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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 11.07.2019, RV/5101363/2017

Wissenstand bei Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/5101363/2017-RS1
Der aktuellen einschlägigen Judikatur und Literatur kann zusammengefasst entnommen werden, dass bei einem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens das Neuhervorkommen von Tatsachen aus der Sicht des Antragstellers und nicht aus jener der Abgabenbehörde zu beurteilen sei. Dies bedeutet somit im konkreten Fall für die Tauglichkeit (Erfolgschance) des erhobenen Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens, dass dem Beschwerdeführer zunächst die Tatsache nicht bekannt gewesen sein hätte dürfen, dass ihm im Zusammenhang mit seinen Einkünften Aufwendungen (Werbungskosten) entstanden sind und ihm dieser Umstand selbst erst später bekannt geworden („neu hervorgekommen“) ist.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Bernhard Renner in der Beschwerdesache Bf vertreten durch Andreas Kern, Kuefsteinstraße 28 Tür 5, 3107 St. Pölten-Traisenpark, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Lilienfeld St. Pölten vom , betreffend Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer für 2011

zu Recht erkannt: 

Entscheidungsgründe

Verfahrensablauf

(1) Der steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers (in der Folge Bf), der im beschwerdegegenständlichen Jahr bislang lediglich Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erklärte, brachte am einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens ua hinsichtlich Einkommensteuer für 2011 ein, welche er folgendermaßen begründete:

Im Zuge der Übernahme der steuerlichen Vertretung des Bf habe er festgestellt, dass den Einkünften aus Vermietung einer Eigentumswohnung ua im Jahr 2011 die Werbungskosten nicht geltend gemacht worden seien.

Der Bf habe im Jahr 2011 eine Eigentumswohnung zum Vermietung erworben. Vor Vermietung habe die Wohnung noch renoviert werden müssen. Sämtliche Aufwendungen und Handlungen und Renovierungskosten seien als Werbungskosten, und somit als negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Abzug zu bringen. Nach Abschluss der Renovierungsarbeiten erfolge seit 2013 die Vermietung. Angeschlossen sei ua der Jahresabschluss zum sowie die dazugehörige Steuererklärung.

Das Nichtbeantragen der Werbungskosten als negative Einkünfte sei in der Unkenntnis des Bf hinsichtlich der betreffenden steuerlichen Bestimmungen zu erblicken. Es werde gemäß § 303 Abs 1 BAO ein Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich ua Einkommensteuer für das Jahr 2011 gestellt. Bei der Ermessensausübung sei, entsprechend dem Grundsatz des Vorranges der Rechtsrichtigkeit vor der Rechtsbeständigkeit, dem Antrag stattzugeben und damit der Wiederaufnahme des Verfahrens zu entsprechen.

(2) Mit Bescheid vom erfolgte seitens der belangten Behörde unter Hinweis auf den Wortlaut des § 303 Abs 1 lit b BAO eine "Zurückweisung" (erkennbar gemeint offenbar: Abweisung) des Antrags. Die im Antrag vorgebrachten Umstände seien keine Sachen oder Beweismittel, die neu hervorgekommen seien. Bereits im Zuge der Veranlagung habe der Bf von den vorgebrachten Umständen gehabt, sodass eine Wideraufnahme ausgeschlossen sei. Der Umstand, dass das durch die steuerliche Vertretung und die Kosten erlangt worden sei, sei nur eine neue Erkenntnis in Bezug auf, die rechtliche Durchsetzbarkeit und somit keine eine Wiederaufnahme rechtfertigende neu hervorgekommene Tatsache. Mangels Hervorkommens neuer Tatsachen oder Beweismittel seien die oben zitierten Voraussetzungen nicht gegeben, weshalb es zu einer Abwägung zwischen Rechtsrichtigkeit und Rechtssicherheit im Rahmen einer Ermessensübung nicht habe kommen können.

