Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.05.2019, RV/5100637/2011

Überprüfung des Grenzbetrages beim Alleinverdienerabsetzbetrag.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter in der Beschwerdesache über die Beschwerde vom (damals noch Berufung) gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Braunau Ried Schärding vom , betreffend Einkommensteuer 2006, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer erzielte im Streitjahr 2006 ua Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit.

In seiner Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2006 beantragte der Beschwerdeführer ua die Zuerkennung des Alleinverdienerabsetzbetrages. Im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2006 vom gewährte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer antragskonform den Alleinverdienerabsetzbetrag iHv 1.329,- Euro.

Mit Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2006 vom wurde das Verfahren hinsichtlich der Einkommensteuer 2006 wieder aufgenommen. Gleichzeitig erließ die belangte Behörde einen neuen Einkommensteuerbescheid (Bescheid vom ), in dem der Alleinverdienerabsetzbetrag nicht mehr zuerkannt wurde. Begründend führte die belangte Behörde im neuen Sachbescheid an, dass der Alleinverdienerabsetzbetrag nicht berücksichtigt werden konnte, da die steuerpflichtigen Einkünfte inkl. Wochengeld des Ehepartners des Beschwerdeführers höher als der maßgebliche Grenzbetrag von 6.000 Euro seien. Weiters wurden die Topf-Sonderausgaben unter Zugrundelegung folgender Formel neu berechnet: (50.900,00 – 41.241,43) * 1.095,00/14.500,00. Demgegenüber waren die Topf-Sonderausgaben im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2006 vom noch nach folgender Formel berechnet worden: (50.900,00 – 41.241,43) * 1.705,53/14.500,00.

In seiner fristgerecht erhobenen Berufung gegen den neuen Sachbescheid (Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2006 vom ) vom führte der Beschwerdeführer aus, dass das Einkommen seiner Ehegattin laut Einkommensteuerbescheid vom 2.652,56 Euro betrage. Darüber hinaus würden auch die unter KZ 245 ausgewiesenen steuerpflichtigen Bezüge sowie die beigelegten Bestätigungen der an die Ehegattin Bezüge auszahlenden Stellen (Land Oberösterreich und AMS) immer einen Betrag von weniger als 6.000,- Euro ergeben. Die Streichung des Alleinverdienerabsetzbetrages sei daher nicht gerechtfertigt. Weiters sei für den Beschwerdeführer nicht nachvollziehbar und auch nicht begründet, weshalb die Topf-Sonderausgaben im Vergleich zum ursprünglichen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2006 vom im neuen Sachbescheid vom nun nach einer anderen Formel berechnet wurden.

Am erließ die belangte Behörde eine Berufungsvorentscheidung und wies die Berufung als unbegründet ab. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass die steuerpflichtigen Einkünfte inkl. Wochengeld des Ehepartners des Beschwerdeführers höher als der maßgebliche Grenzbetrag von 6.000 € seien, wobei der Grenzbetrag wie folgt zu berechnen sei:

Gesamtbetrag der Einkünfte lt. Einkommensteuerbescheid              € 2.902,87

+ mit festen Sätzen besteuerte Bezüge § 67 Abs. 3-8 lt. Lohnzettel  € 3.210,96

= Grenzbetrag                                                                             € 6.113,83

Betreffend die Berechnung der Topf-Sonderausgaben führte die belangte Behörde aus, dass der Betrag von 1.095,- Euro „der Sonderausgabenhöchstbetrag eines Pflichtigen mit (mehr als) 3 Kindern“ sei.

Mit Anbringen vom stellte der Beschwerdeführer fristgerecht einen Antrag auf Vorlage der Berufung an die damals zuständige Abgabenbehörde zweiter Instanz. In seinem Vorlageantrag verwies der Beschwerdeführer auf einen von seiner Ehegattin eingebrachten Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich der Einkommensteuer 2006.

Die Einkommensteuer für das Jahr 2006 der Ehegattin des Beschwerdeführers war mit Bescheid vom durch das zuständige Finanzamt im Zuge der Arbeitnehmerveranlagung erklärungsgemäß veranlagt worden.

