Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 22.06.2017, RV/7101747/2015

Sachbezugsbesteuerung - Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit einem Schulfahrzeug

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Karoline Windsteig in der Beschwerdesache des Bf. D, adresse s, w, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 1/23 vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2014 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer (Bf.) bezog im Streitjahr nichtselbständige Einkünfte als Fahrschullehrer.

Für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsplatz benützte der Bf. im Jahre 2014 ein von der Fahrschule zur Verfügung gestelltes Fahrschulauto. Das Finanzamt setzte im Einkommensteuerbescheid 2014 für diese private Nutzung des Fahrzeuges einen Sachbezug in Höhe von 3.710,84 € fest

In der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2014 brachte der Bf. vor, dass nach LStR Rz 744 und 745 ein Sachbezug nicht anzusetzen sei, weil es sich bei dem von ihm genutzten Firmenauto um ein Spezialfahrzeug handelte.

Er verwies überdies auf § 112 Abs. 3 KFG, wonach das Spezialfahrzeug als Schulfahrzeug zugelassen und im Zulassungsschein der Verwendungszweck 27 vermerkt worden sei. Durch die besondere Ausrüstung wie Doppelpedalerie, äußerliche Kennzeichnung als Schulfahrzeug und Fahrschulequipment wie Leitkegel, Geschwindigkeitsmessanlage, Funkgeräte sowie Schutz und Hilfsmittel für Fahrschüler sei eine private Nutzung ähnlich wie bei einem Pannendienstfahrzeug praktisch ausgeschlossen. Auch wäre das Fahrzeug während seines Urlaubes in der Fahrschule geblieben.

Da das Fahrzeug nur für die Heimfahrt und nicht privat verwendet würde, erschwere diese Steuerbelastung außerdem die Lebensführung des Bf. unangemessen, da er diesen Abzug nicht als Werbungskosten geltend machen könne und dadurch keinerlei Anspruch auf Pendlerbeihilfe habe.

Den Begründungsausführungen der abweisenden Beschwerdevorentscheidung ist zu entnehmen, dass die Nutzung eines Fahrschulfahrzeuges für Fahrten vom Arbeitsplatz nach Hause als privat einzustufen sei und die Kosten für derartige Reisen mit dem Verkehrsabsetzbetrag abgegolten wären. Allein aus dieser Tatsache sei abzuleiten, dass das Fahrzeug privat genutzt werden könne und auch tatsächlich für Privatfahrten benützt werde, sodass dem Bf. dadurch vom Dienstgeber ein geldwerter Vorteil eingeräumt worden sei, der einer Besteuerung als Sachbezug unterliege.

Im Vorlageantrag verwies der Bf. erneut auf § 112 Abs. 3 KFG und dass gemäß der Zulassung des Schulfahrzeuges mit dem polizeilichen Kennzeichen xx im Sinne dieser Bestimmung, dieses als Spezialfahrzeug zu beurteilen sei. Als einziger Verwendungszweck sei der Code 27 (Schulfahrzeug) in der Zulassungsbescheinigung angeführt.

Sowohl durch die äußerliche Beschilderung und Kennzeichnung als auch durch die Ausstattung mit einer Doppelpedalerie und diversen Ausrüstungsgegenstände sei eine private Nutzung praktisch ausgeschlossen. Während des Urlaubs und Krankenstandes des Bf. würde das Fahrzeug im Betrieb seines Arbeitgebers verbleiben.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Nach der Aktenlage ist unstrittig, dass der Bf. im Streitjahr ein Fahrschulauto seines  Dienstgebers (Fahrschule) für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsplatz genutzt hatte und das Finanzamt dafür einen Sachbezug  in Höhe der durch § 4 der Sachbezugsverordnung, BGBl. II Nr. 416/2001, bestimmten Beträge versteuerte.

In rechtlicher Hinsicht ist dazu auszuführen:

Nach § 15 Abs. 1 EStG 1988 liegen Einnahmen vor, wenn dem Steuerpflichtigen Geld oder geldwerte Vorteile im Rahmen der Einkunftsarten des § 2 Abs. 3 Z. 4 bis 7 zufließen.