(3) Nach mehrfachen Fristverlängerungsersuchen erhob der Bf Beschwerde gegen den seinen Antrag „zurückweisenden“ Bescheid der belangten Behörde, in welcher er zur Begründung im wesentlichen ausführte: In der Begründung des zurückweisenden Bescheides werde seitens des Finanzamtes ausgeführt, dass die im Antrag vorgebrachten Umstände hinein Tatsachen oder Beweismittel seien, die neu hervorgekommen seien. Des Weiteren werde ausgeführt, dass der Bf bereits im Zuge der Veranlagung Kenntnis von den vorgebrachten Umständen gehabt habe, sodass eine Wiederaufnahme ausgeschlossen wäre. Der Umstand, dass durch die steuerliche Vertretung von der Möglichkeit der Abzugsfähigkeit der Werbungskosten Kenntnis erlangt worden sei, sei nur eine neue Erkenntnis in Bezug auf die rechtliche Durchsetzbarkeit und somit keine, eine Wiederaufnahme rechtfertigende neu hervorgekommene Tatsache.

Die Bestimmung, „dass Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind“, werde im zurückweisenden Bescheid seitens des Finanzamtes falsch ausgelegt. Es sei nämlich unerheblich, ob diese Umstände Abgabepflichtigen bereits im Zeitpunkt der Bescheidausstellung bekannt gewesen oder erst später zur Kenntnis gelangt seien. Maßgebliche Voraussetzung für die Wiederaufnahme sei nämlich ausschließlich, dass diese Umstände für die Abgabenbehörde neu hervorkämen und somit der Abgabenbehörde nicht schon im Zeitpunkt ihrer (ursprünglichen) bescheidmäßigen Erledigung bekannt gewesen seien, ungeachtet der Frage, ob und wie sie diese Umstände im Fall der Kenntnis gewürdigt hätte.

Die Tatsachen oder Beweismittel, welche den gegenständlichen Anträgen auf Wiederaufnahme des Verfahrens zu Einkommensteuer 2011 zugrunde legen, seien dem Finanzamt bei der ursprünglich bescheidmäßigen Erledigung nicht bekannt gewesen, sodass hier für das Finanzamt eben mit Vorlage der Anträge auf wieder Aufnahme, Tatsachen oder Beweismittel neu hervorgekommen seien.

Im Erlass AÖF 2006/192 zur Wiederaufnahme des Verfahrens werde zB ausgeführt, dass Tatsachen ausschließlich mit dem Sachverhalt des abgeschlossenen Verfahrens zusammenhängende, tatsächliche Umstände sein. Als Beispiele würden unter anderem genannt: Zahlung von Aufwendungen (zB Betriebsausgaben, Sonderausgaben). Im gegenständlichen Antrag seien Werbungskosten im Zusammenhang mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zum Abzug beantragt worden, von welchen das Finanzamt bei der ursprünglichen Veranlagung keinerlei Kenntnis gehabt habe. Entscheidend sei, ob der Abgabenbehörde im wiederaufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt so vollständig bekannt gewesen sei, dass sie bereits in diesem Verfahren bei richtiger, rechtlicher Subsumtion zu deren nunmehr im wieder aufgenommenen Verfahren erlassenen Entscheidung gelangen hätte können. Weiteren seien Wiederaufnahmegründe nur im Zeitpunkt der Bescheiderlassung existente Tatsachen seien, die später neu hervorkämen. Das Hervorkommen sei aus der Sicht des jeweiligen Verfahrens zu beurteilen. Im gegenständlichen Verfahren seien die zum Abzug beantragten Werbungskosten im Zusammenhang mit der Vermietung bzw den Einkünften aus nicht selbständiger Arbeit existente Tatsachen, die später neu hervorgekommen seien (diese Werbungskosten seien dem Finanzamt im ursprünglichen Verfahren nicht vorgelegt worden). Somit sei schlusszufolgern, dass es sich bei dem gegenständlichen in den Wiederaufnahmeanträgen beantragten Werbungskosten um Tatsachen unter Beweis Mittel handle, die für die Abgabenbehörde neu hervorgekommen seien. Demzufolge sei den Anträgen auf Wiederaufnahme der Verfahren statt zu geben.

Der Rechtsansicht des Bf bezüglich der neuen hervorgekommenen Tatsachen unter Beweismittel werden durch den Umstand bekräftigt dass bei jeglicher Behördenprüfung sich die Wiederaufnahme des Verfahrens seitens der Behörde auf die Bestimmungen des § 303 Abs 1 lit b BAO stütze und wie bei eben die Tatsachen oder Beweismittel genannt würden, die im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen seien. Hierbei lägen immer Tatsachen oder Beweismittel vor, welche möglicherweise den abgabepflichtigen zwar bekannt gewesen sein, nicht jedoch der Abgabenbehörde. Genau auf dieses neue hervorgekommen von Tatsachen oder Beweismittel stütze sich sodann die Abgabenbehörde bei der Wiederaufnahme des Verfahrens somit sei auch im gegenständlichen Verfahren, das für die Abgabenbehörde Neuhervorkommen der Tatsachen oder Beweismittel entsprechend gegeben und rechtlich zu würdigen.