Mit Schriftsatz vom stellte die Ehegattin des Beschwerdeführers einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich ihrer Einkommensteuerveranlagung für das Jahr 2006. Diesen Antrag begründete sie wie folgt: „Ich beantrage die beigelegte Rechnung im dem Verfahren hinsichtlich meiner Einkommensteuer für das Jahr 2006 als Werbungsausgabe zu berücksichtigen. Die steuerlichen Auswirkungen können nicht als geringfügig angesehen werden, da diese auch das laufende Verfahren meines Gatten beeinflussen.“ Beigelegt war die Rechnung einer Psychotherapeutin vom über 120,- Euro, in der „6 x Gruppentherapie in der Zeit von 25. September bis “ als Leistung ausgewiesen wurde.

Mit Vorhalt vom wurde die Ehegattin des Beschwerdeführers ersucht, folgende Fragen zu beantworten bzw. die angeforderten Unterlagen vorzulegen: „1. Zu welchem Zweck wurde die Gruppentherapie im Jahr 2006 absolviert? 2. Da Sie im Jahr 2006 aus dem Lehrberuf ausgeschieden sind, bestand für eine Fortbildung in diesem Beruf keine Veranlassung. 3. Was war der Inhalt dieser Therapiesitzungen? Die Kursunterlagen etc, sind vorzulegen.“

Am langte beim Finanzamt die Beantwortung dieses Vorhaltes, abgefasst auf der Rückseite des Schriftsatzes des Finanzamtes, ein: „ad 1) BERUFLICHE FORTBILDUNG ad 2) Ich bin nach wie vor Dipl.-Pädagogin! ad 1) Ich möchte klar stellen: keine Therapie - sondern Gruppenselbsterfahrungssitzungen! Inhalt siehe Bestätigung und Anlage“.

Die Ehegattin des Beschwerdeführers legte der Vorhaltsbeantwortung eine Teilnahmebestätigung sowie eine Einladung bei, der folgender Text zu entnehmen ist:

WIR WISSEN WENIG VON UNSERER SEELE -SIE ABER WEISS ALLES VON UNS

Viele Fähigkeiten für eine erfolgreiche Weiterentwicklung schlummern in uns und wollen entdeckt werden.

Beim gemeinsamen Gestalten in der Gruppe werden für die einzelnen Teilnehmerlnnen Bedingungen und Erscheinungsformen persönlicher und sozialer Schwierigkeiten erfahrbar, aber auch, wie diese durch Kreativität verwandelt werden können.

Anderen zu begegnen, um sich selbst zu finden, ist ein Weg, der Ängste abbauen und Blockaden lösen hilft und zu mehr Gelassenheit und selbstsicherem Verhalten führt.

Für die Arbeit mit Bildern und Symbolen, mit Träumen und Mythen werden wir uns genügend Zeit nehmen. Sie lassen uns die Kraft der heilenden Bilder erfahren und die Botschaften der Seele verstehen.

Nach längerer Pause biete ich im alten bäuerlichen Anwesen in K. wieder 2 Gestaltgruppen für Therapie und Selbsterfahrung an.

Dazu lade ich Sie / Dich herzlich ein.

Eine Gruppe für Männer und Frauen ist vorerst für 6 Sonntag- Nachmittage geplant.

Beginn: 14 Uhr, Ende: 18 Uhr.

Eine Gruppe nur für Frauen ist für 6 Montag-Abende vorgesehen. Beginn: 18 Uhr, Ende: ca. 21.30 Uhr.

Anzahl der Teilnehmerlnnen pro Gruppe:

Mindestens 7, maximal 12.

Die Kosten sind je nach Teilnehmerzahl 20.- bis 25.- € pro Person und Abend / Nachmittag. Ob von der Krankenkasse Zuschüsse gewährt werden, ist mit mir individuell abzusprechen.

Termine:

Erster Sonntag zum Schnuppern ist der .

Folgetermine: 8.10./22.10./29.10./12. 11./.

