Scheidungsvergleich- GrESt vom 3-fachen Einheitswert
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Diana Sammer in der Beschwerdesache Bf., Adresse, vertreten durch Mag. Wolfgang Schachinger, MAS LL.M.,Tannhäuser-Ring 1, 2325 Himberg, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , Erf.Nr.****** betreffend Grunderwerbsteuer zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben und der angefochtene Bescheid wie folgt abgeändert:
Die Grunderwerbsteuer wird festgesetzt mit 2% des Wertes der Liegenschaftshälfte in Höhe von € 5.341,44 somit mit einem Betrag von € 106,83.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang:
1. Verfahren vor dem Bezirksgericht
Die Ehe der Frau Bf. (kurz: Beschwerdeführerin) und des Herrn X wurde mit Urteil des Bezírksgericht vom Datum geschieden.
In der Folge stellte die Beschwerdeführerin den Antrag auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, über welchen mit Beschluss des Bezírksgericht vom zur GZ mit nachfolgendem Inhaltes entschieden wurde:
„1. Der der Antragstellerin Bf., Geb.Dat.1 unter BL Nr. 1 zugeschriebene Hälfteanteil der Liegenschaft EZ wird in das Eigentum des Antragsgegners X, Geb.Dat. übertragen, sodass dieser Alleineigentümer dieser Liegenschaft wird.
2. Der Antragsgegner X, Geb.Dat. wird zur alleinigen Rückzahlung des aushaftenden Kredites, KtoNr. bei der Bank, verpflichtet. Mit Wirkung für die Bank als Gläubigerin wird für den obgenannten Kredit ausgesprochen, dass der Antragsgegner Hauptschuldner, die Antragstellerin hingegen Ausfallsbürgin wird
3. Gem. § 70 ZPO haftet der Antragsgegner für die Hälfte jener Kosten, von deren Berichtigung die Antragstellerin durch Verfahrenshilfe einstweilen befreit war.
Entscheidungsgründe:
Die Ehe der Streitteile wurde mit Urteil des Bezírksgericht vom Datum zu AZ geschieden. Die Parteien sind jeweils Hälfteeigentümer der Liegenschaft EZ. Der Antragsgegner bewohnt das dort situierte Einfamilienhaus weiterhin, während die Antragstellerin bereits nach Wien verzogen ist. Für den Bau des Hauses nahmen die Parteien bei der Bank, zu KtoNr. einen Kredit in Höhe von € 125.000,00 auf. Beide haben sich als Solidarschuldner zur Rückzahlung dieses Kredites verpflichtet. Dieser haftet per mit € 136.425,00 und berichtigt aus.
Mit dem gegenständlichen Antrag beantragte die Antragstellerin die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, wie aus dem Spruch ersichtlich.
Der Antragsgegner widersprach dem Aufteilungsbegehren nicht.
Gem. § 81 Abs. 1 EheG sind nach einer Scheidung das eheliche Gebrauchsvermögen und die ehelichen Ersparnisse unter den Ehegatten aufzuteilen, wobei die Schulden in Anschlag zu bringen sind, wenn sie mit dem ehelichen Gebrauchsvermögen und den ehelichen Ersparnissen im inneren Zusammenhang stehen.
Gem. den übereinstimmenden Anträgen der Parteien war die Aufteilung spruchgemäß vorzunehmen.“
2. Verfahren vor der Abgabenbehörde
2.1. Selbstanzeige und GrESt-Bescheid
Mit Selbstanzeige vom brachte die Beschwerdeführerin beim Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel (kurz: belangte Behörde) vor, dass sie davon ausgegangen sei, dass ihr geschiedener Gatte als Alleineigentümer der Liegenschaft (als Ergebnis des Aufteilungsbeschlusses des Bezírksgericht vom ) sich um die Grunderwerbsteuer kümmern würde. Aufgrund einer auch gegen sie geführten Exekution habe sie festgestellt, dass sie immer noch im Grundbuch als Miteigentümerin eingetragen sei. Ihr seien daher Zweifel gekommen, ob der geschiedene Ehegatte den Erwerbsvorgang steuerlich angezeigt habe, weshalb sie gegenständliche Selbstanzeige erstatte und auf die angezeigte Abgabenerklärung hinweise.
