Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 13.05.2019, RV/7102439/2013

Widerrechtliche Verwendung eines Kfz

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7102439/2013-RS1
Die tatsächliche Nutzung eines in einem ausländischen Zulassungsverfahren zum Verkehr zugelassenen Kfz im Inland führt zur Verwendereigenschaft des Nutzers unabhängig vom mit dem Eigentümer vereinbarten Nutzungszweck, wobei es auf die längerfristige Verfügungsmacht des Nutzers über das Kfz ankommt.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin RI in der Beschwerdesache BF, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt Wien 1 und betreffend Kraftfahrzeugsteuer und diesbezügliche Verspätungszuschläge für die Monate 05-12/2006, 01-12/2007, 01-12/2008, 01-12/2009 vom und 01-9/2010, 10-12/2010 vom  zu Recht erkannt: 

Der Bescheid über die Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer für 5-12/2006 wird gem. § 279 BAO aus formellen Gründen ersatzlos aufgehoben. Der Bescheid über einen Verspätungszuschlag betreffend Kraftfahrzeugsteuer für die Monate 5-12/2006 wird demnach ebenfalls ersatzlos aufgehoben.

Die Bescheide über die Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer für 1-9/2010 und für 10-12/2010 werden gem. § 279 BAO aus formellen Gründen ersatzlos aufgehoben.

Die Beschwerde gegen die Bescheide betreffend 1-12/2007, 1-12/2008 und 1-12/2009 wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Die Kraftfahrzeugsteuer für die Monate 1-12/2007, 1-12/2008 und 1-12/2009 wird mit insgesamt EUR 3.456,- festgesetzt. Die diesbezüglichen Verspätungszuschläge werden mit insgesamt EUR 345,60 festgesetzt.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

1. Einleitung:

Der Beschwerdeführer bestreitet das Vorliegen einer widerrechtlichen Verwendung eines in einem ausländischen Zulassungsverfahren zum Verkehr zugelassenen Kfz im Inland.

2. Verfahrensablauf:

Mit Schreiben vom wurde dem Beschwerdeführer von der Großbetriebsprüfung Standort Wien im Namen und Auftrag des zuständigen Finanzamtes betreffend "Verwendung eines ausländischen Kfz-Kennzeichens" vorgehalten, dass aus Unterlagen, die der Finanzverwaltung vorliegen, hervorginge, dass der Beschwerdeführer in Österreich seinen Hauptwohnsitz hätte und das von ihm ein Kraftfahrzeug (idF. Kfz) mit ausländischem Kennzeichen im Inland verwendet worden wäre. Als Rechtsgrundlage für die Beurteilung der Kfz-Steuerpflicht wurden die Rechtsnormen § 82 Abs. 8 KFG 1967 und § 4 Abs. 1 Z 3 KfzStG angeführt. Der Beschwerdeführer wurde in Hinblick auf die Beurteilung der Kfz-Steuerpflicht dazu aufgefordert den Kaufvertrag, die Rechnung, den Leasing- oder Mietvertrag, die EU-Übereinstimmungs- und die Zulassungsbescheinigung sowie die Versicherungspolizze vorzulegen. Der Beschwerdeführer wurde weiters aufgefordert, den Gegenbeweis des dauernden Standortes im Inland zu erbringen, wobei er darüber aufgeklärt wurde, dass eine Glaubhaftmachung dazu nicht ausreiche und dass die Eigentumsverhältnisse für die Kfz-Steuerpflicht nicht entscheidend seien. Der Beschwerdeführer wurde ersucht, die inländischen Kennzeichen jener Fahrzeuge bekannt zu geben, die er verwendet hatte.