Erster Montag zum Schnuppern ist der . Folgetermine: 9. 10./23. 10./30. 10./13. 11./.“

Mit Bescheid vom wies die Abgabenbehörde erster Instanz den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens zur Arbeitnehmerveranlagung 2006 ab. Dahingehend begründet, dass Werbungskosten abzugsfähig wären, wenn ein Zusammenhang mit einer konkret ausgeübten Tätigkeit bestünde. Die Antragstellerin sei im September 2006 aus dem Lehrberuf ausgeschieden, weshalb schon aus diesem Grunde keine Werbungskosten vorliegen würden. Darüber hinaus handle es sich bei dem besuchten Kurs um ein Selbsterfahrungsseminar. Das in derartigen Seminaren vermittelte Wissen sei von allgemeiner Natur und könne sowohl im privaten wie auch im beruflichen Lebensbereich Anwendung finden, sodass – auch bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen – diese Kosten nicht abzugsfähig wären ( ua).

Mit Schriftsatz vom erhob die Ehegattin des Beschwerdeführers Berufung gegen den Abweisungsbescheid. Begründend führte sie aus: „Ich fühle mich durch Ihren Bescheid, selbst wenn er rechtens erscheinen mag benachteiligt und ungerecht behandelt. Ihr Bescheid bestätigt die unlängst, auch in Regierungskreisen diskutierte Benachteiligung der Frau in unserer Gesellschaft und besonders in der Berufs- und Finanzwelt. Wir sind eine Familie mit fünf Kindern und dementsprechend lange war es mir nicht möglich meinen Beruf auszuüben. Als ich mich dazu entschloss wieder in meinen Beruf einzusteigen war dies aus familiären Gründen nur Halbzeit möglich. Den etwas spärlichen Ertrag aus dieser Tätigkeit können Sie sicherlich aus Ihren Akten entnehmen, den Halbzeit verdient man gerade mal soviel, dass der Alleinverdienerabsetzbetrag meines Gatten wegfällt, also unterm Strich bleibt ein Butterbrot. Wofür???? Arbeit, Kinderversorgen, Kinder allein zu Haus, Kinder irgendwo unterbringen, Haushalt,..... also die klassische Doppelbelastung der Frau. Ihrem Argument, dass diese Bildungsausgaben nicht unmittelbar mit einer konkret ausgeübten Tätigkeit in Zusammenhang stehen, möchte ich somit, begründet durch meine familiäre Situation widersprechen und gleichzeitig darauf hinweisen, dass ich durch diese Fortbildungsmaßnahme meine berufliche Qualifikation festige und erweitere. Solche Bildungsmaßnahmen sind zwingend notwendig für eine Rückkehr in meinen Beruf, wann auch immer. Ihrer Argumentation, dass das vermittelte Wissen in einem Selbsterfahrungsseminar von allgemeiner Natur ist und somit privat auch genutzt werden kann, kann ich nicht folgen, da meine Aufgabe als Grundschullehrerin nun mal das Vermitteln von Allgemeinwissen ist. Außerdem kann fast jedes vermittelte Wissen auch privat genutzt werden. Würde mein Gatte ein Seminar über elektrische Sicherheit besuchen, so wäre dies von Ihnen vermutlich ohne Zweifel als Werbungskosten akzeptiert worden (er ist Ingenieur für Elektrotechnik) auch wenn er dieses Wissen bei unserem privaten Hausbau nutzen kann! Wenn nun wir Frauen in unseren klassischen Berufen tätig sind (im sozialen Bereich) so verspüre ich hier durch Ihre Abweisung eine deutliche Geringschätzung unseres Engagements und dadurch wiederum eine der viel zitierten Benachteiligungen.

Mit Berufungsvorlage vom legte das Finanzamt die gegenständlich Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vor. Der Unabhängige Finanzsenat (Berufungsentscheidung des ) hat die Berufung als unbegründet abgewiesen und den angefochtenen Bescheid dahingehend abgeändert, dass er ausspricht: „Der Antrag vom auf Wiederaufnahme des Verfahrens gem. § 303 BAO hinsichtlich des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2006, ausgestellt am , wird zurückgewiesen.

