Kein Vorsteuerabzug aus einer Rechnung, die über eine Reverse-Charge-Leistung mit gesondertem Umsatzsteuerausweis abrechnet
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache BF, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Graz-Stadt vom , betreffend Umsatzsteuer (Vorsteuererstattung 01-12/2014) zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Sachverhalt
Bei der Beschwerdeführerin handelt es sich um ein deutsches Unternehmen, das einen rechtzeitigen elektronischen Antrag auf Vorsteuererstattung für das Jahr 2014 einbrachte.
(Zumindest) eine der Rechnungen, für welche der Vorsteuerabzug begehrt wurde, betraf eine in Österreich ausgeführte Leistung, welche vom Leistenden (einem deutschen Unternehmen) als Grundstücksleistung gewertet wurde und für welche österreichische Umsatzsteuer in Rechnung gestellt worden war.
Diese Leistung war seitens der BF an ein Unternehmen in Bregenz weiterverrechnet worden, mit dem Hinweis "Lieferung erfolgt ohne Umsatzsteuer. Steuerfreiheit, Erwerbsbesteuerung durch den Kunden."
Zum Verfahrensablauf
Zunächst wurde der Erstattungsantrag abgewiesen, weil ein Vorhalt des Finanzamtes nicht fristgerecht beantwortet worden sei. Dies bestritt die BF in ihrer Beschwerde.
Mit Beschwerdevorentscheidung wurde die Beschwerde abgewiesen und wurde begründend ausgeführt, dass in einer Rechnung des ausländischen/deutschen Unternehmers "AB" an die BF eine sonstige Leistung fakturiert worden sei, wobei die Steuerschuld nach § 19 Abs. 1 zweiter Satz UStG 1994 (Reverse Charge) auf den Leistungsempfänger übergegangen sei. Damit komme das Erstattungsverfahren nicht zur Anwendung, die Vorsteuern seien im Veranlagungsverfahren zu beantragen. In der Umsatzsteuerjahreserklärung sei die übergegangene Steuerschuld aufzunehmen. Die Rechnung sei vom Rechnungsaussteller zu berichtigen.
Im Vorlageantrag wies die BF darauf hin, dass die Leistung der "AB" eine Leistung in Verbindung mit einem Grundstück gewesen und richtigerweise mit österreichischer Umsatzsteuer abgerechnet worden sei. Die BF habe diese Leistungen in der Folge an eine Firma in Bregenz weiterverrechnet, wobei die Weiterverrechnung im Reverse Charge erfolgt sei und dieser Leistungsempfänger die österreichische Umsatzsteuer abgeführt habe.
Die BF gebe keine Umsatzsteuererklärung in Österreich ab, sondern lasse die Umsatzsteuer ausschließlich durch die österreichischen Leistungsempfänger abführen. Folgerichtig sei der BF die Umsatzsteuer zu erstatten, da sonst die österreichischen Finanzbehörden die Umsatzsteuer doppelt erhielten.
Beweiswürdigung
Der Sachverhalt ist grundsätzlich nicht strittig, wohl aber dessen rechtliche Beurteilung.
Rechtslage
Die gesetzlichen Bestimmungen in der für die Entscheidung wesentlichen Fassung lauten:
Sonstige Leistung
§ 3a. (1) UStG 1994 idF BGBl. I Nr. 112/2012: Sonstige Leistungen sind Leistungen, die nicht in einer Lieferung bestehen. Eine sonstige Leistung kann auch in einem Unterlassen oder im Dulden einer Handlung oder eines Zustandes bestehen.
(1a) Einer sonstigen Leistung gegen Entgelt werden gleichgestellt:
1. Die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstandes, der zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat, durch den Unternehmer
- für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen,
- für den Bedarf seines Personals, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen;
2. die unentgeltliche Erbringung von anderen sonstigen Leistungen durch den Unternehmer
- für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen,
- für den Bedarf seines Personals, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen.
Z 1 gilt nicht für die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Grundstückes.
(2) Ein tauschähnlicher Umsatz liegt vor, wenn das Entgelt für eine sonstige Leistung in einer Lieferung oder in einer sonstigen Leistung besteht.