Gemäß § 15 Abs. 2 EStG 1988 sind geldwerte Vorteile (u.a. Überlassung von Kraftfahrzeugen zur Privatnutzung) mit den üblichen Mittelpreisen des Verbrauchsortes anzusetzen.

Gemäß § 4 Abs. 1 der Sachbezugswerteverordnung (BGBl. II Nr. 416/2001) ist monatlich ein bestimmter Sachbezug anzusetzen, wenn für den Arbeitnehmer die Möglichkeit besteht, ein arbeitgebereigenes Kraftfahrzeug für nicht beruflich veranlasste Fahrten einschließlich Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu benützen.

Nach Judikatur und Literatur ist unbestritten, dass die kostenlose Überlassung von arbeitgebereigenen Kraftfahrzeugen an Arbeitnehmer zur Privatnutzung, wozu auch die Fahrten zwischen Wohnort und Arbeitsstätte zählen, einen steuerpflichtigen Vorteil aus dem Dienstverhältnis darstellt (vgl.   Jakom/Lenneis EStG 2016 § 15 Rz 19 ).

Der § 26 EStG 1988 bestimmt Leistungen des Arbeitgebers, die nicht unter die Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit fallen, wozu auch die Beförderung des Arbeitnehmers im Werkverkehr zählt (Z 5). Voraussetzung für die Nichterfassung ist, dass der Arbeitgeber die Arbeitnehmer zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit Fahrzeugen nach der Art eines Massenbeförderungsmittels befördern lässt. Darunter fällt jedenfalls nicht die Beförderung mit einem Pkw (vgl. Jakom/Lenneis, EStG 2016, § 26 Rz 22 und 23).

Nach den LStR 744 und 745 soll Werkverkehr auch bei Spezialfahrzeugen, zB bei Einsatzfahrzeugen anzunehmen sein, wenn es sich um Spezialfahrzeuge handelt, die auf Grund ihrer Ausstattung eine andere private Nutzung praktisch ausschließen (zB ÖAMTC oder ARBÖ-Fahrzeuge, Montagefahrzeuge mit eingebauter Werkbank), oder wenn Berufschauffeure das Fahrzeug (PKW, Kombi, Fiskal-LKW), das privat nicht verwendet werden darf, nach der Dienstverrichtung mit nach Hause nehmen.

Der Bf. brachte in diesem Zusammenhang vor, dass im konkreten Fall die Verwendung des Fahrschulautos vergleichbar sei mit der Nutzung eines Pannenfahrzeuges, weil es zusätzlich mit einer Doppelpedalerie ausgestattet,  äußerlich als Schulfahrzeug gekennzeichnet sei und ein Fahrschulequipment wie Leitkegel, Geschwindigkeitsmessanlage, Funkgeräte sowie Schutz und Hilfsmittel für Fahrschüler aufweise. Demzufolge hätte die belangte Behörde das Fahrschulauto als Spezialfahrzeug einstufen müssen und für dessen Nutzung keinen Sachbezug ansetzen dürfen.

Diesbezüglich ist zunächst auszuführen, dass die Regelungen in den Lohnsteuerrichtlinien über den Gesetzeswortlaut des § 26 Z 5 EStG 1988 hinausgehen (vgl. auch Jakom/Lenneis, EStG 2016, § 26 Rz 23) und dass Richtlinien darüber hinaus  für das Bundesfinanzgericht keine Bindungswirkung entfalten.

Für die Zurechnung eines Sachbezuges ist es daher ohne Bedeutung, ob dem Arbeitnehmer seitens des Arbeitgebers „Spezialfahrzeuge“ oder herkömmliche Pkw’s für Privatfahrten (einschließlich der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte) zur Verfügung gestellt werden. Der Vorteil aus dem Dienstverhältnis resultiert daraus, dass private Fahrten mit einem arbeitgebereigenen Kraftfahrzeug zurückgelegt werden können. Welche Art von Fahrzeug dabei verwendet wird, ist nicht von entscheidender Bedeutung, ein Werkverkehr iSd. §   26 Z   5 EStG 1988 liegt in diesen Fällen nicht vor (vgl. -I/03).