Begründend führte der UFS aus, dass die Wiederaufnahme des Verfahrens auf Antrag nach der damals geltenden Rechtslage an eine Dreimonatsfrist gebunden war und diese Frist bei weitem überschritten worden war: „Der Fristenlauf für die beantragte Wiederaufnahme hat bereits mit Eintritt der Rechtskraft des Einkommensteuerbescheides 2006, nämlich mit , begonnen. Die Bw hatte aufgrund ihrer Kursteilnahme Kenntnis von den möglicherweise bestehenden Werbungskosten ab der Seminarteilnahme (25. September bis ). Der Antrag auf Wiederaufnahme wurde von ihr jedoch erst am beim Finanzamt eingebracht, sodass eindeutig und unzweifelhaft eine Fristüberschreitung von mehr als einem Jahr vorliegt.“

In Folge der Rechtskraft des Einkommesnteuerbescheides 2006 seiner Ehegattin wurde der Beschwerdeführer mit Schreiben der belangten Behörde vom ersucht, seinen Vorlageantrag zurückzunehmen. Da der Beschwerdeführer diesem Ersuchen nicht nachgekommen ist, legte die belangte Behörde den Beschwerdeakt an die damals zuständige Abgabenbehörde zweiter Instanz vor.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Gemäß § 323 Abs 38 BAO sind die am bei dem unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen und Devolutionsanträge vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art 130 Abs 1 B-VG zu erledigen. Solche Verfahren betreffende Anbringen wirken mit auch gegenüber dem Bundesfinanzgericht.

Dementsprechend stellt das Bundesfinanzgericht auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:

Im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2006 vom gewährte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer antragskonform den Alleinverdienerabsetzbetrag iHv 1.329,- Euro. Der Gesamtbetrag der Einkünfte des Beschwerdeführers betrug 41.241,43,- Euro.

Mit Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2006 vom wurde das Verfahren hinsichtlich der Einkommensteuer 2006 wieder aufgenommen. Gleichzeitig erließ die belangte Behörde einen neuen Einkommensteuerbescheid (Bescheid vom ), in dem der Alleinverdienerabsetzbetrag nicht mehr zuerkannt wurde. Begründend führte die belangte Behörde im neuen Sachbescheid an, dass der Alleinverdienerabsetzbetrag nicht berücksichtigt werden konnte, da die steuerpflichtigen Einkünfte inkl. Wochengeld des Ehepartners des Beschwerdeführers höher als der maßgebliche Grenzbetrag von 6.000 Euro seien. Zudem wurde auch die Höhe der abzugsfähigen Topf-Sonderausgaben neu berechnet, wobei vom Vorhandensein von mindestens drei Kindern (§ 106 Abs. 1 und 2 EStG 1988) ausgegangen wurde. Die Neuberechnung erfolgte unter Zugrundelegung folgender Formel: (50.900,00 – 41.241,43) * 1.095,00/14.500,00. Demgegenüber waren die Topf-Sonderausgaben im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2006 vom noch nach folgender Formel berechnet worden: (50.900,00 – 41.241,43) * 1.705,53/14.500,00.

Die Ehegattin des Beschwerdeführers war im Jahr 2006 als Grundschullehrerin tätig und erzielte damit Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit. Diese Tätigkeit wurde per eingestellt. Für den Zeitraum bis bezog die Ehegattin des Beschwerdeführers Arbeitslosengeld. Aus dem Lohnzettel der Ehegattin des Beschwerdeführers geht hervor, dass sie im Jahr 2006 mit dem Tarif zu versteuernde steuerpflichtige Bezüge (KZ 245) iHv 3.694,07 Euro sowie mit festen Sätzen zu versteuernde Bezüge gemäß § 67 Abs 3-8 EStG 1988 (KZ 243) in Höhe von 3.210,96 Euro bezogen hat. Von den steuerpflichtigen Bezügen (KZ 245) iHv 3.694,07 Euro wurden im Rahmen der Veranlagung erklärungsgemäß Werbungskosten, die der Arbeitgeber nicht berücksichtigen konnte, iHv 791,20 Euro abgezogen. Die belangte Behörde stellte für die Beurteilung der für den Alleinverdienerabsetzbetrag des Beschwerdeführers maßgeblichen Einkunftsgrenze seiner Ehegattin auf einen Gesamtbetrag ihrer Einkünfte iHv 6.113,83 Euro ab.