Mit Schreiben vom bestritt der Beschwerdeführer die widerrechtliche Verwendung des betreffenden Kfz mit ausländischem Kennzeichen, Porsche Cayenne mit dem Kfz-Kennzeichen CH-XY, da dieses Kfz nicht ihm, sondern seinem Sohn, Bf_S gehöre, der in Zürich wohnhaft wäre. Der Beschwerdeführer würde das Kfz lediglich für seinen Sohn zum Service fahren und es gelegentlich "um die laufende Benutzbarkeit aufrecht zu erhalten" bewegen. Der Beschwerdeführer gab das Kfz-Kennzeichen W-KZ des auf seine Gattin im Inland zugelassenen VW Golf bekannt und legte die betreffenden Zulassungsscheine bei. Weiters übermittelte der Beschwerdeführer 11 Rechnungen der Kfz-Werkstätte für die Jahre 2006 bis 2010 mit den folgenden Daten und Kilometerständen:


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Re-DATUM
KM-Stand

17896

21604

23047

26109

30255

31354

37330

42666

49184
54996
61025

Mit Bescheiden vom und setzte das Finanzamt Kraftfahrzeugsteuer für die Monate 05-12/2006, 01-12/2007, 01-12/2008, 01-12/2009, 01-09/2010 und 10-12/2010 fest.

Mit Schreiben vom erhob der Beschwerdeführer fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung und begründete wie folgt:

"1. Das Kfz mit dem Kennzeichen ZH-XY gehörte bis meinem Sohn Bf_S der bis 7/2007 in Zürich wohnhaft war und seither in Singapur wohnhaft ist. Nach seinem Umzug nach Singapur hatte er das Kfz bei uns in Wien abgestellt um es bei seinen Europareisen zu benutzen. In dieser Zeit habe ich das Fahrzeug für ihn regelmäßig zum Service gebracht um die laufende Benutzbarkeit aufrecht zu erhalten.

2. Für das Fahrzeug mit dem Kennzeichen ZH-XY wurde während des gesamten Zeitraumes bis in der Schweiz beim Straßenverkehrsamt der Sicherheitsdirektion Kanton Zürich die der österreichischen Kraftfahrzeugsteuer entsprechende Verkehrsabgabe bezahlt.

3. Erst mit hat er mir das Fahrzeug geschenkt und hab ich im Jänner die Einzelgenehmigung erwirkt, die Normverbrauchsabgabe bezahlt und das Fahrzeug mit dem Kennzeichen W-KZ angemeldet.

4. Bis zu diesem Zeitpunkt habe ich zuerst das Fahrzeug mit dem Kennzeichen W-Y und dann das Fahrzeug mit dem Kennzeichen W-KZ benutzt."

Mit Schreiben vom legte die belangte Behörde die Berufung dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vor und beantragte die Abweisung der Berufung, da die Standortvermutung nicht widerlegt werden konnte.

Über die Beschwerden wurde erwogen:

3. Rechtslage:

Gemäß § 323 Abs. 38 BAO, in der Fassung BGBl. I Nr. 14/2013, sind die am beim Unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängige Berufungen vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinne des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen.

Gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 Kraftfahrzeugsteuergesetz 1992 (idF KfzStG) unterliegt der Kraftfahrzeugsteuer "in einem ausländischen Zulassungsverfahren zum Verkehr zugelassene Kraftfahrzeuge, die auf Straßen mit öffentlichem Verkehr im Inland verwendet" werden sowie gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 KfzStG "Kraftfahrzeuge, die auf Straßen mit öffentlichem Verkehr im Inland ohne die kraftfahrrechtlich erforderliche Zulassung verwendet werden" (widerrechtliche Verwendung).

Steuerschuldner ist gem. § 3 Z 2 KfzStG "bei Kraftfahrzeugen die in einem ausländischen Zulassungsverfahren zum Verkehr zugelassen wurden, der Verwender". Die Steuerpflicht dauert nach § 4 Abs. 1 Z 3 KfzStG bei widerrechtlicher Verwendung vom Beginn des Kalendermonates, in dem die Verwendung einsetzt, bis zum Ablauf des Kalendermonates, in dem die Verwendung endet.

Gemäß § 6 Abs. 3 KfzStG ist die Kfz-Steuer eine Selbstberechnungsabgabe. 

Gemäß § 201 BAO ist eine Festsetzung der (Selbstbemessungs-)Abgabe durch die Behörde nur zulässig, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet wäre, keine oder eine unrichtige Selbstberechnung vorlegt.

Nach § 36 Kraftfahrgesetz 1967 (idF KFG) dürfen Kraftfahrzeuge unbeschadet der Bestimmung des § 82 KFG 1967 über die Verwendung von Kraftfahrzeugen und Anhängern mit ausländischem Kennzeichen auf Straßen mit öffentlichem Verkehr nur verwendet werden, wenn sie zum Verkehr zugelassen sind (§§ 37 bis 39 KFG 1967).

