Unzulässigkeit der Festsetzung von zum 1. und 2. Quartal fälligen Beträgen an Stabilitätsabgabe und Sonderbeitrag zur Stabilitätsabgabe nach Ergehen der Jahresveranlagungsbescheide
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Gerhild Fellner
in der Beschwerdesache der X Y-AG,
vertreten durch RA A sowie
B,
betreffend den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch vom über Abweisung eines Antrages auf Festsetzung der Quartalszahlungen Jänner 2014 und April 2014 zur Stabilitätsabgabe gemäß § 3 StabAbgG iVm § 7 StabAbgG und zum Sonderbeitrag zur Stabilitätsabgabe gemäß § 7a StabAbgG mit Null € sowie Rückerstattung der bereits entrichteten Beträge,
zu Recht erkannt:
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Der Spruch hat zu lauten:
"Der Antrag auf Festsetzung der Quartalszahlungen Jänner 2014 und April 2014 zur Stabilitätsabgabe gemäß § 3 StabAbgG iVm § 7 StabAbgG und zum Sonderbeitrag zur Stabilitätsabgabe gemäß § 7a StabAbgG mit Null € sowie Rückerstattung der bereits entrichteten Beträge wird als unzulässig zurückgewiesen".
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist unzulässig.
Entscheidungsgründe
In ihrer Beschwerde brachte die Beschwerdeführerin durch ihren steuerlichen Vertreter vor, die gegenständlich zur Anwendung gekommenen §§ 2 und 3 StabAbgG seien unionsrechtswidrig. Sie nannte Verletzungen der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit, indirekte Diskriminierung, verbotene Beihilfen (Verstöße gegen Art. 107 AEUV). Weiters sei die Befreiungsbestimmung gemäß § 3 Z 1 StabAbgG, wonach Kreditinstitute, deren Bilanzsumme den Betrag von bloß einer Milliarde erreiche bzw. diesen nicht erreiche, von der Abgabe befreit seien, unionsrechtlich bedenklich. Auch dies ergebe eine wettbewerbsverzerrende Beihilfe. Gleichermaßen sei eine Beihilfe darin zu erblicken, dass § 93 BWG gewisse geschützte Einlagen aus der Bemessungsgrundlage herausnehme. Je nach dem Stand an geschützten Einlagen komme es innerhalb der Kreditinstitute zu höheren oder niedrigeren Bilanzsummen.
Es liege Gleichheitswidrigkeit, je nach Art der Mittelaufbringung, vor und komme zu Wettbewerbsverzerrungen auf dem Bankensektor. Die insofern vorliegende Unionsrechtswidrigkeit müsse zur Unanwendbarkeit des § 2 Abs. 1 StabAbgG, zumindest seines ersten Satzes, führen. Ebensolches gelte für "§ 2 Abs. 1 Z 1" (gemeint ist wohl: § 2 Abs. 2 Z 1), § 3 sowie die §§ 7 bis 7b StabAbgG.
Die Beschwerdeführerin machte zusammenfassend geltend, in ihrem Recht verletzt zu sein, weil sie aufgrund unionsrechtlich unanwendbarer Normen zur Abgabenleistung verpflichtet worden sei. Sie beantragte die Nullstellung für die ersten beiden Quartale 2014 bezüglich Stabilitätsabgabe und Sonderbeitrag zur Stabilitätsabgabe sowie die Rückzahlung der bereits entrichteten Beträge.
Erwägungen
Das Bundesfinanzgericht legt seiner Entscheidung Nachstehendes als feststehend zugrunde:
Am stellte die Beschwerdeführerin den Feststellungsantrag, die für Jänner 2014 und April 2014 zu entrichtende Stabilitätsabgabe samt Sonderbeitrag sei mit Null zu veranschlagen und das bereits Entrichtete zurückzuzahlen, in eventu, den Antrag auf Festsetzung der Quartalszahlungen mit Null und Zurückzahlung.
Mit Datum vom wurde ein Feststellungsbescheid erlassen und in der Folge mit Erkenntnis des aufgehoben.