Der Ehegattin des Beschwerdeführers erwuchsen im Jahr 2006 aus der Teilnahme an sog „Gruppenselbsterfahrungssitzungen“, die in der Zeit von bis stattfanden, Kosten iHv 120,- Euro. Aus den vorgelegten Unterlagen geht hervor, dass ein wesentliches Ziel dieser Gruppenselbsterfahrungssitzungen der Umgang mit persönlichen und sozialen Schwierigkeiten sowie der Abbau von Ängsten und Blockaden gewesen ist. Die Ehegattin des Beschwerdeführers machte mit Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens nachträglich – zusätzlich zu den im Rahmen der Veranlagung erklärungsgemäß abgezogenen Werbungskosten iHv 791,20 Euro – die Berücksichtigung dieser Kosten als Werbungskosten geltend.

2. Beweiswürdigung

Die obigen Sachverhaltsfeststellungen sind allesamt aktenkundig bzw ergeben sich diese aus den nicht der Aktenlage widersprechenden und auch von der belangten Behörde nicht widerlegten Ausführungen des Beschwerdeführers sowie der Ehegattin des Beschwerdeführers im Rahmen des von ihr veranlassten Rechtsmittelverfahrens betreffend Einkommensteuer 2006. Die detaillierten Feststellungen zu den Einkünften der Ehegattin des Beschwerdeführers basieren auf dem in den Akten befindlichen Lohnzettel.

Vor diesem Hintergrund durfte das Bundesfinanzgericht die obigen Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs 2 BAO als erwiesen annehmen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Alleinverdienerabsetzbetrag

§ 33 Abs 4 Z 1 EStG 1988 in der im Beschwerdefall maßgeblichen Fassung BGBl I 2005/34 lautete:

1. Einem Alleinverdiener steht ein Alleinverdienerabsetzbetrag zu. Dieser beträgt jährlich

- ohne Kind 364 Euro,
- bei einem Kind (§ 106 Abs. 1) 494 Euro,
- bei zwei Kindern (§ 106 Abs. 1) 669 Euro.

Dieser Betrag erhöht sich für das dritte und jedes weitere Kind (§ 106 Abs. 1) um jeweils 220 Euro jährlich. Alleinverdiener ist ein Steuerpflichtiger, der mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet ist und von seinem unbeschränkt steuerpflichtigen Ehegatten nicht dauernd getrennt lebt. Für Steuerpflichtige im Sinne des § 1 Abs. 4 ist die unbeschränkte Steuerpflicht des (Ehe-)Partners nicht erforderlich. Alleinverdiener ist auch ein Steuerpflichtiger mit mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1), der mehr als sechs Monate mit einer unbeschränkt steuerpflichtigen Person in einer anderen Partnerschaft lebt. Voraussetzung ist, daß der (Ehe)Partner (§ 106 Abs. 3) bei mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1) Einkünfte von höchstens 6.000 Euro jährlich, sonst Einkünfte von höchstens 2 200 Euro jährlich erzielt. Die nach § 3 Abs. 1 Z 4 lit. a, weiters nach § 3 Abs. 1 Z 10 und 11 und auf Grund zwischenstaatlicher oder anderer völkerrechtlicher Vereinbarungen steuerfreien Einkünfte sind in diese Grenzen miteinzubeziehen. Andere steuerfreie Einkünfte sind nicht zu berücksichtigen. Der Alleinverdienerabsetzbetrag steht nur einem der (Ehe)Partner zu. Erfüllen beide (Ehe) Partner die Voraussetzungen im Sinne der vorstehenden Sätze, hat jener (Ehe)Partner Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag, der die höheren Einkünfte im Sinne der Z 1 erzielt. Haben beide (Ehe)Partner keine oder gleich hohe Einkünfte im Sinne der Z 1, steht der Absetzbetrag dem weiblichen (Ehe)Partner zu, ausgenommen der Haushalt wird überwiegend vom männlichen (Ehe)Partner geführt.

Nach der Rsp des VwGH (E vom , Ro 2017/15/0041; vgl auch ) entfaltet der Einkommensteuerbescheid eines Ehepartners keine Bindungswirkung für die Überprüfung des Grenzbetrages nach § 33 Abs 4 Z 1 EStG 1988 im Verfahren einer Partei, welche einen Alleinverdienerabsetzbetrag begehrt.

Eine Bindungswirkung iSd § 116 BAO kann nur der Spruch eines Bescheides entfalten. Sie ist Ausdruck der Rechtskraft der Entscheidung und erstreckt sich nicht auch auf die Entscheidungsgründe eines Bescheids. Zudem beziehen sich die Bescheidwirkungen grundsätzlich nur auf die Parteien des betreffenden Verfahrens ( mwN).