(3) Überlässt ein Unternehmer einem Auftraggeber, der ihm einen Stoff zur Herstellung eines Gegenstandes übergeben hat, an Stelle des herzustellenden Gegenstandes einen gleichartigen Gegenstand, wie er ihn in seinem Unternehmen aus solchem Stoff herzustellen pflegt, so gilt die Leistung des Unternehmers als sonstige Leistung (Werkleistung), wenn das Entgelt für die Leistung nach Art eines Werklohnes unabhängig vom Unterschied zwischen dem Marktpreis des empfangenen Stoffes und dem des überlassenen Gegenstandes berechnet wird.
(4) Besorgt ein Unternehmer eine sonstige Leistung, so sind die für die besorgte Leistung geltenden Rechtsvorschriften auf die Besorgungsleistung entsprechend anzuwenden.
Ort der sonstigen Leistung
(5) Für Zwecke der Anwendung der Abs. 6 bis 16 und Art. 3a gilt
1. als Unternehmer ein Unternehmer gemäß § 2, wobei ein Unternehmer, der auch nicht steuerbare Umsätze bewirkt, in Bezug auf alle an ihn erbrachten sonstigen Leistungen als Unternehmer gilt;
2. eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person mit Umsatzsteuer-Identifikationsnummer als Unternehmer;
3. eine Person oder Personengemeinschaft, die nicht in den Anwendungsbereich der Z 1 und 2 fällt, als Nichtunternehmer.
(6) Eine sonstige Leistung, die an einen Unternehmer im Sinne des Abs. 5 Z 1 und 2 ausgeführt wird, wird vorbehaltlich der Abs. 8 bis 16 und Art. 3a an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Empfänger sein Unternehmen betreibt. Wird die sonstige Leistung an die Betriebsstätte eines Unternehmers ausgeführt, ist stattdessen der Ort der Betriebsstätte maßgebend.
(7) Eine sonstige Leistung, die an einen Nichtunternehmer im Sinne des Abs. 5 Z 3 ausgeführt wird, wird vorbehaltlich der Abs. 8 bis 16 und Art. 3a an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt. Wird die sonstige Leistung von einer Betriebsstätte ausgeführt, gilt die Betriebsstätte als der Ort der sonstigen Leistung.
(8) Eine Vermittlungsleistung an einen Nichtunternehmer im Sinne des Abs. 5 Z 3 wird an dem Ort erbracht, an dem der vermittelte Umsatz ausgeführt wird.
(9) Eine sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück wird dort ausgeführt, wo das Grundstück gelegen ist. Sonstige Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück sind auch:
a) die sonstigen Leistungen der Grundstücksmakler und Grundstückssachverständigen;
b) die Beherbergung in der Hotelbranche oder in Branchen mit ähnlicher Funktion (zB in Ferienlagern oder auf Campingplätzen);
c) die Einräumung von Rechten zur Nutzung von Grundstücken;
d) die sonstigen Leistungen zur Vorbereitung oder zur Koordinierung von Bauleistungen (zB die Leistungen von Architekten und Bauaufsichtsbüros).
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Steuerschuldner, Entstehung der Steuerschuld
§ 19. (1) UStG 1994 idF BGBl. I Nr. 112/2012: Steuerschuldner ist in den Fällen des § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 der Unternehmer, in den Fällen des § 11 Abs. 14 der Aussteller der Rechnung.
Bei sonstigen Leistungen (ausgenommen die entgeltliche Duldung der Benützung von Bundesstraßen und die in § 3a Abs. 11a genannten Leistungen) und bei Werklieferungen wird die Steuer vom Empfänger der Leistung geschuldet, wenn
– der leistende Unternehmer im Inland weder sein Unternehmen betreibt noch eine an der Leistungserbringung beteiligte Betriebsstätte hat und
– der Leistungsempfänger Unternehmer im Sinne des § 3a Abs. 5 Z 1 und 2 ist oder eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist, die Nichtunternehmer im Sinne des § 3a Abs. 5 Z 3 ist.
Der leistende Unternehmer haftet für diese Steuer.
(1a) Bei Bauleistungen wird die Steuer vom Empfänger der Leistung geschuldet, wenn der Empfänger Unternehmer ist, der seinerseits mit der Erbringung der Bauleistungen beauftragt ist. Der Leistungsempfänger hat auf den Umstand, dass er mit der Erbringung der Bauleistungen beauftragt ist, hinzuweisen. Erfolgt dies zu Unrecht, so schuldet auch der Leistungsempfänger die auf den Umsatz entfallende Steuer.
