass in diesem GPLA-Verfahren auch das Parteiengehör nicht gewahrt worden sei. Er habe dem Prüfer mehrfach angeboten ihm die Werkstatt des C zu zeigen in der dieser seine Tätigkeit für die KG ausgeübt habe. Dieser sei leider in der Zwischenzeit verstorben. Diesem Beweisanbot sei der Prüfer nicht gefolgt, obwohl er bereits vor Ort gewesen sei.

Zudem seien nach seiner Ansicht – sofern man Dienstverhältnisse der Kommanditisten unterstellen wollte, was er ausdrücklich in Abrede stelle – diese Dienstverhältnisse bei der KG selbst und nicht bei der BF zu erfassen, was in eventu beantragt werde.

Die Einkunftsanteile der einzelnen treuhändigen Kommanditisten seien durch die Bank unter der Geringfügigkeitsgrenze gelegen. Die Vorschreibung von Lohnsteuer die nach seiner Erinnerung durch die GPLA erfolgt sei, sei somit auch der Höhe nach falsch.

Über Nachfrage durch den AB warum die Nichtfeststellung bei der KG in den Jahren 2009 bis 2012 nicht bekämpft worden sei, obwohl man doch von einer einheitlichen und gesonderten Feststellung ausgegangen sei führt der steuerliche Vertreter an, dass dies damals nicht in seinem Fokus gestanden habe. Er habe die Erklärungen immer wahrheitsgetreu abgegeben, das FA habe dazu die Bescheide erlassen.

Die Anerkennung der Dienstverhältnisse der Kommanditisten bei der BF in der GPLA-Prüfung für die Jahre 2006 bis 2008 sei nicht durch ihn erfolgt, er sei damals in Afrika gekidnappt worden. Den Abschluss der Prüfung habe damals sein Vertreter durchgeführt.

Die Jahresabschlüsse/Steuerklärungen der KG von 2009 bis 2012 könne er nur für die Jahre 2011 bis 2012 vorlegen, 2010 liege nur mehr fragmentarisch vor.

Die Gewinnverrechnung  sei in den einzelnen Jahren (am Bsp. der Kapitalkonten 2011 und 2012) so erfolgt, dass die Kapitalkonten am Ende des Jahres auf null gestellt worden seien. Die genehmigten Entnahmen während des Jahres seien in etwa in Höhe der späteren Gewinnanteile gewesen, allenfalls sei aufgerundet worden. Die genehmigten Entnahmen seien bereits unter dem Jahr abschätzbar gewesen, da sie sich nach dem Arbeitseinsatz (Stunden und Stückzahl) gerichtet hätten. Es habe geringfügige Differenzen zw. den genehmigten Entnahmen und den tatsächlichen Gewinnanteilen gegeben, die der Komplementär aber nicht zurückgefordert habe.

Generell sei anzuführen, dass das Treuhandverhältnis in der KG aus Kostengründen eingegangen worden sei. Durch den häufigen Wechsel der Kommanditisten hätten sich sonst immense Kosten ergeben. Die Verträge für die in den Jahren 2009 bis 2012 tätigen Kommanditisten selbst lägen beim Unternehmen und würden nachgereicht. Die Frage, ob sich aus diesen Verträgen Beginn und Ende der Tätigkeit ergebe blieb daher offen.

Er werde versuchen die Aufzeichnungen der Kommanditisten als Basis der Gewinnverteilung nachzureichen, er sei sich aber nicht sicher ob diese noch vollständig vorhanden seien, da sie im Regelfall nach Durchführung der Abrechnungen weggeworfen worden seien. Der Ablauf sei so gewesen, dass der Kommanditist mit den von ihm bearbeiteten Werkstücken zum Komplementär gekommen sei und seine Abrechnung vorgelegt habe. Dieser habe auf Grund seiner Fachkenntnis dies dann überprüft und allenfalls richtig gestellt. Der ehemalige Komplementär führte aus, dass dies bei der Vereinbarung von Stückzahlen ohnedies kein Problem gewesen sei. Es habe aber auch darüber hinaus aus seiner Erinnerung nie ein Problem ergeben.

Alle Kommanditisten hätten mit eigenen Betriebsmitteln gearbeitet. Diese hätten z.B. Schleifbänder und Schleifböcke sowie z.B. Standbohrmaschinen und für die Montage Montagewerkzeuge umfasst. C habe eine deutlich umfangreichere Ausstattung gehabt hat, z.B. Schweißgeräte und Ähnliches für andere Arbeiten.

Befragt dazu, wo sich die Berücksichtigung der Betriebsmittel im Jahresabschluss der KG bzw. der Steuererklärung finde führte der steuerliche Vertreter aus, dass er dies den Kommanditisten immer wieder beginnend beim Erstgespräch gesagt und sie auf die Notwendigkeit eines Nachweises hingewiesen habe. Er habe jedoch von keinem Kommanditisten dazu Unterlagen erhalten, die er als Sonderbetriebsausgaben berücksichtigten konnte. Dies habe sowohl Betriebsmittel, als auch Reisekosten und Telefonkosten und dgl. betroffen, obwohl er sie immer wieder darauf hingewiesen habe und nachgefragt habe.

Er sei auf Grund der Aussagen der Geschäftsleitung davon ausgegangen, dass in den Jahren 2009 bis 2011 keine bei der BF beschäftigten Dienstnehmer auch Kommanditisten der KG gewesen seien. Die Lohnverrechnung werde nicht in seiner Kanzlei gemacht.

In den Jahren 2009 bis 2012 sei die KG nur für die BF tätig gewesen. In den Jahren davor gab es auch andere Auftraggeber, hauptsächlicher Auftraggeber sei auch in den Jahren davor die BF gewesen. Der Komplementär der KG führte dazu aus, dass es sich nach seiner Erinnerung  dabei um die Firmen X GmbH, Y GmbH und Z GmbH gehandelt habe. Dazu möglicherweise noch vorliegende Unterlagen, würden nachgereicht.

Neue Auftraggeber der KG seien nur für Arbeiten in einem bestimmten Spektrum in Frage gekommen. Dies sei einer laufenden Änderung unterlegen und habe von der Größe her Teile betroffen die mit dem PKW oder dem Anhänger zu den Kommanditisten kommen konnten. Daher hätten diese Teile ein gewisses Gewicht und eine gewisse Größe nicht übersteigen können. Es habe sich dabei auch um „wiederkehrende Teile“ handeln müssen um den Einschulungsaufwand überschaubar zu halten. Die Einschulung habe der zuständige Vorarbeiter in der BF z.B. für das Entgraten von Teilen oder auch die Montagetätigkeiten gemacht.

Die Abrechnung von Reklamationen zwischen der BF und der KG sei so erfolgt, dass der zuständige Vorarbeiter der BF diese Teile stichprobenartig kontrolliert habe. Sollten dabei Probleme oder Fehler aufgetreten sein, seien diese Teile dem Kommanditisten zurückgestellt worden, der diese Teile auf eigene Kosten habe nachbessern müssen. Dies sei häufig auf kurzem Wege mündlich passiert bzw. per Mail oder per Fax. Ob diese Unterlagen noch vorlägen könne er nicht sagen, es habe aber nur eine geringe Anzahl von Reklamationen gegeben. Er sei damit auch nicht immer befasst worden.

