Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.03.2017, RV/7103074/2009

Doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten als Werbungskosten bei All-in-Verträgen

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7103074/2009-RS1
Wird in einem All-In-Vertrag vereinbart, dass die Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes und des Arbeitsruhegesetzes nicht anwendbar sind, ist die tägliche Rückkehr an den Familienwohnsitz nicht unzumutbar, wenn die gesetzlichen Ruhezeiten iSd § 12 Abs 1 Arbeitszeitgesetz nicht eingehalten werden.

Entscheidungstext

Miterledigt RV/7101329/2011

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Be­schwer­desache XX, Plz1 C, Straße1, 1. über die Be­schwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes A B vom , zugestellt am , betreffend Einkommensteuer (Ar­beit­neh­mer­veranlagung) 2008 und 2. über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes A B vom , zugestellt am , be­treffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2009 entschieden:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Gemäß Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Als die im Spruch angeführten Bescheide angefochten wurden, war der Unabhängige Fi­nanz­senat für die Rechtsmittelerledigung zuständig. Diese Zuständigkeit des Unabhängi­gen Finanzsenates endete am . An die Stelle des Unabhängigen Finanzse­na­tes trat am das Bundesfinanzgericht (BFG), das alle mit Ablauf des an­hängigen Rechtsmittelverfahren – und damit auch dieses Rechtsmittelverfahren – wei­ter­führt. Mit Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit () haben sich die Be­zeich­nungen der Rechtsmittel geändert. Das Bundesfinanzgericht verwendet in seinen Verfahren die verwaltungsgerichtsübliche Terminologie: „Berufungen“ werden als „Be­schwer­den“ bezeichnet, „Berufungsvorentscheidungen“ als „Beschwerdevorent­schei­dun­gen“ und „Berufungswerber“ als „Beschwerdeführer (Bf.)“.

1. Arbeitnehmerveranlagung 2008:

Die vom Beschwerdeführer (Bf.) 2008 als Werbungskosten erklärten Ausgaben für dop­pel­te Haushaltsführung und Familienheimfahrten wurden im Einkommensteuerbe­scheid (Ar­beitnehmerveranlagung) 2008 vom mit der Begründung – in den Mona­ten Oktober bis Dezember 2008 sei die tägliche Heimfahrt aufgrund der Dienstzeiten mög­lich und zumutbar gewesen – nicht als Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit an­er­kannt.

Der Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) 2008 vom war in­nerhalb eines Monats ab Zustellung mit Beschwerde anfechtbar und wurde mit der Be­schwer­de vom angefochten.

In der Beschwerde vom brachte der Bf. vor, dass er die Wohnung in J ab Oktober 2008 wegen des seit Oktober 2008 bestehenden (neuen) Dienstverhältnisses gemietet habe. Seine Ehegattin habe ein 30 Wochenstunden – Dienstverhältnis im Lan­des­krankenhaus B, weshalb die Verlegung des Familienwohnsitzes nach J nicht möglich sei. Eine täg­liche Heimfahrt sei nicht planbar, da die leitende Funktion des Bf. immer wieder erfor­der­lich mache, bspw. Telefonkonferenzen in den Abendstunden durchzuführen. Der Bf. habe einen „All-in-Vertrag“; seine Dienstzeiten seien deshalb nicht geregelt und nicht planbar. Mit seiner Tätigkeit sei eine regelmäßige Reisetätigkeit ver­bun­den mit Abflug von F meist zwischen 06:15 Uhr und 07:00 Uhr und Ankunft in F meist nach 21:30 Uhr. Anfahrt und Rückfahrt an den Familienwohnsitz lassen keine vernünf­ti­gen Ru­hezeiten zu; insb. bei Reisen mit Hin- und Rückflug habe er einen Reisetag von 04:00 Uhr bis 23:00 Uhr. Da der Bf. für Kundenkontakte zuständig sei, müs­se er immer wie­der an Abendveranstaltungen teilnehmen.

In der Stundenaufzeichnung für Oktober – Dezember 2008 stehen in den Spalten „Kom­men“ und „Gehen“ folgende Uhrzeiten:

  • Montag : 08:30 Uhr bis 17:00 Uhr

  • Dienstag : 08:30 Uhr bis 17:30 Uhr

  • Mittwoch : 08:00 Uhr bis 18:15 Uhr

  • Donnerstag : 09:00 Uhr bis 22:00 Uhr

  • Freitag : 09:45 Uhr bis 16:45 Uhr

  • Montag : 08:30 Uhr bis 18:15 Uhr

  • Dienstag : 09:00 Uhr bis 22:00 Uhr

  • Mittwoch : 09:15 Uhr bis 21:30 Uhr

  • Donnerstag : 08:00 Uhr bis 19:00 Uhr

  • Montag : 08:00 Uhr bis 18:30 Uhr

  • Diens­tag : 09:00 Uhr bis 19:00 Uhr

  • Mittwoch : 09:15 Uhr bis 17:30 Uhr

  • Donnerstag : 09:00 Uhr bis 21:30 Uhr

  • Freitag : 05:30 Uhr bis 16:30 Uhr

  • Montag : 07:30 Uhr bis 18:00 Uhr

  • Dienstag : 09:00 Uhr bis 23:30 Uhr

  • Mittwoch : 05:30 Uhr bis 22:20 Uhr

  • Donnerstag : 09:00 Uhr bis 17:15 Uhr

  • Freitag : 09:00 Uhr bis 21:30 Uhr

  • Montag : 09:00 Uhr bis 17:00 Uhr

  • Dienstag : 05:30 Uhr bis 23:59 Uhr

  • Mittwoch : 00:00 Uhr bis 22:00 Uhr

  • Donnerstag : 09:00 Uhr bis 17:45 Uhr

  • Freitag : 08:30 Uhr bis 17:00 Uhr

  • Montag : 08:00 Uhr bis 17:30 Uhr

  • Dienstag : 09:00 Uhr bis 18:00 Uhr

  • Mittwoch : 08:45 Uhr bis 18:15 Uhr

  • Donnerstag : 08:00 Uhr bis 21:00 Uhr

  • Freitag : 05:30 Uhr bis 16:30 Uhr

  • Montag : 08:00 Uhr bis 23:59 Uhr

  • Dienstag : 00:00 Uhr bis 21:30 Uhr

  • Mittwoch : 09:00 Uhr bis 16:00 Uhr

  • Donnerstag : 06:00 Uhr bis 19:30 Uhr

  • Freitag : 09:00 Uhr bis 18:00 Uhr

  • Sonntag : 16:00 Uhr bis 20:00 Uhr

  • Montag : 08:00 Uhr bis 16:00 Uhr

  • Dienstag : 08:00 Uhr bis 18:00 Uhr

  • Mittwoch : 09:00 Uhr bis 19:00 Uhr

  • Donnerstag : 09:15 Uhr bis 22:00 Uhr

  • Freitag : 09:00 Uhr bis 16:30 Uhr

  • Montag : 09:00 Uhr bis 18:15 Uhr

  • Dienstag : 09:15 Uhr bis 21:45 Uhr

  • Mittwoch : 09:00 Uhr bis 17:30 Uhr

  • Donnerstag : 09:00 Uhr bis 23:30 Uhr

  • Freitag : 08:00 Uhr bis 22:45 Uhr

  • Montag : 09:30 Uhr bis 22:15 Uhr

  • Dienstag : 06:30 Uhr bis 18:15 Uhr.

Die Beschwerde wurde in der Beschwerdevorentscheidung vom mit der Be­gründung – wegen der Dienstzeiten sei die tägliche Heimfahrt möglich und zumutbar – ab­ge­wiesen. Die Beschwerdevorentscheidung war innerhalb eines Monats ab Zustellung mit Vorlageantrag anfechtbar und wurde mit dem Vorlageantrag vom angefochten.

Im Vorlageantrag vom wiederholte der Bf. im Wesentlichen sein Vorbringen aus der Beschwerde vom und wies darauf hin, dass das Pendlerpauschale nicht angerechnet worden sei und dass nicht das Pendlerpauschale sondern die Anrech­nung der Werbungskosten seiner Erwerbssituation entspreche.

2. Arbeitnehmerveranlagung 2009:

Die vom Bf. 2009 als Werbungskosten erklärten Ausgaben für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten wurden im Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveran­la­gung) 2009 vom mit folgender Begründung nicht als Werbungskosten aus nicht­selbständiger Arbeit anerkannt:

Die Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten konnten nicht anerkannt werden.

Aufwendungen für Familienheimfahrten eines Arbeitnehmers vom Wohnsitz am Arbeitsort zum Familienwohnsitz sind im Rahmen der durch § 20 EStG gesetzten Grenzen Wer­bungs­kosten wenn die Voraussetzungen einer beruflich veranlassten doppelten Haus­halts­führung vorliegen.

Unzumutbarkeit der täglichen Rückkehr ist nach herrschender Judikatur grundsätzlich dann anzunehmen, wenn der Familienwohnsitz vom Wohnsitz am Beschäftigungsort mehr  als 120 km entfernt ist. Bei einer Entfernung von 108 km ist der Beschäftigungsort vom Fa­mi­lienwohnsitz nicht unüblich weit entfernt, weshalb eine tägliche Rückkehr an den Fa­mi­li­en­wohnsitz noch als zumutbar anzusehen ist.

Dem Begehren des Steuerpflichtigen, dass im gegenständlichen Fall auch bei einer kür­ze­ren Wegstrecke Unzumutbarkeit der täglichen Rückkehr gegeben ist, kann seitens der Fi­nanz­behörde nicht Rechnung getragen werden. Der Steuerpflichtige ist grundsätzlich mit dem PKW unterwegs, sodass auch in den Abendstunden eine Rückkehr nach C mög­lich ist.

Stundenaufzeichnungen, aus denen die Anzahl der Tage ersichtlich ist, an denen keine Rück­kehr mehr möglich ist, weil die gesetzliche Ruhezeit nicht gewährleistet ist, konnten für 2009 nicht vorgelegt werden. Aufgrund des „All-in-Vertrages“ werden solche nicht ge­führt. Ob dies an den überwiegenden Arbeitstagen der Fall war, ist nicht feststellbar.

Entscheidungsgrundlage waren folgende Orts- und Kilometerangaben in zwei eMails vom :

[...]

Im vorigen Schreiben zum Antrag 2009 hatte der Steuerpflichtige die ... angegeben, die er allerdings erst seit 2010 nutze.

Der Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) 2009 vom war in­nerhalb eines Monats ab Zustellung mit Beschwerde anfechtbar und wurde mit der Be­schwer­de vom angefochten.

In der Beschwerde vom wiederholte der Bf. sein Beschwerdevorbringen aus der Beschwerde vom .

3. Aus den Verwaltungsakten:

Die 2008 als Werbungskosten geltend gemachten Ausgaben sind: 1.) Maklergebühr, Ver­trags­vergebührungshonorar, Vergebührungsabgabe, Miete, Strom, ..... - Vergebührungs­ab­gabe, ..... (Telefon, Fernseher), Möbel (Bett, Couch, Tisch, Kommode, Polster, Decke, Bank, Sessel, Schmutzmatte, Glühbirne, Besen, Mistkübel, WC-Besen iHv insgesamt EUR 5.817,95; 2.) Familienheimfahrten EUR 750,16; 3.) Bewerbungskosten EUR 425,04; 4.) Literatur EUR 446,67; 5.) Ausbildungskosten EUR 1.698,41.

Die 2009 als Werbungskosten geltend gemachten Ausgaben sind Mietzahlungen iHv ins­ge­samt EUR 8.199,30.

Im Schreiben vom bestätigt der Arbeitgeber des Bf., dass der Bf. laufend Te­le­fonate am Abend (oft nach 20:00 Uhr) mit Finanzvorständen bzw. Controllern vor Ort führen muss und dass er regelmäßig (ca. 2 – 3 mal im Monat) auf Dienstreise ist (Abflug meist zwischen 6:15 Uhr und 7:30 Uhr / Ankunft in J meist nach 20:00 Uhr).