(4) Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung führte die belangte Behörde aus, dass die Beseitigung der Folgen einer Unterlassung der Geltendmachung von Betriebsausgaben, sei es auf rund Unkenntnis gesetzlicher Vorschriften oder aufgrund unzutreffender Würdigung durch den Bf nicht durch die Wiederaufnahme des Verfahrens erfolgen könne. Das Wiederaufnahmeverfahren habe nicht den Zweck, allfällige Versäumnisse einer Partei im Verwaltungsverfahren zu sanieren, sondern solle die Möglichkeit bieten, bisher unbekannten, aber entscheidungswesentlichen Sachverhaltselementen Rechnung zu tragen.

(5) Nach vier Fristverlängerungsersuchen brachte der steuerliche Vertreter des Bf letztendlich einen Vorlageantrag ein, in welchem er zunächst auf den bisherigen Verfahrensverlauf hinwies.

Das Finanzamt führe als Begründung für die Abweisung der Wiederaufnahme der Verfahren im Wesentlichen aus, dass die Beseitigung der Folgen einer Unterlassung der Geltendmachung von Werbungskosten nicht durch die Wiederaufnahme des Verfahrens erfolgen könne das Wiederaufnahmeverfahren hätte nicht den Zweck, allfällige Versäumnisse einer Partei zu sanieren, sondern solle die Möglichkeit bieten bisher unbekannten oder entscheidungswesentlichen Sachverhaltselementen Rechnung zu tragen. Dem sei entgegenzuhalten, dass die Abgaben ein Behebung von einigen Grundsätzen getragen werde, wobei hier der Grundsatz des Vorranges der rechts Richtigkeit vor der Rechtsbeständigkeit zu nennen sei und insbesondere auch der Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung. Jegliche außen Prüfung durch die ab Graben Behörde beziehe sich auf die Bestimmungen des § 303 Abs 1 lit b BAO, um allenfalls nicht berücksichtigte Tatsachen, wie zB nicht erfasste Betriebseinnahmen, als Verfahrensgrund zugrundezulegen. Hier wäre demnach im Umkehrschluss ebenso die Berechtigung zur Wiederaufnahme des Verfahrens entzogen, wenn man auch hier sagen würde, dass die Wiederaufnahme des Verfahrens nicht die Versäumnisse einer Partei sanieren solle.

Dem Grundsatz, dass die Gleichmäßigkeit in den Rechtsbehelfen, sowohl für die Abgabenbehörde als auch für die Partei Rechnung tragen solle, sei in den neu gefassten Bestimmungen des § 303 BAO entsprechend Rechnung getragen worden. Nunmehr sei das grobe Verschulden der Partei für ein allfälliges Versäumnis nicht mehr im Gesetz enthalten und somit nicht mehr zu beachten. Die Begründung des Finanzamtes sei im wesentlichen dahingehend zu verstehen, dass eben ein Verschulden der Partei vorliegen würde und deshalb die in den abgeschlossenen Verfahren für die Abgabenbehörde neu hervorgekommenen Tatsachen nicht zu berücksichtigen wären. Hier irre das Finanzamt in dessen Ansicht.

Des Weiteren könne auch im Sinne der Gleichmäßigkeit der Besteuerung nicht davon gesprochen werden, dass bei derart massiven Auswirkungen in der Berücksichtigung der im Wiederaufnahmeverfahren beantragten Werbungskosten von einer Gleichmäßigkeit der Besteuerung gesprochen werden könne. Der Bf wäre ohne Berücksichtigung der Werbungskosten wohl in seinen steuerlichen Belangen sehr ungleichmäßig behandelt, zumal diese Werbungskosten deutlich über den Bagatellgrenzen für die Zulässigkeit der Wiederaufnahme eines Verfahrens lägen.