Der VwGH bestätigte mit Erkenntnis vom die BFG-Entscheidung.
Der nunmehr wieder offene Antrag wurde mit Bescheid vom erledigt. Darin wurde der Feststellungsantrag zurückgewiesen, der Festsetzungsantrag wurde abgewiesen.
Gegen die Abweisung des Festsetzungsantrages wurde mit der vorliegenden Beschwerde ein Rechtsmittel mit der Begründung der Unionsrechtswidrigkeit eingebracht.
Selbstbemessungsabgaben sind Abgaben, bei denen der Abgabenschuldner die Abgaben selbst zu berechnen und zu entrichten hat. Gemäß § 201 Abs. 1 BAO kann nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 leg. cit. auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabepflichtige keinen selbst berechneten Betrag bekanntgibt oder wenn sich die bekanntgegebene Abgabe als nicht richtig erweist.
§ 201 BAO ist anzuwenden, wenn die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen anordnen oder gestatten. Eine "angeordnete" Selbstberechnungen geht aus § 7 Abs. 2 StabAbgG hervor.
Die Neufassung des § 201 BAO durch das AbgRmRefG lässt den Vorrang spezieller anderer Abgabenvorschriften - wie zB § 21 Abs. 3 UStG 1994 - unberührt. § 21 Abs. 3 zweiter Satz UStG 1994 besagt: Eine Festsetzung kann nur so lange erfolgen, als nicht ein den Voranmeldungszeitraum beinhaltender Veranlagungsbescheid erlassen wurde.
Der zweite Satz des § 21 Abs. 3 UStG 1994 verbietet demnach nach Erlassung des Jahresveranlagungsbescheides auf § 21 Abs. 3 erster Satz leg. cit. gestützte Festsetzungen (Ritz, BAO5, § 201, Tz 13 bis 15; vgl. hiezu auch: Ruppe/Achatz in Ruppe/Achatz, Hrsg., UStG Kommentar 4, Seite 1420).
Für den Streitfall ergibt sich daraus: Mit Bescheiden vom setzte die Abgabenbehörde die Stabilitätsabgabe sowie den Sonderbeitrag zur Stabilitätsabgabe für das gesamte Jahr 2014 fest. Diese Bescheide wurden von der Beschwerdeführerin mit Beschwerden angefochten, die als Begründung die oben angeführten unionsrechtlichen Bedenken sowie verfassungsrechtliche Bedenken aufzeigten. Über diese Beschwerden wurde bereits mit Erkenntnis des BFG entschieden (GZ RV/1100554/2015 und RV/110055672015, je vom ).
Für den der gegenständlichen Beschwerde zugrundeliegenden Antrag auf Festsetzung der Abgaben hinsichtlich zweier Quartale des Jahres 2014 ist daher in analoger Anwendung des § 21 Abs 3 zweiter Satz UStG 1994 eine entsprechende Festsetzung verwehrt.
Die Abgabenbehörde hätte im Hinblick auf die bereits am ergangenen Jahresveranlagungsbescheide in ihrem den Antrag erledigenden Bescheid vom daher mit Zurückweisung wegen unzulässig gewordener Festsetzung vorgehen müssen. Die Notwendigkeit, sich materiellrechtlich in die Sache einzulassen, stellte sich nicht.
Insgesamt war spruchgemäß zu entscheiden.
Zulässigkeit/Unzulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die gegenständlich zu beurteilende Rechtsfrage ist aufgrund der Gesetzeslage so eindeutig lösbar, dass nur eine Möglichkeit der Auslegung ernstlich in Betracht zu ziehen ist.
Feldkirch, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 2 StabAbgG, Stabilitätsabgabegesetz, BGBl. I Nr. 111/2010 Art. 107 AEUV, ABl. Nr. C 83 vom S. 47 § 21 Abs. 3 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 201 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 7 Abs. 2 StabAbgG, Stabilitätsabgabegesetz, BGBl. I Nr. 111/2010 § 93 BWG, Bankwesengesetz, BGBl. Nr. 532/1993 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2016:RV.1100178.2016 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at