Ad. Dienstvertrag:

Lt. Pkt. III. des Dienstvertrages ist der Dienstort in Plz2 J, Straße2.

Lt. Pkt. IV. des Dienstvertrages beträgt die Normalarbeitszeit 40 Stunden. Die Bestim­mun­gen des Arbeitszeitgesetzes und des Arbeitsruhegesetzes sind nicht anwendbar. Die Ver­tei­lung der Arbeitszeit und der Ruhepause erfolgt durch den Arbeitgeber nach betrieb­li­chen Erfordernissen und kann diesen, soweit für den Dienstnehmer zumutbar, jederzeit an­gepasst werden.

Ad. Lohnzettel:

Im Jahr 2008 hatte der Bf. 2 Arbeitgeber. Der Arbeitgeber Arbeitgeber1 hat den Lohn­zet­tel für den Zeitraum bis ausgestellt; der Arbeitgeber Arbeitgeber2 für den Zeitraum bis .

Im Jahr 2009 hatte der Bf. 1 Arbeitgeber. Der Lohnzettel für den Zeitraum bis wurde von der Arbeitgeber2 ausgestellt.

4. BFG – Ermittlungen:

4.1. Im Vorhalt vom wurde der Bf. gebeten, sich dazu zu äußern, dass die Ent­fer­nung zwischen dem Familienwohnsitz und dem Arbeitsort lt. (online) Via Michelin Rou­tenplaner 110 km und die Fahrzeit 1 Stunde und 25 Minuten beträgt.

Er wurde ersucht, die Lohnzettel der Ehegattin für die Jahre 2008 und 2009 vorzu­le­gen und folgende Fragen zu beantworten:

  • Fand die Rückkehr an den Familienwohnsitz nur am Wochenende oder auch wäh­rend der Woche statt?

  • An welchen Tagen sind Sie vom Familienwohnsitz an den Arbeitsort gefahren?

  • An welchen Tagen sind Sie vom Arbeitsort an den Familienwohnsitz gefahren?

4.2. Am , und antwortete der Bf.: Er kehre wöchent­lich an den Familienwohnsitz zurück. Er reise Montag früh zum Arbeitsort an und fahre am Frei­tag vom Arbeitsort zum Familienwohnsitz. Er habe keine geregelte Arbeitszeit, müsse we­gen der internationalen Beteiligungen (insb. USA) oft spät abends noch zu Telefonkon­fe­renzen im Büro anwesend sein, was ein tägliches Pendeln unmöglich mache und der Grund dafür gewesen sei, dass er ab Beginn dieser Tätigkeit die Wohnung in J ange­mie­tet habe.

2008 betragen die Bruttobezüge der Ehegattin des Bf. EUR 27.881,37 und ihre steuer­pflich­ti­gen Be­züge EUR 17.536,19.

2009 betragen die Bruttobezüge der Ehegattin des Bf. EUR 28.726,12 und ihre steuer­pflich­tigen Bezüge EUR 18.276,89. Das Landeskrankenhaus B bestätigt, dass die Ehegattin des Bf. in den Streitjahren 30 Wochenstunden gearbeitet hat.

Zu den Kilometer- und Zeitangaben (Pkt. 4.1.) hat sich der Bf. nicht geäußert.

4.3. Der Vorhalt (Pkt. 4.1.) und die Antworten des Bf. (Pkt. 4.2.) wurden dem Finanzamt zur Kenntnis gebracht (eMail vom ). Zur eMail vom hat sich das Finanzamt nicht geäußert.

4.4.Aus dem Zentralen Melderegister (Stand ):

Der Bf. hatte seinen Hauptwohnsitz vom Datum1 bis zum Datum5 in Plz3 J, Straße3, und ab Datum3 an der im Spruch angegebenen Adres­se in C. Seinen Nebenwohnsitz hatte er vom Datum8 bis zum Datum5 an der im Spruch angegebenen Adresse in C und vom Datum6 bis Datum7 in Plz4 J, Straße4.

Die Ehegattin des Bf. hatte den Hauptwohnsitz ab Datum8 an der im Spruch ange­ge­be­nen Adresse.

4.5. Lt. Grundbuchsabfrage vom gehört die im Spruch angegebene Adresse zu einer von der Ehegattin des Bf. mit Kaufvertrag vom Datum9 erworbenen Liegen­schaft mit Gebäude und Garten.

Über die Beschwerden wurde erwogen:

Da alle Rechtsmittel frist- und formgerecht eingebracht worden sind, ist über die Be­schwer­den „in der Sache“ zu entscheiden.

Im ggstl. Beschwerdeverfahren ist im Zeitraum von Oktober 2008 bis Dezember 2009 strit­tig, ob Ausgaben für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten bei einem Ar­beit­nehmer mit All-in-Vertrag Werbungskosten oder Privatausgaben sind.

Gemäß § 19 Abs 2 EStG 1988 idgF sind Ausgaben für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind: Über den v.a. Beschwerdepunkt ist daher nach Kalender­jah­ren getrennt zu entscheiden.

1. Ad. Entscheidung über den Beschwerdepunkt im Kalenderjahr 2008:

1.1. Sach- und Beweislage

Auf den Zeitraum Oktober 2008 bis Dezember 2008 bezogen ist der Entscheidung folgen­de aus Verwaltungsakten, Beschwerdevorbringen, Lohnzetteln, All-in-Vertrag, ausge­wer­te­ten Stundenaufzeichnungen für 47 Arbeitstage im Zeitraum , Kilometer- und Zeitangaben lt. (online) ViaMichelin-Routenplaner, Melderegisterdaten und Grundbucheintragungen sich ergebende Sach- und Beweislage zugrunde zu legen:

(1) Bis Datum5 hatte der Bf. seinen Hauptwohnsitz in Plz3 J, Straße3 gemeldet und die im Spruch angegebene Adresse in C ist sein Neben­wohn­sitz gewesen. Am Datum3 hat der Bf. seinen Hauptwohnsitz von Plz3 J, Straße3 an die im Spruch angegebene Adresse in C verlegt. Die Wohnung in Plz4 J, Straße4, ist von Datum6 bis Datum7 sein Ne­ben­wohnsitz gewesen.

