Unentgeltliche Übertragung des Kommanditanteils verbunden mit einem negativen Kapitalkonto (fortgesetztes Verfahren)
Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2019/13/0088. Mit Erk .v. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Beschluss vom erledigt.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Ri in der Beschwerdesache Bf., über die nunmehr als Beschwerde zu behandelnde Berufung gegen den Bescheid des Finanzamtes Hollabrunn Korneuburg Tulln, betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für das Jahr 2004, zu Recht erkannt:
1) Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben.
2) Der angefochtene Bescheid wird wie folgt abgeändert:
Der Betrag der im Kalenderjahr 2004 erzielten Einkünfte aus Gewerbebetrieb wird von 1,172.353,64 Euro auf 1,129.020,31 Euro herabgesetzt.
Der Anteil des B an den Einkünften wird von 46.930,87 Euro auf 3.597,54 Euro herabgesetzt.
Im Übrigen bleibt der angefochtene Bescheid unverändert.
3) Dieses Erkenntnis hat Wirkung gegenüber allen Beteiligten, denen gemeinschaftliche Einkünfte zufließen (§ 191 Abs. 2 BAO). Mit der Zustellung dieses Erkenntnisses an eine nach § 81 BAO vertretungsbefugte Person gilt die Zustellung an alle Beteiligten als vollzogen (§ 101 Abs. 3 BAO).
4) Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) eine Revision nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
A) Sachverhalt und Verfahrensgang:
Die Beschwerdeführerin (Bf.) ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung und Co Kommanditgesellschaft (GmbH & CoKG), die mit Gesellschaftsvertrag vom gegründet wurde und den Betrieb eines Institutes (Ambulatoriums) für physikalische Medizin zum Betriebsgegenstand hat.
Unbeschränkt haftende Komplementärgesellschaft ist die X Gesellschaft m.b.H. (in weiterer Folge X GmbH), an welcher A und ihr Ehegatte B bis beteiligt waren. Mit Abtretungsvertrag vom traten sie ihre Gesellschaftsanteile an der Komplementär GmbH an C ab, welcher auch die Geschäftsführung übernahm.
Als beschränkt haftende Kommanditisten fungierten A sowie ihr Ehegatte B jeweils zu 50%, mit einer Haftsumme von ATS 470.000,- sowie einer Beteiligung am Firmenwert und an den stillen Reserven. Mit Abtretungsvertrag vom übertrug A ihren 50% Kommanditanteil unentgeltlich an ihren Ehegatten B.
Im Jahr 2006 wurde die Bf. um rund 1,3 Mio. Euro an C veräußert.
Für die Jahre 2003 und 2004 fand bei der Bf. eine Außenprüfung statt. Dabei wurden im Betriebsprüfungsbericht vom - soweit für das gegenständliche Verfahren von Relevanz - folgende Feststellungen getroffen:
Tz. 2 Veräußerungsgewinn:
"A hat mit durch einen Schenkungs- und Abtretungsvertrag ihren Kommanditanteil verbunden mit einem negativen Kapitalkonto an ihren ebenfalls an der KG als Kommanditist beteiligten Ehegatten B übertragen.
Als beschränkt haftender Gesellschafter besteht für A keine Auffüllungsverpflichtung ihres negativen Kapitalkontos. Muss jedoch ein Gesellschafter sein negatives Kapitalkonto nicht auffüllen, so ist es für eine Erfassung gemäß § 24 Abs. 2 letzter Satz gleichgültig, aus welchem Grund keine Auffüllungsverpflichtung besteht (vgl. Quantschnigg/Schuch, ESt-HB, § 24, Tz. 95.4). Nur wenn an sich eine Auffüllungsverpflichtung besteht, die gegenüber dem ausscheidenden Gesellschafter aus privaten Gründen nicht geltend gemacht wird, so entsteht zunächst im Hinblick auf die Auffüllungsverpflichtung kein Veräußerungsgewinn, der Wegfall wäre als privat veranlasster Vermögensvorteil ebenfalls nicht steuerwirksam (UFS, RV/0184-K/02).