Daraufhin wurde durch die belangte Behörde am ein Grunderwerbsteuerbescheid gegen Herrn X erlassen.
Die Beschwerdeführerin ersuchte in der Folge um Ausstellung eines Mitzahlungsbescheides, da sie sich aus dem Grundbuch austragen wolle.
2.2. GrESt-Bescheid vom
Am erging ein Bescheid betreffend Grunderwerbsteuer an die Beschwerdeführerin, mit welchem € 1.364,25 vorgeschrieben wurden. Dies mit der Begründung, dass der nach den zivilrechtlichen Vorschriften zur Entrichtung der Abgabe Verpflichtete die Steuer bislang nicht entrichtet habe. Die Bemessungsgrundlage sei aus der Gegenleistung, dh. aus der Übernahme der Hälfte der aushaftenden Kreditrückzahlung in Höhe von € 68.212,50 ermittelt worden.
2.3. Berufung vom
In der Berufung vom brachte die Beschwerdeführerin vor:
„Im erstinstanzlichen Bescheid wurde als Bemessungsgrundlage die Gegenleistung herangezogen und diese mit der Übernahme der Hälfte der aushaftenden Kreditrückzahlung durch den geschiedenen Ehegatten in Höhe von € 68.212,50 angenommen.
Diese Bemessungsgrundlage ist falsch, weil durch den Aufteilungsbeschluss des Bezírksgericht vom , GZ 0N 9, die Abgabenpflichtige nicht aus ihrer Haftung der Bank gegenüber befreit wurde, sondern als Bürgin weiter haften musste.
Beweis: Beschluss über die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens des
Bezírksgericht vom zu GZ 0N 9, ErfNr.
Den Parteien war im Zeitpunkt der Beschlussfassung bereits bewusst, dass die Abgabenpflichtige aus dieser Haftung auch tatsächlich in Anspruch genommen werden wird.
Sie hat bereits einige Tage vor dem Verhandlungstermin vom einen Zahlungsbefehl über einen Teilbetrag von € 10.000,—— (Landesgericht G-Zahl) zugestellt bekommen.
Beweis: Protokoll über die Verhandlung des Bezírksgericht vom
zu GZ 0N 8, Anlage ./A
Die durch Gerichtsbeschluss ausgesprochene Verpflichtung des geschiedenen Ehegatten zur alleinigen Rückzahlung aushaftenden Kredits war somit - aufgrund der den Parteien bekannten schwer angeschlagenen finanziellen Situation des Ehemannes - wirtschaftlich wertlos.
Es wäre daher als Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Grunderwerbsteuer anstelle der aushaftenden Kreditrückzahlung der dreifache Einheitswert heranzuziehen gewesen.
Ergänzend wird ausgeführt, dass es der Abgabenpflichtigen im Jahr 2010 gelungen ist, sich mit der Bank auf die Zahlung eines Einmalbetrages und 36 Monatsraten zu einigen. Auf und dieser Vereinbarung hat sie insgesamt € 15.200.- an die Bank bezahlt und ist im Jänner 2013 Restschuldbefreiung der Bank gegenüber eingetreten.
Beweis: Korrespondenz zwischen den Rechtsanwälten RAe vom 20./‚ Anlage ./B
Es wird daher beantragt, der Berufung Folge zu geben und den erstinstanzlichen Bescheid dahingehend abzuändern, dass als Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer der dreifache Einheitswert herangezogen wird, in eventu dass zumindest die tatsächlich geleisteten Zahlungen der Abgabenpflichtigen an die Bank von der angenommenen
Gegenleistung in Abzug gebracht werden.“
2.4. Stellungnahme vom
In Beantwortung des Ergänzungsersuchens der belangten Behörde führte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom aus:
„ Im Zeitpunkt der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens haftete aus dem Kredit ein Betrag von EUR 136.425.- aus. Darin ist der gegen mich im damaligen Zeitpunkt bereits eingeklagte Teilbetrag von EUR 10.000.- enthalten.