Der Bf. ist verheiratet. Seine Ehegattin hat die aus Gebäude und Garten bestehende Lie­gen­schaft an der im Spruch angegebenen Adresse in C mit Kaufvertrag vom Datum9 er­wor­ben und hat dort ab Datum8 ihren Hauptwohnsitz. Sie arbeitet im Landeskrankenhaus B. Ihre Einkünfte betragen mehr als 1/10 – tel der Einkünfte des Ehegatten.

Da der „Familienwohnsitz“ dort ist, wo ein in Ehe(Partnerschaft) oder Lebensgemein­schaft Lebender oder ein Alleinstehender seine engsten persönlichen Beziehungen (bspw. zur Fa­milie oder zum Freundeskreis) und einen eigenen Hausstand hat, ist der ggstl. Ent­schei­dung nach der v.a. Sachlage zugrunde zu legen, dass sich der Familienwohnsitz des Bf. an der im Spruch angegebenen Adresse befindet.

(2) Der Bf. ist Arbeitnehmer. Bis ist sein Arbeitgeber die Arbeitgeber1 ge­we­sen. Ab ist sein Arbeitgeber die Arbeitgeber2 ge­we­sen und der Bf. hat seinen Arbeitsort in J.

(3) Über die zwischen Familienwohnsitz und Arbeitsort liegende Strecke hat der Bf. bspw. angegeben, dass sie 110km beträgt. Da die mittels ViaMichelin-Routenplaner berechnete Entfernung auch 110km beträgt, sind der Entscheidung eine einfache Wegstrecke von 110 km und eine Fahrzeit von 1 Stunde und 25 Minuten als Sachlage zugrunde zu legen.

(4) Ab Oktober 2008 hat der Bf. einen All-in-Vertrag und muss keine Stundenaufzeichnun­gen machen. Lt. Dienstvertrag beträgt seine Normalarbeitszeit 40 Wochenstunden, sind die Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes und des Arbeitsruhegesetzes nicht anwend­bar und erfolgt die Verteilung der Arbeitszeit und der Ruhepause durch den Arbeitgeber nach be­trieblichen Erfordernissen und kann diesen, soweit für den Dienstnehmer zumutbar, je­der­zeit angepasst werden.

(5) Im Zeitraum bis hat der Bf. seine Arbeitszeiten aufgezeichnet. Nach diesen Aufzeichnungen sind 46 von 47 Arbeitstagen entweder ein Montag, Diens­tag, Mitt­woch, Donnerstag oder ein Freitag gewesen. Diese Arbeitstage haben frühestens um 05:30 Uhr begonnen und spätestens um 23:30 Uhr geendet. Um 05:30 Uhr haben die Ar­beits­tage am , und (und damit 3 x) begonnen; sie ha­ben nur am um 23:30 Uhr geendet.

Von den 47 Arbeitstagen ist 1 Arbeitstag am Sonntag, den , gewesen. An die­sem Tag hat der Bf. von 16:00 Uhr bis 20:00 Uhr gearbeitet.

Von Dienstag bis Mittwoch und von Montag bis Diens­tag haben offenbar Dienstreisen stattgefunden, da ein Arbeitstag jeweils um 23:59 Uhr geendet und am darauf folgenden Arbeitstag jeweils um 00:00 Uhr begon­nen hat.

(6) Aus den Stundenaufzeichnungen sind folgende Zeitabstände zwischen Arbeitsen­de und Arbeitsbeginn am jeweils darauf folgenden Arbeitstag festzustellen:

  • Montag, bis Dienstag, : 15 Stunden 30 Minuten

  • Dienstag, bis Mittwoch, : 14 Stunden 30 Minuten

  • Mittwoch, bis Donnerstag, : 14 Stunden 45 Minuten

  • Donnerstag, bis Freitag, : 11 Stunden 45 Minuten

  • Freitag, bis Montag, : 15 Stunden 45 Minuten und 48 Stunden (= Samstag und Sonntag)

  • Montag, bis Dienstag, : 14 Stunden 45 Minuten

  • Dienstag, bis Mittwoch, : 11 Stunden 15 Minuten

  • Mittwoch, bis Donnerstag, : 10 Stunden 30 Minuten

  • Donnerstag, bis Montag, : 13 Stunden und 72 Stunden (= Freitag, Samstag und Sonntag)

  • Montag, bis Dienstag, : 14 Stunden 30 Minuten

  • Dienstag, bis Mittwoch, : 14 Stunden 15 Minuten

  • Mittwoch, bis Donnerstag, : 15 Stunden 30 Minuten

  • Donnerstag, bis Freitag, : 08 Stunden

  • Freitag, bis Montag, : 15 Stunden und 48 Stunden (= Samstag und Sonntag)

  • Montag, bis Dienstag, : 15 Stunden

  • Dienstag, bis Mittwoch, : 06 Stunden

  • Mittwoch, bis Donnerstag, : 10 Stunden 40 Minuten

  • Donnerstag, bis Freitag, : 15 Stunden 45 Minuten

  • Freitag, bis Montag, : 11 Stunden 30 Minuten und 48 Stunden (= Samstag und Sonntag)

  • Montag, bis Dienstag, : 12 Stunden 30 Minuten

  • Dienstag, bis Mittwoch, : 00 Stunden 01 Minuten

  • Mittwoch, bis Donnerstag, : 11 Stunden

  • Donnerstag, bis Freitag, : 14 Stunden 45 Minuten

  • Freitag, bis Montag, : 15 Stunden und 48 Stunden (= Samstag und Sonntag)

