Übertragung einer Liegenschaftshälfte an den ehemaligen Lebensgefährten
Rechtssätze
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RV/5101875/2017-RS1 | Der Zusammenhang zwischen Beendigung der Lebensgemeinschaft und dem Erwerbsvorgang ist nicht an eine konkrete Frist gebunden. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf, Adresse, vertreten durch Dr. Robert Austaller, öffentlicher Notar in 5120 St. Pantaleon, Wildshut 16, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde, Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel, vom , Erf.-Nr. 2016, betreffend Grunderwerbsteuer zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Grunderwerbsteuer wird von € 5.012,84 auf € 1.074,01 herabgesetzt.
Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.
Entscheidungsgründe
I) Verfahrensgang:
1 Mit notariellem Übergabsvertrag vom übergab Frau L (in der Folge: Lebensgefährtin) ihren ideellen Hälfteanteil an der Liegenschaft EZ-1 der KG O an den Beschwerdeführer (kurz: Bf).
Im Vertrag wird unter "Erstens" festgehalten:
"Auf dem vorbezeichneten Grundstück haben die Vertragsteile auf gemeinsame Rechnung und Gefahr das Wohnhaus Adresse, zur Befriedigung deren gemeinsamen Wohnbedürfnisses errichtet und dort ihren gemeinsamen Hauptwohnsitz begründet.
Aufgrund der Beendigung ihrer Lebensgemeinschaft haben sich die Vertragsteile zum Abschluss dieses Übergabsvertrages entschlossen.
Die Vertragsteile stellen einvernehmlich fest, dass der Verkehrswert der vorangeführten Liegenschaft EURO 600.000 (....) beträgt."
Als Übergabspreis wurde die Übernahme der anteilig aushaftenden Hypothekardarlehen in Höhe von € 131.294,18 vereinbart.
Die Berechnung des Grundstückswertes ergab einen Betrag von € 214.802,21.
2 Das Finanzamt setzte die Grunderwerbsteuer gemäß § 7 Abs. 1 Z 3 GrEStG von der Gegenleistung (€ 131.294,18) mit 3,5 % und gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 lit. a GrEStG vom Grundstückswert vermindert um die Gegenleistung, sohin € 83.508,03, mit 0,5 % im Gesamtbetrag von € 5.012,84 fest. Begründet wurde dies wie folgt:
"Weil der Übergabsvertrag nicht innerhalb spätestens eines Jahres nach Aufhebung der Lebensgemeinschaft errichtet wurde (......... [die Lebensgefährtin] war bis amtl. bei der Anschrift Adresse gemeldet) gehören die Vertragsteile nicht zum begünstigten Personenkreis gem. § 26a GGG. Als Bemessungsgrundlage wurde daher der Übergabspreis und der Grundstückswert herangezogen."
3 Innerhalb offener Frist wurde Beschwerde erhoben und vorgebracht:
"Mit Übergabsvertrag vom , GZ 2926 des Öffentlichen Notars Dr. Robert
AUSTALLER in St. Pantaleon, hat Frau ......... (die Lebensgefährtin), geb. ......, Volksschullehrerin, nunmehr wohnhaft in .............. - infolge Beendigung ihrer Lebensgemeinschaft - an ihren vormaligen Lebensgefährten und
Beschwerdeführer, Herrn ..............., geb. ........., ihren ideellen Hälfteanteil
an der Liegenschaft EZ-1 der Katastralgemeinde O - Bezirksgericht C - mit dem einzigen Grundstück 1502/9 Baufläche (Gebäude), Gärten im Flächenausmaß - laut ADV-Grundbuchsauszug - von 2.835 m2 samt dem darauf von ihnen gemeinsam errichteten Wohnhaus Adresse, gegen Vereinbarung eines Übergabspreises im Betrage von EUR 131.294,18 (anteilige Schuldübernahme durch Herrn ............. (der Bf) und Haftungsentlassung der Frau ........... (die Lebensgefährtin) übergeben.
Die Vertragsteile waren Lebensgefährten mit gemeinsamen Hauptwohnsitz und haben sich aufgrund der Beendigung ihrer Lebensgemeinschaft auch zum Abschluss dieses Übergabsvertrages entschlossen. Dieser ausschließliche Zweck und Geschäftsgrundlage zum Abschluss dieses Notariatsaktes ist auch in Vertragspunkt 'Erstens' angeführt.
Voraussetzung für die Grunderwerbsteuerbegünstigung nach § 7 Abs. 1 Z. 1 c) GrEStG 1987 ist ein rechtsgeschäftlicher Erwerb im Personenkreis des § 26a Abs. 1 Z. 1 GGG.
Zum begünstigten Personenkreis des GGG gehören Lebensgefährten, wenn sie einen gemeinsamen Hauptwohnsitz haben oder hatten. Dies ist hier der Fall: Herr ......... (der Bf) und Frau ........... (die Lebensgefährtin) sind bzw. waren seit Lebensgefährten und unterhielten seit durchgehend einen gemeinsamen Wohnsitz (ab für beide auch Hauptwohnsitz) zunächst in Straße1, ............... (Mietwohnung) und sodann von bis im von ihnen gemeinsam errichteten Wohnhaus Adresse.
Aufgrund der Zerrüttung ihrer Lebensgemeinschaft wurde diese am beendet.
