Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 21.06.2019, RV/3100408/2019

Nummernlotterie: Bemessungsgrundlage für die Glücksspielabgabe - Auslegung der Wortfolge "aller erzielbaren Einsätze"

Beachte

Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2019/17/0090. Zurückweisung mit Beschluss vom .

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache Bf, Adr1, vertreten durch Stb, Adr2, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , ERFNR. 501806/2019 betreffend Abweisung des Antrages gem. § 201 BAO auf bescheidmäßige Festsetzung der Glücksspielabgabe 2018 zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

1. Sachverhalt/Verfahrensgang

1.1. Der beschwerdeführende Verein (Bf) ist eine gemeinnützige Organisation. Er veranstaltete im Jahr 2018 die gegenständliche Lotterie (X_Lotterie) als "Lotterie ohne Erwerbszweck", geregelt in § 32 bis § 49 GSpG. Zweck der Lotterien des Bf ist die Verwendung des Reinertrages für bestimmte gemeinnützige Leistungen. Dieser Verwendungszweck wurde laut vorliegendem Prüfbericht nachweislich erfüllt. Laut Jahresabschluss samt Prüfbericht steht fest, dass als Lotterie-Gewinne Waren und geldwerte Leistungen (zB Gutscheine) in Aussicht gestellt wurden und zur Abhaltung der Nummernlotterie unter Einhaltung bestimmter Bedingungen (Spielkapital, Loseanzahl, Lospreis, Verwendungszweck etc.) mit Bescheid des die erforderliche Bewilligung (iSd § 36 GSpG) erteilt wurde. Die öffentliche Ziehung hat am stattgefunden. Mit den insgesamt 1.200.000 aufgelegten Losen wurde ein Erlös von € 530.838,00 erzielt, dh. es wurden tatsächlich 353.892 Lose zu je € 1,50 (umgerechnet ca. 29,5 %) verkauft.

1.2. Der Bf reichte am das Formular GSp 50 (Abrechnung über Glücksspielabgabe Finanzierungsbeitrag und Landeszuschläge gemäß § 59 Abs. 3 Glücksspielgesetz) beim Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel ein. Darin wurde als Glücksspielabgabe unter Zugrundelegung einer Bemessungsgrundlage von € 1.800.000,00 und eines 5 %igen Steuersatzes gem. § 58 Abs. 2 GSpG ein Betrag von € 90.000,00 errechnet und im Oktober 2018 entrichtet.

1.3. Am stellte der Bf über seinen steuerlichen Vertreter den Antrag, die gemäß § 58 GSpG selbst berechnete und bezahlte Glücksspielabgabe unter Zugrundelegung einer Bemessungsgrundlage von € 530.838,00 bescheidmäßig festzusetzen und den zu viel bezahlten Differenzbetrag rückzuerstatten. In diesem Antrag wurde die Meinung vertreten, dass alle Lose, die auf Grund von Adressfehlern, weil sie vernichtet oder vom Adressaten nicht angenommen wurden, aus der Bemessungsgrundlage gem. § 58 GSpG auszuscheiden seien, da mit diesen Losen überhaupt kein Einsatz erzielbar sei.

1.4. Der Antrag wurde vom Finanzamt mit Bescheid vom mit der Begründung abgewiesen, dass entgegen dem Vorbringen im Antrag vom die Selbstberechnung richtig gewesen sei und daher keine Festsetzung zu erfolgen habe.

Im Bescheid wurde zunächst auf die Vorgängerbestimmung § 33 TP 17 Abs. 1 Z. 7 lit. a GebG verwiesen, welche als Bemessungsgrundlage den Gesamtwert aller nach dem Spielplan bedungenen Einsätze vorsah. Darunter seien nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichtes alle aufgelegten Lose zu verstehen, nicht nur die tatsächlich verkauften. Die Formulierung in § 58 GSpG - "alle erzielbaren Einsätze" - verdeutliche nun noch mehr, dass alle aufgelegten Lose Bemessungsgrundlage seien. Es liege außerdem durch die mit dem Antrag mitgeteilte richtige Berechnung keine neu hervorgekommene Tatsache vor, aufgrund welcher eine amtswegige Festsetzung gem. § 201 BAO zu erfolgen habe.

1.5. Die Beschwerde vom bezeichnet in der Begründung als Streitgegenstand die Auslegung des Begriffes "aller erzielbaren Einsätze" in § 58 Abs. 2 GSpG. Es handle sich bei dieser Wortfolge um einen unbestimmten Begriff, da er im Widerspruch zur Regelung der Steuerschuld stehe.

Gemäß § 59 GSpG entstehe die Steuerschuld in den Fällen der §§ 57 und 58 im Zeitpunkt des Zustandekommens des Spielvertrages. Wenn also bereits für die Entstehung der Steuerschuld ein Spielvertrag zustande kommen müsse, dann könne die Bemessungsgrundlage wohl nur Fälle erfassen, in denen Spieler teilnehmen und einen Spielvertrag zumindest konkludent (durch Überweisung des Betrages) abschlössen.

Es bestehe somit ein Widerspruch zwischen den Regelungen zur Bemessungsgrundlage und zur Steuerschuld, zumal die Bemessungsgrundlage auf die erzielbaren Gewinne (Drucken oder Verschicken) abstelle, die Steuerschuld aber erst entstehe, wenn die Spielteilnehmer das "Glücksspielangebot" annehmen, den Betrag überweisen und ein Glücksspielvertrag zustande komme.