Gemäß § 79 KFG 1967 ist das Verwenden von Kraftfahrzeugen mit ausländischem Kennzeichen, die keinen dauernden Standort im Bundesgebiet haben, auf Straßen mit öffentlichem Verkehr nur zulässig, wenn die Fahrzeuge vor nicht länger als einem Jahr in das Bundesgebiet eingebracht wurden.

§ 82 Abs. 8 KFG 1967 bestimmt, dass „wenn ein KFZ von einer natürlichen Person mit einem Hauptwohnsitz oder juristischen Person mit Sitz im Bundesgebiet im Inland verwendet wird“, dieses Kfz seinen vermuteten "dauernden Standort im Inland" hat und somit Zulassungspflicht im Inland besteht.

Gemäß § 1 Abs. 7 MeldeG ist der Hauptwohnsitz des Meldepflichtigen "an jener Unterkunft begründet, an der er sich in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen hat, diese zum Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen zu machen; trifft diese sachliche Voraussetzung bei einer Gesamtbetrachtung der beruflichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebensbeziehungen eines Menschen auf mehrere Wohnsitze zu, hat er jenen als Hauptwohnsitz zu bezeichnen, zu dem er das überwiegende Naheverhältnis hat."

Gemäß § 167 Abs. 2 BAO "hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht."

4. Rechtliche Beurteilung:

Aus der dargestellten Rechtslage ergibt sich, dass die Verwendung eines nicht im Inland zugelassenen Kraftfahrzeuges dann der Kfz-Steuer unterliegt, wenn es nach dem KFG 1967 im Inland zum Verkehr zuzulassen wäre. Dies betrifft vor allem die Verwendung von im Ausland zugelassenen Kraftfahrzeugen, wenn auf Grund kraftfahrrechtlicher Bestimmungen die Zulassung im Inland zu beantragen wäre, dies aber unterlassen wird.

Die Verwendereigenschaft eines Kfz ist gem. § 82 Abs. 8 KFG 1967 nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen.

Der Beschwerdeführer hat in der Beschwerde angegeben: "In dieser Zeit habe ich das Fahrzeug für ihn (den Sohn) regelmäßig zum Service gebracht um die laufende Benutzbarkeit aufrecht zu erhalten." Somit bestreitet der Beschwerdeführer nicht, dass er das beschwerdegegenständliche Kfz im Inland tatsächlich verwendet hat. Aus diesem Grund ist von einer Verwendung im Inland iSd. § 82 Abs. 8 KFG 1967 auszugehen.

Die gefahrene Kilometeranzahl - das sind anhand der vorgelegten Belege im Zeitraum vom bis zum insgesamt 43.129 Kilometer - beweist des Weiteren die längerfristige Verwendung des Kfz im Inland iSd. § 82 Abs. 8 KFG 1967.

Denn nicht nur bei rechtmäßigem Besitz, sondern sogar bei unrechtmäßigem Besitz, geht die Rechtsprechung von einer Verwendung iSd. § 82 Abs. 8 KFG 1967 aus. Auf den Zulassungsbesitz wird bei der Beurteilung der Verwendereigenschaft iSd. § 82 Abs. 8 KFG 1967, entgegen der Rechtsansicht des Beschwerdeführers, nicht abgestellt.  

Das in der Beschwerde vorgebrachte Argument, dass das betreffende Kfz nicht dem Beschwerdeführer, sondern seinem Sohn gehöre, ändert nichts an der Kfz-Steuerpflicht, da es gem. § 82 Abs. 8 KFG 1967 bei der Voraussetzung „Betrieb auf eigene Rechnung des Verwenders“ nicht auf die Eigentümerschaft, sondern "auf die Ziehung eines wirtschaftlichen oder ideellen Nutzens und auf die Kostentragung ankommt, worauf auf Unterbringung, Instandhaltung, Bedienung, Versicherung, Steuer usw. abzustellen ist" ( 9 Ob A 150/00z).

