Stattgabe; Keine Gebührenpflicht wegen des Vorliegens eines ungültig zustande gekommenen Rechtsgeschäftes
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin xyz über die Beschwerde der Bf, vertreten durch KPMG Alpen-Treuhand AG Wirtschaftsprüfungs- u Steuerberatungsgesellschaft (nunmehr KPMG Alpen-Treuhand GmbH Wirtschaftsprüfungs-und Steuerberatungsgesellschaft), Porzellangasse 51, 1090 Wien, gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom 000, Erf.Nr. yyy, betreffend Festsetzung der Gebühr gemäß § 33 TP 20 Abs.1 lit.b, zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 Abs.1 BAO stattgegeben und der bekämpfte Bescheid aufgehoben.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.
Entscheidungsgründe
KR A verstarb am 8/09. Am schloss dessen, Sohn, B mit der Beschwerdeführerin (fortan Bf. genannt),als Erbin des Verstorbenen, ein Pflichtteilsübereinkommen, in Form eines Notariatsaktes, ab. Darin wird vereinbart, dass B gegen Ausbezahlung eines Geldbetrages idHv 850.000,00 durch die Bf., auf weitere Pflichtteilsansprüche an diese unwiderruflich verzichtet.
Dazu wird festgestellt, dass die Bf. dem Vertragspartner diesem bereits 350.000,00 € auf seinen Pflichtteilsanspruch ausbezahlt hat, und die Forderung des Vertragspartners idHv 1.000.000,00 € an ein genanntes Unternehmen, an die Bf. abgetreten wird, und diese dazu berechtigt ist, diese Forderung gegen Pflichtteilsansprüche des B aufzurechnen.
Mit dem, im Spruch dieses Erkenntnisses angeführten, Bescheid schrieb die belangte Behörde der Bf. die Rechtsgeschäftsgebühr gemäß § 33 TP 20 Abs.1 lit.b GebG-unter Zugrundelegung des Betrages von 850.000,00 €- mit 17.000,00 € vor.
Dagegen erhob die Bf., durch ihre ausgewiesene Rechtsvertreterin, fristgerecht Berufung. Sie beantragte die ersatzlose Aufhebung des bekämpften Bescheides, im Wesentlichen mit nachstehender Begründung:
Laut Feststellungsurteil des Landesgerichtes P vom , sei- gestützt auf ein ärztliches Gutachten- festgestellt worden, dass B mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit schon im Herbst 2010 geschäftsunfähig gewesen ist. Rechtsgeschäfte von von Geschäftsunfähigen seien absolut nichtig. Somit sei sei gültiges Rechtsgeschäft zustande gekommen.
Voraussetzung für den Anfall der Rechtsgeschäftsgebühr sei, iSd § 15 GebG, ein gültig zustande gekommenes Rechtsgeschäft. Ein Rechtsgeschäft, welches zivilrechtlich nicht wirksam zustande gekommen ist, löse auch dann keine Gebührenpflicht aus, wenn dessen Abschluss beurkundet wurde.
Der, am vor den Landesgericht P zu Zahl aaa-unter der aufschiebenden Bedingung, dass der Feststellungsklage des B auf Nichtigkeit des verfahrensgegenständlichen Pflichtteilsübereinkommens stattgegeben wird- abgeschlossene, prätorische Vergleich unterliege keiner Vergebührung nach dem Gebührengesetz ,da davon nur aussergerichtliche Vergleiche erfasst werden.
Am 000 stellte die belangte Behörde an die Bf. nachstehendes Ersuchen um Ergänzung:
„Gemäß § 23 Abs.3 BAO ist die Nichtigkeit eines Rechtsgeschäftes für die Erhebung der Abgaben insoweit und so lange ohne Bedeutung, als die am Rechtsgeschäft beteiligten Personen dessen wirtschaftliches Ergebnis eintreten und bestehen lassen. Laut Aktenlage wurden an B aufgrund des Pflichtteilsübereinkommens vom 850.000,00 € ausbezahlt.
Wurde dieser Betrag wieder an die Bf. zurücküberwiesen?
Inwieweit wurde dieser Betrag im prätorischen Vergleich vom berücksichtigt?
Bitte um Vorlage entsprechender Unterlagen wie Überweisungsbelege etc.“
Im der, darauf erfolgten, Stellungnahme vom , brachte die Bf. vor, dass für die Beurteilung abgabenrechtlicher Fragen die wirtschaftliche Betrachtungsweise nur insoweit anzuwenden sei, als der Tatbestand keine rechtliche Betrachtungsweise erfordere.