Nach Lehre und Rechtsprechung wird grundsätzlich nur dann von einer unentgeltlichen Übertragung ausgegangen, wenn ein Gesellschafter ohne Zahlungen aus einer Mitunternehmerschaft ausscheidet und die auf seinen Mitunternehmeranteil entfallenden stillen Reserven samt Firmenwert das negative Kapitalkonto (bloß buchmäßige Überschuldung) übersteigen (auch ), denn dann tritt die für eine Schenkung erforderliche Bereicherung des Übernehmers ein.
Im vorliegenden Fall wurde bei einer Besprechung am mit den Parteien des Verfahrens erklärt, dass das Unternehmen im Jahr 2006 um den Marktpreis von rund 1,3 Mio. Euro an C veräußert wurde. Schriftlicher Kaufvertrag wurde während der Prüfung keiner vorgelegt. Nachdem A am Unternehmen mit 50% beteiligt war, ist der reale Wert ihrer Anteile weit unter dem negativen Kapitalkonto und es liegt daher eine tatsächliche Überschuldung vor.
Nach § 24 Abs. 2 letzter Satz ist im Fall des Ausscheidens eines Gesellschafters, der als Mitunternehmer anzusehen ist, als Veräußerungsgewinn jedenfalls der Betrag seines negativen Kapitalkontos zu erfassen, den er nicht auffüllen muss, dabei ist es unerheblich, ob das negative Kapitalkonto durch Verluste oder Entnahmen entstanden ist.
Bei der ausscheidenden Kommanditistin ist daher ein Veräußerungsgewinn in der Höhe des negativen Kapitalkontos anzusetzen.
Der Erwerber des Mitunternehmeranteils, B, hat die anteiligen stillen Reserven samt Firmenwert zu aktivieren. Die Differenz zum übernommenen und fortzuführenden negativen Kapitalkonto ist kein Erwerbsverlust, sondern in Form eines Ausgleichs-(korrektur)Postens zu aktivieren. Der Korrekturposten ist gegen künftige Gewinnanteile des Erwerbers aus der Beteiligung erfolgsmindernd aufzulösen.
Mit den Zahlen der in der Vorbesprechung vom vorgelegten Bilanz zum wurde, unter Berücksichtigung des anteiligen Freibetrages von 3.650 Euro bei Teilbetriebsveräußerung nach § 24 Abs. 4 EStG, nachstehender Veräußerungsgewinn berechnet:
Einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung für das Jahr 2004:
KZ 330 Einkünfte aus Gewerbebetrieb 965.397 Euro"
Die belangte Behörde folgte den Feststellungen der Betriebsprüfung und nahm gemäß § 303 Abs. 4 BAO das Verfahren hinsichtlich der Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO wieder auf und erließ am einen neuen Feststellungsbescheid für das Jahr 2004.
Innerhalb der verlängerten Rechtsmittelfrist wurde gegen den Feststellungsbescheid 2004 Beschwerde (vormals Berufung) erhoben und - mangels Vorliegens eines diesbezüglichen Tatbestandes - der Nichtansatz des Veräußerungsgewinnes in der Höhe von 965.397 Euro begehrt.
Die Übertragung der Mitunternehmeranteile seitens A an ihren Gatten B sei - wie aus dem dem Finanzamt vorgelegten Vertrag zu entnehmen sei - unentgeltlich erfolgt.
Dabei habe B ausdrücklich aus privaten Gründen auf die Auffüllung des negativen Kapitalkontos verzichtet. Die Übernahme des negativen Kapitalkontos durch B sei daher aus privaten Motiven, nämlich in Schenkungsabsicht, erfolgt. Dies sei im Vertrag und dem ergänzenden Sideletter dezidiert festgehalten worden.
Es werde Bezug genommen auf des Judikat des Verwaltungsgerichtshofes vom , 94/13/0084, in welchem klar zum Ausdruck komme, dass auch bei Vorliegen eines negativen Kapitalkontos - selbst bei Vorliegen einer realen Überschuldung (im konkreten Fall liege nur eine buchmäßige Überschuldung vor) - kein Veräußerungsgewinn zu berechnen sei, wenn auf die Auffüllung des negativen Kapitalkontos aus privaten Motiven verzichtet werde und die Übergabe in Schenkungsabsicht erfolge. Der ausscheidende Kommanditist habe jedenfalls die Verpflichtung, sein negatives Kapitalkonto mit zukünftigen Gewinnen aufzufüllen (siehe § 169 Abs. 1 UGB).
Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes sei eine unentgeltliche Übertragung (ohne Ermittlung eines steuerpflichtigen Veräußerungsgewinnes gemäß § 24 EStG) bei negativen Kapitalkonten möglich, wenn:
1) das behauptete Naheverhältnis offen gelegt werde (dies sei im konkreten Fall dadurch, dass die Vertragspartner Ehegatten sind, jedenfalls evident) und
2) dem Abtretungsvertrag ein Hinweis darauf entnommen werden könne, dass die Übernahme der negativen Kapitalkonten durch die Erwerber der Anteile in Schenkungsabsicht und daher aus privaten Beweggründen erfolgt sei (gerade dieser Punkt sei im Vertrag und im ebenfalls offen gelegten Sideletter dezidiert dargelegt).
Trete daher an die Stelle des betrieblichen Interesses eine private Motivation, so müsse dies mit besonderer Deutlichkeit in Erscheinung treten.
Die vom Verwaltungsgerichtshof geforderten Kriterien seien durch das unbestreitbare Vorliegen eines Naheverhältnisses und durch die vertragliche Vereinbarung jedenfalls erfüllt. Demzufolge liege im hier zu beurteilenden Fall eine Buchwertfortführung ohne Veräußerungsgewinnermittlung vor (also auch keine Besteuerung des negativen Kapitalkontos).
Diese Rechtsansicht spiegle sich auch in den einschlägigen Richtlinien wider. Aus den Richtlinien ließen sich folgende Leitsätze ableiten:
1) Rz 5988 EStR 2000: Bei bloß buchmäßiger Überschuldung solle keine Veräußerungsgewinnermittlung stattfinden (Buchwertfortführung).
2) Rz 5972 EStR 2000: Bei unentgeltlichen Übertragungen solle (grundsätzlich) keine Veräußerungsgewinnbesteuerung nach § 24 EStG einsetzen (also auch keine Besteuerung des negativen Kapitalkontos).
3) Rz 6005 EStR 2000: Bei einer hohen Differenz zwischen dem Verkehrswert der Anteile und dem Kaufpreis habe ebenfalls keine Veräußerungsgewinnermittlung stattzufinden.
Im hier zu beurteilenden Fall sei insbesondere die Rz 6005 zu beachten, die die Übernahmen zwischen Angehörigen behandle, die besonders hohe bzw. besonders niedrige Übernahmepreise aufweisen würden. Demzufolge sei eine Untersuchung vorzunehmen, ob für die Kaufpreisfindung außerbetriebliche Motive ausschlaggebend gewesen seien. Sei dies der Fall, sei von einem unentgeltlichen Vorgang auszugehen. Auch das Beispiel der Angehörigenschenkungen mit Verzicht auf die Auffüllung des Kapitalkontos (=Übernahme des negativen Kapitalkontos) könne hier als Beispiel für den unentgeltlichen Erwerb herangezogen werden.
Dass die Richtlinien eine Unschärfe insoweit aufweisen würden, als zum einen die unentgeltliche Übertragung grundsätzlich keine Veräußerungsgewinnbesteuerung und zum anderen nur bei buchmäßiger (unentgeltlicher) Übertragung keine Veräußerungsgewinnbesteuerung auslösen soll, könne für den hier zu beurteilenden Sachverhalt dahingestellt bleiben. Im gegenständlichen Fall liege nämlich lediglich eine buchmäßige Überschuldung vor.
Für die hier vertretene Auffassung könne des Weiteren ins Treffen geführt werden, dass die oben zitierte Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes in die Richtlinien aufgenommen worden sei (Rz 6005 EStR mit dem Beispiel der Angehörigenübertragung und Verzicht auf Auffüllung des negativen Kapitalkontos bei der Kaufpreisfindung aus außerbetrieblichen, privaten Gründen).