Der Beschwerdeführer war im beschwerdegegenständlichen Zeitraum im Besitz der Zulassungsdokumente und des Kfz-Schlüssels des betreffenden Kfz und konnte es für verschiedenste Fahrten nutzen. Der Beschwerdeführer war überdies Rechnungsadressat der von der Kfz-Werkstätte ausgestellten Rechnungen. Bei der Verwendereigenschaft kommt es gem. § 82 Abs. 8 KFG 1967 auf den Zweck der Nutzung, wie zB. die Fahrten zum Service oder die Aufrechterhaltung der Benutzbarkeit durch kurze Fahrten, nicht an. Selbst wenn man davon ausgehen würde, dass der Beschwerdeführer das betreffende Kfz nur für Fahrten zur Kfz-Werkstätte und zur "laufenden Benutzbarkeit" verwendet hätte, würde dies nicht die Kfz-Steuerplicht beseitigen.

Dadurch dass der Beschwerdeführer das betreffende Kfz uneingeschränkt nutzen und über das Kfz längerfristig verfügen konnte, ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer der Verwender des Kfz iSd. § 82 Abs. 8 KFG 1967 ist (). Denn maßgebend ist, ob der Beschwerdeführer "(...) tatsächlich in der Lage ist, die Verfügung über das Fahrzeug auszuüben"().

Voraussetzung für den Entfall der Kfz-Steuerpflicht ist, dass die gesetzliche Standortvermutung gem. § 82 Abs. 8 KFG 1967 durch einen Gegenbeweis widerlegt werden muss, "wobei den Verwender die Beweislast trifft" (). Im konkreten Fall hat der Beschwerdeführer durch seine Angaben bestätigt, dass das betreffende Kfz seinen dauernden Standort im Inland hatte, da er in der Beschwerde vorgebracht hat, dass sein Sohn das betreffende Kfz "nach seinem Umzug nach Singapur (...) bei uns in Wien abgestellt (...) hat." Aus diesem Grund scheitert eine Widerlegung mittels Gegenbeweis gem. § 82 Abs. 8 KFG 1967.

§ 82 Abs. 8 KFG 1967 geht von einem Standort im Inland aus, wenn der Verwender seinen Hauptwohnsitz im Inland hat. Ein dauernder Standort im Ausland wurde vom Beschwerdeführer nicht behauptet. Außer den vorgelegten Zulassungsscheinen und den vorgelegten Rechnungen der Kfz-Werkstätte hat der Beschwerdeführer keine weiteren Unterlagen beigebracht. Da kein Fahrtenbuch geführt wurde, können die Angaben des Beschwerdeführers nicht nachvollzogen werden. Die im Zuge des Verfahrens vor dem Bundesfinanzgericht vorgelegten Beweise sind gem. § 167 Abs. 2 BAO nach freier Überzeugung zu würdigen.

Der Umstand, dass laut Angabe des Beschwerdeführers im Ausland eine Verkehrsabgabe entrichtet wurde, ändert nichts am Bestehen der inländischen Kfz-Steuerpflicht, denn die Kfz-Steuerpflicht stellt gem. § 1 Abs. 1 Z 3 KfzStG 1992 auf die tatsächliche Verwendung von Kraftfahrzeugen auf Straßen mit öffentlichem Verkehr im Inland ohne kraftfahrrechtlich erforderlicher Zulassung ab. Das Bundesfinanzgericht kann keine tatsächliche Doppelbesteuerung erkennen, da im konkreten Fall zwei unterschiedliche Steuersubjekte besteuert wurden: im Fall der schweizer Verkehrsabgabe wird gem. § 1 CH-Verkehrsabgabegesetz 1966 (CH-VAG) bestimmt, dass vom Halter eine Verkehrsabgabe erhoben wird: "Für Motorfahrzeuge und Anhänger, die mit zürcherischen Kontrollschildern verkehrsberechtigt sind (...)". § 1 CH-VAG knüpft an den Halter, das ist der Zulassungsbesitzer, als Steuersubjekt an, der im konkreten Fall der Sohn des Beschwerdeführers ist. Hingegen ist nach inländischer Rechtslage gem. § 3 KfzStG Steuerschuldner der Kfz-Steuer der Verwender iSd. § 82 Abs. 8 KFG 1967 und somit - wie oben dargestellt - der Beschwerdeführer. Das Bundesfinanzgericht kann daher keine echte Doppelbesteuerung feststellen, da eine internationale Doppelbesteuerung nur dann vorliegt, "wenn ein und dieselbe Person von zwei oder mehreren Staaten auf Grund desselben steuerlichen Tatbestandes für denselben Zeitraum oder zum selben Zeitpunkt zu gleichen oder gleichartigen Steuern herangezogen wird" (; ). Die vom Beschwerdeführer vorgebrachte Problematik wäre lediglich einem Antrages iSd. § 48 BAO zugänglich, da in der Literatur ua. die Meinung vertreten wird, "derzufolge auch wirtschaftliche Doppel­besteuerung in den Anwendungsbereich des § 48 BAO fällt" (Zorn in Streicher in SWI 2019/125 unter Verweis auf Weninger, Die aktuelle Praxis des Bundesministers für Finanzen bei der Anwendung des § 48 BAO, SWI 1999, 204 ffStoll/Bramerdorfer, Unilaterale Maßnahmen zur Vermeidung der Doppel­besteuerung nach § 48 BAO, FJ 7-8/2009).