In diesem Sinne sei auch § 23 Abs.3 BAO zu verstehen. Nur wenn ein Abgabentatbestand an wirtschaftliche Vorgänge anknüpft, sei die Nichtigkeit im Zusammenhang mit diesen Vorgängen stehender Rechtsgeschäfte bedeutungslos. (Ritz, Bundesabgabenordnung, Kommentar (2011)§ 23 Rz12). Da aber das Gebührengesetz auf dem Prinzip der formalen Maßgeblichkeit der zivilrechtlichen Gestaltung beruhe, sei die Bestimmung des § 23 Abs.3 BAO auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Die Frage, ob das Rechtsgeschäft (so) gültig zustande gekommen ist, sei nicht in wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu lösen.
Nach Abschluss des, als Pflichtteilsübereinkommen titulierten ,Pflichtteilsverzichtsvertrages", habe es massive Bedenken an der Geschäftsfähigkeit des B gegeben, sodass seine Sachwalterin schließlich am Klage auf Feststellung der absoluten Nichtigkeit dieses Vertrages, wegen mangelnder Geschäftsfähigkeit, beim zuständigen Landesgericht eingebracht hatte.
In dem bereits angesprochenen prätorischen Vergleich sei die Bf. zur Leistung eines Betrages von 7.150.000,00 € zusätzlich zu den bereits geleisteten Pflichtteilszahlungen und Akontierungen , zur Abgeltung sämtlicher Erb-und Pflichtteilsansprüche des Klägers gegenüber der Verlassenschaft und der Beklagten verpflichtet worden, unter der aufschiebenden Bedingung der Stattgabe der Feststellungsklage des B auf Nichtigkeit des verfahrensgegenständlichen Pflichtteilsverzichtsvertrages.
Zur Vermeidung unnützer Hin- und Zurücküberweisungen seien die bereits geleisteten Euro 850.000,00 auf die zu leistenden 8 Mio Euro verrechnet worden. Grundlage für die Nichtrückzahlung der 850.000,00 € habe somit der prätorische Vergleich gebildet.
Darüber hinaus habe es sich bei dem Pflichtteilsverzichtsvertrag nicht um einen Vergleich iSd § 1380 ABGB, nämlich um eine –unter beiderseitigen Nachgeben einverständliche neue Festlegung strittiger Rechte- gehandelt, da lediglich B ,in Bezug auf die Höhe seines Pflichtteilsanspruches, nachgegeben habe. Sohin läge auch kein, der Vergebührung nach § 33 TP 20 unterliegendes, Rechtsgeschäft vor.
In der Folge legte die belangte Behörde diese Berufung dem Unhabhängigen Finanzsenat,(UFS), ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung zur Entscheidung, mit dem Ersuchen um Abweisung dieser Berufung, vor.
Dazu brachte sie im Bezug habenden Vorlagebericht gemäß § 276 Abs.6 BAO iddgF vor, dass nach der Rechtsprechung des VwGH zu den Zln 1182/54; 512/73., die Bestimmung des § 23 Abs.3 BAO auch im Gebührenrecht Anwendung gefunden habe. Das zu beurteilende Pflichtteilsübereinkommen habe ein Notar beurkundet, welcher gemäß § 52 Notariatsordnung verpflichtet gewesen sei, die Fähigkeit und Berechtigung jeder Partei zum Geschäftsabschluss zu erforschen und sich von ihrem ersten und wahren Willen zu überzeugen, sowie nach Vorlesen des Aktes durch persönliches Befragen sich zu vergewissern, dass derselbe ihren Willen entsprechend sei.
Das Bundesfinanzgericht hat als Nachfolgebehörde über die nunmehr als Beschwerde zu geltende Berufung erwogen:
Gemäß § 33 TP 20 Abs.1 lit.b Gebührengesetz 1957,(GebG), unterliegt ein aussergerichtlicher Vergleich einer Rechtsgebühr von 2 vH vom Gesamtwert der von jeder Partei übernommenen Leistung.