Werden Bauleistungen an einen Unternehmer erbracht, der üblicherweise selbst Bauleistungen erbringt, so wird die Steuer für diese Bauleistungen stets vom Leistungsempfänger geschuldet. Bauleistungen sind alle Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Reinigung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen. Das gilt auch für die Überlassung von Arbeitskräften, wenn die überlassenen Arbeitskräfte Bauleistungen erbringen.
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Ausstellung von Rechnungen
§ 11. (1) UStG 1994 idF BGBl. I Nr. 112/2012:
1. Führt der Unternehmer Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 aus, ist er berechtigt, Rechnungen auszustellen. Führt er die Umsätze an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen oder an eine juristische Person, soweit sie nicht Unternehmer ist, aus, ist er verpflichtet, Rechnungen auszustellen. Führt der Unternehmer eine steuerpflichtige Werklieferung oder Werkleistung im Zusammenhang mit einem Grundstück an einen Nichtunternehmer aus, ist er verpflichtet eine Rechnung auszustellen. Der Unternehmer hat seiner Verpflichtung zur Rechnungsausstellung innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung des Umsatzes nachzukommen.
2. Die Verpflichtung zur Rechnungsausstellung besteht auch, wenn
- der leistende Unternehmer sein Unternehmen vom Inland aus betreibt oder sich die Betriebsstätte, von der aus die Leistung erbracht wird, im Inland befindet,
- der Leistungsempfänger ein Unternehmer ist, der die Lieferung oder sonstige Leistung für sein Unternehmen bezieht oder eine juristische Person ist, die nicht Unternehmer ist,
- die Steuerschuld für die im anderen Mitgliedstaat ausgeführte Lieferung oder sonstige Leistung auf den Leistungsempfänger übergeht und
- der leistende Unternehmer in diesem Mitgliedstaat weder sein Unternehmen betreibt noch eine an der Leistungserbringung beteiligte Betriebsstätte hat.
§ 11 (1a) Führt der Unternehmer Lieferungen oder sonstige Leistungen aus, für die der Leistungsempfänger nach § 19 Abs. 1 zweiter Satz, Abs. 1a, Abs. 1b, Abs. 1c, Abs. 1d oder Abs. 1e die Steuer schuldet, hat er in den Rechnungen die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Leistungsempfängers anzugeben und auf die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers hinzuweisen. Die Vorschrift über den gesonderten Steuerausweis in einer Rechnung ist nicht anzuwenden.
Dies gilt auch, wenn der Unternehmer Lieferungen oder sonstige Leistungen im übrigen Gemeinschaftsgebiet ausführt, für die eine Verpflichtung zur Rechnungsausstellung nach Abs. 1 besteht.
Führt der Unternehmer Lieferungen oder sonstige Leistungen im Sinne des § 19 Abs. 1 zweiter Satz oder des § 19 Abs. 1c aus, besteht keine Verpflichtung zur Rechnungsausstellung nach Abs. 1, wenn er sein Unternehmen vom übrigen Gemeinschaftsgebiet aus betreibt oder sich die Betriebsstätte, von der aus die Leistung erbracht wird, im übrigen Gemeinschaftsgebiet befindet. .... ....
§ 11 (12) Hat der Unternehmer in einer Rechnung für eine Lieferung oder sonstige Leistung einen Steuerbetrag, den er nach diesem Bundesgesetz für den Umsatz nicht schuldet, gesondert ausgewiesen, so schuldet er diesen Betrag auf Grund der Rechnung, wenn er sie nicht gegenüber dem Abnehmer der Lieferung oder dem Empfänger der sonstigen Leistung entsprechend berichtigt. Im Falle der Berichtigung gilt § 16 Abs. 1 sinngemäß.
Vorsteuerabzug
§ 12. (1) Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen:
1. Die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. .... ....
§ 21 (4) UStG 1994 idF BGBl. I Nr. 76/2011: Der Unternehmer wird nach Ablauf des Kalenderjahres zur Steuer veranlagt. Enden mehrere Veranlagungszeiträume in einem Kalenderjahr (§ 20 Abs. 1 und 3), so sind diese zusammenzufassen. Der Unternehmer hat für das abgelaufene Kalenderjahr eine Steuererklärung abzugeben, die alle in diesem Kalenderjahr endenden Veranlagungszeiträume zu umfassen hat.