Gegen die Annahme einer solchen Bindungswirkung spricht nach der Rsp des VwGH zudem, dass diesfalls in keiner Weise sichergestellt wäre, dass der von der Bindung Betroffene die Möglichkeit hätte, gegen die in dem Einkommensteuerverfahren des Ehepartners getroffenen Feststellungen Einwendungen zu erheben, weshalb auch Rechtsschutzüberlegungen gegen die Annahme einer Bindung sprechen ().

Vor diesem Hintergrund entfaltet die rechtskräftige Einkommensteuerveranlagung 2006 der Ehegattin des Beschwerdeführers für die im gegenständliche Beschwerdeverfahren zu beurteilende Frage nach der Höhe des gemäß § 33 Abs 4 Z 1 EStG 1988 zu ermittelnden Grenzbetrages keine Bindungswirkung.

Aus dem Lohnzettel der Ehegattin des Beschwerdeführers geht hervor, dass sie im Jahr 2006 mit dem Tarif zu versteuernde steuerpflichtige Bezüge (KZ 245) iHv 3.694,07 Euro sowie mit festen Sätzen zu versteuernde Bezüge gemäß § 67 Abs 3-8 EStG 1988 (KZ 243) in Höhe von 3.210,96 Euro bezogen hat.

Maßgebend für die Ermittlung des Grenzbetrages von 6.000 Euro ist grundsätzlich der Gesamtbetrag der Einkünfte iSd § 2 Abs 2 bis 4 EStG 1988 im gesamten Kalenderjahr. In den Grenzbetrag einzubeziehen sind neben den in die Veranlagung aufzunehmenden Einkünften unter anderem auch alle – insbesondere nach § 67 EStG 1988 – mit einem festen Steuersatz besteuerten Einkünfte (vgl zB ; Herzog in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn [ Hrsg ] , EStG18 § 33 Rz 44/2 mwN). Die mit festen Sätzen zu versteuernden Bezüge gemäß § 67 Abs 3-8 EStG 1988 (KZ 243) in Höhe von 3.210,96 Euro sind demgemäß in den Grenzbetrag einzubeziehen.

Von den steuerpflichtigen Bezügen (KZ 245) iHv 3.694,07 Euro wurden im Rahmen der Veranlagung erklärungsgemäß Werbungskosten, die der Arbeitgeber nicht berücksichtigen konnte, iHv 791,20 Euro abgezogen. Darüber hinaus machte die Ehegattin des Beschwerdeführers mit Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens nachträglich Werbungskosten iHv 120,- Euro aus der Teilnahme an sog „Gruppenselbsterfahrungssitzungen“ geltend.

Gem § 16 Abs 1 EStG 1988 sind Werbungskosten „die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.“ Darunter fallen gem § 16 Abs 1 Z 10 EStG 1988 unter anderem auch „Aufwendungen für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der vom Steuerpflichtigen ausgeübten oder einer damit verwandten beruflichen Tätigkeit und Aufwendungen für umfassende Umschulungsmaßnahmen, die auf eine tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes abzielen.

Zum Ausscheiden der Ehegattin des Beschwerdeführers aus ihrem pädagogischen Beruf im Jahr 2006 ist zunächst festzuhalten, dass sich ein Steuerpflichtiger nach der Rsp des VwGH grundsätzlich auch in Zeiten der Arbeitslosigkeit zum Zwecke der Verbesserung der beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten fortbilden kann und eine Berücksichtigung der damit verbundenen Kosten als Werbungskosten insoweit nicht ausgeschlossen ist ().

Betreffend den Inhalt der gegenständlichen „Gruppenselbsterfahrungssitzungen“ ist jedoch darauf Bedacht zu nehmen, dass „Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen“, gem § 20 Abs 1 Z 2 lit a EStG 1988 bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden dürfen.