Zusammenfassend könne daher gesagt werden, dass im vorliegenden Fall lediglich eine buchmäßige Überschuldung vorliege. Für die Richtigkeit dieser Ansicht werde dem Beschwerdeschreiben ein Privatgutachten des gerichtlich beeideten Buchsachverständigen D beigelegt. Seine Kanzlei sei seit 25 Jahren auf die Vertretung und Beratung für Gesundheitsberufe spezialisiert. D selbst betreue einige hunderte Ärzte sowie Krankenanstalten und diverse Institute und sei ständiger Konsulent diverser Ärztekammern. Bei dem Gutachter handle es sich daher um einen ausgewiesenen Spezialisten in der betriebswirtschaftlichen und steuerlichen Beratung von Gesundheitsberufen.
Selbst wenn sich die Behörde dieser gutachterlichen Beurteilung über das Vorliegen eines positiven Verkehrswertes nicht anschließen sollte, führe dies - gestützt auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes - zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung, da selbst bei Vorliegen einer realen Verschuldung keine Veräußerungsgewinnbesteuerung nach § 24 EStG einsetze. Damit werde in jeder denkmöglichen Fallgestaltung (buchmäßige oder reale Überschuldung) keine Veräußerungsgewinnbesteuerung ausgelöst.
In seiner Stellungnahme zur Beschwerde vom wies der Betriebsprüfer darauf hin, dass bei der durchgeführten Betriebsprüfung festgestellt worden sei, dass die Kommanditistin A im Rahmen eines Schenkungs- und Abtretungsvertrages vom per Stichtag ihren Kommanditanteil an ihren ebenfalls an der KG als Kommanditist beteiligten Ehegatten B übertragen habe. 50% der Kommanditanteilen seien zu diesem Zeitpunkt A zuzurechnen gewesen, ihre Haftsumme als Kommanditistin habe laut Firmenbuchauszug bis zum gleichfalls wie die von B ATS 470.000,- (34.156,23 Euro) betragen. Zum Zeitpunkt der Schenkung habe das negative Kapitalkonto von A 1,028.057,47 Euro betragen, wobei der Negativbetrag zum weitaus überwiegenden Teil aus Entnahmen resultiert habe.
Nach Anfrage an den bundesweiten Fachbereich zur steuerlichen Beurteilung der Übertragung eines Kommanditanteils mit negativem Kapitalkonto zwischen Ehegatten übermittelte dieser nach Rücksprache mit dem Bundesministerium für Finanzen Abt. VI/6 folgende rechtliche Beurteilung:
"Nach § 24 Abs. 2 letzter Satz EStG ist im Fall des Ausscheidens eines Gesellschafters, der als Mitunternehmen anzusehen ist, als Veräußerungsgewinn jedenfalls der Betrag seines negativen Kapitalkontos zu erfassen, den er nicht auffüllen muss. Übersteigt daher das negative Kapitalkonto des Kommanditisten zum Zeitpunkt seines Ausscheidens die anteiligen stillen Reserven und besteht für ihn keine Auffüllungsverpflichtung, ist grundsätzlich in Höhe des negativen Kapitalkontos ein Veräußerungsgewinn anzusetzen (Rz 5994 EStR 2000).
Steuerliche Auswirkungen bei der ausscheidenden Kommanditistin:
Bei der ausscheidenden Kommanditistin ist ein Veräußerungsgewinn in Höhe des negativen Kapitalkontos anzusetzen.
Steuerliche Auswirkung beim Erwerber des Kommanditanteils:
Sofern in der Kommanditbeteiligung stille Reserven sowie ein Firmenwert enthalten sind, sind sie auf die einzelnen Wirtschaftsgüter zu verteilen, zu aktivieren und auf die Restnutzungsdauer des jeweiligen Wirtschaftsgutes abzuschreiben.
Der Restbetrag des negativen Kapitalkontos geht in einen Ausgleichsposten und kann mit späteren laufenden Gewinnen, bzw. bei Ausscheiden mit Veräußerungsgewinnen aufwandswirksam verrechnet werden."