Nach Beendigung ihrer Lebensgemeinschaft und dem Auszug der Frau ........(die Lebensgefährtin) aus dem gemeinsamen Haus konnten die Lebensgefährten, Herr .... ........... und Frau ............. - nach Verarbeitung ihrer Trennung - über die Zukunft und das weitere Schicksal des gemeinsam errichteten Wohnhauses Adresse, und die Aufteilung des Wohnhauses und der gemeinsamen Schulden Überlegungen anstellen. Diese Überlegungen reichten von einem gemeinsamen Verkauf bis zur Übernahme des Hauses durch einen der Lebensgefährten. Der Erhalt des Hauses stand grundsätzlich immer im Vordergrund, jedoch musste dies auch machbar und finanzierbar sein. Auch diese Prüfung beanspruchte geraume Zeit, sodass man sich erst Ende August 2016 intern über die Vorgangsweise einigen konnte. Zu diesem Zeitpunkt wurde auch der Vertragsverfasser Dr. Robert AUSTALLER erstmals aufgesucht und ein Beratungsgespräch über die rechtlichen Möglichkeiten durchgeführt und mit der Vertragserstellung beauftragt. Nach Vornahme der entsprechenden Erhebungen im Grundbuch und bei den Pfandgläubigern wurde der gegenständliche Vertrag vorbereitet und den Parteien zur Durchsicht übermittelt. Auch der Umstand, dass Herr .......... (der Bf) eine Umschuldung in die Wege leiten musste, verursachte einen weiteren zeitlichen Aufwand. Nach Klärung aller Umstände konnte der Vertrag schließlich am (gemeint ist wohl: ) unterfertigt werden.
Dieser Übergabsvertrag dient - wie bereits ausgeführt - der Aufteilung bzw. Übernahme der gemeinschaftlichen Liegenschaft EZ-1 der Katastralgemeinde O - Bezirksgericht C - samt Wohnhaus Adresse, und auch der Aufteilung bzw. Übernahme der gemeinsamen Schulden durch Herrn ....... (der Bf) infolge der Aufhebung ihrer Lebensgemeinschaft.
Nach den Erläuternden Bemerkungen (EB) zur GGG-Novelle ist ein begünstigter Erwerbsvorgang immer noch dann gegeben, wenn zwischen der Aufhebung der Lebensgemeinschaft und der Liegenschaftsübertragung noch ein klar erkennbarer Zusammenhang besteht. Dies ist im hier vorliegenden Falle eindeutig gegeben. Der Zweck und die Geschäftsgrundlage: Aufhebung der Lebensgemeinschaft und infolge dessen Übertragung des vertragsgegenständlichen Hälfteanteiles an den vormaligen Lebensgefährten findet sich ausdrücklich im Vertrage. Aufgrund dieses - schon aus der Vertragsurkunde - klar erkennbaren Zusammenhanges kann es auch keinen Unterschied machen, ob die Übertragung der Liegenschaftshälfte innerhalb der Frist von einem Jahr oder von etwa eineinhalb Jahren - nach Auflösung der Lebensgemeinschaft - erfolgt ist. Die EB sehen für die Begünstigung oder deren Wegfall auch keine bestimmte Fallfrist vor. Es kommt vielmehr darauf an, dass die Liegenschaftsübertragung noch im inneren Zusammenhang mit der Aufhebung der Lebensgemeinschaft erfolgt. Für die Beurteilung dieser rechtserheblichen Vorfrage sind aber alle Umstände - insbesondere der Vertrag und der erweisliche Parteienwille - zu berücksichtigen. Die in den EB angeführte 'Jahresfrist' bedeutet ja nur, dass - unerheblich von den sonstigen Umständen - der Zusammenhang zwischen Aufgabe des Hauptwohnsitzes und der Liegenschaftsübertragung immer zu bejahen ist, wenn diese binnen Jahresfrist nach Aufhebung des gemeinsamen Hauptwohnsitzes erfolgt. Im Umkehrschluss bedeutet dies aber nicht, dass nach Ablauf dieser Jahresfrist kein Zusammenhang mehr bestünde. Es kommt - wie immer - auf den Einzelfall, also auf die Umstände und die vertragliche Vereinbarung, an. Hätte das GGG die Jahresrist als Fallfrist normieren wollen, so wäre dieser Umstand in die gesetzliche Bestimmung aufzunehmen gewesen. Dies ist allerdings nicht erfolgt."
4 Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung ab und führte in der Begründung aus:
"Als im Familienverband des § 26a Abs. 1 Z 1 GGG erfolgend sind u.a. Grundstückserwerbe durch den Ehegatten oder eingetragenen Partner während aufrechter Ehe (Partnerschaft) oder im Zusammenhang mit der Auflösung der Ehe (Partnerschaft).
Liegt bei Verwirklichung des Erwerbs bzw. bei Entstehen der Steuerschuld eine Lebensgemeinschaft vor, sind Erwerbsvorgänge iSd § 7 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 begünstigt, sofern ein gemeinsamer Hauptwohnsitz besteht oder im letzten Jahr bestanden hat. Erfolgen Erwerbe im Zusammenhang mit der Auflösung der Lebensgemeinschaft, wirkt die Begünstigung weiter. Nach den Erläuterungen zu § 26a GGG wird vermutet, dass dieser Zusammenhang bei Liegenschaftsübertragungen binnen eines Jahres nach Aufhebung der Lebensgemeinschaft noch gegeben ist. Liegt die Auflösung der Lebensgemeinschaft bzw. die Aufgabe des gemeinsamen Hauptwohnsitzes mehr als ein Jahr zurück, muss jedenfalls ausführlich nachgewiesen werden, dass der Erwerbsvorgang noch im Zusammenhang mit der Auflösung steht. In Ermangelung von konkreten Handlungen kann ein klar erkennbarer Zusammenhang nicht erkannt werden. Wurde der Anspruch nicht innerhalb der Frist geltend gemacht und erfolgt eine Grundstücksübertragung nach Ablauf der Frist, ist die Übertragung als außerhalb des Familienverbandes liegend zu beurteilen. Bemessungsgrundlage ist daher - soweit der Erwerb nicht gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 lit. a GrEStG 1987 als unentgeltlich oder teilentgeltlich gilt - die Gegenleistung, mindestens der Grundstückswert."