In Fällen von Aufwendungen, die ihrer Art nach eine private Veranlassung nahe legen, darf die Veranlassung durch die Einkünfteerzielung nach der Rsp des VwGH (E vom , 2000/14/0096) demgemäß nur dann angenommen werden, wenn sich die Aufwendungen als für die betriebliche bzw berufliche Tätigkeit notwendig erweisen. Die Notwendigkeit bietet in derartigen Fällen das verlässliche Indiz der betrieblichen bzw beruflichen im Gegensatz zur privaten Veranlassung (vgl dazu auch , 95/14/0044, 95/14/0045).

Das in § 20 Abs 1 Z 2 lit a EStG 1988 verankerte Aufteilungs- und Abzugsverbot kommt nach der Rsp insbesondere bei Aufwendungen für allgemeine Kommunikations-, Persönlichkeitsentwicklungs- und Stressbewältigungsseminare etc zur Anwendung (vgl Kofler/Wurm in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn [ Hrsg ] , EStG20 § 20 Rz 22/1 sowie Rz 162 unter „Persönlichkeitsentwicklung und Stressbewältigung“; Renner, Werbungskosteneigenschaft von Seminaren mit „Mischinhalt“, RdW 2011, 496 ff; jeweils mwN). So hat der VwGH in seiner Rsp bereits wiederholt Aufwendungen für den Besuch von Kursen zur Förderung kommunikativer Fähigkeiten nicht zum Werbungskostenabzug zugelassen. Den Ausführungen des VwGH zufolge könne ein Werbungskostenabzug dabei auch nicht (alleine) damit begründet werden, dass der/die Abgabepflichtige als Lehrer/in die Möglichkeit hat, das in den Kursen erworbene Wissen (teilweise) an seine/ihre Schülerinnen und Schüler weiterzugeben (vgl ; , 2000/14/0096).

Vor diesem Hintergrund vermag das Vorbringen der Ehegattin des Beschwerdeführers, dass ihre Aufgabe als Grundschullehrerin das Vermitteln von Allgemeinwissen sei und die damit implizierte Behauptung, dass das in den gegenständlichen Gruppenselbsterfahrungssitzungen erworbene Wissen zur Verwirklichung dieser Aufgabe beitrage, einen Werbungskostenabzug nicht zu stützen. Eine berufliche Notwendigkeit der Teilnahme an den gegenständlichen Gruppenselbsterfahrungssitzungen wird von der Ehegattin des Beschwerdeführers zwar behauptet, aber nicht näher begründet. Ebensowenig ergibt sich eine derartige Notwendigkeit aus den vorgelegten Unterlagen.

So geht aus den vorgelegten Unterlagen hervor, dass ein wesentliches Ziel der gegenständlichen Gruppenselbsterfahrungssitzungen der Umgang mit persönlichen und sozialen Schwierigkeiten sowie der Abbau von Ängsten und Blockaden gewesen sei. Auch wenn das in den Gruppenselbsterfahrungssitzungen vermittelte Wissen für eine pädagogische Tätigkeit grundsätzlich von Nutzen sein kann, handelt es sich offenkundig um Wissen allgemeiner Art, das von Personen aus den verschiedensten Berufsgruppen bzw auch von nicht berufstätigen Personen genutzt werden kann. Insbesondere ist davon auszugehen, dass die vermittelten Fähigkeiten zur Verbesserung des menschlichen Verhaltens und der menschlichen Kommunikation in verschiedensten Lebenslagen – auch außerhalb von beruflichen Tätigkeiten – beitragen können (vgl zu ähnlichen Fällen zB auch ; ).

Von einer beruflich veranlassten Fortbildung kann somit unter Bedachtnahme auf das in § 20 Abs 1 Z 2 lit a EStG 1988 verankerte Aufteilungs- und Abzugsverbot nicht ausgegangen werden; vielmehr sind die mit der Teilnahme an den gegenständlichen Gruppenselbsterfahrungssitzungen verbundenen Aufwendungen dem Bereich der persönlichen Lebensführung zuzuordnen. Eine Berücksichtigung dieser Aufwendungen bei der Ermittlung des Grenzbetrages gemäß § 33 Abs 4 Z 1 EStG 1988 kommt somit nicht in Betracht.

Der gemäß § 33 Abs 4 Z 1 EStG 1988 maßgebende Gesamtbetrag der Einkünfte der Ehegattin des Beschwerdeführers beträgt im Jahr 2006 somit 6.113,83 Euro und liegt damit über dem Grenzbetrag von 6.000,- Euro. Der Alleinverdienerabsetzbetrag steht dem Beschwerdeführer demnach nicht zu.