Die Gebührenschuld entsteht, wenn die Urkunde über das Rechtsgeschäft im Inland errichtet wird, bei zweiseitig verbindlichen Rechtsgeschäften, wenn die Urkunde von den Vertragsteilen unterzeichnet wird, im Zeitpunkt der Unterzeichnung. (§ 16 Abs.1 Z 1 lit.a GebG
Rechtsgeschäfte sind nur dann gebührenpflichtig, wenn über sie eine Urkunde errichtet wird, es sei denn, dass in diesem Bundesgesetz etwas Abweichendes bestimmt ist.(§ 15 Abs.1 GebG)
Ist ein Rechtsgeschäft wegen eines Formmangels oder wegen des Mangels der Rechts- oder Handlungsfähigkeit nichtig, so ist dies für die Erhebung der Abgaben insoweit und so lange ohne Bedeutung, als die am Rechtsgeschäft beteiligten Personen dessen wirtschaftliches Ergebnis eintreten und bestehen lassen.(§ 23 Abs.3 Bundesabgabenordnung,(BAO),)
Von den Anordnungen der Abs. 2 bis 4 abweichende Grundsätze der Abgabenvorschriften bleiben unberührt. (§23 Abs.5 BAO)
In dem am vor dem Landesgericht P zwischen B, als Kläger, vertreten durch dessen Sachwalterin. und der Bf, als Beklagte, abgeschlossenen prätorischen Vergleich wurde u.a. folgendes, festgestellt:
Die Beklagte hat am zur GZ (GZ wird genannt) des Bezirksgerichtes W die Vermögenserklärung über das Nachlassvermögen der Verlassenschaft nach KR A abgegeben und die Einantwortung der Verlassenschaft beantragt. Die Vermögenserklärung wies den Wert des reinen Nachlasses mit EUR 40.122.399,13 (Euro Vierzig Millionen einhunderzweiundzwanzigtausend dreihundertneunundneunzig und dreizehn Euro-Cent ) aus. Mit Einantwortungsbeschluss des Bezirksgerichtes W zu GZ (GZ wird genannt) vom wurde die Verlassenschaft der Beklagten als Alleinerbin rechtskräftig eingeantwortet.
Die Ermittlung des Reinnachlasses der Verlassenschaft sowie dessen Bewertung mit dem oben zu Punkt 2.1. ausgewiesenen Betrag wird seitens des Klägers hiermit konstitutiv und unwiderruflich anerkannt, sodass insbesondere auch Umstände die zu einer Erhöhung des Nachlasses führen können, rechtlich nicht zu berücksichtigen sind und auch keine Rechtsfolgen begründen.
Zur Abgeltung sämtlicher-Erb-und Pflichtteilsansprüche (insbesondere aus Schenkungspflichtteilen) des Klägers gegenüber der Verlassenschaft und der Beklagten verpflichtet sich die Beklagte zusätzlich zu den bereits geleisteten Pflichtteilszahlungen und-- akontierungen zur Leistung eines Betrages von EUR 7.150.000,00 (Euro sieben Millionen einhunderfünfzigtausend) kurz „Abfindungsbetrag“. Eine Verzinsung dieses Betrages findet nicht statt.
Diese Vergleichsvereinbarung ist aufschiebend bedingt mit der schriftlichen pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung des Abschlusses dieser Vergleichsvereinbarung und der rechtskräftigen Stattgebung der Klage datiert mit und eingebracht beim Landesgericht P zu Zahl (Geschäftszahl wird genannt)
Der Spruch des, auf diese Klage bezogenen. Urteils des Landesgerichtes P vom Zahl. bbb lautet unter Punkt 1) wie folgt:
Es wird zwischen den Parteien festgestellt, dass das zwischen denselben am in Notariatsaktform abgeschlossene Pflichtteilsübereinkommen betreffend den Nachlass nach dem am 8/09 verstorbenen KR A absolut nichtig ist.
Der Punkt Feststellungen lautet u.a. wie folgt:
Für den Kläger wurde mit Beschluss vom des Bezirksgerichtes S seine Ehegattin (Name wird angeführt) als Sachwalterin bestellt.
Laut Privatgutachten Dris. F leidet der Kläger an einer bipolaren affektiven Störung.
Aus der chronologischen Rekonstruierung des Krankheitsverlaufes in der zweiten Hälfte des Jahre 2010 ergibt sich, dass der Kläger ab Herbst 2010 im Rahmen der Grunderkrankung dermaßen unter innerpsychischen Druck geriet, sodass mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit im Dezember 2010 bei Abschluss des Pflichtteilsübereinkommens nicht geschäftsfähig war.