Da gem. § 82 Abs. 8 KFG 1967 das betreffende Kfz im beschwerdegegenständlichen Zeitraum als mit dauerndem Standort im Inland anzusehen war, war Kfz-Steuer in der im Spruch angeführten Höhe vorzuschreiben.

Da der Beschwerdeführer nicht durch einen berufsmäßigen Parteienvertreter vertreten ist, hält es das Bundesfinanzgericht hiermit für angebracht, in sinngemäßer Anwendung des § 113 BAO auf die Möglichkeit der Stellung eines Antrages gem. § 48 BAO an den zuständigen Bundesminister für Finanzen hinzuweisen.

5. Ersatzlose Aufhebung aufgrund formeller Mängel:

Aus § 6 Abs. 3 KfzStG folgt, dass bei der Kraftfahrzeugsteuer der Selbstberechnungs- und Besteuerungszeitraum das Kalendervierteljahr ist (siehe u.a. auch ). Ein Kraftfahrzeugsteuerbescheid für mehrere Quartale eines Kalenderjahres ist kein Sammelbescheid sondern ein gemäß § 201 Abs. 4 BAO zusammengefasster Bescheid. Ein derartiger Bescheid kann nur einheitlich beurteilt werden. Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Festsetzung nach § 201 BAO müssen für alle zusammengefassten Quartale vorliegen. Das KfzStG kennt keine Regelung, die diesen Zeitraum für den Fall verkürzt, dass die Kfz-Steuerpflicht nur in einem Teil des Vierteljahres gegeben ist, weil Monatsabgaben eben nicht vorgesehen sind (siehe ; , RV/0455-L/12; , RV/0755-S/09).

Das Finanzamt hat die Kraftfahrzeugsteuer in dem angefochtenen Bescheid betreffend Kraftfahrzeugsteuer für die Monate 05-12/2006 und somit für acht Monate festgesetzt. Dieser Zeitraum geht jedoch über die mögliche Zusammenfassung zweier Quartale hinaus und ist damit unzulässig. Bei einer Steuerpflicht von Mai bis Dezember müssten daher die Quartale derart zusammengefasst werden, dass "4-12/2006" angegeben wird.

Der Bescheid über die Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer für die Monate 05-12/2006 war daher aus formellen Gründen ersatzlos aufzuheben. Da die Aufhebung nur aus formellen Gründen zu erfolgen hat, steht dies einer weiterhin erstmaligen Festsetzung durch die belangte Behörde für die gesetzlich vorgesehenen Besteuerungszeiträume nicht entgegen (keine res iudicata) sofern nicht Verjährung eingetreten ist ().

§ 6 Abs. 3 KfzStG regelt, dass die Kraftfahrzeugsteuer jeweils für ein Kalendervierteljahr selbst zu berechnen und abzuführen ist. Aus § 6 Abs. 4 KfzStG ergibt sich eine Erklärungspflicht, nach der bis zum 31.3. des Folgejahres eine Jahreserklärung abzugeben ist. Eine Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer im Sinne des § 201 BAO kann somit nicht vor dem 1. April des Folgejahres erfolgen.