(6) Nach Vorlage der gegenständlichen Beschwerde an das Bundesfinanzgericht richtete der erkennende Richter am ein Mail an den steuerlichen Vertreter, in welchem er ausführte:

Thema der gegenständlichen Rechtssache sei einzig und allein, ob die Berücksichtigung des seitens des Bf „vergessener“, dh offenbar zunächst irrtümlich nicht berücksichtigter, Werbungskosten im Nachhinein (nach Verstreichen der Beschwerdefrist) im Wege einer Wiederaufnahme des Verfahrens möglich sei.

Dazu nehme die Judikatur einhellig eine abweisende Ansicht an; es können zu dem Grunde nach vergleichbarer Sachverhaltskonstellationen zB auf bzw (bestätigend ; vgl auch Fischerlehner, Die Wiederaufnahme im Abgabenverfahren in Holoubek/Lang [Hrsg], Korrektur fehlerhafter Entscheidungen [2017], 72) verwiesen werden. Nach den dort vertretenen Ansichten habe ein Antrag auf Wiederaufnahme bei Geltendmachung neu hervorgekommener Tatsachen insbesondere die Behauptung zu enthalten, dass Tatsachen oder Beweismittel "neu hervorgekommen sind". Damit setze aber diese Bestimmung voraus, dass diese Tatsachen im Zeitpunkt der Antragstellung bereits bekannt geworden sind. Aus dem insoweit klaren Wortlaut des § 303 Abs 1 lit b iVm Abs 2 lit b BAO sei somit abzuleiten, dass bei einem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens das Neuhervorkommen von Tatsachen aus der Sicht des Antragstellers, dh im gegenständlichen Fall des Bf, zu beurteilen sei.

Da jene Unterlagen ("neue Tatsachen"), auf die der Antrag auf Wiederaufnahme gestützt wird, somit aus derzeitiger Sicht des Bf bereits zuvor bekannt gewesen seien, sei nach Ansicht des erkennenden Richters somit der Tatbestand einer Verfahrenswiederaufnahme bereits dem Grunde nach nicht erfüllt, sodass sich jedwede Ermessensüberlegungen iSd § 20 BAO erübrigten.

Überdies sei auch noch darauf hinzuweisen, dass das Wiederaufnahmeverfahren nicht den Zweck habe, allfällige Versäumnisse einer Partei im Verwaltungsverfahren zu sanieren, sondern die Möglichkeit bieten soll, bisher unbekannten, aber entscheidungswesentlichen Sachverhaltselementen Rechnung zu tragen ( mit Verweis auf das Erkenntnis vom , 2008/15/0209).

(7) In einem am durchgeführten Erörterungstermin wurde der steuerliche Vertreter des Bf seitens des erkennenden Richters erneut auf die entsprechende, seiner Ansicht nach einschlägige, Judikatur und Literatur iZm dem Hervorkommen neuer Tatsachen und Beweismittel bei Anwendung des Rechtsinstituts der Wiederaufnahme des Verfahrens iSd § 303 BAO in Fällen, in denen der Partei der Sachverhalt bereits bekannt war, hingewiesen.

Der steuerliche Vertreter führte aus, er werde mit dem Bf „kurzfristig absprechen“, ob das Rechtsmittel aufrechterhalten werde.

(8) In der Folge kontaktierte der erkennende Richter mehrfach den steuerlichen Vertreter und ersuchte diesen, seine weitere Vorgehensweise bekanntzugeben. Seitens des steuerlichen Vertreters erfolgte keinerlei Kontaktaufnahme gegenüber dem Verwaltungsgericht.

Festgestellter Sachverhalt

(9) Der Bf hat betreffend das Jahr 2011 ihm bekannte Aufwendungen im Zusammenhang mit seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nicht als Werbungskosten geltend gemacht, sodass diese nicht berücksichtigt wurden. Zwecks Berücksichtigung dieser Aufwendungen brachte er in der Folge einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens ein. Dieser wurde vom Finanzamt mangels Hervorkommens neuer Tatsachen zurückgewiesen, wogegen der Bf Rechtsmittel (Beschwerde, Vorlageantrag) ergriff.

Beweiswürdigung

(10) Der festgestellte Sachverhalt ist unstrittig und basiert auf den im Akt des Verwaltungsgerichts befindlichen, in der Darstellung des Verfahrensablaufes erwähnten, von den Parteien des Verfahrens beigeschafften, Unterlagen.