1.6. Es handle sich im gegenständlichen Fall um eine Lotterie ohne Erwerbszweck gem. §§ 32 - 35 GSpG, genauer um eine sonstige Nummernlotterie gem. § 32 GSpG. Lotterien ohne Erwerbszweck zeichneten sich dadurch aus, dass sie nach dem Gesetzeswortlaut "Ausspielungen" seien. Aus der Definition von "Ausspielungen" in § 2 GSpG ergebe sich ein synallagmatisches Verhältnis, wonach zwischen dem Einsatz und dem in Aussicht gestellten Gewinn ein Austauschverhältnis bestehe. Daraus ergebe sich wiederum, dass bei solchen Ausspielungen und Lotterien ohne Erwerbszweck ein Glücksspielvertrag vorliegen müsse, für dessen Zustandekommen Angebot und Annahme benötigt würden.

§ 58 Abs. 2 GSpG erfasse im "Steuergegenstand" ausschließlich Ausspielungen und somit nur solche Glücksspielverträge, die zustande gekommen seien. Es sei gesetzessystematisch nicht nachvollziehbar, wenn die Regelung zur Bemessungsgrundlage mehr erfassen würde als der Steuergegenstand überhaupt zulasse.

1.7. Der Gesetzgeber gehe implizit davon aus, dass Reinerträgnisse entstehen sollten, sehe doch § 58 Abs. 2 letzter Satz GSpG vor, dass dem Finanzamt die widmungsgemäße Verwendung des Reinerträgnisses für gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke über Aufforderung nachzuweisen sei. Wenn jedoch bereits das Drucken oder Verschicken der Lose Glücksspielabgabe auslöse, entstünde zunächst ein Reinverlust. Druck- und Versandkosten und auch die Abgabe wären zu bezahlen, ob jedoch Personen teilnehmen und überhaupt ein Reinertrag entstünde, wäre noch fraglich.

1.8. Nach Wiedergabe der Definition der ermäßigten Glücksspielabgabe in § 58 Abs. 2 GSpG wird in der Beschwerde weiter ausgeführt, dass die Diktion der Bestimmung nur dann nachvollziehbar sei, wenn der Gesetzgeber im Rahmen der Bemessungsgrundlage für die ermäßigte Glücksspielabgabe ausschließlich die Spiele einbeziehe, die im Sinne eines Glücksspielvertrages zustande gekommen seien, da ansonsten die ermäßigte Glücksspielabgabe viel höher sein könne als die "normale" Glücksspielabgabe.

1.9. Als weiteres Argument wird in der Beschwerde ins Treffen geführt, dass die Auslegung der Bemessungsgrundlage im Sinne der Finanzverwaltung zu einer Schlechterstellung gemeinnütziger Organisationen führe. Ebenso wird vorgebracht, dass, damit ein Spiel iSd Glücksspielgesetzes vorliegen könne, eine Person zumindest an diesem Spiel teilnehmen müsse. Nehme die Person gar nicht an dem Spiel teil, etwa weil sie das Los nicht einlöse oder gar nicht wisse, dass sich in dem weggeworfenen Kuvert ein Los befunden habe, könne kein Glücksspiel zustande kommen.

1.10. Bei der aktuellen Auslegung von § 58 Abs. 3 (gemeint wohl: Abs. 2) GSpG durch die Finanzverwaltung drohe eine exzessive Besteuerung. Würden beispielsweise 1.000 Lose aufgelegt, aber nur 20 um je 1 Euro verkauft, drohe eine Glücksspielbelastung iHv 50 Euro, obwohl überhaupt nur 20 Euro eingenommen worden seien. Ein derartiger, durchaus vorstellbarer Fall sei der archetypische Fall einer exzessiven Besteuerung und stelle eine Verletzung des Eigentumsrechts dar.

1.11. Weiters sei hinsichtlich der "vergleichbaren" Normen zu untersuchen:

  • § 58 Abs. 1 2. Fall iVm § 32 Abs. 1, § 36 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 2 (Glücksspielabgabe für Nummernlotterien ohne Erwerbszweck) einerseits, sowie

  • § 57 Abs. 1 iVm §§ 12, 14 Abs. 1, § 17 Abs. 1, Abs. 2 Z. 1 und Abs. 3 Z. 5 GSpG (Glücksspielabgabe und Konzessionsabgabe für Nummernlotterien mit Erwerbszweck) andererseits,

ob hier eine unsachliche, verfassungswidrige Regelung vorliege.

1.12. Die Beschwerde wurde antragsgemäß ohne Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung direkt vorgelegt.

2. Rechtslage

Glücksspiele

§ 1 Abs. 1 GSpG: Ein Glücksspiel im Sinne dieses Bundesgesetzes ist ein Spiel, bei dem die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt.

Ausspielungen

§ 2 Abs. 1 GSpG: Ausspielungen sind Glücksspiele,

1. die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht und

2. bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte Leistung in Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Einsatz) und

3. bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn).

§ 2 Abs. 2 GSpG: Unternehmer ist, wer selbstständig eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen ausübt, mag sie auch nicht auf Gewinn gerichtet sein.