5 Fristgerecht wurde dagegen der Antrag gestellt, die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen und eine mündliche Verhandlung anzuberaumen. Zur Begründung wurde auf die umfangreichen Ausführungen in der Bescheidbeschwerde verwiesen und ergänzend Folgendes vorgebracht:
"Wie die Abgabenbehörde richtig ausführt, ist die angeführte Ein-Jahresfrist - Beendigung der Lebensgemeinschaft und Abschluss des Übergabsvertrages keine Fall- oder Ausschlussfrist. Die Abgabenbehörde führt auch weiter aus, dass nach Ablauf dieser Jahresfrist die Begünstigung des § 7 Abs. 1 Z. lit. a GrEStG weiterhin anzuwenden ist, wenn nachgewiesen wird, dass der Erwerbsvorgang noch im Zusammenhang mit der Auflösung der Lebensgemeinschaft steht.
Im gegenständlichen Falle ist dies eindeutig gegeben und wurde dieser Umstand - der Zusammenhang des Erwerbsvorganges mit der Auflösung der Lebensgemeinschaft - auch entsprechend nachgewiesen.
In diesem Zusammenhang verweise ich abermals auf den Inhalt der Beschwerdebegründung und ergänzend noch folgendes ausführen:
1. Im Punkt 'Erstens' des gegenständlichen Übergabsvertrages ist das Motiv und die Geschäftsgrundlage für den Abschluss dieses Vertrages wie folgt ausdrücklich angeführt und damit auch umfassend nachgewiesen:
'Aufgrund der Beendigung' ihrer Lebensgemeinschaft haben sich die Vertragsteile zum Abschluss dieses Übergabsvertrages entschlossen."
Diese unstrittige und auch von der Abgabenbehörde nicht in Zweifel gezogene Parteienfeststellung im notariellen Übergabsvertrag ist der eindeutige Nachweis des Zusammenhanges des Abschlusses des Übergabsvertrages zur Auflösung der eheähnlichen Lebensgemeinschaft. Ein noch deutlicherer Nachweis, als die Aufnahme des Beweggrundes (Geschäftsgrundlage) in den Notariatsakt ist wohl kaum möglich. Als öffentliche Urkunde hat der abgeschlossene notarielle Übergabsvertrag nicht nur die Vermutung der Echtheit für sich, sondern bezeugt auch die Richtigkeit der darin gemachten Angaben und Vereinbarungen der Vertragsteile. Diese Geschäftsgrundlage ist durch Aufnahme in den Notariatsakt als öffentliche Urkunde auch eindeutig nach außen in Erscheinung getreten. Es ist also bezeugt und nachgewiesen, dass die Vertragsteile diesen Übergabsvertrag aufgrund der Auflösung ihrer Lebensgemeinschaft abgeschlossen haben.
Eines weiteren Nachweises bedarf es nicht.
2. Ferner ist festzustellen, dass es sich beim Übergabsobjekt um das von den Lebensgefährten ................. (die Übergeberin) und .............. (der Bf) auf gemeinsame Rechnung und Gefahr errichtete Wohnhaus Adresse, samt zugehörigen Gartengrundstück handelt. Dieses Wohnhaus diente den Vertragsteilen während aufrechter Lebensgemeinschaft ausschließlich zur Befriedigung ihrer gemeinsamen Wohnbedürfnisse. Mit Beendigung ihrer Lebensgemeinschaft ist dieser gemeinsame Zweck weggefallen und haben sich die Vertragsteile deshalb - wie im Punkt 'Erstens' des Übergabsvertrages auch ausdrücklich angeführt- zum Abschluss dieses Übergabsvertrages entschlossen. Es entspricht auch der allgemeinen Lebenserfahrung und ist ferner gemeinhin üblich, dass bei Beendigung der Lebensgemeinschaft das gemeinsame Miteigentum am gemeinsamen Wohnhaus aufgehoben und der Miteigentumsanteil des verlassenden Lebensgefährten in das Alleineigentum des verbleibenden Lebensgefährten übertragen wird. Ein derartiges Rechtsgeschäft impliziert schon alleine den Zusammenhang zwischen Auflösung der Lebensgemeinschaft und Übertragung des Miteigentums an den verbleibenden Lebensgefährten.
3. Voraussetzung für die Übernahme des Liegenschaftsanteiles des verlassenden Lebensgefährten durch den verbleibenden Lebensgefährten ist dessen finanzielle Leistungsfähigkeit. Die Abklärung der finanziellen Möglichkeiten, insbesondere die Zustimmung der Gläubigerbank zur Schuldübernahme und Haftungsentlassung des verlassenden Lebensgefährten beansprucht doch geraume Zeit. Im gegenständlichen Falle wurde schlussendlich der Schuldübernahme durch die Gläubigerbank nicht zugestimmt und musste der verbleibende Lebensgefährte eine Umschuldung auf ein neues Kreditinstitut vornehmen; dies war wiederum mit erheblicher Mühe und Zeit verbunden. Die Gesamtklärung und Errichtung dieses Übertragungsvertrages beanspruchte eben aufgrund dieser Umstände die Zeitdauer von eineinhalb Jahren; ein durchaus angemessener Zeitraum für die Regelung einer derartigen Angelegenheit.