Ich darf dazu die mit der Berufung vorgelegte Beilage ./A und die Begründung des unter der umseits genannten Erfassungsnummer angezeigten Beschlusses des Bezírksgericht (Zugriffscode […] ) verweisen.
Der zwischen der Bank und mir getroffene Vergleich enthielt keinerlei Bestimmungen hinsichtlich meines geschiedenen Ehegatten X. Mir gegenüber ist mit Bezahlung der letzten Rate gemäß Vergleich Restschuldbefreiung eingetreten.
Die Verbindlichkeiten X gegenüber der Bank müssen sich um die Höhe meiner Zahlungen reduziert haben.
Durch meine Inanspruchnahme als Bürge durch die Bank und meine Zahlungen an diese ist mir ein Regressanspruch gegen X in Höhe der Vergleichszahlungen entstanden, der aber nicht einbringlich wäre.
Während aufrechter Ehe wurde von meinem Gatten und mir auf der Liegenschaft kein Neu- oder Zubau errichtet. Es wurde lediglich im Inneren des bestehenden Gebäudes renoviert. Ob nach der Scheidung Bauarbeiten durch Herrn X vorgenommen wurden, entzieht sich meiner Kenntnis.“
2.5. Stellungnahme vom
In Beantwortung eines weiteren Ergänzungsersuchens der belangten Behörde führte die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom aus:
„Der bedingte Zahlungsbefehl vom zu GZ1 des Landesgericht wird hiermit in Kopie vorgelegt. Daraus ist sowohl der Rechtsgrund („Kreditvereinbarung vom “) als auch der Klagsbetrag von € 10.000,- (samt Zinsen aus dem gesamten offenen Kredit, das waren € 135.913,64 per ) ersichtlich.
Weiters wird ein E-Mail der Bank samt Kontoabschrift (-) vorgelegt. Der Mitarbeiter der Bank bestätigt darin, dass der im Gerichtsprotokoll genannte Betrag zum Stichtag schlüssig erscheint.“
2.6. Berufungsvorentscheidung vom
Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen. Als Begründung führte die belangte Behörde aus:
„Laut den Ergänzungsunterlagen wurde von der Bank eine Klage wegen Geldleistungen unter 6 Cg 5/08g eingebracht.
Aus ökonomischen Gründen machte die Klägerin nur einen Teilbetrag von € 10.000,-- geltend, hat sich aber die Ausdehnung auf den gesamten fälligen Kreditbetrag vorbehalten.
Zum haftete der ursprüngliche Fremdwährungskredit mit € 135.913,64 aus und wurde laut Klageschreiben vereinbarungsgemäß fällig gestellt.
Im Verfahren über die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens wurde mit Beschluss vom ,GZ des BG Hollabrunn, rechtskräftig am , der halbe Liegenschaftsanteil der Frau Bf. an der EZ von Herrn X gegen Übernahme des anteilig aushaftenden Kredites bei der Bank (zum gesamt aushaftend mit € 136.425,-- anteilig daher € 68.212,50) übernommen. Laut Bank gilt dieser Betrag auch für den Aufteilungszeitpunkt, dieser Betrag inklusiv Zinsen ist schlüssig aus den vorgelegten Buchungen des Kreditkontos. Die Beklagten haften für die gegenständliche Forderung zur ungeteilten Hand.
Da der Grunderwerbsteuer das Verpflichtungsgeschäft zu unterziehen ist, wie in der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens vereinbart und sich aus den vorgelegten Unterlagen auch keine anderer Würdigung als die Gegenleistung ergibt, ist die Berufung abzuweisen.“
2.7. Vorlageantrag vom
Im Vorlageantrag vom beantragte die Beschwerdeführerin, dass über ihre Berufung die Abgabenbehörde zweiter Instanz entscheiden möge.
2.8. Vorlagebericht vom
Mit Vorlagebericht vom legte die belangte Behörde die Berufung dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.
3. Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht
Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom wurde die anhängige Rechtssache an die entscheidende Gerichtsabteilung übertragen.