Lotterien ohne Erwerbszweck

Sonstige Nummernlotterien

§ 32 Abs. 1 GSpG: Sonstige Nummernlotterien sind Ausspielungen, bei denen die Spielanteile (Lose) durch fortlaufende Nummern gekennzeichnet sind und bei denen die Treffer mit jenen Spielanteilen erzielt werden, die in einer öffentlichen Ziehung ermittelt werden.

§ 32 Abs. 2 GSpG: Die sonstigen Nummernlotterien gliedern sich nach Art der Treffer in :

1. Wertlotterien, bei denen die Treffer nur in Waren oder geldwerten Leistungen bestehen;

Glücksspielabgaben

§ 57 Abs. 1 GSpG: Ausspielungen, an denen die Teilnahme vom Inland aus erfolgt, unterliegen - vorbehaltlich der folgenden Absätze - einer Glücksspielabgabe von 16 vH vom Einsatz. …

Ermäßigte Glücksspielabgabe

§ 58 Abs. 1 GSpG:Verlosungen von Vermögensgegenständen gegen Entgelt, die keine Ausspielungen sind und sich an die Öffentlichkeit wenden, und Lotterien ohne Erwerbszweck nach §§ 32 bis 35 unterliegen einer Glücksspielabgabe von 12 vH aller erzielbaren Einsätze.

§ 58 Abs. 2 GSpG: Die Glücksspielabgabe nach Abs. 1 ermäßigt sich für Lotterien ohne Erwerbszweck nach §§ 32 bis 35 auf 5 vH, wenn das gesamte Reinerträgnis der Veranstaltung ausschließlich für gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verwendet wird. Die widmungsgemäße Verwendung des Reinerträgnisses ist dem Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel über dessen Aufforderung nachzuweisen.

Entstehung und Entrichtung der Abgabenschuld

§ 59 Abs. 1 GSpG: Die Abgabenschuld entsteht …

1. in Fällen des § 58 im Zeitpunkt des Zustandekommens des Spielvertrages; in Fällen des § 58 Abs. 3 mit Ende des Kalenderjahres der Veröffentlichung des Gewinnspiels;

Verfahrensrechtliche Bestimmungen

Ordnen gemäß § 201 Abs. 1 BAO die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen an oder gestatten sie dies, so kann …. auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, …. wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist.

§ 201 Abs. 2 Z 3 BAO lautet: Die Festsetzung kann erfolgen, wenn … bei sinngemäßer Anwendung des § 303 die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens vorliegen würden.

Diese Bestimmung nimmt Bezug auf die antragsgemäße und amtswegige Wiederaufnahme des Verfahrens. § 303 Abs. 1BAO idF BGBl. I 2012/14 ab lautet:

"Ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren kann auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn….

b) Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind, ….

und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte."

3. Erwägungen

Vorausgeschickt wird, dass zur gegenständlichen Problematik bereits mehrere BFG-Entscheidungen ergangen sind (zB ; ; ). In der hier zu behandelnden Beschwerde werden keine Argumente vorgebracht, die Anlass geben würden, von der in jenen Entscheidungen geäußerten Rechtsmeinung abzugehen.

3.1. Die Festsetzung einer Selbstberechnungsabgabe setzt nach § 201 Abs. 1 BAO voraus, dass sich die bekannt gegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist (Ritz, BAO6, § 201 Tz 7). Im gegenständlichen Fall wäre dies anzunehmen, wenn entsprechend der im Antrag vom und in der Beschwerde dargelegten Rechtsauffassung nur der tatsächlich erzielte Erlös aus dem Losverkauf als Bemessungsgrundlage für die Glücksspielabgabe heranzuziehen wäre.

3.2. Materiellrechtliche Beurteilung: Richtigkeit der Selbstberechnung

3.2.1. Der Grundtatbestand des § 57 Abs. 1 GSpG

Die Glücksspielabgabe ist eine Rechtsverkehrsteuer. Rechtsverkehrsteuern knüpfen an Vorgänge des Rechtsverkehrs an, an vertragliche oder gesetzliche Beziehungen, auf Grund welcher Personen Lieferungen oder sonstige Leistungen oder Rechtsansprüche erhalten (vgl. Hey/Englisch in Tipke/Lang23, dSteuerrecht § 7 Rz 102; Bruschke, dGrunderwerbsteuer, Kraftfahrzeugsteuer und andere Verkehrsteuern7 22). Im Zentrum steht die vertragliche Vereinbarung, Anknüpfungspunkt ist der projektierte oder tatsächliche Vermögensübergang. Die von der Gebühren- oder Verkehrsteuerpflicht erfassten Rechtsgeschäfte werden umschrieben bzw. erfolgt eine Verweisung auf das Zivilrecht. (Stoll, Rentenbesteuerung3, 590).