4. Wie bereits ausgeführt, ist die von der Abgabenbehörde ins Treffen geführte Ein-Jahresfrist keine Fall- oder Ausschlussfrist. In der gesetzlichen Bestimmung findet sich überhaupt kein Hinweis auf eine bestimmte Frist. Zum Abstellen der Abgabenbehörde auf die in § 95 EheG normierte Jahresfrist zur Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse ist auszuführen, dass diese Frist erst mit Vorliegen des rechtskräftigen Scheidungsbeschlusses oder Urteiles zur Auflösung der Ehe zu laufen beginnt. Dies bedeutet, dass von der Beendigung der ehelichen Lebensgemeinschaft bis zum Erlöschen des Aufteilungsanspruches nach § 95 EheG (ein Jahr nach rechtskräftiger Scheidung) ein viel längerer Zeitraum für Ehegatten zur Regelung ihrer Angelegenheiten zur Verfügung steht. Es ist bekannt, dass Scheidungsverfahren von der gerichtlichen Einbringung bis zur Erledigung drei Jahre bis sechs Jahre (und auch langer) in Anspruch nehmen können. Selbst bei einer einvernehmlichen Scheidung gemäß § 55a EheG ist Voraussetzung für die gemeinsame Antragstellung durch die Ehegatten, dass die eheliche Lebensgemeinschaft seit mehr als einem halben Jahr aufgehoben ist.
Unter Berücksichtigung dieser Wartefrist und des durchzuführenden Scheidungsverfahrens vergeht von der Beendigung der Lebensgemeinschaft bis zum Vorliegen des rechtskräftigen Scheidungsbeschlusses zumindest ein Jahr. Und danach - nach Vorliegen des rechtskräftigen Scheidungsbeschlusses - können die geschiedenen Ehegatten innerhalb der dann zu laufen beginnenden Jahresfrist des § 95 EheG die Aufteilung der Ehewohnung und des ehelichen Gebrauchsvermögens steuerbegünstigt vornehmen. Es steht also den geschiedenen Ehegatten von der Beendigung ihrer ehelichen Lebensgemeinschaft (durch Auszug) bis zur Aufteilung des Ehevermögens ein Zeitraum von zumindest zwei Jahren zur Verfügung.
Das Abstellen der Abgabenbehörde auf die Ein-Jahresfrist ab Beendigung ihrer Lebensgemeinschaft bei Lebensgefährten mit gemeinsamen Hauptwohnsitz findet gesetzliche keine Deckung und wäre auch - im Sinne der vorstehenden Ausführungen - sachlich nicht gerechtfertigt.
Im vorliegenden Falle ist aufgrund der Aufnahme des Motivs und der Geschäftsgrundlage in den notariellen Übergabsvertrag und des bestehenden zeitlichen Konnexes - Verlassens des gemeinsamen Wohnhauses und der Errichtung des notariellen Übergabsvertrages innerhalb des Zeitraumes von eineinhalb Jahren - der eindeutige Nachweis zum Vorliegen dieses Zusammenhanges (Rechtserwerb und Aufhebung der Lebensgemeinschaft) eindeutig als erbracht anzunehmen.
Die Abgabenbegünstigung des § 7 Abs. 1 Z. 2 lit. a GrEStG ist daher anzuwenden."
Die Abgabenbehörde legte die Beschwerde und den entsprechenden Verwaltungsakt an das Bundesfinanzgericht vor (Bericht vom ).
Vom Verwaltungsgericht wurde in das Grundbuch und in die Urkundensammlung Einsicht genommen. Daraus geht hervor, dass die vertragsgegenständliche Liegenschaft mit Schenkungs- und Pflichtteilsverzichtvertrag vom , beim Finanzamt zur Erf.-Nr. 10-2012 zur Anzeige gebracht, von den Eltern an den Bf übergeben wurde. Mit Schenkungsvertrag vom hat der Bf eine ideelle Hälfte an die Lebensgefährtin übertragen. Am gleichen Tag wurde von den Lebensgefährten und Liegenschaftseigentümern eine Pfandurkunde mit der Bank. als Kreditgeberin unterzeichnet.
Mit Schriftsatz vom (per Telefax) wurde der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückgezogen.
II) Über die Beschwerde wurde erwogen:
1 Sachverhalt
Aufgrund der Aktenlage steht außer Streit:
Der Bf und die Lebensgefährtin hatten ab einen gemeinsamen Hauptwohnsitz zunächst in der Straße1 und sodann von bis in dem gemeinsam errichteten Wohnhaus Adresse.
Es bestand daher eine Lebensgemeinschaft von bis .
Die vertragsgegenständliche Liegenschaft stammt von den Eltern des Bf und wurde ihm mit Schenkungs- und Pflichtteilsverzichtvertrag vom übertragen.
Der Bf schenkte in der Folge die Hälfte der Liegenschaft der Lebensgefährtin (Schenkungsvertrag vom ).
Auf der Liegenschaft wurden Kredite sichergestellt, für die beide solidarisch haften (zB Pfandurkunde vom ).
Die Lebensgemeinschaft wurde am beendet.
Mit Übergabsvertrag vom übergibt die Lebensgefährtin ihren Hälfteanteil an der Liegenschaft an den Bf gegen Übernahme der sichergestellten Hypothekardarlehen in die alleinige Zahlungspflicht.