Im Zuge der Besprechungen sei daraufhin mehrmals die Erbringung eines Nachweises über den realen Wert der Anteile von A gefordert worden. Bei einer Besprechung vom sei von der steuerlichen Vertretung erklärt worden, dass die Bf. im Jahr 2006 von C gekauft worden sei, dass jedoch noch kein schriftlicher Vertrag existiere. Als Kaufpreis seien rund 1,3 Mio. Euro vereinbart worden. Dies entspreche dem damaligen Marktpreis. Kurz vor der Besprechung sei von der steuerlichen Vertretung eine schriftliche Stellungnahme zur Übertragung der KG Anteile eingereicht worden. Darin sei eine Berechnung zur Darstellung eines positiven Verkehrswertes durch Ansatz des Firmenwertes plus stiller Reserven enthalten gewesen.
Bei der durchgeführten Vorbesprechung am sei seitens des Finanzamtes entschieden worden, dass der Veräußerungsgewinn in Höhe des negativen Kapitalkontos zu versteuern sei, da der Sachverhalt die Voraussetzungen nach § 24 Abs. 2 letzter Satz EStG erfülle. A habe als beschränkt haftender Gesellschafter keine Auffüllungsverpflichtung gehabt und durch den tatsächlich erzielten Verkaufspreis von rund 1,3 Mio. Euro habe sich der reale Wert der Anteile bei 50%iger Beteiligung weit unter dem negativen Kapitalkonto befunden, sodass eine tatsächliche Überschuldung vorgelegen sei.
§ 24 Abs. 2 letzter Satz EStG treffe eine Regelung, mit der im Ergebnis eine handelsrechtlich allenfalls nicht bestehende Verpflichtung eines ausscheidenden Mitunternehmers zur Auffüllung seines negativen Kapitalkontos für steuerliche Zwecke jedenfalls als bestehend fingiert werde, sodass die Übernahme dieser (fingierten) Verpflichtung durch bisherige oder neu eintretende schuldbefreiend wirke und so zu einem Veräußerungsgewinn führe.
Müsse ein Gesellschafter sein negatives Kapitalkonto nicht auffüllen, so sei es für eine Erfassung gemäß § 24 Abs. 2 letzter Satz EStG gleichgültig, aus welchem Grund keine Auffüllungsverpflichtung bestehe (vgl. Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuerhandbuch, § 24, Tz 95.4).
Am legte das Finanzamt die Beschwerde dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vor.
Mit Berufungsentscheidung vom wies der Unabhängige Finanzsenat die Beschwerde als unbegründet ab.
Dagegen erhob die Bf. Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.
Mit Erkenntnis vom , 2012/15/0028, hob der Verwaltungsgerichtshof die Berufungsentscheidung des Unabhängigen Finanzsenates wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf. Nach den Ausführungen im aufhebenden Erkenntnis hat es der Unabhängige Finanzsenat verabsäumt, eine Begründung dafür anzuführen, warum im Streitjahr 2004 keine anteilige Firmenwertabschreibung gewinnmindernd berücksichtigt wurde.
In der Folge ersuchte das Finanzamt die Bf. um Stellungnahme zum Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2012/15/0028, sowie um eine betragsmäßige Aufschlüsselung betreffend den anteiligen Firmenwert.
Mit Eingabe vom übermittelte die Bf. ein neuerliches Verkehrswertgutachten von E und beantragte die Würdigung dieses Gutachtens im Rahmen des abgabenrechtlichen Verfahrens. Des Weiteren führte die Bf. aus, dass der Gutachter zu dem Schluss komme, dass dem von A an B übertragenen Kommanditanteil ein positiver Verkehrswert in der Höhe von 137.000 Euro beizumessen sei. Das negative Kapitalkonto von A habe zum Übertragungszeitpunkt () minus rund 969.047 Euro betragen; der anteilige Firmenwert per habe daher 1,106.047 Euro betragen. Eine Abschreibung des Firmenwertes für das Jahr 2004 im Rahmen einer einheitlichen Gewinnermittlung auf Ebene des Erwerbers des Kommanditanteils - B - ergebe sich somit nicht, da der übertragene Kommanditanteil zwar buchmäßig überschuldet gewesen, aber in Summe ein positiver Verkehrswert übertragen worden sei und somit eine unentgeltliche Übertragung im ertragssteuerlichen Sinn vorliege. Es sei daher im Jahr 2004 kein Veräußerungsgewinn gemäß § 24 EStG festzusetzen.