  • Montag, bis Dienstag, : 15 Stunden 30 Minuten

  • Dienstag, bis Mittwoch, : 14 Stunden 45 Minuten

  • Mittwoch, bis Donnerstag, : 13 Stunden 45 Minuten

  • Donnerstag, bis Freitag, : 08 Stunden 30 Minuten

  • Freitag, bis Montag, : 15 Stunden 30 Minuten und 48 Stunden (= Samstag und Sonntag)

  • Montag, bis Dienstag, : 00 Stunden 01 Minuten

  • Dienstag, bis Mittwoch, : 11 Stunden 30 Minuten

  • Mittwoch, bis Donnerstag, : 14 Stunden

  • Donnerstag, bis Freitag, : 13 Stunden 30 Minuten

  • Freitag, bis Sonntag, : 22 Stunden und 40 Stunden (= Samstag und Sonntag bis 16:00 Uhr)

  • Sonntag, bis Montag, : 12 Stunden

  • Montag, bis Dienstag, : 16 Stunden

  • Dienstag, bis Mittwoch, : 15 Stunden

  • Mittwoch, bis Donnerstag, : 14 Stunden 15 Minuten

  • Donnerstag, bis Freitag, : 11 Stunden

  • Freitag, bis Montag, : 16 Stunden 30 Minuten und 48 Stunden (= Samstag und Sonntag)

  • Montag, bis Dienstag, : 15 Stunden

  • Dienstag, bis Mittwoch, : 11 Stunden 15 Minuten

  • Mittwoch, bis Donnerstag, : 15 Stunden 30 Minuten

  • Donnerstag, bis Freitag, : 08 Stunden 30 Minuten

  • Freitag, bis Montag, : 10 Stunden 45 Minuten und 48 Stunden (= Samstag und Sonntag)

  • Montag, bis Dienstag, : 08 Stunden 15 Minuten

  • Dienstag, bis 24.00 Uhr: 05 Stunden 45 Minuten

(7) Abzüglich der Fahrzeit für die Hin- und Rückfahrt (2 Stunden 50 Minuten) betragen die Zeitabstände zwischen Arbeitsende und Arbeitsbeginn am nächsten Arbeitstag:

  • Montag, bis Dienstag, : 12 Stunden 40 Minuten

  • Dienstag, bis Mittwoch, : 11 Stunden 40 Minuten

  • Mittwoch, bis Donnerstag, : 11 Stunden 55 Minuten

  • Donnerstag, bis Freitag, : 08 Stunden 55 Minuten

  • Freitag, bis Montag, : 12 Stunden 55 Minuten und 48 Stunden (=  Samstag und Sonntag)

  • Montag, bis Dienstag, : 11 Stunden 55 Minuten

  • Dienstag, bis Mittwoch, : 08 Stunden 25 Minuten

  • Mittwoch, bis Donnerstag, : 07 Stunden 40 Minuten

  • Donnerstag, bis Montag, : 10 Stunden 10 Minuten und 72 Stun­den (= Freitag, Samstag und Sonntag)

  • Montag, bis Dienstag, : 11 Stunden 40 Minuten

  • Dienstag, bis Mittwoch, : 11 Stunden 25 Minuten

  • Mittwoch, bis Donnerstag, : 12 Stunden 40 Minuten

  • Donnerstag, bis Freitag, : 05 Stunden 10 Minuten

  • Freitag, bis Montag, : 12 Stunden 10 Minuten und 48 Stunden (= Samstag und Sonntag)

  • Montag, bis Dienstag, : 12 Stunden 10 Minuten

  • Dienstag, bis Mittwoch, : 03 Stunden 10 Minuten

  • Mittwoch, bis Donnerstag, : 07 Stunden 50 Minuten

  • Donnerstag, bis Freitag, : 12 Stunden 55 Minuten

  • Freitag, bis Montag, : 08 Stunden 40 Minuten und 48 Stunden (= Samstag und Sonntag)

  • Montag, bis Dienstag, : 09 Stunden 40 Minuten

  • Dienstag, bis Mittwoch, : 00 Stunden 00 Minuten

  • Mittwoch, bis Donnerstag, : 08 Stunden 10 Minuten

  • Donnerstag, bis Freitag, : 11 Stunden 55 Minuten

  • Freitag, bis Montag, : 12 Stunden 10 Minuten und 48 Stunden (= Samstag und Sonntag)

  • Montag, bis Dienstag, : 12 Stunden 40 Minuten

  • Dienstag, bis Mittwoch, : 11 Stunden 55 Minuten

  • Mittwoch, bis Donnerstag, : 10 Stunden 55 Minuten

  • Donnerstag, bis Freitag, : 05 Stunden 40 Minuten

  • Freitag, bis Montag, : 12 Stunden 40 Minuten und 48 Stunden (= Samstag und Sonntag)

  • Montag, bis Dienstag, : 00 Stunden 00 Minuten

  • Dienstag, bis Mittwoch, : 08 Stunden 40 Minuten

  • Mittwoch, bis Donnerstag, : 11 Stunden 10 Minuten

  • Donnerstag, bis Freitag, : 10 Stunden 40 Minuten

  • Freitag, bis Sonntag, : 19 Stunden 10 Minuten und 40 Stunden (= Samstag und Sonntag bis 16: Uhr)

  • Sonntag, bis Montag, : 09 Stunden 10 Minuten

  • Montag, bis Dienstag, : 13 Stunden 10 Minuten

  • Dienstag, bis Mittwoch, : 12 Stunden 10 Minuten

  • Mittwoch, bis Donnerstag, : 11 Stunden 25 Minuten

  • Donnerstag, bis Freitag, : 08 Stunden 10 Minuten

  • Freitag, bis Montag, : 13 Stunden 40 Minuten und 48 Stunden (= Samstag und Sonntag)

  • Montag, bis Dienstag, : 12 Stunden 10 Minuten

  • Dienstag, bis Mittwoch, : 08 Stunden 25 Minuten

  • Mittwoch, bis Donnerstag, : 12 Stunden 40 Minuten

  • Donnerstag, bis Freitag, : 05 Stunden 40 Minuten

  • Freitag, bis Montag, : 07 Stunden 55 Minuten und 48 Stunden (= Samstag und Sonntag)