Die Übermittlung der Steuererklärung hat elektronisch zu erfolgen. Ist dem Unternehmer die elektronische Übermittlung der Steuererklärung mangels technischer Voraussetzungen unzumutbar, hat die Übermittlung der Steuererklärung auf dem amtlichen Vordruck zu erfolgen.
Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, den Inhalt und das Verfahren der elektronischen Übermittlung der Steuererklärung mit Verordnung festzulegen. In der Verordnung kann vorgesehen werden, dass sich der Unternehmer einer bestimmten geeigneten öffentlichrechtlichen oder privatrechtlichen Übermittlungsstelle zu bedienen hat.
Unternehmer, die im Inland keine Umsätze ausgeführt haben oder nur Umsätze, für die der Leistungsempfänger die Steuer schuldet, und die ausschließlich eine Steuer gemäß § 19 Abs. 1 zweiter Satz oder Abs. 1a schulden, hinsichtlich der sie zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt sind, werden nur dann zur Steuer veranlagt, wenn sie dies ausdrücklich schriftlich beantragen.
Erwägungen
Die Leistung in der Rechnung zur Sequenznummer 25 der "AB" an die BF besteht in der Verlegung einer Erdwärmesonde mit Anschlussarbeiten bis an die Wärmepumpe bei einem Haus in Bregenz. Diese Leistung ist gemäß § 3a Abs. 9 UStG 1994 eine Grundstücksleistung, die dort ausgeführt wird, wo das Grundstück gelegen ist, das ist Österreich.
Für diese in Österreich (als Leistungsort) steuerbare Leistung geht nach § 19 Abs. 1 zweiter Satz UStG 1994 die Steuerschuld auf den Leistungsempfänger (die BF) über, da der leistende Unternehmer (die "AB") in Deutschland (also nicht in Österreich) seinen Sitz hat und seine Leistung an einen Unternehmer (die BF) erbringt, (wobei es keine Rolle spielt, dass der Leistungsempfänger, die BF, ein ausländisches Unternehmen ist).
Beim Übergang der Steuerschuld nach § 19 Abs. 1 zweiter Satz UStG 1994 ist der Unternehmer zur Rechnungsausstellung nach den Vorschriften des Mitgliedstaates verpflichtet, von dem aus er die Leistung erbracht hat (siehe Art. 219 a Z 2 lit. a MwSt-RL 2006/112/EG), wenn sich das Unternehmen oder die Betriebsstätte, von dem bzw. der aus die Leistung erbracht wird, im übrigen Gemeinschaftsgebiet befindet. (Dies gilt nicht, wenn der Leistungsempfänger mittels Gutschrift abrechnet.)
In Einklang mit der MwSt-SystRL idF der RL 2010/45/EU hat somit der leistende Unternehmer bei der Rechnungsausstellung die Vorschriften seines Ansässigkeitsstaats zu beachten, wenn bei Lieferungen und sonstigen Leistungen die Steuerschuld auf den Leistungsempfänger in einem anderen Mitgliedstaat übergeht, sofern nicht im Gutschriftswege abgerechnet wird.
Wobei festzuhalten ist, dass der Vorsteuerabzug aus Reverse-Charge-Leistungen nicht von einer ordnungsgemäßen Rechnung abhängt (, "Gerhard Bockemühl"), also die auf den Leistungsempfänger übergegangene Umsatzsteuer - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - auch ohne Rechnung als Vorsteuer abgezogen werden kann.
Da Art 226 Nr 11 a MwSt-SystRL idF RL 2010/45/EU bei der Steuerschuldnerschaft des Erwerbers oder Dienstleistungsempfängers die Angabe „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“ erfordert, wird ein entsprechender Hinweis auch bei jenen Rechnungen zu finden sein, die sich nicht nach dem österreichischen UStG richten.
Damit erfolgte die in der Rechnung zur Sequenznummer 25 der "AB" an die BF ausgewiesene Umsatzsteuer zu Unrecht, da bei einem Übergang der Steuerschuld gilt, dass in der betreffenden Rechnung auf die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers hinzuweisen ist, keinesfalls ist die Umsatzsteuer gesondert auszuweisen.