Die Glücksspielabgaben gemäß § 57 GSpG - als Nachfolger der Rechtsgeschäftsgebühren gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 und Z 8 GebG - besteuern "Ausspielungen" und verweisen damit auf § 1 GSpG iVm § 2 GSpG. Der Glücksspielbegriff des § 1 Abs. 1 GSpG ist nicht nur für den ordnungspolitischen, sondern auch für den abgabenrechtlichen Teil des Glücksspielgesetzes maßgeblich, er beruht auf dem Spielvertrag des ABGB (; ua. ; ; , RV/7100908/2012; ; ). Der Begriff der Ausspielung gemäß § 2 Abs. 1 GSpG ist ebenfalls ein primär "ordnungspolitischer", da ihm im Glücksspielrecht eine wesentliche Bedeutung insofern zukommt, als die Ausnahmen vom Glücksspielmonopol gemäß § 4 GSpG an diesen Begriff anknüpfen (vgl. Segalla, Glücksspiel- und Wettrecht, in Holoubek/Potacs (Hrsg), Handbuch des öffentlichen Wirtschaftsrechts2 (2007) 254; Bresich/Klingenbrunner/Posch in Strejcek/Bresich [Hg.], GSpG 19892 § 2 Rz 2). Den Glücksspielabgaben liegt nicht der monopolmäßige Begriff der Ausspielung zugrunde, sondern die Ausspielung iS des Abschlusses eines entgeltlichen Rechtsgeschäftes Glücksspiel (; ).

Das bedeutet, für die Glücksspielabgaben gemäß § 57 Abs. 1 GSpG sind Ausspielungen Glücksspiele (iSd §§ 1267 ABGB), bei welchen die Entscheidung über das Ergebnis des einzelnen Spiels ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängig ist (iSd § 1 Abs. 1 iVm §1 Abs. 2 GSpG; 1067 BlgNR 17. GP 16; vgl. ), die von "Unternehmern im weitesten Sinn angeboten" werden (§ 2 Abs. 1 GSpG) und die entgeltlich sind (§ 2 Abs. 1 GSpG; vgl. ). Die Leistung, die der Spieler erbringt, ist der Einsatz. Die "Gegenleistung", die sich der Spieler für die Hingabe seines Einsatzes (Geldes) erwartet, ist die Hoffnung auf eine Gewinnchance, er hofft, dass er den in Aussicht gestellten Gewinn erhalten wird. Ob der Spieler den Gewinn tatsächlich erhält, hängt vorwiegend oder ausschließlich vom Zufall ab. (vgl. ; Kohl, Das österreichische Glücksspielmonopol, 17-18).

Bemessungsgrundlage gem. § 57 Abs. 1 GSpG ist der Einsatz, davon 16%.

Zutreffend ist jedenfalls das Vorbringen des Bf, dass es bei den Glücksspielabgaben auf den einzelnen Spielvertrag, auf das einzelne Spiel, ankommt.

3.2.2. Der Vertragstypus der Nummernlotterien im Rahmen der Glücksspielabgaben

Der Vertragstypus der hier der Glücksspielabgabe unterzogen wird, ist der Glücksvertrag iSd § 1267 ABGB bzw. § 1272 ABGB (bzw. das Spiel in Losen), ausdifferenziert als "sonstige Nummernlotterie", wie sie in § 32 GSpG (Lotterien ohne Erwerbszweck) definiert wird. Die sonstige Nummernlotterie ist Glücksspiel iSd § 1 Abs. 1 GSpG iVm § 32 GSpG. Im gegenständlichen Fall wurde das grundsätzliche Unterliegen der sonstigen Nummernlotterie unter die Glücksspielabgaben nicht bestritten, sondern allein die Bemessungsgrundlage in Streit gezogen.

3.2.3. Verhältnis § 57 Abs. 1 GSpG zu § 58 Abs. 1 GSpG

Als Ausspielung unterliegen Lotterien grundsätzlich der Glücksspielabgabe gemäß § 57 Abs. 1 GSpG, das ergibt sich eindeutig aus § 17 Abs. 6 GSpG (vgl. ), es sei denn, es sind Sonderregelungen, z.B. die ermäßigte Glücksspielabgabe gemäß § 58 GSpG, vorgesehen. Unter der Überschrift "Ermäßigte Glücksspielabgabe" wurden in § 58 GSpG folgende Rechtsgeschäfte steuerlich als "Ausspielungen" iSd § 57 Abs. 1 GSpG qualifiziert: § 58 Abs. 1 und 2 GSpG umfassen bestimmte entgeltliche Spielverträge mit Erwerbszweck aber nicht im unternehmerischen Bereich (Objektverlosungen), sowie bestimmte entgeltliche Spielverträge ohne Erwerbszweck aber im unternehmerischen Bereich und schließlich § 58 Abs. 3 GSpG "unentgeltliche" Spielverträge im unternehmerischen Bereich.

Nach der Darstellung von Allram knüpft § 58 Abs. 1 GSpG, zweite Tatbestandsalternative, ausdrücklich an die in §§ 32 bis 35 GSpG definierten Lotterien ohne Erwerbszweck an. Bei diesen handelt es sich durchgehend um "Ausspielungen", analog zu § 2 Abs. 1 GSpG, was bedeutet, dass sich die Glücksspielabgabenpflicht gemäß § 58 Abs. 1 2. Fall GSpG auf entgeltliche Glücksverträge iSd § 1267 ABGB erstreckt. Diese Anknüpfung der Glücksspielabgabenpflicht an den zugrunde liegenden zivilrechtlichen Glücksvertrag bestätigt auf einen Blick die Regelung zur Entstehung der Abgabenschuld in § 59 Abs. 1 Z 1 GSpG, die auf den Zeitpunkt des Zustandekommens des Spielvertrages abstellt. (Allram in Bergmann/Pinetz, GebG (2018) §§ 57 bis 59 GSpG Rz 397, 398).