  • Montag, bis Dienstag, : 05 Stunden 25 Minuten

  • Dienstag, bis 24.00 Uhr: 04 Stunden 20 Minuten

(8) Von der Liste (7) ausgehend hat die Ruhezeit an folgenden Tagen weniger als 11 Stun­den betragen:

  • Donnerstag, bis Freitag, : 08 Stunden 55 Minuten

  • Dienstag, bis Mittwoch, : 08 Stunden 25 Minuten

  • Mittwoch, bis Donnerstag, : 07 Stunden 40 Minuten

  • Donnerstag, bis Freitag, : 05 Stunden 10 Minuten

  • Dienstag, bis Mittwoch, : 03 Stunden 10 Minuten

  • Mittwoch, bis Donnerstag, : 07 Stunden 50 Minuten

  • Montag, bis Dienstag, : 09 Stunden 40 Minuten

  • Dienstag, bis Mittwoch, : 00 Stunden 00 Minuten

  • Mittwoch, bis Donnerstag, : 08 Stunden 10 Minuten

  • Mittwoch, bis Donnerstag, : 10 Stunden 55 Minuten

  • Donnerstag, bis Freitag, : 05 Stunden 40 Minuten

  • Montag, bis Dienstag, : 00 Stunden 00 Minuten

  • Dienstag, bis Mittwoch, : 08 Stunden 40 Minuten

  • Donnerstag, bis Freitag, : 10 Stunden 40 Minuten

  • Sonntag, bis Montag, : 09 Stunden 10 Minuten

  • Donnerstag, bis Freitag, : 08 Stunden 10 Minuten

  • Dienstag, bis Mittwoch, : 08 Stunden 25 Minuten

  • Donnerstag, bis Freitag, : 05 Stunden 40 Minuten

  • Montag, bis Dienstag, : 05 Stunden 25 Minuten

  • Dienstag, bis 24.00 Uhr: 04 Stunden 20 Minuten

(9) Die Listen (7) und (8) zusammenfassend ist als entscheidungsrelevante Sachlage fest­zu­stellen:

  • Im Zeitraum haben die Ruhezeiten an 3 von 9 Arbeitstagen we­ni­ger als 11 Stunden betragen.

  • Im Zeitraum haben die Ruhezeiten an 8 von 20 Arbeitsta­gen we­niger als 11 Stunden betragen.

  • Im Zeitraum haben die Ruhezeiten an 8 von 17 Arbeitstagen we­niger als 11 Stunden betragen.

  • Am müssen die Ruhezeiten mehr als 04 Stunden 20 Minuten betragen ha­ben, da die Stundenaufzeichnung mit diesem Tag enden, was nur dadurch erklärbar ist, dass der Bf. ab Urlaub hatte.

1.2. Rechtslage

Gemäß § 16 Abs 1 EinkommensteuergesetzEStG 1988 idgF sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnah­men.

Nach § 20 Abs 1 Z 1 EStG 1988 dürfen die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge bei den einzelnen Ein­künf­ten nicht abgezogen werden. Dies gilt gemäß § 20 Abs 1 Z 2 lit a EStG 1988 auch für Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.

Aufwendungen des Steuerpflichtigen für eine doppelte Haushaltsführung setzen einen Fa­mi­lienwohnsitz und einen weiteren Wohnsitz am Beschäftigungsort voraus und sind steu­er­lich nur dann zu berücksichtigen, wenn eine berufliche Veranlassung für die doppelte Haus­halts­führung besteht. Von einer beruflichen Veranlassung ist dem Grunde nach aus­zu­ge­hen, wenn der Familienwohnsitz des Steuerpflichtigen so weit von seinem Beschäfti­gungs­ort entfernt ist, dass ihm die tägliche Rückkehr nicht zugemutet werden kann und die Bei­be­haltung des Familienwohnsitzes außerhalb des Beschäftigungsortes noch als durch die Einkunftserzielung veranlasst gilt (vgl. ).

1.3. Rechtliche Würdigung und Entscheidung

1.3.1. Nach dem Beschwerdevorbringen sei die tägliche Rückkehr an den Familien­wohn­sitz we­gen der bei All-in-Verträgen nicht geregelten Arbeitszeiten nicht planbar und damit nicht zumutbar. Der Bf. habe An- und Rückfahrt bedingt keine vernünftigen Ruhezeiten. Er müs­se regelmäßig dienstlich verreisen, müsse oft spät abends Telefonkonferenzen be­dingt im Büro anwesend sein und müsse an Abendveranstaltungen teilnehmen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) hat Derjenige, der behauptet, dass die tägliche Rückkehr an den Familienwohnsitz nicht zumutbar ist, die Gründe darzulegen, warum die tägliche Rückkehr an den Familienwohnsitz nicht zumutbar sei (, m.w.N.).

Vom v.a. Beschwerdevorbringen ausgehend ist daher darüber zu entscheiden, ob 1.) die tägliche Rückkehr zum Familienwohnsitz auch dann zumutbar ist, wenn die Arbeitszeiten unregelmäßig und die Ruhezeiten nicht plan­bar und deshalb keine „vernünftigen Ruhe­zei­ten“ (© Bf.) sind und 2.) ob die Einkünfte der Ehegattin eine Familienwohnsitzverlegung unzumutbar machen oder nicht.

1.3.1.1. Ad Arbeits- und Ruhezeiten des Bf.:

Der Bf. hat einen sog. „All-in-Vertrag“: Ein All-in-Vertrag ist ein privatrechtlicher Vertrag, auf den das Arbeitsvertragsrechts-AnpassungsgesetzAVRAG idgF anzuwenden ist. Ge­mäß § 2 Abs 1 AVRAG hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer unverzüglich nach Be­ginn des Arbeitsverhältnisses eine schriftliche Aufzeichnung über die wesentlichen Rechte und Pflich­ten aus dem Arbeitsvertrag (Dienstzettel) auszuhändigen. Der Dienstzettel hat u.a. die tägliche oder wöchentliche Normalarbeitszeit des Arbeitnehmers und die Be­zeich­nung der auf den Arbeitsvertrag allenfalls anzuwendenden Normen der kollektiven Rechts­ge­stal­tung zu enthalten (§ 2 Abs 2 Z 11 – 12 AVRAG).