4. Beweisaufnahme durch das BFG
Vom Bundesfinanzgericht wurde Beweis erhoben durch Einsicht in den vom Finanzamt vorgelegten Bemessungsakt ErfNr. sowie den Aufteilungsakt des Bezírksgericht (GZ) .
II. Sachverhalt
Am erging vor dem Bezírksgericht – aufgrund eines Antrages der Beschwerdeführerin - betreffend die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse der Beschwerdeführerin und ihres ehemaligen Gatten ein Beschluss mit dem unter Pkt. 1. zitierten Inhalt.
Der Hälfteanteil an der Liegenschaft EZ wurde dem ehemaligen Gatten der Beschwerdeführerin ins Alleineigentum übertragen und dieser zur alleinigen Rückzahlung des aushaftenden Kredites in Höhe von € 136.425.- verpflichtet. Die Beschwerdeführerin wurde zur Ausfallsbürgin.
Zur Schad-, Klag- und Exekutionsloshaltung der Beschwerdeführerin wurde der ehemalige Gatte mit diesem Beschluss nicht verpflichtet.
Bereits am wurde eine Klage wegen Geldleistungen durch die Bank gegen die Beschwerdeführerin sowie ihren ehemaligen Gatten eingebracht und der Kredit zur Gänze fällig gestellt. Es wurde zu diesem Zeitpunkt lediglich ein Teilbetrag in Höhe von EUR 10.000.- geltend gemacht und wurden die beklagten Parteien zur ungeteilten Hand schuldig erkannt wurden, den Betrag von EUR 10.000.- zu bezahlen (Landesgericht zu GZ1). Der diesbezügliche bedingte Zahlungsbefehl erging am und wurde an die Beschwerdeführerin vor dem Verhandlungstermin beim Bezírksgericht am zugestellt.
Im Jahr 2010 schloss die Beschwerdeführerin mit der Bank einen Vergleich, wodurch, - nach Bezahlung von in Summe € 15.200.- - ihr gegenüber mit Jänner 2013 Restschuldbefreiung eingetreten ist.
Der Einheitswert für die Liegenschaft wurde vom Lagefinanzamt zu EZ, zum Stichtag mit € 3.560,97 festgestellt, woraus sich bei Hälfteanteil der Beschwerdeführerin ein Einheitswert von € 1.780,48 ergibt.
III. Beweiswürdigung
Die Sachverhaltsfeststellungen gründen sich im Wesentlichen auf die von der Beschwerdeführerin vorgelegten und im Bemessungsakt zu ErfNr. befindlichen Unterlagen und dem damit im Einklang stehenden Vorbringen der Beschwerdeführerin in seinen schriftlichen Eingaben, weshalb der Sachverhalt als erwiesen angenommen wird.
IV. Rechtslage
Der Grunderwerbsteuer unterliegen gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 u.a. folgende Rechtsvorgänge, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen:
ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet.
Gemäß § 4 Abs. 1 GrEStG 1987 ist die Steuer vom Wert der Gegenleistung zu berechnen.
Gemäß § 4 Abs. 2 Z 1 GrEStG 1987 – in der verfahrensrelevanten Fassung – ist die Steuer vom Wert des Grundstückes zu berechnen, wenn eine Gegenleistung nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln ist oder die Gegenleistung geringer ist als der Wert des Grundstückes.
Gemäß § 5 Abs. 1 GrEStG 1987 ist Gegenleistung ua.
1. bei einem Kauf
der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen, …
Gemäß § 5 Abs. 2 GrEStG 1987 gehören zur Gegenleistung u.a
2. Belastungen, die auf dem Grundstück ruhen, soweit sie auf den Erwerber kraft Gesetzes übergehen, ausgenommen dauernde Lasten
§ 6 GrEStG 1987 bestimmt Folgendes:
(1) Als Wert des Grundstückes ist
a) Im Falle des § 4 Abs. 2 Z2 der Einheitswert anzusetzen, wenn das Grundstück, das Gegenstand des Erwerbsvorganges ist, eine wirtschaftliche Einheit (Untereinheit) bildet. Maßgebend ist der Eiheitswert, der auf den dem Erwerbsvorgang unmittelbar vorausgegangenen Feststellungszeitpunkt festgestellt ist, im Übrigen
b) das Dreifache des Einheitswertes (lit. a) anzusetzen. Wird vom Steuerschuldner nachgewiesen, dass der gemeine Wert des Grundstückes im Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld geringer als das Dreifache des Einheitswertes, ist der nachgewiesene gemeine Wert maßgebend.