Dem Bf ist insofern recht zu geben, dass die Steuerschuld für Fälle des § 58 Abs. 1 GSpG mit dem Zustandekommen des Spielvertrages entsteht.

3.2.4. Auslegung der Wortfolge: "aller erzielbaren Einsätze"

Sonstige Nummernlotterien unterliegen nach § 58 Abs. 1 oder § 58 Abs. 2 GSpG der Glücksspielabgabe von allen erzielbaren Einsätzen. Bemessen wird nicht anhand der tatsächlich geleisteten, sondern der maximal vorgesehenen Einsatzleistungen, also z.B. bei einer Verlosung die Einsätze aus allen zur Verfügung stehenden, wenn auch nicht verkauften, Losen. (Bresich/Klingenbrunner/Posch in Strejcek/Bresich, GSpG2 § 58 Rz 1).

Nach dem Wortlaut werden nicht bloß die tatsächlich geleisteten Einsätze, sondern vielmehr sämtliche Einsätze, die unter Berücksichtigung der aufgelegten - wenngleich tatsächlich nicht verkauften - Lose erzielt werden könnten, in die Bemessungsgrundlage einbezogen. (Allram in Bergmann/Pinetz, GebG (2018) §§ 57 bis 59 GSpG Rz 405).

Entgegen der Meinung des Bf handelt es sich nach diesen Kommentarmeinungen, denen sich das BFG hier anschließt und auch bereits in den Entscheidungen ; ; angeschlossen hat, bei der Wortfolge "aller erzielbaren Einsätze" nicht um einen unbestimmten Gesetzesbegriff.

Es ist zwar richtig, dass in § 58 Abs. 1 GSpG nicht mehr bestimmt ist, so wie § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7a GebG aF "alle nach dem Spielplan bedungenen Einsätze." Dafür wendet § 58 Abs. 1 GSpG die Verweistechnik an, "…. Lotterien ohne Erwerbszweck nach den §§ 32 bis 35 unterliegen einer Glücksspielabgabe von 12vH aller erzielbaren Einsätze". Der § 32 GSpG definiert den Vertragstypus "sonstige Nummernlotterien". Das Spielkapital war als Bemessungsgrundlage im Gebührengesetz idFv nicht vorgesehen. Jedoch entsprechen die "nach dem Spielplan bedungenen Einsätze" oder die "erzielbaren Einsätze" dem Begriff des Spielkapitals in den §§ 40 und 42 GSpG, das das Produkt aus der Anzahl und dem Stückpreis der aufgelegten Spielanteile einer Ausspielung ist. Der Begriff des Spielkapitals hängt mit dem ordnungspolitischen Teil des Glücksspielgesetzes zusammen, da sich daran z.B. die Ausnahmen vom Monopol gemäß § 4 GSpG orientieren können oder das Bewilligungsverfahren iSd §§ 36-49 GSpG Besonderheiten vorsieht, wie z.B., dass bei Lotterien ohne Erwerbszweck die Anzahl der Treffer mindestens 1% des aufgelegten Spielkapitals betragen muss und der Gesamtwert der Treffer mindestens 25% des Spielkapitals zu betragen hat (§ 42 GSpG). Damit wird klargestellt, dass ein Spieler, der ein Los erwirbt, eine passable Chance auf einen Gewinn hat, bzw. dass in diesem Bereich Spieler nicht mit einem einzigen wertvollen Gewinn zur Teilnahme motiviert werden sollen, sondern mit einer Vielzahl von im Wert an den Lospreis angepassten Gewinnen. (Bresich/Klingenbrunner/Posch in Strejcek/Bresich, GSpG2 § 42 Rz 3). Dass in diesem Zusammenhang das Spielkapital eine besondere Bedeutung hat, ergibt sich auch aus der historischen Betrachtungsweise: nach den parlamentarischen Materialien zum Lotteriegesetz 1947 BGBl. 1948/27, wurden bei gemischten Waren- und Geldlotterien die Gebühren vom Gesamtspielkapital berechnet. Da der Wert der Treffer mindestens ein Viertel des Spielkapitals betragen muss, wurde für diese Gebühren jener Teil des Spielkapitals der gemischten Lotterien herangezogen, der sich aus dem vierfachen Wert der Warentreffer ergibt. Der restliche Teil des Spielkapitals, der verhältnismäßig mit den Geldtreffern im Zusammenhang steht, wurde bei der Bemessung dieser Gebühren nicht herangezogen. (502 BlgNR V. GP Bericht des Finanz- und Budgetausschusses; Stenografisches Protokoll über die 66. Sitzung des NR V.GP. , 1746-1748). Das war der Hintergrund, warum bei gemischten Lotterien für Warentreffer als Bemessungsgrundlage der vierfache Wert der Warentreffer normiert wurde. Die Gebühr für Geldgewinne wurde vom Gewinn berechnet. Diese Regelung wurde 1960 in das Gebührengesetz übernommen. (BGBl. 1960/111; 165 BlgNR IX GP, Erläuternde Bemerkungen zur Regierungsvorlage 9). Sie entspricht § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7c GebG idFv . (vgl. zur Entwicklung der Rechtsgeschäftsgebühr von sonstigen Nummernlotterien ; sowie ua.).