Befragt zu den im Akt erliegenden Niederschriften im Jahr 2013 führt der Komplementär aus, dass er die Rückmeldung von den befragten Personen  bekommen habe, dass dort sehr massiv aufgetreten worden sei. Nach seiner Erinnerung sei z.B. die Drohung ausgesprochen worden, dass die befragten Personen dann abgeschoben werden würden und er sei von den Kommanditistinnen und Kommanditisten beschuldigt worden, sie in eine Situation gebracht zu haben in der sie in kriminelle Aktivitäten eingebunden worden seien. Für ihn seien mit derartigen Befragungen rechtsstaatliche Grundsätze verletzt worden.

Der steuerliche Vertreter führt ergänzend aus, dass neben der KG im Prüfungszeitraum noch weitere Unternehmen mit derartigen Aufträgen, Auslagerung der Bearbeitung von Kleinteilen beauftragt worden seien und legte dazu Unterlagen vor.

In der am fortgesetzten mündlichen Verhandlung führten die Parteien des Verfahrens Folgendes aus:

Der steuerliche Vertreter führt aus, dass die in Frage stehenden Treuhandverträge nicht mehr auffindbar gewesen seien, was  möglicherweise mit der Übersiedelung der BF zusammenhänge. Im Zeitraum der GPLA-Prüfung seien diese Verträge vorgelegen und seien dem Prüfer auch vorgelegt worden. Praktisch sei das so abgelaufen, dass die Interessierten zu ihm gekommen seien und vor Beginn der Treuhandschaft ein ca. einstündiges Gespräch geführt worden sei in dem sie über ihre Rechte und Pflichten aufgeklärt worden seien. (insbesondere Steuerrecht, Sozialversicherungsrecht und Gesellschaftsrecht). Wenn ein Treugeber seine Gesellschafterstellung beenden wollte, sei dies sehr oft auf telefonischem Wege passiert, wenig schriftlich und relativ häufig hätten sich diese Personen auch gar nicht gemeldet bzw. erst dann, wenn sie vom FA aufgefordert worden seien, dass sie ihre Steuererklärung abgeben sollten. Für die Erstellung der Steuererklärungen seien nur jene Personen, die in diesem Jahr Einkünfte erzielt hatten, in die Steuerklärung aufgenommen worden. Es sei durchaus denkbar gewesen, dass einzelne Personen ein Jahr pausiert hätten ohne das die Treuhandschaft deswegen beendet worden wäre. Bei einigen der Treugeber habe er die steuerliche Vollmacht gehabt, aber nicht bei allen.

Auch die in der mündlichen Verhandlung vom angefragten Aufzeichnungen über Gewinnverteilung an die Kommanditisten könnten aus den gleichen Gründen nicht vorgelegt werden. Auch diese Unterlagen seien vorgelegen, seien bei der Prüfung auch vorgelegt worden, sie seien jedoch derzeit nicht mehr im Unternehmen vorhanden. Er habe für jedes Jahr vom Unternehmen nur eine Summe pro Person und keine detaillierten Stundenlisten vom Unternehmen für die Erstellung der Steuererklärung erhalten.

Die in der mündlichen Verhandlung vom abgefragten Unterlagen welche Auftraggeber die KG gehabt habe, habe er nicht erhalten. Allerdings seine sowohl die X GmbH als auch die Z GmbH mit der BF gesellschaftsrechtlich verflochten.

Die in der mündlichen Verhandlung vom angefragten Aufzeichnungen, wie mit Nachbesserungen umgegangen wurde, seien für den Prüfungszeitraum nicht mehr vorhanden.

Zur Offenlegung der Steuerbemessungsgrundlagen führte der steuerliche Vertreter aus, dass die FA-Verwaltung auch diese Grundlagen der KG eins zu eins für die Vorschreibung der Lohnabgaben bei der BF herangezogen habe. Ein offener Ausweis bei der BF sei deswegen nicht erfolgt, weil es sich ja nach seiner Ansicht nicht um Dienstnehmer der BF gehandelt habe. Der FA-Verwaltung waren jedoch die Bemessungsgrundlagen über die Tangenten der KG bekannt und wurden wie oben gesagt auch übernommen. Nach der Rechtsansicht der BF  wäre ein Ausweis in den Lohnkonten der BF abstrus gewesen.

Über Nachfrage durch den Richter an die Vertreter des FA, für welche der in Frage stehenden Kommanditisten nicht nur DB und DZ, sondern auch Lohnsteuer vorgeschrieben wurde, führen die Vertreter des FA aus, dass eine Vorschreibung von Lohnsteuer nur dann erfolgt sei, wenn entweder die Bemessungsgrundlage für sich alleine über der Grenze des Eingangssteuersatzes befand. Dies traf die Personen, die nicht schon grundsätzlich bei der BF als Arbeitnehmer tätig waren. Bei Personen, die bereits Arbeitnehmer der BF gewesen seien, sei ersichtlich dass es eine alte Bemessungsgrundlage und eine Hinzurechnung gegeben habe.

Über Nachfrage des steuerlichen Vertreters, ob bei der Berechnung der monatlichen Grenze nach dem Entstehen der Ansprüche oder dem monatlichen Zufluss vorgegangen wurde, führen die Vertreter des FA aus, dass dies nur so nachvollzogen werden könne, dass der Anteil der in diesem Jahr bei der KG als Gewinnanteil erfasst worden sei, in diesem Jahr auch für die Lohnsteuerbemessung herangezogen worden sei.

Das BFG hat dazu erwogen:

Gemäß § 9 Abs. 9 BFGG kann der Geschäftsverteilungsausschuss einer Einzelrichterin oder einem Einzelrichter oder Senat eine ihr oder ihm zufallende Rechtssache durch Verfügung abnehmen, wenn die Einzelrichterin oder der Einzelrichter oder Senat verhindert oder wegen des Umfangs ihrer oder seiner Aufgaben an deren Erledigung innerhalb einer angemessenen Frist gehindert ist. Auf Grund des im Verfahrensgang dargestellten Beschlusses des Geschäftsverteilungsausschusses ist sohin die  nun zur Entscheidung des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens berufene Gerichtsabteilung zuständig.

Das BFG legt seiner Entscheidung den folgenden Sachverhalt zu Grunde:

Zur Frage des Vorliegens neuer Tatsachen bzw. Beweismittel nach § 201 Abs. 2 Z. 3 BAO:

Im Jahr 2008 fand bei der BF eine Nachschau gemäß § 144 BAO statt, bei der die Nachschauorgane feststellten, dass der Geschäftsführer der BF gemeinsam mit dem steuerlichen Vertreter eine KEG bzw. eine KG gegründet habe, über die Personen, die bei der BF angestellt waren, als Arbeitsgesellschafter auftreten würden. Aus dem Gesamtbild der Verhältnisse (beispielsweise Entscheidung über Annahme oder Ablehnung von Werkstücken, Kalkulation der Kosten durch den GF oder Vorarbeiter der BF) ergebe sich jedoch, dass diese Personen kein Werk sondern ihre Arbeitsleistung schulden würden und dementsprechend als Arbeitnehmer der BF der Lohnsteuer, dem Dienstgeberbeitrag und dem Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag unterliegen würden. Die Organe der BF erklärten sich damit einverstanden, dass die Nachverrechnung dieser Abgaben für die Jahre 2004-2007 durch das FA erfolgt. Weiters sagten sie zu, für das Jahr 2008 die anfallenden Lohnabgaben durch die BF abzuführen und ab dem Jahr 2009 die an der KEG beteiligten Treugeber als Dienstnehmer bei der BF zu erfassen. Die Tätigkeit der KEG werde mit Ende 2008 beendet.