Unter dem Punkt Beweiswürdigung wird u.a. im Wesentlichen festgehalten:
Das Gutachten der Sachverständigen ist schlüssig und nachvollziehbar. Die Sachverständige hat den Kläger auch mehrfach untersucht und eine ausführliche Anamnese bzw. Außenanamnese aufgenommen. Eine Begutachtung des Klägers hat auch bereits im Rahmen des Sachwalterschaftsverfahrens stattgefunden. Die Sachverständige hat sich eingehend mit den vorliegenden Krankengeschichten auseinandergesetzt und auch die Angehörigen des Klägers (Ehefrau und Schwester) mehrfach befragt. Die Sachverständige ist daraufhin nachvollziehbar und begründet zum Schluss gekommen, dass der Kläger im Dezember 2010 bei Abschluss des Pflichtteilsübereinkommens nicht geschäftsfähig war.
Im Hinblick darauf konnten auch die offenen Beweisanträge gemäß § 275 Abs.1 ZPO zurückgewiesen werden, zumal von einem schlüssigen Geständnis der beklagten Partei zur Frage der Geschäftsfähigkeit auszugehen war.
Auch die Einvernahme der von der beklagten Partei beantragten Zeugen konnte unterbleiben. Wenngleich die ehemaligen Stiftungsvorstände laut Vorbringen der beklagten Partei bei der Anbahnung und beim Abschluss des Pflichtteilsübereinkommens anwesend waren, ergibt sich aus dem genannten Gutachten, dass der Kläger an einer bipolaren affektiven Störung leidet. Selbst wenn die beantragten Zeugen ausgesagt hätten, dass ihnen mangelnde Geschäftsfähigkeit nicht aufgefallen wäre, würde dies das vorliegende Gutachten nicht entkräften können, zumal sich die Krankheit des Klägers ja gerade dadurch auszeichnet dass sich Phasen gehobener Stimmung, vermehrten Antriebs und Aktivität mit Phasen von Stimmungssenkung, verminderten Antriebs und Aktivität abwechseln. Das Vorliegen der psychischen Krankheit des Klägers ist somit für Laien sicherlich nicht immer erkennbar. Auch die Einvernahme der beiden Notare (Namen werden angeführt) konnte aus den oben angeführten Gründen unterbleiben, wobei noch hinzukommt, dass sie den Kläger lediglich im relativ kurzen Zeitpunkt der notariellen Bekräftigung gesehen haben.
Im zu beurteilenden Fall geht es vordringlich darum, ob auf das in Rede stehende Pflichtteilsübereinkommen vom § 23 Abs.3 BAO anzuwenden ist, trotzdem das Gericht dessen absolute Nichtigkeit rechtskräftig festgestellt hat.
Dazu ist festzustellen:
Knüpft ein Abgabentatbestand an wirtschaftliche Vorgänge an, so ist die Nichtigkeit im Zusammenhang mit diesen Vorgängen stehender Rechtsgeschäfte bei Verwirklichung betreffender Vorgänge bedeutungslos. (Ritz, BAO, Bundesabgabenordnung, Kommentar, 5, überarbeitete Auflage, Rz 12 zu § 23 Abs.3)
Knüpfen Steuertatbestände an wirtschaftliche Gegebenheiten an, so sind steuerrechtlich die tatsächlichen Geschehnisse, die faktischen, wirtschaftlichen Gegebenheiten, Verhältnisse, Zustände, Ergebnisse kurzum die realen und wirklichen Handlungen und Handlungserfolge von Bedeutung, wenn die Beteiligten die wirtschaftlichen Ergebnisse herbeiführen und eintreten lassen und solange sie diese bestehen lassen, auch wenn die die wirtschaftlichen Sachverhalte bedingenden , begründenden oder berührenden Rechtsgeschäfte mangelhaft oder gar nichtig sind. (Stoll, BAO, Kommentar Band I S 276 zu § 23 Abs.3 und 4)
Gebührenrechtlich ist mit Rücksicht auf den Grundsatz der rechtlichen (also der rechtsformstrengen) Anknüpfung und das entsprechende Normverständnis (§ 21 Abs.2), das zufolge § 23 Abs.5 als „Grundsatz“ durch § 23 Abs.2 bis 4 nicht berührt wird, davon auszugehen, dass in diesem Bereich-aus welchem Grund auch immer- im zivilrechtlichen Sinn nichtige Rechtsgeschäfte (unmaßgebend ihrer Erfüllung) Gebührenpflicht nicht auslösen können. (vgl. und etwa Arnold Rechtsgebühren³, Rz 7ff zu 3 15).Das Eintreten-oder Bestehenlassen- des wirtschaftlichen Erfolgs nichtiger Rechtsgeschäfte kann somit auf die Gebührenpflicht keinen Einfluss haben, da das Rechtsgeschäft im Zeitpunkt der Entstehung der Gebührenpflicht nicht gültig war und § 23 Abs.3 und 4 BAO im Gebührenrecht nicht gilt. (Arnold in Ruppe, Familienverträge 782).