§ 58 Abs. 1 GSpG vereinheitlichte gegenüber BGBl. 1960/111 die Rechtsverkehrsbesteuerung von Lotterien ohne Erwerbszweck weiter, indem die Unterscheidung in Waren- und Geldlotterien aufgegeben wurde, sie wurden bemessungsgrundlagen- (alle erzielbaren Einsätze) - und steuersatzmäßig (12% bzw. 5%). "gleichgestellt".

3.2.5. Bemessungsgrundlage "aller erzielbaren Einsätze" und Entstehen der Steuerschuld mit Vertragsabschluss

Die Rechtsverkehrsteuern knüpfen in aller Regel an den zivilrechtlichen Vertragsabschluss an, können aber hinsichtlich der Bemessungsgrundlage steuerrechtseigenen Vorgaben folgen, genauso kann bei den Rechtsgeschäftsgebühren bzw. jetzt bei den Glücksspielabgaben die Besteuerung von den tatsächlich gezahlten Einsätzen, oder "allen erzielbaren Einsätzen", die vornherein feststehen, gleichgültig ob sie tatsächlich ausbezahlt werden, erfolgen.

Die Verwirklichung des Tatbestandes löst die Steuer aus. Von der Bemessungsgrundlage wird die Steuer berechnet. Verwirklichung des Tatbestandes und Bekanntsein oder Nichtbekanntsein der Bemessungsgrundlage bedingen einander nicht. Es macht eine Steuer nicht verfassungswidrig, wenn sie nicht auf zwischen den Parteien vereinbarte Gegenleistungen als Bemessungsgrundlage zurückgreift oder weil die Bemessungsgrundlagen "bekannt sind", aber die Steuerschuld erst mit dem konkreten Vertragsabschluss entsteht (; ; - zu jeweils zum Beschwerdefall gleichlautenden Sachverhalten).

Im Zusammenhang mit der Glücksspielabgabe ist auf zu verweisen. In dieser Entscheidung, die noch zu den Vorgängerbestimmungen bei den Rechtsgebühren gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7a GebG für eine Grundstücksverlosung ("Hausverlosung") erging, beanstandete der VwGH nicht, dass als Bemessungsgrundlage gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7a GebG nicht die tatsächlich verkauften Lose heranzuziehen waren, sondern der "Gesamtwert aller nach dem Spielplan bedungenen Einsätze" umfasst vielmehr die aufgelegten Lose laut Verlosungsbedingungen mal Lospreis.

Im Gegenstandsfall ist zwar das Entstehen der Steuerschuld unstrittig. Der Bf stützt jedoch seine Auslegung der "Bemessungsgrundlage" in Korrelation zum Entstehen der Steuerschuld. Nach seiner Ansicht ergäbe sich aus dem Entstehen der Steuerschuld mit jedem einzelnen Loskauf, dass nur die tatsächlich verkauften Lose Bemessungsgrundlage sein können.

In diesem Zusammenhalt ist auf das Erkenntnis des , zu verweisen. In dieser Entscheidung ging es um die Rechtsgebührenvorschreibung für eine Grundstücksverlosung samt Betriebsvorrichtungen. Die Begründung rekurrierte auf die Erkenntnisse des und 2012/16/0101, die wiederum auf das , verweisen. Danach fallen unter den Begriff des Rechtsgeschäftes nicht nur Verträge, sondern auch einseitige Rechtsgeschäfte, Akte, Auslobungen, Offerte und Gewinnspiele. Während durch Hausverlosung iSd § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG bei einem Grundstückserwerb vom Vorliegen eines einseitigen Rechtsgeschäftes (Veröffentlichung der Teilnahmebedingungen an der Hausverlosung) auszugehen ist, entstand die Gebührenschuld mit der Veröffentlichung der Teilnahmebedingungen im Internet im Zusammenhang mit dem ersten Loskauf, was sich aus der Vertragsnatur der Objektverlosung und der Wortfolge "zukommen soll" ergab. ().