Dies ergibt sich aus der Niederschrift über die Nachschau zu AB Nr. ***/08.

Die KEG führte die in den Jahren bis 2008 ausgeübte Tätigkeit in der Rechtsform einer KG auch in den Jahren 2009-2012 weiter. Wie in den Vorjahren wurden Metallbearbeitungen von verschiedenen Personen für die BF ausgeführt. Diese Leistungen wurden über die KG abgerechnet und  durch die BF bezahlt. Die verschiedenen Personen, die derartige Metallbearbeitungen durchgeführt hatten, erhielten wie in den Vorjahren nach Maßgabe der Menge der von Ihnen für die BF bearbeiteten Stücke und in Einzelfällen nach Maßgabe der von ihnen erbrachten Leistungen Entgelte überwiesen, die als Entnahmen aus der KG behandelt wurden. In Höhe dieser Entnahmen wurden die Gewinnanteile der Kommanditisten für das jeweilige Jahr festgelegt. Diese Kommanditisten waren im Zeitraum 2009-2012 zum Teil Arbeitnehmer der BF, daneben erbrachten auch Personen Arbeitsleistungen in der oben genannten Form, die nicht Arbeitnehmer der BF, sondern Arbeitnehmer anderer Unternehmen, Karenzgeldbezieher oder arbeitslos Gemeldete waren. Dies ergibt sich aus dem diesem Beschwerdeverfahren vorgeschalteten GPLA-Prüfungsverfahren zu ABNr. ****/12 sowie aus den Datenbanken der Finanzverwaltung  betreffend die einzelnen, in den Jahren 2009-2012 als Arbeitsgesellschafter der KG erfassten Personen.

Eine Erfassung dieser Arbeitsgesellschafter der KG mit ihren über die KG abgerechneten Einkunftsanteilen als Dienstnehmer der BF bzw. die Abführung von Lohnabgaben für diese Personen ist in den Jahren 2009-2012 nicht erfolgt. Dies ergibt sich aus den Feststellungen zum GPLA-Prüfungsverfahren zu ABNr. ****/12 und den Ausführungen der BF und ihres steuerlichen Vertreters im gegenständlichen Beschwerdeverfahren.

Der Umstand, dass diese Personen mit diesen Einkünften in der Selbstberechnung der Lohnabgaben durch die BF nicht aufschienen bzw. nur mit ihren (neben den Einkünften bei der KG anfallenden) nichtselbständigen Einkünften bei der BF aufschienen und wurde bei der oben angeführten GPLA-Prüfung der BF zu ABNr. ****/12 offenkundig.

In rechtlicher Hinsicht ist zu dieser Frage im Verfahren Folgendes auszuführen:

Gemäß § 201 Abs. 1 BAO … muss ... bei Abgaben, bei denen die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung durch den Abgabepflichtigen anordnen oder gestatten … nach Maßgabe des Abs. 3 … von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, der Abgabenbehörde keinen selbst berechneten Betrag bekannt gibt oder wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist.

Angeordnete Selbstberechnungen sehen … § 43 FLAG (Dienstgeberbeitrag), § 122 Abs 1 und Abs 7 WKG (Kammerumlagen) vor. (Ritz, BAO6, § 201 Tz. 4)

Gemäß § 202 Abs.1 BAO gelten die §§ 201 und 201a sinngemäß, wenn nach den Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe einem abgabenrechtlich Haftungspflichtigen obliegt. Hiebei sind Nachforderungen mittels Haftungsbescheides (§ 224 Abs. 1) geltend zu machen.

Die Selbstberechnung einer Abgabe obliegt dem Haftungspflichtigen … nach § 79 EStG 1988 (Lohnsteuer) … (Ritz, BAO6, § 202 Tz. 1)

Alle im gegenständlichen Verfahren  in Frage stehenden Abgaben unterliegen somit dem Regime der §§ 201 ff BAO.

Gemäß § 201 Abs. 2 Z. 3 BAO kann die Festsetzung erfolgen, wenn kein selbstberechneter Betrag bekannt gegeben wird oder wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 303 die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens vorliegen würden.

Gemäß § 303 Abs. 1 lit.b) BAO kann ein Verfahren wiederaufgenommen werden, wenn Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind und … die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Dabei ist maßgebend, ob der Abgabenbehörde in dem wiederaufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt so vollständig bekannt gewesen ist, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der nunmehr im wiederaufgenommenen Verfahren erlassenen Entscheidung gelangen hätte können (zB VwGH 23.2.2010, 2006/15/0314; 29.7.2010, 2006/15/0006; 31.5.2011, 2009/15/0135; 19.9.2013, 2011/15/0157). (Ritz, BAO6, § 303 Tz. 24)

Wiederaufnahmegründe sind nur im Zeitpunkt der Bescheiderlassung existente Tatsachen, die später hervorkommen (nova reperta). Später entstandene Umstände (nova producta) sind keine Wiederaufnahmegründe (zB VwGH 23.9.1997, 93/14/0065; 20.11.1997, 96/15/0221) . (Ritz, BAO6, § 303 Tz. 30)

Das Hervorkommen von Tatsachen und Beweismitteln ist nach hA aus der Sicht des jeweiligen Verfahrens zu beurteilen (zB VwGH 29.9.2004, 2001/13/0135; 23.4.2008, 2006/13/0019; 24.6.2009, 2007/15/0045; 15.12.2010, 2007/13/0157; 26.2.2013, 2009/15/0016; 27.2.2014, 2011/15/0106).

Maßgebend ist der Wissensstand des jeweiligen Veranlagungsjahres (zB VwGH 16.9.2003, 2000/14/0175-0177; 18.9.2003, 99/15/0120; 24.2.2010, 2009/15/0161; 28.2.2012, 2008/15/0005, 0006). (Ritz, BAO6, § 303 Tz. 31)

Überträgt man diese Ausführungen auf das gegenständliche Verfahren, so ist der Kenntnisstand des FA auf die Abfuhr von Lohnabgaben durch die BF zu beziehen, wobei diese Abgaben zunächst von der BF selbst zu berechnen und in einer Summe monatlich dem FA zu melden sind. Bei dieser Ausgangslage konnte das FA ohne weitere Unterlagen erst im Zuge der Durchführung GPLA-Prüfung der BF für die Jahre 2009-2014 erkennen, dass die BF entgegen den Zusagen in der Niederschrift zur Nachschau zu AB Nr. ***/08 weiterhin an der damals vom FA nicht anerkannten Konstruktion festgehalten hatte und diese nur geringfügig durch Hereinnahme unternehmensfremder Personen als Arbeitsgesellschafter auf eine breitere Basis gestellt hatte.

Diese Vorgangsweise der BF in den Jahren 2009-2012 kam erst im GPLA-Prüfungsverfahren neu hervor. Dies sind neue Tatsachen bzw. neue Beweismittel für die Verfahren betreffend die Lohnabgaben der Jahre 2009-2012. Diese neuen Tatsachen bzw. neuen Beweismittel führen auch zu geänderten Abgabenvorschreibungen, die die ursprünglichen selbst gemeldeten Lohnabgaben als nicht richtig im Sinne der §§ 201 ff. erscheinen lassen.