Mit Eingabe vom übermittelte das Finanzamt eine Stellungnahme zum Verkehrswertgutachten. Darin führte die belangte Behörde aus, dass im neuerlichen Gutachten wiederum das Ertragswertverfahren angewandt werde, welches bereits in der Entscheidung des Unabhängigen Finanzsenates vom , RV/0843-W/08, als weniger gut geeignet eingestuft wurde. Weiters würden trotz sinkender Umsätze bis 2003 im Gutachten wesentliche Umsatzsteigerungen der Unternehmenswertberechnung zugrunde gelegt. Laut Grobplanung würden für 2003 sogar von Umsätzen in der Höhe von 805.500 Euro ausgegangen, obwohl die tatsächlichen Umsätze nur 752.591 Euro betragen hätten. Des Weiteren wurde bemängelt, dass die Bewertung laut Gutachten zum Stichtag erfolgt sei, die Übertragung des Kommanditanteils jedoch bereits zum erfolgt sei.
Da seitens der Bf. keine Firmenwert-AfA berechnet worden sei bzw. die Möglichkeit einer Firmenwert-AfA mangels Vorliegens eines entgeltlichen Vorganges verneint worden sei, ermittelte das Finanzamt den Firmenwert wie folgt:
Unternehmenswert: 1,300.000 Euro, 50% davon sind 650.000 Euro
Veräußerungsgewinn: 965.397 Euro (negativer Stand des Kapitalkontos zum Abtretungsstichtag, Bestätigung des Wertes siehe VwGH 2012/15/0028, Seite 9)
Firmenwert: Bei der Annahme, dass in den einzelnen Wirtschaftsgütern keine stillen Reserven enthalten sind betrage der Firmenwert 650.000 Euro und sei dieser auf 15 Jahre abzuschreiben, wobei für 2004 aufgrund des Bilanzstichtages 31.12.204 eine Ganzjahres-AfA zustehe.
Diese Stellungnahme wurde auch der Bf. zur Wahrung des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht. In ihrer Gegenstellungnahme vom führte die Bf. aus, dass für die Berechnung des Firmenwerts eines Unternehmens zuerst natürlich der Verkehrswert (=Unternehmenswert) ermittelt werden müsse, erst danach werde der Verkehrswert um den Buchwert des Eigenkapitals verringert, erst dies Differenzrechnung ergäbe den originären Firmenwert. Die Berechnung des Unternehmenswerts sei daher wohl eine Vorfrage zur Berechnung des anteiligen Firmenwerts. Da eine eigenständige Unternehmensbewertung eine state-of-the-art-Bewertung eines Unternehmens nach dem Ertragswertverfahren bzw. nach dem Discounted Cash Flow Verfahren voraussetze, habe die Bf. den Bewertungsgutachter E beauftragt, welcher das Bewertungsgutachten erstellte. Da das Gutachten einen positiven Wert ergeben habe, seien von der Bf. noch ein paar ergänzende Bemerkungen angefügt worden (keine Veräußerungsgewinnermittlung, da ein zu Verkehrswerten positives Vermögen übertragen worden sei, etc.).
Da seitens der Bf. ein Privatgutachten vorgelegt worden sei, sei dieses seitens der Finanzbehörde, aber auch seitens des Bundesfinanzgerichtes zu würdigen. Im Hinblick auf die Beweiskraft des Gutachtens sei es unmaßgeblich, ob es von einem öffentlich bestellten Sachverständigen iSd. § 177 Abs. 1 oder von einer anderen geeigneten Person iSd. § 177 Abs. 2 erstellt worden sei, ob es von der Behörde in Auftrag gegeben worden sei oder ob es sich dabei um ein von der Partei vorgelegtes "Privatgutachten" handle. Diese Gutachten seien gleichrangige Beweismittel. Es wäre insbesondere unzulässig, einem Privatgutachten von vornherein eine geringere Beweiskraft als einem von Amts wegen eingeholten Gutachten beizumessen, nur aus dem Grund, weil das Privatgutachten offensichtlich im Interesse der Partei erstellt worden sei. Es komme allein auf die Qualität des Gutachtens an, insbesondere auf die Klarheit, Verständlichkeit und Schlüssigkeit des Gutachtens und auf den Grad des erkennbaren inneren Wahrheitswertes (Stoll, BAO, S 1866).