…
Gemäß § 7 Z 2 GrEStG 1987 beträgt die Steuer beim Erwerb von Grundstücken durch einen Ehegatten von dem anderen Ehegatten bei Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse anlässlich der Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe 2 v.H. der Bemessungsgrundlage.
8. Erwägungen
Der gerichtliche Vergleich nach § 204 ZPO hat den Charakter eines zivilrechtlichen Rechtsgeschäftes und den einer Prozesshandlung. Der Vergleich ist nach § 1380 ABGB die einverständliche Neufestsetzung strittiger oder zweifelhafter Rechte unter beiderseitigem Nachgeben. Wird durch ihn ein Grundstück erworben, so liegt ein Erwerbsvorgang im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall GrEStG vor.
Im gegenständlichen Fall ist unstrittig, dass der gegenständliche Scheidungsvergleich der Grunderwerbsteuer unterliegt und dass der Steuersatz 2 v.H beträgt.
Gemäß § 4 Abs 1 GrEStG ist die Steuer vom Wert der Gegenleistung zu berechnen.
Wenn eine Gegenleistung nicht vorhanden ist oder nicht zu ermitteln ist oder die Gegenleistung geringer ist als der Wert des Grundstückes, so ist nach der Vorschrift des § 4 Abs. 2 Z 1 GrEStG 1987 die Grunderwerbsteuer vom Wert des Grundstückes, d. i. der dreifache Einheitswert bzw. der auf einen Liegenschaftsteil entfallende Teilbetrag des dreifachen Einheitswertes (§ 6 GrEStG 1987), zu berechnen.
Der Begriff der "Gegenleistung" im Sinne der §§ 4 und 5 GrEStG ist ein dem Grunderwerbsteuerrecht eigentümlicher Begriff, der sowohl über den bürgerlich-rechtlichen Begriff der Gegenleistung hinausgeht, als auch durch verwandte Begriffe in anderen Steuerrechtsgebieten nicht vorgeprägt wird. Was Gegenleistung ist, wird in § 5 GrEStG nicht erschöpfend aufgezählt; überall dort, wo die Grunderwerbsteuer von der Gegenleistung zu berechnen ist, bildet jede nur denkbare Leistung, die für den Erwerb des Grundstückes vom Erwerber versprochen wird, Teil der Bemessungsgrundlage (vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, Grunderwerbsteuer Rz 4 zu § 5 GrEStG).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist Gegenleistung die Summe dessen, was der Erwerber an wirtschaftlichen Werten dagegen zu leisten verspricht, dass er das Grundstück erhält. Dies ist jede nur denkbare Leistung, die vom Erwerber für den Erwerb des Grundstückes versprochen wird bzw. alles, was dieser einsetzen muss, um das Grundstück zu erhalten. Steht somit die Leistung des Erwerbers in einem unmittelbaren, tatsächlichen und wirtschaftlichen oder auch "inneren" Zusammenhang mit dem Erwerb des Grundstückes, dann ist sie als Gegenleistung im Sinne des GrEStG anzusehen. Zur Gegenleistung gehört jede Leistung, die der Erwerber für den Erwerb des Grundstückes gewährt, oder die der Veräußerer als Entgelt für die Veräußerung des Grundstückes empfängt. Maßgebend ist also nicht, was die Vertragschließenden als Gegenleistung bezeichnen, sondern was nach dem Inhalt des Vertrages der Käufer als Wert der Gegenleistung im maßgeblichen Zeitpunkt des Erwerbsvorganges zu erbringen hat.