3.2. Topf-Sonderausgaben

§ 18 Abs 3 EStG 1988 in der im Beschwerdefall maßgeblichen Fassung BGBl I 2006/101 lautete:

In Ergänzung des Abs. 1 wird bestimmt:

  • Ausgaben im Sinne des Abs. 1 Z 2, 3 und 5 kann der Steuerpflichtige auch dann absetzen, wenn er sie für seinen nicht dauernd getrennt lebenden (Ehe)Partner (§ 106 Abs. 3) und für seine Kinder (§ 106) leistet.

  • Für Ausgaben im Sinne des Abs. 1 Z 2 bis 4 mit Ausnahme der Beiträge für eine freiwillige Weiterversicherung einschließlich des Nachkaufs von Versicherungszeiten in der gesetzlichen Pensionsversicherung und vergleichbarer Beiträge an Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen besteht ein einheitlicher Höchstbetrag von 2 920 Euro jährlich. Dieser Betrag erhöht sich
    - um 2 920 Euro, wenn dem Steuerpflichtigen der Alleinverdiener- oder der Alleinerzieherabsetzbetrag zusteht und/oder
    -
    um 1 460 Euro bei mindestens drei Kindern (§ 106 Abs. 1 und 2). Ein Kind kann nur bei der Anzahl der Kinder eines Steuerpflichtigen berücksichtigt werden. Kinder, die selbst unter das Sonderausgabenviertel fallende Sonderausgaben geltend machen, zählen nicht zur Anzahl der den Erhöhungsbetrag vermittelnden Kinder.

Sind diese Ausgaben insgesamt

- niedriger als der jeweils maßgebende Höchstbetrag, so ist ein Viertel der Ausgaben, mindestens aber der Pauschbetrag nach Abs. 2, als Sonderausgaben abzusetzen,
- gleich hoch oder höher als der jeweils maßgebende Höchstbetrag, so ist ein Viertel des Höchstbetrags als Sonderausgaben abzusetzen (Sonderausgabenviertel).

Beträgt der Gesamtbetrag der Einkünfte mehr als 36 400 Euro, so vermindert sich das Sonderausgabenviertel (der Pauschbetrag nach Abs. 2) gleichmäßig in einem solchen Ausmaß, daß sich bei einem Gesamtbetrag der Einkünfte von 50 900 Euro kein absetzbarer Betrag mehr ergibt.

Liegt der Gesamtbetrag der Einkünfte - wie im vorliegenden Fall - zwischen 36.400,- Euro und 50.900,- Euro, ermittelt sich der absetzbare Teil des Sonderausgabenviertels demgemäß nach folgender Formel:

(50.900,- minus Gesamtbetrag der Einkünfte) * Sonderausgabenviertel / 14.500,-

Strittig ist im vorliegenden Fall die Höhe des in diese Berechnungsformel einzusetzenden Sonderausgabenviertels. Gemäß § 18 Abs 3 Z 2 EStG 1988 hängt die Höhe des für das Sonderausgabenviertel maßgebenden Höchstbetrages unter anderem davon ab, ob dem Steuerpflichtigen der Alleinverdienerabsetzbetrag zusteht. Wie unter Punkt 3.1. ausgeführt wurde, steht dem Beschwerdeführer der Alleinverdienerabsetzbetrag im gegenständlichen Fall nicht zu. Die belangte Behörde ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass der Sonderausgabenhöchstbetrag (bei mindestens 3 Kindern) im vorliegenden Fall 4.380,- Euro und das maßgebende Sonderausgabenviertel demnach 1095,- Euro beträgt.

3.3. Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gegen eine Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes ist gemäß Art 133 Abs 4 BVG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Mit dem vorliegenden Erkenntnis weicht das Bundesfinanzgericht nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, sondern folgt den insbesondere in dem Erkenntnis vom , Ro 2017/15/0041, sowie in dem Erkenntnis vom , 2000/14/0096, zum Ausdruck gebrachten Judikaturlinien, weshalb gemäß § 25a Abs 1 VwGG spruchgemäß zu entscheiden war.

Linz, am

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