Die Behörde habe die Gründe für ihre Beweiswürdigung (ob und weshalb sie einem Gutachten folge bzw. davon abweiche) in der Sachentscheidung darzulegen. Wenn sie dem Ergebnis eines Gutachters nicht zu folgen vermag, könne sie die Beweiskraft nur mit dem Nachweis erschüttern, dass dieses Gutachten den Denkgesetzen oder mit den Erfahrungen des täglichen Lebens in Widerspruch stehe. Wenn die Behörde zur Ansicht gelangt, dass ein Gutachten den Erkenntnissen der jeweiligen Wissenschaft nicht entspreche oder mit den Naturgesetzen in Widerspruch stehe, so müsse sie diese Behauptungen durch das Gutachten eines anderen Sachverständigen unter Beweis stellen (Stoll, BAO, S 1862).
Aus der Angabe des positiven Unternehmenswertes von 1.300.000 Euro sei zu schließen, dass nun auch die Finanzverwaltung von einem offenbar positiven Verkehrswert der Mitunternehmeranteile ausgehe. Zur Problematik des Bewertungsstichtages wendete die Bf. ein, dass die KG-Anteile zwar am übertragen, nur als interner Risiko- und Lastenübergang aber der worden sei. Der wirtschaftliche Eigentumsübergang habe daher erst am stattgefunden, weswegen die Bewertung auf diesen Tag zu rechnen sei.
B) Über die Beschwerde wurde erwogen:
1.) Entscheidungsrelevanter Sachverhalt:
Im gegenständlichen Fall hat die Kommanditistin A mit Notariatsakt vom per Stichtag ihre Gesellschaftsanteile im Ausmaß von 50% an der Bf. im Rahmen eines Schenkungs- und Abtretungsvertrages an ihren ebenfalls als Kommanditist an der Bw. zu 50% beteiligten Ehegatten B übertragen. Zum Zeitpunkt der Abtretung ihrer Gesellschaftsanteile hat das Kapitalkonto der Kommanditistin einen negativen Stand von 965.397 Euro aufgewiesen.
Im Jahr 2006 wurden sämtliche Kommanditanteile an der Bf. um 1,3 Mio. Euro an C veräußert.
Strittig ist im gegenständlichen Fall, ob das negative Kapitalkonto der ausscheidenden Kommanditistin A als Veräußerungsgewinn gemäß § 24 Abs. 2 EStG zu versteuern ist.
2. Beweiswürdigung:
Die obigen Sachverhaltsfeststellungen sind allesamt aktenkundig. Dagegen sprechende Umstände wurden nicht vorgebracht und sind auch nicht ersichtlich.
Vor diesem Hintergrund durfte das Bundesfinanzgericht die obigen Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs. 2 BAO als erwiesen annehmen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Betreffend die Bewertung der Gesellschaftsanteile der Kommanditistin A wird auf die Entscheidung des Unabhängigen Finanzsenates vom , RV/0843-W/08, verwiesen.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , 2012/15/0028, ausgeführt hat, ist es im Hinblick auf die unbedenklichen Feststellungen der belangten Behörde zum Wert des KG-Anteiles nicht als rechtswidrig zu erkennen, dass von einer "unentgeltlichen" Übertragung des Kommanditanteils der Kommanditistin A auf ihren Ehegatten B ausgegangen und somit ein Anwendungsfall des § 24 Abs. 2 letzter Satz EStG 1988 angenommen wird.
Nach den Ausführungen in dem aufhebenden Erkenntnis wurde hingegen verabsäumt, eine Begründung dafür anzuführen, warum im Streitjahr 2004 nicht eine anteilige Firmenwertabschreibung gewinnmindernd berücksichtigt wurde.
Dieses Versäumnis wird hiermit behoben.