Der Grundstückswert gemäß § 4 Abs. 1 GrEStG beträgt € € 214.802,21.
2 Strittig ist nun, ob zwischen der Auflösung der Lebensgemeinschaft und dem - ca. 1 Jahr und 8 Monate später abgeschlossenen - Übergabsvertrag ein Zusammenhang besteht. Dies ist aber eine Frage des Sachverhalts und damit der Umstände, die ihre Bedeutung im Rahmen der Beweiswürdigung haben:
Der Bf schenkt eine Liegenschaftshälfte an die Lebensgefährtin. Gemeinsam errichten sie unter Inanspruchnahme von Fremdkapital ein Wohnhaus, in dem sie bis zur Trennung wohnen.
Vertragsobjekt ist daher der Grund und Boden sowie der auf gemeinsame Rechnung und Gefahr geschaffene Hauptwohnsitz.
Im Vertragswortlaut wird das Motiv für den Übergabsvertrag explizit angeführt (siehe VP "Erstens").
Die Gegenleistung besteht laut Vertrag 'nur' in der Übernahme der Hälfte der auf der Liegenschaft sichergestellten Hypothekardarlehen, für die beide ohnehin bereits solidarisch haften.
Der Bf bringt vor, dass der Erhalt des Hauses immer im Vordergrund stand. Das ist glaubwürdig und entspricht auch der allgemeinen Lebenserfahrung, zumal das Haus gemeinsam errichtet wurde und die Liegenschaft aus dem Familienbereich des Bf stammt.
Es ist auch nachvollziehbar, dass die Abklärung der finanziellen Möglichkeiten eine gewisse Zeit in Anspruch nahm. Zu dem Vorbringen des Bf, er habe sogar eine Umschuldung auf ein neues Kreditinstitut vornehmen müssen, gibt es im Akt keine gegenteiligen Feststellungen.
Neben der Verarbeitung der Trennung und der Prüfung der finanziellen Machbarkeit gibt es noch einen weiteren Faktor, der auf die Zeitdauer Einfluss hat: Während die Beendigung bzw. Auseinandersetzung bei der Ehe und eingetragenen Partnerschaft besonderen gesetzlichen Regelungen unterworfen ist, gelten für die Aufhebung des Miteigentums lediglich die allgemeinen Regeln des ABGB (siehe §§ 825ff).
Aufgrund der dargestellten Umstände nimmt das Verwaltungsgericht im Rahmen der freien Beweiswürdigung als erwiesen an, dass ein innerer Zusammenhang zwischen der Auflösung der Lebensgemeinschaft und dem gegenständlichen Erwerbsvorgang besteht.
3 Rechtslage
§ 7 GrEStG idF BGBl. I Nr. 163/2015 lautet auszugsweise:
"(1) 1. a) Ein Erwerb gilt als
•unentgeltlich, wenn die Gegenleistung nicht mehr als 30%,
•teilentgeltlich, wenn die Gegenleistung mehr als 30%, aber nicht mehr als 70%,
•entgeltlich, wenn die Gegenleistung mehr als 70%
des Grundstückswertes beträgt.
b) Ein Erwerb gilt als unentgeltlich, wenn er durch Erbanfall, durch Vermächtnis, durch Erfüllung eines Pflichtteilsanspruchs, wenn die Leistung an Erfüllung Statt vor Beendigung des Verlassenschaftsverfahrens vereinbart wird, oder gemäß § 14 Abs. 1 Z 1 WEG erfolgt.
c) Ein Erwerb unter Lebenden durch den in § 26a Abs. 1 Z 1 des Gerichtsgebührengesetzes, BGBl. Nr. 501/1984 in der geltenden Fassung, angeführten Personenkreis gilt als unentgeltlich.
……………………………………….
2. a) Die Steuer beträgt beim unentgeltlichen Erwerb von Grundstücken
•für die ersten 250 000 Euro …… 0,5%,
…………
des Grundstückwertes.
………"
§ 26a GGG (Begünstigte Erwerbsvorgänge) idF BGBl. I Nr. 19/2015 hat auszugsweise folgenden Wortlaut:
"(1) Abweichend von § 26 ist für die Bemessung der Eintragungsgebühr bei den nachstehend angeführten begünstigten Erwerbsvorgängen der dreifache Einheitswert, maximal jedoch 30% des Werts des einzutragenden Rechts (§ 26 Abs. 1), heranzuziehen:
1. bei Übertragung einer Liegenschaft an den Ehegatten oder eingetragenen Partner während aufrechter Ehe (Partnerschaft) oder im Zusammenhang mit der Auflösung der Ehe (Partnerschaft), an den Lebensgefährten, sofern die Lebensgefährten einen gemeinsamen Hauptwohnsitz haben oder hatten, an einen Verwandten oder Verschwägerten in gerader Linie, an ein Stief-, Wahl- oder Pflegekind oder deren Kinder, Ehegatten oder eingetragenen Partner, oder an Geschwister, Nichten oder Neffen des Überträgers
2. .........
dies gilt jeweils auch für die Übertragung ideeller Anteile an diesen Grundstücken beziehungsweise Liegenschaften. Für die Frage, ob eine begünstigte Übertragung vorliegt, ist auf das Verhältnis zwischen dem eingetragenen Vorberechtigten und jener Person abzustellen, zu deren Gunsten das Recht eingetragen werden soll. Eine begünstigte Übertragung liegt auch dann vor, wenn jeder Erwerb in der Erwerbskette, die zur Eintragung in das Grundbuch führt, zwischen Personen stattfindet, bei denen die Voraussetzungen für eine begünstigte Übertragung vorlägen.