Der Dienstvertrag des Bf. liegt dem Bundesfinanzgericht vor und aus diesem Dienstvertrag ist iVm den ausgewerteten Stundenaufzeichnungen festzustellen:

(A) Lt. Dienstvertrag beträgt die wöchentliche Normalarbeitszeit 40 Stunden und un­ter­schei­det sich damit nicht (wesentlich) von der Normalarbeitszeit der Arbeitnehmer, die keine All-In-Verträge haben. Die Normalarbeitszeit des Bf. macht daher die tägliche Rück­kehr zum Familienwohnsitz nicht unzumutbar.

(B) Gemäß § 12 Abs 1 ArbeitszeitgesetzAZG idgF ist den Arbeitnehmern nach Been­di­gung der Tagesarbeitszeit eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens elf Stunden zu gewähren.

Wie Pkt. 1.1.(6) der Sach- und Beweislage zu entnehmen ist, wird die gesetzliche Ruhe­zeit von 11 Stunden am , ,, , , , und und damit an 8 von 47 Arbeitstagen unter­schrit­ten. Werden die Fahr- und Arbeitszeiten addiert, wird sie am , , , , , , , , , , , , , , , , , , und und damit an 21 von 47 Arbeitsta­gen unterschritten (vgl. Pkt. 1.1.(7) – Pkt. 1.1.(9) der Sach- und Beweislage). Die gesetzli­chen Ruhezeiten werden daher auf 47 Arbeitstage bezogen nicht überwiegend unterschritten.

Lt. Dienstvertrag sind die Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes und des Arbeitsruhe­ge­set­zes nicht anwendbar, weshalb die gesetzlichen Ruhezeiten iSd § 12 Abs 1 AZG idgF auch nicht zwingend einzuhalten sind. Dass sie an 19 von 47 Arbeitstagen nicht einge­hal­ten wer­den, macht daher die tägliche Rückkehr an den Familienwohnsitz nicht unzumut­bar.

Im Dienstvertrag hat der Bf. mit seinem Arbeitgeber vereinbart, dass dieser die Arbeits­zei­ten des Bf. an betriebliche Erfordernisse anpassen kann, jedoch nicht uneingeschränkt son­dern nur insoweit als dies dem Bf. zumutbar ist. Die vom Bf. aufgezeichneten tat­säch­li­chen Arbeitszeiten sind daher die ihm zumutbaren Arbeitszeiten. Wenn aber die Arbeits­zei­ten die dem Bf. zumutbaren Arbeitszeiten sind, sind sie auf die Bedürfnisse des Bf. ab­ge­stimmte Arbeitszeiten und können als solche die tägliche Rückkehr an den Familien­wohn­sitz nicht unzumutbar machen.

Die v.a. Ausführungen zusammenfassend ist festzustellen und als Entscheidungs­grund­la­ge zu verwenden, dass die tägliche Rückkehr an den Familienwohnsitz im Zeitraum Ok­to­ber bis Dezember 2008 zumutbar gewesen ist.

1.3.1.2. Einkünfte der Ehegattin:

Ist die tägliche Rückkehr an den Familienwohnsitz zumutbar, kommt es nicht darauf an, ob die Ehegattin (der Ehegatte) mehr als 1/10-tel der Einkünfte der/des Bf. – und damit steu­er­lich relevante Einkünfte – am Familienwohnsitz erzielt (; ).

Die Einkünfte der Ehegattin betragen zwar mehr als 1/10-tel der Einkünfte des Bf.; sie ma­chen eine Familienwohnsitzverlegung nicht unzumutbar, da dem Bf. die tägliche Rückkehr an den Familienwohnsitz zumutbar ist.

1.3.2. Ist die tägliche Rückkehr an den Familienwohnsitz zumutbar, sind die Ausgaben einer doppelten Haushaltsführung nicht als Werbungskosten abziehbar.

1.3.3. Familienheimfahrten sind die Fahrten zwischen Wohnsitz am Beschäftigungsort und Familienwohnsitz. Die Ausgaben für diese Fahrten sind jedoch nur dann steuerlich absetz­bar, wenn die Voraussetzungen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung vor­liegen (Jakom/Lenneis, EStG 2009, § 16 Rz 56, Seite 653 letzter Absatz ff). Da die Vor­aus­setzungen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung im Beschwerde­fall nicht vorliegen, sind die Ausgaben für Familienheimfahrten nicht als Werbungskosten ab­zieh­bar.

1.3.4. Die Beschwerdebegehren – die Ausgaben einer doppelten Haushaltsführung und die Aus­gaben für Familienheimfahrten als Werbungskosten von den Einnahmen abzu­zie­hen – sind daher abzuweisen.

2. Ad. Entscheidung über den Beschwerdepunkt im Kalenderjahr 2009:

2.1. Sach- und Beweislage:

Auf das Kalenderjahr 2009 bezogen ist der Entscheidung folgende aus Verwaltungsak­ten, Beschwerdevorbringen, Lohnzetteln, All-in-Vertrag, nicht aufgezeichneten Arbeitszeiten, Kilometer- und Zeitangaben lt. (online) ViaMichelin-Routenplaner, Melderegisterdaten und Grundbucheintragungen sich ergebende Sach- und Beweislage zugrunde zu legen:

(1) 2009 hat der Bf. seinen Hauptwohnsitz an der im Spruch angegebenen Adresse in C gemeldet. Die Wohnung in Plz4 J, Straße4, ist sein Nebenwohnsitz gewesen.