In Stoll, BAO, Kommentar Band I S 280 zu § 23 Abs.3 und 4 wird festgestellt:
Zustandegekommene, also nicht nichtige, wenn auch anfechtbare, tatsächlich angefochtene und schließlich aufgehobene Geschäfte haben hingegen mit Rücksicht auf ihre (vorausgesetzte ) zivilrechtliche Gültigkeit und prinzipielle Wirksamkeit Gebührenpflicht zur Folge (z.B. ), die auch bei Anfechtung und „Rückgängigmachen“ aufrecht bleibt, zumal zufolge § 23 Abs.5 BAO die gebührenrechtlichen Grundsätze vorgehen und insbesondere Absatz 4 nicht wirksam zu werden vermag ( die Judikatur ist aber uneinheitlich Siehe Frotz-Hügel-Popp, Gebührengesetz B I 2c zu §§ 15-18)
Voraussetzung für die Gebührenpflicht des Rechtsgeschäftes nach § 15 Abs.1 GebG ist es, dass es gültig zustande gekommen ist. (; ,91/15/0087; , 94/16/0101; ,93/16/0077; ; 99/16/0301; , 2002/16/0116; ,2008/16/0071). Dabei ist die Frage des gültigen Zustandekommens zivilrechtlich und nicht in wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu lösen. ()
Die, gemäß § 33 GebG, der Gebührenpflicht unterliegende Rechtsgeschäfte knüpfen hinsichtlich ihrer Bedeutung und ihrer Gültigkeit an zivilrechtliche Bestimmungen an.
So ist im Gebührenrecht unter einem Vergleich iSd § 33 TP 20 GebG, gemäß § 1380 ABGB, ein Neuerungsvertrag, durch welchen streitige, oder zweifelhafte Rechte dergestalt bestimmt werden, dass jede Partei sich wechselseitig etwas zu geben, zu tun, oder zu unterlassen verbindet, Der Vergleich gehört zu den zweiseitig verbindlichen Verträgen, und wird nach eben denselben Grundsätzen beurteilt.
Gemäß § 865 ABGB kann ein Geschäftsunfähiger (= Person, die nicht die Fähigkeit besitzt, sich durch eigene Erklärungen zu berechtigen oder zu verpflichten) weder ein Versprechen machen, noch es annehmen .Ein von einem Geschäftsunfähigen abgeschlossene Vertrag ist ohne Rücksicht auf seinen Inhalt absolut nichtig und nicht genehmigungsfähig. (RIS Justiz RS oo14653, RS 0014652).
Hinsichtlich des Entstehungszeitpunktes der Gebührenpflicht für die in § 33 GebG aufgezeigten Rechtsgeschäfte gilt § 16 GebG.
Maßgeblich für die Beurteilung, ob ein zweiseitig verbindliches Rechtsgeschäft, über welches im Inland eine Urkunde errichtet worden ist, und von den Vertragsteilen unterzeichnet worden ist, gültig zustände gekommen ist , sind-aus gebührenrechtlicher Sicht- die Verhältnisse im Zeitpunkt der Unterzeichnung der Urkunde. (Vgl.§ 16 Abs.1 Z 1 lit.a GebG).
Sohin hatte das BFG beurteilen, ob das Pflichtteilsübereinkommen vom im zivilrechtlichen Sinn schon im Zeitpunkt von dessen Unterfertigung durch beide Vertragsteile als ungültig zustande gekommen zu gelten hatte. Dies ist dann der Fall, wenn bereits zu diesem Zeitpunkt die Geschäftsunfähigkeit eines Vertragsteiles vorgelegen hat.