Für den konkreten Fall bedeutet dies, dass die Bescheide über die Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer für die Monate 1-9/2010 und 10-12/2010 frühestens am hätten erlassen werden dürfen, wenn bis zum keine Erklärung eingereicht worden wäre. Da die besagten Bescheide bereits davor nämlich am  und am ergangen sind, waren diese aufzuheben ().

6. Festsetzung der Kfz-Steuer gem. §§ 4,5 KfzStG:

Wie die rechtliche Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes ergibt, hat der Beschwerdeführer einen Hauptwohnsitz im Inland, daher kommt § 82 Abs. 8 KFG 1967 mit der Monatsfrist zu tragen (). Beginn der Steuerpflicht ist bei der widerrechtlichen Verwendung gem. § 82 Abs. 8 KFG 1967 gem. § 4 KfzStG der Zeitpunkt, zu dem die einmonatige Frist abläuft. Dieser Zeitpunkt wurde im erstinstanzlichen Verfahren mit dem angenommen.

Die Kfz-Steuer bei PKW beträgt gem. § 5 KfzStG je Kilowatt der um 24 Kilowatt verringerten Leistung des Verbrennungsmotors 0,6 EUR, mindestens jedoch 6 EUR.

Das sind im konkreten Fall (184 Kilowatt - 24 Kilowatt) * 0,6 = EUR 96,-/Monat * 12 = EUR 1.152,-

Die Kfz-Steuer beträgt:

für 1-12/2007: EUR 1.152,- plus Verspätungszuschlag iHv. EUR 115,20

für 1-12/2008: EUR 1.152,- plus Verspätungszuschlag iHv. EUR 115,20

für 1-12/2009: EUR 1.152,- plus Verspätungszuschlag iHv. EUR 115,20

Zur Unzulässigkeit einer Revision

Gegen dieses Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die ordentliche Revision unzulässig, da es nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Erkenntnis folgt der in diesem Erkenntnis zitierten, einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes. Soweit Rechtsfragen für die hier zu klärenden Fragen entscheidungserheblich sind, sind sie durch höchstgerichtliche Rechtsprechung ausreichend geklärt bzw. ergeben sich die Rechtsfolgen unmittelbar aus dem Gesetz.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 82 Abs. 8 KFG 1967, Kraftfahrgesetz 1967, BGBl. Nr. 267/1967
§ 4 Abs. 1 Z 3 KFZStG, Kraftfahrzeugsteuergesetz 1952, BGBl. Nr. 110/1952
§ 1 Abs. 1 Z 2 KfzStG 1992, Kraftfahrzeugsteuergesetz 1992, BGBl. Nr. 449/1992
§ 1 Abs. 1 Z 3 KFZStG, Kraftfahrzeugsteuergesetz 1952, BGBl. Nr. 110/1952
§ 3 Z 2 KFZStG, Kraftfahrzeugsteuergesetz 1952, BGBl. Nr. 110/1952
§ 6 Abs. 3 KFZStG, Kraftfahrzeugsteuergesetz 1952, BGBl. Nr. 110/1952
§ 201 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 36 KFG 1967, Kraftfahrgesetz 1967, BGBl. Nr. 267/1967
§ 82 KFG 1967, Kraftfahrgesetz 1967, BGBl. Nr. 267/1967
§§ 37 bis 39 KFG 1967, Kraftfahrgesetz 1967, BGBl. Nr. 267/1967
§ 79 KFG 1967, Kraftfahrgesetz 1967, BGBl. Nr. 267/1967
§ 1 Abs. 7 MeldeG, Meldegesetz 1991, BGBl. Nr. 9/1992
§ 167 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 1 Abs. 1 Z 3 KfzStG 1992, Kraftfahrzeugsteuergesetz 1992, BGBl. Nr. 449/1992
§ 201 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 6 Abs. 4 KFZStG, Kraftfahrzeugsteuergesetz 1952, BGBl. Nr. 110/1952
§ 5 KFZStG, Kraftfahrzeugsteuergesetz 1952, BGBl. Nr. 110/1952
§ 279 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Art. 133 Abs. 4 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
§ 48 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
Zitiert/besprochen in
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7102439.2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at