Der Bf. ist verheiratet. Seine Ehegattin hat ihren Hauptwohnsitz an der im Spruch angege­be­nen Adresse in C. Sie arbeitet im Landeskrankenhaus B. Ihre Einkünfte betragen mehr als 1/10 – tel der Einkünfte des Ehegatten.

Da beide Ehegatten ihren Hauptwohnsitz an der im Spruch angegebenen Adresse in C haben, ist nach der im Abgabenverfahren offen gelegten Sachlage davon aus­zugehen, dass sich dort der Familienwohnsitz befindet.

(2) Der Bf. ist Arbeitnehmer und hat seinen Arbeitsort in J.

(3) Da die kürzeste Strecke zwischen Familienwohnsitz und Arbeitsort entscheidungsre­le­vant ist, sind – wie im Vorjahr – eine einfache Wegstrecke von 110 km und eine Fahrzeit von 1 Stunde und 25 Minuten der Entscheidung zugrunde zu legen.

(4) Der Bf. hat einen All-in-Vertrag, muss Arbeitsbeginn und Arbeitsende nicht aufzeich­nen und hat seine Arbeitsstunden nicht aufgezeichnet. Lt. Dienstvertrag beträgt seine Normal­ar­beitszeit 40 Wochenstunden, sind die Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes und des Ar­beitsruhegesetzes nicht anwendbar und erfolgt die Verteilung der Arbeitszeit und der Ru­hepause durch den Arbeitgeber nach betrieblichen Erfordernissen und kann diesen, so­weit für den Bf. zumutbar, jederzeit angepasst werden.

2.2. Rechtslage:

Um die Offenlegungspflicht gemäß § 119 BundesabgabenordnungBAO idgF zu erfül­len, ist der Inhalt von Anbringen zu erläutern, zu ergänzen und dessen Richtigkeit zu be­wei­sen, um Zweifel zu beseitigen ( § 138 Abs 1 BAO idgF). Ist ein Nachweis nicht zumut­bar, genügt Glaubhaftmachung.

Bei der Beweisführung nach § 138 Abs 1 BAO idgF darf jedes geeignete und zweckdien­li­che Beweismittel verwendet werden und nach dem Ergebnis des Beweisverfahrens ist nach freier Überzeugung zu beurteilen, welche Fakten als erwiesen oder nicht erwiesen an­zunehmen sind (§ 166 BAO idgF, § 167 Abs 2 BAO idgF). Von mehreren Versionen darf die wahrscheinlichste als erwiesen angenommen werden (Ritz, BAO4, § 167, Tz 8, und die do. zit. Judikate ; …).

2.3. Rechtliche Würdigung und Entscheidung:

Da nur der Bf. wissen kann, wann er wie lange gearbeitet hat, ist er beweispflichtig und muss Arbeitsbeginn und Arbeitsende nachweisen oder zumindest glaubhaft machen, wenn er (wie in der ggstl. Beschwerdesache geschehen) dazu aufgefordert wird. Dieser Nach­weis kann nicht nur durch Stundenaufzeichnungen sondern durch jedes geeignete Be­weis­mittel erbracht werden. Dass der Bf. Arbeitsbeginn und Arbeitsende nicht für seinen Arbeitgeber aufzeichnen muss, befreit ihn deshalb nicht von seiner Mitwirkungs- und Nachweispflicht.

Von nicht vorhandenen Stundenaufzeichnungen ausgehend, ist der Entscheidung darüber, ob die Ausgaben einer doppelten Haushaltsführung und für Familienheimfahrten 2009 als Werbungskosten abziehbar sind oder nicht, die im Abgabenverfahren offen gelegte Sach­lage – und damit wie im Vorjahr bereits geschehen – der Dienstvertrag zugrundezulegen.

Der Dienstvertrag ist 2009 nicht abgeändert worden, weshalb davon auszugehen ist, dass die Arbeitszeiten auch 2009 die dem Bf. zumutbaren Arbeitszeiten gewesen sind.

Nach dieser Sach- und Beweislage ist als erwiesen anzusehen und der Entscheidung zu­grundezulegen, dass die tägliche Rückkehr an den Familienwohnsitz für den Bf. auch 2009 zumutbar gewesen ist und dass die auch 2009 steuerrechtlich relevanten Einkünfte der Ehegattin eine Familienwohnsitzverlegung nicht unzumutbar machen.

Auf das Kalenderjahr 2009 bezogen ist daher festzustellen, dass die doppelte Haushalts­führung des Bf. nicht beruflich veranlasst ist, weshalb die Ausgaben einer doppelten Haus­haltsführung – und damit auch die Ausgaben für Familienheimfahrten – keine Werbungs­kos­ten sind.

Die Beschwerdebegehren – die Ausgaben einer doppelten Haushaltsführung und die Aus­gaben für Familienheimfahrten als Werbungskosten von den Einnahmen abzuziehen – sind daher abzuweisen.

3. Ad Pendlerpauschale: Da der Bf. eine Wohnung am Arbeitsort hat, sind die Ausgaben für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsort mit dem Verkehrsabsetzbetrag abge­gol­ten, der allen aktiven Arbeitnehmern kostenunabhängig zusteht und bei der Veranla­gung auto­ma­tisch berücksichtigt worden ist. Ein Pendlerpauschale ist nicht als Werbungskosten abziehbar, da der Bf. nicht täglich zwischen Familienwohnsitz und Arbeitsort pendelt und deshalb keinen Fahrtkostenmehraufwand hat.

Revision

Gemäß Art 133 Abs 1 Z 4 B-VG ist die ordentliche Revision an den Verwaltungsge­richts­hof gegen ein Erkenntnis oder einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage mit grundsätzlicher Bedeutung ab­hängt.

Eine grundsätzlich bedeutende Rechtsfrage musste das Bundesfinanzgericht nicht be­ant­wor­ten, da die entscheidungsrelevante Frage eine aus dem Dienstvertrag zu beantwor­ten­de Sachfrage gewesen ist und Sachfragen nicht Gegenstand eines Revisionsverfahrens sind ().

Die (ordentliche) Revision ist daher nicht zulässig.

Wien, am

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