Daraus resultieren Nachforderungen an Lohnsteuer für die bei der BF beschäftigten Arbeitnehmer und an Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für alle betroffenen Arbeitsgesellschafter der KG und umfassen von der Anzahl der Betroffenen bis zu 34 Personen im Jahr 2012 und von der Höhe der vorgeschriebenen Abgaben rd. € 46.000,00. Das BFG folgt daher der vom FA getroffenen Ermessensübung zur Durchführung einer „Wiederaufnahme“ nach § 201 Abs. 2 Z. 3 BAO, da Zweckmäßigkeitsgründe, insbesondere das Interesse an einer rechtsrichtigen Besteuerung gegenüber den Interessen der BF an der Rechtsbeständigkeit im Vordergrund stehen. Diese Abgabenfestsetzungen nach den §§ 201 ff. BAO waren daher aufgrund der Anzahl der betroffenen Personen und der Höhe dieser Abgaben im Wege einer pflichtgemäßen Ausübung des Ermessens durchzuführen.

Die Erlassung der Haftungs- bzw. Abgabenbescheide durch das FA erfolgte daher nach den Bestimmungen der §§ 201 ff. BAO zu Recht.

Zur Frage der Einstufung der Tätigkeit der Kommanditisten der KG als nichtselbständige Tätigkeit für die BF:

Die BF ist eine GmbH, deren Gesellschafter im Beschwerdezeitraum zu je ¼ D und XY und zur Hälfte E waren.

Die Z GmbH ist eine Gesellschaft, deren 100% Gesellschafter im Beschwerdezeitraum die BF war.

Komplementär der XY & Partner KG war im Beschwerdezeitraum XY; im Firmenbuch eingetragener Kommanditist war StB.

Dies ergibt sich aus dem Firmenbuch zu FNr. 1 d, FNr.2 f und FNr.3 d.

Die Gewinnerverteilung der KG erfolgte im Ausmaß von 10% an den Komplementär und 90% an den Kommanditisten. In der Feststellungserklärung eines Jahres wurden nur die Personen erfasst, die im jeweiligen Jahr Einkünfte erzielten. Die Anzahl der Treugeber umfasste daraus folgend im Jahr 2009 mindestens 14 Personen, im Jahr 2010 mindestens 8 Personen, im Jahr 2011 mindestens 12 Personen und im Jahr 2012 mindestens 34 Personen, wobei einzelne Personen in mehr als einem Jahr mit Einkünften aufschienen.

Dies ergibt sich aus den vorgelegten Feststellungen der Einkünfte aus Gewerbebetrieb und den Aussagen des steuerlichen Vertreters, den Feststellungen des FA zum Gesellschaftsvertrag der KG und den im Prüfungsverfahren vorgelegten Treuhandvereinbarungen.

Von den oben genannten Personen waren im Jahr 2009 1 Person, im Jahr 2010 3 Personen, im Jahr 2011 1 Person und im Jahr 2012 7 Personen bei der BF als Arbeitnehmer gemeldet.

Dies ergibt sich aus den Datenbanken der Finanzverwaltung.

In den Jahren 2009 bis 2012 erbrachten die Kommanditisten Arbeitsleistungen nur für die BF.

Dies ergibt sich aus den Ausführungen des Komplementärs und des steuerlichen Vertreters in der mündlichen Verhandlung vom .

Die Tätigkeit als Treugeberkommanditist begann damit, dass im Unternehmen der BF entsprechende Arbeit vorlag und die Person durch Partner, Verwandte, Bekannte oder – sofern es sich um Arbeitnehmer der BF handelte – durch eigene Wahrnehmung von der Möglichkeit einer solchen vorübergehenden Tätigkeit erfuhr. (Aussage der Zeuge1, Zeuge2, Zeuge3, Zeuge4)

Die „Einstellung“ erfolgte durch den Geschäftsführer der BF. (Aussage der Zeuge1) Dieser war auch Komplementär der KG. In weiterer Folge wurde Kontakt zum Treuhänder aufgenommen und die entsprechenden Vereinbarungen unterfertigt.

Diese Personen waren im Wege der KG nur für die BF tätig. (Feststellungen der GPLA-Prüfung und Aussagen der BF) Sie erhielten ihre Aufträge von Mitarbeitern bzw. Vorarbeitern der BF. (Aussage der Zeuge1, Zeuge2, Zeuge3, Zeuge4)

Eigene Betriebsmittel für die zu bearbeitenden Werkstücke setzten diese Personen nicht ein. Das BFG folgte diesbezüglich den übereinstimmenden Aussagen der Zeuge1, Zeuge2, Zeuge3, Zeuge4 und nicht der gegenteiligen Aussage des steuerlichen Vertreters, wonach diese mit eigenen Betriebsmitteln gearbeitet hätten, wofür er aber keine Belege vorlegen konnte.

Die Personen holten die zu bearbeitenden Materialen in den Betriebsräumlichkeiten der BF bzw. einer Filiale selbst ab (Aussage der Zeuge1) oder sie wurden von Angehörigen oder Bekannten, die bei der BF arbeiteten mitgebracht (Aussage Zeuge3, Zeuge2, Zeuge4, Zeuge5) zum Teil arbeiteten die Personen auch in den Betriebsräumlichkeiten einer Filiale der BF (Aussage des Zeuge6, Zeuge7), zum Teil ausschließlich an Wochenenden (Aussage des des Zeuge6, Zeuge7).

Zum Teil wurde vereinbart, dass ein bestimmter Betrag pro Jahr nicht überschritten wird Aussage der Zeuge4) Ihre finanziellen Ansprüche machten sie gegenüber dem Geschäftsführer der BF geltend, zur Mängelbehebung wurden sie direkt von Vorarbeitern der BF aufgefordert. (Ausführungen des Geschäftsführers der BF in der mündlichen Verhandlung vom )

Sie erhielten die Entgelte für die bearbeiteten Stücke einmal im Jahr (Aussage der Zeuge1, Zeuge2, Zeuge3, Zeuge4) vom Geschäftsführer (Aussage der Zeuge2, Zeuge4) überwiesen. Diese überwiesenen Beträge wurden als Entnahmen in der KG erfasst. In die Gewinnfeststellung der KG wurden nur die Personen, die im gegenständlichen Jahr Leistungen erbracht hatten, aufgenommen. Als Einkunftstanteile wurden die Entnahmen (= die überwiesenen Beträge) erfasst. (Aussage des steuerlichen Vertreters vom )

In rechtlicher Hinsicht ist zu dieser Frage im Verfahren Folgendes auszuführen:

Gemäß § 21 Abs. 1 und 2 BAO ist für die Beurteilung abgabenrechtlicher Fragen in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend, sofern die Abgabenvorschriften keine vom Abs. 1 abweichende Grundsätze aufstellen.

Für die Beurteilung, ob ein Dienstverhältnis vorliegt, ist die wirtschaftliche Betrachtungsweise anzuwenden. (ableitbar aus Ritz, BAO6, § 21 Tz. 14 mwN)

Gemäß § 47 Abs. 1 EStG 1988 ... ist Arbeitnehmer eine natürliche Person, die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezieht.

Gemäß § 25 Abs. 1 lit. a EStG 1988 sind Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn). …

Gemäß § 47 Abs. 2 EStG 1988 liegt ein Dienstverhältnis vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist.