(2) Eine Ermäßigung der Bemessungsgrundlage tritt nur ein, wenn sie eingangs der Eingabe unter Hinweis auf die gesetzliche Grundlage in Anspruch genommen wird. Die Voraussetzungen für die Ermäßigung der Bemessungsgrundlage sind durch Vorlage geeigneter Urkunden, bei Lebensgefährten insbesondere durch Bestätigungen über den Hauptwohnsitz zu bescheinigen.
(3) .................. "
Unentgeltliche Erwerbe werden in der Fassung des StRefG 2015/2016, BGBl I 2015/118, dadurch begünstigt, dass für sie ein Stufentarif zur Anwendung kommt. Dadurch war es notwendig, den Begriff der Unentgeltlichkeit bzw. Entgeltlichkeit explizit und allgemein zu definieren (vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, § 7 GrEStG 1987, Rz 2).
Ein Erwerb unter Lebenden durch den zum Familienverband iS des § 26a GGG zählenden Personenkreis gilt gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 lit. c GrEStG als unentgeltlich. Zum Familienverband gehören Ehegatten oder eingetragene Partner während aufrechter Ehe (Partnerschaft) oder iZm der Auflösung der Ehe (Partnerschaft), Lebensgefährten, sofern die Lebensgefährten einen gemeinsamen Hauptwohnsitz haben oder hatten, Verwandte oder Verschwägerte in gerader Linie, Stief-, Wahl- oder Pflegekinder oder deren Kinder, Ehegatten oder eingetragene Partner und Geschwister, Nichten oder Neffen (vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, § 7 GrEStG 1987, Rz 7).
Als im Familienverband des § 26a Abs. 1 Z 1 GGG erfolgend sind ua Grundstückserwerbe durch den Ehegatten oder eingetragenen Partner während aufrechter Ehe (Partnerschaft) oder iZm der Auflösung der Ehe (Partnerschaft). Gemäß § 95 EheG bzw. § 38 Eingetragene Partnerschaft-Gesetz erlischt der Anspruch auf Aufteilung des (ehelichen) Gebrauchsvermögens (siehe dazu bei § 1 GrEStG Rz 201 ff), wenn er nicht binnen einem Jahr nach Rechtskraft der Scheidung (Auflösung der eingetragenen Partnerschaft), Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe durch Vertrag oder Vergleich anerkannt oder gerichtlich geltend gemacht wird. Wurde der Anspruch nicht innerhalb der Frist geltend gemacht und erfolgt eine Grundstücksübertragung nach Ablauf der Frist, ist die Übertragung als außerhalb des Familienverbandes liegend zu beurteilen. Bemessungsgrundlage ist daher - soweit der Erwerb nicht gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 lit. a GrEStG als unentgeltlich oder teilentgeltlich gilt - die Gegenleistung, mindestens der Grundstückswert ( 010206/0058-VI/5/2016; vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, § 7 GrEStG 1987, Rz 7).
Die Übertragung einer Liegenschaft an einen Lebensgefährten ist nach § 26a Abs. 1 Z 1 GGG begünstigt, sofern die Lebensgefährten einen gemeinsamen Wohnsitz haben oder hatten. Eine Lebensgemeinschaft ist ein durch die Merkmale des (gemeinsamen) Zusammenlebens, der gemeinsamen Aufbringung des Unterhalts und der gegenseitigen Unterstützung gekennzeichnetes Verhältnis zwischen Mann und Frau (; , 88/16/0090). Bei einer Lebensgemeinschaft handelt es sich also um einen eheähnlichen Zustand, der dem typischen Erscheinungsbild des ehelichen Zusammenlebens entspricht. Dazu gehört im Allgemeinen eine Geschlechts-, Wohnungs- und Wirtschaftsgemeinschaft (; vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, § 3 GrEStG 1987, Rz 59).).
In den Erläuterungen der Regierungsvorlage zum GGG wird dazu ausgeführt, das Vorliegen einer Lebensgemeinschaft setze unter anderem eine Wohngemeinschaft voraus. Unter Berücksichtigung des der Verwaltungsvereinfachung (!) dienenden Grundsatzes der Anknüpfung an formale äußere Tatbestände sei daher für die Anwendung der begünstigenden Bestimmung ein aktueller oder früherer gemeinsamer Hauptwohnsitz der Lebensgefährten Voraussetzung. Ein früherer gemeinsamer Hauptwohnsitz müsse zumindest im zeitlichen Nahebereich der Liegenschaftsübertragung gegeben sein. Dies werde immer dann zu bejahen sein, wenn zwischen der Aufhebung der Lebensgemeinschaft und der Liegenschaftsübertragung noch ein klar erkennbarer Zusammenhang bestehe, etwa die Liegenschaftsübertragung binnen Jahresfrist nach Aufhebung des gemeinsamen Hauptwohnsitzes gegeben sei (RV, 1984 BlgNR 24. GP; vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, § 3 GrEStG 1987, Rz 59).
In Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, § 3 GrEStG 1987, Rz 61, wird die Rechtsansicht des BMF dargestellt ( 010206/0101-VI/5/2014):
'Der Erwerb durch einen Lebensgefährten bei Auflösung der Lebensgemeinschaft oder nach Aufgabe des gemeinsamen Hauptwohnsitzes ist nach Auffassung des BMF nur dann begünstigt, wenn dieser Erwerb eine unmittelbare Folge der Auflösung oder Aufgabe darstellt.