Die Bf. hat im fortgesetzten Verfahren ein neuerliches Verkehrswertgutachten, erstellt von E (beeideter Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, eingetragen in der Gerichtssachverständigenliste des HG Wien für die Bereiche Unternehmensbewertung und Unternehmensplanung), vorgelegt. Dabei kommt der Gutachter zu dem Schluss, dass dem von A an ihren Ehegatten B übertragenen Kommanditanteil ein positiver Verkehrswert in der Höhe von rund 137.000 Euro beizumessen sei. Das negative Kapitalkonto von A habe zum Übertragungszeitpunkt am rund minus 969.047 Euro, der anteilige Firmenwert per 1,106.047 Euro betragen. Eine Abschreibung des Firmenwertes für das Jahr 2004 im Rahmen der einheitlichen Gewinnermittlung auf Ebene des Erwerbers des Kommanditanteils (B) ergebe sich somit nicht, da der übertragene Kommanditanteil zwar buchmäßig überschuldet gewesen, in Summe aber ein positiver Verkehrswert übertragen worden sei und somit eine unentgeltliche Übertragung im ertragssteuerlichen Sinn vorliege. Es sei daher im Jahr 2004 kein Veräußerungsgewinn gemäß § 24 EStG festzusetzen.
Wie bereits in der Entscheidung des Unabhängigen Finanzsenates vom , RV/0843-W/08, festgestellt wurde, ist im Rahmen einer objektivierten Unternehmensbewertung der objektivierte Unternehmenswert ein typisierender Zukunftserfolgswert, der sich bei Fortführung des Unternehmens auf Basis des bestehenden Unternehmenskonzepts ergibt. Damit ist aber von einem unveränderten Management oder für den Fall des Wechsels des Managements von durchschnittlichen Managementleistungen auszugehen. Der Unabhängige Finanzsenat kritisierte die dem ursprünglichen Privatgutachten von D zugrunde liegenden Werte, weil diese zwar von positiven Zukunftserwartungen ausgingen, nicht jedoch auf dem zum Bewertungsstichtag bestehenden Unternehmenskonzept aufbauten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat diese Feststellungen des Unabhängigen Finanzsenates in seinem Erkenntnis vom , 2012/15/0028, nicht beanstandet.
Dennoch geht das neue Verkehrsgutachten von E von Werten aus, die der Erwerber, C, als überdurchschnittlich in der Branche Versierter zu erzielen gedenkt.
Das Verkehrsgutachten von E hat daher die Feststellungen des Unabhängigen Finanzsenates, wonach bei einer objektivierten Betrachtung von Durchschnittswerten auszugehen ist, nicht entkräftet.
Dem gegenüber wirken die Berechnungen des Finanzamtes schlüssig und stichhaltig.
Es war daher weiterhin von einem negativen Wert des Kapitalkontos auszugehen.
Da seitens der Bf. keine Berechnung der Firmenwertabschreibung erfolgte bzw. die Möglichkeit einer Firmenwertabschreibung in Ermangelung der Annahme eines entgeltlichen Vorganges verneint wurde, ist der Firmenwert mittels griffweiser Schätzung gemäß § 184 BAO wie folgt zu ermitteln:
Unternehmenswert: 1,300.000 Euro
Firmenwert: 50% von 1,300,000 Euro = 650.000 Euro
650.000 Euro / 15 Jahre = 43.333,33 Euro pro Jahr
Da aus den Akten keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich sind, dass in den einzelnen Wirtschaftsgütern stille Reserven enthalten sind und auch die Bf. kein diesbezügliches Vorbringen erstattet hat, sind daher im Streitjahr 2004 bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb des B 43.333,33 Euro in Abzug zu bringen.
In seinem Schreiben vom hat das Finanzamt den Firmenwert der Bf. bereits in der Höhe von 650.000 Euro schätzungsweise ermittelt. Die Bf. hat gegen diese Wertermittlungen keinerlei Einwendungen gebracht.
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
C) Unzulässigkeit einer Revision:
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das Bundesfinanzgericht ist bei der Beurteilung der Rechtsfragen der in dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 2012/15/0028, vorgegebenen Judikatur gefolgt. Die darüber hinausgehende Berechnung der anteiligen Firmenwertabschreibung für das Streitjahr 2004 hing von der Lösung von nicht über den Einzelfall hinausgehenden Sachverhaltsfragen ab. Es liegt daher keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 24 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.7102940.2013 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at