Damit liegen wesentliche Abgrenzungskriterien  in einer Weisungsgebundenheit und der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers. Sollten beide Kriterien noch keine klare Abgrenzung zwischen einer selbständig und einer nichtselbständig ausgeübten Tätigkeit ermöglichen (s 97/14/0167), ist das Gesamtbild der Tätigkeit darauf zu untersuchen, ob die Merkmale der Selbständigkeit oder jene der Unselbständigkeit überwiegen ( 2008/15/0072 mwN). – Ein weiteres Merkmal eines Dienstverhältnisses ist nach der Judikatur des VwGH das Fehlen eines Unternehmerrisikos ( 2008/15/0103 mwN).

Ohne Bedeutung ist es, ob auch ein Dienstverhältnis im zivilrechtlichen Sinn vorliegt. Für die Frage nach dem Bestehen kommt es nicht auf die von den Vertragspartnern gewählte Bezeichnung wie Dienstvertrag oder Werkvertrag an. Vielmehr sind die tatsächlich verwirklichten vertraglichen Vereinbarungen und das tatsächliche verwirklichte Gesamtbild der vereinbarten Tätigkeit maßgebend ( 2007/13/0071).

Es ist nicht ausgeschlossen, dass ein und dieselbe Person ein und derselben anderen Person im gleichen Zeitraum sowohl als Arbeitnehmer als auch als selbständig Erwerbstätiger gegenübertritt. Es muss sich jedoch die als selbständig zu beurteilende Tätigkeit des Arbeitnehmers deutlich von seinen gegenüber dem Arbeitgeber sonst erbrachten Leistungen abheben und für sich allein zumindest überwiegend die Merkmale einer selbständigen Tätigkeit aufweisen ( 2007/15/0177; , 2008/13/0087).  (Jakom/Lenneis; § 47 Tz. 5)

Die Weisungsunterworfenheit ist durch weitgehende Unterordnung gekennzeichnet und führt zu einer weitreichenden Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit des Dienstnehmers ( 2007/15/0223). Hierunter ist stets eine persönl iche Weisungsgebundenheit zu verstehen im Unterschied zur sachlichen Weisungsgebundenheit, die sich iRv Werkverträgen auf das zu erbringende Werk bzw den Arbeitserfolg bezieht, wie etwa die Verpflichtung, eine Arbeit bis zu einem bestimmten Termin fertigzustellen. Die Entschlussfreiheit muss jedenfalls über die ausdrücklich übernommenen Vertragspflichten hinaus beschränkt sein ( 94/15/0123 mwN).

Die persönlichen Weisungen sind auf den zweckmäßigen Einsatz der Arbeitskraft gerichtet. Der Arbeitnehmer stellt seine Arbeitskraft zur Verfügung ( 2007/15/0163; , 2007/15/0177). Für eine persönliche Weisungsgebundenheit spricht:

  • Verpflichtung zur persönlichen Leistungserbringung: keine Möglichkeit, sich vertreten zu lassen; ausnahmsweise ist aber eine Vertretungsbefugnis im Rahmen eines Dienstverhältnisses möglich;

  • Unterwerfung unter die betrieblichen Kontroll- und Ordnungsvorschriften sowie unter das Disziplinarrecht;

  • keine Möglichkeit, die Annahme weiterer Arbeiten zu verweigern;

  • die Verpflichtung, die jeweils zugewiesenen Arbeiten zu übernehmen (s mwN);

  • Vereinbarung eines Stundenhonorars (stRspr; s mwN);

  • keine ständig wechselnden Auftraggeber. (Jakom/Lenneis; § 47 Tz. 6)

Eine Organisatorische Eingliederung wird nach der stRspr durch jede nach außen als auf Dauer angelegt erkennbare Tätigkeit hergestellt ( 2010/15/0121). Der Arbeitnehmer muss Teil des geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers sein. Hierfür spricht insbesondere, wenn

  • der Arbeitnehmer an einen bestimmten Arbeitsort gebunden ist und er seine Tätigkeit am Arbeitsplatz im Betrieb des Arbeitgebers ausübt; diesen beiden Merkmalen kommt dann keine wesentliche Bedeutung zu, wenn die Arbeitsleistung im Wesentlichen außerhalb der dem Auftraggeber zugerechneten örtlichen Einrichtungen erbracht wird ( mwN). Dass Arbeiten im Rahmen eines Dienstverhältnisses teilweise auch zu Hause (auch unter Nutzung eigener Betriebsmittel, etwa eines PC) ausgeführt werden, ist eine im Wirtschaftsleben nicht unübliche Gestaltungsweise und spricht für sich noch nicht gegen das Vorliegen einer nichtselbständigen Tätigkeit ();

  • er zur Einhaltung bestimmter Arbeitsstunden verpflichtet ist (Mindeststundenleistung, Abrufbereitschaft, Einteilung der Arbeitszeit durch den Arbeitgeber); die Möglichkeit einer flexiblen Arbeitszeiteinteilung (innerhalb gewisser zeitlicher Grenzen) spricht weder gegen das Bestehen einer persönlichen Abhängigkeit der Beschäftigten noch gegen deren Eingliederung in den Betrieb (s ). Das kurzfristige einvernehmliche Vereinbaren der Arbeitszeit ist auch bei Gelegenheitsarbeitern anzutreffen und spricht nicht entscheidend für die Selbständigkeit der betroffenen Mitarbeiter ();

  • der Arbeitgeber die Planung und Vorbereitung sowie die Kontrolle der Tätigkeit vornimmt bzw. vornehmen lässt).(Jakom/Lenneis; § 47 Tz. 7)

Unternehmerrisiko liegt dann vor, wenn der StPfl die Höhe seiner Einnahmen (durch besonderen Arbeitseinsatz, besondere Tüchtigkeit oder Geschicklichkeit) beeinflussen, Aufträge auch ablehnen kann und für seine Ausgaben selbst aufkommen muss, sie also vom Auftraggeber nicht ersetzt werden.

Gegen ein Unternehmerrisiko spricht insbesondere

  • Abrechnung nach Arbeitsstunden und nicht nach erbrachter Leistung (erfolgsunabhängige (Grund)Entlohnung – mwN);

  • vorgegebene Arbeitszeit;

  • Anspruch auf Zulagen (Überstunden, Schmutz-, Erschwernis-, Gefahren­zulagen);

  • Entgeltfortzahlung bei entschuldigter Abwesenheit (zB Krankheit, Urlaub);

  • Anspruch auf Entgelt auch bei unverschuldeter Unmöglichkeit der Leistung;

  • Zurverfügung­stellung von Arbeitsmitteln (zB Berufskleidung, EDV-Ausstattung);

  • Ersatz von Spesen (zB Fahrt­kosten, Tages- und Nächtigungsgelder). (Jakom/Lenneis; § 47 Tz. 8)

Betrachtet man die verfahrensgegenständlichen Leistungsbeziehungen und stellt zunächst auf die  Kriterien der Weisungsgebundenheit und der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers ab, so liegen wie bei vielen derartigen Aushilfstätigkeiten in Heimarbeit , Elemente eines Dienstvertrages vor (Unterwerfung unter das betriebliche Kontrollsystem, keine ständig wechselnden Auftraggeber, Planung und Kontrolle durch den Auftraggeber, Zur Verfügung Stellung von Arbeitsmitteln) vor, andere sind nicht stark ausgeprägt oder fehlen.

Dies ergibt sich aus Sicht des BFG aus der Art der Tätigkeit die faktisch – sofern die Tätigkeiten nicht ohnehin in der Filiale der BF durchgeführt wurden – eine befristete Aushilfstätigkeit in Heimarbeit darstellt. Damit tritt eine Eingliederung in den Betrieb des Arbeitgebers nach den oben genannten Kriterien schon grundsätzlich in den Hintergrund. Zudem sind Heimarbeiter sowohl hinsichtlich des Arbeitsortes als auch der Arbeitszeit weitgehend frei in ihrer Einteilung. Lediglich der Zeitpunkt der Abgabe ist meist fixiert.