Damit soll nach Auffassung des BMF sichergestellt werden, dass jene Übertragungen, die im Fall des Todes eines Ehegatten oder Partners oder der Auflösung einer Ehe oder Partnerschaft begünstigt sind, auch im Fall der Auflösung einer Lebensgemeinschaft (Trennung zwischen Lebenden, Tod eines Lebensgefährten) begünstigt sind. Eine gegenüber einer Ehe oder Partnerschaft weiter gehende Begünstigung wäre verfassungsrechtlich bedenklich. Aus diesem Grund sind Rechtsvorgänge über Grundstücke, die im Falle des Vorliegens einer Ehe nach § 81 EheG nicht der Aufteilung infolge Auflösung einer Ehe unterliegen würden, auch nicht als Erwerbsvorgänge infolge Auflösung einer Lebensgemeinschaft zu beurteilen. Dies betrifft vor allem Grundstücke, die der Ausübung des Berufes eines Lebenspartners dienen oder zu einem Unternehmen gehören.
Erfolgen Erwerbe iZm der Auflösung der Lebensgemeinschaft wirkt die Begünstigung weiter. Nach den Erläuterungen zu § 26a GGG wird vermutet, dass dieser Zusammenhang bei Liegenschaftsübertragungen binnen eines Jahres nach Aufhebung der Lebensgemeinschaft noch gegeben ist. Liegt die Auflösung der Lebensgemeinschaft bzw die Aufgabe des gemeinsamen Hauptwohnsitzes mehr als ein Jahr zurück, muss jedenfalls nachgewiesen werden, dass der Erwerbsvorgang noch iZm der Auflösung bzw Aufgabe steht. Erfolgt die Aufhebung der Lebensgemeinschaft durch den Tod eines der Lebensgefährten, steht die Begünstigung auch dann zu, wenn eine Abhandlung länger dauert und eine Zuweisung mit rechtskräftigem Einantwortungsbeschluss oder Amtsbestätigung gemäß § 182 AußStrG erst später - nach längerer Verfahrensdauer - erfolgt.'
Fellner führt dazu in der Folge aus:
'Dazu ist aber festzustellen, dass Gesetzesmaterialien kein Normcharakter zukommt (vgl. zB , und vom , 90/13/0014). Dabei ist auch zu bedenken, dass im § 26a Abs. 1 Z 1 GGG ausdrücklich auf Vorgänge im Zusammenhang mit der Auflösung der Ehe hingewiesen wird, eine Regelung, die für die Auflösung einer Lebensgemeinschaft im Gesetz keine Entsprechung findet. Zur Auffassung des BMF im angeführten Erlass vom betreffend Folgen der Aufgabe des gemeinsamen Hauptwohnsitzes ist anzumerken, dass dies aus dem Gesetz nicht hervorgeht. Nach dem eindeutigen Gesetzestext ist die Begünstigung auch dann anzuwenden, wenn die Lebensgefährten zu einem früheren Zeitpunkt einen gemeinsamen Hauptwohnsitz hatten.'
Nach § 4 Abs. 1 GrEStG idF des StRefG 2015/2016, BGBl I 2015/118, ist die Steuer vom Wert der Gegenleistung, mindestens aber vom Grundstückswert zu berechnen (vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, § 4 GrEStG 1987, Rz 2).
In § 4 Abs. 1 Satz 2 GrEStG idF des Art. 5 AbgÄG 2015, BGBl I 2015/163, ist die ausschließliche Zugrundelegung des Grundstückswertes als Bemessungsgrundlage ausdrücklich auch für die als unentgeltlich geltenden Erwerbe innerhalb des Familienverbands gemäß § 26a GGG sowie für Erwerbe von Todes wegen und nach § 14 Abs. 1 Z 1 WEG vorgesehen (vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, § 4 GrEStG 1987, Rz 6).
4 Erwägungen
Die Verfahrensparteien stimmen darin überein, dass der Erwerbsvorgang mit der Auflösung bzw. Aufgabe der Lebensgemeinschaft in Zusammenhang stehen muss.
Strittig ist, ob die beschwerdegegenständliche Liegenschaftsübertragung (noch) zwischen nach § 26a GGG und § 7 Abs. 1 Z 1 lit. c GrEStG begünstigten Lebensgefährten erfolgte bzw. die in den Erläuterungen zum GGG angesprochene Jahresfrist zwischen der Aufhebung der Lebensgemeinschaft und Liegenschaftsübertragung die Anwendung des Tarifs von 0,5% im begünstigten Personenkreis ausschließt.
Unstrittig ist, dass der Bf und die Übergeberin bis in aufrechter Lebensgemeinschaft gelebt und bis zu diesem Datum einen gemeinsamen Hauptwohnsitz laut Meldebestätigung hatten. Bereits damit erfüllen sie nach dem gesetzlichen Wortlaut des § 26a GGG "…… sofern die Lebensgefährten einen gemeinsamen Hauptwohnsitz haben oder hatten, ……" den Tatbestand eines begünstigten Erwerbsvorganges.