Die "Vertragsnatur der Objektverlosung" hat sich durch die Glücksspielnovellen 2011 nicht geändert. Bei der Glücksspielabgabe nach § 58 Abs. 1 GSpG entsteht die Steuerschuld mit dem Zustandekommen des Spielvertrages, Steuerschuldner ist der Veranstalter, der die Ausspielung anbietet oder organisiert. Bei der gegenständlichen Nummernlotterie wurden - im übertragenen Sinn - Sachen ausgespielt, die dem Veranstalter gehören. (Stefula in Fenyves/Kerschner/Vonklich, Klang3 §§ 1273, 1274 Rz 13). Nach § 59 GSpG sind die Teilnehmer der Lotterie nicht Steuerschuldner. Die einzelnen Teilnehmer untereinander stehen in keiner Gemeinschaft. Erwirbt ein Teilnehmer ein Los, hat er grundsätzlich durch Erwerb des Loses einen Anspruch darauf, "dass die Lotterie tatsächlich vor sich geht." (Stefula in Fenyves/Kerschner/Vonklich, Klang3 §§ 1273, 1274 Rz 16). Daraus ist zu schließen, dass für den Veranstalter der Spielvertrag im Zeitpunkt des ersten Losverkaufes "zustande kommt", da er die Verlosung nur "ganz oder gar nicht" durchführen kann, sein Gewinnversprechen wird nicht auf je die einzelnen Lose, die gekauft werden, aufgesplittet. Auch wenn nur ein (1) Los verkauft wird, muss der Veranstalter die Lotterie durchführen. Mit dem Verkauf des ersten Loses weiß der Veranstalter, dass er die Lotterie wird durchführen müssen. Mit dem ersten Loskauf eines Teilnehmers hat sich für den Veranstalter bereits die Verpflichtung zur Durchführung der Lotterie realisiert. Für den zweiten und jeden weiteren Teilnehmer entsteht der Glücksvertrag zwar mit dem Loskauf, doch ist die Steuerschuld bereits mit dem ersten Loskauf - für den Veranstalter, die Teilnehmer sind ja nicht Steuerschuldner - entstanden. Dahingehend auch Allram, der die grundsätzliche Konzeption des § 58 Abs. 1 GSpG weniger aus der Spielerperspektive, sondern vielmehr aus der des Veranstalters sieht. (Allram in Bergmann/Pinetz, GebG (2018) §§ 57-59 GSpG Rz 395). § 1 Abs 1 GSpG spricht von der Entscheidung über das Ergebnis des einzelnen Spiels, womit nur die gesamte Lotterie das "einzelne Spiel" sein kann. Die sonstige Nummernlotterie ist, weil im Rahmen der Ziehung ein Gewinner ausgelost wird, "eine einzige Ausspielung".

Entgegen dem Dafürhalten des Bf hat es daher auf die Glücksspielabgabe als Rechtsverkehrsteuer von Glücksverträgen keinen Einfluss, ob der Gesetzgeber eine andere Bemessungsgrundlage normiert, als die, die nach dem zivilrechtlichen Vertragsabschluss als Leistung oder Gegenleistung zwischen Vertragsteilen vereinbart wurde und die "feststeht und bekannt ist", bevor durch den Vertragsabschluss die Steuerschuld entsteht.

Der Bf kann daher mit dem Argument, aus dem Entstehen der Steuerschuld mit jedem einzelnen Loskauf ergäbe sich, dass nur die tatsächlich verkauften Lose Bemessungsgrundlage sein können, nichts für sich gewinnen. Zivilrechtlich schließt zwar jeder Spielteilnehmer mit dem Veranstalter durch den Loskauf einen Spielvertrag ab, doch iSd § 1 Abs. 1 GSpG ist die gesamte Nummernlotterie "das einzelne Spiel", da Entscheidung über das Ergebnis nur eine (1) Verlosung/Ziehung sein kann, in der die Gewinner festgestellt, "gezogen" werden. Erwirbt ein Teilnehmer ein Los, hat er grundsätzlich durch Erwerb des Loses einen Anspruch darauf, dass die Lotterie tatsächlich abgehalten wird, für den Veranstalter hat sich damit bereits die Verpflichtung zur Durchführung der Lotterie realisiert. Damit ist die Steuerschuld durch Kauf des ersten Loses für den Veranstalter entstanden, auf die weiteren Loskäufe kommt es nicht mehr an, weil die Steuerschuld für die gesamte Lotterie als ein einzelnes Spiel nur 1x ausgelöst werden kann.

Daraus ergibt sich, dass die Glücksspielabgabe von allen erzielbaren Einsätzen für den Bf insofern vereinfacht zu berechnen ist, als für ihn als Veranstalter der Spielvertrag im Zeitpunkt des ersten Loskaufes zustande kommt und in diesem Zeitpunkt für ihn die Steuerschuld entsteht.Dem Bf kann auch abfuhrmäßig kein Nachteil daraus erwachsen, da § 59 Abs. 3 GSpG lautet: "Die Schuldner der Abgaben nach §§ 57 und 58 haben diese jeweils für ein Kalendermonat selbst zu berechnen und bis zum 20. des dem Entstehen der Abgabenschuld folgenden Kalendermonats …. an das Finanzamt …. zu entrichten."

3.2.6. Verfassungsrechtliche Bedenken des Bf aufgrund exzessiver Besteuerung

Wie in den Entscheidungen des Bundesfinanzgerichtes ; ; (zu jeweils zum Beschwerdefall gleichlautenden Sachverhalten) bereits ausgeführt, kann die Besteuerungsgrundlage von "allen erzielbaren Einsätzen", die von vornherein feststehen, gleichgültig ob sie tatsächlich ausbezahlt werden oder nicht, zur Gruppe der verwaltungsökonomischen Regelungen zur Vermeidung aufwendiger Erhebungsmaßnahmen gezählt werden.