Für die persönliche Weisungsbindung dieser Personen spricht der Ablauf der Leistungsbeziehungen, wobei das BFG den Ausführungen des Geschäftsführers der BF folgte, wonach die Kommanditisten mit den von ihnen bearbeiteten Werkstücken zu ihm gekommen seien und die Abrechnung vorgelegt hätten. Weiters spricht die Abwicklung von Reklamationen für eine solche Weisungsbindung, die so erfolgt sei, dass Mitarbeiter der BF bzw. deren Vorarbeiter diese Teile stichprobenartig kontrolliert und bei Problemen oder Fehlern diese Teile dem Kommanditisten zurückgestellt hätten, der diese Teile auf eigene Kosten, eigentlich auf eigene Zeit, nachzubessern hatte, wobei dies (oft) kurzem Wege mündlich passiert bzw. per Mail oder per Fax sei. Eine derartige Vorgangsweise ist im Geschäftsleben bei Leistungsbeziehungen zwischen fremden Unternehmen nicht üblich. Reklamationen erfolgen schriftlich und nachvollziehbar von Unternehmen zu Unternehmen und nicht vom Mitarbeiter zu Arbeitskommanditist ohne bei Reklamationen den geschäftsführenden Gesellschafter der BF, der auch der zur Geschäftsführung befugte Komplementär der KG war, zu befassen. Eine derartige Vorgangsweise, bei der ein Mitarbeiter der BF, der kein leitender Angestellter ist, direkt und endgültig über die Qualität der Leistungen entscheidet und entsprechende Weisungen zur Verbesserung erteilen kann ist nur dann erklärlich, wenn der Vorarbeiter die Tätigkeit dieser Personen wie einem Arbeitnehmer gegenüber beurteilen und allenfalls zur Verbesserung zurückstellen konnte.

Der Geschäftsführer der BF gab die Entlohnung hinsichtlich der Höhe und des Zeitpunktes vor, was ebenfalls eine persönliche Weisungsgebundenheit ausdrückt.

Auch die Ausführungen des steuerlichen Vertreters, wonach die Beendigung der Gesellschafterstellung sehr oft auf telefonischem Wege und selten schriftlich erfolgt sei, sich diese Personen auch relativ häufig gar nicht gemeldet hätten bzw. erst dann, wenn sie vom FA aufgefordert worden seien, dass sie ihre Steuererklärung abgeben sollten, dass in die Steuererklärungen der KG nur jene Personen aufgenommen worden seien, die in diesem Jahr Einkünfte erzielt hatten, die Gewinnverrechnung so erfolgt sei, dass die genehmigten Entnahmen in etwa dem Gewinnanteil entsprochen hätten und die Kapitalkonten am Ende des Jahres auf Null gestellt worden seien, einzelne Personen ein Jahr pausiert hätten ohne das die Treuhandschaft deswegen beendet worden sei, sprechen dafür, dass  keine Mitunternehmerstellung dieser Personen als Arbeitsgesellschafter in der KG vorlag, sondern diese Personen wirtschaftlich Aushilfskräfte waren, die eine vorübergehende, mengenmäßig definierte Arbeit zu erfüllen hatten. War diese erledigt, endete die Aushilfstätigkeit. Allenfalls wurde in einem späteren Zeitraum eine neue Aushilfstätigkeit aufgenommen.

Dabei ist es in wirtschaftlicher Betrachtungsweise unerheblich dass die Entlohnung formell als „Entnahme“ aus der KG erfasst wurde. Faktisch handelte es sich bei diesen Entnahmen um das Entgelt, dass diese Personen für ihre Arbeitsleistung  als Aushilfen erhielten.

Diese Personen trugen auch kein (Mit)Unternehmerrisiko, sie waren nur für Aushilfstätigkeiten bei Arbeitsspitzen für die BF tätig. Sie waren hinsichtlich ihrer Tätigkeit gegenüber den Organen der BF (Geschäftsführer) und deren Mitarbeitern weisungsgebunden, erhielten die Betriebsmittel zur Verfügung gestellt und waren hinsichtlich der zu bearbeitenden Stücke im Einzelfall durch die zur Verfügung Stellung eines Arbeitsplatzes noch enger in die Organisation der BF eingebunden.

Dies ergibt sich aus der Zusammenschau der in sich nicht widersprüchlichen oben angeführten Aussagen der im Rahmen der GPLA-Prüfung einvernommenen Personen. Das BFG kann auch nicht erkennen, dass auf diese Personen in irgendeiner Form Druck ausgeübt worden wäre und diese beispielsweise mit der Abschiebung bedroht worden wären, wie dies vom Geschäftsführer der BF behauptet wurde, was bei Personen, die österreichische Staatsbürgerinnen sind (Zeuge2, Zeuge3, Zeuge4, Zeuge5) wohl auch auf Schwierigkeiten gestoßen wäre.

Auf Grund der übereinstimmenden Aussagen dieser Personen hat das BFG auch keine Bedenken davon auszugehen, dass diese Beschreibung der Beschäftigung für alle Kommanditisten der KG zutreffend ist und somit auf alle betroffenen Arbeitskommanditisten umgelegt werden kann.

Die Kommanditisten sind damit nicht Arbeitsgesellschafter und Mitunternehmer der KG, die Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielen, sondern nichtselbständig Tätige.

Gemäß § 47 Abs. 1 EStG 1988 ... ist Arbeitgeber, wer Arbeitslohn im Sinne des § 25 EStG ausbezahlt.

Gemäß § 22 Abs. 1 BAO kann d urch Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts die Abgabepflicht nicht umgangen oder gemindert werden.

Gemäß § 22 Abs. 2 BAO sind die Abgaben so zu erheben, wie sie bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu erheben wären, wenn Missbrauch vorliegt.

Auf die gegenständlichen, in den Jahren 2009 bis 2012 verwirklichten Sachverhalte ist gemäß § 323 Abs. 57 BAO § 22 BAO in der Fassung vor dem BGBl. I Nr. 62/2018 anzuwenden.

Zwar steht es jedermann frei, seine Rechtsverhältnisse und wirtschaftlichen Beziehungen so zu gestalten und zu ordnen, dass der günstigste Effekt, nämlich der bestmögliche Erfolg bei geringster der gesetzlich vorgesehenen Abgabenbelastung erreicht wird. Die §§ 21ff BAO ziehen lediglich Grenzen für die Gestaltungsfreiheit. ( Ritz, BAO6, § 22 Tz. 1 mwN)

Erst wenn eine rechtliche Gestaltung im Hinblick auf den angestrebten wirtschaftlichen Erfolg ungewöhnlich und unangemessen ist und ihre Erklärung nur in der Absicht der Steuervermeidung findet; liegt Missbrauch vor. Kriterium ist, ob der gewählte Weg noch sinnvoll erscheint, wenn man den abgabensparenden Effekt wegdenkt, oder ob er ohne das Resultat der Steuerminderung einfach unverständlich wäre (zB VwGH 18.10.2006, 2003/13/0031; 1.3.2007, 2006/15/0070; 1.10.2008, 2006/13/0036; 25.2.2009, 2006/13/0111; 5.4.2011, 2010/16/0168; 30.4.2015, 2012/15/0162; ebenso Ellinger/Sutter/Urtz , BAO3, § 22 Anm 2).