Schon aus diesen Gründen war der vorliegenden Beschwerde nicht stattzugeben.

Ungeachtet dieser Ausführungen ist für den Beschwerdefall außerdem festzuhalten, dass der § 112 Abs. 3 KFG die Voraussetzungen für den Betrieb einer Fahrschule regelt, wonach Schulfahrzeuge hinsichtlich ihrer Bauart, ihrer Abmessungen, ihrer höchsten zulässigen Gesamtgewichte und Achslasten und ihrer Ausrüstung den allgemein im Verkehr verwendeten Fahrzeugen der in Betracht kommenden Klasse oder Unterklasse (§2 FSG) entsprechen müssen. Bei Schulkraftwagen muss es vom Platz neben dem Lenkerplatz aus möglich sein, auf die Fahrweise des Fahrschülers hinreichend Einfluss zu nehmen und die Betriebsbremsanlage zu betätigen.

Demgegenüber ist der Internetseite (www.nusser-fahrzeugtechnik.at/deapschleppfahrzeugepannenfahrzeug-standard) zur Ausstattung von Pannenfahrzeugen zu entnehmen, dass diese für Reparaturen und andere Serviceleistungen vor Ort eingesetzt werden. Die zu diesem Zweck erforderlichen Materialien und Werkzeuge müssen  in den vorgesehenen Halterungen im Fahrzeug verstaut werden. Die dafür in Betracht kommenden Boxen oder Kästen stellen demzufolge ein mobiles Werkstättenregal dar, das insgesamt betrachtet zu einer Ausstattung des Fahrzeuges führt, die im Sinne der oben erwähnten Lohnsteuerrichtlinien eine private Nutzung des Fahrzeugs praktisch ausschließt. Darüber hinaus sind noch weitere Zusatzausrüstungen vorgesehen.

Kraftwagen, die zur Verwendung als Schulfahrzeuge im Sinne des § 112 Abs. 3 KFG 1967 bestimmt sind, müssen hingegen neben zusätzlicher Spiegeleinrichtungen mit Vorrichtungen ausgerüstet sein, mit denen der Beifahrer während der Fahrt die Kupplung, die Betriebsbremsanlage und die Hilfsbremsanlage betätigen kann; Ein Vergleich einer solchen Ausstattung mit jener eines Pannenfahrzeuges führt allerdings zu dem Ergebnis, dass die gesetzlich vorgeschriebene Ausrüstung eines Fahrschulautos, keineswegs eine private Nutzung des Fahrzeuges praktisch ausschließt, dieses demnach, anders als ein Pannenfahrzeug nicht als "Spezialfahrzeug" zu beurteilen ist.

Die einzige Einschränkung der Verwendung des Fahrschulautos ist, dass es vom Platz neben dem Lenker aus möglich ist, auf die Fahrweise des Lenkers Einfluss zu nehmen, sodass allein vertrauenswürdige Personen als Beifahrer in Frage kommen.  Die ebenfalls zu berücksichtigende Tatsache, dass Personen auch auf den hinteren Sitzreihen mitfahren können, schließt jedoch insgesamt gesehen eine private Nutzung des Fahrzeuges nicht aus.

Dass das Schulfahrzeug äußerlich als solches gekennzeichnet ist und mit einem Leitkegel, Geschwindigkeitsmessanlage und Funkgeräten ausgestattet ist, ändert an dieser Beurteilung nichts.  

Angesichts dieser Ausführungen würdigte das Finanzamt im Ergebnis zu Recht, dass die Nutzung des dem Bf. von seinem Arbeitgeber auch für Fahrten zwischen Wohnort und Arbeitsstätte zur Verfügung gestellten arbeitgebereigenen Schulfahrzeuges zu einer Sachbezugsversteuerung führte.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Bezüglich der Beurteilung, ob ein Werkverkehr im Falle von Spezialfahrzeugen im Sinne der LStR anzunehmen ist, und ein Schulfahrzeug als Spezialfahrzeug bezeichnet werden kann, fehlt eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, weshalb eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt und eine Revision zulässig ist.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise

-I/03
ECLI
ECLI:AT:BFG:2017:RV.7101747.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at