Rechtslage

(11) Gemäß § 303 Abs 1 lit b BAO kann ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind (Neuerungstatbestand).

Zweck der Wiederaufnahme wegen Neuerungen ist somit die Berücksichtigung von bisher unbekannten, aber entscheidungswesentlichen Sachverhaltselementen. Gemeint sind Tatsachen, die zwar im Zeitpunkt der Bescheiderlassung im abgeschlossenen Verfahren bereits existierten, aber erst danach hervorgekommen sind ().

Erwägungen

(12) Im Beschwerdefall ist die Interpretation des in § 303 Abs 1 lit b BAO angeführten Begriffes des „Neuhervorkommens“ von Tatsachen insoweit strittig, ob dieser Umstand im Falle einer beantragten Wiederaufnahme aus der Sicht des Antragstellers (Bf) oder des Finanzamts (belangte Behörde) zu beurteilen sei, wobei unstrittig ist, dass diese Tatsachen dem Bf jedenfalls bekannt, der belangten Behörde hingegen unbekannt waren.

(13) Das Bundesfinanzgericht hat den steuerlichen Vertreter mittels Vorhalts sowie im Erörterungstermin detailliert und von ihm nicht beanstandet auf die aktuelle einschlägige Judikatur und Literatur hingewiesen, auf welche an dieser Stelle zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird (vgl überdies zuletzt auch ) und welcher zusammengefasst entnommen werden kann, dass bei einem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens das Neuhervorkommen von Tatsachen aus der Sicht des Antragstellers, dh im gegenständlichen Fall des Bf, und nicht aus jener der Abgabenbehörde zu beurteilen sei. Dies bedeutet somit im konkreten Fall für die Tauglichkeit (Erfolgschance) des vom Bf erhobenen Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens, dass dem Bf zunächst die Tatsache gar nicht bekannt gewesen sein hätte dürfen, dass ihm im Zusammenhang mit seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung Aufwendungen entstanden sind und ihm dieser Umstand selbst erst später bekannt geworden („neu hervorgekommen“) ist. Gerade so ist aber der Fall nicht gewesen, hat der Bf doch diese Aufwendungen (Renovierungskosten) offenbar bewusst geleistet, sodass es zu einem von ihm offenkundig realisierten Abfluss aus seiner Vermögenssphäre gekommen ist. Dem Bf war lediglich offenbar mangels steuerlichen Basiswissens die abgabenrechtliche Relevanz derartiger Zahlungen nicht bewusst bzw bekannt bzw hat er die einkommensmindernde Geltendmachung aus Unachtsamkeit unterlassen. Die Sanierung derartiger Versäumnisse einer Partei im Verwaltungsverfahren ist aber, wie dem Bf ebenfalls zur Kenntnis gebracht, nach der Judikatur nicht Sinn und Zweck einer Verfahrenswiederaufnahme.

(14) Damit ist aber das Schicksal der Beschwerde entschieden, mag der Bf auch auf (frühere), seinen Standpunkt allenfalls stützende, Aussagen des BMF hinweisen. Abgesehen davon, dass der vom Bf ins Treffen geführte Erlass mit der oben zitierten aktuellen Judikatur nicht im Einklang steht, ist er für das Verwaltungsgericht überdies nicht bindend (vgl etwa ). Da somit keine Tatsachen neu hervorgekommen sind und der Neuerungstatbestand schon dem Grunde nach nicht erfüllt ist, erübrigt sich auch, wie von der belangten Behörde zutreffend ausgeführt, eine Ermessensübung iSd § 20 BAO und somit auch eine Abwägung der Rechtsinstitute von Rechtsrichtigkeit und Rechtsbeständigkeit. Die gegen die Abweisung des Wiederaufnahmeantrags betreffend Einkommensteuer für 2011 gerichtete Beschwerde war daher abzuweisen.

Zulässigkeit einer Revision

(15) Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist gemäß Art 130 Abs 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

(16) Das gegenständliche Erkenntnis folgt der aktuellen eindeutigen Judikatur des VwGH, dass es für die Zulässigkeit einer Antrags auf Wiederaufnahme des Verfahrens bzgl des Hervorkommens neuer Tatsachen alleine auf den Wissensstand des Antragstellers ankommt. Mangels Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung war daher die ordentliche Revision unzulässig.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 303 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
Zitiert/besprochen in
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.5101363.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at