Hinsichtlich der Frage der Ermittelbarkeit der Gegenleistung hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 90/16/0234, zum Ausdruck gebracht, dass auch die Schätzung der Gegenleistung als eine Art ihrer Ermittlung iSd § 4 Abs. 2 Z 1 GrEStG anzusehen ist.
Bloße Schwierigkeiten bei der Ermittlung der Gegenleistung reichen nicht aus, um den Wert der Gegenleistung durch den Wert des Grundstücks zu ersetzen (vgl. ). Erst wenn eine Schätzung durch die Vielschichtigkeit des Rechtsgeschäftes oder eine Trennung oder Aufschlüsselung der auf die einzelnen Leistungen entfallenden Gegenleistungen unmöglich ist, kann nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Steuer vom Wert des Grundstückes erhoben werden (vgl. ).
Vereinbarungen über die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse können so gestaltet sein, dass im Einzelfall eine Gegenleistung ermittelt werden kann, im anderen nicht, wobei die GrESt dann entweder von der Gegenleistung oder vom Wert des Grundstückes zu berechnen ist (vgl. unter Hinweis auf Fellner, Grunderwerbsteuer, Kommentar Rz 16a ff zu § 4).
Weist die Aufteilungsvereinbarung Globalcharakter auf, so ist in der Regel eine Gegenleistung nicht zu ermitteln (). Diese wegen des üblichen Globalcharakters derartiger Vereinbarungen getroffene Grundsatzaussage schließt jedoch nicht aus, dass im konkreten Einzelfall auch betreffend die in einem sogenannten Scheidungsvergleich vorgenommenen grunderwerbsteuerpflichtigen Transaktionen Gegenleistungen zu ermitteln sind und damit diese Gegenleistung - und nicht die Einheitswerte der Liegenschaftsanteile – die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer bildet (vgl ua. , 0188; ; ).
Im gegenständlichen Fall ging es bei der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens tatsächlich nur um die Übertragung der Liegenschaft, weshalb nicht von einer Globalvereinbarung gesprochen werden kann und daher als Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer grundsätzlich die Gegenleistung anzusehen wäre.
Jedoch stellt sich die Frage, was als Gegenleistung anzusehen bzw. ob eine solche vorhanden und ermittelbar war.
Übernommene Darlehen bilden als sonstige (zusätzliche) Leistung die Gegenleistung bzw. einen Teil derselben.
Dabei ist das zwischen den Vertragsteilen bestehende Innenverhältnis maßgeblich, das heißt, die Schuldübernahme ist dann bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage zu berücksichtigen, wenn sich der Käufer vertraglich verpflichtet hat, den Verkäufer bezüglich dieser Verbindlichkeit schad- und klaglos zu halten (vgl. u.a. VwGH, , Slg 4674/F; ; ; ; )
Nach Judikatur des VwGH liegt der Vermögensvorteil für den Verkäufer in diesem Fall darin, dass er durch die Schuldübernahme des Käufers von der wirtschaftlichen Belastung im Sinne des § 1404 ABGB (Erfüllungsübernahme) in gleicher Weise entlastet erscheint, wie wenn ihm der Käufer die Zahlung des vom Verkäufer geschuldeten Betrages als Teil des Kaufpreises verspricht. Der Verkäufer, der zwar seinem Gläubiger gegenüber Schuldner bleibt, wird wirtschaftlich von der Schuld durch die Verpflichtung des Käufers befreit, weil ihm dieser nach der zitierten Bestimmung dafür haftet, dass ihn der Gläubiger nicht in Anspruch nimmt ().
Der aushaftende und grundbücherlich besicherte Kredit, welcher in die alleinige Zahlung des Ex-Ehemannes der Beschwerdeführerin übernommen werden sollte, war zum Zeitpunkt des Abschlusses des Aufteilungsbeschlusses am bereits fällig gestellt. Dies durch die Klage der Bank auf Geldleistung vom und Urteil des Landesgericht vom . Dass (vorerst) lediglich ein Teilbetrag von € 10.000.- eingeklagt wurde, ändert nichts an der gänzlichen Fälligstellung des Kredites.