Unerheblich ist, ob ein einziger Rechtsschritt, oder eine Kette von Rechtshandlungen den Sachverhalt verwirklicht, mit dem die Folge des § 22 Abs 2 verbunden ist (zB VwGH 29.11.2006, 2003/13/0034; 1.10.2008, 2006/13/0032; 20.5.2010, 2006/15/0005; 26.4.2012, 2009/15/0220; 26.6.2014, 2011/15/0080; 30.4.2015, 2012/15/0162). ( Ritz, BAO6, § 22 Tz. 2 mwN)

Die Anwendbarkeit des § 22 setzt nach dieser Auffassung neben dem objektiven Element der ungewöhnlichen und unangemessenen Gestaltung auch ein subjektives Element (die Absicht der Steuervermeidung) voraus (vgl zB Ellinger, ÖStZ 1975, 204). Sowohl Missbrauchshandlung als auch Missbrauchsabsicht sind von der Behörde nachzuweisen ( VwGH 29.11.1988, 88/14/0184). ( Ritz, BAO6, § 22 Tz. 3)

Eine ungewöhnliche Gestaltung ist allerdings kein Missbrauch iSd § 22, wenn für sie außersteuerliche Gründe vorliegen.

Solche Gründe sind nach der Judikatur zu § 22 BAO alt zB Sozialversicherungsrechtliche Vorteile (zB ; , 87/14/0084; 15.1.1991, 90/14/0208).

Das FA argumentiert seine Entscheidung der Zurechnung der Dienstverhältnisse an die BF und nicht an die KG wohl mit wirtschaftlicher Betrachtungsweise bzw. dem Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten, wonach die Tätigkeiten nicht nur als nichtselbständige Tätigkeiten einzustufen seien, sondern darüber hinaus nicht der KG sondern der BF direkt zuzurechnen wären. Dem steht die Argumentation der BF gegenüber, wonach fehlende Arbeitsbewilligungen bzw. die EU-rechtlich mögliche selbständige Tätigkeit für diese Personen gegeben waren. Zudem seien die Vermeidung von Arbeitszeitgrenzen und sozialversicherungsrechtliche Vorteile, somit außersteuerliche Gründe Motiv für diese Konstruktion gewesen. und – sollte dies nicht akzeptiert werden – eine Erfassung der Arbeitsgesellschafter als Arbeitnehmer der KG zu erfolgen hätte.

Abgesehen davon, dass die Argumentation der BF zu den fehlenden Arbeitsbewilligungen, die EU rechtlich mögliche selbständige Tätigkeit, die Umgehenung von Arbeitszeitregelungen und sozialversicherungsrechtliche Vorteile nicht nachvollzogen werden kann, da einzelne Personen ohnedies im Arbeitsverhältnis zur BF gestanden sind,  so lässt sich für jeden Treugeberkommanditisten anhand der Datenbanken der Finanzverwaltung nachweisen, dass er entweder nichtselbständig für ein anderes Unternehmen tätig war, arbeitslos gemeldet war oder sich in Mutterschutz bzw. Karenz befand. Fehlende Arbeitsbewilligungsmöglichkeiten können somit nicht der Grund für diese Konstruktion gewesen sein.

Auch die Überlegung, dass mit der Zwischenschaltung der KG gesetzliche Arbeitszeitgrenzen umgangen werden sollten, gilt nicht für Personen die nicht Dienstnehmer der BF waren. Somit besteht allenfalls die Möglichkeit sozialversicherungsrechtliche Vorteile (für die BF) zu erreichen. Dies könnte einen allenfalls beachtlicher außersteuerlicher Grund für die Konstruktion der KG darstellen und würde – folgte man der Argumentation der BF – nach dem oben Gesagten dazu führen, dass die Treugeberkommanditisten als Arbeitnehmer der KG anzusehen wären.

Diese Überlegung greift jedoch beim gegenständlichen Sachverhalt aus Sicht des BFG zu kurz. Die einvernommenen Kommanditisten sahen sich – unabhängig von den von ihnen unterschriebenen Treuhandvereinbarungen und den daraus resultierenden unternehmensrechtlichen Formalien - durchwegs als Arbeiter der BF, sahen deren Geschäftsführer als obersten Vertreter, der sie auch bezahlte. Sie sahen deren Mitarbeiter als entscheidungsbefugt über die Qualität ihrer Arbeit an und arbeiteten teilweise im Unternehmen. Keiner sah sich als Person, die für die KG tätig war.. Dies ergibt sich aus allen vorliegenden Einvernahmen von Treugebern, die von Heimarbeit sprechen (Zeuge2, Zeuge3), von einer schriftlichen Einstellung (=Treuhandvertrag) (Zeuge1, Zeuge3, Zeuge6) durch XY (Zeuge2, Zeuge6, Zeuge4, Zeuge7) sprechen.

Dies kann nach dem Verständnis des BFG nicht damit erklärt werden, dass diese Personen unternehmens- und steuerrechtlich keine Vorbildung haben und dementsprechend nicht wußten ob sie selbständig oder nichtselbständig tätig wären. Dies ist vielmehr Ergebnis der faktischen Aufgaben, die von der BF und ihren Organen als Aushilfstätigkeiten dieser Personen für die BF in Heimarbeit gestaltet wurden und von den Arbeitnehmern auch so akzeptiert wurden. Ein Leistungsverhältnis, bei dem die KG eine wirtschaftliche Funktion gehabt hätte, kann das BFG nicht erkennen.

Auch dies hat aus Sicht des BFG auch ohne Einvernahme aller Personen Geltung für alle Treugeberkommanditisten, da das Schema in allen Fällen gleich gestaltet war.

Gemäß § 23 Abs. 1 BAO sind Scheingeschäfte und andere Scheinhandlungen für die Erhebung von Abgaben ohne Bedeutung. Wird durch ein Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt, so ist das verdeckte Rechtsgeschäft für die Abgabenerhebung maßgebend.

Ein Scheingeschäft (iSd § 916 ABGB) liegt vor, wenn sich die Parteien dahin gehend geeinigt haben, dass das offen geschlossene Geschäft nicht oder nicht so gelten soll, wie die Erklärungen lauten, wenn also die Parteien einverständlich nur den äußeren Schein des Abschlusses eines Rechtsgeschäftes mit bestimmtem Inhalt hervorriefen, dagegen die mit dem betreffenden Rechts­geschäft verbundenen Rechtsfolgen nicht oder nicht so wie vertraglich verein­bart eintreten lassen wollen. Das Scheingeschäft setzt somit gemeinsamen Vorsatz voraus, der schon im Zeitpunkt des Zustandekommens des Schein­vertrages gegeben sein muss (zB OGH 6.9.1989, 1 Ob 608/89, RZ 1991, 46; VwGH 28.1.2005, 2000/15/0214).