Im o.a. gerichtlichen Urteil wird nachvollziehbar gewürdigt , warum von einer absoluten Nichtigkeit dieses Pflichtteilsübereinkommens auszugehen ist. Es wird- gestützt auf das o.a. psychiatrische Gutachten genau begründet, warum der Vertragspartner der Bf bereits im Zeitpunkt der Vertragsunterfertigung als geschäftsunfähig anzusehen war. Dabei wird ausdrücklich festgehalten, dass es den Notaren, in dem kurzen Zeitraumes in dem sie den Vertragspartner der Bf., vor Beurkundung des Pflichtteilsübereinkommen gesehen haben, aufgrund dessen Krankheitsbildes ,nicht möglich gewesen ist, dessen Geschäftsunfähigkeit zu erkennen.
Es liegen dem erkennenden Gericht keine Beweismittel auf gleicher Ebene vor, die geeignet sind, diese-vorstehend wortwörtlich angeführten, gerichtlichen Ausführungen in Zweifel zu ziehen. Daher geht das erkennende Gericht davon aus, dass es- im Rahmen der § 52 Notariatsordnung gebotenen Überprüfungspflichten vor Beurkundung des streitverfangenen Rechtsgeschäftes,- den beiden Notaren, aufgrund des o.a. Krankheitsbildes, als Laien,-nicht möglich gewesen ist, die im psychiatrischen Gutachtachten festgestellte Geschäftsunfähigkeit des B zu erkennen.
Demnach war seitens des BFG von einem, bereits im Zeitpunkt der Unterfertigung ungültig zustande gekommenen, Rechtsgeschäft auszugehen, für welches daher von vorne herein keine Gebührenpflicht entstehen konnte; unbeschadet dessen, dass das wirtschaftliche Ergebnis des rechtsungültigen Vertrages insoweit aufrecht erhalten wurde, als dass im o.a. gerichtlichen Vergleich die Bf., zu dem von ihr bereits aufgrund dieses Übereinkommens, ausbezahlten Pflichtteilsbetrag von 850.000,00 € ,zusätzlich zur Leistung eines weiteren Pflichtteilsbetrages von.7.150.000,00 € verpflichtet worden ist. Da im vorliegenden Fall von vorne herein das Rechtsgeschäft nicht gültig entstanden ist und die Tatbestände des § 33 GebG dem Prinzip der rechtlichen Anknüpfung folgen, (besteuert wird das Rechtsgeschäft und nicht eine allfällige sich aus dessen gültigen Abschluss ergebende Bereicherung) ist, im vorliegenden Fall, die Anordnung des § 23 Abs.3 BAO aus dem Grunde des § 23 Abs.5 BAO ohne Bedeutung.
Ob, dieses zivilrechtlich ungültig zustande gekommene Pflichtteilsübereinkommen, inhaltlich einen Vergleich darstellt, weil unter beiderseitigem Nachgeben einverständlich ein der Höhe nach zweifelhaftes Recht neufestgelegt worden ist, kann somit dahingestellt bleiben.
Aus den aufgezeigten Gründen war der Beschwerde stattzugeben.
Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 280 Abs.1 lit.d BAO haben Ausfertigungen von Erkenntnissen und Beschlüssen der Verwaltungsgerichte den Spruch einschließlich der Entscheidung, ob eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof nach Art.133 Abs.4 B-VG zulässig ist, zu enthalten.
Gemäß Art. 133 Abs.4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes eine Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlich Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Hat das Erkenntnis nur eine geringe Geldstrafe zum Gegenstand, kann durch Bundesgesetz vorgesehen werden, dass die Revision unzulässig ist.
Ob § 23 Abs.3 BAO im Gebührenrecht Anwendung findet bzw. die Nichtigkeit eines Rechtsgeschäftes zum Wegfall der Gebührenpflicht führt, ist in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich gelöst. So spricht sich der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 2081/75 für die Anwendbarkeit des § 23 Abs.3 BAO aus und gegen die Anwendbarkeit (neben der im Vorlagebericht aufgezeigten Rechtsprechung) im Erkenntnis vom , 944/75 aus.
Die ordentliche Revision war daher zuzulassen.
Aus den aufgezeigten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 33 TP 20 Abs. 1 lit. b GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 15 Abs. 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 16 Abs. 1 Z 1 lit. a GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 23 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 23 Abs. 5 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2017:RV.7101071.2013 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at