Im Beschluss des Bezírksgericht vom wurde die Beschwerdeführerin gegenüber den Gläubigern weiterhin als Ausfallsbürgin genannt.
Eine Schad-, Klag- und Exekutionsloshaltung der Beschwerdeführerin durch deren Ex-Ehemann wurde nicht vereinbart.
Dem Umstand, dass im zu beurteilenden Beschlusstext nicht die Worte, der Ex-Ehegatte werde die Beschwerdeführerin „klag-, schad- und exekutionslos halten, verwendet werden, kommt zwar keine entscheidende Bedeutung zu, jedoch war aufgrund der gegebenen und zum Zeitpunkt des Aufteilungsbeschlusses bereits bekannten Umstände ersichtlich, dass die Beschwerdeführerin mit Übergabe ihres Hälfteanteiles von der Hälfte der aushaftenden Schulden nicht befreit werden würde.
Es war zum Zeitpunkt des Beschlusses vom bereits klar, dass aufgrund der Fälligstellung des Kredites im Ganzen und aufgrund der Stellung der Beschwerdeführerin als Ausfallsbürgin, diese von der Bank – unabhängig von der Vereinbarung über die Übernahme des aushaftenden Kredites durch den Ex-Ehemann - vollständig zur Bezahlung des Kredites herangezogen hätte werden können. Lediglich aufgrund eines Vergleiches der Beschwerdeführerin mit der Bank und der Zahlung von in Summe € 15.200.- erfolgte ihr gegenüber eine Restschuldbefreiung.
Es fand mit Aufteilungsbeschluss zwar am Papier eine Schuldübernahme gegen Übertragung des Hälfteanteils statt, mit Blick auf das Innenverhältnis und die Umstände des gegenständlichen Falles, war aber eine wirtschaftliche Befreiung von der Schuld der Beschwerdeführerin gar nicht möglich bzw. deren Höhe weder vorherseh- noch ermittelbar.
Conclusio: Im gegenständlichen Fall kann sohin zwar nicht von einer Globalvereinbarung auszugegangen werden, da jedoch auch eine Gegenleistung zum Zeitpunkt des Erwerbsvorganges aufgrund der oben angeführten Umstände nicht ermittelbar war bzw. eine Übernahme des aushaftenden Kredit aufgrund der Fälligstellung durch die Bank, ebensowenig wie die Beschwerdeführerin schad-, klag- und exekutionslos zu halten, nicht möglich war, ist nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes in Betrachtung dieses gegenständlichen Einzelfalles als Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer – da diese zum Zeitpunkt des Erwerbsvorganges tatsächlich nicht vorhersehbar war - nicht die Gegenleistung, sondern der dreifache Einheitswert heranzuziehen ist.
Für den Erwerb der Liegenschaftshälfte ist gemäß § 4 Abs. 2 Z 1 GrEStG 1987 iVm § 6 Abs. 1 lit. b GrEStG der anteilige dreifache Einheitswert zum von € 3.560,97 als Bemessungsgrundlage anzusetzen. Der der Beschwerdeführerin zuzurechnende Anteil beträgt € 1.780,48.
Es war daher der Beschwerde Folge zu geben und der angefochtene Bescheid insofern abzuändern, als die Grunderwerbsteuer mit 2% des Wertes der Liegenschaftshälfte in Höhe von € 5.341,44 somit in Höhe von € 106,83 festgesetzt wird.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Fall war keine Rechtsfrage, sondern die im konkreten Einzelfall getroffene Vereinbarung zu beurteilen. Es entspricht der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass Vereinbarungen über die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse so gestaltet sein können, dass im Einzelfall eine Gegenleistung ermittelt werden kann, im anderen nicht, wobei die GrESt dann entweder von der Gegenleistung oder vom Wert des Grundstückes zu berechnen ist (vgl. ua. mit weiteren Nachweisen).
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 § 4 Abs. 1 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 § 4 Abs. 2 Z 1 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 § 5 Abs. 1 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 § 6 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 § 7 Z 2 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.7100572.2014 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at