Zum Wesen eines Scheingeschäftes gehört auch, dass die Parteien übereinkommen, den äußeren Schein des Abschlusses von Rechtsgeschäften zu wahren ( , 2000/13/0165; 24.10.2005, 2001/13/0263). ( Ritz, BAO6, § 23 Tz. 1)

Die Beweislast für den Scheincharakter trägt derjenige, der sich auf diesen beruft (zB , JBl 1983, 444; 9.3.1993, 5 Ob 133/92, WoBl 1993, 187). ( Ritz, BAO6, § 23 Tz. 2)

Ein absolutes Scheingeschäft liegt vor, wenn überhaupt kein Rechtsgeschäft beabsichtigt ist. Ein relatives Scheingeschäft bezweckt etwa als verdecktes Rechtsgeschäft ein Rechtsgeschäft anderer Art (zB Schenkung statt Kauf) oder ein Rechtsgeschäft derselben Art, aber mit teilweise anderen, nur vorgetäuschten Bedingungen (zB Vortäuschung eines geringeren Kaufpreises für den Erwerb eines Grundstückes, OGH 11.7.1951, 1 Ob 483/51, SZ 24/183). ( Ritz, BAO6, § 23 Tz. 3)

Ernstlich gewollte Umgehungsgeschäfte oder Treuhandgeschäfte (vgl zB ; zur Treuhandschaft zB VwGH 5.3.1990, 89/15/0125; 27.1.1998, 93/14/0181; 16.12.1999, 99/16/0311; 25.1.2006, 2002/13/0027, 0028) sind keine Scheingeschäfte. ( Ritz, BAO6, § 23 Tz. 4)

Scheingeschäfte sind zivilrechtlich unwirksam ( § 916 ABGB); wirksam ist gegebenenfalls das verdeckte Geschäft. Dies gilt auch im Abgabenrecht. ( Ritz, BAO6, § 23 Tz. 5)

Betrachtet man den wirtschaftlichen Gehalt der Tätigkeiten und der Rechtsbeziehungen der einzelnen Treuhandkommanditisten, so liegt für das BFG – wie oben dargestellt - eine nichtselbständige Tätigkeit im Sinne des § 25 EStG vor. Diese Tätigkeit wurde von diesen Personen direkt für die BF ausgeführt. Dies war das Ziel der Organe der BF. Auch die Treuhandkommanditisten wollten Aushilfsarbeiten für die BF erledigen und sich nicht an einem gewerblichen Unternehmen beteiligen, obwohl sie keine Arbeitsverträge sondern Treuhandverträge unterfertigten.

Wie bereits oben dargestellt erhielten diese Personen ihre Aufträge (direkt) von Mitarbeitern bzw. Vorarbeitern der BF, hatten keine Betriebsmittel, holten die Materialen in den Betriebsräumlichkeiten einer Filiale der BF selbst ab oder diese wurden von Angehörigen oder Bekannten, die bei der BF arbeiteten mitgebracht und zum Teil in den Betriebsräumlichkeiten einer Filiale der BF, zum Teil ausschließlich an Wochenenden dort bearbeitet. Die finanziellen Ansprüche machten diese Personen gegenüber dem Geschäftsführer der BF geltend, zur Mängelbehebung wurden sie von Vorarbeitern der BF mündlich aufgefordert. Eine derartige Vorgangsweise ist nur dann erklärlich, wenn beide Seiten (der Geschäftsführer bzw. der Vorarbeiter der BF und der Arbeiter) die Tätigkeit wie die eines Arbeitnehmers beurteilen. Dies spricht daher – unabhängig davon, dass die Personen die Entgelte für die bearbeiteten Stücke einmal im Jahr vom Geschäftsführer der BF überwiesen erhielten – dafür, dass zwischen den Vertragsparteien unabhängig von der nach außen präsentierten rechtlichen Gestaltung Aushilfsarbeiten dieser Personen bei Arbeitsspitzen für die BF vereinbart und von beiden Seiten so gewollt waren.

Die Beteiligung der Personen als Treugeberkommanditisten an der KG stellte damit ein zum Schein abgeschlossenes Geschäft dar, das ein Arbeitsverhältnis dieser Personen zur BF verschleiern sollte. Es liegt damit ein relatives Scheingeschäft vor.

Das BFG gelangt daher zur Ansicht, dass nach den Bestimmungen des § 23 BAO bzw. der dazu ergangenen Judikatur, ein derartiges Scheingeschäft in der Gestaltung vorliegt, dass Arbeitsleistungen für die BF über den Umweg der KG verrechnet werden.

Gemäß § 47 Abs. 1 EStG 1988 wird bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (§ 25) die Einkommensteuer durch Abzug vom Arbeitslohn erhoben, wenn im Inland eine Betriebsstätte (§ 81) des Arbeitgebers besteht.

Gemäß § 79 Abs. 1 EStG 1988 hat der Arbeitgeber die gesamte Lohnsteuer, die in einem Kalendermonat einzubehalten war, … an das FA der Betriebsstätte abzuführen.

Gemäß § 41 Abs. 1 FLAG haben den Dienstgeberbeitrag alle Dienstgeber zu leisten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen; …

Gemäß § 41 Abs. 3 FLAG ist der Beitrag des Dienstgebers von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen, die jeweils in einem Kalendermonat an die im Abs. 1 genannten Dienstnehmer gewährt worden sind, gleichgültig, ob die Arbeitslöhne beim Empfänger der Einkommensteuer unterliegen oder nicht (Beitragsgrundlage). Arbeitslöhne sind Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a und b des Einkommensteuergesetzes 1988

Gemäß § 122 Abs. 8 WKG können die Landeskammern zur Bedeckung ihrer Aufwendungen festlegen, dass die Kammermitglieder eine weitere Umlage zu entrichten haben. Diese ist beim einzelnen Kammermitglied von der Summe der in seiner Unternehmung (seinen Unternehmungen) nach § 2 anfallenden Arbeitslöhne zu berechnen, wobei als Bemessungsgrundlage die Beitragsgrundlage nach § 41 Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967, gilt (Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag). …

Da aufgrund des oben dargestellten, als erwiesen angenommenen Sachverhaltes für die in den Jahren 2009-2012 im GPLA Prüfungsbericht dargestellten Personen Dienstverhältnisse zur BF anzusetzen waren, deren Bemessungsgrundlagen den „Gewinnanteilen“ aus der Feststellung der Einkünfte der KG entsprechen, erfolgte die Vorschreibung der Dienstgeberbeiträge und der Zuschläge zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2009-2012 sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach zu Recht.

Dies gilt auch für die nach der GPLA Prüfung erfolgte Vorschreibung der Lohnsteuer im Haftungsweg für die Jahre 2009-2012. Wie der AB in der mündlichen Verhandlung vom darstellte, erfolgte eine Lohnsteuervorschreibung lediglich für jene Personen, die in den betreffenden Jahren ein Dienstverhältnis zur BF hatten und daneben Entgelte aus den verfahrensgegenständlichen Aushilfstätigkeiten bezogen hatten.

Die Beschwerden waren daher als unbegründet abzuweisen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Rechtsfragen der Zulässigkeit einer Festsetzung von Lohnabgaben nach den § 201 Abs. 2 Z. 3, bzw. § 202 iVm § 201 Abs. 2 Z. 3 BAO sowie die Frage der Beurteilung einer Tätigkeit als Dienstverhältnis und die Frage des Vorliegens eines Scheingeschäftes ergibt sich aus der in der Begründung dargestellten einheitlichen Judikatur des VwGH. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedueutng liegt nicht vor, eine Revision gegen dieses Erkenntnis ist daher nicht zulässig.

Salzburg-Aigen, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
§ 201 Abs. 2 Z 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 23 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 47 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 41 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 122 WKG, Wirtschaftskammergesetz 1998, BGBl. I Nr. 103/1998
Schlagworte
Scheingeschäft
nichtselbständige Tätigkeit
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.6100821.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at