Der in Art. 7 B-VG normierte Gleichheitsgrundsatz richtet sich zwar auch an den Gesetzgeber und setzt ihm insofern inhaltliche Schranken, als er verbietet, sachlich nicht begründbare Regelungen zu treffen. Er verwehrt dem einfachen Gesetzgeber von Verfassungs wegen aber nicht, seine (rechts-)politischen Zielvorstellungen auf die ihm geeignete Art zu verfolgen. Grundsätzlich steht es dem Gesetzgeber frei zu entscheiden, welche Mittel er - unter Berücksichtigung allfälliger erwünschter oder in Kauf genommener Nebenwirkungen - jeweils als zur Zielerreichung geeignet erachtet. ( mwN)

Es ist dem Bf entgegenzuhalten, dass gemäß § 40 2. Satz GSpG (Spielkapital) Anzahl und Stückpreis der Spielanteile den Absatzmöglichkeiten anzupassen sind, wodurch diese Bemessungsgrundlage "allen erzielbaren Einsätzen" im Gesetz Deckung findet.

Es liegt daher in der Verantwortung des Bf, dass er allenfalls zu viele Lose aufgelegt hat, wenn die Abgabe im Verhältnis zum Ertrag relativ hoch ausfällt. Darin, dass der Bf die Anzahl der Lose in Relation zu den Absatzmöglichkeiten vielleicht zu hoch gegriffen hat, kann jedenfalls noch keine steuerliche Diskriminierung von gemeinnützigen Vereinigungen gesehen werden, da es der Bf selbst in der Hand hat, die Anzahl der Lose bzw. das Spielkapital vor Veranstaltung der Nummernlotterie zu bestimmen (; ; - siehe auch die in diesen Erkenntnissen angeführte Rechtsprechung des VfGH, mit der dieser mehrfach festgestellt hat, dass die Ausgestaltung der Rechtsgeschäftsgebühren gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7b GebG und der Glücksspielabgabe nach § 57 GSpG nicht den rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers überschreitet und die Regelungen der §§ 57ff GSpG auch nicht die Erwerbsausübungsfreiheit verletzen).

Unter denselben Gesichtspunkten kann aber auch in der Auslegung der Wortfolge "aller erzielbaren Einsätze" durch die Finanzverwaltung keine Verletzung des Eigentumsrechts erkannt werden.

3.2.7. Zum Verfahrensrecht

Insgesamt war daher die Selbstberechnung der Glücksspielabgabe durch den Bf richtig. Die Voraussetzungen für eine Festsetzung gem. § 201 BAO waren somit nicht gegeben.

Nur der Vollständigkeit halber wird, da laut Antrag vom die richtige Berechnung der Glücksspielabgabe eine neu hervorgekommene Tatsache darstelle, Folgendes festgestellt:

Tatsachen sind ausschließlich mit dem Sachverhalt des abgeschlossenen Verfahrens zusammenhängende tatsächliche Umstände; also Sachverhaltselemente, die bei einer entsprechenden Berücksichtigung zu einem anderen Ergebnis (als vom Bescheid zum Ausdruck gebracht) geführt hätten, etwa Zustände, Vorgänge, Beziehungen, Eigenschaften (Ritz, BAO6, § 303 Tz 21 mwN).

Eine andere Rechtsansicht, wie hier in § 58 Abs. 1 GSpG die Wortfolge "aller erzielbaren Einsätze" im Sinne "aller tatsächlich erzielten Einsätze" auszulegen, stellt keine neuen "Tatsachen" iSv Lebenssachverhalten dar, sondern neue Gesichtspunkte, die mit der rechtlichen Beurteilung des unverändert gebliebenen Sachverhaltes zusammenhängen. Damit wäre die Beschwerde schon aus verfahrensrechtlichen Gründen abzuweisen gewesen.

In weiterer Folge bedeutet dies, dass mangels Gutschrift infolge der Festsetzung gem. § 201 BAO kein rückzahlbares Guthaben (§ 239 BAO) entstehen konnte.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Es ergab sich direkt aus dem Wortlaut des § 58 Abs. 2 GSpG, dass die Selbstberechnung durch den Bf richtig war, weshalb keine grundsätzliche Rechtsfrage zu lösen war.

Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der in § 58 Abs. 1 GSpG normierten Bemessungsgrundlage "aller erzielbaren Einsätze" stellen mangels Zuständigkeit keine vom Verwaltungsgerichtshof im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu lösende Rechtsfrage dar.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Glücksspiel
betroffene Normen
§ 59 Abs. 3 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989
§ 58 Abs. 2 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989
§ 58 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989
§ 59 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989
§ 32 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989
§ 2 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989
§ 2 Abs. 1 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989
§ 2 Abs. 2 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989
§ 32 Abs. 1 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989
§ 32 Abs. 2 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989
§ 57 Abs. 1 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989
§ 58 Abs. 1 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989
§ 59 Abs. 1 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989
§ 201 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 201 Abs. 2 Z 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 57 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989
§ 1 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989
§ 1 Abs. 1 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989
§ 58 Abs. 3 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989
§ 59 Abs. 1 Z 1 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989
§ 239 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 201 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
§ 36 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989
§ 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§§ 32 bis 35 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989
§ 1 Abs. 1 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989


§ 1267 ABGB, Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch, JGS Nr. 946/1811
§ 1272 ABGB, Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch, JGS Nr. 946/1811
§ 17 Abs. 6 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989
§§ 57 bis 59 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989
§ 33 TP 17 Abs. 1 Z 7a GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957

§ 33 TP 17 Abs. 1 Z 7b GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§§ 36 bis 49 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989
§ 42 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989
§ 33 TP 17 Abs. 1 Z 7c GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957


Art. 7 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930















ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.3100408.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at