Um eine Diskriminierung von Ehegatten (Partnern) gegenüber Lebensgefährten hintanzustellen, geht die Abgabenbehörde in Analogie zu § 95 EheG bzw. § 38 Eingetragene Partnerschaft-Gesetz, wonach der Anspruch auf Aufteilung des (ehelichen) Gebrauchsvermögens, wenn er nicht binnen einem Jahr nach Rechtskraft der Scheidung (Auflösung der eingetragenen Partnerschaft), Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe durch Vertrag oder Vergleich anerkannt oder gerichtlich geltend gemacht wird, erlischt, davon aus, dass auch bei Lebensgefährten eine begünstigte Liegenschaftsübertragung nur dann vorliegt, wenn dieser Erwerb eine unmittelbare Folge der Auflösung der Lebensgemeinschaft bzw. Aufgabe des Hauptwohnsitzes darstellt. Liegt dies mehr als ein Jahr zurück, muss jedenfalls nachgewiesen werden, dass der Erwerbsvorgang iZm der Auflösung oder Aufgabe steht. Auch die oben zitierten Erläuterungen zum GGG fordern einen zeitlichen Nahebereich zwischen Aufhebung der Lebensgemeinschaft und Liegenschaftsübertragung.
Aus dem Vertrag, dem Beschwerdevorbringen, den beigebrachten Unterlagen (Meldebestätigung) und der Einsichtnahme in das Grundbuch geht hervor, dass der Erwerbsvorgang die Bereinigung vermögensrechtlicher Ansprüche der ehemaligen Lebensgefährten herbeiführen sollte.
Wie bereits festgestellt (siehe Beweiswürdigung), ist als erwiesen anzunehmen, dass zwischen der Beendigung der Lebensgemeinschaft und dem gegenständlichen Übergabsvertrag ein Zusammenhang besteht.
Das BFG hat im Erkenntnis vom , RV/5101333/2017, zu der von der Abgabenbehörde herangezogenen Jahresfrist folgende Rechtsansicht vertreten:
"Bei Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der oben erwähnten Jahresfrist hat das RV/5100450/2015 ( Ra 2016/16/0069) ausgesprochen, dass aus dem GrEStG keine unmittelbar kalendermäßig bestimmbare Frist hervorgehe. Auch wenn dieses Erkenntnis einen Sachverhalt im Regime des § 7 Abs. 1 Z 2 BGBl. I 36/2014 betrifft, so ist dem nunmehr maßgeblichen § 7 Abs. 1 Z 1 lit. c StRefG 2015/2016 iVm § 26a GGG Abs. 1 Z 1 (arg.: 'im Zusammenhang mit der Auflösung der Ehe…..') ebensowenig eine konkrete Befristung zu entnehmen."
Der konkrete Beschwerdefall bietet keinerlei Anlass von dieser Rechtsprechung abzugehen.
Den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen ist eine Jahresfrist nicht zu entnehmen. Der Zusammenhang zwischen Beendigung der Lebensgemeinschaft und dem Erwerbsvorgang ist nicht an eine Frist gebunden. Die zeitliche Nähe kann natürlich ein Indiz für einen derartigen Zusammenhang sein (siehe Erl. der RV zum GGG: "..., etwadie Liegenschaftsübertragung binnen Jahresfrist"), aber eben nicht das ausschließliche Kriterium.
Laut Fellner (siehe oben, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, § 3 GrEStG 1987, Rz 61) ist die Begünstigung - nach dem eindeutigen Gesetzestext - auch dann anzuwenden, wenn die Lebensgefährten zu einem früheren Zeitpunkt einen gemeinsamen Hauptwohnsitz hatten.
Die Abgabenbehörde führt die in § 95 EheG bzw. § 38 Eingetragene Partnerschaft-Gesetz normierte Jahresfrist ins Treffen.
Dem ist entgegen zu halten, dass es für die Auseinandersetzung bei Beendigung einer Lebensgemeinschaft keine besonderen gesetzlichen materiell- oder verfahrensrechtlichen Bestimmungen gibt. Für die ungeteilte Gemeinschaft am Eigentum (Miteigentum) gelten die allgemeinen Regeln gemäß §§ 825ff ABGB. Die Aufhebung und Teilung der Gemeinschaft ist in §§ 841ff ABGB geregelt. Eine 'Jahresfrist' kann daraus nicht abgeleitet werden.
Der Bf weist in seinem Vorlageantrag (Pkt. 4.) zu Recht darauf hin, dass zwischen der Beendigung der ehelichen Lebensgemeinschaft und der Regelung sämtlicher Angelegenheiten der Ehegatten ein beträchtlicher Zeitraum liegen kann. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die entsprechenden Ausführungen verwiesen.
Aus all diesen Erwägungen war die Grunderwerbsteuer vom Grundstückswert im begünstigten Personenkreis gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 lit. c GrEStG festzusetzen.
Der Beschwerde war daher stattzugeben und der angefochtene Bescheid war abzuändern.
III) Steuerberechnung:
Der Grundstückswert ergibt sich aus dem im Verwaltungsakt einliegenden Berechnungsbogen.
Grundstückswert € 214.802,21 davon 0,5 % gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 lit. a GrEStG ergibt eine Grunderwerbsteuer in Höhe von € 1.074,01.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Zur Thematik, bis wann und innerhalb welchen Zeitraumes eine Liegenschaftsübertragung zwischen Lebensgefährten nach Auflösung der Lebensgemeinschaft noch als begünstigter Erwerbsvorgang iSd § 7 Abs. 1 Z 1 lit. c GrEStG (idF StRefG 2015/2016 ab iVm § 26a Abs. 1 Z 1GGG) angesehen werden kann, liegt noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vor. Aus diesem Grund war eine Revision zuzulassen.
Salzburg-Aigen, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 7 Abs. 1 Z 1 lit. c GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 § 26a Abs. 1 Z 1 GGG, Gerichtsgebührengesetz, BGBl. Nr. 501/1984 |
Verweise | |
Zitiert/besprochen in | Hirschberger in BFGjournal 2024, 63 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.5101875.2017 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at