Der fälschliche Umsatzsteuerausweis führt nach österreichischer Rechtslage zu einer Steuerschuld aufgrund der Rechnung nach § 11 Abs. 12 UStG 1994, die der Rechnungsaussteller solange schuldet, bis er die Rechnung nicht gegenüber dem Leistungsempfänger (der BF) entsprechend berichtigt (vgl. Ruppe/Achatz, UStG4, § 11 Tz 126, mit dem Hinweis in Tz 127, dass einer der Anwendungsfälle der Steuerausweis für eine Leistung ist, bei der die Steuerschuld nach dem Reverse-Charge-System auf den Leistungsempfänger übergeht).
Eine Umsatzsteuer, die der leistende Unternehmer lediglich aufgrund der Inrechnungstellung, nicht aber aufgrund der Leistung schuldet, ist nicht als Vorsteuer abzugsfähig (vgl. , "Genius Holding BV", Slg 4227. Dieser Judikatur des EuGH ist der Verwaltungsgerichtshof gefolgt, vgl. ; , 2005/15/0140; , 2003/13/0125; , 2001/13/0022; , 97/14/0107 und Bürgler/Stifter in Berger/Bürgler/Kanduth-Kristen/Wakounig, UStG-ON2.07 § 11 UStG Tz 147 (Stand , rdb.at).
Die BF schuldet somit die auf sie übergegangene Umsatzsteuer aus der Rechnung Sequenznummer 25 aufgrund der an sie erbrachten Leistung und kann diese als Vorsteuer abziehen, weil sie ihrerseits die Leistung an einen Unternehmer (in Bregenz) erbringt, auf welchen die Umsatzsteuerschuld aus der Rechnung der BF übergeht (die Textierung in der Rechnung an den österreichischen Leistungsempfänger müsste demnach auf eine übergegangene Steuerschuld hinweisen und nicht auf eine Steuerfreiheit und Erwerbsbesteuerung).
Zu keiner Veranlagung des ausländischen Unternehmers (also der BF) im Inland (Österreich) kommt es, wenn er als Leistungsempfänger eine Umsatzsteuer gem. § 19 Abs. 1 zweiter Satz oder § 19 Abs. 1 a und 1 b UStG 1994 schuldet, hinsichtlich der er zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt ist (§ 21 Abs. 4 UStG 1994).
Werden neben der Vorsteuer für die übergegangene Steuerschuld aber weitere Vorsteuern geltend gemacht (wie im beschwerdegegenständlichen Fall), sind diese im Veranlagungsverfahren geltend zu machen (vgl. Hacker-Ostermann/Hinterleitner in Berger/Bürgler/Kanduth-Kristen/Wakounig, UStG-ON2.07 § 21 UStG Rz 49 [Stand , rdb.at] und auch Ruppe/Achatz, UStG4 § 21 Tz 37, 57/2: Im Fall der Geltendmachung weiterer Vorsteuern, die neben der übergegangenen Steuerschuld anfallen, ist jedenfalls das Veranlagungsverfahren durchzuführen).
Die BF hat somit (jedenfalls) aus der Rechnung Sequenznummer 25 keinen Vorsteuerabzug, da diese einen Steuerbetrag ausweist, welcher auf die BF als Steuerschuldnerin überging. Diese Rechnung wäre seitens des Rechnungsausstellers entsprechend zu berichtigen. Wohl aber hat sie den Vorsteuerabzug aus der an sie erbrachten Leistung, die dem Reverse-Charge-System unterliegt.
In einer Umsatzsteuererklärung (auf Antrag) wäre die auf die BF übergegangene Umsatzsteuerschuld auszuweisen und bei Vorliegen aller Voraussetzungen des § 12 UStG 1994 als Vorsteuer abzugsfähig, wobei auch über die übrigen Vorsteuern im Veranlagungsverfahren abzusprechen wäre. Zudem wäre abzuklären, ob die an die BF in Rechnung gestellten Reparaturen allenfalls zu einer Weiterverrechnung geführt haben (weitere Reverse-Charge Umsätze oder Inlandsumsätze ?) und ob (zum Teil nicht abzugsfähige) Vorsteuerbeträge im Zusammenhang mit PKW-Kosten nach § 12 Abs. 2 Z 2 lit. b UStG 1994 vorliegen.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die rechtliche Beurteilung ergibt sich aus dem insoweit eindeutigen Wortlaut der gesetzlichen Bestimmungen, eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 19 Abs. 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 3a Abs. 9 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 11 Abs. 12 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 21 Abs. 4 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 12 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 11 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2017:RV.2100204.2016 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
CAAAC-17029